Volume 17, No. 1, Art. 14 – Januar 2016



Soziologische Wissenskulturen zwischen individualisierter Inspiration und prozeduraler Legitimation. Zur Entwicklung qualitativer und interpretativer Sozialforschung in der deutschen und französischen Soziologie seit den 1960er Jahren

Reiner Keller & Angelika Poferl

Zusammenfassung: Wie wissen Soziologinnen und Soziologen, was sie wissen? Trotz der Internationalisierung der Soziologie bestehen nach wie vor starke sprachräumliche Unterschiede in der soziologischen Wissensproduktion, in eingesetzten Theorien, Methoden und Fragestellungen. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Entwicklung und Ausprägung der Unterschiedlichkeit soziologischer Wissenskulturen im Hinblick auf den Einsatz qualitativer bzw. interpretativer Ansätze seit den 1960er Jahren in Deutschland und Frankreich. Er stützt sich auf ein von uns 2012-2014 geleitetes Forschungsprojekt und dessen empirische Grundlagen: Dokumentenanalysen und Interviews. Wissenskulturen werden als die Arten und Weisen der Produktion und Legitimation von (hier: soziologischem) Wissen verstanden. Diesbezüglich lässt sich von der Erkenntnisproduktion als dem zentralen Handlungsproblem soziologischen Forschens sprechen. Während für die französischsprachige Soziologie diagnostisch von einer Lösung dieses Erkenntnisproblems durch die den Forschenden zugeschriebenen Kompetenzen und Inspirationen ausgegangen werden kann, schiebt sich im deutschsprachigen Raume eine prozedurale Legitimation durch Verfahren in den Vordergrund. Der Beitrag rekonstruiert exemplarisch die Ausgangssituation dieser Entwicklungen um die Wende zu den 1960er Jahren und bettet sie in die weitere Entfaltung der jeweiligen Soziologien ein. Er will damit zur gegenwärtigen Entwicklung einer reflexiven Soziologie beitragen.

Keywords: Wissenskultur; Soziologie; qualitative Methoden; interpretative Methoden; Deutschland; Frankreich; Ländervergleich; Forschung; Reflexivität

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Methodische Umsetzung

3. Soziologische Wissenskulturen

4. Wissenskulturen zwischen nationaler Einbettung und Internationalisierung

5. Soziologische Wissenskulturen qualitativen Forschens in Deutschland und Frankreich

5.1 Einführende Bemerkungen zum Begriff des "Qualitativen" und zum Vergleich

5.2 Legitimation durch Verfahren: Die Entwicklung qualitativer und interpretativer Sozialforschung in der Bundesrepublik Deutschland

5.3 "In Form sein für das Feld": Individualisierte Inspiration und qualitative Forschung in Frankreich

6. Resümierende Überlegungen

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor und zur Autorin

Zitation

 

1. Einleitung

Seit einiger Zeit lässt sich in der deutschsprachigen Soziologie eine zunehmende Beschäftigung mit ihrer eigenen Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg beobachten. Eine solche Entwicklung hat ihre Parallelen in anderen Länderkontexten. Sie speist sich nicht nur aus dem Bemühen um Selbstvergewisserung der Traditionen, der überall sichtbaren Neigung zur Archivierung der Fachgeschichte oder dem zufälligen Bedürfnis nach einem besserem Verständnis des eigenen Tuns, sondern, so vermuten wir, auch aus den anwachsenden (mitunter freiwilligen, mitunter durch Förderinstitutionen erzwungenen) internationalen und transnationalen Kontakten zwischen weltweit verstreuten soziologischen Feldern, die zu einer Klärung der Profile und Traditionslinien veranlassen. In der gegenwärtigen Soziologie lässt sich auf vielen Ebenen eine "reflexive Wendung" ausmachen (die seit den späten 1960er Jahren stattfindenden sozialtheoretischen Turns gehören ebenso dazu wie z.B. die Infragestellung und Kritik ihrer ethno- und anthropozentrischen Grundlagen). Auch die Soziologiegeschichte trägt zu dieser reflexiven Wendung bei, wenngleich auf ganz andere Weise: Nicht epistemologische oder politische, sondern wohl eher genealogische Motive sind es, die die fachgeschichtliche Selbstaufklärung ex- oder implizit vorantreiben. Sie verbindet sich mit der Erfahrung, sowohl lokal als auch global auf sehr Unterschiedliches zu treffen, was unter dem Namen "Soziologie" verhandelt wird. Diese Unterschiedlichkeit betrifft gewiss sehr verschiedene Elemente. Dass Themenkonjunkturen hier so und dort anders verlaufen, lässt sich vergleichsweise einfach auf die jeweiligen gesellschaftsstrukturellen Kontexte und daraus entstehenden Problemsituationen beziehen, innerhalb derer Förderprogramme eingesetzt und gesellschaftliche Erwartungen formuliert werden, und in denen soziologisches Denken angeregt wird. Auch Ungleichzeitigkeiten der Theorierezeption und -dominanz hängen damit zusammen und werden durch die Verzögerung in Übersetzungsprozessen – noch erscheint nicht alles in englischer Sprache – verstärkt. Allerdings kommt eine Verschiedenheit hinzu, die ihren Ausgangspunkt in Entwicklungen der soziologischen Methoden der Erkenntnisbildung hat und deutlich macht, dass auch die Geltungsansprüche soziologischen Forschens sowie die daran geknüpften Vorstellungen der "Wissenschaftlichkeit" soziologischer Wissensproduktion differieren. Vor dem Hintergrund der (wissens-) soziologischen Wissenschaftsforschung ist dies zunächst nicht überraschend, vor allem dann, wenn die schon von Ludwik FLECK (1980 [1935]) beobachtete Rolle von "Denkstilen" und "Denkkollektiven" auch für die Soziologie selbst in Rechnung gestellt wird. Doch zugleich ist wenig über die tatsächlichen kulturellen Formen und Strukturierungen soziologischer Wissensproduktion bekannt. Auf der einen Seite zeigen zeitgenössische Entwicklungen seit Jahren eine Internationalisierung der wissenschaftlichen Diskussion, die durch die Dominanz von Wissensbeständen, Referenzwerken und Debatten aus dem anglo-amerikanischen Raum geprägt scheint und Prozesse der Annäherung oder auch Homogenisierung soziologischer Wissenserzeugung mit sich bringt. Auf der anderen Seite bleibt unklar, welche Rolle institutionell und sprachlich-kulturell gebundene – nur ungenau: "nationale" – Traditionen der Wissensproduktion und -zirkulation in diesem Prozess spielen. Dies führt zur doppelten Frage nach der Unterschiedlichkeit und Verflechtung von – im hier interessierenden Fall: soziologischenWissenskulturen. [1]

Der nachfolgende Beitrag setzt mithilfe einer vergleichenden Perspektive auf das Feld der qualitativen und interpretativen Methoden der Sozialforschung in Deutschland und Frankreich an; diskutiert wird, ob und inwiefern eine Differenz der jeweiligen Wissenskulturen beobachtbar und wie sie gegebenenfalls beschaffen ist. Die Ausführungen basieren auf Teilergebnissen einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten empirischen Untersuchung1), die von 2012-2014 durchgeführt worden ist. Wir konzentrieren uns hierbei auf die Frage nach wissenskulturellen Differenzen im jeweiligen Erkenntnisstil und können weder auf Binnendifferenzierungen noch auf feldübergreifende Affinitäten oder einzelne Teilbereiche der Methodenentwicklung eingehen – das wird seinen Platz in weiteren Veröffentlichungen haben. [2]

Im Projekt bezogen wir den Begriff der soziologischen Wissenskulturen aus forschungsökonomischen Gründen auf einen spezifischen Ausschnitt – das Feld der qualitativen und interpretativen Sozialforschung, im Unterschied etwa zu quantitativen Ansätzen, themenzentrierten Forschungstraditionen und allgemeinsoziologischen Theorieentwicklungen. Im Kern ging es um die Frage nach der Konturierung der Wissenschaftlichkeit dieser Forschung sowie nach den konzeptionellen, methodologischen und aus der Forschungspraxis erwachsenden Begründungen des erhobenen Geltungs- und Wissensanspruchs. Sehr bald kristallisierte sich im Verlauf unserer Forschungen heraus, dass dies immer auch die (generative) Frage nach den Bedeutungszuschreibungen wissenschaftlichen Handelns und der Lösung damit verbundener Handlungsprobleme – genauer: der wissenschaftlichen Erkenntnis selbst als Handlungsproblem – umfasst. Ein solcher Zugang bot sich an, um die Entwicklungsverläufe, Entstehungsbedingungen, Bezugsrahmen und Selbstverständnisse unserer eigenen Disziplin jenseits von Stereotypen und plakativen Urteilen aufzuzeigen. Als "qualitative" oder "interpretative Methoden" werden weithin nicht-standardisierte Vorgehensweisen des empirischen soziologischen Forschens verstanden, wie sie sowohl im Rahmen der Datenproduktion (etwa: leitfadengestützte Interviews, Beobachtungsverfahren, Aufzeichnungen audiovisueller Daten) als auch im Bereich der Datenauswertungen (Interpretationsverfahren wie z.B. Sequenzanalyse, Kodierungen) zum Einsatz kommen. Vor allem im deutschsprachigen Kontext werden qualitative und interpretative Vorgehensweisen mehr oder weniger stark geschieden. Wir haben die damit mitunter verbundene, wenngleich sicher nicht unumstrittene Differenzierung – "qualitativ" wird von einigen AutorInnen eher Vorgehensweisen zugerechnet, die sich an Gütekriterien der quantitativen Forschung orientieren, "interpretativ" eher offenen hermeneutischen Verfahren (z.B. ROSENTHAL 2005, S.13-26) – im Blick, auch wenn wir im Folgenden der Lesbarkeit halber überwiegend von "qualitativen Methoden" sprechen. [3]

Bezogen auf die soziologischen Wissenskulturen in beiden Ländern gingen wir erstens von der Hypothese aus, dass die Etablierung der qualitativen Sozialforschung von sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen im jeweiligen soziologischen Feld gekennzeichnet war, und dass diese Ausgangsposition eine starke Rolle in dem in der Folge deutlich unterschiedlichen Verlauf spielt. Im deutschsprachigen Raum entfaltete sie sich, so vermuteten wir, vor dem Hintergrund einer starken quantitativen Forschung, einer bis zu den KlassikerInnen zurückreichenden Tradition der (teils an WEBER, teils an die Hermeneutik anschließenden) "verstehenden Soziologie" und einer spezifischen Form der Positivismuskritik im Kontext der Kritischen Theorie. Aus dieser Ausgangssituation entstand, so lautete unsere Annahme, eine hohe Konzentration auf Fragen des Zusammenhangs von Theorie, Methodologie und Methode sowie der Wissenschaftlichkeit der Auswertungsmethoden, welche die Entfaltung und Etablierung des Spektrums der qualitativen Methoden prägt.2) [4]

In Frankreich spielte, so unsere These, die Abgrenzung von Theorie, Methodologie und Methoden sowie die Gegenüberstellung von quantitativen und qualitativen Vorgehensweisen eine geringere Rolle. Stattdessen erwarteten wir forschungsorientierte Theorieparadigmen mit methodenintegrativen Vorgehensweisen, die von exponierten Leitfiguren der Disziplin vertreten werden. Vor dem Hintergrund einer gut etablierten strukturalen Ethnografie und ihrer Methoden sowie des DURKHEIMschen Paradigmas sollten Fragen des Zusammenhangs von Fragestellungen und Datenerhebung (insbesondere unter Einbezug von Feldforschung) stärker in den Vordergrund treten, während die Frage der Sicherung von Objektivität qualitativer Analysen eine untergeordnete Rolle spielen wird, so unsere Vermutung. [5]

Schließlich gingen wir davon aus, dass es vor dem Hintergrund einer unklaren Gemengelage von Internationalisierungen der Soziologie und Fortschreibungen "nationaler Traditionen" keinen kurzfristigen gemeinsamen Fluchtpunkt der Entwicklungen der jeweiligen Felder qualitativer Forschung gibt, in dem die beiden Wissenskulturen zur Deckung kommen. Zusammengefasst stellten wir folgende hauptsächlichen Ausgangsfragen (vgl. ausführlich KELLER & POFERL 2010):

Nachfolgend gehen wir zunächst kurz auf die methodische Umsetzung der Untersuchung ein (Abschnitt 2). Anschließend diskutieren wir das Konzept der (soziologischen) Wissenskulturen (Abschnitt 3), behandeln die Frage nach der internationalen Homogenisierung oder Heterogenität soziologischer Erkenntnisproduktion (Abschnitt 4) und diskutieren Unterschiede, die sich für das Feld der qualitativen und interpretativen Methoden der Soziologie in Deutschland und Frankreich ausmachen lassen (Abschnitt 5). Der Beitrag schließt mit einem kurzen Resümee. [7]

2. Methodische Umsetzung

Die vorgestellte Untersuchung war theoretisch und methodisch als wissenssoziologische Diskursanalyse (WDA) konzipiert (KELLER 2010 [2005], 2011 [2003]). Dabei handelt es sich um ein allgemeines Forschungsprogramm zur Analyse gesellschaftlicher Wissensverhältnisse und Wissenspolitiken. Im vorliegenden Fall wurden soziologische Wissensverhältnisse und Wissenspolitiken in den Blick genommen. Die WDA orientiert sich in ihren Vorgehensweisen an der Methodologie interpretativ-hermeneutischer Sozialforschung. Dabei besteht keine Standardprozedur, sondern es sind jeweils Anpassungen an verfolgte Fragestellungen und verfügbare bzw. erzeugbare Daten notwendig. Bei der Erhebung, Erzeugung bzw. Zusammenstellung von Daten (vor allem Text-Dokumente, Interviews) nutzt die WDA die hilfreichen Vorschläge zu einem an theoretischen Kriterien und jeweiligen Analyseschritten orientierten Samplingverfahren, wie es in der Grounded-Theory-Methodologie formuliert wurde (STRAUSS 1994). Die Analyse der einzelnen, als zentral identifizierten Dokumente erfolgte im Rückgriff auf ein Analyseraster zur schnelleren Texterfassung und als abduktive Kategorienbildung (REICHERTZ 2013a [2003]). Insbesondere in den ersten Monaten der Projektdurchführung wurden dazu gemeinsame Arbeitssitzungen und -diskussionen der Projektgruppe entlang kompletter Texte durchgeführt. Die späteren Analysen erfolgten dann durch die ProjektmitarbeiterInnen und mussten sich auf ausgewählte Textpassagen konzentrieren.3) [8]

In der Umsetzung des Vorhabens stand die Erhebung und Analyse von Dokumenten im Mittelpunkt, die durch eine größere Zahl von Interviews mit Protagonisten und Protagonistinnen verschiedener Ansätze und Diskussionen ergänzt wurden. Letztere wurden als Informations- und Kontextualisierungsquellen genutzt. Als Dokumente der Einführung und Begründung von Vorgehensweisen der qualitativen bzw. interpretativen Sozialforschung wurden soziologische Fachpublikationen aus beiden Ländern herangezogen. Da eine Vollanalyse aller entsprechenden, zwischen 1960 und 2000 erschienenen soziologischen Publikationen nicht realisierbar war, wurden mehrere Auswahlkriterien festgelegt. So konzentrierte sich das Projekt auf die akademische soziologische Diskussion über qualitative resp. interpretative Methoden, wie sie in Veröffentlichungen zur Grundlegung und Vermittlung von Ansätzen und Methoden geführt wurde. Dazu zählten insbesondere Monografien, Sammelbände und Fachzeitschriftenartikel mit deutlichem Bezug zur qualitativen Sozialforschung aus den Jahren 1960-2000. Weitere Einschränkungen auf spezifische Teilbereiche der qualitativen Sozialforschung – z.B. Biografieforschung, soziologische Ethnografie usw. – oder einzelne Methoden der Erhebung und Analyse (z.B. Interviews, Beobachtung, Dokumentenanalyse) wurden nicht vorgenommen. Auch Verwendungen qualitativer Methoden im Rahmen von Auftragsforschung bzw. außeruniversitären anwendungsorientierten Forschungen haben wir nicht einbezogen. [9]

Analysiert wurden Texte, die sich vorwiegend mit Grundfragen der qualitativen bzw. interpretativen Soziologie und ihrer Methoden auseinandersetzen. Anwendungsbeispiele und gegenstandsbezogene empirische Untersuchungen, bei denen die Ergebnisdiskussion im Vordergrund stand, waren ausgeschlossen. Zur Zusammenstellung des Materialkorpus wurde eine allgemeine schlagwortbasierte Katalogsuche ("qualitativ", "interpretativ", "Methode", "Verfahren", "Interview", "Ethnographie" usw.) durchgeführt und durch die Vollsichtung von Inhaltsverzeichnissen und -angaben von Fachzeitschriften ergänzt. Dieses ergänzende Vorgehen war insbesondere für die 1960er und 1970er Jahre sehr hilfreich, da sich einerseits entsprechende Leitbegriffe der qualitativen Forschung erst sukzessive etablierten, andererseits aber an Titeln häufig nicht direkt ablesbar war, ob und wie im zugehörigen Beitrag Bezug auf methodische Strategien genommen wird. Für den französischsprachigen Raum erwies es sich als notwendig, auch inter- bzw. transdisziplinär orientierte Zeitschriften zu berücksichtigen, da eines der Merkmale der dortigen soziologischen Methodendiskussion darin bestand (und besteht), eben keinen eindeutigen Ort in ausschließlich soziologischen Publikationsorganen zu haben. Hinzugezogen wurden im Weiteren auch einschlägige Methodenpublikationen (Einführung, Lexika, Handbücher) und soziologische Fachbücher, die sich Methodenfragen widmeten. Der Zugang zu den Daten erwies sich aufgrund der sehr guten Archivbestände in der Bayerischen Staatsbibliothek München und der ebenfalls genutzten Bibliothek der Universität Straßburg als unproblematisch. Hilfreich war dabei der deutlich höhere Grad an digitaler Zugänglichkeit und Archivierung der französischen Publikationen der 1960er und 1970er Jahre. [10]

Die entsprechend selektierten Publikationen aus den Jahren 1960 bis 2000 wurden sukzessive entlang analytischer Leitfragen – "Wer schreibt? Welche Konzeptionen und Ziele des qualitativ-interpretativen Forschens werden entwickelt? Wie wird die Rolle des oder der Forschenden konzipiert? Welches methodische Vorgehen wird eingeführt, und wie erfolgen seine Begründung und Vermittlung?" – durchgearbeitet und die Analysen der insgesamt 576 (372 aus Deutschland, 195 aus Frankreich) Textdokumente in umfangreichen Arbeitsberichten festgehalten. Ausgewählte Beiträge, in denen Ansätze erstmals eingeführt oder als Handreichung vorgestellt wurden, haben wir zudem Feinanalysen unterzogen. In diesem Prozess wurden, bezogen auf einzelne Textpassagen, Kategorien in Bezug auf die damit vorgestellten Begründungsfiguren für die Notwendigkeit und Qualität qualitativen Forschens gebildet. Ergänzend befragt wurden insgesamt 63 sowohl emeritierte bzw. kurz vor der Emeritierung stehende Kolleginnen und Kollegen als auch FachvertreterInnen der mittleren und jüngeren Generation. Die dadurch verfügbaren Informationen lieferten wichtige Hinweise vor allem auf institutionelle Hintergründe, Konkurrenzen und Beziehungen zwischen den verschiedenen Ansätzen und ihren Protagonisten.4) [11]

