Volume 18, No. 2, Art. 8 – Mai 2017



Wie kann interkulturelle Schulentwicklung gelingen? Gruppendiskussionen zu erforderlichen Maßnahmen und Haltungen einer interkulturellen Öffnung von Schule

Sabine Weiß, Marcus Syring & Ewald Kiel

Zusammenfassung: In diesem Beitrag berichten wir von einer Studie, in der untersucht wurde, wie interkulturelle Schulentwicklung aus der Perspektive von in der Schule Tätigen gelingen kann. Die große Zahl vor allem junger Migrant/innen übt gegenwärtig großen Handlungsdruck auf Schule und Schulsystem aus. Mittels Gruppendiskussionen mit Lehrer/innen, Schulleiter/innen und Lehrer/innenausbilder/innen wurde erarbeitet, welche Strukturen, Maßnahmen, Haltungen und Kooperationen für einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess als erforderlich betrachtet werden. Durch inhaltsanalytische Auswertung nach MAYRING (2000, 2010) ließen sich die Sichtweisen, Einschätzungen und Bewertungen der Gruppendiskussionsteilnehmenden zu einem Kategoriensystem bzw. übergeordneten Themenfeldern zusammenfassen. Daraus wurden Gelingensbedingungen abgeleitet, die verschiedene Ebenen schulischen Handelns, beispielsweise die strukturelle, personale und soziale Ebene adressieren. Interkulturelle Schulentwicklung erfordert eine Öffnung der Schule nach außen: Eltern sind durch geeignete Angebote für eine Teilnahme am Schulleben zu gewinnen. Die Einzelschule muss sich mit außerschulischen Hilfeeinrichtungen vernetzen, ebenso aber auch selbst (Beratungs-) Angebote für Schüler/innen und Lehrer/innen initiieren. Die Ausbildung von Haltungen ist zu fördern, Kooperation und Teamarbeit von Lehrer/innen sind zu intensivieren. Die Auswertung legt daneben die Schlussfolgerung nahe, dass interkulturelle Schulentwicklung längerfristig ohne zusätzliche Ressourcen und eine Weiterqualifikation Lehrender nicht zu verwirklichen ist. Lösungen für bestehende Sprachbarrieren zwischen Lehrkräften, Schüler/innen und Eltern machen sowohl strukturelle Maßnahmen als auch Regelungen für die Einzelschulen erforderlich.

Keywords: Elternarbeit; Haltung; Gruppendiskussion; qualitative Inhaltsanalyse; Kooperation; Kultur; Lehrer/innenfortbildung; Öffnung nach außen; Schulentwicklung; Sprachbarriere; Migration

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Empirische Bedingungen und strukturelle Voraussetzungen interkultureller Schulentwicklung

2.1 Handlungsdruck durch Migration und Globalisierung

2.2 Rahmenbedingungen von Schulentwicklung in Deutschland

2.3 Konzeptualisierung von Kultur als Rahmen interkultureller Schulentwicklung

3. Fazit zum aktuellen Stand der Forschung und Fragestellung

4. Methodisches Vorgehen

4.1 Projekt und Forschungskontext

4.2 Vorgehen

4.3 Stichprobe und Datenerhebung

4.4 Datenauswertung

4.5 Kodierung, Interrater-Reliabilität und Validierung

5. Ergebnisse

5.1 Kategoriensystem und Codings

5.2 Beschreibung der Kategorien

6. Diskussion

6.1 Charakteristika interkultureller Schulentwicklung

6.2 Gelingensbedingungen interkultureller Schulentwicklung

6.3 Methodische Schlussfolgerungen

6.4 Forschungsdesiderate und Implikation für die Praxis

Anmerkungen

Zu den Autorinnen und Autoren

Literatur

Zitation

 

1. Einleitung

Die hier vorgestellte Studie zielte auf das Gelingen von interkultureller Schulentwicklung. Aktuell besteht gerade in diesem Bereich großer Handlungsdruck: Die hohe Zahl an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund stellt Schule und Schulsystem vor Herausforderungen. Die Einzelschule muss sich den vergleichsweise neuen Anforderungen entsprechend verändern und dazu einen Entwicklungsprozess durchlaufen. Solche Prozesse an Schulen zu initiieren bzw. Konzepte dafür zu generieren, ist die Zielsetzung des Projekts Schule für alle, das einer Verbesserung der Bildungschancen von Schüler/innen mit Migrationshintergrund, einer Implementierung nachhaltiger Strukturänderungsmaßnahmen direkt an der Schule sowie einer Weiterbildung Lehrender dient. [1]

Bisher gibt es kaum eine wissenschaftlich gestützte Entwicklung entsprechender Konzepte. Möchte man einen solchen Rahmen schaffen, müssen zuerst einmal Bedingungen und Erfordernisse identifiziert werden, die ein Schulentwicklungsprozess unbedingt zum Inhalt haben sollte. [2]

Den Kern der hier vorgestellten Untersuchung bildet die Frage nach dem Gelingen von interkultureller Schulentwicklung aus der Perspektive der in der Schule handelnden Lehrkräfte und ausbildenden Personen. Im Rahmen von moderierten Gruppendiskussionen mit Lehrer/innen, Schulleiter/innen und Lehrer/innenausbilder/innen wurden deren Perspektiven auf als erforderlich empfundene Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen erhoben. Dem theoretischen Aufriss (Abschnitt 2) und der Fragestellung (Abschnitt 3) folgend wird in Abschnitt 4 die Methodik der vorliegenden Untersuchung (Gruppendiskussionen, inhaltsanalytische Auswertung) vorgestellt. Das ermittelte Kategoriensystem ist in Abschnitt 5 erläutert. Die abschließende Diskussion (Abschnitt 6) greift die dargestellten Ergebnisse auf und entwickelt daraus Gelingensbedingungen interkultureller Schulentwicklung. [3]

2. Empirische Bedingungen und strukturelle Voraussetzungen interkultureller Schulentwicklung

Im folgenden theoretischen Aufriss begründen wir dieses Vorgehen basierend auf folgenden Leitfragen:

2.1 Handlungsdruck durch Migration und Globalisierung

Dass sich die Zusammensetzung der Schüler/innenschaft an deutschen Schulen radikal ändert und diese Änderungen Anpassungsprozesse durch Schulentwicklung nötig machen, ist statistisch evident. Von den 80,9 Millionen Menschen, die 2014 in Deutschland lebten, hatten etwa 16,4 Millionen, also ca. 13%, einen Migrationshintergrund (AKTIONSRAT BILDUNG 2016, S.61). 2003 waren es 8,9% (STATISTISCHES BUNDESAMT 2011, S.23ff.). Ein gutes Drittel der Personen mit Migrationshintergrund zählt zur zweiten oder dritten Generation, die in Deutschland geboren wurden. Betrachtet man nur Kinder unter zehn Jahren, also diejenigen, die in einer Gesellschaft mit Schulpflicht unbedingt beschult werden müssen, wird die Notwendigkeit adaptiver Prozesse der Schule noch deutlicher, denn ein gutes Drittel (35,1%) aller Kinder unter zehn Jahren wies im Schuljahr 2014/2015 einen Migrationshintergrund auf (AKTIONSRAT BILDUNG 2016, S.61). Zum Vergleich: 2003/2004 hatten 9,9% aller Schüler/innen einen Migrationshintergrund (STATISTISCHES BUNDESAMT 2016, o.P.). [5]

Für das Jahr 2015 liegen noch wenig gesicherte statistische Daten vor. Sicher jedoch ist, dass sich 1.091.894 Millionen Asylsuchende im EDV-System EASY (Erstverteilung der Asylbegehrenden) in Deutschland registriert haben (S.72). Von den etwas mehr als eine Million Asylantragsteller/innen gaben nur 2% an, über Deutschkenntnisse zu verfügen, und nur 28% berichteten von Englischkenntnissen (RICH 2016, S.8). Wie ausgeprägt diese Kenntnisse in Hinblick auf Fremdsprachen sind und inwieweit diese Selbstauskünfte der Realität entsprechen, ist nicht bekannt. Das bedeutet, in das deutsche Bildungs- bzw. Schulsystem treten immer mehr Menschen ein, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Gleichzeitig kann angenommen werden, dass die meisten deutschen Lehrkräfte nicht über Kenntnisse der Sprachen verfügen, die die meisten Asylantragsteller/innen sprechen. Überrepräsentiert sind hier mit 48,3% das Arabische und mit 18,1% das Albanische (S.4). [6]

Ein Handlungsdruck zur Veränderung von Schule resultiert jedoch nicht nur aus den gegenwärtigen Migrationsbewegungen, sondern auch durch die von vielen Staaten der Welt unterzeichnete Behindertenrechtskonvention (BRK) vom 13. Dezember 2006 (VEREINTE NATIONEN 2009). Diese verpflichtet dazu, allen Menschen unabhängig von Migrationshintergrund, Behinderung, Geschlecht etc. eine möglichst gleichberechtigte Teilhabe an allen Aspekten gesellschaftlichen Lebens zu ermöglichen. Die Beschulung von Personen mit Migrationshintergrund wird in der Behindertenrechtskonvention als Teilmenge inklusiver Bemühungen verstanden. Deutschland hat als einer der Unterzeichner dieser Konvention im Sinne normenhierarchischen Handelns folgerichtig einen "Nationale[n] Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention" (BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALES 2011) entwickelt, der zwar auch Veränderungen an den Schulen verlangt, die Veränderungen im Bildungssystem jedoch auf nur fünf Seiten abhandelt. Auch die Konferenz der Kultusminister/innen (KMK) bleibt in diesem Kontext bei eher vagen Wertorientierungen stehen. Sie fordert für alle Bundesländer unter anderem: "Schule nimmt Vielfalt als Potenzial wahr", "Schule trägt zum Erwerb interkultureller Kompetenzen im Unterricht aller Fächer und durch außerunterrichtliche Aktivitäten bei", "Schule ist zentraler Ort für den Erwerb bildungssprachlicher Kompetenzen" oder "Schule gestaltet aktiv Bildungs- und Erziehungspartnerschaften mit Eltern" (STÄNDIGE KONFERENZ DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER 2013, S.3ff.). Klarere Formulierungen und konkretere Operationalisierungen sind in der KMK kaum erwartbar, da diese den Konsens gefährden könnten. [7]

Ein weiterer zu erwähnender Punkt ist die Globalisierung der Welt. Anthony GIDDENS (2001) macht deutlich, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man sich Staaten als weitgehend geschlossene "border-power-container" (S.120) vorstellen konnte. Innerhalb dieser Container gab es eine zentrale Macht, und der Austausch mit anderen war begrenzt. Heute leben wir, so McLUHAN und POWERS (1995) prophetisch schon in den 1970er Jahren, in einem "globalen Dorf"; der Austausch von Waren läuft über den ganzen Planeten, internationale Verträge und Verpflichtungen begrenzen nationale Souveränität. Der Kontakt und der Zugang zu anderen Kulturen waren noch nie so intensiv und unmittelbar möglich wie heute. [8]

Zusammenfassend kann man feststellen: Migrationsdruck, internationale Verpflichtungen wie die Behindertenrechtskonvention und die globalisierte Welt erfordern eine Veränderung von Schule dahingehend, sich mit Kultur und dem Kontakt von Kulturen auseinanderzusetzen. [9]

2.2 Rahmenbedingungen von Schulentwicklung in Deutschland

Die Entwicklung von Schule wird gegenwärtig, anders als im klassischen Bürokratiemodell von Max WEBER (1980 [1921]), als eine Aufgabe gesehen, welche die Schulen selbst durchführen sollen (vgl. SAALFRANK 2005). Diese Abwendung vom Bürokratiemodell ist nicht im Kontext der Schulforschung entstanden, sondern im Rahmen des sogenannten New Public Managements. Diese Richtung des Verwaltungsmanagements stammt aus den 1970er Jahren und ist von Theoretiker/innen der Organisations- und Personalentwicklung formuliert worden (vgl. zur Übersicht SAALFRANK 2005). Für die Schuladministrationen bedeutet diese Entwicklung Folgendes: Die einzelnen Bundesländer geben zwar rechtlich normative Rahmen vor, verlagern aber immer mehr Zuständigkeiten von der Administration auf die Einzelschule. Die Schulen erhalten größere Freiräume für ihr Tun. Dieses Spannungsfeld zwischen "staatlicher Aufsicht" und "Autonomie" ist kein leichter Kontext für die Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung von Schule, die als die drei Säulen eines jeden Schulentwicklungsprozesses betrachtet werden (ROLFF 1995). Sie bilden große Herausforderungen für die Einzelschulen. [10]

