Volume 16, No. 1, Art. 16 – Januar 2015

Rezension:

Nicole Burzan

Udo Kuckartz (2014). Mixed Methods. Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Wiesbaden: Springer VS; 174 Seiten; ISBN 978-3-531-17628-4; 17,99 EUR.

Zusammenfassung: Mit dieser Einführung in "Mixed Methods" hat Udo KUCKARTZ ein deutschsprachiges Lehrbuch vorgelegt, das an angloamerikanische Diskurse der Methodenverknüpfung anschließt, die insbesondere forschungspraktisch ausgerichtet sind. Das Buch informiert über die Entwicklung von Mixed Methods, wichtige Begriffe und konzeptionelle Anbindungen bzw. Abgrenzungen, Forschungsdesigns und Überlegungen zur (softwaregestützten) Datenanalyse. Was diesem Überblick allerdings fehlt, ist ein Blick auf mögliche Grenzen und typische Probleme sowie Problemlösungsstrategien im Zuge von Methodenintegrationen.

Keywords: Mixed Methods; Methodenverknüpfung; Methodenintegration; Triangulation; Forschungsdesigns; Methodologie; Analysesoftware

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zu Grundlagen und Forschungsdesigns von Mixed Methods

3. Mixed-Methods-Datenanalysen

4. Fazit

Literatur

Zur Autorin

Zitation

 

1. Einleitung

Die Gräben zwischen Verfechterinnen und Verfechtern bzw. Anwenderinnen und Anwendern von quantitativen und qualitativen Methoden sind im deutschsprachigen Raum traditionell deutlich gezogen. Hinweise dafür sind beispielsweise getrennte Sektionen in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie sowie separate Lehrbücher oder Fachtagungen. Die meisten empirisch Arbeitenden in den Sozialwissenschaften sind in einem Methodenstrang gut ausgebildet und kennen sich mit dem anderen weniger gut aus bzw. wollen sich teilweise auch gar nicht unbedingt näher mit Methoden auseinandersetzen, wenn deren Verallgemeinerungsprinzip beispielsweise nicht in Repräsentativität besteht oder der subjektive Sinn in einem komplexeren Zusammenhang keinen Schwerpunkt der Fragestellung darstellt. [1]

Diese Gräben sind allerdings nicht unüberbrückbar. Nicht nur lässt sich auf klassische Untersuchungen (z.B. die Marienthal-Studie, vgl. JAHODA, LARZARSFELD & ZEISEL1975 [1933]) verweisen, die mit vielfältigen Methoden gearbeitet haben, sondern auch in den Folgejahrzehnten kamen und kommen Methodenverknüpfungen in der Forschungspraxis immer wieder vor. Ansätze, die sich – Methoden und Methodologie reflektierend – Methodenverknüpfungen zuwenden, können ebenfalls auf Vorläufer zurückgreifen, sei es nun unter dem Stichwort Mixed Methods oder unter dem z.B. der Triangulation. [2]

Heutzutage besteht in der deutschsprachigen Soziologie einerseits ein Nebeneinander von getrennten Forschungssträngen, die sich gegenseitig kaum zur Kenntnis nehmen, und andererseits dem leicht von den Lippen gehenden Bekenntnis, dass sich die Methode nach der Fragestellung richten müsse, was im speziellen Fall ganz sicher auch Verknüpfungen quantitativer und qualitativer bzw. interpretativer Methoden einschließe. Neben anderen Bestrebungen, solche Verknüpfungen zu reflektieren und zu fördern (vgl. z.B. BURZAN 2010 zu methodologischen Aspekten der Integration; FLICK 2011 zur Triangulation; KELLE 2008 sowie das Lehrbuch von SEIPEL & RIEKER 2003 zu integrativer Sozialforschung), repräsentiert der Mixed-Methods-Ansatz die im angloamerikanischen Diskurs erhobene Forderung nach dezidiert forschungspraktisch ausgerichteten Kombinationen. Dieser Ansatz wird nun zunehmend auch in Deutschland rezipiert. Außer empirischen Untersuchungen, die in Anlehnung an Mixed Methods arbeiten, zeugen weitere Veröffentlichungen von diesem Interesse – Veröffentlichungen zu Mixed Methods etwa in der Bildungsforschung (GLÄSER-ZIKUDA, SEIDEL, ROHLFS, GRÖSCHNER & ZIEGELBAUER 2012), in der Evaluationsforschung (KUCKARTZ & BUSCH 2012) und generell als Forschungsmethodik in den Sozialwissenschaften (HUSSY, SCHREIER & ECHTERHOFF 2013, Kap. 9/10; KELLE 2014). [3]