3. Soziologische Wissenskulturen

Der u.a. von Wolf LEPENIES (1985) und Karin KNORR CETINA (2002) benutzte Begriff der "Wissenskulturen" hat im letzten Jahrzehnt eine enorme Karriere in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen durchlaufen (SANDKÜHLER 2014). Seine breite Rezeption geht vermutlich auf den interdisziplinären geisteswissenschaftlichen DFG-Sonderforschungsbereich 435 "Wissenskulturen und gesellschaftlicher Wandel" sowie auf die einschlägige Studie von Karin KNORR CETINA (2002) zur Hochenergiephysik zurück, die im Original von "epistemic cultures" spricht. Er lässt sich allerdings schon bei Friedrich NIETZSCHE, wenig später bei Max SCHELER und (nicht wörtlich, aber der Idee nach) auch bei Ludwik FLECK nachweisen (vgl. FRIED & KAILER 2003; ZITTEL 2014). Von "Wissenskulturen" zu sprechen, betont die Bedeutung spezifischer Zusammenhänge von sozialen AkteurInnen, Praktiken, institutionellen Settings und auch Materialitäten im Prozess der Wissenserzeugung. Die Wissenschaftsforschung hat sich immer wieder mit der sozialen Strukturierung von Wissenskulturen befasst (WEINGART 2003). Dabei wurden zunächst im Anschluss an Charles P. SNOWs These der "zwei Kulturen" (1967 [1959]) die "harten" (Natur-) Wissenschaften den "weichen" (Geistes-) Wissenschaften und die sie jeweils tragenden wissenschaftlichen Communities gegenübergestellt. Schon Wilhelm DILTHEY (1990 [1894]) hatte beide Wissenskulturen unterschieden und dem "Erklären" respektive dem "Verstehen" zugeordnet. Die neuere Wissenschaftsforschung verwendet ein auf wissenschaftliche Disziplinen – "Fachkulturen" – und deren Spezifik der Erkenntnisproduktion zugeschnittenes Verständnis. Hier geht es um die Frage, inwieweit ein abgrenzbarer Kreis von wissenschaftlichen AkteurInnen in einem spezifischen Forschungsfeld eine spezifische Form der Wissenserzeugung, -bewertung und -zirkulation hervorbringt und sich darin von anderen (ebenfalls wissenschaftlichen) AkteurInnen und Forschungsbereichen unterscheidet. [12]

Von "Wissenskulturen" ist in der Literatur zum einen in einem weiten Verständnis die Rede, wenn beispielsweise Wolf LEPENIES (1985, 1989a) die Wissenschaftskulturen ganzer Länder (und ihrer Soziologien) vergleichend in den Blick nimmt und ihre wissenschaftstheoretischen, geistes- und ideengeschichtlichen Unterströmungen mit einbezieht. Dabei zeichnet er ein jeweils komplexes Bild, das keineswegs in nationalen Gesamtkulturen aufgeht, sondern zeigt, wie sehr verschiedene Positionierungen jeweils gegeneinander gestellt sind, wenn auch mit deutlichen "nationaltypischen Besonderheiten" (S.11). Es wäre ein naheliegender Fehlschluss, den Titel dieser Studie – "Die drei Kulturen" – auf die untersuchten Länder und ihre Soziologiegeschichte zu beziehen. Doch gemeint ist etwas anderes: die Sozialwissenschaften als eine "dritte Kultur" neben den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass sie diese beiden Gegensätzlichkeiten in sich vereint. Und erst dann greift die Unterschiedlichkeit der gesellschaftsstrukturellen und institutionellen Kontexte, die dazu führt, dass diese "dritte Kultur" in jedem der angesprochenen Länder sehr unterschiedlich zum Ausdruck kommt. [13]

Zum anderen findet sich – wegweisend bei Karin KNORR CETINA (2002) und in der Wissenschaftsforschung – ein engeres Konzept, das sich auf die konkret-materiale Gestaltung von Forschungsprozessen bezieht. Hinsichtlich der Herstellung wissenschaftlichen Wissens zielt der Begriff der Wissenskultur hier auf

"diejenigen Praktiken, Mechanismen und Prinzipien, die, gebunden durch Verwandtschaft, Notwendigkeit und historische Koinzidenz, in einem Wissensgebiet bestimmen, wie wir wissen, was wir wissen. [...] Beschrieben werden die jeweiligen Verständnisse des Empirischen, die Art der Realisierung von Objektbeziehungen, die Konstruktion und Form sozialer Arrangements. Der Ausdruck 'epistemisch' soll auf Erkenntnis verweisen; es geht also um diejenigen Strategien und Prinzipien, die auf die Erzeugung von 'Wahrheit' oder äquivalente Erkenntnisziele gerichtet sind" (S.11).5) [14]

Vor diesem Hintergrund lassen sich soziologische Wissenskulturen in unserem Verständnis als mehr oder weniger deutlich voneinander abgrenzbare Weisen der diskursiven und praktischen Hervorbringung, Bewertung und Vermittlung von spezifischem (soziologischem) Wissen begreifen. Bestandteile solcher Wissenskulturen sind Arten und Weisen, etwas zu tun: zu forschen, zu argumentieren, zu publizieren, Techniken und Objekte zu nutzen, legitime und illegitime Bezugnahmen zu unterscheiden, Traditionen, Kanonisierungen, Vermittlungsformen auszubilden, spezifische Formen des Ressourcenzugangs zu haben und in "Ordnungen des Diskurses" (FOUCAULT 1991 [1971]) eingebunden zu sein. [15]

Eine solche Fassung des Begriffs der Wissenskultur hilft, ihn vor einer praxistheoretischen Verkürzung einerseits, vor einer homogenisierenden Überstilisierung andererseits zu bewahren. Praxistheoretisch verkürzt wäre demnach ein Blick, der sich ausschließlich in Echtzeit auf die Beobachtung des konkreten Tuns der Forschung richtet, ohne zu sehen, dass es sich dabei um ein Ereignisfeld handelt, das in ein breites Geflecht von etablierten Arten und Weisen des Tuns, akzeptierten Veröffentlichungsformen, als relevant geltenden Fragestellungen usw. eingebunden ist.6) Von einer homogenisierenden Überstilisierung kann gesprochen werden, wenn die Heterogenität, Ungleichzeitigkeit, Dynamik oder auch Widersprüchlichkeit und Fragmentierung der soziologischen Wissensproduktion durch die vereinfachte Zuschreibung einer "Nationaltypik" eher überdeckt als begriffen wird.7) Die Formen, Spielräume und Ergebnisse der soziologischen Wissensproduktion hängen also nicht nur von konkreten Forschungsinfrastrukturen und tatsächlichen Vorgehensweisen der Forschung ab, sondern auch von den Perspektiven, Erfahrungs-, Erwartungs- und Möglichkeitshorizonten, die durch verfügbare erkenntnistheoretische Positionen, Theorieparadigmen, Zitationstraditionen, bestehende Kontroversen und Koalitionen, etablierte methodologische Standards und entwickelte methodische Angebote in einem beweglichen Gefüge von Relationen eröffnet werden. Diese können auch innerhalb eines akademischen Traditionszusammenhangs eine durchaus heterogene oder gar konflikthafte Topografie ausbilden, und dabei dennoch je gemeinsame Merkmale teilen, die sie aus Außensicht unterscheiden. Zugleich sollte damit nicht ausgeschlossen sein, dass die Herausarbeitung gemeinsamer Merkmale auf mehr oder weniger abstrakter Ebene einen Prozess der Typisierung oder Stilisierung impliziert, der immer auch alternative Möglichkeiten zulässt. Kulturen sind keine homogenen Gebilde, sondern durch Nischenbildungen, Konflikte, Sub- und Gegenkulturen geprägt. Der Begriff der Wissenskultur, verstanden (nicht als Bezeichnung für vollständig unterschiedene Gesamtheiten, sondern) als dynamische Verflechtung und Konzentration von spezifizierbaren Formen der Wissenserzeugung und Wissensbegründung, sensibilisiert für solche Pluralisierungen und Heterogenisierungen, erlaubt aber zugleich, typische Elemente und Muster zu rekonstruieren.8) Wissenskulturen stellen zudem keine abgeschlossenen "Container" dar; vielmehr sind sie in empirisch bestimmbarer Weise durch Bezüge nach außen, Austausch- und Entgrenzungsprozesse (mit-) konstituiert – sie sind in einem relationalen "Feld" (BOURDIEU 1988 [1984], 1992a [1987]) situiert. [16]

Im Begriff der Wissenskulturen klingt die von Ludwik FLECK (1980 [1935]) formulierte und zuvor bereits erwähnte Idee der "Denkkollektive" mit spezifischen "Denkstilen" an; akzentuiert werden Prozesse der sozialen Strukturierung und Besonderung von Formen der Wissensproduktion. Ludwik FLECK hatte in seiner Pionierarbeit die maßgeblichen Faktoren einer solchen Prägung genannt. Obwohl sich Unterschiede, wie FLECK zeigte, bereits für die nur scheinbar objektive naturwissenschaftliche Wissensproduktion beobachten lassen – und bspw. in der ökonomischen und technischen Praxis als unterschiedliche kulturelle Stile des Managements, der Unternehmenskultur, des Ingenieurshandelns und der Konstruktionspraxis vorhanden sind –, entfalten sie doch in dem Maße ihr Gewicht, wie die infrage stehenden Disziplinen gleichsam stärker "in Gesellschaft" eingebunden sind und darin ihren vorrangigen Gegenstandsbereich finden. Dies ist bei den Sozial- und Geisteswissenschaften der Fall. Hierzu gehören beispielsweise tradierte Forschungsparadigmen, sprachlich-kulturelle Differenzen, politische Förderprogramme, die spezifische Organisationsstruktur des wissenschaftlichen Feldes, historische Erfahrungen und anderes mehr. Aus dieser Gemengelage entsteht die "Seinsverbundenheit des Wissens" (MANNHEIM 1985 [1929]). [17]

4. Wissenskulturen zwischen nationaler Einbettung und Internationalisierung

Vor dem Hintergrund ihrer Untersuchungen zur Molekularbiologie und zur Hochenergiephysik, zu deren "Maschinerien, durch die Erkenntnis konstruiert wird" (KNORR CETINA 2002, S.13), betonte KNORR CETINA die Fragmentierung der Prozesse der Wissenserzeugung in den Gegenwartsgesellschaften. Das gelte auch für alle Wissenschaften selbst. Diese haben demnach "ihre eigene Geographie. Sie bestehen nicht nur aus einem Unternehmen, sondern aus vielen: aus einer Landschaft unabhängiger Wissensmonopole, die höchst unterschiedlich arbeiten und unterschiedliche Produkte produzieren" (S.14). Es bleibt dabei unklar (und mag den spezifischen Feldern naturwissenschaftlicher Wissenserzeugung geschuldet sein), inwiefern die erwähnte Geografie auch durch sprachliche oder stärker "national" gebundene Traditionen mitgeformt wird – wobei der Begriff des "Nationalen", wie wir ihn hier verwenden, als (problematisches) Kürzel für staatlich und wissenschaftspolitisch geprägte institutionelle Strukturierungen des Wissenschaftsbetriebes, für intellektuelle Traditionen und sprachräumliche Nähen steht, nicht aber für einen "Nationalcharakter". Im Unterschied zur Annahme einer einfachen Internationalisierung und Angleichung der Wissenschaftspraxis (auch der Sozialwissenschaften), wie sie aus dem ursprünglichen idealtypischen Wissenschaftsverständnis und dessen von Robert MERTON (1985 [1942]) formulierten Leitideen folgen müsste, zeigt sich auch gegenwärtig eine starke Prägung von wissenschaftlichen Wissenskulturen nicht nur durch disziplinär-fachliche, sondern auch durch ihre historisch-gesellschaftlichen Kontexte und Traditionen. [18]

Für die Soziologie und andere Sozialwissenschaften gilt dies gewiss im Hinblick auf ihre klassische Vergangenheit – das scheint in der diesbezüglichen Literatur weitgehend Konsens zu sein. In der Soziologiegeschichtsschreibung hat sich die Rede von differenten klassischen nationalen Traditionen der Soziologieentwicklung durchgesetzt. Damit sind Leitparadigmen und in der Regel entsprechende "Gründerväter" bezeichnet, deren Arbeiten richtungsweisend und Stil prägend für den Auf- und Ausbau der Soziologie in den nationalen Wissenschaftsfeldern waren. So steht WEBER für die deutsche Tradition der verstehenden Soziologie, DURKHEIM für die französische Tradition der Soziologie "sozialer Tatsachen", die Chicago School bzw. der symbolische Interaktionismus für eine pragmatistische Handlungssoziologie US-amerikanischer Prägung. Wo die Soziologie stark aus gesellschaftlichen Reformpolitiken hervorging (wie in den USA), wo sie als Zivilreligion das Versprechen der rationalen Staatsleitung und moralischen Integrationswissenschaft gab (wie in Frankreich), oder wo sie als akademisch analysierende Disziplin begründet wurde (wie in Deutschland) – überall da entstanden sehr unterschiedliche Pfade dessen, was als wissenswertes Wissen erzeugt werden kann und soll. Und je nachdem, wie sie etwa in ihrem Entstehungskontext zu sozial- und geisteswissenschaftlichen Nachbardisziplinen positioniert wird, ergeben sich differente Begründungen ihres Eigensinns, ihres spezifischen Zugangs zur Welt (WAGNER 1990, 2004). Historisch kann also durchaus von der länderspezifischen Ausbildung soziologischer Fachkulturen gesprochen werden, eine Entwicklung, die sich auch in der Neuinstitutionalisierung der Soziologie nach dem zweiten Weltkrieg in Europa sowie in ihrem weiteren Verlauf in den USA beobachten lässt. Dessen unbenommen zeichnete sich die Soziologiegeschichte schon früh durch internationale Rezeptionsbewegungen aus, die häufig mit der Mobilität einzelner Personen – z.B. den Aufenthalten von Robert PARK, Talcott PARSONS oder Everett HUGHES in Deutschland – verbunden waren.9) [19]

Von nationalen Stilelementen zu sprechen, bedeutet also keineswegs eine Rückkehr zu einfachen Stereotypen. Schon der nahe liegende Verweis auf die staatliche Organisation und Ressourcenausstattung des Lehr- und Forschungsbetriebes – der Universitäten, Forschungseinrichtungen etc. – impliziert sehr unterschiedliche Inbetriebnahmen der Soziologie (und anderer Disziplinen). Hinzu kommen politisch-ideologische Konstellationen, Öffentlichkeits- und Intellektuellenkulturen oder auch sozialstrukturelle Gegebenheiten wie Migrationen, Bevölkerungskonzentrationen und dergleichen mehr. So haben z.B. Fragen der Gettobildung und Exklusion in den USA und in Frankreich eine sehr viel stärkere Aufmerksamkeit in der soziologischen Diskussion und Forschung erfahren als im deutschsprachigen Raum. Und gewiss sind solche sehr verschiedenen Themenorientierungen nach wie vor ein wichtiges unterscheidendes Merkmal der entlang von Sprachgrenzen strukturierten Wissenskulturen der Soziologie. [20]

Um 1990 entwickelte sich eine breitere Diskussion über den Grad und die Folgen der Internationalisierung der Soziologie, in der einerseits das Bestehen nationaler Traditionen übereinstimmend konstatiert, andererseits unterschiedliche Internationalisierungsprozesse festgehalten wurden.10) Martin ALBROW (1990, S.6ff.) hat in diesem Zusammenhang einen umfassenden Vorschlag zur Unterscheidung von fünf Stadien der Soziologieentwicklung, ihrer Strukturierungen und Restrukturierungen, entlang der Messlatte der "Universalisierung" vorgelegt. Er spricht vom "Universalismus der frühen Klassiker", an die eine Phase der "national strukturierten Soziologie" angeschlossen habe (wie sie wohl am deutlichsten durch die "deutsche Soziologie" im Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht wurde). Gefolgt sei eine "Internationalisierung" nach dem 2. Weltkrieg, die unseres Erachtens in weiteren Teilen wohl als "Transatlantisierung" begriffen werden kann, und an der die UNESCO sowie US-amerikanische Stiftungen einen maßgeblichen Anteil hatten.11) [21]

ALBROW sieht dann eine vierte Phase der "Indigenisierung", in der die erfolgreiche institutionelle Etablierung der Soziologien in den jeweiligen staatlich organisierten Wissenschaftslandschaften zunächst eine Konzentration nach Innen hervorgebracht habe. Noch für die 1980er Jahre sprechen so MÜLLER und SIGMUND (1999) von einer weitgehend national geschlossenen Soziologiedebatte in Deutschland, die sich erst in den 1990er Jahren zunehmend internationalisiert habe, und betonen für den deutschsprachigen Kontext zugleich die Leit- oder Orientierungsfunktion der US-amerikanischen Soziologie. Darauf folgt nach ALBROW schließlich die aktuelle Phase der "Globalisierung" (vgl. auch GENOV 1989a). [22]

Die skizzierten Beobachtungen erscheinen in vielfacher Hinsicht plausibel, und die zunehmende Bedeutung von Weltkongressen der International Sociological Association (ISA) oder anderen Formen der weltweiten wissenschaftlichen Vernetzung wie auch die globale "Karriere" spezifischer Ansätze und Perspektiven sprechen gerade für eine zutreffende Diagnose der letzten Phase. Ein Hauptproblem dieser Diskussion liegt jedoch in der Pauschalität und Vagheit ihrer Gesamtbetrachtungen, die eher auf allgemeinen Beschreibungen der Entwicklung soziologischer Debatten als auf konkreten Forschungen beruhen. Sicher ist der Grad internationaler bzw. transnationaler Vernetzung mittlerweile weit fortgeschritten (CHARLE, SCHRIEWER & WAGNER 2004). Im Bereich insbesondere der quantitativen Methoden lassen Standardisierungslogiken deren länderübergreifend ähnlichen Einsatz zu; hierbei spielt der Aufbau inter- und supranationaler statistischer Datenbanken eine wichtige Rolle. In Diskussionen über die aktuelle Situation der französischen Soziologie wird inzwischen von einer komplexen Situation ausgegangen, die einen ambivalenten Eindruck hinterlässt. Momente der Internationalisierung (bezogen auf theoretische Paradigmen, Methoden und Problemstellungen), befördert auch durch internationale Vereinigungen, gehen demnach mit der Kontinuierung nationaler, wesentlich durch Sprachgrenzen unterscheidbarer Forschungstraditionen einher, die so in länderspezifischen Ausprägungen des soziologischen Feldes geronnen sind (BERTHELOT 1998, 2003). Betont werden zugleich auch hier zunehmende US-amerikanische Einflüsse (HEILBRON 2008; MARTIN 2004). Die genauen Gestalten solcher Verflechtungsprozesse sind jedoch wenig bekannt. So resümiert WEISCHER in seiner Monografie zur Entwicklung der empirischen Sozialforschung in der Bundesrepublik: Die nationale Prägung der Etablierungsphase des soziologischen Feldes "ist auch in jüngerer Zeit nicht verschwunden; das hängt insbesondere mit der Lagerung der soziologischen Diskurse in (national geprägten) gesellschaftspolitischen Diskursen zusammen" (2004, S.33f.).12) [23]