Eine der Grundlagen zur Initiierung von Veränderungsprozessen ist aus Sicht der Schulentwicklungsforschung die Einsicht bzw. Überzeugung, dass Entwicklung nicht verordnet werden kann, sondern die Perspektiven der in der Organisation Handelnden einbezogen werden müssen (DALIN 1999; ROLFF 1995). Plakativ formuliert heißt dies, man kann Schulentwicklung nicht gegen die Lehrkräfte der betroffenen Schule sinnvoll durchsetzen. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass Schulen keine isolierten Systeme sind. Bildungsprozesse in der Schule werden in unserer postmodernen Welt durch viele Akteur/innen initiiert und begleitet. Gerade bei zunehmender Heterogenität wird der Einbezug zusätzlicher Akteur/innen besonders wichtig (WERNING & ACVI-WERNING 2015). Neben den Eltern und Schüler/innen betrifft dies die multiprofessionelle Zusammenarbeit etwa von Regelschullehrer/innen, Sonderpädagog/innen oder Sozialarbeiter/innen. Auch darüber hinaus kann die Schule vielfältige Kooperationen eingehen. Die Kultusministerkonferenz fordert Schulen in allen Bundesländern explizit dazu auf, mit außerschulischen Institutionen zusammenzuarbeiten. Genannt werden hier abgebende und aufnehmende Bildungseinrichtungen (Kindertagesstätten, Grundschulen, weiterführende Schulen, Berufsbildungseinrichtungen), Kultur- und Bildungsträger in der Region, Einrichtungen für internationalen Schulaustausch, Bildungspartnerschaften mit Jugendwerken, Vereinen und religiöse sowie gesellschaftliche Organisationen, die Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten bieten, Verantwortung für die Gestaltung des Zusammenlebens in der Gesellschaft zu übernehmen; außerdem Wirtschaftsunternehmen in der Region, die Möglichkeiten der Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern unterstützen (STÄNDIGE KONFERENZ DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER 2013, S.3ff.). Diese Angaben der KMK, die sich erweitern ließen, machen die Vielfalt möglicher und teilweise notwendiger Kooperationsmöglichkeiten deutlich. Solche Aufforderungen zur Kooperation werden im Kontext von Schulentwicklungsmaßnahmen gern unter dem Thema der Entwicklung einer regionalen Bildungslandschaft (LOHRE, ENGELKING, HÖFER & SPICHAL 2000) zusammengefasst. [11]

Eine Schulentwicklung im Sinne des New Public Managements mündet im Allgemeinen in ein Schulprogramm, welches Parameter einer gelungenen Entwicklung operationalisiert. Gemäß SAALFRANK (2016) dient ein solches Programm für die Schulentwicklung zur

2.3 Konzeptualisierung von Kultur als Rahmen interkultureller Schulentwicklung

Wenn man sich mit der Öffnung von Schule für andere Kulturen beschäftigt, ist auch darüber nachzudenken, was unter Kultur zu verstehen ist. Johann Gottfried HERDER schrieb – noch heute gültig – zu diesem Begriff: "nichts ist unbestimmter als dieses Wort, und nichts ist trügerischer als die Anwendung desselben auf ganze Völker und Zeiten" (1995 [1784], S.39). Für HERDER war Kultur noch etwas, was sich in alltäglichen Handlungen manifestiert, durch Personen oder Institutionen tradiert wird, sich innerhalb eines geografischen Rahmens abspielt und sich als nationale Lebensweise kennzeichnen lässt. Dieser Grundton, Kultur als Nationalkultur zu verstehen, findet sich bis in die Moderne (vgl. z.B. KLUCKHOHN 1951, S.13). [13]

Postmodere Kulturbegriffe wenden sich explizit gegen ethnisch oder national definierte Bestimmungen. Kultur ist hiernach durch eine Pluralisierung von Identitäten gekennzeichnet, die auch grenzüberschreitend agieren. Kulturtheorie und der Kulturbegriff rücken damit in die Nähe moderner Milieumodelle (z.B. SINUS 2015), die auch kulturelle Orientierungsmuster gesellschaftlicher Gruppen beschreiben. Die sich mit Kultur beschäftigende Erziehungswissenschaft hat hieraus eine interessante Denkfigur entwickelt. Da der Kulturbegriff im Sinne HERDERs als ein mythologisiertes "Wir" begriffen wird, welches historische Kontinuität und ethnisch-kulturelle Zusammengehörigkeit lediglich suggeriere (vgl. ANDERSON 1998; HALL 2008, S.47), wird die Zuschreibung der Zugehörigkeit zu einer als mehr oder weniger homogen aufgefassten Kultur oder einer als kulturell tendenziell gleichförmig postulierten Gruppe grundsätzlich abgelehnt. Zuschreibungen, etwas sei z.B. typisch deutsch oder typisch türkisch, aber auch "zuschreibende" wissenschaftliche Theorien wie etwa die Kulturtheorie von Alexander THOMAS (2005), welche von kulturellen Standards ausgehen, werden negativ bewertet, weil sie der Vielfalt verschiedener Identitätskonzepte eines einzelnen Menschen nicht gerecht würden. [14]

Wichtige Begründungszusammenhänge sind in diesem Zusammenhang einerseits Stigmatisierungstheorien. Dort wird argumentiert, man müsse jede "Besonderung" einer Gruppe von Menschen vermeiden, da die Kennzeichnung eines oder mehrerer Menschen als "besonders" andere ausschließe (vgl. LINGENAUBER 2008, S.162). Ein anderer Begründungszusammenhang ist die postmoderne Philosophie. Eine der Leitideen dieser Philosophie ist die Überzeugung der Haltlosigkeit allgemeine Gültigkeit beanspruchender oder sehr weit gehender Erklärungssysteme. LYOTARD etwa spricht vom Fehlen der großen Erzählungen (z.B. Gott, Marxismus, Systemtheorie) (1994, S.19-29). Alle Erklärungen seien relativ und nur auf kleine Einheiten oder gar Einzelfälle zu beschränken. Solchen Begründungszusammenhängen entgegengesetzt sind die Ideen der Sozialphilosophen Axel HONNETH, der sich den Ideen HEGELs verpflichtet sieht. HONNETH argumentiert, dass man Unterschiede nicht "wegkategorisieren" könne, sondern es darum gehe, Unterschiede anzuerkennen, sie aber nicht negativ zu konnotieren (1998, S.196ff.). [15]

Für die interkulturelle Schulentwicklung ergeben sich aus diesen Positionen interessante Konsequenzen. Neigt man eher der theoretischen Sicht zu, die auf Nichtzuschreibungen und Dekategorisierung abzielt, um Stigmatisierung zu vermeiden, dann geht es in der Interaktion und Kommunikation eher darum, Menschen mit Blick auf etwa sonst zugeschriebene Gruppenzugehörigkeiten "unterschiedslos" zu machen: Menschen sind nicht Gruppen zuzuordnen, sondern sie sind nur als Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit wahrzunehmen. Vertreter/innen der dekategorisierenden Fraktion tendieren dazu, den anderen kulturellen Essentialismus vorzuwerfen, der nicht der Realität entspreche. Neigt man umgekehrt eher zur Überzeugung, dass ein Denken in kulturellen Gruppenzugehörigkeiten sinnhaft und Unterschiede zwischen Gruppen vorhanden sind, kann man diese angenommenen Differenzen auch in Form diverser kultureller Skripte thematisieren oder sie gar in den Mittelpunkt von Kommunikation stellen. [16]

Innerhalb dieses Diskurses um den "richtigen" Kulturbegriff und Fragen der Zuschreibung und Kategorisierung nimmt der Umgang mit Sprache eine zentrale Rolle ein. Ingrid GOGOLIN (2008) etwa beklagt seit circa 15-20 Jahren den sogenannten "monolingualen Habitus" der deutschen Schulen: Nur das Deutsche als Bildungssprache werde anerkannt, andere Sprachen eher als defizitär betrachtet. Gefordert wird eine positive Berücksichtigung anderer Sprachen im Unterricht. Einen Extremfall bilden in diesem Zusammenhang sogenannte Trans-Language-Konzepte (CREESE & BLACKLEDGE 2010; GARCIA & WEI 2014; HORNBERGER & LINK 2012). Diese postulieren, dass hybride Sprachformen wie etwa Mischungen aus Türkisch und Deutsch, als "Deukisch" bezeichnet, Ausdruck kultureller Vielfalt seien und nicht kritisiert werden dürften (vgl. BECKER 2016, S.37f.). In diesem Diskurs gibt es ein Kontinuum. Den einen Pol markieren Personen, die das Deutsche als zentrale Bildungssprache unbedingt erhalten wollen, den monolingualen Habitus der Schule für richtig halten und andere Sprachen nur als notwendige Fremdsprachenkompetenz in einer globalisierten Welt anerkennen. Den anderen Pol bilden diejenigen, die die Gleichberechtigung aller Sprachen im Bildungsprozess vertreten. Praktikable Konzepte, wie Letzteres aussehen könnte, sind uns nicht bekannt. Gleichwohl sind in der Praxis Lösungen gefordert, sodass Schulen hier entsprechende Konzepte einführen können. [17]

Unabhängig von diesen Debatten liegen einige wenige Modelle interkultureller Schulentwicklung vor. Eines der prominentesten ist das Modell von KARAKAŞOĞLU, GRUHN und WOJCIECHOWICZ (2011). Die Autorinnen knüpfen an das oben erwähnte Drei-Säulen-Modell der Schulentwicklung von ROLFF an, das wiederum auf dem international populären Modell von DALIN (1999) beruht. Grafisch stellt sich das Modell wie folgt dar:



Abbildung 1: Modell der interkulturellen Schulentwicklung nach KARAKAŞOĞLU et al. (S.23)

Mit Blick auf den Kulturbegriff und den Umgang mit Sprachen lässt sich für die interkulturelle Schulentwicklung festhalten, dass es Konzepte gibt, welche formal Dimensionen der Entwicklung aufzeigen, wie etwa das hier skizzierte Modell von KARAKAŞOĞLU et al. Wie diese Dimensionen im Sinne eines "Gelingens" konkret gefüllt werden, lässt sich theoretisch nur begrenzt bestimmen. Innerhalb der beiden hier nur angedeuteten Debatten geht der Mainstream der in Deutschland publizierten Literatur dahin, der Nichtzuschreibung kultureller Eigenschaften zu Gruppen den Vorzug zu geben. Gleichzeitig wird im öffentlichen Diskurs die Rütli-Schule in Berlin gelobt, die das Deutsche zur Verpflichtung auch von Gesprächen auf dem Pausenhof macht. Ähnlich wird der monolinguale Habitus der Schule gern kritisiert, jedoch existieren kaum theoretisch durchdachte Konzepte, welche Lehrkräften erläutern, wie man etwa mit sechs verschiedenen Sprachen im Unterricht umgeht. Letzteres ist gerade in Haupt-oder Mittelschulen keine Seltenheit. [19]

3. Fazit zum aktuellen Stand der Forschung und Fragestellung

Bestehende Betrachtungen zu interkultureller Schulentwicklung geschehen vor allem durch theoretische Rahmungen und Modelle. Diese weisen darauf hin, dass ein interkultureller Schulentwicklungsprozess verschiedene Ebenen und Personengruppen berücksichtigen und einbeziehen sollte. Exemplarisch benennt das sich an ROLFF (1995) anlehnende Modell von KARAKAŞOĞLU et al. (2011) diese Dimensionen. Offen bleibt die konkrete Umsetzung, die Frage, wie bzw. womit die einzelnen Ebenen zu füllen sind: Hier ist beispielsweise an Haltungen und Fähigkeiten von in der Schule Tätigen, an Maßnahmen der Unterrichtsgestaltung, an die Kooperation mit externen Einrichtungen und Interaktionsformen aller an Schule Beteiligten zu denken. Doch fehlt eine solche empirisch-gestützte Ermittlung, welche Maßnahmen und Inhalte ein interkultureller Schulentwicklungsprozess genau zu adressieren hat. Es bestehen Desiderate einerseits dahingehend, Bedarfe zu erfassen, die interkulturelle Schulentwicklung erforderlich macht und für die möglichst konkrete Maßnahmen für die Einzelschule, die dort tätigen Lehrer/innen und weitere beteiligte Personengruppen generiert werden müssen. Andererseits sollte ein solches Vorgehen die Sicht derer einbeziehen, die damit täglich konfrontiert sind. Schulentwicklung ist immer nur mit, nie gegen die Lehrkräfte einer Schule durchführbar. Es bietet sich daher an, in der Schule Tätige auch in eine empirische Bedarfsermittlung einzubeziehen. [20]

