Volume 14, No. 3, Art. 6 – September 2013

Subjektive Theorien von lesbischen, schwulen und bisexuellen bzw. transidenten Beschäftigten zum Umgang mit ihrer sexuellen bzw. ihrer Geschlechtsidentität im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit – eine explorative qualitative Studie

Dominic Frohn

Zusammenfassung: Die vorliegende explorative Untersuchung verfolgt das Ziel, idiografisch orientierte Erkenntnisse bezüglich des Umgangs von lesbischen, schwulen und bisexuellen sowie transsexuellen bzw. transidenten Beschäftigten mit ihrer sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz zu generieren. Die über Struktur-Lege-Techniken abgebildeten und per Dialog-Konsens kommunikativ validierten subjektiven Theorien lesbischer und schwuler Untersuchungspartner_innen werden anhand ihrer unterschiedlichen Strategien des Umgangs einander gegenübergestellt und kontrastierend diskutiert, jene von bisexuellen bzw. transidenten/transsexuellen Beschäftigten anhand der Besonderheiten bezüglich ihrer Arbeitssituation reflektiert. Auf diese Weise soll das Ziel, bestehende quantitative Erkenntnisse zu lesbischen und schwulen Beschäftigten qualitativ zu vertiefen und bezogen auf bisexuelle und transidente/transsexuelle Arbeitnehmer_innen basale Erkenntnisse zu generieren, erreicht werden, um so eine fundierte Grundlage für weitere quantitative und qualitative Forschungsprozesse zu legen. Dabei fokussiert diese Untersuchung ressourcenorientiert insbesondere auch Resilienzaspekte sowie potenzielle spezifische Kompetenzen, die durch die besonderen biografischen Erfahrungen von lesbischen, schwulen und bisexuellen sowie transsexuellen bzw. transidenten Personen katalysiert werden können.

Keywords: subjektive Theorien; Dialog-Konsens; Struktur-Lege-Techniken; sexuelle Identität; LSBT; lesbisch; schwul; bisexuell; transident; transsexuell; transgender; Geschlechtsidentität; Beschäftigte; Arbeitsplatz; Diversity; Resilienz

Inhaltsverzeichnis

1. Metakommunikative Vorbemerkung

2. Konturierung des Forschungsgegenstands unter qualitativ-quantitativer Perspektive

3. Theoretischer Hintergrund des Gegenstandsbereichs "Sexuelle Identität bzw. Geschlechtsidentität im Kontext beruflicher Tätigkeit"

4. Methodisches Vorgehen und Reflexion des Forschungsprozesses

4.1 Grundsätzliche Ausrichtung und Methodik

4.2 Stichprobe

4.3 Interviewleitfaden für die halb-standardisierten Interviews

4.4 Durchführung

4.5 Reflexion des Forschungsprozesses

5. Spezifische Ergebnisse und Diskussion

5.1 Form der Darstellung der Ergebnisse

5.2 Ergebnisse zu lesbischen und schwulen Beschäftigten

5.3 Ergebnisse zu bisexuellen und transidenten Arbeitnehmern_innen

5.4 Diskussion der Ergebnisse

6. Resümee

Danksagung

Anhang 1: Interviewleitfaden

Anhang 2: Struktur-Lege-Leitfaden

Anhang 3: Beispielhafte Transkription eines Interviews

Anhang 4: Subjektive Theorien der Untersuchungspartner_innen

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Metakommunikative Vorbemerkung

Ich bemühe mich um einen nicht-sexistischen Sprachgebrauch (vgl. SCHEELE & GROEBEN 1997; SCHEELE & ROTHMUND 2001) durch die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen (z.B. Beschäftigte) oder Lösungen, die alle Geschlechter implizieren und auch Menschen berücksichtigen, die sich zwischen den binären Kategorien von "männlich" und "weiblich" definieren (z.B. Mitarbeiter_innen; siehe zum Gender Gap HERMANN 2003). [1]

Darüber hinaus werde ich lesbische, schwule und bisexuelle, sowie transsexuelle bzw. transidente Personen unter dem von der Zielgruppe selbst verwendeten Akronym "LSBT*-Personen" sprachlich zusammenfassen. Dabei verstehe ich die sexuelle Identität (lesbisch, schwul, bi- und heterosexuell) als Identitätsdimension, die beschreibt, auf welches Geschlecht des Gegenübers sich die emotionalen und sexuellen Wünsche eines Menschen richten. Die Geschlechtsidentität hingegen beschreibt das Bewusstsein der eigenen geschlechtlichen Zugehörigkeit (als Frau oder Mann), das mit dem körperlichen Geschlecht kongruent ("cissexuell" bzw. "-ident") oder inkongruent ("transsexuell" bzw. "-ident") sein kann, sodass der Wunsch besteht, das körperliche Geschlecht der empfundenen Zugehörigkeit anzugleichen. Die von Personen der Zielgruppe verwendeten Selbstbezeichnungen sind im Gegensatz zu lesbischen, schwulen und bisexuellen Personen hier vergleichsweise uneinheitlich (transsexuell, transident etc., auch wenn sich transident aktuell durchzusetzen scheint, weshalb ich im Weiteren transident verwenden werde). Neben Personen, die den Wunsch einer Geschlechtsangleichung verfolgen (transsexuell bzw. transident), besteht bei einem Teil der Gruppe nicht dieses Bedürfnis, sondern eher der Wunsch, sich keiner der beiden binären Geschlechtskategorien (Frau oder Mann) zuzuordnen, hier wird häufig die Selbstbezeichnung "transgender" gewählt. Der hochgesetzte Stern im Akronym (LSBT* als sprachliche Zusammenfassung inklusive Trans*-Personen) bringt zum Ausdruck, dass auf diese Weise alle Personen benannt werden sollen, die sich nicht als cissexuell bzw. cisident definieren. Gleichwohl ist im Rahmen dieser Untersuchung darauf hinzuweisen, dass der Fokus auf Personen liegt, die sich als transident (und nicht transgender) bezeichnen. [2]

2. Konturierung des Forschungsgegenstands unter qualitativ-quantitativer Perspektive

Die affirmative – also die Pluralität der Lebensformen akzeptierende – qualitative Sozialforschung beinhaltet ein zentrales Forschungsfeld: die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Personen, die sich in bestimmten Identitätsmerkmalen vom gesellschaftlichen Mainstream, z.B. bezogen auf den individuellen und/oder kulturellen Hintergrund, unterscheiden. Dies beinhaltet u.a. die Erhebung subjektiver Theorien von Menschen zu ihrem persönlichen Umgang mit eben jener Differenz. [3]

Bereits in meiner ersten diesbezüglichen Untersuchung (FROHN 2005) konstatierte ich, dass die sexuelle Identität mit ihren sozialen Implikationen einen ausgesprochen fruchtbaren Forschungsgegenstand bildet, der sich durch die gelungene Gegenstands-Methodik-Interaktion1) als Erhebung subjektiver Theorien per Struktur-Lege-Techniken (vgl. SCHEELE & GROEBEN 1988) besonders gut abbilden lässt. [4]

Neben der qualitativ-orientierten Auseinandersetzung mit subjektiven Theorien von lesbischen Frauen und schwulen Männern zu ihrem Coming-out (FROHN 2005) habe ich in der quantitativen Untersuchung "Out im Office?!" (FROHN 2007) die Arbeitsplatzsituation von 2.230 lesbischen und schwulen Beschäftigten inklusive deren Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz sowie den daraus resultierenden Konsequenzen erforscht. [5]

2001 hat JUNGE in FQS eine Rezension zu MAAS' Dissertation (1999) veröffentlicht und damit erstmals das Thema der sexuellen Identität im Zusammenhang von Arbeit und Beruf in der führenden Online-Zeitschrift für qualitative Sozialforschung platziert. [6]

Von der eingangs getroffenen – auf Erkenntnissen aus meiner Studie aus dem Jahr 2005 aufbauenden – Feststellung ausgehend und die Ergebnisse quantitativer Forschung (FROHN 2007) einbeziehend sowie berücksichtigend, dass sich in FQS bisher lediglich ein Beitrag in Form der genannten Rezension (JUNGE 2001) dem Thema "Sexuelle Identität im Kontext beruflicher Tätigkeit" gewidmet hat, erscheint der vorliegende Artikel sinnvoll und notwendig. [7]

3. Theoretischer Hintergrund des Gegenstandsbereichs "Sexuelle Identität bzw. Geschlechtsidentität im Kontext beruflicher Tätigkeit"

Die sexuelle Identität des Menschen ist ebenso wie seine Geschlechtsidentität (siehe Abschnitt 1 zur Explikation sexuelle Identität vs. Geschlechtsidentität) ein zeitlich relativ überdauerndes Merkmal und in allen Lebensbereichen immanent – auch im Arbeitskontext. Dennoch wird der Arbeitsplatz durchgängig als asexueller Raum konstruiert, sodass einige Autoren_innen in dem Zusammenhang von der "Asexualitätsfiktion am Arbeitsplatz" sprechen (MAAS 1996, 1999; ROSENSTIEL, MOLT & RÜTTINGER 2005; WRENN 1988). Darüber hinaus sind am Arbeitsplatz Heteronormativität, Heterosexismus und Homophobie in einem auffälligen Maß präsent (KNOLL, EDINGER & REISBECK 1997; LOSERT 2004; MAAS 1996, 1999; zu einer allgemeinen Definition von Heteronormativität vgl. TUIDER & TIETZ 2003; zu Homophobie siehe BERGMEISTER 1997; STEFFENS 1999; WINFIELD & SPIELMAN 1995; zu Homophobie und Heterosexismus FIEDLER 2004). So wird Heterosexualität als soziale Norm gesetzt und eine "abweichende" sexuelle Identität als erklärungsbedürftig betrachtet. Im Spannungsfeld der Asexualitätsfiktion besteht ein wesentlicher Teil der Problematik darin, dass Heterosexualität als Norm auch als legitimierter Kommunikationsinhalt selbstverständlich präsent ist und Informationen zur heterosexuellen Identität, beispielsweise das Sprechen über den Theaterbesuch mit dem_der Ehepartner_in, sozial kodiert werden. Eine bisexuelle, lesbische oder schwule sexuelle Identität wird jedoch als Normabweichung betrachtet und eine Kommunikation darüber als (unerwartete wie unerwünschte) sexuelle Information kodiert. Heterosexualität fügt sich also problemlos in die Asexualitätsfiktion mit ein, jede andere sexuelle Identitätsdimension steht als eine sexuelle Information in Konflikt mit dem Postulat des asexuellen Arbeitsplatzes. Daraus resultieren für lesbische, schwule und bisexuelle Beschäftigte erhebliche Konsequenzen bezüglich des Umgangs mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz. [8]

Noch erheblicher steigt das Ausmaß der Irritation bei der Mehrheitsbevölkerung, wenn nicht nur die sexuelle Identität eines Menschen außerhalb der heteronormativen Perspektive liegt, sondern sich die Geschlechtsidentität des Gegenübers nicht eindeutig den binären Kategorien von "maskulin" und "feminin" zuordnen lässt. Kaum eine Differenzierung ist interkulturell so tief verwurzelt und damit so machtvoll wie die Einteilung der Menschheit in Männer und Frauen. Entspricht nun bei einem Menschen die körperliche geschlechtliche Gegebenheit nicht der subjektiv empfundenen Geschlechtsidentität, definiert sich eine Person also als transsexuell oder transident, so erzeugt sie damit (i.d.R. nicht intentional) eine schwerwiegende Irritation in der vermeintlich unveränderlichen und eindeutig binären Strukturierung von Geschlecht(lichkeit). Diese Irritation kann langfristig gemildert werden, wenn eine Angleichung des körperlichen an das Identitätsgeschlecht (Transition) angestrebt und realisiert wird. Die Zielrichtung der Geschlechtsangleichung durch die transidente Person trägt dazu bei, dass die heteronormative Sicht der unabänderlichen Zweigeschlechtlichkeit also nur kurzfristig gestört wird, da sich diese Person langfristig wieder in den binären Kategorien von (Trans-) Mann und (Trans-) Frau bewegt (FRANZEN & SAUER 2010). Stärker ist die diskutierte Irritation nun, wenn eine Person sich (ggf. auch vor dem Hintergrund einer als unstimmig wahrgenommenen Geschlechtsidentität oder aber auch durch die Auseinandersetzung mit queer-feministischen Theorien2)) bewusst uneindeutig zwischen den Geschlechtern definiert und sich kurz- wie langfristig nicht in die binären Kategorien von Geschlecht einsortieren möchte, also dauerhaft eine Uneindeutigkeit pflegt (FRANZEN & SAUER 2010). Hier findet eine kontinuierliche Irritation der heteronormativen Zwei-Geschlechter-Ordnung statt. [9]

Aus diesen Aspekten resultieren Konsequenzen für transidente Beschäftigte bezüglich des Umgangs mit ihrer Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz. Zur Arbeitssituation von Trans*-Personen liegen – außer der theoretisch dargestellten Problematik – bis dato keine empirischen Erkenntnisse vor. [10]

Vergleichbar dürftig gestaltet sich die Erkenntnislage zur Situation bisexueller Beschäftigter. Bezüglich lesbischer und schwuler Beschäftigter ist die genannte Studie (FROHN 2007) die aktuellste quantitative Untersuchung dieses Umfangs, qualitativ hat sich LOSERT (2004) mit lesbischen Frauen und MAAS (1999; vgl. auch JUNGE 2001) mit schwulen Männern und deren Arbeitsplatzsituation beschäftigt. [11]

Die wesentlichen Erkenntnisse der Studie "Out im Office?!" (FROHN 2007) sollen einen prägnanten Hintergrund zu der hier vorgestellten qualitativen Auseinandersetzung bilden. Zunächst ist festzuhalten, dass 52% der 2.230 befragten lesbischen und schwulen Beschäftigten mit keinem_r Kollegen_in oder nur wenigen Kollegen_innen am Arbeitsplatz offen über ihre sexuelle Identität sprechen (konnten). Über drei Viertel der Befragten hatten am Arbeitsplatz schon Diskriminierungserfahrungen gemacht – von Ungleichbehandlungen im kollegialen Umgang über erhebliche Diskriminierungsformen wie Beleidigungen oder Bedrohungen bis hin zu direkt arbeitsplatzrelevanten Formen wie z.B. Kündigungen. Die Befragten, die offen mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgingen, machten häufig jedoch positive Erfahrungen: 92% der Kollegen_innen und 86% der Führungskräfte reagierten überwiegend positiv. Es bestanden positive Zusammenhänge zwischen dem offenen Umgang mit der sexuellen Identität und freien Ressourcen3), Arbeitszufriedenheit und Commitment sowie organisationsbezogenem Selbstwert. Umgekehrt litten die Befragten, die weniger offen mit der sexuellen Identität umgingen, stärker an psychosomatischen Beschwerden (siehe für weitere Ergebnisse FROHN 2007). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass künftig auch die Situation von bisexuellen und transidenten Beschäftigten Gegenstand der Betrachtung sein sollte. Darüber hinaus wird empfohlen, neben quantitativer Forschung auch eine qualitative Untersuchung subjektiver Theorien, insbesondere per Struktur-Lege-Techniken (SCHEELE 1992; GROEBEN, WAHL, SCHLEE & SCHEELE 1988) vorzunehmen, um die komplexen Zusammenhänge des Gegenstands der sexuellen Identität bzw. der Geschlechtsidentität adäquat abbilden zu können: Subjektive Theorien per Struktur-Lege-Technik zu erheben, erscheint in dem Zusammenhang besonders günstig, weil es sich beim Forschungsgegenstand um Kognitionen der Selbst- und Weltsicht handelt, die die Funktion der Erklärung, Prognose und Technologie (GROEBEN et al. 1988) für die Untersuchungspartner_innen erfüllen. Auch vor dem Hintergrund des zugrunde liegenden epistemologischen Subjektmodells (GROEBEN & SCHEELE 2000), das eine in achtsamer und respektvoller Weise stattfindende partizipative Forschung begründet, ist die Wahl dieser Forschungsmethode begründet. Selbstverständlich sind auch weitere partizipative Forschungsmethoden denkbar (siehe für einen Überblick BERGOLD & THOMAS 2012); aufbauend auf der ersten Erhebung subjektiver Theorien zur eigenen sexuellen Identität (FROHN 2005) erschien mir jedoch eine Fortsetzung dieser Forschung sinnvoll. [12]

Der vorliegende Beitrag hat die Zielsetzung, jenen Empfehlungen nachzukommen und sich per Struktur-Lege-Technik den subjektiven Theorien von LSBT*-Beschäftigten zum Umgang mit ihrer sexuellen Identität bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz zu widmen. Daneben verfolgt der Beitrag das Ziel, in Kontrastierung zu in der Historie stattgefundener Pathologisierung (WALTER 2004) alternativer sexueller bzw. Geschlechtsidentitäten durch Forscher_innen unter Berücksichtigung humanistischer Zielperspektiven (GROEBEN 1988; GROEBEN & ERB 1997) insbesondere auch auf spezifische Ressourcen zu fokussieren, die als Resultat der besonderen biografischen Erfahrungen von LSBT*-Personen potenziell entstanden sein könnten. [13]

Im Folgenden ist noch genauer zu spezifizieren, welche differenziellen Fragestellungen4) bei der Erhebung der subjektiven Theorien der LSBT*-Untersuchungspartner_innen leitend waren: [14]

Bezüglich lesbischer und schwuler Arbeitnehmer_innen liegen seit der Studie "Out im Office?!" einige quantitative Erkenntnisse – u.a. zu den positiven und negativen Auswirkungen eines offenen oder weniger offenen Umgangs mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz – vor. Daher geht es im vorliegenden Beitrag bezogen auf die lesbischen und schwulen Untersuchungspartner_innen insbesondere darum, die quantitativen Erkenntnisse qualitativ zu vertiefen und exemplarisch vergleichend die Perspektiven der Personen, die ihre sexuelle Identität am Arbeitsplatz offen kommunizieren, der Sichtweise jener gegenüberzustellen, die weniger offen mit diesem Identitätsaspekt umgehen. Daneben besteht – vor dem Hintergrund der dürftigen Forschungslage (FRANZEN & SAUER 2010; FROHN 2007) bezogen auf bisexuelle und transidente Arbeitnehmer_innen – die Zielsetzung, paradigmatisch die Besonderheiten der Arbeitssituation jener Untersuchungspartner_innen im Vergleich zu der von lesbischen und schwulen Beschäftigten herauszuarbeiten. [15]

Daher stehen der individuelle Umgang mit der sexuellen Identität bzw. der Geschlechtsidentität sowie die von den Untersuchungspartnern_innen als positiv und negativ bewerteten resultierenden Erfahrungen im Fokus der Betrachtung. [16]

Wie oben ausgeführt, sollen weiterhin spezifische Ressourcen, die als Resultat der besonderen biografischen Erfahrungen von LSBT*-Personen potenziell entstanden sein könnten, betrachtet werden. Im Sinne der Forschungslage zum Konzept Resilienz5) (vgl. SHORT & WEINSPACH 2007; WELLENSIEK 2011) und auch im Zusammenhang der Theorien zu positive marginality6) (UNGER 2000) ist davon auszugehen, dass die biografische Entwicklung von LSBT*-Personen solche Potenziale birgt. Das möglicherweise als krisenhaft erlebte Erkennen, in (mindestens) einer Identitätsdimension nicht der Norm zu entsprechen, die produktive Integration dieser Erkenntnis in das eigene Selbstkonzept (inneres Coming-out, vgl. COLEMAN 1981; FROHN 2005; WATZLAWIK 2003) sowie in das soziale Leben (äußeres Coming-out, a.a.O.), also die (kontinuierliche) Auseinandersetzung mit der eigenen Identität, ist ein (lebenslanger) Prozess, der durchaus zur Ausbildung spezifischer Ressourcen, z.B. einer besonderen Stärke im Sinne der Resilienzmodelle, einen Beitrag zu leisten in der Lage ist. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass diese Erfahrungen neben einer besonderen psychischen Widerstandsfähigkeit oder Stärke noch weitere personale und interpersonale Kompetenzen katalysieren (FROHN 2012; KÖLLEN 2012). Auch die Mehrheit der Befragten in der Studie "Out im Office?!" (FROHN 2007) war der Ansicht, dass von einer (lebensgeschichtlich bedingten) "homosexuellen Kompetenz" auszugehen sei. Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung, sich explorativ den Themen Resilienz sowie "homo- und bisexuelle bzw. transidente Kompetenz" zu widmen. [17]

4. Methodisches Vorgehen und Reflexion des Forschungsprozesses

4.1 Grundsätzliche Ausrichtung und Methodik

Bei der hier vorgestellten Studie handelt es sich um eine explorative Untersuchung, das heißt ihr Ziel besteht darin, quantitative Erkenntnisse aus vorheriger Forschung qualitativ zu vertiefen bzw. konkretere Forschungsfragen in noch nicht ausführlich erforschten Themenbereichen zu generieren. [18]

Wegen der geringen Fallzahlen ist eine statistische Auswertung weder sinnvoll noch angebracht, vielmehr steht im Mittelpunkt, paradigmatische Aussagen auf idiografischer Ebene treffen zu können. Mit dem Ziel einer optimalen Gegenstands-Methodik-Interaktion (s.o.) fiel die Wahl auf die Erhebung der subjektiven Theorien der Untersuchungspartner_innen (künftig im Plural auch "Uptn", Singular weibl. auch "Uptin", Singular männl. auch "Upt"). Diese subjektiven Theorien dienen – parallel zu Theorien der Wissenschaft – der Beschreibung, Erklärung und Prognose menschlichen Handelns und sind definiert als Kognitionen der Selbst- und Weltsicht (SCHEELE & GROEBEN 1988), die zumindest implizit eine Argumentationsstruktur enthalten. [19]

Die rekonstruktive Erhebung der subjektiven Theorien zum eigenen Umgang mit der sexuellen bzw. Geschlechtsidentität im Kontext der beruflichen Tätigkeit erfolgte entsprechend der Dialog-Hermeneutik (SCHEELE & GROEBEN 1988), die Datenerhebung fand also in einem zweistufigen Forschungsprozess statt. Im ersten Schritt wurden die Inhalte mittels eines halb-standardisierten Interviews (BORTZ & DÖRING 2002; Interviewleitfaden siehe Anhang 1) erhoben, aufgezeichnet und transkribiert. [20]

Die von den Uptn genannten zentralen Konzepte des Interviews wurden extrahiert und auf Konzeptkarten7) übertragen. Die so gewonnenen Inhalte wurden entsprechend dem Regelwerk des Alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels8) nach SCHEELE, GROEBEN und CHRISTMANN (1992) in ein Struktur-Lege-Bild gebracht. In diesem (von den Forschenden zu konzipierenden) Struktur-Lege-Bild wurden die zentralen Konzepte der Uptn mit den festgelegten Formalrelationen9) verbunden. Somit wurden die Inhalte des Interviews nicht nur veranschaulicht, sondern zusätzlich in eine Struktur gebracht, die die Darstellung definitorischer Verbindungen, von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen usw. ermöglicht. [21]

Im zweiten Schritt ist die kommunikative Validierung das zentrale Element. Vorbereitend auf die Struktur-Lege-Sitzung, in der diese Validierung realisiert wird, wurde den Untersuchungspartnern_innen ein Struktur-Lege-Leitfaden (Anhang 2) mitgegeben, der ihnen die Methode und vor allem die Verwendung der Formalrelationen zur Verbindung der Konzepte genau erklärt. Diese Struktur-Lege- oder auch Dialog-Konsens-Sitzung ist so konzipiert, dass die Uptn die Möglichkeit haben, die von ihnen im Interview genannten (und forscher_innenseitig extrahierten) inhaltlichen Konzepte zunächst zu überprüfen bzw. gegebenenfalls zu ergänzen; dann sind diese Konzepte per Regelwerk des Alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels in ein Struktur-Lege-Bild zu bringen. Im Rahmen dieses Prozesses unterstützen die Forscher_innen besonders bei der den Regeln gemäßen Anwendung der Formalrelationen. Hat der_die Untersuchungspartner_in sein_ihr Struktur-Lege-Bild entworfen, findet unter Berücksichtigung des bereits forscher_innenseitig entwickelten Struktur-Lege-Bildes der Dialog-Konsens statt. Das heißt, in Approximation an die optimale Sprechsituation (OBLIERS 1992) wird das forscher_innenseitige Verständnis der subjektiven Theorie der Untersuchungspartner_innen an dem von ihnen selbst entwickelten Struktur-Lege-Bild geprüft und umgekehrt. Hieraus ergeben sich mögliche Modifikationen des Struktur-Lege-Bilds der Untersuchungspartner_innen, wobei berücksichtigt wird, dass die Uptn Experten_innen ihrer Selbst- und Weltsicht sind (vgl. das epistemologische Subjektmodell nach GROEBEN & SCHEELE 2000). [22]

Auf eine nomothetikorientierte Zusammenfassung der subjektiven Theorien der Uptn in einer Modalstruktur10) über ein inhaltsanalytisches Kategoriensystem (vgl. RUSTEMEYER 1992), welchem die Konzeptkarten durch Kodierung zugeordnet werden, um die Generierung dieser übergeordneten Struktur (nach STÖSSEL & SCHEELE 1992) zu ermöglichen, wurde in der vorliegenden Untersuchung vor dem Hintergrund der idiografisch-explorativen Zielsetzung verzichtet. [23]