5. Soziologische Wissenskulturen qualitativen Forschens in Deutschland und Frankreich

5.1 Einführende Bemerkungen zum Begriff des "Qualitativen" und zum Vergleich

Zwischen der deutschsprachigen und der französischsprachigen Soziologie – und gewiss auch den Soziologien in anderen Ländern – bestehen zahlreiche Unterschiede. Eine solche Feststellung beruht nicht auf einem irgendwie gearteten Essentialismus, sondern folgt aus der schlichten Beobachtung historisch-institutioneller Entwicklungen. Sie gilt bereits für die jeweiligen Theorielandschaften, ungeachtet häufiger, meist von persönlichem Engagement getragener Vermittlungsprozesse, die selektive wechselseitige Rezeptionen spezifischer Paradigmen befördern. Hinzu kommen Übersetzungen erfolgreicher LeitautorInnen. Als Beispiel kann hier die Erfolgsgeschichte der BOURDIEU-Rezeption im deutschsprachigen Raum gelten oder die – wenn auch sehr verspätete – Rezeption der Arbeiten Ulrich BECKs in Frankreich. Die Hinwendung zur pragmatistischen Soziologie, die in Deutschland seit den späten 1960er Jahren eine Rolle spielt, ist in Frankreich erst seit Mitte der 1990er Jahren zu beobachten und setzt dort deutlich andere Akzente. Auch haben die jeweiligen Fachgesellschaften eine noch sehr junge Geschichte in Frankreich und eine alte Tradition in Deutschland. In der Nachkriegszeit ist die Soziologie in Deutschland deutlich besser an Universitäten und in Forschungseinrichtungen institutionalisiert als in Frankreich. Die institutionellen Strukturen der Hochschul- und Forschungslandschaft befördern andere Lehr- und Forschungszusammenhänge. Und wo heute in Frankreich die Handreichungen zur enquête de terrain, zur soziologisch-ethnografischen Feldforschung, kaum noch zu überblicken sind, lassen sie sich im deutschsprachigen Raum an einer Hand abzählen – wobei dieses Verhältnis bei allgemeinen Einführungen in qualitative Methoden eher umgekehrt erscheint. Die Spezifizität von Wissenschaftsentwicklungen in Deutschland und Frankreich wurde nicht nur für die Soziologie, sondern auch für andere Disziplinen festgehalten, etwa die Geschichtswissenschaft (PLAMPER 2004; RAPHAEL 2005) oder die "deutsche Volkskunde" und die "französische Ethnologie" mit ihren jeweiligen Traditionen der Feldforschung, wobei man hier in erster Linie schlicht auf die Differenz verwies (CHIVA & JEGGLE 1987). Spezifischer auf die jeweiligen unterschiedlichen Organisations- und Funktionsweisen der Öffentlichkeiten und der intellektuellen Felder hat die Intellektuellensoziologie seit Längerem hingewiesen (z.B. GRUTZPALK 2003). Dazu zählen auch politische Interessen und Affinitäten, etwa zwischen DURKHEIMs Soziologie und den Regierungsinteressen der französischen Republik, oder das Ringen der Soziologie um Anerkennung im jeweiligen wissenschaftlichen Feld gegenüber der Philosophie und Geschichtswissenschaft.13) Entsprechende Entwicklungen wurden insbesondere auch für die klassische Soziologie beider Länder beschrieben (z.B. BERTHELOT 2003; KORTE 2011), doch lassen sie sich keineswegs darauf reduzieren. WEISCHER (2004) hatte, wie erwähnt, darauf hingewiesen, dass nationale Kontexte nach wie vor ein wichtiges Merkmal der Spezifik von Soziologiekulturen darstellen und dies vor allem mit dem Hinweis auf gesellschaftspolitische Einbettungen begründet. [24]

Doch was macht den Vergleich gerade zwischen der deutschsprachigen und der französischsprachigen (qualitativen) soziologischen Forschung so interessant? Bezogen auf die Arten und Weisen der (nicht nur soziologischen) Erkenntnisproduktion und ihre ideellen Grundlagen haben weiter ausholende sozial- und kulturgeschichtliche Analysen wiederholt die "cartesianische" wissenschaftliche Rationalität als Merkmal der französischen Kultur von der deutschen "romantischen", "metaphysischen" oder auch "hermeneutischen" Tiefe der Weltauslegung unterschieden. Im Cartesianismus steht das erkennende Subjekt der Welt gegenüber und baut aus dieser Gegenüberstellung vernunftgeleitet und rational die Erkenntnis dieser Welt in systematischer Weise und auf Schritt für Schritt wachsendem sicherem Fundament auf. Romantik, Metaphysik oder Hermeneutik werden demgegenüber als Weltzugänge beschrieben, die entweder der theoretisch-philosophischen bzw. metaphysischen Erkenntnis dessen, was die Welt sei, was ihr Wesen ausmache, oder der Verwobenheit mit dem Sein des zu erkennenden Objekts geschuldet nur das erkennen und verstehen können, was schon ihrem Deuten vorausgesetzt ist.14) Sollte sich nicht gerade diese Unterschiedlichkeit – vorausgesetzt, sie lässt sich empirisch beobachten – in den Formen der Wissensproduktion abbilden?15) [25]

Raymond ARON (1953 [1934-1935]) bspw. wies in den 1930er Jahren auf die Differenz zwischen deutscher geisteswissenschaftlicher Soziologie und französischer empiristisch-positivistischer Soziologie hin. Erst kürzlich setzten sich Jean-Claude PASSERON und Jean-Louis FABIANI (2013) erneut vor dem Hintergrund des Werkes von ARON mit der Unterschiedlichkeit beider soziologischer Felder auseinander. Bereits Wolf LEPENIES (1985, 1989b, 1989c, 1989d) hatte in seinen wegweisenden Untersuchungen der "drei Kulturen" der Etablierung der Sozialwissenschaften in England, Frankreich und Deutschland die komplexen Beziehungen und Abgrenzungen der verschiedenen Soziologien in der Gründungsphase des Fachs analysiert und mehrfach auf die Eigenheiten der jeweiligen Wissenschaftslandschaften hingewiesen. Es ist allerdings gar nicht so eindeutig bestimmbar, ob solche unterschiedlichen Grundlegungen auch nach dem zweiten Weltkrieg als wirksame Weichenstellungen der Soziologieentwicklung dienten. So sprechen BOURDIEU und PASSERON (1981) für die Soziologiegeschichte im Nachkriegsfrankreich davon, sie habe DURKHEIMs "Erbe" aufgegriffen.16) Demgegenüber betonen andere (z.B. PIOTET 2004, S.122f.) gerade das Gegenteil: Es sei explizit darum gegangen, sich von DURKHEIM abzugrenzen und es eben nicht so zu machen wie jener in seinem Spätwerk (wie also der DURKHEIM der "elementaren Formen des religiösen Lebens", 2007 [1912]); dies bezieht sich auf den Vorwurf einer Lehnstuhlsoziologie aus zweiter Hand, der nur durch strikte empirische Ausrichtung zu begegnen sei. [26]

Bevor wir uns im Folgenden mit den jeweiligen Entwicklungen im Feld der qualitativen Methoden beschäftigen, wollen wir zunächst verdeutlichen, was wir darunter verstehen. Soziologische qualitative Sozialforschung tritt überwiegend als Theorie-Methoden-Zusammenhang in Erscheinung, der erkenntnistheoretische Grundlagen mit gegenstandsbezogenen Theorieannahmen, methodologischen Reflexionen über Forschungsprozesse sowie konkreten Methoden der Materialerhebung und -auswertung verknüpft, wobei die relativen Anteile der einzelnen Bausteine variieren bis hin zur alleinigen Akzentuierung der "Methoden". Wie lässt sich die Wissenskultur dieser "qualitativen Sozialforschung" näher beschreiben? [27]

Im Unterschied zu anderen Teilfeldern der Soziologie (etwa der soziologischen Theorie oder der Gegenwartsdiagnosen) sind qualitative und interpretative Methoden auf der Ebene einer empirisch forschenden Sozialwissenschaft angesiedelt. Als "qualitative Methoden"17) werden weithin nicht-standardisierte Vorgehensweisen des empirischen soziologischen Forschens verstanden, wie sie sowohl im Rahmen von Datenerhebungen (etwa: leitfadengestützte Interviews, Beobachtungsverfahren, Aufzeichnungen audiovisueller Daten) als auch im Bereich der Datenauswertungen (Interpretationsverfahren wie z.B. Sequenzanalyse, Kodierungen etc.) zum Einsatz kommen. Von qualitativer und interpretativer Sozialforschung zu sprechen, impliziert zumindest im deutschen Kontext – dem Ideal nach – keinen isolierten Blick auf einzelne Techniken der Datenerhebung oder Datenauswertung, sondern Theorie-Methoden-Bezüge: eine integrative Zusammenhangsperspektive auf das Gegenstandverständnis und seine theoretische Grundlegungen, Forschungsinteressen, erkenntnistheoretische sowie methodologische Reflexionen und die Ebene der methodisch-praktischen Umsetzung. Allerdings weisen einige Indikatoren darauf hin, dass dies bereits ein sehr – eben für die "deutsche" Wissenskultur der qualitativen Forschung – spezifisches und keineswegs allseitig geteiltes Verständnis des Qualitativen ist. Daher kann erst die empirische Forschung zeigen, inwiefern demgegenüber nicht auch ein völlig anderes Verständnis, z.B. der isolierte und technisierte "Methodeneinsatz", vorfindlich ist (vgl. EBERLE 2007, S.220; KNOBLAUCH, FLICK & MAEDER 2005, §4f.). Die hier verwendete Kurzformel der "qualitativen Sozialforschung" zielt sowohl auf die von REICHERTZ (2009) benannten "elaborierten Verfahren" (als Zusammenhang von wissenschafts- bzw. erkenntnistheoretischer Verortung und Selbstreflexion, Forschungsinteresse und Theoriegrundlage, Methodologie und Methode) als auch auf "Ad-hoc-Verfahren" und weitere Ansätze (MRUCK 2007), ohne allerdings die von REICHERTZ vorgenommene Klassifizierung "guter" und "schlechter" Zugänge zu übernehmen. [28]

Vom Feld der qualitativen Methoden lässt sich in einem heuristischen Sinne sprechen, um die konkrete Gestalt der annehmbaren Strukturierungen und Dynamiken qualitativer Sozialforschung innerhalb der Soziologien beider Länder zu bezeichnen. Dabei geht es nicht um eine umfassende Feldanalyse im ursprünglichen Sinne BOURDIEUs, d.h. um die Ausleuchtung von Herkunfts- bzw. Habituseinflüssen, Macht-, Status- und Ressourcenkämpfen im akademischen Feld der Soziologie, um die Soziologie als Machtspiel, in dem es Kapitalakkumulationen und -verluste, GewinnerInnen und VerliererInnen geben mag. Dennoch können die Positionierungen und Ansätze der qualitativen Forschung nicht isoliert verstanden werden. Sie sind Teil eines mehr oder weniger dynamischen Gefüges von wechselseitigen Bezugnahmen und Abgrenzungen. In diesem Sinne spielen spezifische historische Feldkonstellationen – etwa in der deutschsprachigen Soziologie: der Positivismusstreit, die Distanz zwischen Theoriebildung und empirischer Forschung – eine wichtige Rolle.18) Zugleich werden solche Konstellationen durch die jeweiligen Entwicklungsdynamiken – bis hin zu wegweisenden Impulsen einzelner Ansätze – immer auch transformiert. Die Entwicklung und Etablierung von Ansätzen und Methoden in Form von theoretischen Grundlegungen, methodologischen Reflexionen und Handreichungen zur Methode ist in einem jeweiligen "nationalen" bzw. an Sprachgrenzen, Geschichte und Gepflogenheiten orientierten Referenzraum der wissenschaftlichen Diskussionen verankert: Einführungen, Weiterentwicklungen und Begründungen qualitativer Forschungsstrategien verorten sich in einer jeweils bestehenden, gleichwohl in Veränderung begriffenen Landschaft soziologischer Reflexion und Empirie. Anders formuliert: Sie sind in akademische bzw. forschungsorientierte wissenschaftliche Felder eingebettet und institutionalisiert. Dazu zählen neben der organisatorischen und praktischen Ausgestaltung auch soziologiegeschichtliche Hintergründe und Voraussetzungen, d.h. Anschluss- und Absetzmöglichkeiten im Hinblick auf etablierte, kanonisierte oder verdrängte Argumentationslinien der Soziologie, die sich gegebenenfalls bis in die Klassikergenerationen zurückverfolgen lassen und die Situiertheit von Ansätzen, Verfahrensweisen und Forschungsperspektiven verdeutlichen. REICHERTZ (2009) hat kürzlich einige Hinweise auf mögliche spezifische Einflussfaktoren und Wandlungstendenzen der deutschen qualitativen Forschung, ihrer Gegenstände, Entwicklungen und Legitimationen gegeben: das Charisma von "Gründerpersonen", ein Trend von der Gemeinsamkeit zur Konkurrenz, von der Theorie und Methodologie zur Praxis, vom Forschungssubjekt zum Forschungsverfahren und anderes mehr. [29]

FLICK (2005) konstatiert anhand eines knappen Vergleichs deutscher und US-amerikanischer Tendenzen seit den 1970er Jahren, dass die weiter oben für die allgemeine Lage der Soziologie festgehaltenen Unterschiede auch für qualitative Sozialforschung gelten. Auch KNOBLAUCH et al. (2005, §2) unterstreichen die ausgeprägte und der disziplinären Aufmerksamkeit entgehende Heterogenität qualitativer Sozialforschung in den verschiedenen Ländern Europas:

"The French might investigate things in a quite different manner than the Poles would, the Germans again differ from the Spanish, even if they relate to the same method, etc. Moreover, at the conferences at which we participated, we realized how little we know about issues which are of great importance to colleagues from other countries – even if they work in the very same disciplinary field." [30]

Für diese Unterschiede werden von KNOBLAUCH et al. unter anderem die jeweilige Strukturierung des akademischen Feldes oder die Rolle nationaler Avantgarden der qualitativen Forschung verantwortlich gemacht. Die französische Situation der qualitativen Sozialforschung stelle sich – so die aus persönlichen Begegnungen gespeiste Einschätzung – als deutliche Sonderung dar: Während in den meisten europäischen Ländern das interpretative Paradigma und damit die Konzentration auf Bedeutung, Kontexte, Auslegung, Verstehen und Reflexivität des Vorgehens eine zentrale Position einnähme, sei dies in Frankreich nur schwach vertreten; ähnlich zeige sich für Frankreich ein deutlich geringeres Gefälle zwischen quantitativen und qualitativen Vorgehensweisen (§5; vgl. auch ANGERMÜLLER 2005). MRUCK (2007) konstatiert allgemeiner die große Unterschiedlichkeit qualitativer Forschungen in verschiedenen Ländern. EBERLE (2007, S.220) weist kurz darauf hin, dass es in den französischen Sozialwissenschaften eher um die Erzielung von Ergebnissen gehe und weniger um die Frage, was ein legitimer Methodeneinsatz sei, während die Diskussion im deutschsprachigen Raum sich auf Letzteres konzentriere. [31]

Wir wollen im Folgenden einen dem nicht unähnlichen Unterschied hervorheben, der markant die jeweiligen soziologischen Wissenskulturen qualitativen Forschens prägt – auch wenn damit nicht besagt ist, es sei der jeweils ausschließliche Stil wissenskultureller Praxis. Und weitere Einschränkungen sind nötig: Wir beziehen uns mit unseren Aussagen auf einen sehr eingeschränkten Bereich dieses Forschens: die Verhandlungen, die sich in Gestalt von Texten unterschiedlichster Art finden und primär auf Fragen der Forschung bezogen sind. Es handelt sich also um die disziplinöffentliche Arena der Entwicklung, Begründung, Diskussion und Behauptung legitimer Wege der Wissensgenerierung. Unbestritten gibt es natürlich viele weitere Bereiche qualitativer oder interpretativer Sozialforschung, über die wir damit nicht sprechen, etwa die Pragmatik und das Abenteuer der Praxis des Forschens, oder aber über den tatsächlichen Methodeneinsatz in gegenstandsbezogenen Forschungen – wir folgen keineswegs SozialforscherInnen bei ihrem doing research in Echtzeit, sondern analysieren die Spuren, die eine andere Ebene ihres Tuns hinterlassen hat.19) [32]

5.2 Legitimation durch Verfahren:20) Die Entwicklung qualitativer und interpretativer Sozialforschung in der Bundesrepublik Deutschland

Im disziplinären Selbstverständnis der deutschsprachigen Soziologie ist die Annahme verankert, dass sich bereits in ihrer Konsolidierungsphase, also lange vor dem hier interessierenden Zeitraum, vielfältige Überlegungen der Klassiker (Max WEBER, Alfred SCHÜTZ, Georg SIMMEL, Karl MANNHEIM) zu den Grundlagen und Vorgehensweisen einer qualitativen Sozialforschung finden. Die jüngere Geschichte der deutschsprachigen qualitativen Sozialforschung war allerdings bis vor Kurzem, ähnlich wie die neuere Soziologiegeschichte insgesamt, kaum Gegenstand der sozialwissenschaftlichen Reflexion, zumindest keiner "soziologischen Geschichte der Soziologie" (FLECK 1999, S.59), auch wenn sich dieser Zustand gegenwärtig deutlich ändert. Ihr wurde allenfalls in Einleitungskapiteln von Methodeneinführungen, knappen Überblicksdarstellungen oder randständigen Bemerkungen Aufmerksamkeit zuteil.21) Von dieser Beobachtung teilweise auszunehmen ist die in ihrer Anlage und Reichweite umfangreiche, bereits erwähnte Studie von WEISCHER (2004) über "Das Unternehmen 'Empirische Sozialforschung'. Strukturen, Praktiken und Leitbilder der Sozialforschung in der Bundesrepublik Deutschland". Sie konzentriert sich auf das gesamte Feld der empirischen Sozialforschung und gibt instruktive Hinweise auf deren durchaus wechselhafte Nachkriegsgeschichte.22) [33]