Dabei ist uns bewusst, dass die aus den Aussagen der Lehrkräfte entwickelten Bedarfe nur eine Perspektive darstellen. Im Vorgriff auf die später skizzierten Ergebnisse sei hier schon angemerkt, dass eine solche Perspektive häufig der klassischen interkulturellen Pädagogik entsprach, welche die Kulturgebundenheit des eigenen und fremden Handelns und den Vergleich zwischen unterschiedlichen kulturellen Orientierungssystemen in den Mittelpunkt stellt (vgl. BENDER-SZYMANSKI 2010, S.211ff.). Positionen einer reflexiven interkulturellen Pädagogik (vgl. HAMBURGER 2009), über etwaige Möglichkeiten und Grenzen des eigenen kulturell orientierten Erklärungsangebots nachzudenken, standen nur sehr eingeschränkt im Fokus der Gruppendiskussionen. Ebenso spielten migrationspädagogische Ansätze, wie wir sie etwa von MECHERIL (2008) kennen, kaum eine Rolle. Die Lehrkräfte haben eher nicht über die Wirkung machtvoller, von Ungleichheiten geprägter gesellschaftlicher Strukturen und ihre eigene Involviertheit darin im Sinne einer pädagogischen Professionalisierung gesprochen. Es ist unseres Erachtens in einer einzigen Publikation nicht sinnvoll, diesen großen theoretischen Kontext der reflexiven interkulturellen Pädagogik und Migrationspädagogik ausführlich zu eröffnen. Hier geht es in Selbstbeschränkung darum, die Perspektive der aktiv am Prozess der Schulentwicklung Handelnden aus dem Material heraus zu entwickeln. [21]

Das Ziel war vor diesem Hintergrund eine empirische Ausdifferenzierung der genannten Ebenen des Modells von KARAKAŞOĞLU et al. (2011). Der im Folgenden dargestellten Untersuchung lag folgende zentrale Forschungsfrage zugrunde: Welche Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen sind für einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess aus Sicht der Lehrkräfte erforderlich? [22]

4. Methodisches Vorgehen

4.1 Projekt und Forschungskontext

Der Fokus des Projekts "Schule für alle" (gefördert durch den Asyl-, Migrations-, Integrations-Fonds der Europäische Union) des Lehrstuhls für Schulpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), in Kooperation mit der Landeshauptstadt München, liegt auf der interkulturellen Öffnung von Schulen und Bildungseinrichtungen, verwirklicht durch eine Implementierung nachhaltiger Strukturverbesserungsmaßnahmen (an Universitäten und Schulen). Bestehende Konzepte und Praktiken sollen migrationsgesellschaftlich reflektiert und so modifiziert werden. Daher entwickelt das Projekt zur Erhöhung von Bildungschancen sowie zur Verwirklichung einer diversitätsbewussten Lehre verschiedene Maßnahmen, die die Ebenen des Schulsystems und der Lehrer/innenausbildung verzahnen, unter anderem durch die Konzeption eines Online-Seminars zur interkulturellen Schulentwicklung sowie eines online-basierten Unterstützungsmoduls für Schulentwicklungsprozesse für Schulen und Schulträger. Die Grundlage für die Konzeption und inhaltliche Strukturierung bildete eine empirisch-gestützte "Bedarfsermittlung": Diese sollte erfassen, welche (organisatorischen) Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen erforderlich sind, um einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess zu initiieren. Dieser grundlegende Projektschritt ist Ausgangspunkt und Inhalt der hier vorgestellten Studie. [23]

4.2 Vorgehen

Zur Erfassung der Bedarfe wurden ermittelnde Gruppendiskussionen durchgeführt. Nach LAMNEK (1995) handelt es sich dabei um ein Gespräch mehrerer Teilnehmer/innen zu einem Thema, das die Diskussionsleitung benennt. Die Zielsetzung von Gruppendiskussionen liegt nach diesem Verständnis unter anderem darin, Meinungen und Einstellungen einzelner Teilnehmer/innen sowie die Meinung der Gruppe als größere soziale Einheit zu erheben sowie Bewusstseinsstrukturen zu erfassen, die den Meinungen und Einstellungen zugrunde liegen (S.134). MANGOLD (1973) verweist in diesem Kontext darauf, dass die Gruppenmeinung sich als das Produkt gemeinsamer Erfahrungen und kollektiver Interaktion beschreiben lässt, die vor der Diskussionssituation liegen; diese werden während der Gruppendiskussion lediglich aktualisiert. Das bedeutet, es werden nicht Strukturen herausgearbeitet, die innerhalb einer konkreten Diskussionsgruppe gelten, sondern Strukturen, die auf Phänomene jenseits der Diskussion verweisen (LAMNEK 2010, S.428). [24]

Während "die standardisierten Fragebogen die Variationsbreite von Einstellungen nur unzureichend erfassen können und vor allem nicht die Relevanzsysteme der Betroffenen ermitteln" (S.414), können in den Gruppendiskussionen über die Beantwortung festgelegter Items oder Fragen hinaus zusätzliche Begründungen und Informationen einfließen. Es können somit Perspektiven und Meinungen derer erfasst werden, die, in diesem Fall, täglich in ihrem beruflichen Wirken mit der Thematik befasst sind. Zudem können in Gruppendiskussionen Meinungen durch gegenseitige Stimulierung deutlicher zum Vorschein kommen als in quantitativen Erhebungen. [25]

4.3 Stichprobe und Datenerhebung

An den Gruppendiskussionen nahmen Lehrkräfte, Schulleiter/innen und Ausbilder/innen aus der zweiten Ausbildungsphase aller Regelschularten teil. Ihre Rekrutierung erfolgte über eine Ausschreibung, die elektronisch über einen Verteiler der Landeshauptstadt München an alle Regelschulen in München weitergeleitet wurde. Lehrer/innen, Schulleiter/innen und Ausbilder/innen wurden darin zur Teilnahme an einer Gruppendiskussion an der LMU München eingeladen (Sampling durch Selbstaktivierung bzw. sekundäre Selektion, vgl. REINDERS 2005, S.141f.). Die Teilnahme war mit folgenden formalen Voraussetzungen verknüpft: eine mindestens sechsjährige schulische Tätigkeit sowie Erfahrung in der interkulturellen schulischen Arbeit, z.B. durch Mitarbeit in Projekten oder Arbeitsgruppen, durch Elternarbeit und/oder außerschulische Kooperationen. Im Auswahlverfahren wurde darauf geachtet, dass Teilnehmer/innen aus allen Bezirken berücksichtigt wurden, um eine regionale Ballung zu verhindern. Darüber hinaus wurden auch von den interessierten Lehrkräften ausgeübte zusätzliche Funktionen und Aufgaben wie z.B. ein Lehrauftrag an der Universität, Fachbetreuung oder die Funktion der Beratungslehrkraft vermerkt, um zu verhindern, dass nur Personen ausgewählt würden, die ein überdurchschnittliches berufliches Engagement zeigen. [26]

Die Gesamtstichprobe umfasst 44 Personen aus allen Regelschularten: 15 aus der Grundschule, 10 aus der Mittelschule, 6 aus der Realschule und 13 aus dem Gymnasium. Diese setzten sich in jeder Schulart jeweils zur Hälfte zusammen aus

Insgesamt wurden sieben Diskussionsgruppen zusammengestellt, die jeweils zwischen fünf bis acht Teilnehmer/innen umfassten (vgl. die Überlegungen zur Gruppengröße bei LAMNEK 2010, S.434ff. und MANGOLD 1973, S.229). Bei der Einteilung der Gruppen wurde darauf geachtet, dass sie sich aus Lehrkräften unterschiedlicher Schulen zusammensetzten, um eine größere Variation sowie vielfältigere und breitere Argumentationen und Informationen zu erreichen (vgl. LAMNEK 1998, S.100). [28]

Die Gruppendiskussionen dauerten ca. zwei Stunden. Jede Gruppe wurde durch erfahrene Mitarbeiter/innen moderiert, die in der Lehrer/innenausbildung tätig sind. Die wörtliche Protokollierung der Ergebnisse erfolgte durch eine/n weitere/n Mitarbeiter/in. Für alle Moderierenden und Protokollierenden fand im Vorfeld eine Schulung statt, für die ein Leitfaden für Moderation und Protokollerstellung vorlag. Die Protokollierung der Gruppendiskussion erfolgte auf Wunsch der Teilnehmenden, denn trotz ausführlicher Aufklärung über die Richtlinien von Datenschutz, Anonymität und wissenschaftlichem Arbeiten äußerten einige Bedenken bezüglich einer Tonbandaufzeichnung. Der Ablauf der Diskussion erfolgte nach einer kurzen Einführung in das Forschungsprojekt thematisch strukturiert anhand folgender Leitfragen:

Über diese Leitfragen hinaus waren den Diskutant/innen keine Kategorien oder Beispiele vorgegeben. In den Gruppendiskussionen wurden die Meinungen und Aussagen zunächst schriftlich mit Moderationskarten erhoben und dann für alle Teilnehmer/innen sichtbar an einer Stellwand angebracht. Im folgenden Diskussionsprozess wurden diese Aussagen und Meinungen von den Teilnehmenden aufgegriffen. Dabei wurden diese zum einen durch Argumente, Begründungen und Beispiele gestützt, ausdifferenziert sowie teilweise deren spezifische Bedeutung herausgearbeitet. Zum anderen kontrastierten Lehrende die Aussagen anderer durch eigene (Gegen-) Argumente und andere Erfahrungen. [30]

4.4 Datenauswertung

In Gruppendiskussionen erhobenes Datenmaterial lässt sich mittels unterschiedlicher Auswertungsmethoden bearbeiten; am häufigsten genutzt werden die dokumentarische Methode (BOHNSACK 1997, 2000) und die Inhaltsanalyse. In der vorliegenden Untersuchung erfolgte die Auswertung mittels zusammenfassender Inhaltsanalyse nach MAYRING (2000, 2010). Dieses Verfahren eignet sich dafür, eine große Menge an Ausgangsmaterial zu bearbeiten. Die Studie ging wie zuvor beschrieben von einer defizitären bestehenden empirischen Befundlage zu interkultureller Schulentwicklung aus; sie konnte kaum auf bestehenden Ergebnissen aufbauen, sondern diente einer ersten Strukturierung des Forschungsfeldes mittels systematischer Textbearbeitung (vgl. MAYRING 2010, S.95ff.), in dem mittels schrittweiser am Material entwickelter Kategorien für das Forschungsfeld bzw. das Arbeitsfeld von Lehrenden zentrale Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen sowie deren Gewichtung im Kontext der Schulentwicklung herausgearbeitet wurden. Dies leistet die zusammenfassende Inhaltsanalyse mit dem Ziel, "das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben" und "durch Abstraktion einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist" (S.58). [31]

Die Kategorien wurden induktiv aus dem Material heraus entwickelt. Zur technischen Unterstützung wurde das Programm MAXQDA verwendet. Die Nutzung von MAXQDA ermöglicht es, große Mengen an Datenmaterial (in diesem Fall Protokolle) zu strukturieren, zu kategorisieren und die Kategorien, wie unten beschrieben, modifizieren zu können. Die Zuordnung geschah, indem eine relevante Textstelle im Protokoll markiert und dann einer Kategorie zugewiesen wurde. Als Hilfsmittel diente eine im Zuge der Datenanalyse entwickelte Erläuterungs- und Beispielliste, in der jede Kategorie mit Beispielen beschrieben wurde. Auch Hinweise auf Überschneidungen und Abgrenzungen der Kategorien wurden dort festgehalten, die beispielsweise im Kontext eines Validierungsprozesses (siehe Abschnitt 4.4) herangezogen und zur Abgrenzung einzelner, zu Beginn unklarer Kategorien genutzt werden konnten. [32]