4.2 Stichprobe

Da das Ziel der Untersuchung war, paradigmatische Aussagen zu lesbischen und schwulen Beschäftigten in Abhängigkeit von ihrem offenen oder weniger offenen Umgang mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz treffen zu können bzw. grundsätzliche Erkenntnisse zu bisexuellen und transidenten Arbeitnehmern_innen zu generieren, wurde wie folgt vorgegangen. [24]

In der Studie "Out im Office?!" (FROHN 2007) hatten 1.291 Personen ihre E-Mail-Adresse zur Teilnahme an Folgeuntersuchungen hinterlassen. Diese Personen wurden 2011 angeschrieben und zu einer kurzen Online-Befragung zum (aktuellen) Umgang mit der sexuellen Identität bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz als Nacherhebung eingeladen. An dieser Nacherhebung haben sich 372 Personen beteiligt. Darüber hinaus wurde die Bereitschaft zur Teilnahme an einem qualitativen Interview inkl. eines zweiten Termins zur Auswertung dieses Interviews erfragt. Etwa die Hälfte der Befragten war für das qualitative Forschungsprojekt offen und gab eine E-Mail-Adresse (n = 218) und/oder eine Telefonnummer (n = 162) an. So war es möglich, für das vergleichsweise aufwendige Erhebungsverfahren aufgeschlossene lesbische und schwule Untersuchungspartner_innen auszuwählen und dabei zusätzlich deren aktuellen Umgang mit der sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz zu berücksichtigen. Somit wurden zwei lesbische und zwei schwule Untersuchungspartner_innen aus der Stichprobe ausgewählt und dabei wurde berücksichtigt, dass jeweils ein Mann und eine Frau eher offen mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehen und ein Mann und eine Frau eher weniger offen. Auf diese Weise war es möglich, das Ziel der Forschung, nämlich explorativ differenzielle Aspekte zwischen eher offenen und weniger offenen lesbischen und schwulen Beschäftigten zu erheben zu erreichen. [25]

Für die Erhebung der bisexuellen bzw. transidenten Perspektive wurden – um einen möglichst breiten Erkenntnisgewinn in einem bisher so gut wie nicht erforschten Themenfeld zu ermöglichen – Experten_innen, die in der Beratung bzw. Begleitung bisexueller bzw. transidenter Personen tätig sind, persönlich angesprochen, und deren Bereitschaft zur Teilnahme wurde erfragt. Auf diese Weise war es möglich, über die Alltagsexpertise einer bisexuellen oder transidenten Person hinaus Perspektiven in die Forschung einfließen zu lassen, die einen größeren Teil der Zielgruppe abbilden. [26]

Die Stichprobe bildeten demnach zwei lesbische und zwei schwule Beschäftigte (je offen und weniger offen) sowie eine bisexuelle und eine transidente Expertin. Die Untersuchungspartner_innen waren zwischen 33 und 50 Jahre alt und zum großen Teil als Fach- bzw. Führungskräfte tätig. [27]

Schon an dieser Stelle ist wichtig zu erwähnen, dass die Reichweite der Ergebnisse durch die (aus forschungsökonomischen Gründen und bezogen auf das explorative Erhebungsziel) sehr kleine Stichprobe selbstverständlich eingeschränkt ist. Weiterhin erfolgt eine Einschränkung darüber, dass die Untersuchungspartner_innen sich aus einer für aufwendige qualitative Forschung aufgeschlossenen Zielgruppe rekrutieren. Beide Aspekte sind in der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. [28]

4.3 Interviewleitfaden für die halb-standardisierten Interviews

Der Interviewleitfaden (siehe Anhang 1) wurde deduktiv-induktiv hergeleitet (vgl. RUSTEMEYER 1992; SCHEELE 1988) und umfasst die im Folgenden kurz beschriebenen acht Themenkomplexe.

Insgesamt umfasste der Interviewleitfaden 25 Fragen. [30]

4.4 Durchführung

Die Interviews fanden in meinen beruflichen Räumlichkeiten oder in den beruflichen Räumen der Untersuchungspartner_innen statt, wurden aufgezeichnet und transkribiert (beispielhaft: Anhang 3). Sie dauerten zwischen 40 und 90 Minuten. Die Struktur-Lege-Sitzungen erfolgten ca. fünf bis sieben Tage später und dauerten durchschnittlich 60 bis 120 Minuten (subjektive Theorien der Untersuchungspartner_innen: Anhang 4). [31]

4.5 Reflexion des Forschungsprozesses

Ich bin seit zwölf Jahren in LSBT*-Kontexten tätig und spätestens seit Veröffentlichung meiner Studie "Out im Office?!" im Jahr 2007 Experte für LSBT*-Themen im Kontext von Arbeit und Beruf in Deutschland. So kommt es, dass sich nicht nur ein großer Teil meiner wissenschaftlichen Tätigkeiten Fragestellungen widmet, die sich mit LSBT*-Personen beschäftigen, sondern ich auch in meiner selbstständigen Tätigkeit als Berater, Coach, Mediator und Trainer immer wieder bezüglich meiner LSBT*-Expertise angefragt werde, z.B. für Coachingprozesse von LSBT*-Führungskräften oder Trainingskonzeptionen zu LSBT*-Themen. [32]

Diese Besonderheit ist im Zuge der Reflexion des Forschungsprozesses zu bedenken: Durch die langjährige Expertise und Eingebundenheit in LSBT*-Kontexte ist die hohe Sach- und Fachkenntnis sicher ein bedeutender Vorteil für die eigene Forschungstätigkeit. Auch ist die Wahrnehmung als vertrauenswürdiger, affirmativ tätiger (also die Lebensweise der Untersuchungspartner_innen explizit akzeptierender) Forscher durch die Zielgruppe ein weiterer wichtiger Baustein für gelingende Forschungsprozesse in einem sensiblen Feld. Gleichzeitig birgt diese Nähe (für einige Untersuchungspartner_innen, die mich aus Trainingsmaßnahmen oder als Vortragenden kannten, war es z.B. selbstverständlich, mich zu duzen) auch eventuelle Einschränkungen in der Distanz zum Forschungsgegenstand bzw. die Problematik des going native11). [33]

Diese kritischen Aspekte sind als bedeutsam im Zuge der Auswertung – gerade auch qualitativer Daten – zu berücksichtigen und wurden durch repetitive Selbstreflexions- sowie Supervisionsprozesse mit Prof. Dr. Rainer OBLIERS intensiv ventiliert. [34]

5. Spezifische Ergebnisse und Diskussion

5.1 Form der Darstellung der Ergebnisse

Mit Blick auf die oben genannten Ziele der Untersuchung werden im Folgenden zunächst Ergebnisse zum Umgang lesbischer und schwuler Beschäftigter mit ihrer sexuellen Identität (Abschnitt 5.2.) bzw. bisexueller und transidenter Arbeitnehmern_innen (Abschnitt 5.3.) mit ihrer Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz vorgestellt und dann abschließend diskutiert (Abschnitt 5.4). Um den Textfluss nicht zu unterbrechen, werden ausschließlich Ausschnitte aus den subjektiven Theorien verwendet; die vollständigen Darstellungen der subjektiven Theorien der Untersuchungspartner_innen sind im Anhang 4 beigefügt. [35]

5.2 Ergebnisse zu lesbischen und schwulen Beschäftigten

Als Grundlage der nun vorgestellten Ergebnisse dienen die Daten von vier Untersuchungspartnern_innen, von denen jeweils eine lesbische Frau und ein schwuler Mann als offen im Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz bezeichnet werden können und jeweils eine lesbische und ein schwuler Beschäftigte_r als weniger offen. Im weiteren Verlauf werden die Ergebnisse der beiden offenen im Vergleich zu den beiden weniger offenen Untersuchungspartnern_innen gegenübergestellt (vgl. grundsätzlich zu den wenigen nachweisbaren Unterschieden zwischen lesbischen und schwulen Befragten im Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz FROHN 2007). [36]

Bei den offenen Uptn steht der Umgang mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz in Zusammenhang mit einer spezifischen motivationalen Lage: Beide nennen bestimmte Motive als Grundlage ihrer Handlungen, die über einen direkt ihrem eigenen Leben zugutekommenden Zweck hinaus von Relevanz sind, z.B. den "Wunsch nach Sichtbarkeit" und "[...] Vorbildfunktion zu haben" sowie die "Hoffnung, Vorurteile abzubauen" (siehe Abb. 1 und 212)), also Motive, die und über das Individualinteresse der Person hinaus gehen.



Abb. 113): Uptin L., lesbisch, eher offen: motivationale Lage



Abb. 2: Upt S., schwul, eher offen: motivationale Lage [37]

Bei beiden Uptn liegt eine intensive persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Identität vor, die auch im Zusammenhang mit dem Umgang mit derselben am Arbeitsplatz steht. So ist für den Untersuchungspartner im Rahmen seiner biografischen Erfahrungen ein anzustrebendes Ziel, "reflektiert mit sich und seiner sexuellen Identität um[zu]gehen", was für ihn auch bedeutet, "genauso offen damit umgehen als wäre ich heterosexuell" (siehe Anhang 4). Die Untersuchungspartnerin drückt es noch deutlicher aus: Für sie resultiert daraus, dass sie eine andere sexuelle Identität als der Mainstream hat, ein "Zwang zu ganz anderer Selbstreflexion", der eine "persönliche Auseinandersetzung" einerseits und ein "erfolgreiches Coming-out" andererseits auslöst (siehe Abb. 3). Bezüglich der persönlichen Auseinandersetzung ist bei ihr noch die "Initialzündung" zu nennen, dass Lesben und Schwule "sich zusammentun" müssen, die ausschlaggebend dafür ist, dass sie sich auch politisch positioniert.



Abb. 3: Uptin L., lesbisch, eher offen: persönliche Auseinandersetzung [38]

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt ist, dass bei den beiden offenen Uptn Selbstsicherheit bzw. Selbstakzeptanz vorhanden und für sie mit dem Coming-out assoziiert ist (wie in Abb. 3: "zu sich stehen nach innen und außen"; bei dem Upt kommt "Selbstsicherheit/Innere Sicherheit" nur bei erfolgtem Coming-out vor, was für ihn bedeutet, auch sichtbar zu sein, Anhang 4). [39]

Alle diese Faktoren – insbesondere die intensive persönliche Auseinandersetzung und die motivationale Grundlage – stellen eine besondere personale Voraussetzung für den eigenen Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz dar (Abb. 4 und 5). [40]

Bedeutsam für diesen persönlichen Umgang am Arbeitsplatz ist für beide Uptn, dass sie mit allen Führungskräften, Kollegen_innen und Mitarbeitern_innen (bei der Uptin intern und auch extern) offen über ihre sexuelle Identität sprechen, teilweise mit leichten Einschränkungen. So sagt der Upt (Abb. 5) "nur wenn es die Person etwas angeht" und bezieht sich damit vor allem auf Externe oder Personen, die nur kurz im Unternehmen verbleiben, denn die anderen Kollegen_innen bzw. Mitarbeiter_innen wissen alle, dass er montags von seinem Partner aus einer anderen Stadt zur Arbeit anreist. Die Uptin (Abb. 4) schränkt diese Art des Umgangs im Zuge des "Selbstverständlichen Umgang[s]" auch ein wenig ein: Sie spricht offen über ihre sexuelle Identität "wenn es sich ergibt", z.B. stellt sie es richtig, wenn ihr Gegenüber eine falsche Annahme bezüglich ihrer sexuellen Identität trifft. Gleichzeitig würde sie sich nicht als "lesbische Einkäuferin" vorstellen, weil ihr wichtig ist, dass ihre berufliche Funktion in diesem Kontext im Mittelpunkt steht und nicht ihre sexuelle Identität – auch, damit sie nicht positiv diskriminiert wird.



Abb. 4: Uptin L., lesbisch, eher offen: Umgang am Arbeitsplatz



Abb. 5: Upt S., schwul, eher offen: Umgang am Arbeitsplatz [41]

Für beide Untersuchungspartner_innen scheint diese Form des Umgangs mit ihrer sexuellen Identität, die sie am Arbeitsplatz entwickelt haben, positive Konsequenzen zu haben: So haben beide Uptn Akzeptanz bezüglich ihrer Person und ihrer sexuellen Identität erlebt (siehe Abb. 2 bei Upt S. bzw. Abb. 7 bei Uptin L.). Diese Akzeptanzerfahrung – und das ist ein wichtiger Aspekt auch im Vergleich zu den weniger offenen Untersuchungspartnern_innen – ist von den beiden offenen Uptn uneingeschränkt erlebt worden, also nicht etwa an weitere Bedingungen geknüpft, z.B. dass nur besonders vertraute Kollegen_innen akzeptierend reagiert hätten. [42]

Umgekehrt haben beide offenen Uptn keine Diskriminierungserfahrungen in der aktuellen beruflichen Tätigkeit gemacht. Dies gilt bei der Uptin auch für ihre frühere Berufsbiografie, während der Upt biografisch eine schwerwiegende Diskriminierungssituation schildert, die er jedoch für sich positiv gewendet hat (Abb. 6). Ihm wird mit der Kündigung (seiner ersten Stelle) gedroht, sofern er nicht sein ehrenamtliches Engagement für LSBT*-Personen einstellt und in der (externen) Kommunikation eine Freundin benennt bzw. erfindet. Als Konsequenz wendet er sich an den Vorstand, legt die Diskriminierungssituation offen und bittet um Rat. Das Ergebnis ist, dass er auf eine interne Stelle versetzt und sein Vertrag in einen Jahresvertrag umgewandelt wird. Als persönliche Konsequenz, die davon getragen ist, dass er ohnehin nicht für eine Organisation arbeiten möchte, die auf diese Art und Weise mit ihren (LSBT*-)Beschäftigten umgeht, schreibt er an seinem letzten Arbeitstag einen offenen Brief an alle Mitarbeiter_innen, um sich für die Zusammenarbeit zu bedanken, die sich an seiner Person und nicht an seiner sexuellen Identität orientiert hat. Mit dieser positiven Wendung der erfahrenen Diskriminierung positioniert er sich abschließend noch einmal deutlich und bewirkt damit erneut eine Reflexion des Themas innerhalb des Unternehmens. Für ihn selbst ist diese Form des Umgangs positiv bestärkend, den Brief hat er aufbewahrt.



Abb. 6: Upt S., schwul, eher offen: Diskriminierung [43]

Darüber hinaus scheint für beide Uptn eine gewisse politische Orientierung bzw. ein Engagement für LSBT*-Personen von Bedeutung zu sein (siehe auch Abb. 3: "Politische Positionierung"). [44]

Bei dem Upt, der heute mit einem eigenen Unternehmen selbstständig ist, führt sein eigener Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz dazu, "nicht für eine Organisation [zu] arbeiten, die offen gegen LSBT*[(-Personen)] ist", was sicher auch in Zusammenhang mit den oben genannten Diskriminierungserfahrungen steht. Auch hat er sich in seiner Vergangenheit im LSBT*-Bereich ehrenamtlich engagiert (was zu den bereits erwähnten Schwierigkeiten bei seinem damaligen Arbeitgeber führte, siehe Abb. 6). [45]

Bei der Uptin besteht ein ausführliches "Engagement im LSBT*-Netzwerk" ihres Unternehmens (siehe Abb. 7., vgl. zu LSBT*-Netzwerken FROHN 2012). In ihrem Fall hat dieser besondere Einsatz sogar zu einem unternehmensinternen "Preis für [ihr] Engagement" geführt. Diese Preisverleihung wird von der Uptin als Akzeptanzerfahrung erlebt, die sie in ihrem Engagement bestärkt. Zusätzlich ist das Engagement im Netzwerk für die Uptin mit bestimmten (politischen) Zielen verknüpft (siehe Abb. 7), die in ihrer Organisation – gerade auch durch die Aktivitäten des LSBT*-Netzwerks – zum Zeitpunkt des Interviews zu großen Teilen bereits umgesetzt waren. Final hat das wieder einen positiven Effekt auf die Uptin selbst, denn z.B. durch die "Beschäftigung mit LSBT*[-Belangen] im Unternehmen (inkl. senior level [höchste Führungsebene])", eine "BV [Betriebsvereinbarung] 'Partnerschaftliches Verhalten' [am Arbeitsplatz]", die die sexuelle Identität als zu schützendes Merkmal inkludiert und durch die "vollst[ändige] betriebl[iche] Gleichstellung für ELPen [eingetragene Lebenspartnerschaften]" ist auch sie selbst als lesbische Mitarbeiterin "noch weniger angreifbar" (Abb. 7).



Abb. 7: Uptin L., lesbisch, eher offen: Engagement. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [46]

Für beide Untersuchungspartner_innen gilt weiterhin, dass sie Ideen und Assoziationen zu Resilienz und "homosexueller Kompetenz" haben, die mit eigenen biografischen Erfahrungen bzw. der intensiven persönlichen Auseinandersetzung verknüpft sind. [47]

Bei dem Upt ist ein erwähnenswerter Aspekt, dass er die "homosexuelle Kompetenz" kritischer betrachtet und nur auf die LSBT*-Personen bezieht, die auch "sichtbar sind" bzw. offen leben (siehe Abb. 8). Bei den Gedanken zu Resilienz ist ihm wichtig, dass dies kein für LSBT*-Personen spezifischer Aspekt ist, sondern Krisenbewältigung und Resilienz Ergebnisse von Selbstsicherheit bzw. innerer Sicherheit für alle Menschen sind (ebenfalls Abb. 8). Ein schönes Bild hat der Upt für diese Sicherheit, nämlich ein "inneres Steh-auf-Männchen, das zuverlässig da ist", welches er auch als erfolgreichen Abschluss dieses Prozesses bewertet ("Ziel erreicht").



Abb. 8: Upt S., schwul, eher offen: Resilienz und Kompetenz [48]

Für die Uptin stehen die Konzepte deutlicher in einer Ursache-Wirkungs-Beziehung: Durch ihre intensive persönliche Auseinandersetzung ist sie "stark" geworden, hat viel gelernt und festgestellt, nicht allein zu sein. Darüber hinaus hat sie gelernt, "viele Dinge differenzierter zu sehen" und ein "Gespür für Timing" sowie "Empathie" entwickelt. Diese durch die Auseinandersetzung mit sich selbst entstandenen Fähigkeiten definieren die "homosexuelle" und "soziale Kompetenz". Diese beiden Kompetenzaspekte wiederum stellen für sie eine Quelle für Resilienz dar (siehe Abb. 9), die ähnlich wie bei dem Upt auch den erfolgreichen Abschluss dieses Prozesses markiert.



Abb. 9: Uptin L., lesbisch, eher offen: Resilienz und Kompetenz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [49]

Für die beiden Untersuchungspartner_innen, die weniger offen mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehen, gibt es einige Aspekte, die in ihren subjektiven Theorien zum Umgang mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz – insbesondere im Vergleich zu den beiden bisher besprochenen subjektiven Theorien – von geringerer Bedeutung sind: Die Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Identität auch im biografischen Zusammenhang findet weniger intensiv statt. Auch vergleichbare Motive wie jene, die bei den beiden offenen Uptn eine wesentliche motivationale Grundlage für den eigenen Umgang mit der sexuellen Identität bilden, kommen in den subjektiven Theorien der weniger offenen Uptn nicht vor. Darüber hinaus fällt auf, dass Begrifflichkeiten wie Selbstsicherheit und/oder Selbstakzeptanz in der Form, wie sie von den beiden offenen Uptn – insbesondere im Zusammenhang mit dem Coming-out – thematisiert werden, nicht expliziert werden. [50]

Bei den weniger offenen Uptn gibt es hingegen einen Fokus auf die rechtliche Situation und die daraus resultierenden Konsequenzen bezüglich der Diskriminierung innerhalb des Unternehmens, sodass im zweiten Schritt der eigene Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz an dieses Vorkommen bzw. Erleben von Diskriminierung geknüpft ist (siehe Abb. 10 und 11).



Abb. 10: Uptin L., lesbisch, weniger offen: Fokus auf die rechtliche Situation [51]

Bei der Uptin wird deutlich, dass das Vorhandensein von EU-Richtlinien, welches sich in einem betrieblichen Beschwerdekomitee und internen vertraulichen Ansprechpartnern_innen für Diskriminierungsfragen niederschlägt, für sie ursächlich damit zu tun hat, dass aus ihrer Sicht in ihrer Organisation auch "wenig Diskriminierung" vorkomme. Diese Tatsache bildet die Basis ihres Umgangs mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz, den sie als einen "selbstverständlichen Umgang" beschreibt.



Abb. 11: Upt S., schwul, weniger offen: Fokus auf die rechtliche Situation. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung [52]

Bei dem Upt sind die Belange von LSBT*-Beschäftigten nicht in die betrieblichen Anti-Diskriminierungs-Richtlinien aufgenommen. Dafür ist seines Erachtens ursächlich verantwortlich, dass diese als "Igitt-Thema" betrachtet würden. Die Tatsache, dass sie nicht in die Richtlinien aufgenommen wurden, führt – so seine Einschätzung – dazu, dass innerhalb der Organisation mehr diskriminiert wird bzw. Diskriminierung durch das fehlende Verbot leichter fällt. Er selbst hat eine Reihe Diskriminierungserfahrungen gemacht, die er als Beispiele nutzt, um das Konzept Diskriminierung genauer zu erläutern: Angefangen von der Frage im Bewerbungsgespräch, ob er verheiratet sei, gefolgt – da er es nicht ist – von der Anmerkung, es sei "dennoch hoffentlich alles in Ordnung", über eine Kollegin, die erwähnte, sie habe ein "Problem mit einer schwulen FK [Führungskraft]", bis hin dazu, dass er bemerkt, dass "hinten rum" über ihn gesprochen werde. Alle diese Erfahrungen stehen ursächlich im Zusammenhang mit seinem Umgang mit seiner sexuellen Identität am Arbeitsplatz. [53]

Vor dem Hintergrund, dass bei beiden weniger offenen Uptn der Umgang mit der sexuellen Identität aus dem Diskriminierungserleben resultiert, unterscheidet sich im Weiteren auch die Art und Weise, wie dieser Umgang gestaltet wird, von jener Umgangsweise, die die offenen Uptn pflegen (siehe Abb. 12 und 13). Ähnlich hingegen ist zwischen der offenen und der weniger offenen Untersuchungspartnerin die Tatsache, dass beide ihre Art und Weise des Umgangs als "selbstverständlich" bezeichnen und ihre berufliche Funktion in den Mittelpunkt rücken: "bin ja zum Arbeiten da" (Abb. 12; für die offene Uptin siehe Abb. 4). [54]

Für beide weniger offenen Uptn ist (im Unterschied zu den offenen Uptn) von Bedeutung (Abb. 12 und 13), dass sie zum Zeitpunkt der Interviews nur mit wenigen Kollegen_innen bzw. niemandem offen über ihre sexuelle Identität sprechen, damit sie "es niemandem aufdrängen" bzw. sie "niemanden missbrauchen/vergewaltigen". Bei der Uptin fällt auf, dass sie den kulturellen Hintergrund ihres Gegenübers mit berücksichtigt und sich, wenn dieser ablehnend sein könnte, gegen offenes Sprechen über ihre sexuelle Identität entscheidet. Dafür entscheidet sie sich jedoch, wenn sie darauf angesprochen wird und das Gegenüber aktiv fragt. Gemeinsam ist beiden Uptn, dass sie offen über die sexuelle Identität nur dann sprechen, wenn es sich um "gute" Kollegen_innen oder Mitarbeiter_innen handelt, also Personen, die sie schon lange kennen oder denen sie sich freundschaftlich verbunden fühlen bzw. mit denen eine vertrauliche Zusammenarbeit besteht.