Mit seiner Monografie legt Udo KUCKARTZ nun ein deutschsprachiges Lehrbuch zu Mixed Methods vor, mit dem er in die Grundzüge dieses Ansatzes einzuführen und zugleich – mit normativem Anspruch – eine im deutschsprachigen Raum häufiger zu beobachtende Distanz zu Mixed-Methods-Ansätzen zu verkleinern beabsichtigt (S.9): Nach einem Vorwort und einer von John CRESWELL, einem bekannten Protagonisten von Mixed-Methods-Ansätzen (vgl. CRESWELL & PLANO-CLARK 2011) verfassten Einleitung zur Entwicklung dieser Forschungsrichtung werden Grundbegriffe, Forschungsdesigns und Überlegungen zur Datenanalyse vorgestellt. Um hier sogleich den Kern meiner Einschätzung vorwegzunehmen: Das Buch führt in Grundlagen von Mixed Methods ein und ist in diesem Sinne informativ für die genannten Zielgruppen (Studierende und empirisch Forschende), aber ich vermisse durchgängig ein Problembewusstsein dazu, welche typischen methodischen Herausforderungen – jenseits methodologischer Grundsatzdiskussionen – verschiedene Verknüpfungsdesigns mit sich bringen und welche Lösungsstrategien es dafür geben könnte. Diese Nicht-Thematisierung des Risikos, nicht die Stärken, sondern die Schwächen verschiedener Methoden zu kombinieren, halte ich mithin für eine entscheidende Begrenzung dieser Einführung. [4]

2. Zu Grundlagen und Forschungsdesigns von Mixed Methods

Im Vorwort konstatiert Udo KUCKARTZ insbesondere die zunehmende Relevanz von Methodenkombinationen und -integrationen als eine der sowohl international als auch interdisziplinär auffälligsten methodischen Entwicklungen im letzten Jahrzehnt. Der deutschsprachigen Diskussion attestiert er, dass "das Thema Mixed-Methods hierzulande allerdings noch nicht so recht angekommen" sei (S.8). Dieses vermeintliche Defizit gelte es zu beheben, zunächst einmal dadurch, dass dieser "sehr konkrete, praktisch ausgerichtete Forschungsansatz, verbunden mit ganz eigenen Strategien des Designs, der Datenerhebung und der Datenanalyse" (S.11) den Leserinnen und Lesern näher gebracht werde. [5]

John CRESWELL liefert im einleitenden Kapitel entsprechend einen Überblick über die Entwicklung von Mixed Methods im englischsprachigen Raum: Nachdem in den zurückliegenden fünfzig Jahren zunächst quantitative Methoden dominiert hätten, seien ab den 1970er Jahren zunehmend qualitativ ausgerichtete Forschungen hinzugekommen und ab Mitte der 1980er Jahre auch Mixed Methods, die heutzutage in vielfältiger Weise als etabliert anzusehen seien, unter anderem mittels Publikationen (mit einer Schlüsselrolle des Handbuchs von TASHAKKORI & TEDDLIE 2003), einer eigenen Zeitschrift, Konferenzen und Institutionen. Innerhalb der Mixed-Methods-Entwicklung unterscheidet CRESWELL fünf Phasen, von einer formativen Periode (bereits ab den 1960er Jahren) über eine verstärkte Paradigmen-Debatte und die Entwicklung von Verfahren bis hin zu den (aktuellen) Phasen der Reflexion und Expansion. Diese quasi als Siegeszug beschriebene Entwicklung begründet sich ihm zufolge unter anderem dadurch, dass "die Komplexität unserer Forschungsprobleme nach Antworten [verlangt], die mehr als nur Zahlen im quantitativen und Worte im qualitativen Sinne beinhalten" (S.17) und dass Mixed Methods eben dem entsprechenden "Ruf nach einem größeren Grad von Differenziertheit und nach Verfeinerung von Evidenz" folgten (S.18). Dass mehrere methodische Perspektiven oft hilfreich sein können, ist im Allgemeinen plausibel, doch zeigt sich (im Zitat und an anderen Stellen) nicht nur ein überaus enges Verständnis dessen, was quantitative und qualitative Methoden und Logik jeweils kennzeichnet, sondern auch eine ohne weitere Begründungen keineswegs nachvollziehbare "automatische" Verknüpfung von komplexen Fragen und multimethodischen Werkzeugen. [6]