Aus den Aussagen wurden die jeweiligen als erforderlich angesehenen Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen extrahiert (in den untenstehenden Beispielen kursiv gesetzt). Danach wurde jede Kategorie benannt. Die ermittelten Kategorien lassen sich nach übergeordneten Themenfeldern gliedern – ein Vorgehen, mit dem die Ergebnisdarstellung einer im Datenmaterial zugrundeliegenden Ordnung folgt. Die Kategorien wurden in MAXQDA mit den dazugehörigen Erläuterungen, Begründungen und Beispielen verknüpft, um eine genannte Struktur, Maßnahme, Kooperation oder Haltung begründen und illustrieren zu können. [33]

Dieses Vorgehen soll exemplarisch an Aussagen von Lehrpersonen aus den Gruppendiskussionen verdeutlicht werden – mit jeweils einem Beispiel zu jedem Themenfeld:

Das komplette Kategoriensystem findet sich in Abschnitt 5.1, in Abschnitt 5.2 werden die Kategorien erläutert und durch Beispiele illustriert. [35]

4.5 Kodierung, Interrater-Reliabilität und Validierung

Zur Überprüfung der Güte der Kodierungen bzw. des Kategoriensystems wurde die Interrater-Reliabilität (IRR) berechnet. Dazu wurden die Gruppendiskussionsprotokolle zunächst hinsichtlich inhaltlicher Aussagen zu Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen von zwei Projektmitarbeiter/innen separat kodiert. Die Berechnung der Interrater-Reliabilität erfolgte sodann mittels der entsprechenden Funktion von MAXQDA Version 10. Als Übereinstimmungen wurden festgelegt, wenn mindestens 80% der entsprechenden Textstellen gleich kodiert waren. Reliabilitätskoeffizienten von 70% sind gemeinhin als zufriedenstellend anzusehen (BOS 1989). [36]

Insgesamt wurden in allen Protokollen zusammen 337 Aspekte kodiert; das an späterer Stelle folgende Kategoriensystem bildet somit die Nennungen aller Teilnehmenden an den Gruppendiskussionen zusammengenommen ab. Einige wenige Nennungen in den Protokollen (weniger als 10) wurden nicht in das Kategoriensystem aufgenommen. Dies war dann der Fall, wenn ein Aspekt zu unspezifisch oder zu allgemein formuliert war, um dessen Bedeutung zu verstehen und auch Nachfragen durch die Moderatorin/den Moderator nicht zu einer inhaltlichen Klärung beitrugen. Beispiele hierfür sind Nennungen wie "staatliche Instrumente" (MRS_LE_6) oder "konkrete Perspektiven" (MRS_LE_5), deren genaue inhaltliche Bedeutung und Bezug zum Schulentwicklungsprozess nicht zu klären waren. [37]

Die Interrater-Reliabilität betrug für alle Kategorien zusammengenommen zunächst .83, mit 280 von 337 möglichen Übereinstimmungen. Allerdings lag die Interrater-Reliabilität in einigen einzelnen Kategorien bei < .80. Um diese noch zu verbessern, wurde von den Rater/innen ein kommunikativer Validierungsprozess durchgeführt (vgl. KVALE 1995). Der Fokus lag dabei vor allem auf der Zuordnung der Nennungen zu den Kategorien, innerhalb derer die Übereinstimmung der Urteile 80% unterschritt. Die Protokolle wurden von den Rater/innen erneut herangezogen und überprüft. Durch eine Überarbeitung der Kategorien konnten diese noch mehr Trennschärfe gewinnen, sodass nach erneuter Kodierung eine Interrater-Reliabilität von .89 erreicht werden konnte (insgesamt 300 von 337 möglichen Übereinstimmungen, die Reliabilitäten aller einzelnen Kategorien sind der Tabelle 1 in Abschnitt 5.1 zu entnehmen). [38]

Dieses Vorgehen, das Herstellen von inhaltlicher Trennschärfe, lässt sich exemplarisch an einem Beispiel erläutern: Die Diskutant/innen rekurrierten mehrmals auf den Aspekt der "subjektiven Gerechtigkeit". Dieser Begriff findet in unterschiedlichen Kontexten Verwendung und wird daher, je nach Begründung bzw. Einordnung in den Kontext durch die Diskutant/innen, unterschiedlichen Kategorien zugeordnet:

5. Ergebnisse

5.1 Kategoriensystem und Codings

Tabelle 1 zeigt das Kategoriensystem der für den interkulturellen Schulentwicklungsprozess erforderlichen Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen aus Sicht von in der Schule Tätigen. Die Spalten "korrelierende Codings (corr)" und "nicht korrelierende Codings (non)" listen die Nennungen auf, die entweder übereinstimmend von beiden Rater/innen einer Kategorie zugeordnet ("korrelierend") bzw. verschiedenen Kategorien zugewiesen wurden ("nicht korrelierend"). Daraus berechnet sich die in der letzten Spalte aufgeführte Interrater-Reliabilität.

Codings

gesamt

corr

non

IRR

Struktureller Rahmen/strukturelle Bedingungen (5.2.1)

79

71

8

.90

Strukturelle Barrieren abbauen

33

29

4

.88

→ Fehlende Ressourcen und Strukturen

->13

->11

->2

 ->.85

→ Zeitliche Barrieren

->13

->11

->2

 ->.85

→ Räumliche Einschränkungen

->7

->7

->0

->1.0

Lehrkräfte fortbilden

25

22

3

.88

→ (Inter-) kulturelles Wissen

->15

->12

->3

 ->.80

→ Beratung/Trauma

->5

->5

->0

->1.0

→ Unterrichtsplanung/-gestaltung

->5

->5

->0

->1.0

Sprachbarrieren entgegenwirken

15

14

1

.93

→ DaF-/DaZ-Lehrkräfte2)/Lehrkräfte mit Sprachkenntnissen

->11

->10

->1

 ->.91

→ Angebote für Dolmetschen und Übersetzen

->4

->4

->0

->1.0

Förderlehrkräfte und Sonderpädagog/innen einsetzen

6

6

0

1.0

Aufgaben von Schule und Lehrer/innenkollegium (5.2.2)

82

73

9

.89

Kultur zum Thema im Schulleben machen

17

14

3

.82

Innerschulische Angebote für Schüler/innen initiieren

15

13

2

.87

→ Sprachförder- und Beratungsangebote

->10

->8

->2

->.80

→ Veranstaltungen

->5

->5

->0

->1.0

Schulsozialarbeit und Schulpsychologie nutzen und ausbauen

11

11

0

1.0

Supervision/Kollegiale Fallberatung implementieren

7

6

1

.86

Kooperation und Teamarbeit initiieren und stärken

11

9

2

.82

Unterricht gestalten und weiterentwickeln

12

12

0

1.0

→ Individualisierung und Differenzierung

->4

->4

->0

->1.0

→ Kultur im Unterricht thematisieren

->8

->8

->0

->1.0

Schüler/innen erziehen

9

8

1

.89

Haltungen und Werte von an der Schule Tätigen (5.2.3)

76

65

11

.86

Veränderungsbereit sein und Mut für Neues und Innovatives haben

10

8

2

.80

Offen sein (für andere Kulturen)

22

18

4

.82

Selbstreflexiv sein, kritisch auf sich selbst blicken

5

5

0

1.0

Tolerant sein gegenüber Heterogenität und Diversität

12

10

2

.83

Anderen empathisch gegenübertreten

10

9

1

.90

"Stabil", "selbstorganisiert" und flexibel sein

17

15

2

.88

Öffnung nach außen/Vernetzung (5.2.4)

100

91

9

.91

Schule für Eltern öffnen – Eltern in die Schule holen

42

35

7

.83

→ Angebote für Eltern an der Schule

->11

->9

->2

 ->.82

→ Problem Sprachbarriere

->8

->7

->1

 ->.88

→ Interaktion, Kooperation und Konflikt mit den Eltern

->23

->19

->4

 ->.83

Sich vernetzen innerhalb des Stadtteils

7

7

0

1.0

Sich vernetzen über Schularten hinweg

10

10

0

1.0

Sich vernetzen mit externen Hilfeeinrichtungen

41

39

2

.95

Tabelle 1: Kategoriensystem zur interkulturellen Schulentwicklung [40]

Das Kategoriensystem gibt Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen wieder, die für einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess als notwendig erachtet wurden. Die Häufigkeit der Nennungen betrachten wir, neben ihren jeweiligen inhaltlichen Bezügen, als Indikator für die Relevanz in diesem Praxisfeld. Die einzelnen Kategorien werden im Folgenden erläutert und exemplifiziert. [41]

5.2 Beschreibung der Kategorien

Die Kategorien lassen sich nach vier übergeordneten Bereichen gliedern: dem strukturellen Rahmen/den strukturellen Bedingungen (insg. 79 Nennungen); den Aufgaben, die der (Einzel-) Schule und den dort Tätigen zukommen (insg. 82 Nennungen) und deren Haltungen und Werte (insg. 76 Nennungen). Der Bereich Öffnung nach außen/Vernetzung erhielt die meisten (insg. 100) Nennungen. [42]

5.2.1 Struktureller Rahmen/strukturelle Bedingungen

Ein Teil der hier zugehörigen Kategorien fokussiert weniger konkrete Strukturen oder Maßnahmen, sondern Barrieren, die es zu überwinden gilt (z.B. fehlende Ressourcen, bürokratische Hürden), um einen schulischen Entwicklungsprozess erst möglich zu machen oder voranzutreiben. Andere Kategorien verweisen auf Maßnahmen, die einer eigentlich dringenden und schnellen Implementierung oder Veränderung bedürfen (z.B. Fortbildung, Personalaufstockung). Allerdings merkten die Diskutant/innen selbst an, dass besonders strukturelle Veränderungen, wenn überhaupt, nur langfristig zu erzielen seien. [43]

Die Kategorie Strukturelle Barrieren abbauen (insg. 33 Nennungen) subsumiert strukturelle Aspekte: fehlende Ressourcen/Strukturen, zeitliche Barrieren und räumliche Einschränkungen. Fehlende Ressourcen sind disparat definiert und reichen von Personalnot und Fluktuation, zu großen Klassen oder ungenügender finanzieller Ausstattung bis hin zur zögerlichen Zulassung von Lehrwerken, die einer Förderung von Schüler/innen mit Migrationshintergrund dienen würden. Räumliche Einschränkungen – z.B. das Fehlen von Sportanlagen, Schwimmbädern und Räumen für Differenzierung und Elternarbeit sowie veraltete und sanierungsbedürftige Gebäude und räumliche Enge ("Teils 'Käfighaltung', es ist zu eng, Schüler dürfen sich nicht bewegen, weil kein Platz da ist. Kein Wunder, dass es da zu Aggression kommt" [GS_AB_3]) – verweisen auf Problemlagen jenseits interkultureller Schulentwicklung, denn Platzmangel ist generell mit negativen Folgen für schulisches Handeln assoziiert. Zeitliche Barrieren werden als einschneidend besonders für Schüler/innen mit Migrationshintergrund wahrgenommen, da sie häufig ein Eingehen auf deren Bedürfnisse verhinderten. Erforderlich wären Zusatzstunden oder ein flexibles Zeitkontingent, das es erlauben würde, sich um organisatorische Bedarfe und um Anliegen speziell von Schüler/innen und Eltern mit Migrationshintergrund zu kümmern:

"Durch die zusätzlichen Aufgaben neben dem Unterricht, die durch Migrationskinder noch zunehmen, brauchen die Lehrer mehr Zeit. [...] Vielleicht auch flexible Zeiten für Treffen und Telefonieren mit Eltern. Wenn ein Lehrer wirklich engagiert ist, arbeitet er mehr als 50 Std. [...] Zeit im Stundenplan, welche gefunden werden muss, kann z.B. in Form von Zusatzstunden sein. Diese können für Integration, Gespräche mit Eltern und Lehrkräften genutzt werden [...]" (MRS_LE_6). [44]