Abb. 12: Uptin L., lesbisch, weniger offen: Umgang am Arbeitsplatz



Abb. 13: Upt S., schwul, weniger offen: Umgang am Arbeitsplatz [55]

Weiterhin fällt auf, dass die Erfahrung von Akzeptanz bei der Uptin keinen, beim Upt nur bedingt Eingang in die subjektive Theorie findet, nämlich als Faktor in Abhängigkeit von der Enge des Kontakts: Wenn es sich um "gute" Kollegen_innen und Mitarbeiter_innen handelt, mit denen eine vertrauensvolle bzw. vertrauliche Zusammenarbeit besteht, dann ist aus seiner Sicht Akzeptanz wahrscheinlicher. Das äußerte sich in seinem Fall erkennbar darin, dass ihm eine Kollegin, die er noch nicht über seine sexuelle Identität informiert hatte, sagte: "Such' Dir doch irgendwen – egal ob Mann oder Frau. Hauptsache, Du bist nicht allein.". Sie gab ihm auf diese Weise, so sein Verständnis, ein Signal, dass er mit ihr offen über seine sexuelle Identität sprechen könne (Abb. 13). [56]

Bezüglich der Diskriminierungserfahrungen zeigt sich, dass die Uptin – im Unterschied zu dem Upt (Abb. 11) – nur wenig Diskriminierung erlebt hat (siehe oben und Abb. 10). Seinen Vorgesetzten erlebt der Upt als "homophob", was sich u.a. darin niederschlage, dass er dem Upt sagte: "Ich glaube, Sie haben die falsche Einstellung". Ursächlich hierfür sieht der Upt, dass die sexuelle Identität nicht als Merkmal in die Anti-Diskriminierungs-Richtlinien aufgenommen sei. Diese Haltung seiner Führungskraft bewertet er als verwerflich ("soll nicht sein"). Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, dass im Umfeld dieses Unternehmens auch durch andere LSBT*-Beschäftigte eher keine (gegenseitige) Unterstützung zu erwarten sei: Es gebe zwar (weitere) versteckte Kollegen (der Upt sprach ausschließlich von Männern), die jedoch den Kontakt mieden bzw. eine konstruktive Zusammenarbeit verhinderten, damit ihre eigene sexuelle Identität nicht bekannt würde. Die implizite Annahme ist also, dass der Kontakt zu LSBT*-Kollegen_innen am Arbeitsplatz unmittelbar im Zusammenhang mit der eigenen (abweichenden) sexuellen Identität stehen könnte und daher vermieden wird. [57]

Für beide Untersuchungspartner_innen, die weniger offen mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehen, gilt weiterhin, dass sie Ideen zu Resilienz und homosexueller Kompetenz haben. Diese sind werden jedoch im Gegensatz zu den beiden offenen Uptn weniger stark mit der eigenen Biografie bzw. der intensiven persönlichen Auseinandersetzung in Verbindung gebracht, sondern bei der Uptin (Abb. 14) mit dem eigenen Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz bzw. beim Upt (Abb. 15) mit dem Konzept LSBT*-Identität, mit Diskriminierung und mit "Kompensation im privaten Bereich". [58]

Bei der Uptin stehen die Konzepte Resilienz und homosexuelle Kompetenz miteinander in einer Ursache-Wirkungs-Relation, und der selbstverständliche Umgang wiederum ist ursächlich für das Entstehen von Resilienz, welche für sie vor allem bedeutet, einen Lernprozess durchlaufen zu haben, der darin gemündet sei, "sich zu trauen, etwas zu sagen" bzw. "ziemlich gerade heraus [zu] sagen", wenn sie etwas störe. Homosexuelle Kompetenz resultiert für sie aus der Resilienz und wird definiert durch Konzepte, die sie als von einer heterosexuellen Frau abweichend definiert ("nicht so typisches Denken"; "nicht so typisch zickig, eher ruhiger"; "resistent gegen männlichen Charme"). Weiterhin gehört für die Uptin ihre "multi-tasking-Fähigkeit" mit in diesen Zusammenhang sowie die Tatsache, dass sie "Leute gut beruhigen, gut auf sie eingehen" könne, was dazu führe, dass sich Kollegen_innen an sie wenden, z.B. eine lesbische Kollegin mit der Hoffnung, dass die Uptin ihre Situation besser nachfühlen könne.



Abb. 14: Uptin L., lesbisch, weniger offen: Resilienz und Kompetenz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [59]

Bei dem Upt fällt auf, dass die homosexuelle Kompetenz direkt aus der LSBT*-Identität resultiert und dadurch definiert ist, "für sich selbst Grenzen und Normen kritisch in Frage zu stellen" (Abb. 15). Diese Form der Kompetenz führe zu einer "Kompensation im privaten Bereich" (definiert durch verschiedene Tätigkeiten), die die erlebte Diskriminierung (soweit möglich) neutralisieren soll – mit der Zielsetzung "sich [zu] schützen" und "gesund [zu] bleiben" (siehe Abb. 15). Aus der "Kompensation im privaten Bereich" resultieren aus seiner Perspektive wiederum Resilienz bzw. ein "Reifungsprozess". Gleichzeitig führe diese Kompensation auch zu einem Erleben von Ohnmacht und einem "Gefühl des Ausgeliefert-Seins". Diese beiden Aspekte führen für den Upt zu der Einschätzung, dass "etwas kaputt gegangen" und er "misstrauischer" und "zurückgezogener" sei (siehe Abb. 15).



Abb. 15: Upt S., schwul, weniger offen: Resilienz und Kompetenz [60]

5.3 Ergebnisse zu bisexuellen und transidenten Arbeitnehmern_innen

Bezüglich bisexueller und transidenter Arbeitnehmer_innen war der Fokus der Untersuchung, erste Erkenntnisse in einem weitgehend nicht erforschten Feld zu generieren, welche im Folgenden dargestellt werden. Als Grundlage für die Ergebnisse zu bisexuellen Arbeitnehmern_innen dienen die Daten einer Untersuchungspartnerin, die durch ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten mit Beratungsfunktion für bisexuelle Personen als Expertin für den Themenbereich gelten kann. Für die Ergebnisse zu transidenten Beschäftigten dienen ebenso die Daten einer Untersuchungspartnerin, die als Beraterin für transidente Personen tätig ist und daher als Expertin für den Themenbereich gelten kann. [61]

Wichtig erscheint noch zu erwähnen, dass die folgenden subjektiven Theorien jene von Expertinnen sind und sich daher im Gegensatz zu den vorherigen vier Uptn nicht ausschließlich auf die eigene Selbst- und Weltsicht beziehen, sondern die Perspektive bisexueller bzw. transidenter Personen übersubjektiv abzubilden versuchen. Weiterhin ist bei der subjektiven Theorie der Trans*-Expertin zu berücksichtigen, dass diese ausschließlich die Perspektive von Personen wiedergibt, die auch per Transition das Ankommen im erlebten Geschlecht als Ziel verfolgen; bei Personen, die sich als "transgender" bewusst zwischen den Geschlechtern definieren, sind erhebliche Unterschiede zu erwarten, sodass transgender-Perspektiven einer weiteren wissenschaftlichen Betrachtung bedürfen. Generell gilt, dass die vorliegenden sechs subjektiven Theorien die Zielsetzung haben, explorativ idiografische Erkenntnisse zu generieren, die auf weitere Forschungsbedarfe aufmerksam machen. [62]

Ein besonderes Moment besteht in der Erfahrung, "anders zu sein" (Abb. 16), und zwar noch einmal anders als lesbische Frauen oder schwule Männer. Diese Erfahrung führt aus der Perspektive der Expertin dazu, dass bisexuelle Personen "härter für ihre Identität kämpfen", was wiederum ursächlich für deren Umgang mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz sei (Abb. 16).



Abb. 16: Uptin B., bisexuelle Expertin: persönliche Auseinandersetzung [63]

Der Umgang bisexueller Beschäftigter mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz gestaltet sich aus der Perspektive der Expertin so, dass es eine "große Vielzahl" gebe, die am Arbeitsplatz aus Vorsicht nicht offen darüber kommunizieren, um keine "Angriffsfläche [zu] bieten" und "Angst [zu] vermeiden" (Abb. 17).



Abb. 17: Uptin B., bisexuelle Expertin: Umgang am Arbeitsplatz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [64]

Weiterhin sei es für bisexuelle Beschäftigte von Bedeutung, sich zum Zwecke der Professionalität zurückzunehmen, um wegen ihrer Arbeit wahrgenommen und akzeptiert zu werden und nicht wegen ihrer sexuellen Identität. So komme es, dass Privates allgemein gehalten bzw. keine Details erzählt würden. Ein offener Umgang mit der Bisexualität kommt laut der Uptin – wenn überhaupt – nur gegenüber Kollegen_innen vor, nicht gegenüber Führungskräften; darüber hinaus nur dann, wenn es als Anlass eine gleichgeschlechtliche Beziehung gibt, über die in der Regel nur gegenüber wenigen engen Kollegen_innen, "mit denen man auch befreundet ist", gesprochen werde. Sollte es eine solche Öffnung geben, so werde dies als "gut" und "befreiend" erlebt. [65]

Das Erleben von Akzeptanz bzw. Diskriminierung ist aus der Perspektive der Uptin sehr stark abhängig von der Branche (siehe Abb. 18). In einer "lockeren, offenen" Branche (z.B. Medien) ist ihrer Ansicht nach eher mit Akzeptanz von lesbischen, schwulen und bisexuellen Lebensweisen zu rechnen, während in konservativeren Branchen eher von Diskriminierung in Form eines konkreten "Risiko[s] für den Job" auszugehen sei (Abb. 18). Zu den konservativen Branchen gehören aus der Sicht der Uptin vor allem der soziale bzw. pädagogische Bereich – wegen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – und christliche Organisationen.



Abb. 18: Uptin B., bisexuelle Expertin: Branchenunterschiede. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [66]

Neben der Diskriminierung in Arbeitszusammenhängen spricht die Uptin noch einen weiteren Faktor an, nämlich "szeneinterne" Diskriminierung, die sie primär mit lesbischen Frauen in Verbindung bringt (Abb. 19); ob bzw. inwieweit bisexuelle Frauen und Männer auch Diskriminierung durch schwule Männer erleben, wurde nicht erwähnt.



Abb. 19: Uptin B., bisexuelle Expertin: Diskriminierung [67]

Bezogen auf die Themenbereiche Resilienz und bisexuelle Kompetenz assoziiert die Expertin einige Konzepte und bringt sie mit der Tatsache, "härter für seine Identität kämpfen" zu müssen, in eine Ursache-Wirkungs-Relation (Abb. 20).



Abb. 20: Uptin B., bisexuelle Expertin: Resilienz und Kompetenz [68]

Für die Uptin zeichnet sich die bisexuelle Kompetenz – die ebenso wie die daraus resultierende Resilienz als positives Ziel eines Prozesses betrachtet wird – dadurch aus, "entschieden bisexuell" zu sein, andere aufzuklären, Gedankenanstöße zu geben sowie sich nicht in eine Schublade stecken zu lassen. Darüber hinaus gehört für sie dazu, "unkonventionell und um die Ecke denken" zu können sowie einen Raum für die eigenen Bedürfnisse ebenso wie für die Bedürfnisse und Gefühle anderer zu geben, ohne diese zu bewerten oder zu be- bzw. zu verurteilen. Schließlich ist für die Uptin auch ein Teil der bisexuellen Kompetenz, "ganz locker und natürlich" mit der eigenen sexuellen Identität umzugehen. Die Resilienz definiert sich aus ihrer Perspektive dadurch, sich selbst gegenüber "offen" zu sein und nichts zu "verdrängen", "authentisch" zu sein, "straight" den eigenen Weg zu gehen und sich auch gegen Konventionen "durchzubeißen". Abschließend gehört für sie der "Mut und [die] Fähigkeit, gegen den Strom zu schwimmen", als Definitionsbestandteil zur Resilienz. [69]

Ähnlich der Ergebnisse für bisexuelle Beschäftigte liegt auch bei den transidenten Personen, so die Uptin, eine Auseinandersetzung mit sich selbst und mit anderen vor, die ausgelöst und begleitet bzw. sogar verstärkt werde durch die an sich selbst gerichtete Frage "Bin ich anders?", und wenn ja, "wie anders?" (Abb. 21). Diese Auseinandersetzung führe (in einem langen und aufwendigen Prozess) final zur Transition, was die Expertin mit dem Bild beschreibt: "ein Naturgesetz gebrochen [zu] haben" (Abb. 21).



Abb. 21: Uptin T., Trans*-Expertin: persönliche Auseinandersetzung [70]

Im nächsten Schritt wird eine Besonderheit für transidente Arbeitnehmer_innen deutlich, nämlich dass es sich bei der Geschlechtsidentität – spätestens wenn eine Transition erfolgt – im Gegensatz zur sexuellen Identität um eine Diversity-Dimension handelt, die sichtbar ist: Dieser Veränderung bzw. Sichtbarkeit folgen dann auch unmittelbare positive und negative Konsequenzen (Abb. 22).



Abb. 22: Uptin T., Trans*-Expertin: Sichtbarkeit. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [71]

Positive Konsequenzen im Sinne einer "Akzeptanzerfahrung" bestehen darin, dass es beim Gegenüber eine erleichterte Reaktion gibt, weil diese "das schon [in irgendeiner Form] gespürt" haben. Die negativen Konsequenzen sind, so die Expertin, das Auftreten einer "Gerüchteküche" sowie "Irritationen" bzw. "verklemmte Reaktionen", die in einem Verstärkungsprozess zu Diskriminierung führten. [72]

Sicher auch wegen der unvermeidlichen Sichtbarkeit ist es – so die Uptin – insbesondere bezogen auf die negativen Konsequenzen notwendig, einen Umgang mit dieser Situation zu finden (Abb. 23).



Abb. 23: Uptin T., Trans*-Expertin: motivationale Lage [73]

Diese negativen Konsequenzen können laut der Expertin durch Offenheit neutralisiert werden, sodass Vorurteile abgebaut würden, insbesondere nennt sie "Schlagfertigkeit, Wortwitz und Sprüche" und "eine klare Antwort [zu] geben". Gleichzeitig sei auch von Bedeutung, dass die Kollegen_innen Zeit brauchen und es wichtig sei, diesen "die Angst [zu] nehmen". Dabei kann es z.B. auch darum gehen, die falsche Wahrnehmung des Gegenübers, also die falsche "Annahme des Herkunftsgeschlechts [zu] korrigieren" (Abb. 24).



Abb. 24: Uptin T., Trans*-Expertin: Korrektur von falscher Wahrnehmung. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [74]

Diese Korrektur der falschen Wahrnehmung des Gegenübers führe dazu, drei mögliche Varianten zu prüfen (sofern ein Gespür darüber vorliegt, ob das Gegenüber es böse meint oder einfach hilflos ist): Es könne erstens sein, dass das Gegenüber (ohne böse Absicht) falsch wahrgenommen hat, zweitens sei möglich, dass sich der_die Kollege_in "vertan" habe, weil er_sie die_den Trans*-Beschäftigte_n von früher kannte (ebenfalls ohne böse Absicht), und drittens könne es sein, dass er_sie die Tatsache "mutwillig ignoriert", was sich auch darin äußere, dass die Trans*-Person für krank oder gestört gehalten werde. [75]

Der Umgang mit der Geschlechtsidentität von Trans*-Beschäftigten am Arbeitsplatz ist also im Zuge der Transition unvermeidlich. Nach Abschluss dieses Prozesses betrifft der Umgang mit der Geschlechtsidentität dann eher den Umgang mit der "Trans*-Geschichte", und dieser beinhaltet zwei Möglichkeiten, nämlich diese zu benennen oder sie nicht zu benennen, welche laut der Expertin von zwei etwa gleich großen Gruppen ("Lager", Abb. 25) gewählt würden.



Abb. 25: Uptin T., Trans*-Expertin: Umgang am Arbeitsplatz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [76]

Für die Personen, die ihre Trans*-Geschichte benennen, sei von Bedeutung, "keine erfundenen Geschichten [zu] erzählen", was auch die Korrektur der Falschwahrnehmung des Gegenübers beinhalte (vgl. Abb. 24). Darüber hinaus kommt aus der Sicht der Uptin bei beiden Gruppen – also sowohl für Personen, die die Trans*-Geschichte benennen als auch für die, die sie nicht benennen – eine "'Rückwärtskorrektur' des Geschlechts" vor, welche sich bei den Personen, die die Trans*-Geschichte erzählen, vor allem daraus ableite, dass sie es als durchaus legitim empfänden, auch in der Rückwärtsbetrachtung aus dem erlebten Geschlecht heraus zu sprechen, während es denjenigen, die die Trans*-Geschichte nicht benennen, primär darum gehe, ein "glattes Bild" von sich zu zeichnen. Für beide Gruppen sei die Zielsetzung dieses Prozesses, "einfach nur ihr Leben zu leben" (Abb. 25). [77]

Neben Motiven, die den persönlichen Umgang bestimmen, z.B. "durch Offenheit Vorurteile abzubauen" (Abb. 23), benennt die Uptin auch die jeweilige Unternehmenskultur als eine Antezedensbedingung für den Umgang mit der Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz (Abb. 26).



Abb. 26: Uptin T., Trans*-Expertin: Unternehmenskultur [78]

Hier wird deutlich, dass aus der Perspektive der Expertin die Erfahrung von Akzeptanz durch Arbeitgeber_innen in positiver Weise den Umgang mit der Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz beeinflusst. Diese Akzeptanzerfahrung sei vor allem geprägt durch Respekt innerhalb des Unternehmens davor, dass Personen ihr Geschlecht selbst wählen können. Dies sei wiederum davon abhängig, ob eine solche Haltung im Leitbild der Organisation, in Policies oder Anti-Diskriminierungs-Richtlinien verankert sei (Abb. 26). [79]

Bezogen auf Resilienz hat die Expertin einige Assoziationen, die sich in einem gewissen Umfang bereits in dem Bild manifestieren, mit dem sie den Transitionsprozess beschreibt: "man hat ein Naturgesetz gebrochen" (Abb. 21). Darüber hinaus mündet für sie der Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst über die Transition und den Umgang mit der Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz final in dem Ziel, "einfach nur sein Leben [zu] leben". Dieses ist wiederum in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang verknüpft mit Resilienz (Abb. 27).



Abb. 27: Uptin T., Trans*-Expertin: Resilienz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [80]

Resilienz ist für die Uptin definiert durch "Stärke", gekoppelt mit "Selbstwertgefühl", welches sich in der Erkenntnis zeige, sich selbst "etwas wert zu sein". Stärke als Resilienzfaktor manifestiere sich darin, eine Persönlichkeit entwickelt zu haben, die nicht gebrochen werden könne, egal, welche äußeren Einflüsse diese auch beeinträchtigen. [81]

Auch besondere transsexuelle Kompetenzen, die mit der eigenen Biografie und den daraus resultierenden kollektiven Erfahrungen zusammenhängen, sieht die Expertin (Abb. 28) bei transidenten/transsexuellen Arbeitnehmern_innen.



Abb. 28: Uptin T., Trans*-Expertin: Kompetenz. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [82]

Ein wesentlicher Aspekt sei, dass Trans*-Personen beide Geschlechterrollen kennen und somit als "Rollenübersetzer_innen" bzw. "gender-translator" fungieren und so zwischen Frauen und Männern vermitteln könnten. Einen weiteren bedeutsamen Punkt sieht die Untersuchungspartnerin darin, dass Personen, die eine Trans*-Geschichte durchlaufen (haben), gelernt haben, "auch langfristig dran [zu] bleiben, ohne die Gewissheit [zu haben], es schaffen zu können", und damit über ein besonderes Durchhaltevermögen (ohne Klarheit über den künftigen Erfolg oder Misserfolg) verfügten. [83]

5.4 Diskussion der Ergebnisse

Im Folgenden werden zuerst die oben dargestellten Ergebnisse der offenen und weniger offenen lesbischen und schwulen Untersuchungspartner_innen in einer Komparationstabelle gegenübergestellt und kontrastierend diskutiert. Anschließend werden die Besonderheiten bezüglich der Arbeitssituation bisexueller und transidenter Beschäftigter jeweils in einer weiteren Komparationstabelle mit den Ergebnissen lesbischer und schwuler Beschäftigter verglichen und die gewonnenen Erkenntnisse abschließend reflektiert. [84]

Zu Beginn der Diskussion möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass diese Ergebnisse dediziert als explorativ zu betrachten sind und dass ihre Reichweite aus mehreren Gründen eingeschränkt ist: Erstens ist die Stichprobe mit zwei lesbischen und zwei schwulen Untersuchungspartnern_innen sowie einer bisexuellen und einer transindenten Untersuchungspartnerin sehr klein. Zweitens liegt für die lesbischen und schwulen Beschäftigten primär Alltagsexpertise vor, d.h. die subjektiven Theorien dieser Personengruppe beziehen sich ausschließlich auf die eigene Person und ihre Selbst- und Weltsicht, während für die bisexuelle und transidente Perspektive – aufgrund der bestehenden Forschungslücke in dem Bereich – Expertinnen in den Forschungsprozess einbezogen wurden, um über ihre eigene Sichtweise hinaus die Selbst- und Weltsichten dieser Zielgruppe gut abbilden zu können. Drittens und abschließend handelt es sich um ein vergleichsweise aufwendiges wissenschaftliches Erhebungsverfahren, sodass davon auszugehen ist, dass die Personen, die für die Teilnahme an diesbezüglichen Forschungsprojekten aufgeschlossen sind, einen besonders interessierten Teil der gesamten Zielgruppe darstellen.

Komparationsaspekt der subjektiven Theorie

Offene lesbische und schwule Uptn

Weniger offene lesbische und schwule Uptn

Motive, die über das Individualinteresse hinaus gehen bzw. politische Orientierung

Beide Uptn nennen bestimmte Motive als Grundlage ihrer Handlungen, die über das Individualinteresse der Person hinaus gehen, z.B. den "Wunsch nach Sichtbarkeit" und "[...] Vorbildfunktion zu haben" sowie die "Hoffnung, Vorurteile abzubauen".

Bei den offenen Uptn gibt es den Wunsch, "genauso offen damit [mit ihrer sexuellen Identität] um[zu]gehen als wäre ich heterosexuell" bzw. das Interesse, dass "auch Heterosexuelle mitkriegen, 'es ist etwas Normales'", also eine gewisse politische Orientierung.

Es findet sich keine vergleichbare motivationale Lage bzw. politische Orientierung.

 

 

LSBT*-Engagement

Der männliche Upt hat sich in seiner Vergangenheit ehrenamtlich im LSBT*-Bereich engagiert und betont, mit seinem Unternehmen "nicht für eine Organisation [zu] arbeiten, die offen gegen
LSBT*[(-Personen)] ist". Bei der weiblichen Uptin besteht ein ausführliches "Engagement im LSBT*-Netzwerk" ihres Unternehmens.

Es findet kein explizites LSBT*-Engagement statt.

 

Persönliche Auseinandersetzung

Bei beiden Uptn hat eine intensive persönliche Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen sexuellen Identität stattgefunden, die in Selbstakzeptanz und Selbstsicherheit mündet, welche ihrerseits einen positiven Effekt auf das (äußere) Coming-out haben.

Die persönliche Auseinandersetzung wirkt weniger intensiv – zumindest ist sie in der biografischen Rückschau nicht mit dem Ergebnis von Selbstakzeptanz oder Selbstsicherheit in einer Weise verbunden, dass sie Eingang in die subjektiven Theorien der Uptn findet.

Umgang mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz

Für beide Uptn ist ein offener Umgang mit allen (wesentlich) beteiligten Akteuren am Arbeitsplatz so selbstverständlich, dass sie sogar eine falsche Annahme des Gegenübers bezüglich ihrer sexuellen Identität korrigieren.

Beide Uptn sprechen nicht bzw. nur bedingt offen über ihre sexuelle Identität am Arbeitsplatz. Offen über ihre sexuelle Identität sprechen sie, wenn überhaupt, nur, wenn sie darauf angesprochen werden oder mit guten Kollegen_innen bzw. bei vertraulicher Zusammenarbeit.

Fokus auf die rechtliche Situation bzw. die Kultur in der Organisation

Dieser Aspekt kommt bei den Uptn nicht vor, sondern sie sind eher daran interessiert, die Situation aktiv positiv mitzugestalten.

Der Fokus der Uptn ist eher external auf die vorhandene rechtliche Situation und das daraus resultierende Klima gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen gerichtet.

Diskriminierungserfahrungen und Umgang mit Diskriminierung

Die Uptin hat keine Diskriminierungserfahrungen gemacht. Der Upt hat in seiner ersten beruflichen Tätigkeit schwerwiegende Diskriminierung mit erheblichen beruflichen Konsequenzen erlebt. Er wählt jedoch eine proaktive Auseinandersetzung, die sich zwar nicht in den äußeren Bedingungen positiv für ihn niederschlägt, jedoch auf der Ebene der inneren Referenz für ihn stimmig ist und daher stärkende Wirkung hat. Durch eine solche offensive Form des Umgangs mit der erlebten Diskriminierung ist es ihm gelungen, diese positiv für die eigene Entwicklung zu nutzen.

Die Uptin hat nur wenig Diskriminierung erlebt, die auch nicht weiter expliziert wird. Der Upt erlebt erhebliche Diskriminierung mit für ihn persönlich intensiven negativen Auswirkungen, die er über Methoden im Privatleben abzuschwächen sucht. Diese "Kompensation im privaten Bereich" führt jedoch auch zu einem Erleben von Ohnmacht und einem "Gefühl des Ausgeliefert-Seins". Diese für den Upt sicher unerwünschten Effekte resultieren möglicherweise daraus, dass es sich um eine Kompensation in einem anderen Bereich handelt und nicht um eine proaktive Auseinandersetzung in dem Feld, in dem die Schwierigkeiten der Diskriminierung entstanden sind.

Erleben von Akzeptanz

Die Uptn haben in unterschiedlichen Formen Akzeptanz erlebt – bedeutsam dabei ist, dass diese Akzeptanz uneingeschränkt vorgekommen ist.

Bei der Uptin findet das Erleben von Akzeptanz keinen Eingang in die subjektive Theorie, beim Upt nur in bedingter bzw. eingeschränkter Form: nämlich ausschließlich bei guten Kollegen_innen bzw. Mitarbeitern_innen.