Udo KUCKARTZ knüpft nun an die Entwicklung der Methodenstränge an und thematisiert zentrale Begriffe und konzeptionelle Abgrenzungen. Mixed Methods kombinieren auf jeden Fall quantitative und qualitative Verfahren und damit auch zweierlei Arten von Daten. Integriert werden können Verfahren und Daten an verschiedenen Stellen im Forschungsprozess (S.33). Im Vordergrund soll stets das Kriterium der forschungspraktischen Nützlichkeit stehen ("whatever works", S.36). Demgegenüber sei die Frage nach einer methodologischen oder paradigmatischen Anbindung sekundär. KUCKARTZ insistiert folglich auch nicht so offensiv wie andere Autorinnen und Autoren darauf, der Mixed-Methods-Ansatz sei ein "drittes Paradigma". Er weist lediglich darauf hin, die Philosophie des Pragmatismus und Mixed-Methods-Forschung passten gut zueinander. Nun wäre ein Einführungsbuch sicherlich überfrachtet, wollte man die jeweilige erkenntnistheoretische Einbettung sowohl qualitativer/interpretativer als auch quantitativer Methoden ausführlich darstellen. Sich der Frage nach den Folgen solcher Einbettungen für das konkrete Forschen und somit auch nach den Folgen einer Verknüpfung unterschiedlicher Methodologien allein mit dem Hinweis auf die Paradigmenfreiheit zu entziehen, erscheint mir der Problemstellung allerdings doch auch nicht angemessen. [7]

Offensichtlich wichtiger ist KUCKARTZ die Abgrenzung von Mixed Methods zu dem, was unter dem Begriff Triangulation gefasst ist. Er will verdeutlichen, dass sich beide Konzepte klar voneinander unterscheiden, und setzt Triangulation deshalb immer wieder mit einem Validierungsanspruch gleich. Norman DENZIN (1978 [1970]), der das Konzept schon ab den 1970er Jahren bekannt gemacht hat, hat sich von dieser engen Auslegung später distanziert – was KUCKARTZ selbst auch erwähnt (S.46). Und auch Uwe FLICK (2011, S.12) spricht von einem Erkenntniszuwachs durch unterschiedliche Perspektiven. Generell gesprochen habe ich den Eindruck, dass die aus verschiedenen Diskurskontexten stammenden Verfechter und Verfechterinnen beider Ansätze eben jeweils den ihren als den besseren (z.B. forschungspraktischeren oder reflektierteren) oder zumindest als den übergeordneten positionieren wollen, dass die forschungspraktischen Effekte dann aber zumeist doch mehr Gemeinsamkeiten haben, als man einzugestehen geneigt ist. [8]

Mit dem zuvor bereits angesprochenen Argument, dass man durch die Anwendung von Mixed Methods komplexe Probleme besser verstehen könne als durch (wiederum verkürzt angedeutete) monomethodische Zugänge, endet das Kapitel in einer knappen Auflistung von Zielsetzungen der Mixed-Methods-Forschung (z.B. statistische Zusammenhänge plastischer machen oder qualitative Ergebnisse generalisieren), leider allerdings ohne dass – hier oder später – auch potenzielle Probleme (über Anforderungen an Zeit, Geld und Kompetenzen hinaus) zur Sprache kämen. [9]

Das zweite Kapitel widmet sich ausführlicher konkreten Designs der Mixed-Methods-Forschung. Nach einem Überblick über verschiedene Klassifikationen, unter anderem angelehnt an vier Kriterien nach CRESWELL (2003: Reihenfolge, Priorität, Zeitpunkt der Integration, Rolle der theoretischen Perspektive), beschreibt KUCKARTZ vier Designs genauer: das parallele Design (bei dem die Ergebnisse zweier Teilstudien zusammengeführt werden), das vertiefende sequenzielle Design (bei dem eine qualitative Studie die quantitativen Ergebnisse näher plausibilisiert), das verallgemeinernde sequenzielle Design (bei dem auf qualitative Ergebnisse z.B. eine standardisierte Befragung folgt) und das Transferdesign (bei dem die eine Datensorte in die andere überführt wird). Ergänzt wird die Vorstellung der sequenziellen Designs durch Angaben zur Stichprobenbildung. Komplexere Designs werden ausblickend thematisiert, z.B. solche, in denen die Integration in mehreren Phasen stattfindet. [10]