Dem Zeitmangel wird ein hohes persönliches Engagement entgegengesetzt, das über die Bewältigung "alltäglicher" Aufgaben hinausgeht; um zusätzliche Aufgaben im Sinne der Schüler/innen nicht nur irgendwie, sondern gut zu erfüllen, wird ein hoher Zeitaufwand in Kauf genommen. [45]

In der Kategorie Lehrkräfte fortbilden (25 Nennungen) schlägt sich die Auffassung nieder, für die veränderten Anforderungen nicht ausreichend qualifiziert zu sein. Diese Kategorie beschreiben die Lehrenden in den Diskussionen als eine der zentralen zu leistenden Veränderungen. Es bestehe kurzfristig die dringende Notwendigkeit von Fortbildung, allem voran zu Interkulturellem Wissen (15 von 25 Nennungen), das sich wie folgt exemplifizieren lässt:

"Lehrkräfte benötigen darüber hinaus basales Wissen über verschiedene kulturelle Besonderheiten, um die Hintergründe von unüblichem Verhalten richtig einzuschätzen zu können, z.B. Esskultur, Verhalten zwischen Kindern und Erwachsenen, Männern und Frauen. Wenn ein Kind aus einem bestimmten Land in meine Klasse kommt, muss ich mich über das Land informieren, kulturelle Skripte erforschen, um Unterschiede zu begreifen, z.B. warum ein nepalesischer Schüler sich mit unseren Essgewohnheiten nicht zurechtfand, da er daheim auf dem Teppich sitzend mit den Fingern aß" (GS_AB_4). [46]

Fortbildungserfordernisse zu Unterrichtsgestaltung/-planung ("Sprachsensibler Fachunterricht, um das eigene Lehrer/innenhandeln zu verbessern ist hier kein riesiger Aufwand notwendig" [GY_LE_2]) werden als nicht ganz so dringend kommuniziert. Der Bedarf an Weiterbildung zu Beratung/Trauma resultiert aus der Begegnung mit Schüler/innen, deren traumatische Erlebnisse den Schulalltag teilweise massiv beeinflussen ("Ein Kind sagt: 'Meine Mutter ist im Krieg verbrannt'. Ich konnte nichts machen" [GS_AB_3]). Die Diskussion um Trauma und Lehrendenrolle war auch von der Frage geprägt, inwieweit der Umgang mit Traumatisierung trotz Fortbildung überhaupt Teil des Anforderungsspektrums sei. [47]

Sprachbarrieren entgegenzuwirken (15 Nennungen) wird bezeichnet als das "non plus Ultra, alles andere baut darauf auf. [...] Erst dann kann der eigentliche Öffnungs- oder Entwicklungsprozess beginnen" (MRS_LE_5). Fremdsprachenkenntnisse von Lehrkräften wären hier hilfreich und sinnvoll, doch spiegeln die Diskussionen divergente Positionen dazu wider, welche Sprachen dies sein sollten ("Klassische Sprachkenntnisse wie Englisch, Spanisch, Französisch [...] oder häufige Sprachen der größten Migrantengruppen" (MRS_LE_5). Eine zusätzliche Verschärfung der Sprachbarriere werfen die Diskussionsbeiträge zu Dolmetschen und Übersetzen auf: Da die Suche nach Dolmetscher/innen zeit- und arbeitsintensiv sei, komme es häufig zu folgender Konstellation, für die kurzfristige Lösungen nötig seien:

"Manchmal übersetzen ältere Geschwister, Tanten, Cousinen [...]. Wenn es um organisatorische Dinge geht, ist es ok, aber wenn es um MSD [Mobiler Sonderpädagogischer Dienst], Konflikte oder ähnliches geht, dann braucht man eine unabhängige Person. Wenn die ältere Schwester oder eine andere Mutter übersetzt, dann ist es eine schwierige Konstellation, weil bei der Übersetzung Erklärungen oder Lösungen eingepflegt werden; ein unabhängiger Dolmetscher wäre wichtig. Jüngere Kinder sind überfordert, weil sie Angst haben, da ist ein Erwachsener, und da Probleme anzusprechen" (GS_LE_7). [48]

Wünsche zur Verbesserung des strukturellen Rahmens beinhalten schließlich, in Regelschulen Förderschullehrkräfte und Sonderpädagog/innen einzusetzen (6 Nennungen), die im Unterricht mit Blick auf besondere Förderbedarfe von Schüler/innen unterstützen, aber auch zusätzliche Aufgaben übernehmen sollten. [49]

5.2.2 Aufgaben von Schule und Lehrer/innenkollegium

Kategorien zu den Aufgaben von Schule und Kollegium sind danach zu differenzieren, wem diese Aufgaben zufallen sollten und für wen diese Angebote bestimmt sind: Einige Angebote seien von der Schule für Schüler/innen zu initiieren (z.B. Beratung, Schulsozialarbeit). Ebenso seien Angebote für an der Schule Tätige zu implementieren, um deren (erfolgreiche) Arbeit mit Schüler/innen mit Migrationshintergrund möglich zu machen und zu unterstützen (z.B. Supervision). [50]

Angebote für Schüler/innen umfassen Sprachförder- und Beratungsangebote (15 Nennungen) wie Sprachförderkurse oder Schullaufbahnberatung. Hierfür sollten auch sogenannte "interkulturelle Experten" oder "Vermittler" verfügbar sein, "dafür ausgebildete Lehrkräfte", möglichst mit Migrationshintergrund, jemand, der "gegenüber Schülern und Eltern das ... Schulsystem erklärt und vergleicht, mit Blick auf Sprachunterschiede, Schullaufbahn" (GY_LE_2). Auch gemeinsame Veranstaltungen wie Studienfahrten oder Feste – ("Multikulti-Abend", "auch Österreicher' oder 'Ire[n]' nehmen daran teil" [GY_LE_2]) – seien zu initiieren. [51]

Aufgaben, die der Schule und den dort tätigen Lehrer/innen zufallen, lassen sich unter die Kategorie Kultur zum Thema im Schulleben machen (17 Nennungen) subsumieren. Diskussionsbeiträge hierzu bezogen sich nicht auf die Unterrichtstätigkeit und -inhalte, sondern übergeordnet auf die generelle Ausrichtung der Einzelschule. Insbesondere arbeiteten an der Schule Tätige das spezifische Anliegen heraus, Wertschätzung für andere Kulturen zu entwickeln und daraus ein Leitbild zu konzipieren: "Wertschätzung von 'etwas Anderem', man kann und sollte es sachlich machen, es kann zum 'common sense' werden" [GY_LE_2]). [52]

Einen vergleichsweise geringen Raum in den Gruppendiskussionen nahmen die Themen Unterrichtsgestaltung und Erziehung ein (21 Nennungen). Die Diskutant/innen beschrieben unterrichtliche Erfordernisse bzw. Veränderung als untergeordnet und weniger dringlich. Von den 12 Äußerungen zu Unterricht gestalten und weiterentwickeln adressierten 5 eine nötige Differenzierung und Individualisierung. Die anderen 7 waren Beispiele einer Thematisierung von Kultur im Unterricht. Dabei wurden sowohl Best-Practice-Beispiele – ("Chinesisches Neujahrsfest ... oder Weihnachten bei den Orthodoxen. Schüler fragen darauf 'wieso' und Lehrkraft kann Thema dann öffnen und wertschätzen; Schüler fühlen sich in ihrer Identität wahrgenommen" [GY_LE_2]) – als auch Worst-Practice-Beispiele beschrieben ("Stereotypisierung passiert schnell; eigenes Beispiel in Geographie beim Thema Afrika: Es passiert schnell, dass man einen dunkelhäutigen Schüler aufruft und fragt wie es so ist in Afrika" [GY_LE_2]). Die wenigen Nennungen zu Erziehung bezogen sich auf das Setzen von Grenzen: Grenzen seien zu kommunizieren, aber flexibel mit pädagogischem Spielraum zu handhaben, begründet durch divergierende Lebensbedingungen der Schüler/innen:

"Durch die unterschiedlichen Lebensbedingungen der Schüler muss man auf das Individuum schauen. Beispiel: Eine Schulregel lautet: In der Schule müssen Hausschuhe getragen werden. Da sollten Sie mal sehen, mit welchen Schuhen die Schüler kommen und manche haben auch keine Hausschuhe. Der Grund ist mir nicht klar gewesen. Wenn man sich die Lebensbedingungen dann anschaut, kommt heraus, dass sie keine Hausschuhe oder Sportkleidung haben. Materiallisten und Vorschriften können oft nicht eingehalten werden, nicht weil sie es nicht wollen, sondern weil sie es nicht können" (MRS_LE_6). [53]

Des Weiteren betonten an der Schule Tätige die Chancen von Schulsozialarbeit und Schulpsychologie (11 Nennungen) zur Verbesserung der Situation von Schüler/innen durch langzeitorientierte Unterstützungsmaßnahmen. Lehrkräfte seien mit "Sozialarbeiteraufgaben" wegen fehlender Ressourcen oft überfordert. Die Rolle der Sozialarbeiter/innen als Vertrauenspersonen wird auch in einem Diskussionsbeispiel deutlich, in dem es um häusliche Gewalt geht: So komme es vor, dass Kinder wegen schlechter Schulleistungen zu Hause (körperlich) bestraft würden – gerade in diesen Fällen könnten Sozialarbeiter/innen "vieles auffangen" (GY_AB_1). Die Schulpsychologie wurde nur genannt, in ihrer genauen Bedeutung für die Schule aber nicht expliziert. [54]

Eine von der Schule umzusetzende Aufgabe liege darin, Kooperation und Teamarbeit zu initiieren und zu stärken (11 Nennungen). Kooperation exemplifizierten an der Schule Tätige dabei als "gegenseitige Unterstützung der Lehrkräfte, betrifft die Bereiche Materialaustausch, aber auch die Planungsebene und Durchführung des Unterrichts" (MRS_LE_6). Sie adressierten aber auch das Team-Teaching, "um allen Herausforderungen, die insbesondere mit traumatisierten oder aggressiven Kindern einhergehen, gerecht zu werden" (GS_AB_3). Kooperatives Arbeiten sei jedoch durch strukturelle Barrieren (siehe Abschnitt 5.2.1) erschwert. Ebenso müsse die Bereitschaft zur Kooperation manchmal langsam über einen längeren Zeitraum geweckt werden. [55]

Als unerlässliche Angebote und Maßnahmen für Lehrer/innen wurden solche erachtet, die Anforderungen und Belastungen, die mit dem Schulentwicklungsprozess einhergehen, auffangen. Supervision und kollegiale Beratung (7 Nennungen) wurden hier als wertvoll eingestuft: "Supervision kann ich für mich selbst machen, ich kann es professionell in Anspruch nehmen, aber ich kann auch das Kollegium auffordern: Passt auf, dass ihr bei euch bleibt. Nur dann könnt ihr bei diesen Herausforderungen bestehen" (GS_AB_4). [56]

5.2.3 Haltungen und Werte von an der Schule Tätigen

Bedeutsame Haltungen und Werte im Kontext interkultureller Schulentwicklung lassen sich durch 6 Kategorien näher charakterisieren, die miteinander verzahnt sind bzw. ineinander übergehen. Haltungen erfuhren in allen Diskussionen einen sehr hohen Stellenwert und nahmen großen Raum ein ("Lehrer haben Vorbildcharakter. Sie müssen Toleranz und Werte gegen Rassismus lehren und auch selbst lernen" [MRS_LE_6]). Am häufigsten genannt wurde Offen sein (22 Nennungen), beispielsweise durch Äußerungen wie "Offenheit für Heterogenität" und "Offenheit für Diversität":

"'Diversität als Bereicherung sehen' ist ein Aspekt von Offenheit: Andersartigkeit soll als Bereicherung wahrgenommen werden. Menschen aus anderen Kulturen und generell den anderen zu entdecken soll für die Lehrkraft einen Wert darstellen. Dahinter steht ein bestimmtes Menschenbild: Es geht um den Menschen und ich sehe, was hinter Andersartigkeit steht, als gut an" (GS_AB_4). [57]

Nur wenn die Schule Offenheit vorlebe, seien Kinder und Jugendlichen später selbst offen; dies mache diese Haltung so bedeutsam. Offenheit wurde in den Diskussionen damit verbunden, veränderungsbereit zu sein (10 Nennungen). Veränderungsbereitschaft hat viele unterschiedliche Facetten, sie wurde auch durch Begriffe wie "Wagemut", "Umdenken", "Mut zur Innovation" und "Verlassen bekannten Terrains" beschrieben:

"Unter Wagemut wird unter anderem Mut zum Loslösen von bekannten Werten und Umgebungen verstanden, es geht darum, sich zu distanzieren und sich auf etwas Neues einzulassen; z.B. Essen mag man in der Schule, was man von zuhause kennt, dann braucht man Wagemut um sich zu was neuen zu überwinden; z.B. jemand unbekanntes Ansprechen, der nicht ins eigene 'Schema passt'" (MRS_LE_5).