Netzwerk mit Kollegen_innen

Die Uptin engagiert sich seit Jahren im LSBT*-Netzwerk des Unternehmens, was darin mündet, dass sich die Unternehmenskultur ändert und sie selbst einen Preis für ihr Engagement erhält, für sie eine wichtige Akzeptanzerfahrung. Der Kontakt zu Kollegen_innen im Netzwerk ist für die Uptin eine wichtige Ressource.

Für den Upt spielt der Aspekt des Netzwerks mit Kollegen_innen – als Geschäftsführer des eigenen Unternehmens – keine Rolle.

Der Upt erlebt keine Form der gegenseitigen Unterstützung durch LSBT*-Personen am Arbeitsplatz: Die implizite Annahme, dass der Kontakt zu LSBT*-Kollegen_innen unmittelbar im Zusammenhang mit der eigenen (abweichenden) sexuellen Identität stehen könnte, führt dazu, dass Mitarbeiter_innen, die (ebenfalls) nicht offen mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehen, einen Kontakt zu anderen LSBT*-Beschäftigten meiden, damit ihre eigene sexuelle Identität nicht bekannt wird.

Bei der Uptin findet dieser Aspekt keinen Eingang in die subjektive Theorie.

Resilienz und homosexuelle Kompetenz

Bei den Uptn sind die Konzepte stark mit der persönlichen Auseinandersetzung bzw. den eigenen biografischen Erfahrungen assoziiert und sehr expliziert bzw. differenziert. Für den Upt ist die homosexuelle Kompetenz an ein erfolgtes Coming-out, das für ihn Sichtbarkeit impliziert, geknüpft. Resilienz ist als Konzept gemeinsam mit "Krisenbewältigung" das Resultat einer "Selbstsicherheit" bzw. "Inneren Sicherheit", die konditional an das erfolgte Coming-out gebunden ist.

Bei der Uptin resultieren aus dem "Zwang zu ganz anderer Selbstreflexion" zum einen ein "erfolgreiches Coming-out" und zum anderen eine "persönliche Auseinandersetzung", die ursächlich für verschiedene Lern- und Entwicklungsprozesse (z.B. "stark werden", "Dinge differenzierter sehen", "Empathie") verantwortlich ist. Die durch diesen Prozess entstandenen Fähigkeiten sind schließlich definitorischer Bestandteil der homosexuellen und der sozialen Kompetenz, die ihrerseits ursächlich für Resilienz sind.

Bei den beiden Uptn kommen Ideen zu Resilienz und homosexueller Kompetenz vor, sind jedoch einerseits nicht oder nur wenig expliziert bzw. differenziert (bei der Uptin mehr als beim Upt) und andererseits (insbesondere beim Upt) in ihrer Funktionsweise eindeutig als protektiv zu bezeichnen: Die homosexuelle Kompetenz führt für den Upt zu einer "Kompensation im privaten Bereich", welche die erlebte Diskriminierung neutralisieren soll. Diese Kompensation wiederum führt zu "Resilienz" bzw. einem "Reifungsprozess" und dient dazu, "sich [zu] schützen" bzw. "gesund [zu] bleiben".

Für die Uptin hat Resilienz eher die Bedeutung, etwas, das sie stört, anzusprechen, während sie homosexuelle Kompetenz eher in Abgrenzung zu heterosexuellen Frauen definiert: "nicht so typisch zickig" und "resistent gegen männlichen Charme", jedoch auch "nicht so typisches Denken" und Empathie kommen als Definitionsbestandteile homosexueller Kompetenz vor.

Tabelle 1: Komparationstabelle zum Vergleich der offenen und weniger offenen lesbischen und schwulen Uptn [85]

Der Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz stellt das wesentliche Differenzmerkmal zwischen den Untersuchungspartnern_innen dar: Während für die beiden offenen Uptn ein offener Umgang mit allen (wesentlich) beteiligten Akteuren am Arbeitsplatz so selbstverständlich ist, dass sie sogar eine falsche Annahme des Gegenübers bezüglich ihrer sexuellen Identität korrigieren, sprechen die beiden weniger offenen Uptn nicht offen bzw. nur bedingt offen über ihre sexuelle Identität am Arbeitsplatz. [86]

Als bedeutsame Antezedensbedingung bei den offenen Uptn für ihren Umgang mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz kann sicher der Wunsch gelten, "genauso offen damit um[zu]gehen als wäre ich heterosexuell" bzw. das Interesse, dass "auch Heterosexuelle mitkriegen, 'es ist etwas Normales'". Damit haben die beiden Uptn eine wesentliche wissenschaftliche Differenzierung in ihre subjektive Theorie eingebunden. Sie haben die in der Konturierung des Forschungsgegenstands (vgl. Abschnitt 2) erläuterte Missinterpretation, dass es sich bei einer sexuellen Identität, die nicht dem Mainstream entspricht, um eine erklärungsbedürftige sexuelle Abweichung handle, während die heterosexuelle Identität unkommentierte Normalität abbilde, erkannt und in ihre individuelle Selbst- und Weltsicht integriert. Damit einher geht die Bedeutungsgebung, dass die Kommunikation über Heterosexualität primär soziale Informationen vermittle, während die Kommunikation über eine lesbische, schwule oder bisexuelle Identität eine (unerwünschte) sexuelle Information enthalte. Diese gesellschaftlich konstruierte Ungleichheit in der Betrachtung der heterosexuellen und der lesbischen, schwulen bzw. bisexuellen Identität scheinen die offenen Uptn überwunden zu haben, kritisch zu betrachten und durch ihre Handlungen auch in ihrem Umfeld auflösen zu wollen. [87]

Ein Aspekt, der die weniger offenen Untersuchungspartner_innen ihren Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz wählen lässt, ist sicher, dass ihr Fokus eher external auf die vorhandene rechtliche Situation und das daraus resultierende Klima gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen gerichtet ist, während bei den offenen Uptn stärker die eigene proaktive (Mit-) Gestaltung von Klima, Kultur und rechtlichen Regelungen im Unternehmen handlungsleitend ist. [88]

Bei beiden weniger offenen Uptn führt das Vorliegen von Diskriminierung in einer Ursache-Wirkungs-Beziehung zu deren spezifischem Umgang mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz. Dazu scheint zusätzlich handlungsleitend, ob und wie mit der Diskriminierung umgegangen wird. Der weniger offene Upt erlebt erhebliche Diskriminierung mit für ihn persönlich intensiven negativen Auswirkungen, die er im Privatleben zu kompensieren sucht, was jedoch zu einem Ohnmachtserleben und Beeinträchtigung führt. Diese für den Upt unerwünschten Effekte resultieren möglicherweise auch daraus, dass es sich um eine Kompensation in einem anderen (nämlich dem privaten und nicht dem Arbeits-) Bereich handelt und somit nicht um eine proaktive Auseinandersetzung in dem Feld, in dem die Diskriminierung stattgefunden hat. Eine solche offensive(re) Form des Umgangs mit der erlebten Diskriminierung wählt der offene Upt: Die Diskriminierung, die er in seiner ersten beruflichen Tätigkeit erlebt hat, war durchaus schwerwiegend und hatte erhebliche berufliche Konsequenzen. Dennoch wählte er eine proaktive Auseinandersetzung mit dem Vorstand seines Unternehmens, die für ihn stimmig war und daher stärkende Wirkung hatte. Diskriminierung kann also bei allen Personen auftreten, wesentlich scheint der Umgang mit dieser Situation: Es kann gelingen, die Diskriminierung positiv für die eigene Entwicklung zu nutzen, wenn ein eher proaktiver Umgang damit gewählt wird. In manchen Konstellationen ist ein solcher Umgang nicht möglich, sodass die negativen Auswirkungen einer Diskriminierungssituation überwiegen. [89]

Bezüglich des Akzeptanzerlebens ist festzuhalten, dass die offenen Uptn in unterschiedlichen Formen uneingeschränkte Akzeptanz erleben, während die weniger offenen Uptn Akzeptanz – wenn überhaupt – ausschließlich in eingeschränkter Form vorfanden. [90]

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vernetzung mit Kollegen_innen: Die offene Uptin engagiert sich seit Jahren im LSBT*-Netzwerk ihres Unternehmens, woraus sie persönlich Kraft zieht, die Unternehmenskultur positiv mitgestaltet und sogar einen Preis für ihr Engagement erhalten hat. Der weniger offene Upt erlebt das Gegenteil: Das Arbeiten im Kontext einer Unternehmenskultur, die den offenen Umgang mit der sexuellen Identität nicht goutiert, erschwert oder verhindert das förderliche Potenzial (vgl. dazu FROHN 2012) gegenseitiger Unterstützung durch LSBT*-Personen: Die implizite Annahme, dass der Kontakt zu LSBT*-Kollegen_innen am Arbeitsplatz unmittelbar im Zusammenhang mit der eigenen (abweichenden) sexuellen Identität stehen könnte, führt dazu, dass Mitarbeiter_innen, die (ebenfalls) nicht offen mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehen, einen Kontakt zu anderen LSBT*-Beschäftigten meiden, damit ihre eigene sexuelle Identität nicht bekannt wird. [91]

Weiterhin lässt sich festhalten, dass alle schwulen und lesbischen Untersuchungspartner_innen Ideen zu den Konzepten "Resilienz" und "homosexuelle Kompetenz" haben. Bedeutsam unterschiedlich scheint in dem Themenkomplex eher zu sein, wie ausführlich diese Konzepte expliziert und differenziert sind bzw. in welcher Form sie mit eigenen biografischen Erfahrungen assoziiert sind. Bei den beiden weniger offenen Uptn kommen Ideen zu Resilienz und homosexueller Kompetenz vor, sind jedoch einerseits nicht oder nur wenig expliziert bzw. differenziert (bei der Uptin mehr als beim Upt) und andererseits (insbesondere beim Upt) in ihrer Funktionsweise eindeutig als protektiv zu bezeichnen. Bei den beiden offenen Uptn sind die Gedanken zu beiden Konzepten stärker mit der persönlichen Auseinandersetzung bzw. den eigenen biografischen Erfahrungen assoziiert und deutlicher expliziert bzw. differenziert. [92]

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die offenen Uptn über das Individualinteresse hinaus gehende Motive bzw. eine gewisse politische Orientierung bis hin zu einem besonderen LSBT*-Engagement aufweisen. Es scheint ihnen ein Anliegen zu sein, zu einer "Normalisierung" alternativer sexueller Identitäten beizutragen bzw. die im Abschnitt 2 erläuterte Missinterpretation mit aufzulösen. Ein weiterer gewichtiger Faktor ist sicher, dass die offenen Uptn im Rahmen ihrer persönlichen Auseinandersetzung Selbstakzeptanz bzw. Selbstsicherheit erreicht haben. Bezüglich der weniger offenen Uptn fällt auf, dass sie ihren Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz eher an äußeren Faktoren, wie der rechtlichen Situation bzw. dem Klima gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen, ausrichten. Erlebte Diskriminierung trägt für die weniger offenen Uptn zu erheblicher Belastung bei, während die offenen Uptn diese für die eigene Entwicklung positiv zu nutzen in der Lage sind. Akzeptanz wird bei den offenen Uptn uneingeschränkt erlebt, während diese bei den weniger offenen Uptn – wenn überhaupt – nur bedingt vorkommt, auch fehlt ihnen die Vernetzung mit LSBT*-Kollegen_innen. Resilienz und homosexuelle Kompetenz kommen für alle Untersuchungspartner_innen als Konzepte vor, scheinen jedoch bei den weniger offenen Uptn eher protektive Funktion zu haben. [93]

Diese differenziellen Ergebnisse zusammenfassend ist der Umgang der offenen Uptn als eher "akquisitiv"14) (LAUX & RENNER 2002) zu bezeichnen und lässt vermuten, dass ihnen eine internale Orientierung bei Erfolg und eine externale bei Misserfolg bzw. generell ein optimistischer Attributionsstil (SELIGMAN 1991; zu Attribution im beruflichen Kontext generell siehe WEINERT 2004) leichter zu fallen scheint. Bei den weniger offenen Uptn lässt sich der Umgang als eher "protektiv" (LAUX & RENNER 2002) fassen und vermuten, dass ihnen eine optimistische bzw. selbstwertdienliche Attribution (SELIGMAN 1991; WEINERT 2004) schwerer fällt. Dabei ist selbstverständlich zu bedenken, dass die offenen Uptn beide in Organisationen tätig sind, deren Kultur ebenfalls als eher offen bezüglich LGBT*-Lebensweisen beschrieben werden kann – gleichzeitig gestalten diese beiden Uptn die Kultur in ihrem Unternehmen proaktiv mit: entweder über die Führungsfunktion als Geschäftsführer im eigenen Unternehmen oder über das besondere Engagement im LSBT*-Netzwerk. [94]

Im Folgenden werden die Besonderheiten bezüglich der Arbeitssituation bisexueller Beschäftigter in Relation zu lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen ebenfalls per Komparationstabelle diskutiert.

Komparationsaspekt der subjektiven Theorie

Lesbische und schwule Uptn (aus subj. Theorien)

Bisexuelle Uptin (als Expertin)

Persönliche Auseinandersetzung

Es gibt das biografische Moment, festzustellen, nicht der (heterosexuellen) Norm zu entsprechen.

Bisexuelle Personen stellen biografisch fest, nicht nur der heterosexuellen Norm, sondern auch der homosexuellen Minderheit nicht zu entsprechen ("Erfahrung anders zu sein") und müssen deshalb noch mehr für die eigene Identität kämpfen.

Umgang mit der eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz

Es gibt verschiedene Strategien im Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz: von einem sehr offensiven Umgang mit der Intention, dadurch Vorurteile abzubauen, bis hin zu einer protektiven Haltung, um sich selbst zu schützen und Gefahren von sich abzuwenden.

Der Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz scheint eher protektiver Natur zu sein, um "keine Angriffsfläche zu bieten". So wird Privates allgemein gehalten und es werden keine Details erzählt. Die bisexuelle Identität wird ausschließlich gegenüber engen, Kollegen_innen angesprochen, mit denen auch Freundschaften bestehen und auch nur dann, wenn als Anlass eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft existiert.

Diskriminierungserfahrungen und Umgang mit Diskriminierung

Lesbische und schwule Beschäftigte machen in unterschiedlichem Ausmaß Diskriminierungserfahrungen. Der Umgang mit der erlebten Diskriminierung ist sehr unterschiedlich: Für einige resultieren daraus schwierige Beeinträchtigungen, anderen gelingt es, die Erfahrungen für die eigene Entwicklung zu nutzen.

Aus Sicht der bisexuellen Expertin unterscheidet sich das Diskriminierungs- bzw. Akzeptanzerleben sehr stark in Abhängigkeit von der Branche, in der die berufliche Tätigkeit erbracht wird: In konservativen Branchen wie christlichen Organisationen bzw. im sozialen oder pädagogischen Bereich besteht eher ein Risiko, diskriminiert zu werden.

Erleben von Akzeptanz

Die Uptn haben in unterschiedlichen Formen Akzeptanz erlebt: uneingeschränkt und sehr eingeschränkt.

Das Akzeptanzerleben unterscheidet sich aus Sicht der bisexuellen Expertin stark in Abhängigkeit von der Branche.

Netzwerk mit Kollegen_innen

Für einige lesbische und schwule Beschäftigte spielt ein Netzwerk mit Kollegen_innen eine wichtige Rolle, da es als stützend und stärkend erlebt wird.

Für bisexuelle Beschäftigte scheint es schwieriger zu sein, sich ein Netzwerk zu erschließen, weil es weniger bisexuelle Personen gibt und sie ggf. auch in homosexuellen Gruppen Diskriminierung erleben.

Resilienz und homo- bzw. bisexuelle Kompetenz

Die Konzepte Resilienz und homosexuelle Kompetenz sind unterschiedlich stark mit der persönlichen Auseinandersetzung bzw. den eigenen biografischen Erfahrungen assoziiert und mehr oder weniger expliziert bzw. differenziert, was mit der Intensität der persönlichen Auseinandersetzung in Zusammenhang zu stehen scheint.

Die Konzepte Resilienz und bisexuelle Kompetenz sind direkt mit der persönlichen Auseinandersetzung, die durch das Erleben des Andersseins besonders intensiv ist, assoziiert und gut expliziert: Die bisexuelle Kompetenz beinhaltet die explizite Entscheidung, sich nicht eindeutig einer Identitätsdimension zuzuordnen, unkonventionelles Denken sowie Gefühlen und Bedürfnissen einen Raum zu geben, ohne diese zu bewerten oder zu beurteilen. Resilienz bedeutet für die Expertin vor allem, sich selbst gegenüber offen zu sein, sich gegen Konventionen durchzusetzen und den Mut und die Fähigkeit entwickelt zu haben, gegen den Strom zu schwimmen.

Tabelle 2: Komparationstabelle zu Besonderheiten bisexueller Beschäftigter im Vergleich zu lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen [95]

Ein zentrales Moment für bisexuelle Arbeitnehmer_innen scheint die Erfahrung zu sein, noch einmal anders als die Anderen zu sein und somit härter für die eigene Identität kämpfen zu müssen. Diese Kernerfahrung, anders als die Anderen zu sein, steht sicher im Zusammenhang mit einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst, die auch das Potenzial zur Entwicklung besonderer Kompetenzen und von Resilienz in sich birgt. Die bisexuelle Kompetenz hat besonders mit der expliziten Entscheidung zu tun, sich nicht eindeutig einer Identitätsdimension zuzuordnen, mit unkonventionellem Denken sowie der Fähigkeit, Gefühlen und Bedürfnissen einen Raum zu geben, ohne diese zu bewerten oder zu beurteilen. Resilienz bedeutet für die Expertin vor allem, sich selbst gegenüber offen zu sein, sich gegen Konventionen durchzusetzen und damit den Mut und die Fähigkeit entwickelt zu haben, gegen den Strom zu schwimmen. Gleichzeitig lässt sich der Umgang bisexueller Arbeitnehmer_innen mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz (branchenspezifisch) durchaus auch als eher protektiv beschreiben. [96]

Im Folgenden werden die Besonderheiten bezüglich der Arbeitssituation transidenter Beschäftigter im Vergleich zu lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen in einer Komparationstabelle diskutiert.

Komparationsaspekt der subjektiven Theorie

Lesbische und schwule Uptn (aus subj. Theorien)

Transidente Uptin (als Expertin)

Persönliche Auseinandersetzung

Es gibt biografisch das Moment, festzustellen, nicht der (heterosexuellen) Norm zu entsprechen.

Zusätzlich zur biografischen Fragestellung, in Bezug auf die sexuelle Identität ggf. nicht der Norm zu entsprechen, kommt das Bewusstsein hinzu, dass der eigene Körper nicht passend zu dem empfundenen Geschlecht ist. Dieser Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen dauert länger und mündet für transidente Personen in die Transition.

Umgang mit der eigenen sexuellen Identität bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz

Lesbische und schwule (und bisexuelle) Arbeitnehmer_innen können entscheiden, wie offen oder verschlossen sie über ihre sexuelle Identität am Arbeitsplatz kommunizieren wollen. Daraus ergeben sich verschiedene Strategien im Umgang mit ihrer sexuellen Identität am Arbeitsplatz: von sehr offensiv mit der Idee, dadurch Vorurteile abzubauen, bis hin zu sehr protektiv, um sich selbst zu schützen und Gefahren für sich abzuwenden.

Da die Transition unweigerlich zu einer körperlichen Veränderung führt, ist die Sichtbarkeit dieser Identitätsdimension unvermeidlich: Transidente Beschäftigte sind gezwungen zu überlegen, wie sie die sichtbare Veränderung kommunizieren und nicht, ob sie darüber sprechen möchten. Diese Unvermeidlichkeit stellt für manche transidente Personen eine erhebliche Belastung dar, sodass einige den Arbeitsplatz verlassen und sich nach der Transition bei einem anderen Arbeitgeber auf eine neue Stelle bewerben. Erst dann besteht eine Wahlmöglichkeit im Umgang mit der Trans*-Geschichte und es gibt vergleichbare Strategien wie im Falle homo- und bisexueller Beschäftigter: von offensiv, also die Trans*-Geschichte zu benennen, eine falsche Geschlechtswahrnehmung zu korrigieren etc., bis protektiv, also Nichthematisierung, eine Rückwärtskorrektur des Geschlechts vorzunehmen usw.

Diskriminierungserfahrungen und Umgang mit Diskriminierung

Lesbische und schwule Beschäftigte machen in unterschiedlichem Ausmaß Diskriminierungserfahrungen. Der Umgang mit der erlebten Diskriminierung ist sehr unterschiedlich: Einige erleben schwierige Beeinträchtigungen, anderen gelingt es, die Erfahrungen für die eigene Entwicklung zu nutzen.

Diskriminierung ist aus Sicht der Trans*-Expertin durch die offensichtliche Veränderung nicht vermeidbar ("Gerüchteküche" bzw. Irritationen oder "verklemmte" Reaktionen). Auch kann eine intentionale Falschwahrnehmung des Geschlechts nach der Transition vorkommen ("mutwillig ignoriert") bis hin zu "für krank/gestört gehalten zu werden".

Erleben von Akzeptanz

Die Uptn haben in unterschiedlichen Formen Akzeptanz erlebt: uneingeschränkt und sehr eingeschränkt.

Aus Sicht der Trans*-Expertin kommt Akzeptanzerleben insbesondere vor, weil durch die transitionsbedingte Veränderung die bisher wahrgenommene Inkongruenz verschwindet und die transidente Person als stimmiger erlebt wird.

Fokus auf die rechtliche Situation bzw. die Kultur in der Organisation

Für einige (weniger offene) lesbische und schwule Beschäftigte spielt die rechtliche Situation bzw. die Kultur in der Organisation eine wichtige Rolle, sodass diese als Orientierung für den eigenen Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz genutzt wird.

Für den Umgang mit der Geschlechtsidentität bzw. der Trans*-Geschichte ist die rechtliche Situation bzw. die Organisationskultur von erheblicher Bedeutung. Wenn akzeptiert wird, dass Personen ihr Geschlecht selbst wählen können, hat das einen positiven Effekt auf den offenen Umgang mit der Trans*-Geschichte. Laut der Expertin sind Akzeptanz und Respekt dann höher, wenn solche Aspekte im Leitbild der Organisation, in Policies oder Anti-Diskriminierungs-Richtlinien verankert sind.

Resilienz und homo- bzw. transsexuelle Kompetenz

Die Konzepte Resilienz und homosexuelle Kompetenz sind unterschiedlich stark mit der persönlichen Auseinandersetzung bzw. den eigenen biografischen Erfahrungen assoziiert und mehr oder weniger expliziert bzw. differenziert, was mit der Intensität der persönlichen Auseinandersetzung in Zusammenhang zu stehen scheint.

Die Konzepte Resilienz und transsexuelle Kompetenz sind mit der persönlichen Auseinandersetzung assoziiert, gut expliziert und differenziert, da die Auseinandersetzung durch das Erleben des Andersseins besonders intensiv ist: Die transsexuelle Kompetenz beinhaltet u.a. die Möglichkeit, als gender-translator zwischen Frauen und Männern vermitteln zu können. Resilienz bedeutet für die Expertin vor allem eine Stärke kombiniert mit einem Selbstwertgefühl, was sich erkennbar darin äußert, dass die so entstandene Persönlichkeit nicht gebrochen werden kann, egal, was von außen auf sie einwirkt.