WEISCHER unterscheidet drei Phasen der empirischen Sozialforschung in der Bundesrepublik: die Gründungsphase (1949-1965), die "große Zeit" der empirischen Sozialforschung (1965-1980) und die empirische Sozialforschung im "Normalbetrieb" (seit 1980). Bereits in der Gründungsphase bestand demnach ein Interesse für qualitative Vorgehensweisen, das – beispielsweise bei der Sozialforschungsstelle Dortmund – seinen Niederschlag in typologisch orientierten empirischen Studien der industrie- und betriebssoziologischen Forschung fand; gleichwohl wurde qualitativen Methoden noch mit einem "gewissen Misstrauen" begegnet (S.71). In der Folge formierte sich zunächst eine Vorherrschaft quantitativer Vorgehensweisen. So sieht WEISCHER schon früh Entwicklungen zur "fortschreitenden Marginalisierung der qualitativen Sozialforschung" (S.195) angelegt. Dies habe sich erst im Zuge des "Positivismusstreites" und mit der von Jürgen HABERMAS (1985 [1967]) maßgeblich mit beförderten Rezeption des "interpretativen Paradigmas" aus dem Kontext der US-amerikanischen Soziologie in der deutschen Soziologie um 1970 verändert (WEISCHER 2004, S.252ff.). Zunehmend hätten sich eigenständige Methoden- und Methodologiediskurse etabliert, die Rechtfertigungen des Methodeneinsatzes im Hinblick auf Forschungsgegenstände und -fragen einforderten. Schließlich sei es zu einer Renaissance und Professionalisierung auch der qualitativen Methoden gekommen, ohne dass die Trennung beider Forschungstypen bedeutungslos geworden wäre (S.425ff.). [34]

Diese Deskription und Diagnose ist sicherlich zutreffend. Wir möchten im Anschluss daran jedoch einen spezifischen Moment in der Etablierung qualitativen Forschens in der Bundesrepublik genauer in den Blick nehmen, der zugleich den nicht unwesentlichen Einfluss der Kritischen Theorie und ihrer frühen Bemühungen um eine auch empirisch ausgerichtete Gesellschaftsanalyse verdeutlicht. In der bundesdeutschen Soziologie der 1950er Jahre wurden nicht nur zahlreiche Untersuchungen durchgeführt – vor allem in den Feldern der Industrie-, Betriebs- und Arbeitssoziologie oder der Jugendsoziologie (ADORNO 1979a [1952], 1979b [1959]) –, sondern bereits seit Anfang dieses Jahrzehnts fand auch eine Verständigung über Ziele, Fragestellungen, Konzeptionen und Vorgehensweisen statt. Daran waren mehrere MitarbeiterInnen des Frankfurter Instituts für Sozialforschung beteiligt – nicht zuletzt Theodor W. ADORNO selbst, der sich häufig mit dem Verhältnis von Soziologie, Theorie und empirischer Sozialforschung auseinandersetzte.23) Er trat dabei als Anwalt einer theoretisch integrierten und reflektierten Empirie in Erscheinung, die sich zwar wiederholt von simpler Meinungsforschung absetzte, aber auch den allgemeinen Vorbehalten gegenüber einer auf Massendaten gestützten Empirie wenig abgewinnen konnte. Ziel und Aufgabe einer umfassend angelegten Gesellschaftsanalyse sei, das Potenzial empirischer Forschung zur Widerlegung theoretischer Vorannahmen zu erschließen, was sowohl qualitative als auch quantitative Vorgehensweisen einbeziehen könne (ADORNO 1979c [1957], S.485ff.) Allerdings solle dabei gewährleistet sein, dass die Forschung selbst durch ihre kategorialen Vorgaben nicht zur Bestätigungspraxis verformt werde:

"Wenn ich sagte, daß es einer Theorie der Gesellschaft bedürfe, um auch nur die empirische Zuverlässigkeit von Befunden zu gewährleisten, so habe ich genau an solche Probleme gedacht. Was etwa eine Schlüsselgruppe sei, darüber kann die Statistik als solche nicht belehren, sondern nur die Reflexion auf die tatsächliche Machtverteilung innerhalb der Gesellschaft. Sie können daran sehen, wie aktuell das Verhältnis quantitativer und qualitativer Analyse für unsere Wissenschaft ist. Denn die Einsichten, die zwischen der statistischen Methode und ihrer adäquaten Anwendbarkeit auf bestimmte Inhalte vermitteln, sind in weitem Maße qualitativer Art. Gerade in Amerika, wo die quantitativen Methoden auf ihre gegenwärtige Höhe getrieben wurden, wird die Notwendigkeit der qualitativen Arbeit nicht nur als einer Ergänzung, sondern als eines konstitutiven Elements der empirischen Sozialforschung heute eingesehen" (S.490f.). [35]

Der Begriff der qualitativen Analyse wurde im Kontext des Frankfurter Instituts schon in den 1950er Jahren mit Referenzen insbesondere auf Allen BARTON und Paul LAZARSFELD, aber auch mit Blick auf die 1952 veröffentlichte Arbeit zur qualitativen Medieninhaltsanalyse von Bernard BERELSON (1952) benutzt. Vor allem der mehrfach im Institutskontext publizierte Text von BARTON und LAZARSFELD (1955) markiert die damit verbundenen Bedeutungen (vgl. Fußnote 71 in MANGOLD 1960).24) Obwohl darin vorwiegend für einen Einsatz qualitativer Verfahren in explorativen Phasen der Forschung geworben wird, demonstrieren die Frankfurter Beiträge zum Verfahren der Gruppendiskussion einen deutlich selbstbewussten, eigenständigen Standort des Qualitativen, der über die Idee einer "bloßen Vorstufe der Forschung" merklich hinausgeht und die Notwendigkeit qualitativ ausgerichteter Untersuchungen betont:

"Nicht ganz selten fallen der empirischen Sozialforschung Materialien zu, die sich nach Thematik und Gehalt auf wesentliche gesellschaftliche Fragen beziehen, aber ihrer Aufbereitung und Auswertung nach den etablierten Methoden widerstreben. [...] Der wahre Grund der Verlegenheit liegt wohl eher in der spezifischen Beschaffenheit der soziologischen Gegenstände, vorab in den irrationalen Aspekten der Gesellschaft, die sich den mathematisch-naturwissenschaftlichen Verfahrungsweisen nicht so bruchlos einfügen, wie es dort postuliert wird, wo man auf der rigorosen Ausbildung der soziologischen Methodologie besteht. Das jedoch dispensiert nicht davon, wann immer Materialien zur Verfügung stehen, die viel versprechen, mit denen man aber nicht recht fertig ward, sich anzustrengen, sie methodologisch zu bewältigen, anstatt sie der Wissenschaft verloren gehen zu lassen. Das ist die Situation der Befunde, welche das Gruppenexperiment ergab, über das im zweiten Band der Frankfurter Beiträge zur Soziologie berichtet wurde" (HORKHEIMER & ADORNO 1960, S.5). [36]

Das Frankfurter "Gruppenexperiment" (so der Titel des Studienberichts von Friedrich POLLOK im Jahre 1955)25) bzw. die dortigen, sei Winter 1950 durchgeführten 121 "Gruppendiskussionen", zu denen Diedrich OMER (1953) und Volker von HAGEN (1954) ihre Dissertationen abschlossen (vgl. MANGOLD 1960, S.9f.), hatten ihre Vorläufer ebenfalls in US-amerikanischen Vorbildern, die Ende der 1940er Jahre unter anderem im Kontext der Motiv- und Marktforschung entwickelt worden waren (und im Grunde heute unverändert als Fokusgruppen genutzt werden). In MANGOLDs Studie kommt zudem die Rezeption einiger Untersuchungen aus dem Kontext der Chicago School zum Ausdruck, die sich mit Gruppen (etwa "The Gang" von Frederic TRASHER 2000 [1927] oder die "Street Corner Society" von William F. WHYTE 1996 [1943]), aber auch (kritisch) mit Massenkommunikations- und Meinungsforschung auseinandersetzten (etwa BLUMER, 1976 [1933]). MANGOLD (1960) zielt vor diesem Hintergrund auf eine systematische Begründung des "Gruppendiskussionsverfahrens", denn obwohl es

"allmählich zu einem Standardverfahren der sogenannten Markt- und Meinungsforschung sich entwickelt [...] sind die methodologischen und theoretischen Implikationen der verschiedenen Ansätze, die Vereinbarkeit der besonderen Bedingungen der Gruppensituation mit den visierten Ermittlungszielen bisher noch nicht umfassend und systematisch untersucht worden. [...] Eine solche Analyse wird in der vorliegenden Arbeit versucht " (S.14). [37]

Das mache, so MANGOLD weiter, die Entwicklung besonderer

"Kriterien für die Gültigkeit und Verallgemeinerung von Diskussionsmaterial erforderlich [...] die Schwierigkeiten liegen darin, die soziale Struktur sogenannter informeller Kommunikationssituationen, die Beziehungen der einzelnen Gesprächspartner zueinander und die inhaltliche Struktur und Bedeutung situationsspezifischer Gruppennormen näher zu bestimmen" (a.a.O.). [38]

MANGOLD diskutiert in seiner Studie zunächst Probleme der "Ausfallquoten", der "Schweiger", der "Vergleichbarkeit der Einzelreaktionen", des Einflusses der "Gruppenkontrolle" und anderes mehr. Der überwiegende Teil seiner Erläuterungen konzentriert sich des Weiteren auf die Analyse mehrerer Diskussionsprotokolle. Will man diese Analyse charakterisieren, dann lässt sie sich am ehesten als Mischung aus der Wiedergabe von Protokollabschnitten und kommentierenden Passagen des Forschers beschreiben, die durch längere analytisch-betrachtende Einschübe unterbrochen werden. An solche überwiegend inhaltlich orientierten Auswertungen schließen sich Vergleiche nach sozialstrukturellen Kriterien an. Insoweit sind hier bereits wesentliche Elemente der später von Ralf BOHNSACK (1991) mit anderen theoretischen Bezügen versehenen und um Systematisierungen der Analyseschritte erweiterten "dokumentarischen Methode" und deren Anwendung auf Gruppendiskussionen vorhanden. [39]

Eine methodische Systematisierung schien nötig geworden zu sein, denn die durchgeführten "qualitativen Analysen" (HORKHEIMER & ADORNO 1960, S.5) der Diskussionen mit "Steigern", "Lagergruppen", "Bauerngruppen", "Bergarbeitergruppen" u.a. wurden "nach den eingespielten Regeln des Wissenschaftsbetriebs" wegen "methodologischer Mängel" bezweifelt – sie hätten keine "objektive Gültigkeit". Deswegen gelte: "Das Buch von Mangold will weiterführen" (S.5f.):

"[Sein] Ziel ist es, Möglichkeiten und Grenzen der Methode für die systematische und kontrollierte Ermittlung von Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu bestimmen und daraus nicht nur Vorschläge für die Auswertung, sondern auch solche für die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens selbst abzuleiten" (S.6). [40]

Gleichwohl merken HORKHEIMER und ADORNO in diesem Zusammenhang an, dass nicht das Verfahren allein genüge. Die Komplexität der Gegenstände, des Erhebungsinstruments und seiner Ergebnisse lasse sich vielmehr kaum in "rein objektivierenden" Verfahren erfassen, sondern das "Begreifen der Sache selbst" verlange ein "Mehr an Subjektivität: an Erfahrenheit und interpretativer Kraft des einzelnen Forschers" (S.7). An dieser Stelle scheint eine augenfällige Nähe zum phänomenologischen Diskurs auf.26) Doch gerade das "Begreifen der Sache selbst" impliziert sowohl analytische Kompetenz wie auch die angemessene Anwendung und Handhabung von Verfahren; das eine ist gleichsam nicht ohne das andere zu haben. [41]

Zusammen mit dem von HORKHEIMER und ADORNO unterzeichneten Vorwort liefert der Text von MANGOLD eines der ersten Beispiele für die Entwicklung einer Systematik des Analyseverfahrens im Zusammenhang der qualitativen Sozialforschung. Er macht damit deutlich, dass ungeachtet der weitreichenden Positivismuskritik der Frankfurter Schule die Alternative keineswegs in einer philosophisch-soziologischen Haltung tiefer Wesensschau oder ähnlichem gesucht wurde. Vielmehr wurde, ausgehend von einer spezifischen Vorstellung des Untersuchungsgegenstandes, daran gearbeitet, die darauf bezogenen Fragestellungen mit einem Höchstmaß an wissenschaftlicher Rationalität und Nachvollziehbarkeit zu bearbeiten – und sich damit die Anerkennung der Leitfiguren des empirischen Wissenschaftsbetriebes zu sichern. Dazu wurde trotz der erwähnten pauschalen Referenzen an Studien der Chicagoer Soziologie gerade nicht auf die spezifischeren und deutlich umfassenderen Diskussionslagen zurückgegriffen, die beispielsweise über die von René KÖNIG (1972a, 1972b) zusammengestellten Methodenbeiträge bereits aus der US-amerikanischen Literatur zumindest dem Titel und Kurzbeschreibungen nach bekannt waren (und für diejenigen, die Englisch sprachen, auch weiter erschließbar schienen).27) Vielmehr setzten die VertreterInnen der Frankfurter Schule an einer systematischen, textbasierten Begründung des Analyseprozesses und seiner Gültigkeit an. Der dabei eingeschlagene Weg der Systematisierung fügte sich ein in die Kontinuität zeitlich anschließender Methodenentwicklungen, obwohl er nur von wenigen explizit aufgegriffen wurde. "Wahlverwandt" erscheinen uns bereits die von POPITZ, BAHRDT, JÜRES und KESTING (1957) vorgenommenen Anstrengungen einer präzisen Erfassung von Arbeitswelten und Vorstellungen der Arbeitenden – ist nicht auch die dem zugrunde gelegte Phänomenologie ursprünglich gerade als exaktes rationales Verfahren der Analyse "der Sachen selbst" angelegt worden, das alle Formen der philosophischen oder empirischen Spekulation ausschließen wollte? Die ersten Sammelbände "genuin" deutschsprachiger Beiträge zur Methodenentwicklung Ende der 1970er Jahre umkreisen denn auch aus unterschiedlichen Perspektiven, mit unterschiedlichen Verfahrensbegründungen, -weisen und -zielen die Frage der methodischen Kontrolle des Interpretationsprozesses (z.B. HEINZE, KLUSEMANN & SOEFFNER 1980; SOEFFNER 1979). [42]

Wir kehren damit zur allgemeineren Diskussion der Entwicklung der qualitativen Forschung zurück. Von ihrer Professionalisierung lässt sich in dem Maße sprechen, wie sich einzelne Positionen und Vorgehensweisen oder das gesamte Methodenspektrum festigten, Lehrbuchgestalt annahmen, in Ausbildungsgängen, Zeitschriften- bzw. Fachpublikationen, Positionen im universitären Raum, Methodenwerkstätten, Diskussionen über Standards usw. institutionalisiert wurden.28) Professionalisierungsprozesse kommen ebenso in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zum Aufbau des Soziologiestudiums (REHBERG 2003a, 2003b), in der Gründung einer eigenständigen Sektion "Methoden der qualitativen Sozialforschung" der DGS im Jahre 2003 und in der Einrichtung von Professuren für qualitative Methoden zum Ausdruck (vgl. KNOBLAUCH 2008, S.214f).29) Zugleich macht der von der bestehenden (quantitativen) Methodensektion der DGS bzw. deren damaligem Sprecher initiierte Streit um die Neugründung deutlich, dass die Konfliktlinien noch bis vor Kurzem keineswegs als befriedet gelten konnten.30) Die jüngere Professionalisierung des Feldes der qualitativen Sozialforschung – für die auch neuere Zeitschriftengründungen wie FQS, die Zeitschrift Sozialer Sinn oder die Zeitschrift für qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung stehen – ist nach Einschätzung HITZLERs (2002) durch Bemühungen um Anschlüsse an und Auseinandersetzungen mit zunächst empiriefernen Theorieangeboten gekennzeichnet, während Bezüge zu soziologischen Gesellschafts- bzw. Zeitdiagnosen weitgehend fehlen (vgl. dazu auch die Diskussion in KALTHOFF, HIRSCHAUER & LINDEMANN 2008 sowie KELLER 2014).31) [43]

Schon vor der Veröffentlichung der Arbeit von WEISCHER (2004) wurde die verbreitete Vorstellung korrigiert, die qualitative Sozialforschung setze in der Bundesrepublik erst Anfang der 1970er Jahre ein (so bspw. auch FLICK 2005, §12). Eine solche Einschätzung übersieht, dass, wie oben argumentiert, bereits die Vertreter der Kritischen Theorie nach dem zweiten Weltkrieg, insbesondere Theodor W. ADORNO, sich entsprechend engagierten, und zwar nicht nur auf der allgemeinen Ebene erkenntnistheoretischer Debatten, sondern sehr konkret im Hinblick auf die Akzeptanzbedingungen der wissenschaftlichen Erkenntnisproduktion.32) Auch die erwähnten, seit den 1950er Jahren genutzten qualitativen Methoden der Datenerhebung – Gruppendiskussionen und die daran anschließenden Reflexionen über Auswertungen bei Werner MANGOLD (1960) oder offene Interviews und begleitende Beobachtungen, wie sie beispielsweise in den phänomenologisch begründeten, an der Erfahrung und dem Erleben der Arbeitenden ansetzenden Studien von POPITZ et al. über das "Gesellschaftsbild des Arbeiters" (1957) zum Einsatz kamen – , waren ja mit qualitativen Auswertungsstrategien verbunden. HOPF und MÜLLER sprechen daher von einer durchaus "nennenswerten Rolle" qualitativer "Verfahren der Erhebung und Analyse sozialwissenschaftlicher Daten" (1995, S.54) in den 1960er Jahren. Allerdings sind diese verschiedenen und sporadischen Ansätze durch eine dominierende quantifizierende Sozialforschung überlagert worden und haben nicht zu einem spezifischen teildisziplinären Profil geführt. Entsprechende Entwicklungen setzen in der Tat erst in den 1970er Jahren ein und werden – sieht man von den Importleistungen eines Jürgen HABERMAS (1985 [1967]) ab – in der einführenden Literatur33) mit der Aufnahme des symbolischen Interaktionismus, der Ethnomethodologie und der Konversationsanalyse bzw. des US-amerikanischen "interpretativen Paradigmas" – auch Aaron CICOURELs (1974) Kritik der messenden Soziologie – in Verbindung gebracht oder der Rückkehr emigrierter SoziologInnen wie Thomas LUCKMANN zugerechnet.34) Eine Vielzahl der in den 1970er Jahren beginnenden Gastaufenthalte deutschsprachiger ForscherInnen in Kalifornien (u.a. Jörg BERGMANN, Ralf BOHNSACK, Uta GERHARDT, Gerhard RIEMANN, Fritz SACK, Fritz SCHÜTZE, Hans-Georg SOEFFNER, später z.B. Thomas EBERLE und Hubert KNOBLAUCH) bei dortigen Vertretern des symbolischen Interaktionismus (wie Herbert BLUMER), der damit eng verbundenen Grounded-Theory-Methodologie (wie Anselm STRAUSS) und der intellektuell benachbarten Ethnomethodologie (Aaron CICOUREL, Harold GARFINKEL) beförderten diese Rezeption. Hinzu kamen umgekehrt Besuche wie etwa Anselm STRAUSS' Aufenthalt in Konstanz im Jahre 1975, der durch Richard GRATHOFF organisiert wurde. Gerade den Kontakten mit STRAUSS und seiner Arbeitsweise verdankt sich der Import eines "forschenden Lernens" (REICHERTZ 2013a [2003], S.33), das vor allem auf Interpretationsgruppen setzt (RIEMANN 2005), wobei im Kontext der Bielefelder Soziologie eher Orientierungen an GLASER und STRAUSS vorherrschten und in Konstanz Bezüge auf die Konversationsanalyse stark waren (vgl. dazu REICHERTZ 2013, S.33ff.; STRAUSS 1994). Die Einflüsse, die in dieser Hinsicht gerade in den 1970er Jahren von der in sich heterogenen US-amerikanischen Tradition der pragmatistisch-interpretativen Soziologie auf die deutschsprachige qualitative und interpretative Forschung ausgingen, ja diese in gewissem Sinne geradezu mit konstituierten, ist kaum zu überschätzen. [44]