"Zahllose unterschiedliche Nationen in den Schulen machen ein Umdenken nötig. Man muss sich mit dem Gedanken befassen, was Interkulturalität ausmacht, und dafür Konventionen aufbrechen" (GS_AB_4).

"Innovative Ideen zulassen bedeutet, jemanden, der quer denkt, zu ermutigen und offen hinter neue Ideen zu schauen. Es bedeutet, nicht nur auf dem Bewährten zu beharren, denn innovative Ideen ermöglichen neue Perspektiven und Potentiale" (GS_AB_4). [58]

Aus den Äußerungen mehrerer Diskutant/innen wird deutlich, dass die Veränderung von Haltungen als ein jahrelanger Prozess wahrgenommen wird, der kontinuierliche Arbeit, ein konstantes "Dran bleiben", erfordere (GY_AB_1). [59]

Offenheit und Veränderungsbereitschaft setzen Empathie voraus (10 Nennungen). Diese bedeutet im Kontext eines interkulturellen Schulentwicklungsprozesses nicht nur, sich in andere einfühlen zu können, sondern erhält eine mehrmals angeführte spezifische Bedeutung, nämlich Wertschätzung der Sprache und des kulturellen Hintergrundes der Schüler/innen: "Darf ein türkischer Junge doch privat auch türkisch auf dem Schulhof sprechen, das ist Wertschätzung" (MRS_LE_5). Empathie dürfe "keine Einbahnstraße [sein], es müssen alle im Prozesse offen sein. Auch Schülerinnen und Schüler bzw. Eltern müssen zu einem empathischen Verhalten gebracht werden" (MRS_LE_5). Damit wiederum eng verknüpft ist Toleranz:

"Darunter wird verstanden, dass Lehrer das 'Anderssein akzeptieren und ertragen', wie beispielsweise den Sohn einer türkischen Familie, welcher als Prinz aufwächst und sich dann auch unter türkischen Schülern als Prinz aufführt. Er verhält sich eben auch in der Schule als Prinz" (MRS_LE_6).

"Ein farbiges Kind wird Schokolade genannt; es sieht anders aus, es riecht vielleicht anders [...]; eine Kollegin hat dann darauf reagiert mit 'Ich mag aber Schokolade'; das hieße 'Ich mag dich' letztendlich. Ich fand die Antwort gut" (GS_LE_7). [60]

Mehrere Nennungen zu Toleranz fokussierten explizit auf den religiösen Kontext:

"Tolerante Interaktion bedeutet die Bereitschaft, als Muslim mit einem Christen oder als Jude mit einem Muslim zu sprechen. Grundlegende Haltungen dafür sind Mut sowie soziale und demokratische Verantwortung. Um zu kommunizieren, muss ich die Gemeinsamkeiten sehen können. [...] Gerade deshalb ist interreligiöse Kommunikation ein wichtiger Baustein. Schulen müssen dazu Anlässe geben. In dem Augenblick, wo sie [Personen aus den unterschiedlichen religiösen Gruppen] in ein Gremium kommen, erfahren sie Gemeinsamkeit" (GS_AB_4). [61]

Toleranz erfordere Selbstreflexion (5 Nennungen) und einen kritischen Blick auf sich selbst, um eigene "althergebrachte Vorstellungen" (GY_AB_1) zu überdenken und zu verändern. [62]

Zusätzlich finden sich in den Gruppendiskussionen verschiedene weitere Nennungen, für die sich nur bedingt ein passender Oberbegriff finden ließ ("stabil", "selbstorganisiert" und flexibel sein, 17 Nennungen). Hier sind beispielsweise Stressresistenz, die Fähigkeit sich zu erholen und Distanzierungsfähigkeit ("Es ist wichtig für sie zu wissen, wie man sich abgrenzt, Stichwort Work-Life-Balance. Es nützt uns allen nichts, wenn sie morgen in der Burn-out-Klinik liegen" [GS_AB_3]) eingeordnet. Trotz der wenigen Nennungen darf diese Kategorie nicht unberücksichtigt bleiben, sie ist Ausdruck der Belastungsgrenze, jenseits der Lehrer/innen ihre Arbeit nicht mehr bewältigen können. [63]

5.2.4 Öffnung nach außen/Vernetzung

Der Öffnung nach außen/Vernetzung wurde die zentrale Stellung für den interkulturellen Entwicklungsprozess zugeschrieben. Neben den mit 100 meisten Nennungen unterstrichen auch die Aussagen der Diskutant/innen die Wichtigkeit ("Als das Wichtigste werden Elternarbeit, Vernetzung erachtet" [GS_LE_7]). Die Schule müsse sich, schnell und niedrigschwellig, für die Eltern öffnen, diese "in die Schule holen" und sich mit externen Einrichtungen, schulartübergreifend und innerhalb des Stadtteils, vernetzen. [64]

Öffnung der Schule für die Eltern (42 Nennungen) und das Einbinden der Eltern in das Schulleben war die für an der Schule Tätige zentrale, aber nicht immer leicht zu verwirklichende Anforderung. Unter Elternarbeit wurden viele unterschiedliche Aspekte subsumiert. Viele der Nennungen zielten auf die Gestaltung der Interaktion und Zusammenarbeit mit den Eltern in ihren verschiedenen Facetten (23 Nennungen). Grundlegend sei, Eltern mit Migrationshintergrund für eine Partizipation am Schulleben zu motivieren:

"Eltern stehen der Schule oft deshalb misstrauisch gegenüber, weil sie die Schule primär in ihrer Rolle als normschaffende Institution wahrnehmen. Gerade Eltern mit Migrationshintergrund fällt es schwer, sich mit institutionell festgelegten Strukturen und Abläufen zu identifizieren. Eine Mutter mit türkischem Migrationshintergrund hat sich nicht getraut, sich im Elternbeirat zu engagieren, da sie sich nicht sicher war, ob sie überhaupt dazugehören kann" (GY_AB_1). [65]

Gelungene Elternarbeit ziele darauf ab, Misstrauen und Widerstände zu überwinden, denn Elternarbeit wird als Mittel zum Aufbau einer besseren Beziehung zu den Schüler/innen gesehen. Ein gutes Verhältnis zu den Eltern, so eine der Teilnehmenden, sei außerdem deshalb so wichtig, weil die Schüler/innen durch eine positive Einstellung ihrer Eltern gegenüber der Schule engagierter und erfolgreicher lernten (GY_AB_1). Viele Beispiele deuteten auf ein diesbezügliches Gelingen hin, andere thematisierten Schwierigkeiten: So beklagten Lehrende, dass sie für die Eltern Aufgaben übernehmen müssten, für die sie nicht zuständig oder nicht ausreichend qualifiziert seien:

"Auch für deutsche Lehrkräfte ist es schon sehr kompliziert, diese Informationen z.B. über Geldzulagen für schulische Angelegenheiten oder Erziehungshilfen einzuholen. [...] Lehrkräfte sollten Eltern auf diese Möglichkeiten der Unterstützung hinweisen, aber sie wissen selbst kaum Bescheid. Und wenn sie dies kennen und selbst Informationen dort einholen wollen, haben sie selbst Schwierigkeiten und brauchen viel Zeit, um diese Informationen einzuholen" (MRS_LE_6). [66]

Mehrfach erwähnt wurde das Problem der "Verantwortungsverschiebung": Eltern neigten dazu, die Erziehung ihrer Kinder als Verantwortungsbereich der Lehrer/innen zu betrachten und diese bei Schwierigkeiten als allein Schuldige darzustellen. Ebenso zeigten sich viele Eltern "resistent" gegenüber Anfragen der Schule (GY_AB_1). Daher seien Angebote für Eltern zu implementieren, die für diese einen Anreiz bieten, am Schulleben teilzunehmen (11 Nennungen). Diese müssten niedrigschwellig und unkompliziert zugänglich sein, denn wenn z.B. "der Weg zu weit ist; dann sind Väter dagegen [...], erlauben nicht, dass ihre Frauen hingehen dürfen" (GS_LE_7). Mehrfach wurden innovative Beispiele genannt, z.B. an der Schule stattfindende Sprachkurse für Eltern, mehrsprachige Elternabende und "Eltern- oder Müttercafés" ("Mütter mit Migrationshintergrund können hingehen; dort findet Austausch statt; Mütter sind mal unter sich" [GS_LE_7]). [67]

In allen Diskussionsgruppen zeigte sich Elternarbeit übergreifend geprägt durch Sprachbarrieren (siehe dazu auch Abschnitt 5.2.1): Eltern verfügten häufig (noch) nicht über die nötigen Sprachkenntnisse. Da Dolmetscher/innen fehlten, fungierten immer wieder Schüler/innen oder deren Geschwister als solche, mit den in Abschnitt 5.2.1 beschriebenen Folgen. Um dennoch mit Eltern in Kontakt treten zu können, besonders dann, wenn die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen es erforderten, seien kreative, kurzfristige Lösungen notwendig. Beispielsweise berichtete eine Diskutantin, sie verfasse Elternbriefe zusätzlich in einer einfacheren Sprache und lasse die Schüler/innen den Brief dann in die jeweils zu Hause gesprochene Fremdsprache übersetzen (MRS_LE_5). [68]

Eine Öffnung nach außen bedarf einer Vernetzung über die Schularten hinweg (10 Nennungen). Auf struktureller Ebene kann eine Zusammenarbeit im Rahmen von Kooperations- oder Übergangsklassen stattfinden. Genannt wurden auch Hospitationen von Lehrer/innen an anderen Schulen bzw. in anderen Schularten. Eine Kooperation mit Nachbarschulen könne zudem informativ und entlastend sein, weil dort "Lehrkräfte vielleicht bereits Erfahrung mit ähnlichen Fällen haben und Hilfestellung leisten können" (GS_AB_4). [69]

Als unumgänglich für das Gelingen eines Schulentwicklungsprozesses wurde die Kooperation mit externen Hilfeeinrichtungen beschrieben.

"Ein schnelles Hilfsnetzwerk braucht es, weil man sich als Lehrer nicht um alles kümmern kann. Die Lehrkraft muss aber die außerschulischen und Hilfsangebote nicht alle kennen, sondern es sollte an jeder Schule eine Koordinatorin/einen Koordinator für sowas geben, eine extra Stelle" (MRS_LE_5). [70]

Die insgesamt 41 Nennungen geben eine breite Palette an außerschulischen Partnern wieder. Häufig wurden Institutionen der Jugendhilfe angeführt, ebenso therapeutische und medizinische Hilfesysteme wie Ärzt/innen, Psychotherapeut/innen und Ergotherapeut/innen. Einrichtungen der Schulberatung (Schulberatungsstellen, internationale Schulberatung), Schulbegleiter/innen und Migrationshelfer/innen könnten direkt im schulischen Kontext tätig werden. Häufig unterstützt werde die Schule auch durch private Hilfsangebote und Projekte, beispielsweise durch Lernpat/innen ("Rentner oder Studierende, die sich – günstigenfalls auch in Zusammenarbeit mit Lehrkräften – um das Fortkommen eines Kindes kümmern oder in der Klasse die Lehrkräfte bei der Individualisierung unterstützen" [GS_AB_4]). [71]

6. Diskussion

6.1 Charakteristika interkultureller Schulentwicklung

Die Ergebnisse der Gruppendiskussionen zu der Frage, welche Kerncharakteristika in der Wahrnehmung von in der Schule Tätigen einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess und damit einhergehende Erfordernisse charakterisieren, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

6.2 Gelingensbedingungen interkultureller Schulentwicklung

Aus diesen Charakteristika lassen sich Gelingensbedingungen für einen interkulturellen Schulentwicklungsprozess aus der Perspektive von an der Schule Tätigen ableiten. Diese werden folgend begründet und ausgeführt.