Tabelle 3: Komparationstabelle zu Besonderheiten transidenter Beschäftigter im Vergleich zu lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen [97]

Für transidente Beschäftigte gibt es also ein ähnliches biografisches Moment wie bei bisexuellen Personen: eine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen "Anderssein" und dessen Unterschied zum Anderssein Anderer. Als ganz wesentliches differenzielles Merkmal der Situation transidenter Beschäftigter lässt sich festhalten, dass die aus ihrer intensiven Auseinandersetzung mit ihrer Geschlechtsidentität resultierende Transition unweigerlich zu einer körperlichen Veränderung (über geschlechtsangleichende Maßnahmen) führt und somit die Sichtbarkeit dieser Identitätsdimension unvermeidlich ist. Dieser Aspekt bildet den bedeutendsten Unterschied bezogen auf die Situation lesbischer, schwuler und bisexueller Arbeitnehmer_innen: Während jene entscheiden können, welche Form des Umgangs mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz sie wählen, also wie offen oder verschlossen sie diese kommunizieren wollen, besteht für transidente Beschäftigte im Rahmen des Prozesses der Transition hier keine Wahlmöglichkeit – sie sind im Gegenteil gezwungen zu überlegen, wie sie diese nun sichtbare Veränderung kommunizieren und nicht, ob sie darüber sprechen möchten. Diese Unvermeidlichkeit stellt für manche transidente Personen eine erhebliche Belastung dar, sodass einige im Zuge des Transitionsprozesses auch den Arbeitsplatz verlassen und sich nach der Transition bei einem anderen Arbeitgeber auf eine neue Stelle bewerben (vgl. KÖBELE 2011). [98]

Mehr Wahlmöglichkeit bezogen auf den Umgang mit der (Veränderung in der phänotypischen) Geschlechtsidentität ergibt sich für transidente Personen erst nach Abschluss des Transitionsprozesses. Sodann besteht die Möglichkeit nach einem Arbeitsplatzwechsel zu entscheiden, wie offen die Person mit ihrer Trans*-Geschichte umgehen möchte, nämlich sie zu benennen oder sie nicht zu benennen; dies entspricht wieder eher dem Umgang bisexueller, lesbischer und schwuler Beschäftigter mit ihrer sexuellen Identität. [99]

Der Umgang mit der Trans*-Geschichte am Arbeitsplatz wird laut der Expertin in erheblicher Art und Weise beeinflusst durch die Kultur in der jeweiligen Organisation: Die Erfahrung von Akzeptanz durch den_die Arbeitgeber_in hat einen positiven Einfluss auf einen offenen Umgang. [100]

Die Konzepte transsexueller Kompetenz und Resilienz hängen mit den eigenen biografischen Erfahrungen zusammen und sind gut expliziert. Bezogen auf besondere transsexuelle Kompetenzen ist von Bedeutung, dass Trans*-Personen beide Geschlechterrollen kennen und somit zwischen Frauen und Männern vermitteln können. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Trans*-Personen ein besonderes Durchhaltevermögen entwickeln mussten, insbesondere für Prozesse, bei denen prospektiv keine Klarheit über den künftigen Erfolg oder Misserfolg des Prozesses besteht. Resilienz ist für die Expertin assoziiert mit "Stärke" und "Selbstwertgefühl". Das manifestiert sich darin, als transidente Person eine Persönlichkeit entwickelt zu haben, die nicht "gebrochen" werden kann, unabhängig davon, welchen äußeren Angriffen diese auch ausgesetzt sein mag. [101]

Damit lässt sich festhalten, dass bei transidenten Personen der Prozess der Selbsterkenntnis über die eigene Geschlechtsidentität als besonderes biografisches Moment zunächst eine unvermeidliche Sichtbarkeit evoziert. Eine Wählbarkeit bezüglich des eigenen Umgangs mit der Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz – als Umgang mit der Trans*-Geschichte – ist demnach erst möglich, wenn der Transitionsprozess abgeschlossen ist, und ausschließlich gegenüber Personen, die den_die transidente_n Beschäftigte_n nicht aus früheren Zeiten kennen. Diese Besonderheiten erfordern eine ausgesprochen intensive – und teilweise unabdingbare – Form der Auseinandersetzung mit sich selbst, was sicher auch erhebliche Chancen zur Entwicklung besonderer psychischer Stärke sowie spezifischer Kompetenzen impliziert. [102]

6. Resümee

Unter dem Fokus einer Einschätzung der vorgenommenen methodologischen Modellierung lässt sich Folgendes resümieren: In dieser Untersuchung wurden erstmals subjektive Theorien von LSBT*-Beschäftigten zu ihrem Umgang mit der sexuellen bzw. Geschlechtsidentität per Struktur-Lege-Techniken erhoben. Auch wenn es sich, bedingt durch die Stichprobengröße und die Art des Samplings, nur um eine explorative Approximation an den Forschungsgegenstand handelt, ist diese in der vorliegenden Gegenstands-Methodik-Interaktion durchaus als fruchtbar zu bezeichnen, sodass hieraus, so hoffe ich, Potenzial für künftige Forschung erwächst: Es empfiehlt sich, auf diesen Erkenntnissen aufbauend einerseits qualitativ orientiert mit der vorliegenden Methodik (Struktur-Lege-Techniken) die Forschung fortzusetzen, beispielsweise mit der Zielsetzung, Modalstrukturen zu generieren, welche die Perspektiven offener bzw. weniger offener lesbischer und schwuler Beschäftigter sowie bisexueller und transidenter Arbeitnehmer_innen auf der Basis einer breiteren Erhebung rekonstruieren. Andererseits sind von diesen Ergebnissen ausgehend auch quantitativ orientierte Studien zu empfehlen, um etwa anhand einer großen Stichprobe zu prüfen, ob und in welcher Form möglicherweise differenzielle Merkmale (akquisitive vs. protektive Selbstdarstellung, externale vs. internale Attribution) im Zusammenhang mit dem Umgang mit der sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz stehen. Darüber hinaus ist anzuraten, insbesondere bezüglich bisexueller und transidenter Arbeitnehmer_innen die Perspektive der in der vorliegenden Untersuchung befragten Expertinnen über eine breitere Befragung auf eine größere Generalisierbarkeit hin zu elaborieren. Auch gilt es, in der vorliegenden Untersuchung entstandene Fragen, z.B. bezogen auf interne Diskriminierungsmomente innerhalb der "LSBT*-Community", genauer zu prüfen. Bezogen auf alle LSBT*-Arbeitnehmer_innen wäre darüber hinaus in weiterer Forschung wünschenswert zu prüfen, ob die hier vorgestellten Konzepte rund um Resilienz und LSBT*-Kompetenz einer quantitativen Überprüfung standhalten. Generell erscheinen sowohl qualitative wie quantitative Untersuchungen sowie Forschung mit einem Mixed-Method-Design zu diesem Forschungsgegenstand empfehlenswert (wie auch im Handbuch Homosexualität von mir vorgeschlagen, FROHN 2013). [103]

Inhaltlich lassen sich resümierend folgende Tendenzen festhalten: Weil die sexuelle Identität ebenso wie die Geschlechtsidentität als zeitlich relativ überdauernde Merkmale auch im Kontext der beruflichen Tätigkeit immanent sind, hat der Umgang mit diesen beiden Identitätsdimensionen am Arbeitsplatz erhebliche Auswirkungen auf LSBT*-Arbeitnehmer_innen. Zunächst ist deutlich geworden, dass bemerkenswerte strukturelle Unterschiede zwischen den besprochenen Identitätsdimensionen (sexuelle Identität vs. Geschlechtsidentität) bestehen und diese einen erheblichen Einfluss darauf nehmen, ob und in welcher Art und Weise LSBT*-Personen den Umgang mit diesen Dimensionen am Arbeitsplatz gestalten (können): Für transidente Beschäftigte existiert (zumindest im Zuge des Transitionsprozesses) keine Wahlmöglichkeit bezüglich der Kommunikation über die eigene Geschlechtsidentität, während für lesbische, schwule und bisexuelle Beschäftigte verschiedene Formen des Umgangs mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz denkbar sind. Die vorliegende Untersuchung lässt darüber hinaus vermuten, dass von lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen ein – im Vergleich zu bisexuellen Beschäftigten – größerer Teil einen offenen Umgang mit der sexuellen Identität wählt. Die Ursache hierfür scheint darin zu bestehen, dass bei bisexuellen Beschäftigten der Bedarf, diese Identitätsdimension zu thematisieren, ausschließlich beim Vorliegen einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft entsteht und es ohne eine solche leichter fällt, die sexuelle Identität nicht (bzw. ggf. sogar eher die "heterosexuellen Aspekte" derselben) zu kommunizieren. Für lesbische und schwule Beschäftigte besteht diese Möglichkeit nicht, sodass der Bedarf, auch über die sexuelle Identität zu sprechen – sofern man nicht alle persönlichen Informationen zensieren möchte – größer ist. Diese strukturellen Unterschiede sind über weitere qualitative wie quantitative Forschung zu explizieren (FROHN 2013), sodass diese auch im Kontext der Arbeits- und Organisations- bzw. Personalpsychologie künftig mehr Berücksichtigung finden können. [104]

Selbstverständlich gibt es neben diesen strukturellen auch noch personale Unterschiede bei LSBT*-Beschäftigten, die den Umgang mit der sexuellen bzw. der Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz beeinflussen. Diese Aspekte konnten vor allem in der vergleichenden Betrachtung der offenen bzw. weniger offenen lesbischen und schwulen Arbeitnehmern_innen herausgearbeitet werden. Neben unterschiedlichen Motiven wie z.B. dem, zu einer "Normalisierung" alternativer sexueller Identitäten beizutragen und so auch Handlungen heterosexueller Personen positiv zu beeinflussen, scheint auch die Selbstakzeptanz eine wichtige Variable zu sein. Darüber hinaus lassen die Erkenntnisse vermuten, dass Faktoren der Persönlichkeit wie z.B. der Attributionsstil mit dazu beitragen, ob eher ein protektiver oder akquisitiver Stil des Umgangs mit der sexuellen Identität gewählt wird. Auch diese personalen differenziellen Merkmale gilt es, tief gehend(er) (qualitativ) zu betrachten und (quantitativ) zu überprüfen. In diesem Kontext ist auch das Ziel der Untersuchung zu verorten, entgegen der früheren Pathologisierung alternativer sexueller bzw. Geschlechtsidentitäten durch Forscher_innen insbesondere auf spezifische Ressourcen zu fokussieren, die als Resultat der besonderen biografischen Erfahrungen von LSBT*-Personen potenziell entstanden sein könnten. Vor allem die Kernerfahrung, anders zu sein, und die daraus resultierenden Prozesse der Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der Umwelt scheinen für alle Untersuchungspartner_innen (in unterschiedlichem Ausmaß) zur Entwicklung von Resilienz und dem Aufbau spezifischer LSBT*-Kompetenzen beigetragen zu haben. Sollten sich die Erkenntnisse dieser explorativen Untersuchung zum Thema LSBT*-Kompetenzen in weiterer Forschung bestätigen, scheint es sich bei diesen Personen – insbesondere bei jenen, die für sich einen selbstverständlichen und selbstbewussten Umgang mit der eigenen sexuellen bzw. Geschlechtsidentität entwickelt haben – um Arbeitnehmer_innen zu handeln, die für Arbeitgeber_innen durchaus als attraktiv gelten könnten – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um den Fach- und Führungskräftemangel einerseits und Aspekte der employability andererseits. Daher scheint es sowohl unter ethischer als auch unter wirtschaftspsychologischer Perspektive sinnvoll, Erkenntnisse zu generieren, die für Beratungs- und Coachingprozesse bzw. Trainingsmaßnahmen bezogen auf den Umgang mit der sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz hilfreiche Modelle und Methoden ableiten lassen, um so die teilweise schwerwiegenden Auswirkungen für LSBT*-Beschäftigte zu mildern bzw. konstruktiv zu wenden sowie möglichst viele LSBT*-Arbeitnehmer_innen darin zu unterstützen, einen selbstverständlichen Umgang mit ihrer sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz zu entwickeln. [105]

Darüber hinaus kann die Kultur der Organisation im Umgang mit Vielfalt – insbesondere bezogen auf die Vielfalt der sexuellen bzw. der Geschlechtsidentität – als ein wesentlicher Katalysator für den Umgang der Beschäftigten mit diesen Dimensionen am Arbeitsplatz gelten (FROHN 2007, 2013; KÖLLEN 2012). So scheint für alle Untersuchungspartner_innen die Kultur der Organisation von Bedeutung zu sein, unabhängig davon, ob diese ausschließlich als Orientierungspunkt für den eigenen Umgang genutzt oder ob diese proaktiv mitgestaltet wird. Schließlich ist bei der Unternehmenskultur zu bedenken, dass diese nicht nur einen Einfluss darauf nimmt, wie LSBT*-Personen mit ihrer sexuellen bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz umgehen, sondern auch Auswirkungen darauf hat, wie sich heterosexuelle Beschäftigte ihren LSBT*-Kollegen_innen gegenüber verhalten. Daher lässt sich über (Diversity Management-) Maßnahmen die Kultur der Organisation entwickeln und so ein respektvolles, die Vielfalt akzeptierendes Klima gestalten (über die Zusammenhänge zwischen diesen Maßnahmen und der Kultur sowie die Auswirkungen des individuellen Umgangs mit der sexuellen Identität z.B. bezogen auf Arbeitszufriedenheit siehe FROHN 2007, 2013; KÖLLEN, 2012). Bezogen auf diese (unternehmens-) kulturellen Aspekte ist zu hoffen, dass die bisherige und künftige Forschung – im Sinne der Humanisierung der Arbeitswelt (FROHN 2007) – einen Beitrag dazu leisten kann, eine solche Kultur der Vielfalt zu gestalten, die Arbeitnehmer_innen in allen ihren Merkmalen wahrnimmt und sie in ihrer Individualität wertschätzt und würdigt. [106]

Danksagung

Diese Untersuchung wäre ohne die vertrauensvolle Offenheit und die Bereitschaft der sechs Untersuchungspartner_innen, an zwei Forschungsterminen – zunächst für das Interview und dann für die Struktur-Lege-Sitzung – Zeit und Energie zu investieren, nicht möglich gewesen. Daher gilt Ihnen mein außerordentlicher und nachdrücklicher Dank. Ich bin überzeugt, dass sie durch ihre im Erhebungs- und Auswertungsprozess dargelegten Perspektiven auf den Forschungsgegenstand die scientific community zu weiterer Arbeit in diesem fruchtbaren Themenfeld motivieren – für mich persönlich kann ich dies garantieren.

Anhang 1: Interviewleitfaden
(beispielhaft für lesbische und schwule Uptn)

Vorbemerkungen:

Fortsetzung Studie "Out im Office?!"

Vertraulichkeit/Datenschutz

Aufzeichnung des Interviews

1. Einleitung und beruflicher Kontext

Liebe_r Untersuchungspartner_in, vielen Dank, dass Sie an unserer Online-Umfrage teilgenommen haben und zu uns gekommen sind. Im heutigen Interview wollen wir die Themenbereiche noch weiter vertiefen.

Wir15) beginnen dieses Interview mit einigen Fragen über Ihre berufliche Tätigkeit.

Können Sie bitte kurz beschreiben, in welchem Bereich Sie derzeit tätig sind?

Um welche Art von Unternehmen handelt es sich dabei? In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig?

Was wäre sonst noch wichtig für uns darüber zu wissen?

2. Einstellung zur Offenheit

Als nächsten Schritt möchten wir Ihnen einige Statements zum Umgang mit der sexuellen Identität bzw. Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz nennen und bitten Sie, dazu Stellung zu beziehen:

Meine sexuelle Identität / Geschlechtsidentität hat als Thema am Arbeitsplatz nichts verloren.

Solange jemand glaubt, ich sei heterosexuell, lasse ich die Person in dem Glauben.

Manchmal erzähle ich erfundene Geschichten über mein Privatleben.

Wenn mich jemand fragt, ob ich (jeweilige sexuelle Identität) bin, antworte ich ehrlich.

Ich glaube, dass ich durch Offenheit Vorurteile gegenüber (Personen, die die jeweilige sexuelle Identität der_des Interviewpartners_in haben) abbauen kann.

Wenn (Personen, die die jeweilige sexuelle Identität der_des Interviewpartners_in haben) vollständig in das Arbeitsleben einbezogen würden und sich als ganze Person einbringen könnten, dann würde auch die Organisation davon profitieren, weil so z.B. mehr Kreativität und neue Perspektiven eingebracht werden könnten.

3. Umgang gegenüber Kollegen_innen, Führungskräften und ggf. Mitarbeitern_innen

Mit wie vielen Ihrer Kollegen_innen, Führungskräfte, Mitarbeiter_innen (wenn Interviewpartner_in = Führungskraft) sprechen Sie offen über Ihre sexuelle Identität?

4. Akzeptanzerfahrung

Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie bezüglich Ihrer sexuellen Identität Akzeptanz erfahren haben?

Können Sie bitte über diese Situationen genauer berichten?

Welche Auswirkungen hatte/n diese Situation/en für Sie persönlich?

5. Diskriminierungserleben

Gibt es Situationen, in denen Sie bezüglich Ihrer sexuellen Identität Diskriminierungserfahrungen gemacht, Konflikte oder Schwierigkeiten erlebt haben (z.B., dass Sie einen Arbeitsplatz nicht bekommen haben oder eine Versetzung erleben mussten oder deswegen gekündigt wurden.)?

Liste von Diskriminierungsformen (FROHN 2007, S.33f.), um eventuell vertiefend nachzufragen:

Könnten Sie diese Situationen etwas genauer beschreiben? Was ist konkret vorgefallen, wie ist die Situation verlaufen, was haben Sie getan, um die Situation zu managen?

Was war in dieser Situation bzw. in der Auseinandersetzung mit der Situation besonders hilfreich für Sie?

Welche Gedanken und Gefühle haben Sie, wenn Sie heute mit Abstand auf die Situation schauen?

6. Resilienz

Es gibt Forschungsergebnisse darüber, dass Krisen für das Wachstum eines Menschen auch förderlich sein können, da sich Menschen durch krisenhafte Momente auch weiterentwickeln können. Eine Hypothese könnte also sein, dass sie aus den an sich negativen Erfahrungen für sich dennoch etwas Positives mitgenommen bzw. daraus entwickelt haben. D.h., Menschen können während bzw. durch krisenhafte/n Ereignisse/n spezifische Kompetenzen entwickeln, die im Laufe ihres späteren Lebens hilfreich sind oder sie insgesamt gestärkt haben.

Was denken Sie dazu? Ist so etwas schlüssig für Sie?

Glauben Sie, dass Sie aus Ihren eventuell weniger positiven Erfahrungen doch etwas Positives mitgenommen haben?

Konnten Sie für sich solche speziellen Kompetenzen entwickeln oder aufbauen? Gehen Sie mit bestimmten Situationen anders um, als Menschen, die nicht – wie Sie – solche Erfahrungen gemacht haben? Welche Kompetenzen könnten dadurch entstanden sein?

7. Homosexuelle Kompetenz

Außerdem gibt es noch den Begriff der "homosexuellen Kompetenz", die homosexuelle Menschen im Vergleich zu nicht homosexuellen Menschen haben. Dieser Begriff hängt stark mit dem vorherigen Bereich zusammen. Einige Forscher_innen glauben, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans*-Personen aufgrund ihrer spezifischen biografischen Erfahrungen die Möglichkeit hatten, besondere Kompetenzen zu entwickeln, z.B. im Bereich der Sozialkompetenzen oder Konfliktkompetenzen etc.

Wie stehen Sie zu diesem Begriff "homosexuelle Kompetenz": Halten Sie es für möglich, dass es so etwas gibt bzw. welche Kompetenzen (ggf. neben denen, die Sie vorhin schon selbst für sich persönlich identifiziert haben) könnten durch diese biografischen Erfahrungen von "LSBT*-Personen" entstehen?

8. Schlussbotschaft

Abschließend haben wir noch eine Frage dazu, wie aus Ihrer Sicht der Umgang mit Beschäftigten verschiedener sexueller Identitäten und Geschlechtsidentitäten verbessert und unterstützt werden kann – vor allem, was aus Ihrer Sicht für die Personen, um die es in diesem Forschungsprojekt geht – wichtig wäre.

Welche Botschaft hätten Sie an schwule, lesbische bisexuelle Mitarbeiter_innen oder Trans*-Beschäftigte, wenn Sie als Berater_in tätig wären und dieser Zielgruppe etwas mit auf den Weg geben wollten?

Dank und Abschlussbemerkung

Herzlichen Dank, dass sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben!

(Hinweis auf Ergebnisse des qualitativen Teilprojekts)

Anhang 2: Struktur-Lege-Leitfaden

Der Leitfaden diente zur Rekonstruktion subjektiver Theorien über den Umgang mit der sexuellen Identität bzw. der Geschlechtsidentität im Kontext der beruflichen Tätigkeit (modifiziert nach SCHEELE, GROEBEN & CHRISTMANN,1992).

A. Formalrelationen im Bereich Definieren

1. das ist/das heißt

Steht für: eine Erklärung, was ein bestimmtes Wort (ein bestimmter Begriff) bedeutet.

Beispiel: Jemand will einem anderen klarmachen, was er unter "Zähneputzen" versteht, nämlich: "regelmäßiges Bürsten der Zähne". Dann kann er das mit dem "das ist/das heißt"-Kärtchen so legen:



2. und

Steht für: die verbindende Aneinanderreihung von Worten (Begriffen) und Sätzen.

Beispiel: Wenn wir eine Zahnärztin fragen, was unter "Zähneputzen" zu verstehen ist, dann wird sie sich nicht mit dem "regelmäßigen Bürsten der Zähne" zufriedengeben, sondern hinzufügen: "und Bürsten des Zahnfleisches". Das lässt sich mit dem "und"-Kärtchen so legen:



3. oder

Steht für: verschiedene Möglichkeiten, was ein Wort (Begriff) bedeuten kann. Die Möglichkeiten können sich gegenseitig ausschließen (im Sinne von "entweder-oder"), müssen es aber nicht (im Sinne von "oder auch").

Beispiel: Wir könnten als Nächstes wissen wollen, was denn "regelmäßiges Bürsten" heißt und bekommen von unserer Zahnärztin daraufhin zur Antwort: mindestens morgens und abends oder morgens, mittags und abends oder nach jeder Mahlzeit. Das können wir nun mit dem "oder"-Kärtchen in folgender Weise legen:



4. damit/um zu

Steht für: das Ziel, das wir mit einer Handlung erreichen wollen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieses Ziel auch in Wirklichkeit erreicht wird. Zum Beispiel kommt es öfter vor, dass man mit anderen Spaß machen will, die verstehen den Spaß aber ganz anders und werden böse. Durch das Kärtchen "damit/um zu" wird also nur das angestrebte Ziel des Handelns angegeben, unabhängig davon, ob es auch erreicht wird.

Beispiel: Wir fragen also die Zahnärztin danach, was eigentlich der Sinn und das Ziel des Zähneputzens sein soll, und erhalten zur Antwort: damit die Zähne keine Karies bekommen und sich das Zahnfleisch nicht entzündet. Dies können wir nun mit dem "damit/um zu"-Kärtchen (und dem schon bekannten "und"-Kärtchen) so zusammenlegen:



5. zum Beispiel/so wie

Steht für: Dinge oder Ereignisse, die als Beispiel für den gemeinten Begriff in der Realität angesehen werden können, im Unterschied zu "das ist/das heißt". Die Erklärung betrifft also nicht lediglich das, was mit einem Begriff sprachlich gemeint ist, sondern die Gegenstände oder Ereignisse, die in der Wirklichkeit darunter fallen.

Beispiel: Wir wollen von der Zahnärztin wissen, was denn alles unter "Karies" fällt. Die Antwort ist: zum Beispiel braune oder schwarze Flecken im Zahnschmelz oder sogar Löcher. Das würden wir also wie folgt notieren:



6. erkennbar an

Steht für: ein Zeichen oder Signal für etwas, was mit einem bestimmten Wort/Begriff in der Realität gemeint ist, also ein Signal, das z.B. (wie ein Symptom die Krankheit) das gemeinte Objekt oder Ereignis anzeigt, ohne dieses selbst zu sein.

Beispiel: Wenn man die Zahnärztin fragen würde, woran man denn erkennen kann, ob das Zahnfleisch entzündet ist, so würde sie mit größter Wahrscheinlichkeit antworten: daran, ob es beim Zähneputzen oder z.B. Beißen in einen harten Apfel blutet oder nicht. Das Bluten ist also ein Anzeichen für die Entzündung, d.h. die Entzündung ist "erkennbar an" dem Zahnfleischbluten. Das lässt sich dementsprechend in folgender Weise veranschaulichend legen:



B. Formalrelationen im Bereich empirischer Abhängigkeiten

1. führt zu

Steht für: die Verbindung von Ursachen und Wirkungen. "Führt zu" kann also die Antwort auf zwei Fragerichtungen angeben: einmal auf die Frage "Was führt zu einem vorhandenen Ereignis/einer Handlung?", zum anderen auf die Frage "Wozu führt ein vorhandenes Ereignis/eine Handlung?" Bei der Antwort auf die "Was-Frage" wird die "Ursache" vor das "führt zu"-Kärtchen gelegt; bei der Antwort auf die "Wozu-Frage" wird die "Wirkung" (rechts) hinter das "führt zu"-Kärtchen gelegt.

Beispiel: Die Bestimmung von Ursachen und Wirkungen gibt unter anderem auch an, ob die mit bestimmten Handlungen beabsichtigten Wirkungen auch wirklich eintreten. Wir haben oben bereits festgelegt, dass die Absicht des Zähneputzens das Vermeiden von Karies und Zahnfleischentzündung ist; hier geht es dann z.B. darum, ob diese Ziele auch wirklich erreicht werden. Unsere Zahnärztin kann uns versichern, dass das normalerweise zutrifft: Zähneputzen führt also zur Vermeidung von Karies und Zahnfleischentzündung. Letzteres ist wichtig, weil Zahnfleischentzündung normalerweise zur Rückbildung des Zahnfleisches führt, und dieses wiederum zu (vorzeitigem) Zahnausfall.

Wir können diese Reihe von Wirkungen mithilfe des "führt zu"-Kärtchens wie folgt legen:



2. führt allerdings auch zu

Steht für: eine Folgewirkung, die durch eine Handlung eigentlich nicht beabsichtigt ist, aber trotzdem (zusätzlich) zur gewünschten Wirkung auch noch auftritt (eine sogenannte Nebenfolge) und nicht erwünscht ist.