Die allmähliche Festigung der qualitativ orientierten Forschungsparadigmen und der ihnen zugehörigen Methoden im deutschsprachigen Raum lässt sich inhaltlich in erster Linie durch ihre starke theoretische, methodologische und methodische Ausrichtung auf die kontrollierte Erfassung von Interpretationsprozessen und Sinngebungen sozialer AkteurInnen sowie durch die Reflexion auf wissenschaftliche Interpretationsprozesse kennzeichnen – eben durch das, was wir als Legitimation durch Verfahren bezeichnen.35) HOPF und MÜLLER (1995, S.65ff.) stellen hierzu seit den frühen 1970er Jahren erkennbare "Verbesserungen des methodischen und inhaltlichen Niveaus" fest, unter anderem bezüglich der "Überprüfbarkeit von Interpretationen qualitativer Daten", und konstatieren für die damalige Phase neben dem zunehmenden Computereinsatz bei der Analyse einen Gegensatz zwischen eher inhaltsanalytischen und eher auf die Interpretation von Einzelszenen orientierten (also sequenzanalytisch-hermeneutischen) Verfahren. Hubert KNOBLAUCH diagnostiziert mit der Unterscheidung von "Methoden als Kunst" versus "Methoden als Technik" eine insgesamt konfliktreiche Restrukturierungsform des gegenwärtigen Feldes (2007, §12). Die neueren Entwicklungen erscheinen einigen BeobachterInnen als fortschreitende Spezialisierung, die den negativen Effekt einer zunehmenden Unübersichtlichkeit und Konkurrenz von sich nur noch ex negativo aufeinander beziehenden Schulen mit sich bringe.36) Nach REICHERTZ (2009) lässt sich kein bestimmter Trend ausmachen, sondern ein konjunkturelles "Auf und Ab der Themen und Vorlieben" (Abstract), in denen sich "elaborierte Methoden" (die in theoretische Paradigmen integriert sind) von "Ad-hoc-Methoden" unterscheiden lassen (§14f.). Diese Unterscheidung ist gleichwohl nicht unumstritten und wird bspw. von MRUCK (2007) als problematisch, wenn nicht unzulässig eingeschätzt.37) Gerade mit seinem vorher erschienenen und ähnlich argumentierenden Hauptbeitrag "Qualitative Sozialforschung – Ansprüche, Prämissen, Probleme" in der Zeitschrift Erwägen Wissen Ethik hatte REICHERTZ (2007) eine umfangreiche Debatte innerhalb des Feldes ausgelöst, in der unter anderem die weitere Reflexion theoretisch-methodologischer Grundlagen einerseits angemahnt, andererseits gerade dies als "Problem der deutschen Szene" benannt wird (z.B. EBERLE 2007). [45]

5.3 "In Form sein für das Feld": Individualisierte Inspiration und qualitative Forschung in Frankreich

Während in Deutschland eher eine Arbeitsteilung von "reiner" soziologischer Theoriebildung, empirischer Forschung und Gesellschaftsdiagnose beobachtbar ist, scheint sich die französische Situation von vornherein durch eine stärkere Integration von Theorie und empirischer Forschung auszuzeichnen, die in den vier dominierenden Soziologieschulen der 1970er und 1980er Jahre – Raymond BOUDONs Theorie des "rational wählenden Akteurs", Pierre BOURDIEUs Theorie der Praxis, Michel CROZIERs Organisationsanalyse und Alain TOURAINEs akteursorientierte Handlungstheorie – in unterschiedlicher Gestalt zu Tage tritt (vgl. BERTHELOT 2003). Auch spielt die Diskussion über die Abgrenzung zwischen quantitativen und qualitativen Methoden seit den 1960er Jahren eine deutlich geringere Rolle als in der deutschsprachigen Soziologie. Demgegenüber sind vor allem in den 1970er und 1980er Jahren auf der Ebene der Veröffentlichungen methodenintegrative Vorgehensweisen unter dem Dach theoretischer Paradigmen verbreiteter. Zudem vertraten BOURDIEU, CHAMBORDON und PASSERON (1991 [1968]) in ihrem Buch über "Le métier de sociologue" ["Soziologie als Beruf"] gleichsam stellvertretend die einflussreiche Position eines epistemologischen Monismus, der die Trennung von quantitativen und qualitativen Vorgehensweisen ablehnt. An anderer Stelle schreibt BOURDIEU (1992b): "Es gibt eine gewisse Zahl falscher, toter und beerdigter Debatten (wie intern/extern oder qualitativ/quantitativ), die nur deswegen existieren, weil die Professoren sie zum Leben brauchen, weil man dadurch Veranstaltungspläne und Dissertationen anfertigen kann" (S.157).38) [46]

Einführende Darstellungen der jüngeren französischen Soziologiegeschichte konzentrieren sich überwiegend auf die Präsentation konkurrierender Ansätze (BERTHELOT 2003; LAHIRE 2005); die Entwicklung und Situation der französischen Soziologie bis Mitte der 1970er Jahre wird generell durch die Konkurrenz der "großen Vier" beschrieben. Damit sind, wie eben erwähnt, die BOURDIEU-Schule (Theorie der Praxis, genetischer Strukturalismus), die Schule um Raymond BOUDON (Rational-Choice-Theorie, methodologischer Individualismus), die Alain TOURAINE-Schule (Akteurssoziologie) und die institutionalistische Organisationsforschung von Michel CROZIER adressiert. [47]

Die Methodendiskussion wird weitgehend über Erhebungsmethoden geführt, sehr viel weniger über Auswertungsmethoden. Bezogen auf die Erhebungsmethoden dominiert die Feldforschung; hier lässt sich seit Mitte der 1980er Jahre ein deutlich gesteigertes Interesse verzeichnen, das in jüngerer Zeit vor allem durch den Rekurs auf die Chicago-Tradition und den symbolischen Interaktionismus, aber auch durch Hinweise auf die Ethnomethodologie und den Pragmatismus  legitimiert wird. Einen vergleichbaren Zuwachs erfährt die Literatur über Interviews; auch hier steht der Einsatzzweck im Vordergrund, Auswertungsfragen werden nur kurz angerissen. Datenbearbeitungen bevorzugen Formen der Inhaltsanalyse, bei denen häufig Rekurs auf die strukturalistisch-sprachwissenschaftliche Tradition genommen wird. ANGERMÜLLER (2005) verweist in einem knappen impressionistischen Bericht über die qualitativen Methoden in Frankreich darauf, das Label "qualitativ" spiele in Frankreich eine deutlich geringere Rolle, gleichwohl sei von einer hohen Verbreitung nicht-standardisierter Methoden auszugehen. Die Reflexion dieser Methoden ist allerdings wiederum eher der frankokanadischen Sozialforschung zuzurechnen (PAILLÉ 2006). [48]

Neben den erwähnten Überblicken zu Theorieschulen hat in jüngerer Zeit in der französischen Soziologie eine Beschäftigung mit der Geschichte der empirischen Sozialforschung begonnen.39) MASSON (2008) stellt bspw. neun exemplarische und wegweisende empirische quantitative und qualitative Studien aus dem Zeitraum von 1951-1999 vor, wobei es ihm in erster Linie um das Nachzeichnen der inhaltlichen, theoretischen sowie methodischen Bandbreite und Innovationskraft der jeweiligen Untersuchungen, aber auch um ihre Finanzierungen sowie Vernetzungen mit dem umgebenden Feld der französischen Soziologie geht. MARTIN und VANNIER (2002) untersuchen den Einfluss psychologischer Methoden (bspw. Interview- bzw. Gesprächsführungstechniken) auf die Entwicklung der französischen Nachkriegssoziologie. Auch verschiedene soziologische Tagungen der letzten Jahre haben sich ansatzweise und meist mit sehr spezifischem Fokus den Entwicklungen der empirischen Soziologie sowie ihrer Einbettung in nationale und internationale Soziologietraditionen zugewandt.40) [49]

BOURDIEU und PASSERON (1981) beschreiben, wie sich ab den 1960er Jahren die Soziologie gegen die starke Dominanz einer existenzialistischen Philosophie einerseits, einer strukturalistischen Ethnologie mit hohem Wissenschaftlichkeitsanspruch andererseits durchgesetzt hat und dabei die Anbindung an DURKHEIM prägend war. Vielleicht nicht zufällig wird dabei unterschlagen, dass in den 1950er Jahren zunächst eine explizite Absetzung von der "Lehnstuhlsoziologie" der Spätphase DURKHEIMs angestrebt wurde, die sich vor allem in Feldforschungen in Betrieben und Gemeinden, aber auch in Studien über Massenmedien ausdrückte und stark durch US-amerikanische Vorbilder beeinflusst war – Forschungsrichtungen, von denen sich BOURDIEU im Rahmen seiner Schulenbildung deutlich distanzierte. Ein Nachhall der erwähnten Auseinandersetzungen der 1960er Jahre findet sich noch in den wiederholten BOURDIEUschen polemischen Attacken gegen die "Mikrosoziologie" oder "Spontansoziologie", die unter dem nicht vollzogenen "epistemologischen Bruch" mit dem Alltagsdenken leide.41) Diese Auseinandersetzungen richten sich jedoch nicht gegen qualitative Sozialforschung per se; Letztere wird, wie ja gerade die Arbeiten von BOURDIEU zeigen, gleichsam selbstverständlich als sehr spezielles Theorie-Methoden-Instrumentarium eingesetzt. Die starken, wenn auch konkurrenten Stellungen der Ethnologie und Anthropologie haben zugleich eine große Selbstverständlichkeit ethnografischer Forschungen auch in der Soziologie befördert. [50]

Wenden wir uns nun der französischen Situation der 1950er Jahre etwas genauer zu. Politisch waren die Nachkriegsjahre in Frankreich geprägt durch eine starke Etablierung staatlicher Planung, die den Wiederaufbau der Soziologie zunehmend prägte. Wichtige Soziologen waren Raymond ARON, Georges FRIEDMANN, Georges GURVITCH oder Jean STOETZEL, wobei ARON und GURVITCH eher theoretisch orientiert erschienen, während FRIEDMANN und STOETZEL für sehr unterschiedliche empirische Ausrichtungen an US-amerikanischen Vorbildern stehen und damit großen Einfluss hatten, denn die Wiedereinrichtung der französischen Soziologie im Nachkriegsfrankreich war wesentlich durch die Hinwendung zur empirischen Forschung bestimmt. Dabei standen sich zwei Großrichtungen gegenüber: Auf der einen Seite fand sich eine eher monografisch und fallorientiert ansetzende Feldforschung, die sich mit Arbeitsverhältnissen, aber auch Stadt- und Landentwicklung und Ähnlichem beschäftigt. Der wesentliche Ort dieser Forschung war das CNRS-finanzierte Centre d'Études Sociologiques, das 1945 von Georges GURVITCH (Soziologieprofessor an der Sorbonne) gegründet und bis 1949 auch von ihm geleitet wurde. Dann übernahm Georges FRIEDMANN (Professor am Conservatoire National des Arts et Metiers) bis 1951 die Geschäfte. Ihm folgte bis 1956 Maximilian SORRE (Honorarprofessor an der Sorbonne), und dann Jean STOETZEL (Professor an der Sorbonne). In die Gründungs- und Etablierungsphase des Centre d'Études Sociologiques fällt die Hinwendung zur "unumgänglichen Feldarbeit" (POLLAK 1978, S.41). [51]

Die Soziologie im Nachkriegsfrankreich befand sich in einer desolaten Situation, gegenüber der diejenige in Deutschland nur als "wohletabliert" bezeichnet werden kann. Sie war mit ihren nur vier Lehrstühlen kaum an den Universitäten und Hochschulen verankert, und konnte ebenso wenige Verankerungen in Forschungseinrichtungen aufweisen (MASSON 2008, S.9):

"Trotz einer offensichtlichen Autonomie litt die erste Generation der französischen Soziologen nach 1945 unter einer doppelten Exklusion. Ausgeschlossen sowohl von der intellektuellen Szene wie auch aus den Universitäten, waren sie auch nicht an der professionellen staatlichen Auftragsforschung beteiligt (die vom INSEE und der INED repräsentiert wurden). Die soziologischen Arbeiten resultierten nicht aus einem genauen Projekt oder einer bestimmbaren Berufung, sondern stellen eine zögerliche und ambivalente Antwort auf die nahezu unüberwindbaren Spannungen zwischen zwei Welten dar, zwischen Sartre und der Statistik" (HEILBRON 1991, S.365).42) [52]

Erst Anfang der 1960er Jahre weitete sich die institutionelle Verankerung der Soziologie rapide aus: Zwischen 1960 und 1964 stieg bspw. die Zahl der SoziologInnen am CNRS von 56 auf 90. Zunehmend entstand eine staatliche Nachfrage nach soziologischer Forschung (DROUARD 1982, S.69ff). Zu den frühen und wichtigsten Impulsen, die für die Neubelebung der Disziplin – in der Literatur ist vielfach von ihrer "zweiten Geburt" die Rede (siehe z.B. CHAPOULIE, 1991) – ausschlaggebend waren, gehörte das erwähnte Centre d'Étude Sociologique, ein sogenanntes "Laboratoire", dessen Leitung 1949-1951 von dem Philosophen Georges FRIEDMANN übernommen wurde. FRIEDMANN arbeitete vor allem zu Transformationen der Arbeitswelt.43) Wie viele seiner MitarbeiterInnen war er zuvor in den USA und dort u.a. in Kontakt mit den arbeits- und industriesoziologischen Forschungen in Harvard gekommen, u.a. auch mit den Hawthorne-Studien (ROETHLISBERGER, DICKSON & WRIGHT 1966 [1939]) und mit Arbeiten von Everett C. HUGHES (z.B. 1958); er propagierte entsprechende Vorgehensweisen in Frankreich. Ein Forschungsaufenthalt in den USA war Anfang der 1950er Jahre für NachwuchssoziologInnen "Pflicht" – die USA galten als "neues Vaterland" der Sozialwissenschaften (DROUARD 1982, S.62ff; VANNIER 2010). Paul LAZARSFELD wird vor allem in den 1960er Jahren durch die Vermittlung von Jean STOETZEL und Raymond BOUDON eine zentrale Rolle spielen. STOETZEL, eher sozialpsychologisch und auf Meinungsumfragen hin orientiert, war mit ihm befreundet und entwickelte den quantitativen Pol der französischen Soziologie, dann auch mit großer Unterstützung durch Raymond BOUDON, der mit LAZARSFELD veröffentlichte bzw. dessen Schriften herausgab (siehe z.B. BOUDON & LAZARSFELD 1965, 1966). BOUDON war 1960 ebenfalls an LAZARSFELD "Bureau of Applied Social Research", 1962-1963 lehrte LAZARSFELD häufig in Frankreich.44) [53]

Die Maxime, die FRIEDMANN der am Centre d'Étude Sociologique verfolgten Soziologie gab, lautete vor allem, "es nicht so wie DURKHEIM zu machen".45) Das mag angesichts der überragenden Rolle DURKHEIMs in der Begründung der Soziologie in Frankreich überraschen. Es bezog sich jedoch vor allem abwertend auf DURKHEIMs Spätwerk, die weiter oben schon erwähnte Studie zu den "Elementaren Formen des religiösen Lebens" (DURKHEIM, 2007 [1912]). Es anders als DURKHEIM zu machen, dem man in diesem Buch spekulative Lehnstuhlsoziologie ohne Feldkontakt, mit Daten aus zweiter und dritter Hand vorwarf, hieß deswegen vor allem, eigene empirische Forschung zu betreiben. Orientiert am US-amerikanischen Vorbild bedeutete das:

"Die Definition empirischer Forschung ist in dieser Phase sehr vage. Empirisch zu arbeiten, bedeutet, Daten mit allen verfügbaren Mitteln zu sammeln: Meinungsumfragen, große Fragebogenuntersuchungen, Interviews, Beobachtung, usw. Es ging hauptsächlich darum, 'hinzugehen und nachzusehen', wie Georges Friedmann oft sagte" (MASSON 2008, S.12). [54]

Eine solche Maxime erinnert unmittelbar an die Forschungshaltung der Chicago-Tradition. Gleichzeitig waren die eigenen Mittel sehr begrenzt – die Rede von einem Forschungsinstitut sollte darüber nicht hinwegtäuschen. Mitte der 1950er Jahre waren die Arbeitsbedingungen miserabel, Kontakte zu Universitäten fehlten (vgl. MARCEL 2005). Doch ungeachtet dessen liest sich die Liste der Mitglieder des Centre wie ein Who's who der französischen Sozialwissenschaften der späteren 1960er Jahre (HEILBRON 1991, S.372ff.). Im Kontext des Zentrums entstanden zahlreiche Fallstudien in einzelnen Industrie- und Arbeitszweigen, etwa TOURAINEs Untersuchung über "L'évolution du travail ouvrier aux usines Renault" ["Der Wandel der Fabrikarbeit in den Renaultwerken"] (1955). Es handelt sich dabei häufig um Monografien, die auf einer nicht weiter spezifizierten Feldforschung bzw. mehreren Aufenthalten vor Ort (hier: in den Fabriken) beruhten. Anfang der 1950er Jahre spielte auch eine andere am Centre entstandene Studie eine große Rolle in der französischen Soziologie: Der Philosoph und Ethnologe Paul-Henri CHOMBART DE LAUWE, der unter anderem auch Feldforschungen in Kamerun durchführte und sich später als Anthropologe und Soziologie verstand, veröffentlichte 1952 "Paris et l'agglomération parisienne", in der das Ergebnis eines umfangreichen Forschungsprojektes – an dem 21 MitarbeiterInnen beteiligt waren – zum Ballungsraum Paris vorgestellt wird. Darin ist vor allem der Einfluss von Ernest BURGESS und der Chicago-Tradition der Stadtforschung prägend. Auch Jean-Daniel REYNAUD, Henri MENDRAS, Edgar MORIN und viele andere arbeiteten am Centre d'Étude Sociologique. Folgt man den Darstellungen der Literatur, dann wies FRIEDMANN ihnen allen Arbeitsgebiete zu. Wobei in Rechnung gestellt werden sollte, dass sie zwar alle über vielfältige Erfahrungen und Ausbildungen verfügten: in der französischen Resistance, im Journalismus, in der Geschichtswissenschaft oder Philosophie. Aber niemand hatte ein Soziologiestudium absolviert. [55]