Diese als Gelingensbedingungen formulierten Erfordernisse interkultureller Schulentwicklung lassen sich in den theoretischen Kontext einordnen, um theoretische Modelle empirisch zu stützen und mit Blick auf die Praxis auszudifferenzieren. [74]

1. Interkulturelle Schulentwicklung erfordert eine Öffnung der Schule nach außen

Zentral für das Gelingen interkultureller Schulentwicklung ist in den Augen der Lehrenden die strukturelle Ebene: die Öffnung der Einzelschule nach außen – für Eltern, externe Unterstützungssysteme und das lokale Umfeld. Das ist keine neue Idee, die aus dem aktuellen Handlungsdruck aufgrund von Migration und Inklusion resultiert. Bereits John DEWEY (1916) beschrieb Schule als einen Ort begrenzter Lern- und Erfahrungsräume, der nur modellhaftes Lernen ermöglichen könne. Genauso argumentieren demokratiepädagogische Konzepte (u.a. SCHIRP 2004): Außerschulische Lernorte, Lernpotenziale und Hilfesysteme sind erforderlich für einen Bildungsprozess, der auf Teilhabe und Chancengerechtigkeit abzielt – gerade hier sind Schüler/innen mit Migrationshintergrund häufig benachteiligt (DIEFENBACH 2002; GOGOLIN, NEUMANN & ROTH 2003; HERWARTZ-EMDEN 2003; MAAZ et al. 2016). Externe Kooperationen sind ein gutes Beispiel dafür, wo bzw. wie eine Einzelschule individuelle Freiheiten, die ihr im Rahmen des New Public Managements zukommen, nutzen kann: Sie kann selbst bestimmen, mit welchen Einrichtungen und Partner/innen sie Kooperationen eingehen möchte und kann diese selbst mitgestalten. [75]

Die hohe Bedeutungszuschreibung der Diskutant/innen mit Blick auf die Elternbeteiligung ist verknüpft mit Schwierigkeiten: Lehrer/innen beschreiben die schwere Erreichbarkeit besonders von Eltern mit Migrationshintergrund. Betrachtet man diese Problemlage näher, zeigt sich, dass es Eltern oft nicht am guten Willen fehlt. Vielmehr sind es ungünstige Lebensumstände – unter anderem ein niedriges Bildungsniveau, Überforderung, Minderwertigkeitsgefühle und Hemmungen –, die ein Engagement erschweren und hindern, Kontakt mit Lehrkräften aufzunehmen (JEYNES 2011; KOHL, LENGUA & McMAHON 2000). Forciert wird diese Ausgangslage, weil beide Gruppen oft erst dann Kontakt aufnehmen, wenn Kinder und Jugendliche Probleme in der Schule haben; die Kontakte enden, wenn die Probleme behoben sind. Diese allgemein zu beobachtende Tendenz ist bei Eltern mit Migrationshintergrund noch stärker ausgeprägt als bei den übrigen Eltern (SACHER 2013). Darüber hinaus sehen sich gerade Eltern mit Migrationshintergrund oft mit impliziten oder expliziten Vorhaltungen konfrontiert, sie seien nicht ausreichend informiert und nicht genügend mit landestypischen Vorstellungen und Hintergründen vertraut (BOOS-NÜNNING, DI BERNADO, RIMBACH & WOLBECK 2008). Dementgegen zeigen Studien, dass insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund sowie Eltern mit niedrigem sozialem Status die Schwierigkeit ihrer Erziehungsaufgabe durchaus anerkennen und sich explizit mehr (staatliche) Unterstützung wünschen (ALLENSBACH 2011) – diese aber häufig nicht erhalten. [76]

Diesen Problemlagen lässt sich entgegenwirken: Eltern engagieren sich umso mehr in der bzw. für die Schule, je mehr sie glauben, mit ihrem Engagement zum Bildungs- und Erziehungserfolg ihrer Kinder beitragen zu können und je mehr sie den Eindruck haben, dass die Schule ihr Engagement wirklich will (HOOVER-DEMPSEY et al. 2005). Schulen müssen eine Beteiligung der Eltern am Schulleben attraktiv, sinnvoll und gewollt erscheinen lassen und diesbezügliche Anreize schaffen. Die diesem Beitrag zugrundeliegende Studie zeigt mit Sprachkursen für Eltern an der Schule, Elterncafés, Veranstaltungen in Stadtteilcafés und Mitwirken im Elternbeirat Vorschläge auf, die sich in der Praxis bewährt haben. Handlungsempfehlungen zu einer systematischen Weiterentwicklung einer Partnerschaft zwischen Schule und Familie sind auch dem Gutachten von SACHER (2013) zur interkulturellen Elternarbeit zu entnehmen. [77]

Die zuvor angeführten Studien verweisen auf eine Wissenskluft zwischen Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Familien und Familien mit Zuwanderungsgeschichte einerseits und den Kindern und Jugendlichen aus den übrigen Bevölkerungsgruppen andererseits. Das bedeutet, nicht nur Schüler/innen mit Migrationshintergrund, sondern auch solche mit schwierigem familiären Hintergrund erfahren eine Benachteiligung. Diese Kluft lässt sich aber nur dann wirksam verringern, wenn man nicht nur die Zusammenarbeit von Familie und Schule stärkt, sondern zusätzlich auch außerschulische (lokale) Hilfesysteme einbezogen werden (a.a.O.). Die Palette an Einrichtungen, die als Unterstützung fungieren können, ist breit (siehe Abschnitt 5.2.4). Solche außerschulischen Hilfen (HEIMLICH 2007; WERNING 2012) sind nicht nur an den Bedürfnissen der Schüler/innen orientiert, sie tragen auch zur Entlastung von Schule und Lehrkräften bei, indem sie Aufgaben übernehmen, die die Schule nicht leisten kann bzw. die nicht zu deren Aufgabenprofil gehören. Ebenso können Umfeld und außerschulische Partner/innen Wissen und Kompetenzen einbringen, über die die Schule selbst nicht verfügt. Eine Vernetzung mit dem Umfeld setzt voraus, dass eine Schule informiert ist über mögliche Hilfen sowie den lokalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Entsprechende Kontakte bedürfen einer kontinuierlichen Pflege, beispielsweise durch eine entsprechende Plattform, auf der Kooperationspartner/innen, Kontaktdaten und Informationsmaterialien gesammelt und zur Verfügung gestellt werden können. [78]

2. Die Ausbildung von Haltungen sowie Kooperation und Teamarbeit sind zu intensivieren

Die strukturelle Ebene von Schulentwicklung bedarf aus der Perspektive der an der Schule Tätigen nicht nur einer Öffnung der Einzelschule nach außen, sondern auch eines "inneren" Öffnungsprozesses (vgl. KARAKAŞOĞLU et al. 2011): Lehrende sollen, so unsere Ergebnisse, veränderungsbereit, offen und tolerant sein, Mut für Neues und Innovatives haben, sie sollen anderen wertschätzend gegenübertreten und immer wieder kritisch auf sich selbst schauen. Doch eine Veränderung von Werten und Haltungen ist ein langwieriger Prozess, der psychisch herausfordernd und nicht selten mit Widerständen verbunden ist, die zu Konflikten oder Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedenen Akteur/innen führen können. Generell variieren die Mitglieder jedes Lehrer/innenkollegiums in ihrem Wunsch nach Offenheit bzw. ihrer Bereitschaft zu Veränderung (KREBSBACH-GNATH 1992; SCHRATZ & STEINER-LÖFFLER 1999). Aber auch die jeweilige Funktion (z.B. Lehrkraft oder Schulleitung) schlägt sich möglicherweise in einem unterschiedlichen Blick auf Veränderung nieder; dem nachzugehen, ist ein Desiderat weiterer Forschung. Dennoch ist eine Auseinandersetzung mit Haltungen zwingend notwendig, um den Schulentwicklungsprozess vorantreiben zu können. Haltungen haben zum einen eine Filterfunktion für die Wahrnehmung der Umwelt und somit einen Einfluss auf das Handeln (PAJARES 1992). Zum anderen geht der Implementierung schulischer Veränderungen immer eine "Habitualisierungsphase" voraus, die wesentlich der Überzeugung von pädagogischem Personal gewidmet ist (JOHNSON 2012, S.213ff.). Erst dann können konkrete Umsetzungsschritte und -konzepte initiiert werden. [79]

Zusätzlich zeigt die internationale Befundlage eine eigentlich positive Haltung Lehrender gegenüber Heterogenität und Inklusion. Doch wirken sich ein Fehlen notwendiger Ressourcen und eine als unzureichend empfundene Qualifikation negativ aus (z.B. AVRAMIDIS & NORWICH 2002; FLORIAN & ROUSE 2009; SEIFRIED, HEYL, JANZ & TRUMPA 2013). Das bedeutet in der Konsequenz, dass Haltungen Lehrender durch Faktoren (negativ) beeinflusst werden, für die die Schule selbst nicht verantwortlich ist bzw. auf die sie keine oder kaum Einwirkungsmöglichkeit hat. Veränderung zu initiieren, an neue Wertsysteme heranzuführen ist daher zwar eine zentrale, zugleich aber eine der schwersten Aufgaben von Schule und Schulsystemen überhaupt. Aufgreifen lässt sich diese Aufgabe beispielsweise im Kontext der Erarbeitung eines Schulleitbildes, in dem zentrale Werte einer Schulgemeinschaft fixiert sind (für Leitideen siehe DYSON 2010; REICH 2012; WERNING 2012). Ein solches Leitbild sollte Interaktionsformen etablieren, die auf gegenseitigen Anerkennung und Toleranz zielen (siehe auch HONNETH 1998). [80]

Diese Interaktionsformen bedürfen der Zusammenarbeit von Lehrkräften, die in der Schulwirklichkeit eher gering ausgeprägt ist (GEBHARDT, KRAMMER, SCHWAB & GASTEIGER KLICPERA 2013; GRÄSEL, FUßANGEL & PRÖBSTEL 2006; STEINERT et al. 2006), z.B. wenn die Schulleitung kooperatives Arbeiten "verordnet", die Lehrer/innen diese aber nicht oder nur eingeschränkt umsetzen können oder wollen. Aufgaben, die aus der Arbeit mit Schüler/innen mit teils stark divergierenden Bildungsvoraussetzungen/-bedürfnissen oder mit traumatischen Erfahrungen resultieren, können längerfristig aber nur durch Zusammenarbeit bewältigt werden. Es droht sonst Überlastung, ebenso gehen wertvolle Synergieeffekte verloren. Kooperation erstreckt sich in diesem Zusammenhang von Austauschprozessen über die gemeinsame Arbeitsplanung und -organisation oder das gemeinsame Erstellen von Förderplänen bis hin zum Team-Teaching (FUßANGEL & GRÄSEL 2008), durch das neue Inhalte erschlossen oder gemeinsam unterrichtet werden. Gerade hier hat die Schule viele Gestaltungsfreiräume. Erfolgt ein produktives Wechselverhältnis von Kooperation und individuellem Arbeiten, verhilft dies sowohl zu verbesserten Schüler/innenleistungen (LOMOS, HOFMAN & BOSKER 2011) als auch einer Entlastung auf Lehrer/innenseite (FUßANGEL & GRÄSEL 2008). Eine emotionale Entlastung kann durch Austausch z.B. über Vorerfahrungen in schwierigen Situationen und zur Verfügung stehende Unterstützungsmöglichkeiten erfolgen; zeitlich entlastend ist ein Austausch von Unterrichtskonzepten für Differenzierung oder den Umgang mit sprachlichen Defiziten. [81]