Die Leserinnen und Leser erhalten hier einen Überblick über wichtige Designformen. Didaktisch ist zudem zu würdigen, dass zu jedem Design ein konkretes Beispiel aus der Forschungspraxis (optisch durch einen Kasten hervorgehoben) genannt wird. Jedoch setzt sich das vorige Unbehagen fort, dass über außerordentlich kurze Andeutungen hinaus (z.B. zum Repräsentativitätsproblem) mögliche Herausforderungen oder Grenzen und auch mögliche Problemlösungen im Kontext von Mixed-Methods-Designs nicht thematisiert werden. Ich nenne dazu zwei Beispiele: 1. Es ist keineswegs unproblematisch, qualitativ erarbeitete Typen für eine standardisierte Befragung zu operationalisieren (Verallgemeinerungsdesign), da z.B. als "problematisch" identifizierte Typen auf soziale Erwünschtheitsaspekte treffen und ambivalente Charakteristika (z.B. Vorsorge betreiben und sich zugleich als sorglose Nicht-Planerinnen bzw. -Planer darstellen) standardisiert oft nicht eindeutig als ambivalent oder als widersprüchlich eingeordnet werden können. 2. Als diskussionsbedürftig erscheint mir die Frage, ob es sich beim Transferdesign überhaupt um einen Methodenmix handelt. Die quantitative Analyse nicht standardisiert erhobener Daten etwa scheint mir keiner qualitativen Forschungslogik zu folgen; und eine qualitative Forschungslogik auf der Basis standardisierter Daten halte ich kaum für praktikabel. [11]

3. Mixed-Methods-Datenanalysen

Die beiden folgenden Kapitel behandeln Mixed-Methods-Datenanalysen. Wer nun allerdings für diesen Ansatz spezifische Strategien der Datenanalyse erwartet hatte, wird – meinen Erwartungen durchaus entsprechend – enttäuscht. Kapitel 3 thematisiert nach knappen Hinweisen zu quantitativen und qualitativen Analyseverfahren (wobei hermeneutische Verfahren ausgespart bleiben) als integrativ deklarierte Formen der Analyse und der Darstellung. Die Ausführungen, zunächst nochmals zur Phase der Integration und dann zu (z.B. tabellarischen) Darstellungsformen, bleiben jedoch recht oberflächlich. In der weiteren Argumentation liegt ein Schwerpunkt auf technisch-formalen Aspekten der softwaregestützten Analyse, zunächst in Bezug auf Basisfunktionen, in Kapitel 4 dann mit stärkerem Bezug auf praktische Durchführungen. [12]

Unter anderem werden verschiedene Formen sogenannter "Joint Displays" etwas genauer vorgestellt, d.h. tabellarische oder grafische Darstellungen, die quantitative und qualitative Daten zugleich ausweisen. Man erhält also durchaus einen Eindruck, wie diese Software prinzipiell funktioniert. Dass die Sortierungen und bestimmte Darstellungen unterstützende Software allerdings integrative Analysen "überhaupt erst ermöglicht" hätten (S.124), halte ich – jedenfalls im Sinne einer Analyse als Deutung von Daten und Befunden – für zumindest überzogen. Auch hier hätte ich als Leserin im Übrigen gerne etwas über Herausforderungen und Grenzen erfahren. Folgende Fragen möchte ich exemplarisch für eine kritische Anknüpfung an die genannten Konkretisierungen anführen: Welche Aussagekraft hat es für die Forschungsfrage, wenn Merkmale eines kleinen qualitativen Samples durch prozentuale Häufigkeiten erfasst werden? Welche deutende Funktion hat eine Zuordnung von Zitaten aus offenen Interviews in einer Matrix nach quantitativer Logik (z.B. sortiert nach Themen und Geschlecht)? Wie lässt sich der Gefahr begegnen, lediglich bestätigend illustrierende Zitate weiterzuverwenden, und wie geht man mit etwaigen Widersprüchen zur quantitativen Analyse um? Woher wissen Forschende, dass sie, trotz ggf. ähnlicher Wortwahl, nicht "Äpfel und Birnen" verglichen haben, d.h. wie stellt man sicher, jeweils das gleiche Phänomen gemessen zu haben? [13]