Wir möchten aus den wenigen in den 1960er Jahren nachweisbaren expliziten Ansprüchen an die Formulierung einer eigenständigen Methodologie des qualitativen Forschens einen Beitrag von Edgar MORIN herausgreifen, an dem sich die These der individualisierten Inspiration besonders deutlich herausarbeiten lässt. Damit bezeichnen wir eine (implizite) Begründungsfigur für die Produktion und Gültigkeit soziologischen Wissens, die sich auf die fraglose Kompetenz des Forschers oder der Forscherin stützt.46) [56]

1966 veröffentlichte MORIN, der sich in den 1950er Jahre vor allem mit Massenmedien beschäftigt hatte, in den von Georges GURVITCH begründeten, ab Mitte der 1960er Jahre von Georges BALANDIER herausgegebenen Cahiers Internationaux de Sociologie, deren Redakteur er Anfang der 1960er Jahre war, einen Artikel mit dem Titel "La démarche multidimensionelle en sociologie" [etwa: "Das multidimensionale Vorgehen in der Soziologie"]. Den Hintergrund bildeten interdisziplinäre Untersuchungen zur Modernisierung des ländlichen Frankreichs, in denen die Soziologie neben den Agrarwissenschaften und anderen Disziplinen tatsächlich eine eher randständige Rolle eingenommen hatte (vgl. MORIN 2013 [1967]). MORIN war von seinem Mentor FRIEDMANN im Rahmen einer neuartigen staatlichen Forschungsfinanzierung dorthin geschickt worden, um kulturelle Einrichtungen zu untersuchen. Es gab keinen genauen Plan für sein Vorgehen – "der Weg, die Methode entstand im Gehen" (S.9):

"Verweigerung einer Fragebogenuntersuchung, Privilegierung von Gesprächen bei zufälligen oder vorbereiteten Begegnungen; […] lange Unterhaltungen mit Tonbandaufzeichnung die nach ein oder zwei Stunden tiefgehende Obsessionen zutage brachten. Kein Programm a priori, sondern eine durchgehende Strategie, die nach Maßgabe der gesammelten Erkenntnisse bei jedem Treffen des Forschungsteams ihre Prioritäten und Ziele veränderte" (a.a.O.).47) [57]

Interessant ist in diesem Beitrag zunächst schon die Fußnote, welche die Herausgeber der Cahiers gleich am Beginn platzierten: "E. Morin präsentiert hier Überlegungen und Vorschläge, die für einen 'Feld'-Ethnologen weniger verwirrend sind als für einen Soziologen. Für den Letzteren haben sie den Charakter einer provozierenden Anregung zu einer methodologischen Debatte" (Note de la Direction in MORIN 1966, S.49). [58]

Nach der starken Präsenz der Feldforschungen der 1950er Jahre im Umfeld von FRIEDMANN war die französische Soziologie wie erwähnt seit dessen Nachfolger Jean STOETZEL zunehmend durch eine auf LAZARSFELD rekurrierende quantifizierende Meinungs- und Umfrageforschung dominiert. Die LeserInnenschaft der Cahiers musste also vorbereitet werden auf das, was folgte. MORIN stellt zunächst seine "Feldforschung" im bretonischen Finistère vor – eine komplexe Studie zur Mikrogesellschaft einer Kommune in ihren Relationen zur Makrogesellschaft. Spezifischer werde sich der Artikel mit dem Problem befassen, was das denn sei: ein Forschung im "Feld" (terrain):

"Deswegen brauchen wir eine Methode, die sich an die Multidimensionalität des untersuchten Phänomens anpasst, die das Auftauchen konkreter Daten begünstigt, die seine Einzigartigkeit ausmachen, die die Entwicklung eines Denkens erlaubt, welches diese Daten in eine umfassendere Totalität integriert und welche den Status und die Charakteristika dieser Totalität bestimmen" (1966, S.50). [59]

Dafür kommen nun, so MORIN weiter, die Methoden standardisierter Forschung nicht infrage. Die Forschung könne zwar nicht jeden Haushalt einbeziehen, müsse aber stattdessen ihr Sample im Zuge ihrer Umsetzung aufbauen. Die Erhebung konkreter Daten umfasse "harte", belastbare Dokumente (Tonbandaufzeichnungen, möglichst offene Interviews, Beobachtungen und Ereignisnotationen), die die verschiedenen Dimensionen des untersuchten Phänomens durch unterschiedliche Zugänge gewährleisten. Es gehe darum, Korrekturen und Verifikationen im Fortgang eines interpretierenden Denkens zuzulassen. Genutzt würden deswegen 1. die "phänomenografische Beobachtung", die mit der ethnografischen Beobachtung verwandt sei, 2. das Interview und 3. die Teilnahme an den Aktivitäten der Gruppen in ihrer sozialen Praxis (S.51). MORIN spezifiziert diese Erhebungsinstrumente nun wie folgt: Die phänomenografische Beobachtung beziehe sowohl öffentliche wie private Orte, idealerweise die Totalität des untersuchten Phänomens mit ein, und dabei auch die BeobachterInnen als BeobachterInnen. Sie solle zugleich "panoramisch und analytisch" sein, "Balzac und Stendhal" folgen – dem "enzyklopädischen Projekt" des Ersteren und dem "Blick fürs Detail" des Letzteren (a.a.O.).48) Der Stapel der erstellten Notizen verwandle sich in einen "Vorratsspeicher", in dem die "Daten sich zu Zeichen transformieren" (a.a.O.). Ansonsten verlange das Vorgehen das gesamte Spektrum der Aufmerksamkeit. Ein Forschungstagebuch sei hilfreich, nicht zuletzt um die Eigenrolle des Forschers/der Forscherin zu reflektieren. [60]

Die Interviews (S.52f.) wurden nach Zufallskriterien und sozialstrukturellen Merkmalen geführt, entlang der Maßgabe "maximaler Signifikanz und Kontrastierung". Hinzu kamen "Pseudo-Gespräche", "Kurz- und nicht-dirigistische Tiefeninterviews" – die ganze Kunst bestehe in der "Führung zum Nicht-Geführten". Dabei seien "Intuitionen und Sympathien" wichtiger als "Regeln und Techniken". Ein Interview sei gelungen, wenn es sich in "tatsächliche Kommunikation" verwandele, wenn der "tatsächliche unbekannte Kontinent der Moderne" sich zeige: "der Andere" (S.53). Hinzu kam schließlich die Teilnahme an Gruppenaktivitäten (S.53f.) die mitunter auch in experimentellen Settings stattfand. Dabei seien Prinzipien der "sozialen Maieutik", der "Non-Direktivität", des "wilden Experimentierens", des "psycho-soziologischen Sokratismus" (S.54), des gemeinsamen Interesses an der Forschung leitend gewesen. [61]

All diese Vorgehensweisen konfrontieren nun, so MORIN weiter, mit dem "methodologisch fundamentalen Problem: der Beziehung zwischen Forscher und Feld" (S.55f.). Dies erfordere sowohl Distanzierung und Objektivierung wie auch Partizipation und Sympathie. Forschende seien zugleich "Wissende" und der "integre Freund", EineR unter Gleichen und doch auch diejenigen, die über das "Mana" der Erkenntnis verfügten. Zwar sei und bleibe das Gegenüber unhintergehbar Objekt, doch bedürfe es in jedem Fall einer "Gegengabe":

"Die standardisierten Studien vervielfachen die technischen Vorsichtsmaßnahmen bezüglich der Extrahierung der Daten, und vergessen, dass sie auch vom Extrahierer abhängt. Wir waren viel sensibler für die Qualität der Personen, die wir rekrutiert haben, als für ihre technische Qualifikation. Die multidimensionale Methode verlangt zunächst eine Neugier, die für alle Dimensionen des Phänomens Mensch offen ist, und sie erfordert den vollen Gebrauch unterschiedlicher Fähigkeiten. Jeder Forscher ist polyvalent in dem Sinne, dass er Beobachtung, Interview und Gruppenhandeln praktizieren muss" (S.56). [62]

Bei all dem gelte gegen die üblichen Vorstellungen, dass das Denken mehr zähle als das Rechnen, das Infrage-Stellen mehr als der Fragebogen:

"Wohlgemerkt, der volle Einsatz der Persönlichkeit erfordert die optimalen inneren Bedingungen, welche die Sportler die 'Form' nennen. Jede Formschwäche betrifft sofort die Qualität der Arbeit. Man wird verstehen, dass eine Methode, in der die Kunst und die persönlichen Dispositionen eine so große Rolle spielen, sich radikal gegen die standardisierten Methoden stellt" (S.57). [63]

Das in mehreren Erhebungswellen umgesetzte Forschungsvorhaben sei selbstverständlich von der Entwicklung von Konzepten begleitet gewesen, die aus der Forschung selbst entwickelt worden seien, unter anderem entlang der Idee "signifikanter Oppositionen, polarisierter antagonistischer Totalitäten" (S.59). In diesem Hin und Her zwischen Begriffsbildung und Phänomen entfalte sich die Beziehung zwischen "Mikro-und Makrokosmos der Gesellschaft":

"Das Terrain ist riesig für den Forscher. [...] Man muss das Terrain in eine Totalität integrieren, ohne es zu desintegrieren. Wir haben uns um eine Methodologie bemüht, die den vollen intellektuellen Einsatz erfordert. Wir haben versucht, ethnografische und soziologische Vorgehensweisen in der Forschung zu verbinden. Wir haben versucht, Geschichte und Soziologie in der Begriffsbildung zu verbinden [...] wir haben uns dazu gezwungen, eine Phänomenologie zu etablieren, d.h. das untersuchte Phänomen als eine komplexe, im Werden begriffene Totalität zu verstehen, und wir haben uns auf eine multidimensionale Anthropo-Soziologie bezogen. In diesem Unternehmen, bei dem Sanftheit und Strenge riskieren, sich wechselseitig zu zerstören, [...] bevorzugen wir die rohen Materialien und das elaborierte Denken" (S.61). [64]

Wir wollen keineswegs behaupten, dass Edgar MORIN mit diesem Aufsatz stilprägend für die Wissenskultur qualitativen Forschens in Frankreich geworden ist – eher im Gegenteil. Gleichwohl bringt er exemplarisch auf den Punkt, wie Forschende – nicht beliebige, sondern diejenigen, die all die geforderten Fähigkeiten in sich vereinen – zur kompetenten und einzigartigen Lösung dessen werden, was die Forschung an Anforderungen und Problemen mit sich bringt. Eine vergleichbare implizite Haltung ist auch in anderen Vorgehensweisen des qualitativen Forschens zu finden. Wir können dies hier nur noch andeuten: Neben der Ethnografie bildeten nicht-standardisierte Interviews, die ihren Hintergrund in der Psychologie hatten, einen Hauptteil der soziologischen Erhebungsmethoden in den 1960er Jahren. Hier entstanden um die Wende zu den 1970er Jahren erste Versuche einer Systematisierung der Analyse im Rückgriff auf strukturalistische Vorgehensweisen (MICHELAT 1975, RAYMOND 1968), in denen ebenfalls die Kompetenz der Forschenden dominierte, auch wenn sie methodisch präziser angelegt war – was allerdings in den Folgejahren kaum Resonanz erfuhr. Vergleichbar setzte die durch Daniel BERTAUX (1976, 2010 [1997]) geprägte Biografieforschung sehr stark auf die Erkenntniskompetenz des/der Einzelnen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass im französischen Kontext deutlich weniger Veröffentlichungen zu qualitativen Methoden zu finden sind als im deutschsprachigen Raum, und innerhalb dieser geringeren Anzahl wird Verfahren der Datenerhebung vergleichsweise viel, Verfahren der Datenauswertung dagegen wenig Erläuterung zugestanden. Die Kategorie des "Qualitativen" wird hier insgesamt nicht zum Kern einer gruppenspezifischen Identitätsbildung, an der eigenständige erkenntnistheoretische und methodologische Überlegungen ausgearbeitet werden, zumindest dann nicht, wenn sie Auswertungsverfahren betreffen. Die oben erwähnte, von BOURDIEU et al. in "Soziologie als Beruf" (1991 [1968]) gewählte Formel, der Gegensatz zwischen "quantitativ" und "qualitativ" gehöre der Vergangenheit an, lässt sich auf das Gegenüber der Soziologien von LAZARSFELD, BOUDON und STOETZEL einerseits, das monografische Arbeiten im Umfeld von FRIEDMANN andererseits (wie es von MORIN sicher eigenwillig betrieben wurde) beziehen. BOURDIEU et al. reklamieren für sich einen "dritten Weg", der die proklamierte Wissenschaftlichkeit gerade der LAZARSFELD-Tradition noch einmal überbieten wollte, indem er die "Objektivierung objektiviert" (BOURDIEU 1993 [1980], S.57-78).49) [65]

Inzwischen ist die weiter oben angesprochene klare Vierteilung einer stärkeren Aufsplitterung der französischsprachigen Soziologie gewichen (CABIN 2000; LAHIRE 2005; MOEBIUS & PETERS 2004). Für die Zeit ab Mitte der 1970er Jahre diagnostiziert DOSSE (1995) eine "Rückkehr der Akteure" sowie eine "Humanisierung der Humanwissenschaften" in Frankreich, für die bspw. die Arbeiten von Paul RICOEUR, aber auch die Tradition des Pragmatismus und insgesamt Ansätze der qualitativen Sozialforschung bedeutsam seien. Mit starker Verzögerung gegenüber dem deutschsprachigen Raum setzte in Frankreich Ende der 1980er Jahre die Wieder-Rezeption des US-amerikanischen interpretativen Paradigmas der Chicago School und des symbolischen Interaktionismus ein (z.B. GUTH 2004; LE BRETON 2004). Auch die Ethnomethodologie (z.B. DE FORNEL, OGIEN & QUERÉ 2001) wird rezipiert; ethnografische Vorgehensweisen bzw. die enquête de terrain [Feldforschung] sind weit verbreitet (vgl. BEAUD & Weber 2003; CEFAI 2003). Gegenwärtig scheinen solche Ansätze (für einige der von uns interviewten Kolleginnen und Kollegen: problematischerweise) zur dominierenden Form empirischer Soziologie in Frankreich geworden zu sein. Alles in allem ist eine starke Präsenz pragmatistischer Traditionen kaum zu übersehen (CEFAI et al. 2015). Schließlich hat sich auch eine umstrittene französische Variante "verstehender Soziologie" entwickelt (vgl. BERTHELOT 2003; WATIER 2002), die eine sehr spezifische Auffassung von "Verstehen" verfolgt: In erster Linie handelt es sich um "postempiristische", essayistische und impressionistisch-intuitive Arbeiten, die sich gegen ein "strenges" Methodenverständnis wenden (z.B. MAFFESOLI 1985; SANSOT 1971, 1991). [66]

Ähnlich wie in der deutschen Soziologie lassen sich zunehmende Professionalisierungstendenzen (Einführungsbücher, Sektionsgründungen innerhalb der Soziologieverbände,50) vereinzelte Tagungen zu Fragen der qualitativen Methoden) beobachten. Einige AutorInnen betonen dabei stärker als zuvor die Differenz von qualitativer und quantitativer Forschung (z.B. MUCHIELLI 1994; PAILLÉ & MUCHIELLI 2003). Diese explizite Profilierung geht jedoch in erster Linie von SozialwissenschaftlerInnen aus dem französischsprachigen Kanada aus bzw. von WissenschaftlerInnen in Frankreich, die sich eher an der dortigen Debatte orientieren. Indikator dafür ist, dass die (nicht nur die Soziologie einbeziehende) sozialwissenschaftliche Association Pour la Recherche Qualitative bzw. die Association Francophone pour la Recherche Qualitative bislang vor allem von Kanada aus betrieben wird und die Resonanz in Frankreich stärker aus der Erziehungswissenschaft als aus der Soziologie kommt, obwohl der Organisationskern soziologisch geprägt ist.51) Die auf den Tagungen geführten Diskussionen über den gegenwärtigen Stand der qualitativen Sozialforschung kreisen um das Verhältnis von Professionalisierung, Standardisierung und Innovationskraft qualitativer Verfahren. Ähnlich wie im deutschsprachigen Raum lässt sich auch in Frankreich in den letzten Jahren eine Flut von Spezialpublikationen zur qualitativen Sozialforschung feststellen, die allerdings erneut eher auf Fragen der Datenerhebung als auf solche der Datenauswertung fokussieren (vgl. auch BEHRMANN 2008).52) Hinzu kommt ein verstärkter Einsatz von softwaregestützten Analyseprozessen. [67]

6. Resümierende Überlegungen

Anhand zweier Fachtexte der frühen 1960er Jahre haben wir vorangehend die empirisch begründete Beobachtung erläutert, dass die französische Methodologie-Diskussion im Feld des Qualitativen vor ethnografischem Hintergrund die Inspiration der Forschenden hervorhebt, während zeitgleich die deutschsprachige Diskussion mit einer starken Konzentration auf die Methodologie und Verfahren der Textanalyse protokollierter Daten ansetzt. Diese Feststellung liefert ein überraschend deutliches Indiz für die je spezifische wissenskulturelle Logik oder Rationalität der Soziologiefelder des qualitativen Forschens, die sich ausgehend von den 1950er und 1960er Jahren in der Folge entfalten wird. Im Hinblick auf unsere Ausgangsthesen ergaben sich für den weiteren Projektkontext einerseits Bestätigungen, andererseits Modifikationen. So zeigte sich durchgehend die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Wissenskulturen des qualitativen Forschens, die auch Einfluss auf die jeweilige Rezeption insbesondere US-amerikanischer Soziologien hat. Nuanciert werden muss jedoch die Entfaltung dieser Unterschiedlichkeit. Im deutschsprachigen Raum waren so Anfang der 1960er Jahre gerade die Positivismus-kritischen Ansätze der Kritischen Theorie und des Frankfurter Institutes für Sozialforschung zugleich um eine starke methodische Kontrolle des Analyseprozesses und die Entwicklung entsprechender Strategien bemüht. In Frankreich galt die starke theoretische Integration hauptsächlich für die Phase der 1970er bis Ende der 1980er Jahre. Die stärker individualistische Entfaltung der soziologischen Wissensproduktion war in ihrer Frühphase von einer expliziten Absetzung von der DURKHEIMschen Spätsoziologie und einem an der US-amerikanischer Feldforschung orientierten Ad-hoc-Forschen geprägt, das bis weit in die Gegenwart reicht (auch wenn es ab den 1990er Jahren methodologisch zunehmend reflektiert wurde). [68]