Beispiel: Zahnschmerzen können zwar in Verbindung mit der Erklärung über den Zusammenhang mit (mangelndem) Zähneputzen zur Einsicht in die Nützlichkeit des Zähneputzens führen, haben aber als Einzelne bei den meisten Menschen auch noch die Wirkung, dass diese Angst vor dem Zahnarztbesuch entwickeln. Eine solche Angst aber ist natürlich nicht beabsichtigt, wenn wir die Einsicht in die Nützlichkeit des Zähneputzens herstellen wollen, weil durch diese Angst u.U. der Zahnarztbesuch unregelmäßiger und zu spät erfolgt (was die Wahrscheinlichkeit von Karieserkrankung nur vergrößert). Deshalb fügen wir diese von der Bewertung her unerwünschte Angst vor dem Zahnarztbesuch, die von den Zahnschmerzen ausgelöst wird, mit dem "führt allerdings auch zu"-Kärtchen an:



3. nur, wenn auch

Steht für: eine Bedingung, die von der Ursache und der Wirkung einer "führt zu"-Verbindung unabhängig ist, aber vorhanden sein muss, damit diese "führt zu"-Verbindung auch wirklich eintritt (gilt).

Beispiel: Mit diesem Kärtchen können wir eine Antwort auf ein Problem geben, das manchmal in der Zahnarztpraxis auftritt: Es putzt nämlich jemand durchaus regelmäßig (z.B. morgens und abends oder sogar nach jeder Mahlzeit) seine Zähne und bekommt trotzdem Zahnfleischbluten. Dies kann dann daran liegen, dass die Zahnbürste zu hart ist und vor allem zu raue Borsten hat, die das Zahnfleisch nicht in erster Linie massieren, sondern aufrauen und damit verletzen. Das regelmäßige Zähneputzen führt also nur zur Vermeidung von Zahnfleischentzündung, wenn man die richtige Zahnbürste hat, und das heißt eben eine mit abgerundeten Borsten.

Diese zusätzliche Bedingung lässt sich dann in folgender Weise mit dem "nur, wenn auch"-Kärtchen legen:



4. nur, wenn nicht

steht für: eine zusätzliche Bedingung (wie in dem Fall des "nur, wenn auch"), die aber nicht vorliegen darf, damit eine "führt zu"-Verbindung eintritt (gilt).

Beispiel: Mit diesem Kärtchen können wir die Antwort auf ein Problem geben, das besonders bei Kindern ziemlich häufig auftritt: Sie putzen nämlich u.U. durchaus regelmäßig die Zähne (z.B. morgens und abends), bekommen aber trotzdem Karies; das kann nun daran liegen, dass sie außerordentlich viel Süßigkeiten lutschen, die in der Zeit zwischen dem Zähneputzen den Zahnschmelz erheblich angreifen. Das regelmäßige Zähneputzen führt also nur dann zu keiner Karies, wenn nicht gleichzeitig zu viele Süßigkeiten gegessen werden. Das lässt sich parallel zur "wenn auch"-Struktur legen:



Ergänzungsrelationen (wobei die "je, desto"-Relationen zu 1. in einem Ersetzungsverhältnis stehen):

5. je mehr, desto mehr/je weniger, desto weniger

Steht für: wie 1., nur mit gleichläufiger Richtungsangabe.

Beispiel: wie 1., dabei der Teil:



6. je weniger, desto mehr/je mehr, desto weniger

Steht für: wie 1., nur in gegenläufiger Richtung.

Beispiel: Es wäre nun denkbar, dass jemand nicht so recht einsieht, warum er Karies vermeiden soll. Eine entsprechende Frage würde unsere Zahnärztin damit beantworten, dass Karies eben zu geringerer Lebensdauer der Zähne führt, was dann am Schluss frühzeitig ein Gebiss (die sog. "dritten Zähne") nötig macht.

Das lässt sich mit der gegenläufigen "je, desto"-Relation legen:



7. je mehr, desto mehr/je weniger, desto weniger (in beiden Richtungen)

Steht für: eine gegenseitige Abhängigkeit von zwei Ereignissen, Handlungen etc., wobei die Richtung dieser Abhängigkeit gleichläufig ist. Es handelt sich hierbei um den einfachsten Fall einer sich aufschaukelnden Spirale.

Beispiel: Die Antwort auf die vorherige Frage, warum denn Karies zu vermeiden sei, ist sicherlich eine sehr langfristige gewesen, für die es einige dazwischen liegende Schritte gibt. Einer dieser Schritte ist, dass die meisten Menschen, wenn sie Karies bekommen, (unvernünftigerweise) dazu neigen, umso unregelmäßiger und später den Zahnarzt aufzusuchen (weil jeder Zahnarztbesuch eben mit mehr Schmerzen verbunden ist). Das lässt sich mit der hier neu hinzugekommenen Relation wie folgt legen:



8. je mehr, desto weniger/je weniger, desto mehr (in beiden Richtungen)

Steht für: eine gegenseitige Abhängigkeit, bei der die Richtung gegenläufig ist.

Beispiel: Gerade wenn man das Signal für Zahnfleischentzündung, nämlich das Zahnfleischbluten, mit berücksichtigt, wird verständlich, dass und warum viele Menschen, die Zahnfleischentzündung haben, z.B. harte Äpfel oder Brot nicht mehr essen, weil es bei ihnen das Zahnfleischbluten auslöst und erkennbar macht. Nun haben aber solche Nahrungsmittel gerade durch den Zahnfleisch-massierenden Effekt normalerweise eine positive Wirkung auf das Zahnfleisch, sodass bei ihrer Vermeidung das Zahnfleischbluten auf lange Sicht eher noch stärker wird. Dieser Teufelskreis lässt sich mit dem hier eingeführten Kärtchen für "negative gegenseitige Abhängigkeit" legen:



9. wird neutralisiert durch (soweit möglich)

Steht für: eine Maßnahme, die die negative Wirkung einer unerwünschten Nebenfolge soweit wie möglich zu kompensieren in der Lage ist.

Beispiel: Die unerwünschte Nebenfolge "Angst vor Zahnarztbesuch" hängt in der Regel damit zusammen, dass die Patienten_innen Angst vor dem Bohren (oder Schlimmerem) beim Zahnarzt haben. Dies lässt sich nun, soweit möglich, dadurch neutralisieren, dass man sich klarmacht bzw. von der Zahnärztin versprochen bekommt, dass bei regelmäßigem, rechtzeitigem Zahnarztbesuch die Aussicht besteht, dass immer weniger gebohrt werden muss (weil immer weniger fortgeschrittene Karies zu entdecken ist). Diese kompensierende Maßnahme können wir mithilfe des "Neutralisierungs"-Kärtchens so legen:



C. Formalrelationen im Bereich positiver & negativer Wertungen

1. soll sein

Steht für: eine positive Wertung, dass etwas gut, schön etc. und als Ziel anzustreben ist oder angestrebt werden sollte.

Beispiel: Alle Auskünfte, die wir bisher von der Zahnärztin berichtet haben, laufen insgesamt darauf hinaus, dass Zähneputzen etwas Gutes, Anzustrebendes ist. Wir können diese positive Bewertung dadurch veranschaulichen, dass wir über das Kärtchen "Zähneputzen" unser "soll sein"-Kärtchen legen:



2. soll nicht sein

Steht für: eine negative Wertung, dass etwas schlecht, verwerflich etc. ist und abgelehnt werden sollte.

Beispiel: Aus allem, was bislang zur Zahnpflege gesagt wurde, lässt sich folgern, dass mangelnde Zahnpflege etwas Negatives ist, das vermieden werden sollte. Die negative Bewertung lässt sich dadurch veranschaulichen, dass über das Kärtchen "mangelnde Zahnpflege" das "soll nicht sein"-Kärtchen gelegt wird:



D. Formalrelationen im Bereich von Handlungsabläufen und Handlungsalternativen

1. indem

Steht für: einen Teilschritt innerhalb von Handlungen, wenn die jeweilige (Gesamt-)Handlung durch mehrere solche Teilhandlungen zusammengesetzt ist.

Beispiel: Für das Zähneputzen gibt es z.B. eine sinnvolle Vorbereitung, von der die meisten gar nichts wissen: Es handelt sich darum, dass man zunächst die Speisereste aus den Zahnzwischenräumen entfernen sollte; danach sollte man erst mit den bekannteren Teilschritten des Bürstens der Zähne und des Zahnfleisches beginnen (s.o. und s.u.). Wir schreiben diesen ersten Teilschritt der Gesamthandlung "Zähneputzen" mithilfe des "indem"-Kärtchens so auf:



2. Ziel erreicht

Steht für: den erfolgreichen Abschluss von Handlungen (einzelnen oder mehreren). Mit Handlungen werden normalerweise bestimmte positiv bewertete (s.o.) Wirkungen bzw. Folgen beabsichtigt (s.o.). Wenn diese Wirkungen/Folgen auch tatsächlich eintreten und damit das Problem, das gelöst werden sollte, soweit möglich erledigt ist, lässt sich dieser Abschluss durch die Bewertung "Ziel erreicht" festhalten.

Beispiel: Wenn man immer richtig Zähne putzt (also zunächst die Speisereste entfernt, dann die Zahnbürste rotierend bewegt, zugleich massierenden Druck ausübt sowie nicht zu viele Süßigkeiten isst usw.), führt dies zu harten Zähnen (ohne Karies) und gesundem Zahnfleisch. Und das war ja das zentrale Ziel, von dem wir bei dem ganzen Problem des Zähneputzens ausgegangen sind. Also können wir vermerken: "Ziel erreicht":



3. letzte Möglichkeit

Steht für: die Bewertung einer Handlung unter übergeordneten moralischen Gesichtspunkten als nur akzeptierbar, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, das ein angestrebtes Ziel zu erreichen gestattet. Es handelt sich also um Handlungen, die durchaus erfolgreich eine bestimmte (beabsichtigte) Wirkung zur Folge haben, die aber aus (übergeordneten) moralischen Gründen eigentlich abgelehnt werden und daher nur, wenn alle anderen Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels versagen, akzeptiert werden.

Beispiel: Bei manchen Menschen scheint es so zu sein, dass die Angst vor dem Zahnarztbesuch leider die einzige erfolgreiche Möglichkeit ist, sie zum Zähneputzen zu bewegen. Das gilt besonders häufig im Kindesalter. Nun halten wir aber "Angst machen" an sich für ein moralisch nicht anzustrebendes, sondern abzulehnendes Erziehungsmittel. Deshalb scheint uns seine Anwendung nur gerechtfertigt, wenn wirklich alle anderen Motivierungsmittel versagt haben. Wir notieren also zusätzlich zu der "führt zu"-Relation auch noch die (moralische) Bewertung "letzte Möglichkeit":



Anhang 3: Beispielhafte Transkription eines Interviews (Uptin L. offen)

1. Einleitung und beruflicher Kontext16)

Herzlichen Dank, dass Du sowohl an den Untersuchungen online teilgenommen hast, aber jetzt auch hier für das Interview bereit bist. Für uns wäre hilfreich, wenn Du am Anfang nochmal kurz beschreiben kannst, in welchem Bereich bist Du im Moment tätig, in welcher Organisation, dass wir den Rahmen nochmal haben und anhand dessen konkreter fragen können.

Ich bin tätig in der Automobilindustrie, und dort im Einkauf, bin verantwortlich für Produktionsteile-Einkauf für ganz Europa für einen bestimmten Bereich für alle Fahrzeuge des Herstellers.

Und wie muss ich mir deinen Arbeitsalltag vorstellen, was tust Du da so am Tag?

Am Tag, neben vielen Dingen, die andere Menschen auch tun wie E-Mails lesen, Meetings machen, Audio-Konferenzen ist mein eigentlicher Hauptjob, Preise zu vergleichen, Verhandlungen zu führen mit Lieferanten, Sourcing Decisions zu fällen, also zu sagen: "Dieser Auftrag geht an jenen, weil", das meinem Management vorzuschlagen, das genehmigt zu kriegen, das umzusetzen; ich arbeite natürlich da viel mit anderen Abteilungen zusammen: mit Cost Estimating, mit Engineering; mit anderen Bereichen im Hause, weil das macht man ja nicht alleine stehend; das Ganze ist dann nochmal eingebettet global, also als Beispiel: Wenn dieser Hersteller irgendein bestimmtes Modell – ich arbeite jetzt so an den Jahren 14 und 15 – 2014, 2015 – diese Aufträge vergibt und wir reden dadurch auch jeweils von Millionenaufträgen; das sind nicht 4,80€ pro Stück, weil ich kaufe halt Teilgruppen, die dann in das jeweilige Fahrzeug gehen, in jede Produktion in Europa, und die werden ja teilweise auch im Ausland hergestellt, weil man diese Teile dann entweder exportiert oder werden dort nochmal vor Ort gefertigt. Das Ganze ist dann auch nochmal weltweit eingebunden, weil wir natürlich auch in Asien produzieren; in Nordamerika, in Südamerika, teilweise in anderen Regionen; das muss dann auch teilweise global abgestimmt werden und ich bin dann auch für Europa verantwortlich; dann gibt's jeweils auch noch ein Pendant in den anderen Regionen; mit deren Management und meinem Management, und hin und her und das ist alles ziemlich interessant.

Und gibt's da noch ein Team, in dem Du tätig bist, oder bist Du als Einzelperson für dieses Thema zuständig?

Ich bin da als Einzelperson zuständig für das Thema, und wir sind so strukturiert, dass andere Einkäufer neben mir in dem Team sind; andere Teilbereiche; also ich mach die "door ceilings weather strips" heißt das auf gut Deutsch, das sind die Türdichtungen, und zwar sind das diese schwarzen Dinger, die um die Türen rumlaufen und das Auto wind-, wasser- und geräuschdicht machen und die ganzen Geschichten, die um die Fenster herumlaufen; das kannst du ja sehen; und die Art Gummidinger, die um die Fenster herumlaufen, das sind meine Teile. Um da mal so eine Vorstellung davon zu kriegen: Ich kaufe im Jahr für über 100 Millionen € ein. Das ist also schon eine ziemliche Hausnummer. Und in diesen Preisklassen bewegen wir uns dann. Sodass man da mal eine Vorstellung davon kriegt. Das hat Volumen – Volumen im Sinne von Anzahl der Fahrzeuge mal Teilepreis für Europa, vielleicht noch exportiert nach USA, Thailand, sonst wohin; und dann kommen da schon ziemliche Summen zusammen. Also es ist spannend.

Und gibt es nochwas, wo Du sagen würdest: Das wäre wichtig für einen Interviewer darüber zu wissen zu deinem Bereich, zur Organisation als Ganzes vielleicht?

Man fängt mit dem Beruf nicht einfach mal so eben an als Einkäuferin; man arbeitet sich da hin; also das ist wichtig zu wissen; man braucht also ein bisschen Erfahrung und Wissen über die Organisation, wie was geht; man muss die Schnittstellen zwischen den Organisationen kennen; muss lernen, wie man mit Lieferanten verhandelt; es gehören schon einige Dinge dazu, bis man auf so einer Position ist.

2. Einstellung zur Offenheit

Danke erstmal. Dann gehen wir zu dem Themenbereich über, zu dem wir ja heute hier sind. Dazu habe ich als erstes so ein paar Statements zusammengestellt, wo Du einfach schauen kannst, wie Deine Meinung dazu ist und wie Du dazu Stellung beziehen willst.

1. Statement: Meine sexuelle Identität hat als Thema am Arbeitsplatz nichts verloren.

Ja und nein. Soll ich das näher ausführen?

Ja, gerne.

Ja und nein deswegen: ich als Einkäuferin bin nicht als lesbische Frau dort beschäftigt, aber ich möchte auch nicht in die Verlegenheit kommen wenn mich einer fragt: "Sind Sie verheiratet?", dann irgendwelche Lügenstories erzählen zu müssen. Deswegen sag ich ja und nein. Weil eigentlich ist das nicht das Charakteristische oder das Wichtige; aber ich möchte auch nicht lügen oder mich verstecken müssen. Insofern sollte es erlaubt sein und kein Problem darstellen.

Okay, gut. Dann nächstes Statement: Solange jemand glaubt, ich sei heterosexuell, lasse ich die Person in dem Glauben darüber.

Auch falsch. Weil ich würd nicht in das Meeting gehen und sagen: "Guten Tag, ich bin die lesbische Einkäuferin." Das ist ja nicht der Hauptgrund, warum ich in dem Meeting bin. Aber wenn jemand fragt: "Ach ja, ihre Kinder" oder was, würde ich sagen: "Ich hab keine Kinder." "Ach, sind Sie verheiratet?" – "Nein, ich lebe mit meiner verpartnerten Frau zusammen." Ich würde es klarstellen, aber es ist nicht das Erste, was ich jemanden auf die Nase binde.

Okay, das heißt, Du würdest es klarstellen, aber nicht aktiv ansprechen bei der Vorstellung oder so.

Nicht als erstes.

Nächstes Statement: Manchmal erzähle ich erfundene Geschichten über mein Privatleben.

Nein.

Gut. Dann kommt, glaub ich, eines, was schon etwas besser beschreibt, wie Du es eben selber schon formuliert hast, nämlich: Wenn mich jemand fragt, ob ich lesbisch bin, antworte ich ehrlich.

Ja. Und zwar, wenn ich das noch dazu sagen darf, vielleicht kommt das noch: Aus zweierlei Gründen: Zum einen finde ich es wichtig und richtig, dass andere, auch heterosexuelle Menschen, das mitkriegen: Es ist etwas ganz normales. Und ich möchte einfach auch Vorbildfunktion haben. Für Lesben, für Schwule, für Heterosexuelle: Ich möchte Sichtbarkeit. Deswegen ist mir das ein Anliegen.

Okay. Du hast das nächste schon vorausgesehen: Ich glaube, dass ich durch Offenheit Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben abbauen kann.

Ja, davon bin ich überzeugt.

Ja, das ist im Grunde das, was Du zu Sichtbarkeit gesagt hast.

Ja.

Und dann letztes Statement: Wenn Lesben und Schwule vollständig in das Arbeitsleben einbezogen würden und sich als ganze Person einbringen könnten, dann würde auch die Organisation davon profitieren, weil so z.B. mehr Kreativität, neue Perspektiven usw. eingebracht werden könnten.

Richtig. Unterschreib ich genau so. Auch mit dem Hintergrund, was du am besten weißt: dass mindestens 10% oder mehr der Arbeitsenergie verloren gehen, wenn man's mit Gewalt verheimlicht. Du kennst die Studien besser als ich.

Okay, super. Das mal so als Statements zum Warmwerden sozusagen Jetzt geht's eher darum, wie Du selbst mit Deiner sexuellen Identität am Arbeitsplatz umgehst; wie offen oder weniger offen und so weiter.

3. Umgang gegenüber Kollegen_innen, Führungskräften und ggf. Mitarbeiter_innen

Und da wäre die erste Frage, die Frage kennst Du noch aus der Onlinebefragung: Mit wie vielen Kolleginnen und Kollegen sprichst Du offen darüber, dass Du lesbisch bist, am Arbeitsplatz?

Wie es sich ergibt – mit allen. Jetzt muss man natürlich dazusagen, dass ich als Sprecherin des Netzwerks bei meinem Arbeitgeber auch die bekannte bunte Hündin bin. Ich kann ja gar nicht anders [lacht].

Ja, stimmt. Und wie ist es gegenüber Deinen Führungskräften?

Genau so. Die wissen's auch alle.

Es gibt jetzt keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Du führst, ne?

Nein, keine Personalverantwortung.

4. Akzeptanzerfahrung

Okay. Das war eine weitere Frage dazu. Erinnerst Du Dich an Situationen, in denen Du bezüglich Deiner sexuellen Identität Akzeptanz erfahren hast, gibt's da was, was Du in Erinnerung hast?

Besondere Akzeptanz ... also ich kann nur so weit sagen: Es ist noch niemand schreiend aus dem Büro gerannt, der oder die das mitbekommen hat. Es kann vielleicht auch an der Stadt liegen, in der wir leben, weil ich glaub gerade hier in Köln mit dem CSD17) und der großen schwul-lesbischen Szene und dem Umfeld, Umland, die haben das irgendwie alle mitbekommen. Die machen das bestimmt anders in anderen Regionen. Dazu muss man sagen: Bei meinem Arbeitgeber gibt's seit 10 Jahren die Betriebsvereinbarung für partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz; wo sexuelle Identität explizit mit genannt ist, die erlaubt und die man äußern darf und wo sehr klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Person, die diskriminiert, das Problem hat und nicht die Person, die diskriminiert wird. Das ist wichtig. Weil ich glaube, das haben die Leute auch verstanden. Das gilt genauso für ethnische Abstammung, das gilt genauso für jung, für alt, für Behinderung, für die ganzen Dimensionen von Diversity. Und, das denke ich, haben die Leute inzwischen verstanden, dass der Vorstand das so meint und der Betriebsrat das so meint und dass das so richtig ist und gewollt ist und deshalb ist das erstmal nach hin außen so.

Okay. Also da gibt's eine gute Grundlage im Betrieb, also über BVs18) einerseits, aber eben auch über Betriebsrat und über Führungskräfte, die da entsprechend agieren. Und gibt's da eine bestimmte Geschichte, die Dir da spontan einfällt, wenn Du das Thema Akzeptanz, auf Dich persönlich bezogen, hörst?

Es gibt da kein besonderes Erlebnis, das ich sagen kann, nur dass ich weiß, dass ich sagen kann: Ich kann und darf diskriminierungsfrei sein, wie ich bin, ich darf das sagen. Und es gibt auch GLOBE-Mitglieder19) [Nennung für Uptin in Ordnung] bis in höchste Direktoren und in höhere Ebenen, die geoutet sind, das ist ja auch wichtig, das ist ja auch ein Signal, ja, dass das ja nicht nur das Fußvolk ist, in Anführungszeichen, das am Rand steht und das was weiß ich für Jobs bekleidet, sondern, dass auch das Senior Management schwul sein darf, bis zu einem, vor ein paar Jahren, der ist inzwischen pensioniert, direct report zum, wie heißt der, XXX [Name entfernt]; also bevor der XXX [Name entfernt] kam, ins Unternehmen, also ich muss den Namen jetzt einfach nennen, des Arbeitnehmers, der sich geoutet hat. Und die Story dazu, das fand ich bemerkenswert, der war nicht geoutet, ist in Pension gegangen, und dann war vor einigen Jahren Ford [Nennung für Uptin in Ordnung] etwas in der Finanzmisere wie andere Firmen auch schon mal, dann haben sie ihn wiedergeholt und dann hat er sich gesagt: "So, jetzt oute ich mich mal". Und das fand ich irgendwie ziemlich klasse. Weil das haben die Leute vorher, glaub ich, wenig gewusst, wenig realisiert, dass da jemand sehr hohes in der Organisation, also der Chief XXX [entfernt] Officer von Ford [Nennung für Uptin in Ordnung], ist zurückgekommen und hat nochmal für 3 Jahre oder sowas, hat er was gemacht und dann hat er sich endgültig verabschiedet. Und das, glaub ich, hat Eindruck hinterlassen. Und das ist nicht meine Geschichte, aber eine Geschichte, die für die Firma wichtig ist.

Und die beschreibt ja Kultur in der Firma. Und das ist ja eigentlich ganz zentral: Ob es da Vorbilder gibt, auch in einer bestimmten Situation.

Und das fand ich bemerkenswert: Weil er hatte dann irgendwie keine Lust mehr, als Pseudo-Hete20) zurückzukommen. Und das fand ich klasse.

Und gabs eine ähnliche, oder in irgendeiner Weise so eine Art Geschichte, sowas wie, was für Erlebnisse hast Du mit Kolleginnen und Kollegen oder mit Deiner Führungskraft, wenn Du da das Thema platziert hast?

Eigentlich positive insgesamt, aber jetzt nichts Herausragendes. Also fällt mir jetzt ehrlich gesagt nichts dazu ein, außer dass jeder sagt: es ist schön und gut und ist eigentlich jetzt nicht das Wahnsinnsthema, über das man sich jetzt endlos und drei Tage unterhält.

Ich kann vielleicht nur sagen, was mir positiv aufgefallen ist, aber das ist bei den anderen auch so: Ich hab mich letzten Sommer mit meiner Lebenspartnerin verpartnert; wir haben geheiratet, wenn man es so will, und ich habe das im Vorfeld, wie ich finde, wie sich das gehört, den anderen mitgeteilt, wie andere das auch mitteilen: "Ich heirate". Und dann, was ich sehr schön fand, ich hatte ja zwei Tage Sonderurlaub wie alle anderen auch, die heiraten oder sich verpartnern. Wie gesagt, wir sind gleichgestellt im Unternehmen. Und die hab ich auch bekommen. Und ich bin an einem Nachmittag rausgegangen, am nächsten Morgen haben wir uns verpartnert, dann sind wir auf Hochzeitsreise gefahren, drei Wochen, und dann kam ich wieder, und dann hatte ich die Kollegen alle zum Frühstücken eingeladen und habe erzählt und Bilderchen gezeigt und so weiter. Und was ich süß fand, sie hatten für mich gesammelt, wie sie es für andere auch machen, hatten eine schöne Karte, haben mir gratuliert und das fand ich wunderbar und so soll's sein.

Okay, super, das ist ja ein schönes Beispiel. Also einerseits dass es von der Struktur gleich behandelt wird, also das ist ja auch nicht in allen Organisationen so, dass man zwei Tage Sonderurlaub bekommen.

Nein, wir haben es genauso gemacht, wie sie es sonst auch machen. Das fand ich sehr gut.