Dient die Gegenüberstellung verschiedener Datensorten als Heuristik, um Analysen anzuregen und blinde Flecken zu erkennen, so kann eine solche Vorgehensweise weitere Deutungen sinnvoll anleiten. Die Argumentation von KUCKARTZ gibt aber keine ausdrücklichen Hinweise auf eine solche heuristische Funktion, vielmehr scheinen Analysen z.B. mit Joint Displays bereits nahezu beendet zu sein. Der Schritt von der gemeinsamen Darstellung quantitativer und qualitativer Daten hin zu Joint Displays als Mittel der Präsentation in Forschungsberichten (S.137), die ja nicht allein Datendarstellungen, sondern auch und insbesondere empirisch fundierte Interpretationen enthalten sollten, wird jedenfalls nicht genauer expliziert. [14]

Das Buch endet schließlich mit einem Kapitel zur Zukunft von Mixed Methods und mit Empfehlungen für den Praxiseinstieg. Nach nochmaligem Hinweis auf das "riesige" Interesse (S.155) an diesem Ansatz greift KUCKARTZ einige Kritikpunkte auf, um sie sogleich zu entkräften. Einige dieser Kritikpunkte sind allerdings so allgemein, dass sich schwerlich daraus ableiten ließe, was eine bessere oder eine schlechtere Anwendung meinen könnte (z.B., der Ansatz sei nur eine Modeerscheinung, im Wesentlichen nicht neu, wissenschaftstheoretisch nicht eindeutig fundiert oder erfordere einen relativ hohen Zeitaufwand sowie zumeist Teamwork). Andere Kritikpunkte zeigen interessante Aspekte auf (z.B., ob man die gleichen Fragen verglichen habe oder dass man oft eher additiv statt integrierend vorgehe). Diese Aspekte werden jedoch lediglich aufgezählt, nicht aber weiter erörtert. Der Zukunftsausblick richtet sich dementsprechend 1. allgemein auf weitere erkenntnistheoretische Rahmungen, 2. auf einen genaueren Blick auf integrative Analysen, u.a. mit Joint Displays als Denkrahmen, und 3. auf die Methodenausbildung. Einige Praxisempfehlungen, die im Wesentlichen an das bereits Gesagte anschließen, beenden den Band, so etwa mit der Empfehlung, zunächst mit einfachen Designs zu beginnen. [15]

4. Fazit

Wer noch nichts über Mixed Methods weiß, der kann in diesem Buch Informationen zur Entwicklung dieses Forschungsansatzes (und entsprechende englischsprachige Literaturhinweise), zum Begriff, zu Designformen und zur prinzipiellen Unterstützung durch Analysesoftware erhalten. Wer sich eine kritisch hinterfragende Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen von Mixed Methods sowie eine Übersicht zu typischen Herausforderungen und beispielhaft forschungspraktischen Lösungsstrategien versprochen hatte, der wird enttäuscht. Ich sehe nicht, dass jemand, der oder die bislang reflektiert und mit Überzeugung quantitative oder qualitative Methoden angewandt hat, nach Lektüre dieses Buches die Distanz zu Mixed Methods aufgeben wollen sollte. Und ich sehe ebenfalls nicht, dass relative Neulinge im Forschungsbereich Handreichungen bekommen, um absehbare Klippen der Verknüpfung zu umschiffen. [16]

Diese deutlich begrenzte Nützlichkeit liegt vor allem an folgenden Punkten: Die Logik quantitativer und qualitativer Verfahren spielt in der Argumentation eine allenfalls geringe Rolle, nicht ins Konzept Passendes wird konsequent ausgespart (z.B. hermeneutische Ansätze), Analyseaspekte werden in weiten Teilen formal-technisch behandelt, und schließlich fehlt ein Problembewusstsein, das ja keinesfalls destruktiv sein müsste, sondern produktiv gewendet Methodenverknüpfungen überzeugender "verkaufen" könnte. Unter vielem anderen besteht beispielsweise das Risiko, bei einer Quantifizierung von Inhalten aus offenen Interviews weder für eine größere Grundgesamtheit verallgemeinerbare Befunde noch komplexe Fallrekonstruktionen zu erlangen. Die Gefahr, ohne entsprechende Reflexion bei der Verknüpfung statt der Stärken die Schwächen von Methoden zu kombinieren, wird in der Einführung aber nicht einmal thematisiert. [17]