Ein wichtiges weiteres Teilergebnis des Projektes betrifft die von uns vorab so nicht erwartete Bedeutung der US-amerikanischen Soziologie, die, beginnend mit den 1950er Jahren, in beiden Ländern die Strukturierung soziologischer Forschung stark beeinflusste. Soziologische Forschungspraxis konstituierte sich im Frankreich der 1950er Jahre zunächst als Nachahmung und Improvisation US-amerikanischer Vorbilder (insbesondere aus dem Kontext der Chicagoer Soziologie) im Rahmen von Feldforschungen (z.B. in Betrieben der Automobilindustrie). Die Forschenden waren hier bis auf sehr wenige Ausnahmen soziologische AmateurInnen und AutodidaktInnen, die keine formale disziplinäre Ausbildung genossen hatten, sondern ihre Wissensreferenzen ad hoc bzw. "im Forschen" entwickelten und insgesamt wenig Referenzierungen vornahmen. In den 1960er Jahren dominierte ein Prozess der akademischen Etablierung von Soziologie, bei dem die Arbeiten von Paul LAZARSFELD und die durch ihn beeinflusste quantifizierende Meinungsforschung die hegemoniale Leitidee soziologischen Forschens abgaben. Daneben traten an der Schnittstelle von Soziologie, Ethnologie und Anthropologie wenige und zueinander konflikthafte explizite Positionierungen zur soziologischen Methode in Erscheinung, etwa die von Edgar MORIN skizzierte "totale Felderkundung" oder die von Pierre BOURDIEU betriebene Verbindung von Ethnografie, strukturaler Analyse und quantifizierenden Erhebungen. Der Begriff des "Qualitativen" wurde wesentlich über die qualitative Inhaltsanalyse der US-amerikanischen Medienforschung nach Bernard BERELSON und über deren Adaptionen bei Paul LAZARSFELD rezipiert. Er bildete allerdings hier wie durchgehend in den Folgejahrzehnten keine relevante Identitätskategorie für diese Felder soziologischen Arbeitens. [69]

Die folgenden Jahrzehnte bringen keine wesentlichen Veränderungen. Vereinzelt wurden Systematisierungen der Interviewnutzung vorgelegt; wiederholt finden sich ad hoc angelegte Plädoyers für ethnografische Vorgehensweisen. Hinzu kommt dann eine Form der Biografieforschung, die biografische Erzählungen als Zugang nicht zu lebensgeschichtlichen Erfahrungen, sondern zur Regelmäßigkeit sozialer Praktiken begreift. Die 1980er und 1990er Jahre waren durch stärkere Rezeptionen ausgewählter Ansätze aus dem US-amerikanischen Raum und deren eigenwillige Einpassung in die französische Soziologielandschaft geprägt, und gegenwärtig nimmt der Klassiker der zweiten Generation der Chicago-School, Howard S. BECKER, eine führende Rolle in der Soziologie Frankreichs ein. Maßgebliche Protagonisten dieser Rezeptionen sind Jean-Michel CHAPOULIE (2001), Jean PENEFF (1990, 1992, 2009) und Henri PERETZ (2004). Systematisierende Ausarbeitungen von methodischen Zugängen erschienen als isolierte Unternehmungen in einem soziologischen Feld, das durch die Grundspannung zwischen individualisiertem Arbeiten einerseits und einer hochintegrierten Forschungsproduktion im Rahmen weniger soziologischer Leitparadigmen andererseits geprägt war. [70]

In Deutschland entwickelte sich die qualitative und interpretative Sozialforschung in deutlich anderer Weise. Auch hier kann der Einfluss der US-amerikanischen Soziologie, Markt- und Meinungsforschung in den 1950er und 1960er Jahren kaum überschätzt werden. Doch er traf auf ein soziologisches Feld, das sich schon seit Beginn der 1950er Jahre durch einen deutlich höheren Institutionalisierungsgrad auszeichnete als sein französisches Pendant. Seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahren kam hier der "zurückgekehrten" Kritischen Theorie, aber auch der methodisch stark durch die US-amerikanische Soziologie informierten "Kölner Schule" um René König eine hervorgehobene Stellung zu. Ergänzend muss auf die durch die von Helmut PLESSNER (der seinerseits vorübergehend das Frankfurter Institut leitete) geprägte Forschungstradition um Hans Paul BAHRDT, Heinrich POPITZ u.a. verwiesen werden, die im Bereich der Industrie- und Arbeitsforschung ebenfalls auf nicht standardisierte Vorgehensweisen zurückgriffen und vor dem Hintergrund der philosophischen Anthropologie und der HUSSERLschen Phänomenologie an einer genauen, nachvollziehenden Erfassung der Arbeitsprozesse interessiert waren (darin, freilich vor anderem theoretischen Hintergrund, ihrem französischen Pendant ähnlich und unterschiedlich zugleich). Vor allem durch René KÖNIG und sein Wirken waren zudem weitere Forschungsansätze der US-amerikanischen Soziologie (zumindest in einigen Grundlagen) bekannt.53) [71]

Bereits um die Wende zu den 1960er Jahren setzten im Frankfurter Kontext Bemühungen ein, nicht nur die Datenerhebung (seit den 1950er Jahren: Gruppendiskussionen), sondern auch die Datenauswertung zu einer erkenntnistheoretisch gesicherten (oder zumindest überzeugenden) Sache zu machen, welche auch dem Urteil der "harten Forschung" standhalten sollte (insbes. MANGOLD 1960). Auf diese Konstellation traf in den 1960er Jahren eine sukzessive Rezeption des US-amerikanischen Pragmatismus und der damit verbundenen Soziologien, u.a. durch Arbeiten von Jürgen HABERMAS, die Rückkehr von Thomas LUCKMANN nach Deutschland und insbesondere dann die Übersetzungsarbeiten der ARBEITSGRUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN (1973, 1976). In den 1970er Jahren folgte dem nicht nur die Identitätsbildung um den Begriff der "qualitativen Sozialforschung" (HOPF & WEINGARTEN 1979) herum, sondern auch die Entwicklung ausgefeilter, überwiegend sequenzanalytisch ansetzender Methodologien der qualitativen und interpretativen Datenanalyse, die sukzessive in mehrere eigenständige Großparadigmen mündeten (Narrationsanalyse, objektive Hermeneutk, rekonstruktive Sozialforschung, wissenssoziologische Hermeneutik), bei denen allesamt die Präzision und Explikation des Vorgehens bei der Analyse erhobener Daten und durch Aufzeichnung fixierter Daten im Zentrum der Betrachtung stand. Hinzu kamen Importe aus den USA, sofern sie entsprechende Vorschläge eines präzisen methodischen Vorgehens vorlegten (wie die Ethnomethodologie und die Konversationsanalyse oder auch die Grounded-Theory-Methodologie und die qualitative Inhaltsanalyse). Diese Ansätze wurden in den 1980er und 1990er Jahren weiter kanonisiert. [72]

Wie könnte nun ein vorläufiges Resümee lauten? Im deutsch-französischen Vergleich ist auffällig, dass das Label des "Qualitativen" oder "Interpretativen" im deutschen Kontext ungleich höhere identitätsbildende Wirkung entfaltet hat und zum Aufhänger oder Kern intensiver Diskussionen (und mitunter auch Konfrontationen) über die "richtigen Wege" zur Erkenntnisbildung wurde – einer Diskussion, die sowohl von eher theoretisch orientierten Ansätzen wie auch von quantitativer Forschung deutlich Abstand nahm. Wie für jede wissenschaftliche Betätigung stellt auch für qualitative Sozialforschung die Frage der Erkenntnis das grundlegende Ausgangsproblem dar. Die Antworten auf dieses Problem fallen unterschiedlich aus. Im deutschsprachigen Kontext qualitativer und interpretativer Sozialforschung wird die Lösung vor allem in Verfahren gesucht, die das Verhältnis der Forschenden zu der von ihnen analytisch bearbeiteten Welt regulieren. Dieses Verhältnis erscheint in hohem Maße reflexions- und gestaltungsbedürftig und daher nicht fraglos gegeben, sondern im Kern durchaus problematisch – die Beziehung zwischen den Forschenden als Subjekten, den Gegenständen der Forschung und den Wegen der Erkenntnisgewinnung bedarf der methodischen kontrollierten und instrumentierten Vergewisserung und Objektivierung. Im Unterschied dazu kann die Möglichkeit des wissenschaftlichen Zugriffs auf die Welt im französischen Kontext an eine weitgehend selbstverständlich unterstellte (sei es explikative, sei es deskriptive) Kompetenz der Forschenden anschließen, für die Verfahrensfragen von nachrangiger Bedeutung sind. Damit ist keine nationale Exklusivität und sicherlich nicht das Feld der Forschung insgesamt beschrieben, zahlreiche Variationen innerhalb von und quer zu beiden Ländern sind vorhanden. Dennoch liegt in der skizzierten Differenz unseren Ergebnissen nach ein markantes, konstitutives Merkmal von Wissenskultur, das sowohl diskursive als auch forschungspragmatische Strukturierungen nach sich zieht. Wir haben dies auf die kontrastierende Kurzformel des "Forschers als Problem und Lösung" gebracht (KELLER & POFERL 2015, S.191). [73]

Wo der oder die Forschende als Problem in Erscheinung tritt, arbeiten Verfahren daran, die Individualität der Forschenden als Verzerrungsquelle auszuschalten und eine (wenigstens sozial) objektivierbare Erkenntnisleistung methodisch abzusichern. Wo die Forschenden (und eben nicht das Verfahren), wie im französischen Fall, eine unzweifelhafte Analysekompetenz verbürgen, können zwar Hilfestellungen für die Datenerhebung gegeben werden. Deren Auswertung jedoch bedarf keiner weiteren Explikation – es ist die Autorität und fraglose Kompetenz der Experten und Expertinnen, die als Qualitätsgarant fungieren. Diese Kerndifferenz zieht sich durch die unterschiedlichsten methodischen Vorgehensweisen, in ihr manifestiert sich eine stärker individualistische Orientierung der französischen Forschung ebenso wie die verfahrensbasierte (und in "Idealform" an interpretierende Analysegruppen verwiesene) Legitimation des Forschens im deutschsprachigen Raum. Sie beförderte auch die breite Konjunktur ethnografischen Arbeitens, das die exklusive Feldkompetenz der Einzelnen impliziert, in Frankreich, und sie "hemmte" deren Nutzung in der deutschsprachigen Soziologie. Ironischerweise bricht eine solche Unterscheidung die Leitdifferenz, die mitunter mit deutschen (verstehenden) und französischen (cartesianischen) Analysetraditionen verbunden wird: Der "epistemologische Bruch" (BACHELARD 1978 [1938], S.133) mit der zu analysierenden Wirklichkeit hat sein Äquivalent in der Brechung durch das Verfahren, wie sie der deutschsprachigen qualitativen und interpretativen Forschung zugrunde liegt. [74]

Die von uns gewählten Begriffe der "individualisierten Inspiration" und der "Legitimation durch Verfahren" haben Anklänge an zwei der Rechtfertigungsordnungen, die Luc BOLTANSKI und Laurent THEVENOT (2007 [1991]) für die konkurrenten moralischen Gerechtigkeitsordnungen der französischen Gesellschaft festgehalten haben. Auch in wissenschaftlichen Wissenskulturen sind demnach konkurrierende Rechtfertigungsordnungen beobachtbar, die je nach Art und Weise, wie sie den soziologischen Wert einer Analyse, einer Fragestellung und ihrer forscherischen Umsetzung zurechnen, Wichtiges von Unwichtigem, Gelungenes von Gescheitertem trennen, sehr Unterschiedliches befördern oder verhindern. Dort, wo die künstlerische Inspiration den Vorzug hat, wird dem individualisierten Genie der Welterkenntnis größere Aufmerksamkeit zuteil als dort, wo das Verfahren als zulässiger Garant für das Ergebnis gilt. Soll man das cartesianisch vs. hermeneutisch nennen? Wir denken, der Sachverhalt ist komplizierter: Beide wissenskulturelle Rechtfertigungen können innerhalb cartesianischer und hermeneutischer Traditionen zum Einsatz und Ausdruck kommen. [75]

Die erläuterten Unterschiede sind alles in allem keine idiosynkratrischen Eigenheiten einzelner, hier selektiv herausgegriffener Texte. Sie bringen vielmehr eine jeweils ganz eigene "Logik der Forschung", der Generierung wissenschaftlichen Wissens durch die Praxis der Auslegung hervor. Um das abschließend noch einmal anders zu wenden: In MANGOLDs Arbeit (1960) erscheint uns insbesondere interessant, dass der Band in seinem Anhang die kompletten Transkriptionen einiger Diskussionen enthält und auch zuvor im laufenden Text immer wieder Transkriptionsprotokolle zitiert und kommentiert. Die "Aufzeichnung" und "methodische Fixierung flüchtiger Wirklichkeit" (BERGMANN 1985), die Transkription und der daran gekoppelte Beweis der Auslegungsarbeit werden im deutschen Fall zum Kern und Ankerpunkt einer Erkenntnissicherung durch Verfahren. Eine soziologische Wissenskultur, die der Ethnografie großen Raum einräumt, ist hingegen gezwungen, die Genialität, Kompetenz und Aufrichtigkeit bis hin zur Schreibfähigkeit der Forschenden als Begründungsfigur anzunehmen. Sie kann das nicht durch Verfahren ersetzen. Eine Soziologie, die – wie im französischen Fall – auf individualisierte Inspiration setzt, scheint größere Bereitschaften für ethnografische Erkundungen aufzuweisen. [76]

Anmerkungen

1) Der vorliegende Beitrag wurde durch das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in den Jahren 2012-2014 unter den Kennziffern KE 1608/2-1 und PO 1484/2-1 geförderte Projekt "Soziologische Wissenskulturen" ermöglicht. ProjektmitarbeiterInnen waren Denisa BUTNARU, Maya HALATCHEVA-TRAPP und Oliver KIEFL sowie Julia PETERS als studentische Hilfskraft. Wir danken Jessica HUBATSCH für die zuverlässige texteditorische Unterstützung. <zurück>

2) Vgl. etwa zur These einer teilweisen Unterschiedlichkeit qualitativen Forschens im Vergleich der US-Soziologie (gesellschaftspolitisches Engagement) mit der deutschsprachigen Soziologie (erkenntnistheoretische fundierte Distanzierung) BETHMANN und NIERMANN (2015). <zurück>

3) Vgl. zur Erläuterung der Vorgehensweisen der WDA KELLER (2011 [2003], S.83-111). Da soziologische Diskurse unser Gegenstand waren, bot sich ein entsprechendes diskursanalytisches Design an. Abgesehen von inhaltsanalytischen Vorgehensweisen gibt es kaum Literatur zu erprobten Verfahren der Erschließung umfangreicherer Dokumente in der interpretativen Sozialforschung. Eine wichtige Ausnahme stellt PRIOR (2003) dar. <zurück>

4) Wir werden auf einzelne Entwicklungen und auch auf die Interviews in einer Buchpublikation genauer eingehen. <zurück>

5) KNORR CETINAs Buch "Wissenskulturen" (2002) trägt im Original den englischen Titel "Epistemic Cultures" und zielt damit stärker auf die Prozesse und Praktiken der wissenschaftlichen Erkenntnisproduktion als der deutsche Titel (vgl. KNORR CETINA 1999). <zurück>

6) Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, ein solcher Zugang verfehle seinen Gegenstand. Wir möchten vielmehr ganz ausdrücklich die Bedeutung dieser Perspektive für entsprechende Fragestellungen betonen. Unterschiedliche empirisch-analytische Zugänge zur Analyse soziologischer Wissenskulturen stellt KELLER und POFERL (2016) vor. <zurück>

7) Um die Gefahr solcher Vereinfachungen an einem Beispiel aus dem französischen Kontext zu illustrieren: Edgar MORINs Anfang der 1960er Jahre erscheinende Arbeit über das Starsystem in den Massenmedien (1962) wird einerseits als aufschlussreicher, innovativer und wertvoller Beitrag zur soziologischen Massenmedienforschung gefeiert, andererseits sofort nach Erscheinen von einer "gegnerischen Koalition" (namentlich Pierre BOURDIEU & Jean-Claude PASSERON 1963) als Beweis für die Abdankung soziologischer Analyse vernichtend kritisiert. <zurück>

8) Vgl. dazu auch die hilfreiche Unterscheidung von PETER (2001) zu kognitiven, sozialen und diskursgeschichtlichen Dimensionen der Soziologiegeschichte. Die kognitive Dimension bezeichnet den disziplinären Kontext, innerhalb dessen bestimmte Positionen der Soziologie vorgestellt werden einschließlich der theoretischen Traditionen und Paradigmen, die diese jeweils beeinflussen. Mit der sozialen Dimension sind die Institutionalisierungsprozesse und deren HauptakteurInnen in ihrem wissenschaftlichen Umfeld angesprochen. Die diskursgeschichtliche Dimension zielt auf die Formierungsprozesse des wissenschaftlichen Feldes, die sich aus den Entwicklungen der Begriffsapparate, kategorialen Unterscheidungen, den dominant oder randständig verfolgten Perspektiven, neuartigen Synthesen usw. ergeben. Die Auseinandersetzungen, die innerhalb des qualitativen Paradigmas sowie zwischen diesem und seinem disziplinären Umfeld geführt werden, stellen in allen drei Dimensionen wirksame Positionierungsprozesse im Feld der qualitativen Sozialforschung dar. Zusätzlich kann hier auf Überlegungen zur "soziologischen Geschichte der Soziologie" von Christian FLECK (1999; vgl. auch FLECK 2007 und MOEBIUS 2004) verwiesen werden. FLECK (1999) fordert eine "Verabschiedung von der Einzelfallperspektive" und eine Hinwendung zur Untersuchung der "in bestimmten Etappen für 'anschlussfähig' gehaltenen Autoren" (S.61), der Gruppen, Kollektive, Organisationseinheiten der Soziologie. <zurück>

9) Zur komplexen und historisch weit zurückreichenden Verschränkung von nationalen Traditionen und transnationalen Kontakten der Soziologie vgl. etwa CABIN und DORTIER (2000), FLECK (2007), KORTE (2011), LEVINE (1995) und WAGNER (2004). <zurück>

10) Vgl. bspw. ALBROW und KING (1990), GENOV (1989a, 1989b, 1991), LEVINE (1995), MÜLLER und SIGMUND (1999), die Schwerpunkthefte von Current Socioloy (1991, Nr. 1, 2008, Nr. 2) oder die Debatte zwischen Richard MÜNCH (1995) und Jeffrey ALEXANDER (1995). <zurück>