Eben. Und dann auch bei den Kollegen. Das ist ja dann schon auf 2 Ebenen prima, okay.

5. Diskriminierungserleben

Und gibt's da auch was in umgekehrter Richtung, also etwas, wo Du sagen würdest: Ja, da gab es schon etwas, eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung oder so was in der Geschichte?

Nicht bei mir persönlich; aber ich hab auch immer Wert darauf gelegt die ganzen Jahre über, dass ich auch nicht positiv diskriminiert werde und hier: "Wow, ich hol jetzt mal die Lesbe und die GLOBE-Aktive zu mir ins Team und ich krieg' da jetzt Brownie Points [Pluspunkte], weil ich so toll "diverse" bin, das will ich auch nicht. Also meine Steps in der Firma sind aufgrund der Leistungen in meinem Job erfolgt, das ist mir auch wichtig, und nicht irgendwie weil ich so diejenige bin, die da so toll einen auf Diversity macht und Preise bekommt oder wichtige Reden schwingt. Das ist eine Dreingabe, die für mich wichtig und richtig ist, aber das ist ja nicht meine Haupttätigkeit bei Ford. Ich bin angestellt als Einkäuferin und dementsprechend ist es mir wichtig, als Einkäuferin den Job zu wechseln oder vielleicht befördert zu werden oder auch nicht – aber nicht aufgrund von anderen Geschichten.

Und jetzt ist es ja so, in der Studie "Out im Office?!", da gab es ja ganz viele verschiedene Diskriminierungsformen, die wir erhoben haben damals, von so sehr weichen Sachen wie "ich werde vielleicht weniger beachtet, krieg weniger Aufmerksamkeit, meine sexuelle Identität wird eher nicht thematisiert oder Ähnliches, wird bei Seite gelassen" oder sowas bis hin zu heftigen Sachen wie Versetzung oder Kündigung. Gibt's da irgendwas, wo Du sagen würdest: "Naja, sowas im atmosphärischen Bereich, da gabs was, was ich erleben musste"?

Bei mir persönlich nein, aber mein Arbeitgeber ist jetzt aber auch nicht die ideale Welt. Also ich hab's für mich persönlich nicht erlebt, aber ich habs natürlich im Netzwerk im GLOBE schon einige Male miterleben müssen, dass Kolleginnen und Kollegen Schwierigkeiten hatten mit Vorgesetzten, wo dann auch Betriebsrat oder Personalabteilung oder GLOBE beratend zur Seite gestanden hat. Und es ist letztlich, denk ich mal, immer gut ausgegangen. Aber natürlich gibt's schon mal irgendwelche Spannungen oder Schwierigkeiten, klar. Ich selbst hab die wie gesagt nicht wahrgenommen, nicht erlebt, aber ich hab es bei anderen miterlebt. Aber wie gesagt, das ist jetzt nicht so die ideale Welt, die ich hier beschreibe, das ist nicht immer so ganz toll, das steht auf allen Papieren und jeder weiß es. Das ist so ähnlich wie: Jeder weiß, dass Ladendiebstahl und Mord bestraft sind und verboten sind; aber es passiert trotzdem. Und so ähnlich ist es da auch.

Wenn Du jetzt so Situationen von anderen gehört hast, z.B. aus dem Netzwerk, bei denen Diskriminierungssituationen entstanden sind, was würdest Du da so aus deiner Erfahrung sagen, was ist da besonders hilfreich, mit solchen Erfahrungen umzugehen oder vielleicht was Du konkret in der Beratungsfunktion, sozusagen als Netzwerksprecherin mitbekommst?

Ich denke, da gibt's immer zwei Ebenen: Also das eine ist die Person selber zu stärken und zu beraten, da zur Seite zu stehen, aber es kann auch sehr helfen, das macht die Firma ja auch, Führungskräfte zu schulen; Diversity-Training anzubieten, solche Sachen. Weil ich hab's oft erlebt: Wir haben ja 80 Leute oder wieviel hier in Köln im Verteilernetzwerk, was gesehen an der Gesamtzahl von 17.000 Leuten wenig ist; aber auch wiederum viel, wenn man sich 80 Menschen vorstellt, die auf dem Verteiler sind bei GLOBE, alleine im Standort Köln. Aber es gibt leider Gottes sehr viele Leute, Männlein wie Weiblein, die nicht geoutet sind an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz, weil sie selber es nicht wollen, weil entweder es ihnen nicht wichtig ist, weil sie sagen: "Es hat da nichts zu tun" oder sie sagen: "Jetzt kann ich doch nicht in der Abteilung nach so und soviel Jahren einmal damit rauskommen". Das sind dann so Sachen, da denk ich, da muss derjenige oder diejenige selber entscheiden. Ich achte das, ich will da auch nichts daran ändern, nur dann merk' ich auch, da muss man vielleicht auch die Kollegen, die Vorgesetzten, das Management nochmal zur Nachschulung schicken oder dem vielleicht was erklären, was diese Person selbst auch gar nicht leisten kann. Oder, weiß nicht, soll ich das noch ausführen: Ich hab noch ein anderes Beispiel: Ich betreue seit fast einem Jahr auch einen Transgender-Fall im Management, und das ist eine ganz spannende Geschichte, weil der Kollege, der jetzt zur Kollegin wird, also "er zu sie"-Transgender, ist auch seit 20 Jahren im Hause, ist auch selber eine Führungskraft, hat eigene Leute auch zu führen, und tut sich selbst privat mit der Sache sehr leicht, hat alles durch im privaten Umfeld, aber jetzt den Schritt in der Firma es zu tun, wie es zu tun, wann es wem beizubringen; das mach' ich natürlich nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit Diversity Management, die dann wiederum die Fäden knüpft oder ich knüpfe zur Personalabteilung, zum Gesundheitsdienst, zum Betriebsrat, zu wer da noch alles informiert und einbezogen werden muss. Das ist jetzt gerade noch im Werden, das ist jetzt nicht der erste Transgender-Fall, aber vielleicht der erste, bei dem es so gut läuft. Weil leider verlassen die Leute ja irgendwann die Firma oder wie auch immer; und daran sind wir jetzt gerade am Arbeiten und mir ist sehr daran gelegen, dass das einen positiven Ausgang nimmt und die Person sich damit wohlfühlt, dass alles gut läuft und wir tun alles, um das zu gewährleisten, nur du kannst die Reaktionen der Leute nicht voraussehen, wenn der jetzt 20 Jahre bekannt ist im Hause und einen guten Job macht und auf einmal kommt der Herr X irgendwann als Frau X durch die Tür – ist alles nicht so einfach.

Ja, das stimmt. Und grad das Thema hat – meiner Erfahrung nach – besondere Implikationen, weil es geht nochmal eine Ebene tiefer, hab ich so den Eindruck.

Ja, das ist nochmal eine ganz andere Sache als schwul-lesbisch, damit können die Leute damit ganz gut umgehen oder Bisexuellen, ist alles kein Thema. Transgender hat nochmal eine andere Qualität. Und das merk ich jetzt auch daran, ja.

Ja, das ist der Anlass, warum wir die Studie jetzt nochmal erweitern um diese Dimension.

Ich leite das jetzt nur, ich bin nicht die Expertin auf dem Gebiet. Ich kann bloß einiges dazu beitragen, dass das gut läuft.

Ja eben, in deiner Funktion. Und ich hab den Eindruck, dass da die verschiedenen Akteure zusammenkommen, das ist ja super, wenn das in der Form läuft.

Ich bin da nicht federführend; da ist die Diversity-Managerin federführend; das ist ihr Job. Aber wir machen das dann auch zusammen oder ich geh' dann schon mal mit zu Terminen und mach' ein bisschen Aufklärung: Was ist denn Transgender, blablabla; weil die Person, die es betrifft, das ja gar nicht leisten kann und nicht soll; ist ja völlig klar.

6. Resilienz

Okay, danke. Dann ist es ja so, dass es mittlerweile auch grad in der Psychologie auch immer mehr Forschung dazu gibt, dass man feststellt, es gibt sowas wie eine psychische Stärke, Widerstandsfähigkeit. In der Psychologie wird da der Begriff Resilienz geprägt. Ich weiß nicht, ob Du den vielleicht aus deinem Studium kennst. Es gibt ihn in der Materialkunde.

Sagt mir was.

In der Materialkunde gibt es Material, das man biegen, aber nicht brechen kann. Und dieser Begriff, wie Stress im Grunde auch, wird in der Psychologie adaptiert, um etwas wie psychische Stärke zu beschreiben. Also man kann gebogen werden, aber man bricht daran nicht. Und da geht man schon davon aus, dass es für die Entwicklung von psychischer Stärke auch das Durchleben, Erfahren von schwierigen Situationen, krisenhaften Momenten braucht, um eben diese Stärke zu entwickeln. Und das ist dann natürlich in dem gesamten Zusammenhang mit sexueller Identität am Arbeitsplatz wiederum ein spannendes Thema, weil man sich fragen kann: "Gibt's dann was, was mit Resilienz, mit psychischer Stärke zu tun hat, wie steht das in Zusammenhang mit offenem Umgang oder nicht offenen Umgang am Arbeitsplatz?". Da wär jetzt so für uns die Frage an dich: Was würdest Du dazu als erste Assoziation, was würdest Du dazu denken? Gibt's da Zusammenhänge zu sowas und wenn ja, wie?

Wenn ich da mal eine These wagen darf [hustet] Ich glaube, Coming Out stärkt. Weil das ein Prozess ist, den Heterosexuelle logischerweise ja nicht durchlaufen; die sind ja so wie der Mainstream wie die meisten anderen auch. Die müssen sich nicht fragen: "Warum bin ich heterosexuell?" Lesben und Schwule und Bisexuelle und Transgender und was auch immer sie gerade feststellen, müssen sich diese Fragen stellen. Und ich glaube, das zwingt, egal in welchem Lebensalter zu ganz anderer Selbstreflexion, ob du willst oder nicht. Du musst dir ganz anderen Fragen stellen: Wie bringe ich es meinem Freund oder meiner Freundin bei? Also jetzt im platonischen Sinne. Wir erkläre ich es meiner Familie, den Eltern, dem Freundeskreis? Wie gehe ich am Arbeitsplatz, im Studium, egal wo, wie geh' ich damit um? Solche Fragen haben andere nicht; insofern würde ich behaupten, dass jemand, der oder die das Coming Out erfolgreich durchlaufen hat und irgendwann Selbstbewusstsein erworben hat und sagt: jawohl, ich bin schwul, ich bin lesbisch, ich bin transgender, was auch immer, diesen Prozess durchlaufen hat, der hat schon mal irgendwie vieles geschafft im Leben, was vielleicht andere Leute so noch gar nicht durchmachen mussten. Der Prozess ist sicherlich auch schmerzhaft und schwierig; der kann sich über mehrere Jahre hinziehen aus irgendwelchen Gründen. Kommt ja auch aufs Lebensalter an: Also wenn du mit 35 feststellst, du bist verheiratet, hast Kinder oder sowas, oh Gott, eigentlich bin ich schwul als Mann, dann ist das eine andere Story als wenn du das mit 15 Jahren feststellst. Würd ich mal vermuten.

Mit Sicherheit.

Ist ja eine ganz andere Lebenssituation; ja, das gilt ja für alle anderen Dinge auch, aber ich würde behaupten: Lesben und Schwule haben durch diesen Zwang, sich damit zu beschäftigen, andere Prozesse durchlaufen und sind in der Regel – das ist ja auch wieder so ein bisschen Klischee – vielleicht andere Gesprächspartner, können zuhören, verstehen vieles, was vielleicht andere nicht verstehen. Ich will jetzt um Gottes willen nicht sagen, dass Heterosexuelle das nicht können. Die können das aus vielleicht anderen Gründen auch ganz toll; will aber sagen: Diesen Prozess des Coming Out haben Lesben und Schwule und Bisexuelle und Transgender durchlaufen und die anderen eben nicht.

Ja, absolut. Das ist ja gerade der Punkt, dass man feststellt: Da gibt's eine biographische Erfahrung, die diese Gruppe macht, die die heterosexuellen Beschäftigten nicht hinter sich bringen mussten. Da gibt's noch andere Themen, die sie hinter sich bringen mussten, aber das eben nicht.

Absolut. Und das ist eine Qualität, die Lesben und Schwule erstmal mitbringen. Ich will wie gesagt nicht diskriminierend sein zu Heterosexuellen oder anderen; die haben vielleicht andere Erfahrungen, die sie vielleicht auch wahnsinnig bereichert und weitergebracht haben, also ich will einfach sagen: Das Coming Out erfolgreich durchlaufen zu haben und irgendwann zu sagen: Jawohl, so bin ich und so geh ich jetzt nach außen; nach innen und außen, das stimmt jetzt auch überein, das ist eine Qualität, die muss man sich erarbeiten, das ist, kommt, wie wir alle wissen, die betroffen sind, nicht über Nacht. Du schlägst ja nicht morgens die Augen auf und sagst: "Jupphey, ich bin lesbisch und ich bin ganz toll und das sag ich jetzt allen". So ist es jetzt leider nicht, das wäre schön und einfach, aber so klappt das nicht.

Und würdest Du das auch auf Dich anwenden können? Würdest Du sagen: Es gibt ein paar bestimmte Dinge in meiner Persönlichkeit, die ich eben gerade dadurch so entwickelt habe?

Mit Sicherheit!

Hast Du ein paar Schlagworte dazu? Was könnte das sein?

Schlagworte dazu ... Ich glaube, als ich noch sehr jung war, so mit 13, 14 Jahren, als ich gemerkt hab: Oh, ich hab mich in eine Frau verliebt, eine Zeitlang sehr alleine und sehr einsam gefühlt. Weil ich nicht wusste: Wieviele gibt's davon? Ich musste mir ja auch erstmal irgendwas anlesen, erstmal mich informieren, und das ist ja nichts, was du erstmal deinen Eltern erzählst. Die haben das ja auch erst zwei, drei Jahre später von mir gehört, als ich selber schon relativ weit war damit. Ich musste ja auch erstmal verstehen: Was ist das? Gibt's da auch noch andere? Wo kommt das her? – Was eh keiner erklären kann, aber du stellst dir die eben genannten tausenden Fragen. Du musst als relativ junger Mensch damit umgehen. So eine eventuelle Sinnkrise haben andere Leute erstmal gar nicht; die haben damit gar nichts zu tun, das bleibt denen erspart. Aber ich habe dadurch vieles gelernt, dann auch irgendwann stark zu werden und zu sehen: A) ich bin nicht allein; B) es gibt auch noch andere; C) vielleicht so das Vorurteil, Lesben und Schwule, die sind – was weiß ich – stereotyp besetzt: Nein, so ist es ja nicht, weil ich bin ja selber eine von denen, ich bin ja gar nicht so. Man lernt, viel mehr auseinander zu halten und viele Dinge differenzierter zu sehen

So ein differenzierterer Blick auf sowas.

Mhm, mhm ... [zustimmend] Nein, weil um vielleicht grad nochmal darauf zurückzukommen: Aus dem Gefühl: Oh Gott, bin die einzige in meiner Jahrgangsstufe, was ja dann später, wie ich mitgekriegt hab, gar nicht so war – aber du hast ja auch noch gar nicht die Antenne, die anderen zu erkennen. Das sind ja auch alles Sachen, die sich entwickeln. Und erstmal denkst du dir: Oh Gott, ich hab mich in eine Frau verliebt, oh Gott, was mach ich denn bloß und was ist das denn, und wie geh ich damit um... das ist der Anfang. Dann geht's ja weiter, aber das ist ein Prozess, der über mehrere Jahre läuft.

Und jetzt engagierst Du dich ja im Besonderen im Netzwerk. Hängt das auch damit zusammen, dass Du sagst: Ich hab bestimmte Erfahrungen gemacht und das führt dann auch zu einem besonderen Engagement?

Mit Sicherheit. Ich bin jetzt 47 Jahre alt und ich bin seit über 27 Jahren in irgendwelchen politischen Gruppierungen aktiv: früher im Schulz, im besagten Rubicon, das du früher mal erwähnt hast, hab ich – glaub ich – über 13 Jahre lang ehrenamtlich Beratung gemacht mit Supervision ...

Ach so, schau an!

Ja, ich bin da so ein Urgestein in dieser Stadt und in dieser Bewegung; ich war zwei Jahre, in zwei Amtsperioden, im Vorstand der Emanzipation im Schulz

Schau, das wusste ich ja gar nicht ...

Ja, ich hab eine endlose Geschichte und mir war das immer wichtig; auch immer mit Männern zusammenzuarbeiten. Weil ich hatte irgendwann einmal ein Aha-Erlebnis gehabt, ich weiß nicht, ob das hier so dazu passt: Als ich 19, 20 alt war; also noch relativ neu in der Szene, gab's noch irgendwie eine politische Lesbengruppe im Frauenzentrum, das es schon lang nicht mehr gibt. Und damals war noch §218, also sprich: Abtreibung, verboten und ein großes Thema. Und dann haben sich die Lesben in dieser Lesbengruppe sehr ernsthaft darüber unterhalten, ob man jetzt als Frau nicht bei den anderen Frauen mitmarschieren muss in dieser Demo gegen den § 218, weil von wegen "Frauen selbstbestimmt".

Und diese Aha-Erlebnis war "... eigentlich verbindet mich mit den schwulen Männern mehr, was Diskriminierung angeht als mit diesen heterosexuellen Frauen." Das war für mich die Initialzündung, das ich mir gedacht hab: Mensch, eigentlich müssen wir Lesben und Schwulen uns zusammentun. Fortan habe ich bewusst gemischte schwul-lesbische Gruppen gesucht.

Gleichzeitig würde ich schon auch sagen: Du warst eine Pionierin ...

Hm, ich weiß nicht.

Ich würde das schon so sagen, also dass die Szenen von Schwulen und Lesben in der Historie sehr lange distant waren. In der nachwachsenden Generation ist Zusammenarbeit eher selbstverständlich.

Ich hab nichts gegen Männer. Ich mag Männer – doch ich geh nicht mit ihnen ins Bett. Ich sag' das mal so plakativ. So wie ein heterosexueller Mann Männer mag, mit ihnen Sport macht – so in etwa erkläre ich mir das auch. Ich mag auch Frauen – ich verliebe mich ja auch in sie ...

Könnte man sagen, dass die sexuelle Identität als ein Merkmal erstmal wichtig wurde bei der Feststellung: Ich bin nicht alleine, es gibt noch andere lesbische Frauen auch; und irgendwie entsprechen die nicht dem Stereotyp, weil ich ja selbst dazu gehöre und dann gab es noch eine Erweiterung darin, zu bemerken, dass das Thema sexuelle Identität ein verbindendes Element ist zu den schwulen Männern?

Es gab mal GLF Sozialdemos [Nennung für Uptin in Ordnung: Gay Liberation Front, Verein für schwul-lesbische Belange] an einem Samstag in der Schildergasse, wo 200 Personen mit ca. 15 Plakaten entlang liefen, die Personen rissen die Kinder zurück: "Da kamen die Perversen!" – das war so der Eindruck, den man hatte. Und ich bin da auch mitgerannt ...

Würdest Du sagen, dass das etwas ist, das Dich besonders beschreibt und dass Du Situationen nun anders bewerten und anders einordnen kannst?

Ja, z.B. Lindenstraße21) und Georg Ücker22): die Nation schrie auf! Heutzutage ist die lesbische nette Nachbarin und der schwule nette Nachbar selbstverständlich.

7. Homosexuelle Kompetenz

Außerdem gibt es nun noch den Begriff der "Homosexuellen Kompetenz", die homosexuelle Menschen im Vergleich zu nicht homosexuellen Menschen haben. Dieser Begriff hängt stark mit dem vorherigen Bereich zusammen. Einige Forscher_innen glauben, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans*-Personen auf Grund ihrer spezifischen biografischen Erfahrungen, die Möglichkeit hatten, besondere Kompetenzen zu entwickeln. Zum Beispiel im Bereich der Sozialkompetenzen oder Konfliktkompetenzen etc. ...

Das hab ich so noch nicht gehört. Ist das ein neues Schlagwort in der Psychologie: "Homosexuelle Kompetenz"?

Ja, schon. Das entsteht so langsam, als Begrifflichkeit. Ich zumindest kolportiere das auch ständig und immer wieder. Da wäre halt so die Frage an Dich: Wie stehst Du jetzt zu dem Begriff? Würdest Du sagen: Das ist möglich, dass es so etwas gibt? Da könnte was dran sein und wenn ja, was könnte es sein, was dann eben Schwule, Lesben, Bi- und Transpersonen vielleicht auch besonders auszeichnet durch diese biographische Erfahrung?

Auf die Gefahr hin, dass ich mir so ein bisschen widerspreche mit dem, was ich vorhin gesagt habe: Ich habe ja ausgeführt: Klar, wenn man Coming Out erfolgreich durchlaufen hat und irgendwann zu sich steht nach innen und außen hat man irgendwann sicherlich eine Kompetenz erworben. Ich würde aber im Umkehrschluss nicht sagen, dass andere Personen das nicht auch können. Also darauf lege ich dann schon Wert. Weil ich würde, wie gesagt, jetzt auch nicht positiv umgekehrt diskriminieren wollen.

Nein, das ist wichtig, das versteh' ich auch. Also dass es das nicht heißt, wenn Du irgendwas einer Gruppe als Kompetenz zuschreibst.

Ich würde jetzt nicht sagen: Die ist nicht da, die Kompetenz; aber ich würde jetzt erstmal grundsätzlich nicht sagen, dass man nicht irgendeinem armen Heterosexuellen etwas absprechen würde. Das find ich auch wieder diskriminierend, das find ich auch nicht okay. Also mich würde das interessieren, vielleicht können wir das nachher außerhalb nochmal besprechen: Was ist homosexuelle Kompetenz, das andere nicht hätten?

Ne, ne, genau, also das geht eher darum – das können wir mit drin machen, das ist kein Problem. Also es geht eher darum dass wir, so wie wir es eben gemacht haben, draufzuschauen: Was für spezifische Erfahrungen machen Lesben und Schwule, Bi- und Transpersonen, die Heterosexuelle nicht machen? Und was können daraus – also ich würde es eher immer in einer Potenzialformulierung sehen wollen: Was könnten dadurch für besondere Kompetenzen entstanden sein durch diese biographischen Erfahrungen, die dann heterosexuelle Menschen z.B. durch andere Erfahrungen auch natürlich aufbauen können. Wo sind die Niveaus in dieser Hinsicht unterschiedlich? Weil es könnte ja sein, dass Du ohnehin schon von Vornherein differenzierter warst als fünf andere in deiner Klasse oder sowas, und dann gab's da ohnehin schon Niveauunterschiede. Dafür kann es sein, dass jemand anderes etwas anderes besser konnte und da gab es einen anders gearteten Niveauunterschied. Das muss man eh berücksichtigen. Ja, aber die Frage ist: Durch diese biographischen Erfahrungen, die da lesbische Frauen, schwule Männer, Bi- und Transpersonen machen, was könnte da möglicherweise entstehen an besonderen Kompetenzen?

Ich tu mir, wie du sieht, etwas schwer mit der Frage.

Macht nix.

Kannst du die nochmal etwas anders stellen?

Klar. Also wenn man jetzt mal etwas anders zurückschaut, auf das, was da über Coming Out, in der Auseinandersetzung mit sich, in der Auseinandersetzung mit der Umwelt, Eltern, Freunden, Familie, vielleicht auch Arbeitskollegen_innen am Arbeitsplatz passiert, was könnte da möglicherweise an Fähigkeiten, Kompetenzen entstehen, dadurch, dass man genau das durchlaufen musste. Du hast auf jeden Fall schon gesagt: "Naja, das würde ich auf alle Fälle dann sehen, wenn es ein erfolgreiches Coming Out ist..." Und wenn es das gegeben hat, was könnte dadurch entstanden sein als Fähigkeiten, als Kompetenzen?

Da muss ich jetzt aus der Hüfte schießen. Vielleicht dass man sowas wie ein Gespür dafür kriegt – vielleicht, das ist reine Hypothese und ich bin mir da nicht so richtig sicher – wann der günstigste Zeitpunkte dafür sind, schwierige Themen anzusprechen, wie man Leuten eventuell Dinge, bei denen man selber eventuell vielleicht nicht so ganz sattelfest ist, beibringen kann, wann es eine gute Gelegenheit ist, vielleicht mal mit der Kollegin oder dem Kollegen einen Kaffee trinken zu gehen, um mal so ein Thema anzusprechen. Also nicht im Team rauszuplatzen: "Ich bin lesbisch und das wollte ich euch schon immer mal gesagt haben", solche Szenarien mein' ich. Vielleicht kriegt man dadurch ein besseres Gespür; aber vielleicht immer unter dem Vorbehalt: Das hat jemand anderes, der einen kranken Angehörigen pflegt und da viel Kompetenz erworben hat, genau so. Weiß ich jetzt nicht.

Also das hab ich in jedem Fall verstanden. Und das wollte ich auch mitgeben: Dass es viele andere Erfahrungen geben kann, die zu ähnlichen Kompetenzen beitragen. Also das muss jetzt nicht irgendwas sein, was die lesbische Frau oder den schwulen Mann differenziert von anderen im Sinne von "Wow, das können die und anderen nicht oder so". Das hab ich nicht so verstanden und so sehe ich's auch. Aber eben so Gespür dafür: Wann kann ich Dinge ansprechen oder eben auch ein Gespür für soziale Situationen, kann man das so sagen?