Das Interesse für Methodenverknüpfungen betrachte ich als etwas Positives. Und den von Udo KUCKARTZ mehrfach betonten Punkt, dass Methoden gegenstandsbezogen zu wählen seien, sehe ich ebenfalls als einen überaus produktiven Grundsatz. Unbeschadet dessen bleibt allerdings zu hoffen, dass sich künftig nicht die unreflektierten, sondern die reflektierten Verknüpfungsansätze mit einem deutlichen Blick auf das jeweilige Erkenntnisziel durchsetzen werden. Das Buch von KUCKARTZ hält die Diskussion darüber eher in Gang, als dass es sie vorantreiben würde. [18]

Literatur

Burzan, Nicole (2010). Zur Debatte um die Verknüpfung qualitativer und quantitativer Sozialforschung. In Anne Honer, Michael Meuser & Michaela Pfadenhauer (Hrsg.), Fragile Sozialität. Inszenierungen, Sinnwelten, Existenzbastler (S.93-102). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Creswell, John W. (2003). Research design: Qualitative & quantitative approaches (2. Aufl.). Thousand Oaks, CA: Sage.

Creswell, John W. & Plano Clark, Vicki L. (Hrsg.) (2011). Designing and conducting mixed methods research (2. Aufl.). Thousand Oaks, CA: Sage.

Denzin, Norman K. (1978 [1970]). The research act: A theoretical introduction to sociological methods. New York: McGraw-Hill.

Flick, Uwe (2011). Triangulation. Eine Einführung (3. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Gläser-Zikuda, Michaela; Seidel, Tina; Rohlfs, Carsten; Gröschner, Alexander & Ziegelbauer, Sascha (Hrsg.) (2012). Mixed Methods in der empirischen Bildungsforschung. Münster: Waxmann.

Hussy, Walter; Schreier, Margit & Echterhoff, Gerald (2013). Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften (2. Aufl.). Berlin: Springer.

Jahoda, Marie; Lazarsfeld, Paul Felix & Zeisel, Hans (1975 [1933]). Die Arbeitslosen von Marienthal: Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Kelle, Udo (2008). Die Integration qualitativer und quantitativer Methoden in der empirischen Sozialforschung. Theoretische Grundlagen und methodologische Konzepte (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Kelle, Udo (2014). Mixed Methods. In Nina Baur & Jörg Blasius (Hrsg.), Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (S.153-166). Wiesbaden: Springer VS.

Kuckartz, Udo & Busch, Julia (2012). Mixed Methods in der Evaluation. In Udo Kuckartz & Stefan Rädiker (Hrsg.), Erziehungswissenschaftliche Evaluationspraxis. Beispiele – Konzepte – Methoden (S.14-35). Weinheim: Beltz Juventa.

Seipel, Christian & Rieker, Peter (2003). Integrative Sozialforschung: Konzepte und Methoden der qualitativen und quantitativen empirischen Forschung. Weinheim: Juventa.

Tashakkori, Abbas & Teddlie, Charles (Hrsg.) (2010). SAGE handbook of mixed methods in social & behavioral research (2. Aufl.). Thousand Oaks, CA: Sage.

Zur Autorin

Nicole BURZAN ist Professorin für Soziologie an der TU Dortmund. Forschungsinteressen: Soziale Ungleichheit, qualitative/quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung und Methodenverknüpfungen (angewandt derzeit z.B. in einem DFG-geförderten Projekt zur "Dramaturgie des Museums"), Zeitsoziologie.

Kontakt:

Prof. Dr. Nicole Burzan

TU Dortmund, Fakultät 12, Institut für Soziologie
Emil-Figge-Str. 50
D-44221 Dortmund

E-Mail: nicole.burzan@tu-dortmund.de
URL: http://lehrgebiet-soziologie.fk12.tu-dortmund.de

Zitation

Burzan, Nicole (2015). Rezension: Udo Kuckartz (2014). Mixed Methods. Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren [18 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16(1), Art. 16,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1501160.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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