11) Darauf deutet auch die vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit den Universitäten Straßburg und Nancy sowie den soziologiegeschichtlichen Sektionen der International Sociological Association (ISA), der Association Internationale des Sociologues de Langue Française (AISLF) und der Association Française de Sociologie (AFS) ausgerichtete internationale Tagung "Voyages transatlantiques" [Transatlantische Reisen] im Juni 2007 an der Universität Nancy hin, auf der Beiträge u.a. zu frühen persönlichen Kontakten zwischen US-amerikanischer, französischer und deutscher Soziologie gehalten wurden. Eine detaillierte Untersuchung zur Entstehung der empirischen Sozialforschung und den frühen "transatlantischen Beziehungen" zwischen deutschsprachiger und US-amerikanischer Soziologie hat FLECK (2007) vorgelegt. <zurück>

12) Vgl. bezogen auf Berufsfelder auch die internationale Studie von LAMNEK (1993). <zurück>

13) Vgl. dazu neben LEPENIES (1981, 1985) auch WAGNER (1990) sowie WAGNER, WITTROCK und WHITLEY (1991). <zurück>

14) Vgl. etwa MÜNCH (1986); zur Komplexität der Wissenschaftsentwicklung in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert KOPPETSCH (2000); zu einer anderen erkenntnistheoretischen Fassung des Gegensatzes SOEFFNER (2004a). Zu verweisen ist hier auch auf die Unterscheidung von "gallischem" und "teutonischem" Wissenschaftsstil bei GALTUNG (1983). <zurück>

15) KELLER (2009 [1998]) argumentiert im Zusammenhang der Analyse von umweltpolitischen Diskursen, dass es sich hier weniger um tiefgreifende Mentalitätsunterschiede als vielmehr um institutionell prozessierte und stabilisierte Verfahrensweisen handelt. <zurück>

16) Vgl. auch die zu einem ähnlichen Ergebnis kommende detaillierte Untersuchung von POLLACK (1978). <zurück>

17) Wir sind uns der Problematik des Begriffs bewusst, erlauben uns hier jedoch, auf feldübliche Selbstetikettierungen zurückzugreifen. Wiederholt wird in der Literatur beispielsweise darauf hingewiesen, dass auch standardisierte bzw. quantitative Verfahren auf Interpretationsschritten beruhen. <zurück>

18) Zum Positivismusstreit vgl. ADORNO et al. (1978 [1969]); zum Verhältnis von Theorie und Forschung WEISCHER (2004) sowie KALTHOFF (2008, S.9). Die Distanz zwischen Theoriebildung und empirischer Forschung wird insbesondere in der Entwicklung der einflussreichen "Großtheorien" von Jürgen HABERMAS und Niklas LUHMANN sichtbar. Demgegenüber wurde bspw. die Theorie der Praxis von BOURDIEU im unmittelbaren Zusammenhang mit empirischen Forschungen entwickelt. <zurück>

19) Es ist gar nicht so einfach, SoziologInnen bei der Arbeit zu folgen. Sie haben schließlich (fast) keine Labore, und manches Tun geschieht in Zügen oder im Kino, auch beim Joggen. Freilich gilt Letzteres auch für die Naturwissenschaften. <zurück>

20) Der Titel referiert auf LUHMANN (1969), der sich damit auf administrative Prozesse bezog. <zurück>

21) Vgl. etwa FLECK (1992); FLICK (2005); GARZ (1995); HITZLER (2002, 2005, 2007); HOPF und MÜLLER (1995); KNOBLAUCH (2007); KÜCHLER (1980); LÜDERS und REICHERTZ (1986); MRUCK (2000); PRZYBORSKI und WOHLRAB-SAHR (2008) sowie den Initialartikel von REICHERTZ (2007) im Schwerpunktheft der Zeitschrift Erwägen Wissen Ethik 18(2) zur qualitativen Sozialforschung und die daran anschließende breite Diskussion. <zurück>

22) Vgl. auch die Hinweise in GERHARDT (2006). FLECK (2007) konzentriert sich in seiner Untersuchung dagegen auf die Zeit bis Mitte der 1950er Jahre; BONSS (1982) analysiert noch weiter zurückgehend die vor der eigentlichen Institutionalisierung der Soziologie vollzogene "Einübung des Tatsachenblicks". <zurück>

23) Vgl. zu ADORNO und seinem "Selbstverständnis als Sozialforscher" auch Jung (2013). <zurück>

24) 1979 ist dann "Qualitative Sozialforschung" der Titel des Buches von Christel HOPF und Elmar WEINGARTEN, in dem der Text von BARTON und LAZARSFELD erneut aufgenommen und dieses Mal in deutscher Übersetzung wiedergegeben ist. <zurück>

25) Gegenstand der aus den USA importierten Idee der Gruppendiskussionen waren Mentalitäten und politische Einstellungen unterschiedlicher gesellschaftlicher Milieus im Nachkriegsdeutschland. Finanziert wurde die Forschung vom US-amerikanischen "High Commissioner for Germany". POLLOCK (1955) enthält Beiträge der verschiedenen beteiligten Forschenden. <zurück>

26) Theodor W. ADORNO hatte 1924 seine Dissertation zum Thema "Die Transzendenz des Dinglichen und Noematischen in Husserls Phänomenologie" an der Frankfurter Universität eingereicht (vgl. MÜLLER-DOOHM 1996, 2003, S.118ff.). <zurück>

27) René KÖNIG bemühte sich bereits seit der ersten Hälfte der 1950er Jahre um die Vermittlung ganz unterschiedlicher methodischer Zugänge aus der US-amerikanischen Soziologie nach Deutschland; vgl. dazu MOEBIUS (2015). <zurück>

28) Professionalisierung bezieht sich hier auf die Ebene der akademischen Soziologie selbst, nicht auf eine außerakademische Berufspraxis von SoziologInnen. Zur Professionalisierung der jüngeren deutschsprachigen Soziologie vgl. die Bilanz der Diskussion in BAND (2004), zu Professionalisierungsprozessen in der französischsprachigen Soziologie PIRIOU (2008), allgemeiner zur Professionalisierung der Soziologie z.B. LAMNEK (1993). <zurück>

29) Weitere Hinweise liefern das maßgeblich von Günter MEY 2007 initiierte und von zahlreichen SozialwissenschaftlerInnen unterzeichnete "Memorandum für eine fundierte Methodenausbildung in den Human- und Sozialwissenschaften" (http://www.qualitative-forschung.de/methodentreffen/memorandum/, Zugriff: 20. Januar 2016), das seit 2005 stattfindende und stark frequentierte "Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung" (http://www.qualitative-forschung.de/methodentreffen/index.html, Zugriff: 20.1.2016), die Angebote qualitativer Methodenworkshops bei GESIS (http://www.gesis.org/veranstaltungen/gesis-trainings/, Zugriff: 20. Januar 2016), oder der seit Längerem fest etablierte Magdeburger "Bundesweite Methodenworkshop zur qualitativen Bildungs- und Sozialforschung" http://www.zsm.ovgu.de/Methodenworkshop/Methodenworkshop+2016.html, Zugriff: 20.1.2016). <zurück>

30) Es ist vermutlich kein Zufall, dass der von Andreas DIEKMANN (2004) herausgegebene Sonderband der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie zur "Empirischen Sozialforschung" keinen Beitrag über qualitative Methoden enthält und das Verhältnis von qualitativer und quantitativer Forschung bis in die jüngste Zeit angespannt bleibt, auch wenn aktuell unter dem Label der "Mixed Methods" Verständigungsbereitschaft angezeigt wird (vgl. JUNGBAUER-GANS 2008; KELLE 2007; KNOBLAUCH 2007; REICHERTZ 2008; SCHULZ & RUDDAT 2008). <zurück>

31) Die auf Plenarvorträge der Berliner Methodentreffen zurückgehenden Beiträge in MEY und MRUCK (2014) enthalten unterschiedliche Bilanzierungen und Sortierungen des Feldes der qualitativen und interpretativen Sozialforschung in Deutschland aus dem Blickwinkel verschiedener AutorInnen. <zurück>

32) Vgl. u.a. ADORNO (1972, 1975), ebenso KRACAUER (1990 [1952]) und POLLOK (1955). Spuren qualitativer Sozialforschung lassen sich (auch) im deutschsprachigen Raum bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen (MAUS 1973; SCHNELL, HILL & ESSER 2011, S.13-44). Für die deutschsprachige Soziologie des 20. Jahrhunderts leistete vor allem die 1933 veröffentlichte Marienthal-Studie von JAHODA, LAZARSFELD und ZEISEL (1975 [1933]) Pionierarbeit. <zurück>

33) Vgl. dazu etwa FLICK (2005), GARZ (1995), HOPF und MÜLLER (1995), KLEINING (1995) und KNOBLAUCH (2007, 2008). <zurück>

34) LUCKMANN kam 1965 aus den USA auf eine Professur an der Universität Frankfurt/Main. 1966 erscheint dann das mit Peter L. BERGER verfasste Buch "Gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit" (BERGER & LUCKMANN 1981 [1966]), das zahlreiche Einflüsse der symbolisch-interaktionistischen Tradition mit philosophischen und soziologischen Traditionen aus Europa verbindet. Vgl. zu ersten Veröffentlichungen zur US-amerikanischen qualitativen Forschung auch z.B. ARBEITSGUPPE BIELEFELDER SOZIOLOGEN (1973, 1976); HOPF und WEINGARTEN (1979) oder WITZEL (1982). KELLER (2012) gibt unter dem Titel das "Interpretative Paradigma" einen umfassenden Überblick über die dabei versammelten Positionen. <zurück>

35) Vgl. HITZLER (2002, 2005, 2007), HOPF und MÜLLER (1995, S.63); KNOBLAUCH (2008), MRUCK (2000) sowie den exemplarischen frühen Aufsatz von HOFFMAN-RIEM (1980), aber auch die zahlreichen Sortiervorschläge und Benennungen von Paradigmen, Trends und Grundprinzipien (z.B. bei FLICK 2005; MRUCK 2000; MRUCK & MEY 2005; STEINKE 1999). <zurück>

36) Vgl. dazu exemplarisch die Beiträge in BOHNSACK, MAROTZKI und MEUSER (2006), FLICK, VON KARDORFF und STEINKE (2000), HITZLER und HONER (1997) sowie KÖNIG und ZEDLER (1995). <zurück>

37) MRUCK argumentiert gegen die von REICHERTZ erhobene Forderung nach umfangreich konsolidierten "elaborierten Verfahrensweisen", weil sie darin eine unzulässige Verkürzung der Perspektiven, Interessen und Erkenntnispotenziale qualitativer Forschung ausmacht, die gerade im internationalen Raum unvertretbar erscheine. <zurück>

38) Alle Übersetzungen aus dem Französischen hat Reiner KELLER vorgenommen. Vgl. ähnlich PASSERON (1991, 1995) und den Überblick in GROUIX (1997). Siehe auch SOEFFNER (2004a, S.67), der die pauschale Gegenüberstellung von "quantitativen" und "qualitativen" Analyseverfahren zugunsten der Unterscheidung einer "cartesianischen" und einer "hermeneutischen" Wissenschaft zurückweist. <zurück>

39) Einen Gesamtüberblick über die französische Soziologieentwicklung mit Fokus auf institutionelle Strukturen und Paradigmen gibt HEILBRON (2015). <zurück>

40) Vgl. bspw. MARCEL (2005) und VANNIER (2000) zur Forschungsgeschichte des Centre d'Études Sociologiques des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in den Jahren 1945-1968 sowie die Tagung des Centre Edgar Morin/Institut Interdisciplinaire d'Anthropologie du Contemporain über "Les grandes enquêtes pluridisciplinaires des années 60-70 en France: Bilan et perspectives" [Die großen multidisziplinären Forschungsprojekte der 60er und 70er Jahre in Frankreich: Bilanz und Perspektiven], die im Mai 2008 in Brest stattfand und sich vor allem auf frühe Arbeiten von Edgar MORIN konzentrierte. <zurück>

41) Vgl. z.B. das Gespräch zwischen Pierre BOURDIEU und Jean-Claude PASSERON aus dem Jahre 1966 (als Textdokument: http://www.cndp.fr/media-sceren/DocumentsAccompagnement/introduction_a_la_sociologie.pdf; als Video: https://www.youtube.com/watch?v=y1HRK6P5M2s, Zugriff 20.1.2016. Vgl. auch BOURDIEU et al. (1991 [1968], S.17ff. und S.24ff.). <zurück>

42) INSEE = Institut National de la Statistique et des Études Économiques, 1946 gegründetes nationales französisches Institut für Statistik und Wirtschaftsforschung; INED = Institut National d'Études Démographiques, 1945 gegründetes nationales französisches Institut für Bevölkerungsforschung. <zurück>

43) Übersetzungen seiner Studien erschienen u.a. in der Institutsreihe des Frankfurter Instituts – er hatte HORKHEIMER, ADORNO oder POLLOCK bereits 1934 kennengelernt (FRIEDMANN 1959). <zurück>

44) Vgl. zur Beziehung von BOUDON und LAZARSFELD auch MESURE (2013). <zurück>

45) Vgl. PIOTET (2004, S.122f.); allgemein zur Bedeutung von FRIEDMANN auch GRÉMION und PIOTET (2004). <zurück>

46) Die Anklänge an das von Luc BOLTANSKI und Laurent THÉVENOT (2007 [1991]) beschriebene Rechtfertigungsregime der "Welt der Inspiration" sind beabsichtigt. <zurück>

47) Die Magnetbänder lagern heute im Rathaus von Plozevet, im Arbeitszimmer von Bernard PAILLARD, der damals als studentische Hilfskraft das Projekt begleitete und dort bis heute immer wieder einige Wochen im Jahr mit Gemeindebeobachtungen verbringt. <zurück>

48) Beide Schriftsteller des französischen Realismus im 19. Jahrhundert verbinden die analytische Genauigkeit der Einzelbeobachtung mit einem umfassenden Blick für gesellschaftliche Kontexte. Sie gelten als Porträtisten ihrer Zeit mit hohen Affinitäten zur Soziologie. Honoré de BALZAC (1998 [ca. 1830-1850] verfolgte in seinem gesamten Romanwerk das enzyklopädische Projekt der "Comédie Humaine", einer umfangreichen Porträtierung der ganzen Differenziertheit der französischen Gesellschaft entlang der Erlebnisse fiktiver Personen (vgl. dazu auch LUKÁCS 1952). STENDAL versah seinen Roman "Rot und Schwarz" mit dem Untertitel "Eine Chronik des 19. Jahrhunderts" (1998 [1830]; vgl. dazu auch DUBOIS 2007). <zurück>

49) BOURDIEU argumentiert, dass Sozialwissenschaft nicht in einem ersten Objektivierungsschritt verharren darf, der sich aus der wissenschaftlichen Methodik ihres Forschens ergibt, die einen Bruch mit der Alltagswahrnehmung ermöglicht, sondern dass seinerseits dieser Obektivierungsprozess in seiner Konstruiertheit und Positionierung reflektiert werden muss, um eine angemessene reflexive Erkenntnis zu leisten. <zurück>

50) Die Methodensektion der Association Française de Sociologie (AFS) umfasst quantitative und qualitative Vorgehensweisen; in der Association Internationale des Sociologues de Langue Française (AISLF) existiert seit einigen Jahren eine Arbeitsgruppe zu qualitativen Methoden. <zurück>

51) Auch wenn bspw. das "1er Colloque International Francophone sur les Méthodes Qualitatives: Bilan et Prospectives de la Recherche Qualitative en Sciences Humaines et Sociales" an der Universität Paul Valéry (Montpellier III) stattfand (Fortsetzungen 2007 in Trois Rivières, Kanada, sowie 2009 in Lille, 2011 erneut in Montpellier, 2013 in Fribourg, 2015 in Montpellier). Die Teilnahmezahlen schwanken zwischen etwa 80 bis 150 Personen. <zurück>

52) Allgemein zu qualitativen Methoden vgl. bspw. ALAMI, DESJEUX und GARUBAU-MOUSSAOUI (2009), MUCCHIELLI (1994, 2004), PAILLÉ und MUCCHIELLI (2003); zur ethnografischen Feldforschung ARBORIO und FOURNIER (2005), BEAUD und WEBER (2003), CEFAI (2003); zur Beobachtung PEREZ (2004) oder PENEFF (2009), zur biografischen Methode BERTAUX (2010 [1997]) und PENEFF (1990), unmittelbar zur Chicago-School CHAPOULIE (2001) oder GUTH (2004); zum Interview KAUFMAN (1996).Vgl. auch die Ausführungen zum "Verstehen" und zum Interview in der Studie über "Das Elend der Welt" (BOURDIEU et al. 1997 [1993]) sowie die von François DE SINGLY in Paris im Verlag Armand Colin herausgegebene Reihe "L'enquête et ses méthodes". <zurück>

53) Vgl. zur Bedeutung Edmund HUSSERLs in der jüngeren deutschsprachigen Methodendiskussion PLODER (2014), zu René KÖNIG die Arbeit von MOEBIUS (2015). <zurück>

54) CORDES= Comité d'Organisation des Recherches Appliquées sur le Développement Economique et Sociale (Organisationsbüro für angewandte Forschung zur ökonomischen und sozialen Entwicklung), damalige Organisationseinheit am französischen Planungsministerium. <zurück>

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Zum Autor und zur Autorin

Prof. Dr. Reiner KELLER ist Professor für Soziologie an der Universität Augsburg. Seine Arbeitsgebiete umfassen Wissens- und Kultursoziologie, Diskursforschung, Soziologie der Naturverhältnisse, soziologische Theorie, interpretative Methoden, französische Soziologie.

Kontakt:

Reiner Keller

Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Soziologie
Universitätsstraße 10
D-86159 Augsburg

Tel.: + 49 (0) 821 598-4095
Fax: + 49 (0) 821 598-4218

E-Mail: reiner.keller@phil.uni-augsburg.de
URL: http://www.uni-augsburg.de/keller

 

Prof. Dr. Angelika POFERL ist Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Globalisierung an der Hochschule Fulda. Ihre Arbeitsgebiete umfassen Globalisierungstheorie und -forschung, Transformationen der Moderne, Wissens- und Kultursoziologie, interpretative Sozialforschung.

Kontakt:

Angelika Poferl

Professur für Soziologie mit Schwerpunkt Globalisierung
Hochschule Fulda
Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften
Leipziger Str. 123
D-36037 Fulda

Tel.: + 49 (0) 661 / 9640 - 458
Fax: + 49 (0) 661 / 9640 - 452

E-Mail: angelika.poferl@sk.hs-fulda.de
URL: http://www.hs-fulda.de/poferl

Zitation

Keller, Reiner & Poferl, Angelika (2016). Soziologische Wissenskulturen zwischen individualisierter Inspiration und prozeduraler Legitimation. Zur Entwicklung qualitativer und interpretativer Sozialforschung in der deutschen und französischen Soziologie seit den 1960er Jahren [76 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(1), Art. 14,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1601145.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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