Ja, ich glaub, darauf willst du hinaus. Ja, ich krieg' das jetzt auch [lacht]. Ja, natürlich, soziale Situationen. Ich bin ja jetzt auch nicht Superwoman, wenn ich jetzt nachts irgendwo durch die Straße entlanglaufe und dann kommen mir drei oder wie viel merkwürdig aussehende junge Männer entgegen, da würde ich jetzt auch nicht die Lesbenfahne ganz hochhalten und schwenken, ich bin ja nicht lebensmüde. Ich hol' mir ja auch nicht, weiß nicht, die Prügel oder Schwierigkeiten ins Haus, wenn ich's vermeiden kann. Aber ich glaub', das ist eine, wie soll ich sagen, Überlebensstrategie im Sinne von Überleben, aber soziale Kompetenz, wo jeder Mensch gut beraten ist, die zu haben. Im ganz Allgemeinen. So bin ich natürlich auch und so sind die meisten anderen Leute auch, aber ja.

... auch auf der Ebene, also solche Sachen, dass man sensibler ist oder stärker wahrnimmt vielleicht ...?

Vielleicht dass man einfach gelernt hat, so Signale eher zu lesen – mit Fragezeichen. Wo macht's jetzt Sinn oder man kann vielleicht bisschen so in Richtung Empathie ein besseres Gespür dafür kriegen: Renn ich offene Türen ein oder renn ich vor wirklich verschlossene Türen, wenn ich mit Thema XYZ komme?

Gibt's noch etwas, was Du da sehen würdest? Eine Möglichkeit, die sich da entwickeln könnte?

Zu was jetzt?

Zu Empathie oder zu einer sozialen Kompetenz?

Wie soll ich es sonst noch nennen ... man hat vielleicht noch eine bessere Intuition oder, wie soll ich das nennen, Folgerungsfähigkeit, Gespür für andere Menschen, wie soll ich das Label denn noch nennen, mir fällt gerade nichts mehr ein, weißt du, ich hab auch schon ein bisschen einen Arbeitstag hinter mir.

Okay, um Gottes Willen, ich würd dich da jetzt auch nicht auspressen wollen oder so. Es geht ja erstmal drum: Hab ich da jetzt so eine Assoziation oder nicht. Und ich hab jetzt da einfach gefragt.

Im Moment: Fehlanzeige, leider keine mehr.

Ich hab jetzt einfach nochmal nachgefragt, weil es könnte sein, dass bei der zweiten Frage jetzt einfach noch was kommt. War ja auch so – also, vielen Dank Dir dafür.

8. Schlussbotschaft

Genau, damit sind wir jetzt fast schon am Ende des Interviews.

Ach, schon, okay.

Ja, es geht mir jetzt drum, zu schauen, ob Du sozusagen so eine Art Schlussbotschaft oder sowas hast, wenn Du Dich jetzt hineinversetzen würdest in so eine Beratungsfunktion für andere Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*-Beschäftigte oder so. Gibt's da was, was Du dieser Zielgruppe oder Zielgruppen mit auf den Weg geben möchtest? Das Forschungsprojekt hat ja schon, so mach' ich immer die Forschung, schon auch die Zielsetzung hinterher, mit dem Leben wieder etwas zu tun zu haben [lacht]. Von daher wär' so die Frage: Gibt's da was, was Du anderen mitgeben wollen würdest, so als Botschaft?

Ja, würde mir da so spontan was einfallen. Die Kollegen in den USA haben gerade ein sehr schönes Video dazu gemacht. Was sie da unters Volk bringen: "It get's better – es wird besser!" Und das ist eigentlich, wie ich finde, so die Überschrift oder die grundlegende Botschaft: "Halte durch, mach dein Ding, geh' den Weg weiter! Es klären sich manche Dinge, du wirst stärker, es werden dir andere Leute helfen. Die Probleme, die vielleicht so ganz unüberwindbar sind, egal in welcher Situation man sich befindet, relativieren sich mit der Zeit. Also ich würde immer Mut machen und sagen: Geh' deinen Weg, du schaffst das! Man kann sich ja auch Hilfe holen oder Leute, die einen dabei unterstützen. Das würde ich grundsätzlich sagen, egal, um welches Thema es geht.

Dank und Abschlussbemerkung:

Prima, eine sehr aufbauende Botschaft, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!

(Hinweis auf Ergebnisse des qualitativen Teilprojekts)

Anhang 4: Subjektive Theorien der Untersuchungspartner_innen

Hier werden die subjektiven Theorien der Untersuchungspartner_innen, die in Auszügen bereits in den Abbildungen im Artikel dargestellt wurden, als Ganzes zur genaueren Kenntnisnahme angeboten.



1. Uptin, L. Offen: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



2. Uptn, S. offen: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



3. Uptin, L. weniger offen: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



4. Upt, S. weniger offen: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



5. Uptin, B. Expertin: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



6. Uptin, T*. Expertin: Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.

Anmerkungen

1) Von einer gelungenen Gegenstands-Methodik-Interaktion wird gesprochen, wenn die verwendete Forschungsmethode stimmig zum Forschungsgegenstand ausgewählt wurde und auf diese Weise für den Gegenstand relevante Erkenntnisse generiert werden konnten. <zurück>

2) Die queer-feministischen Theorien setzen sich kritisch-dekonstruktivistisch mit den Verschränkungen von biologischem und sozialem Geschlecht, sexueller Identität, Normierung und Macht auseinander; prägende Theoretiker_innen waren Michel FOUCAULT und Judith BUTLER. <zurück>

3) Hier geht es um freie personale Ressourcen, also sich beispielsweise keine Gedanken darüber machen zu müssen, welche Informationen kommunikabel sind, keine Selbstzensur zu betreiben, frei aus dem persönlichen sozialen Leben berichten zu können etc. <zurück>

4) Fragestellungen also, die sich mit Unterschieden (Differenzen) und Gemeinsamkeiten bei den LSBT*-Untersuchungspartnern_innen auseinandersetzen. <zurück>

5) Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit oder innere Stärke einer Person; weiter gefasst geht es um die Fähigkeit, aus schwierigen Lebenssituationen oder Krisen im Lebensverlauf gestärkt und mit neuen Kompetenzen ausgestattet hervorzugehen. <zurück>

6) Der Begriff positive marginality setzt in ähnlicher Weise wie das Konzept der Resilienz den Fokus darauf, welche positiven Effekte für Menschen dadurch entstehen (können), dass sie in einer oder mehreren Dimension(en) ihres Lebens den Status einer Minderheit haben und welche Kompetenzen durch diese Minoritätserfahrung aufgebaut werden (können). <zurück>

7) Siehe Anhang 4: Bei der Abbildung subjektiver Theorien wird zwischen den Konzeptkarten, welche die Kognitionen der Uptn abbilden und den Formalrelationen (vgl. Anhang 2), welche die Konzeptkarten verbinden, unterschieden. <zurück>

8) Beim Alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiel handelt es sich um eine spezielle Variante der Struktur-Lege-Technik (SLT), welche besonders gut geeignet ist, die subjektiven Theorien der Untersuchungspartner_innen in einer Sprache abzubilden, die ihnen vertraut ist; da dieser Ansatz sehr partizipativ ist, habe ich mich für diese SLT-Variante entschieden. <zurück>

9) Siehe Anhang 2 und Fußnote 7. <zurück>

10) Die Erhebung individueller subjektiver Theorien bildet – ganz im Sinne idiografischer Forschung – die Perspektive eines Einzelfalls ab, also die Kognitionen der Selbst- und Weltsicht eines_r Untersuchungspartners_in. Neben diesem idiografischen Fokus ist im Forschungsprogramm Subjektive Theorien auch nomothetikorientierte Forschung möglich, also eine Erhebung mit dem Fokus auf allgemeingültige(re) Gesetzmäßigkeiten. Dafür wäre eine Zusammenfassung individueller subjektiver Theorien per Inhaltsanalyse in eine sogenannte Modalstruktur notwendig (siehe FROHN 2005). In dieser Modalstruktur werden die Inhalte der subjektiven Theorien abgebildet, die sich über ein inhaltsanalytisches Kategoriensystem beim Großteil der Untersuchungspartner_innen nachweisen lassen. <zurück>

11) Auch unter dem Begriff over-identification diskutiert, bezeichnet dies die Befürchtung, dass durch eine zu große Nähe zum Forschungsgegenstand die Objektivität der Forschung gefährdet sei; siehe dazu auch GIRTLER (2001), der diese Problematik insbesondere in Bezug auf teilnehmende Beobachtung kritisch hinterfragt. <zurück>

12) Da die Originalformate für die im Artikel verwendeten Abbildungen tlw. nicht mehr vorlagen, bitte ich zum einen die manchmal etwas schlechtere Qualität zu entschuldigen, zum anderen konnten diese Abbildungen nicht an die FQS-Formatregeln angepasst werden. <zurück>

13) Lesehinweis: Grundsätzlich werden die Abbildungen subjektiver Theorien so gelesen, wie in unserer Kultur üblich, d.h. von links nach rechts und von oben nach unten. Im Fall der Abb. 1 also wie folgt: Der Wunsch nach mehr Sichtbarkeit und der Wunsch, Vorbildfunktion zu haben, steht in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang mit dem eigenen Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz, und zwar hier in der Form, dass ein größerer Wunsch nach Sichtbarkeit und ein größerer Wunsch nach Vorbildfunktion auch den eigenen offenen und selbstverständlichen Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz beeinflusst (für die Definition des eigenen Umgangs, also offen und selbstverständlich, siehe Anhang 4, Abb. 1). Der Wunsch nach Sichtbarkeit wurde von der Uptin mit zwei Beispielen weiter ausgeführt: 1. andere, auch Heterosexuelle, sollen "mitkriegen, 'es ist etwas Normales'"; 2. hat sie – wie es bei Hochzeiten üblich ist – die Kollegen_innen bei ihrer "Verpartnerung" (also dem Eingehen der eingetragenen Lebenspartnerschaft) auch zum Frühstück eingeladen. Beide Konzeptkarten sind für die Uptin Beispiele, die den Wunsch nach Sichtbarkeit untermauern. Die Frühstückseinladung führte (Ursache-Wirkungs-Relation) dazu, dass die Kollegen_innen Geld sammelten, eine Karte kauften und der Uptin beim Frühstück gratulierten. Diese Stelle eignet sich gut, um zu erläutern, dass die Lage der Konzeptkarten und die Verbindung der Relationskarten insbesondere bei Aufzählungen und sich daran anschließenden Karten von Bedeutung ist: Während oben, beim Wunsch nach Sichtbarkeit und dem Wunsch, Vorbildfunktion zu haben, sich die je mehr, desto mehr-Relation an die Reihung angliedert, ist die Konzeptkarte unten ("Sammeln, Karte und Gratulation durch Koll.") nicht an die Aufzählungsreihe nach unten angelegt, sondern nur an die Karte der Frühstückseinladung. Der so erzeugte Unterschied in der Lage bildet auch einen inhaltlichen Unterschied ab: Oben stehen beide Karten der Aufzählung in Ursache-Wirkungs-Beziehung mit dem Umgang mit der sexuellen Identität am Arbeitsplatz, unten ist die positive Reaktion der Kollegen_innen ausschließlich ein Ergebnis der Frühstückseinladung und nicht der Konzeptkarte darüber ("dass andere, auch Heterosexuelle mitkriegen, 'es ist etwas Normales'"). Für ein tieferes Verständnis sei auf die entsprechende Literatur verwiesen sowie auf den Struktur-Lege-Leitfaden (Anhang 2), in dem die einzelnen Formalrelationen expliziert sind. <zurück>

14) Die akquisitive Selbstdarstellung ist geprägt von der Hoffnung auf Erfolg, es geht also um das Erreichen eines positiv bewerteten Zieles (Annäherungsziel), während protektive Selbstdarstellung vom Motiv Vermeidung von Misserfolg geprägt ist, es also um die Vermeidung eines negativen Zustands (Vermeidungsziel) geht. <zurück>

15) Die Interviews wurden teilweise begleitet durch Praktikanten_innen, sodass im Interviewleitfaden der Plural verwendet wurde; generell wurde das "wir" jedoch auch genutzt, um die an Partizipation interessierte Forscher_innen-Haltung zum Ausdruck zu bringen. <zurück>

16) Im Folgenden kursiv = Uptin, nicht kursiv = Forscher. <zurück>

17) CSD = Christopher Street Day; Fest-, Gedenk- bzw. Demonstrationstag von LSBT*-Personen für die Rechte bzw. gegen Diskriminierung dieser Personengruppe(n). <zurück>

18) BVs = Betriebsvereinbarungen <zurück>

19) Ford Globe, ein schwul-lesbisch-bisexuelles Netzwerk in der Ford-Organisation. <zurück>

20) Mit dem Begriff Pseudo-Hete umschreibt die Uptin eine bisexuelle, lesbische oder schwule Person, die vorgibt, heterosexuell zu sein. <zurück>

21) Die Lindenstraße ist eine Fernsehserie des Westdeutschen Rundfunks und gilt als die erste deutsche Seifenoper. <zurück>

22) Georg ÜCKER ist ein Schauspieler der Lindenstraße; er stellte den Charakter des Dr. Carsten Flöter dar. In der Rolle als Carsten Flöter war Georg ÜCKER 1987 bei dem ersten Kuss zwischen zwei Männern in einer Vorabendserie des deutschen Fernsehens beteiligt. <zurück>

Literatur

Bergmeister, Michael (1997). Homophobie in der Arbeitswelt und mögliche organisationale Ansätze zu deren Überwindung. Diplomarbeit Handelswissenschaften, Wirtschaftsuniversität Wien.

Bergold, Jarg & Thomas, Stefan (2012). Partizipative Forschungsmethoden: Ein methodischer Ansatz in Bewegung. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 13(1), Art. 30, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1201302 [Zugriff: 30.4.2013].

Bortz, Jürgen & Döring, Nicola (2002). Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaften. Berlin: Springer.

Coleman, Eli (1981). Developmental stages of the coming out process. Journal of Homosexuality, 7, 31-43.

Fiedler, Peter (2004). Sexuelle Orientierung und sexuelle Abweichung. Heterosexualität – Homosexualität – Transgenderismus und Paraphilien – sexueller Missbrauch – sexuelle Gewalt. Weinheim: Beltz.

Franzen, Jannik & Sauer, Arn (2010). Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben. Berlin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes, http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/benachteiligung_von_trans_personen_insbesondere_im_arbeitsleben.pdf?__blob=publicationFile [Zugriff: 22.5.2013].

Frohn, Dominic (2005). Subjektive Theorien von Lesben und Schwulen zum Coming Out – Eine explorative Studie. Kölner psychologische Studien. Beiträge zu einer natur-, kultur-, sozialwissenschaftlichen Psychologie, X(1), S.19-63, http://www.dominicfrohn.de/downloads/KPS_DF-3.pdf [Zugriff: 2.8.2012].

Frohn, Dominic (2007). "Out im Office?!" Sexuelle Identität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz. Köln: Schwules Netzwerk, http://www.dominicfrohn.de/downloads/Out-im-Office_SNW_2007.pdf [Zugriff: 2.8.2012].

Frohn, Dominic (2012). "LGBT*-Experten_innen-Pool". Ergebnisbericht, Workshop zum Benefit von LGBT*-Netzwerken und besonderen Potenzialen von LGBT*-Mitarbeitern_innen, 8. Juni 2012, Köln, http://www.dominicfrohn.de/downloads/Ergebnisbericht-inkl.-Summary-LGBT-Experten_innen-Pool-MILK-2012-120713_DF.pdf [Zugriff: 2.8.2012].

Frohn, Dominic (2013/im Druck). Homosexualität in Arbeit und Wirtschaft. In Florian Mildenberger, Jennifer Evans, Rüdiger Lautmann & Jakob Pastötter (Hrsg.), Homosexualität im Spiegel der Wissenschaften. Hamburg: Männerschwarm.

Girtler, Roland (2001). Methoden der Feldforschung. Wien: Böhlau.

Groeben, Norbert (1988). Fragen, Einwände, Antworten. In Norbert Groeben, Diethelm Wahl, Jörg Schlee & Brigitte Scheele (Hrsg.), Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjekts (S.206-253). Tübingen: Francke.

Groeben, Norbert & Erb, Egon (1997). Menschenbilder. In Jürgen Straub, Wilhelm Kempf & Hans Werbik (Hrsg.), Psychologie. Eine Einführung – Grundlagen, Methoden, Perspektiven (S.17-41). München: dtv.

Groeben, Norbert & Scheele, Brigitte (2000). Dialog-Konsens-Methodik im Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(2), Art. 10, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0002105 [Zugriff: 9.8.2012].

Groeben, Norbert; Wahl, Diethelm; Schlee, Jörg & Scheele, Brigitte (1988). Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Francke.

Hermann, Steffen K. (2003). Performing the Gap – Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung. arranca!, 28, 22-26.

Junge, Torsten (2001). Rezension zu: Jörg Maas (1999). Identität und Stigma-Management von homosexuellen Führungsgruppen. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 2(2), Art. 28, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0102287 [Zugriff: 8.8.2012].

Knoll, Christopher; Edinger, Manfred & Reisbeck, Günter (1997). Grenzgänge. Schwule und Lesben in der Arbeitswelt. München: Profil.

Köbele, Alexandra (2011). Ein Junge namens Sue. Transsexuelle erfinden ihr Leben. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Köllen, Thomas (2012). Der Stand der Personalforschung zur sexuellen Orientierung. Zeitschrift für Personalforschung, 26(2), 113-166, http://epub.wu.ac.at/3537/1/ZfP_2_12_Koellen.pdf [Zugriff: 9.8.2012].

Laux, Lothar & Renner, Karl-Heinz (2002). Self-Monitoring und Authentizität: Die verkannten Selbstdarsteller. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 23(2), 129-148.

Losert, Annett (2004). Lesbische Frauen im Angestelltenverhältnis und ihr Umgang mit dieser Lebensform am Arbeitsplatz. Magisterarbeit, Institut für Soziologie, Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg.

Maas, Jörg (1996). Männliche Homosexualität in Organisationen. Argumente für eine überfällige Auseinandersetzung mit einem tabuisierten Thema. Zeitschrift für Personalforschung, 96(2), 107-134.

Maas, Jörg (1999). Identität und Stigma-Management von homosexuellen Führungskräften. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.

Obliers, Rainer (1992). Die programmimmanente Güte der Dialog-Konsens-Methodik: Approximation an die optimale Sprechsituation. In Brigitte Scheele (Hrsg.), Struktur-Lege-Verfahren als Dialog-Konsens-Methodik. Ein Zwischenfazit zur Forschungsentwicklung bei der rekonstruktiven Erhebung Subjektiver Theorien (S.198-230). Münster: Aschendorff.

Rosenstiel, Lutz von; Molt, Walter & Rüttinger, Bruno (2005). Organisationspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer.

Rustemeyer, Ruth (1992). Praktisch-methodische Schritte der Inhaltsanalyse. Münster: Aschendorff.

Scheele, Brigitte (1988). Methodenwechsel: am Forschungsprozeß dargestellt. In Norbert Groeben, Diethelm Wahl, Jörg Schlee & Brigitte Scheele (Hrsg.), Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien (S.126-179). Tübingen: Francke.

Scheele, Brigitte (Hrsg.) (1992). Struktur-Lege-Verfahren als Dialog-Konsens-Methodik. Ein Zwischenfazit zur Forschungsentwicklung bei der rekonstruktiven Erhebung Subjektiver Theorien. Münster: Aschendorff.

Scheele, Brigitte & Groeben, Norbert (1988). Dialog-Konsens-Methoden zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien. Tübingen: Francke.

Scheele, Brigitte & Groeben, Norbert (1997). Das Genus-Sexus-Problem: Theorie-Entwicklung, empirische Überprüfungsergebnisse, Forschungsdesiderata. Kölner psychologische Studien. Beiträge zu einer natur-, kultur-, sozialwissenschaftlichen Psychologie, II(1), 1-34.

Scheele, Brigitte & Rothmund, Jutta (2001). Sprache als Sozialität: Linguistische Relativität und das Genus-Sexus-Problem. In Norbert Groeben (Hrsg.), Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie, Band II Objekttheoretische Perspektiven, 1. Halbband Sozialität, Geschlechtlichkeit, Erlebnisqualitäten, Kognitive Konstruktivität (S.77-129). Münster: Aschendorff.

Scheele, Brigitte; Groeben, Norbert & Christmann, Ursula (1992). Ein alltagssprachliches Struktur-Lege-Spiel als Flexibilisierungsversion der Dialog-Konsens-Methodik. In Brigitte Scheele (Hrsg.), Struktur-Lege-Verfahren als Dialog-Konsens-Methodik. Ein Zwischenfazit zur Forschungsentwicklung bei der rekonstruktiven Erhebung Subjektiver Theorien (S.152-195). Münster: Aschendorff.

Seligman, Martin E.P. (1991). Learned optimism. New York: Knopf.

Short, Dan & Weinspach, Claudia (2007). Hoffnung und Resilienz: Therapeutische Strategien von Milton H. Erickson. Heidelberg: Carl Auer.

Steffens, Melanie C. (1999). "Wie homophob sind Sie auf einer Skala von 1-7?" Die Erfassung der Einstellung zu Lesben und Schwulen. In Dt. AIDS-Hilfe (Hrsg.), Lesben und Schwule in der Arbeitswelt (S.102-132). Berlin: Dt. AIDS-Hilfe.

Stössel, Angelika & Scheele, Brigitte (1992). Interindividuelle Integration Subjektiver Theorien zu Modalstrukturen. In Brigitte Scheele (Hrsg.), Struktur-Lege-Verfahren als Dialog-Konsens-Methodik. Ein Zwischenfazit zur Forschungsentwicklung bei der rekonstruktiven Erhebung Subjektiver Theorien (S.333-385). Münster: Aschendorff.

Tuider, Elisabeth & Tietz, Lüder (2003). Queer Theory verständlich – Kritik der Identitätspolitik. In Melanie Caroline Steffens & Michaela Ise (Hrsg.), Jahrbuch Lesben – Schwule – Psychologie (S.155-168). Lengerich: Papst.

Unger, Rhoda K. (2000). Outsiders inside: Positive marginality and social change. Journal of Social Issues, 56(1), 163-179.

Walter, Tilmann (2004). Das frühe homosexuelle Selbst zwischen Autobiographie und medizinischem Kommentar. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(1), Art. 10, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0501107 [Zugriff: 7.8.2012]

Watzlawik, Meike (2003). Jugendliche erleben sexuelle Orientierungen. Eine Internetbefragung zur sexuellen Identitätsentwicklung bei amerikanischen und deutschen Jugendlichen im Alter von 12 bis 16 Jahren. Dissertation, TU Braunschweig, Institut für Psychologie, http://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/MCRFileNodeServlet/DocPortal_derivate_00001407/Document.pdf [Zugriff: 22.5.2013].

Weinert, Ansfried B. (2004). Organisations- und Personalpsychologie. Weinheim: Beltz.

Wellensiek, Sylvia K. (2011). Handbuch Resilienz-Training. Widerstandskraft und Flexibilität für Unternehmen und Mitarbeiter. Weinheim: Beltz.

Winfield, Liz & Spielman, Susan (1995). Straight talk about gays in the workplace. New York: amacom.

Wrenn, Sabrina (1988). Labor relations: Gay rights and workplace discrimination. Personnel Journal, 10, 91-101.

Zum Autor

Der Diplom-Psychologe Dominic FROHN gilt als ausgewiesener Experte zum Thema LSBT*-Diversity. Seine diesbezügliche Expertise nutzt er sowohl für Forschungstätigkeiten, die auf seiner wissenschaftlichen Sozialisation in qualitativen und quantitativen Methoden an der Universität zu Köln bei Norbert GROEBEN und Brigitte SCHEELE basieren, als auch für seine selbstständige Tätigkeit als Berater, Coach, Mediator und Trainer in der Wirtschaft und in Organisationen der öffentlichen Verwaltung bzw. generell in Non-Profit-Organisationen. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule Fresenius in Köln hält er die Vorlesung Differenzielle Psychologie für Studierende der Wirtschaftspsychologie und widmet sich in dem Zusammenhang insbesondere auch den Themen Diversity- und Health-Management.

Kontakt:

Dominic Frohn

Hansaring 18
D-50670 Köln

Tel.: +49 / (0)221 340 11 33
bzw. +49 / (0)178 856 40 28
Fax: +49 / (0)221 340 0704

E-Mail: schreiben@dominicfrohn.de
URL: http://www.dominicfrohn.de/

Zitation

Frohn, Dominic (2013). Subjektive Theorien von lesbischen, schwulen und bisexuellen bzw. transidenten Beschäftigten zum Umgang mit ihrer sexuellen bzw. ihrer Geschlechtsidentität im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit – eine explorative qualitative Studie [106 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 14(3), Art. 6,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs130368.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

Creative Common License

Creative Commons Attribution 4.0 International License