3. Ohne zusätzliche Ressourcen ist interkulturelle Schulentwicklung längerfristig nicht zu verwirklichen

Interkulturelle Schulentwicklung ist in der Wahrnehmung der in der Schule Tätigen neben der inneren und äußeren Öffnung durch ein weiteres übergreifendes Erfordernis auf struktureller Ebene geprägt: die Frage von Ressourcen. Für die Bewältigung zusätzlicher bzw. veränderter Anforderungen wie die Etablierung und Aufrechterhaltung oder Intensivierung von Beratungsgesprächen, Elternarbeit, Sprachförderung und Kooperation mit externen Einrichtungen stehen nur wenige Ressourcen zur Verfügung, die den Mehraufwand (zumindest teilweise) ausgleichen könnten. Diese Problemlage macht die Ambivalenz des New Public Management deutlich: Schulen sollen selbst Entscheidungen treffen, selbst Verantwortung übernehmen, selbst gestalten, sich selbst weiterentwickeln – dafür werden aber keine oder nicht ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt. Die eigentlich nötigen Ressourcen sind in den Augen der Diskutant/innen vielfältig: Für zusätzliche Aufgaben müsste ein Ausgleich z.B. in Form von Anrechnungs-/ Zusatzstunden oder eines flexiblen Zeitkontingents gewährt werden. Ebenso müssten entsprechende räumliche Bedingungen (für Beratungen usw.) geschaffen werden; auch fehlt häufig Personal. Lehrer/innen beklagen als Konsequenz fehlender Ressourcen, dass die zu leistenden zusätzlichen Aufgaben allein durch ein über die reguläre Arbeitszeit hinausgehendes Engagement bewältigt werden müssten. Das mag kurzfristig funktionieren, darf und kann aber keine Dauerlösung sein: Ein über die Belastungsgrenze hinausgehendes Engagement manifestiert sich längerfristig in Stresserleben, ebenso führt hohe Verausgabung ohne einen entsprechenden Gegenwert auf Dauer zu Ermüdung und Frustration (sog. "Gratifikationskrise", SIEGRIST 1996); als Folge steigt das Erkrankungsrisiko (STANSFELD, SHIPLEY, HEAD & FUHRER 2012). [82]

Neben gesundheitlichen Einbußen haben fehlende Ressourcen eine zusätzliche weitreichende Konsequenz: Nationale und internationale Befunde dokumentieren übereinstimmend, dass Lehrkräfte aller Schularten eine durchaus positive Haltung gegenüber einer inklusiven Beschulung einer heterogenen Schüler/innenschaft haben. Ein Mangel an Ressourcen schüre jedoch Unsicherheit, Ängste und in der Folge Abwehr. Stehen (mehr) Ressourcen zur Verfügung, sei der Blick auf eine inklusive Beschulung deutlich positiver (AVRAMIDIS & NORWICH 2002; FLORIAN & ROUSE 2009; SEIFRIED et al. 2013). [83]

Eine dauerhafte Ressourcenknappheit gefährdet vor diesem Hintergrund den Erfolg von Schulentwicklungsprozessen. Maßnahmen wie die erwähnten, insbesondere entlastende Zeitmodelle, Räume und Personal u.a. für Beratung, Elternarbeit und Pause (vgl. TAYLOR 2005) wären hilfreich. [84]

4. Ohne entsprechende Qualifikation/Fortbildung können Lehrkräfte die Anforderungen nicht dauerhaft erfolgreich bewältigen

In den Kontext der gerade beschriebenen Befundlage lässt sich auch die von den Lehrenden geforderte Qualifikation/Fortbildung einordnen. Aufgaben, die nicht dem Anforderungsprofil oder der Ausbildung einer Lehrkraft entsprechen, haben negative Konsequenzen sowohl für das Arbeitsengagement als auch für die individuelle Befindlichkeit (SEMMER et al. 2015). Im Rahmen unserer Studie betrifft dies kaum Anforderungen zu unterrichtlichen/curricularen und erzieherischen Belangen. Lehrkräfte wünschen sich hingegen Fortbildung zu anderen Kulturen ("kulturelles Wissen"), um Wertschätzung kommunizieren und Gemeinsamkeit herstellen zu können. Es ist, folgt man KARAKAŞOĞLU et al. (2011), eine Vermittlung von Wissen zu demografischem Wandel, Migrationsbewegungen, der Balance von Einheit und Vielfalt, kulturellen und interkulturellen Kompetenzen, kulturellen Skripten und zum Umgang mit Mehrsprachigkeit nötig. [85]

Eindringlich verweisen die Diskutant/innen auf den Umgang mit traumatisierten Schüler/innen. Die ratlos zurückbleibende Lehrkraft, die das Beispiel eines Kindes schildert, das im Unterricht plötzlich äußert, seine Mutter sei im Krieg verbrannt, steht sicher stellvertretend für ähnliche Erfahrungen vieler Lehrender, denen Handlungsoptionen fehlen, um angemessen reagieren zu können. Für solche Erfahrungen benötigen Lehrer/innen nicht nur Fortbildung, sondern auch Supervision, die solche einschneidenden Erlebnisse begleitet. Darüber hinaus wird auch eine Fortbildung Lehrer/innen nicht dafür qualifizieren, traumatisierte Kinder und Jugendliche alleinverantwortlich aufzufangen. Dafür ist therapeutisches Personal erforderlich; es gilt Wege der Kooperation und des Austauschs zwischen Psychotherapie und Schule zu finden. [86]

5. Schulentwicklung muss sich mit Sprachbarrieren und deren Folgen auseinandersetzen

Sprachbarrieren sind auf unterschiedlichen Ebenen wirksam. Auf struktureller Ebene schilderten in der Schule Tätige, dass Wartezeiten und hoher Arbeitsaufwand, Dolmetscher/innen zu finden, dazu führten, dass die Bedürfnisse und Anliegen von Schüler/innen und Eltern verspätet angegangen würden, oft mit negativen Folgen für die Elternbeteiligung, die Schullaufbahn und für soziale Integration. Dies wird verschärft durch die soziale Dimension, wenn Geschwister übersetzen und in Problemlagen hineingezogen werden, die nicht Teil ihrer Lebenswelt sein sollten und die sie überfordern. Hier gilt es Lösungen zu finden, wie Schulen schneller und vor allem ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand auf entsprechendes Personal zugreifen können. [87]

Solche strukturellen Maßnahmen klären aber nicht die Frage, welche Berechtigung welchen Sprachen im schulischen Kontext zukommt. Hier zeichnen sich opponierende Positionen ab: Die eine hält an Deutsch als zentraler Bildungssprache fest und steht dem Erfordernis von Fremdsprachenkenntnissen von Lehrer/innen eher ablehnend gegenüber. Demgegenüber fordern Kritiker/innen des "monolingualen Habitus" (GOGOLIN 2008) eine Berücksichtigung anderer Sprachen im schulischen Kontext. Dieser Diskurs und die Uneinigkeit darüber, welcher Weg denn nun der richtige sei, bildet die tägliche Arbeit von Lehrkräften jedoch nur bedingt ab. Für diese sind Sprachbarrieren Teil des Schulalltags sind und es müssen, häufig schnell und pragmatisch Lösungen gefunden werden müssen – (auch) im Interesse der Schüler/innen. Da es keine einheitliche Positionierung gibt, eröffnet der Umgang mit der Sprache der individuellen Schule große Gestaltungsfreiheiten, damit verbunden aber auch große Verantwortung. Die vorliegende Untersuchung zeigt einige kreative Vorschläge, beispielsweise mehrsprachige Elternabende oder Lehrkräfte, die Elternbriefe zusammen mit den Schüler/innen in die Sprachen übersetzen, die zu Hause gesprochen werden. [88]

6.3 Methodische Schlussfolgerungen

In der hier vorgestellten Studie wurden Gelingensbedingungen eines interkulturellen Schulentwicklungsprozesses aus der Sicht von in der Schule Tätigen erarbeitet. Diese zeigen auf, welche Strukturen, Maßnahmen, Kooperationen und Haltungen aus deren Perspektive notwendig sind, um die Schule und das Schulsystem für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie für deren Eltern zu öffnen – gemäß dem Ziel des in Abschnitt 4.1 geschilderten Projekts "Schule für alle". Durch den qualitativen Ansatz ließen sich die Gelingensbedingungen mit Erläuterungen, warum bzw. wofür eine Struktur, Maßnahme, Kooperationen und Haltung erforderlich ist, verknüpfen und mit konkreten Beispielen ihrer praktischen Umsetzung veranschaulichen. Bestehende theoretische Überlegungen und Modelle (z.B. KARAKAŞOĞLU et al. 2011) wurden so empirisch fundiert und durch das breitgefächerte Kategoriensystem ausdifferenziert. Die Kodierung durch mehrere Rater/innen, eine Diskussion des entstandenen Kategoriensystems bzw. einzelner Kategorien sowie eine Validierung durch erneute Analyse des Datenmaterials, besonders in Grenzfällen, haben die Ergebnisse zusätzlich geschärft. Es liegen nun empirisch fundierte Konzeptualisierungen vor, die aufzeigen, welche Erfordernisse und Bedarfe Lehrende in der interkulturellen Schulentwicklung als erforderlich ansehen, damit ein solcher Prozess gelingt. [89]

Durch die moderierten Gruppendiskussionen war es möglich, die spezifische Fragestellung, das Gelingen nicht von Schulentwicklung an sich, sondern im Besonderen die interkulturelle Öffnung zu fokussieren. Das wird zum einen sichtbar in Kategorien, die, teils schon durch ihre Benennung, konkrete Anforderungen und Maßnahmen interkultureller Arbeit abbilden, wie etwa Kultur zum Thema an der Schule zu machen oder Lehrer/innen in interkulturellem Wissen fortzubilden. Zum anderen wurde dieser thematische Fokus durch den Diskussionsprozess (Aufgreifen von Meinungen und Argumenten durch andere Diskussionsteilnehmer/innen, Nachfragen) offenbar, der spezifische Auslegungen von Begriffen zum Vorschein brachte. Hierzu ein Beispiel: Für den Begriff der Empathie gibt es verschiedene Auslegungen; meist wird im allgemeinen Sprachgebrauch darunter ein Einfühlungsvermögen oder die Fähigkeit des Perspektivwechsels verstanden (siehe HALL & BERNIERI 2001). Die Gruppendiskussionen zeigten für Empathie eine für den Kontext der interkulturellen Schulentwicklung spezifische Auslegung: andere Kulturen und andere Sprachen wertzuschätzen und diese Wertschätzung nach außen zu kommunizieren. Ein quantitativer Ansatz mit vorgegebenen Strukturen und Maßnahmen hätte solche spezifischen Bedeutungen, die für die interkulturelle Schulentwicklung wertvoll sind, vernachlässigt. Ebenso konnten Lehrende ihre Einstellungen, Verhaltenskonzepte usw. ausführen, statt sie in ein Antwortformat einzupassen. Widerstände und Antwortverweigerungen lassen sich dadurch minimieren (SEDLMEIER & RENKEWITZ 2008, S.86ff.). [90]

Die methodischen Problemen von Gruppendiskussion sind gerade auch für die eigene Studie reflexionsbedürftig: Einzelmeinungen zu dem politisch aufgeladenen Thema Migration könnten möglicherweise nicht geäußert werden, wenn sie deutlich von der Gruppenmeinung abweichen, ungewöhnlich oder provokant sind. Einzelne Teilnehmer/innen können aus Angst vor Bloßstellung sozial erwünschte Antworten geben (SCHNELL, HILL & ESSER 2011, S.331). Konkrete Ansatzpunkte dafür haben sich in den Gruppendiskussionen allerdings nicht gezeigt. Zudem wurde bei der Gruppenbildung darauf geachtet, dass sich die einzelnen Diskussionsgruppen aus Lehrkräften aus unterschiedlichen Schulen zusammensetzten. LAMNEK (1998, S.100) zufolge führt dies zu einer größeren Variation, Argumentationen und Informationen sind vielfältiger und breiter. [91]

6.4 Forschungsdesiderate und Implikation für die Praxis

Die hier vorgestellte Studie ist Ansatzpunkt für weiterführende Forschung und Praxis gleichermaßen. Sie systematisiert Gelingensbedingungen interkultureller Schulentwicklung, die auf einer schulartübergreifenden Betrachtung beruhen. Dabei ist zu beachten, dass diese Gelingensbedingungen, konzeptualisiert aus Aussagen von Lehrer/innen, Schulleiter/innen und Lehrer/innenausbilder/innen, zentrale theoretische Aspekte der erziehungswissenschaftlichen Forschung in diesem Kontext außer Acht lassen. Professionalisierungsforderungen der Migrationspädagogik stehen im Gegensatz zur Praxis: Lehrkräfte selbst legen häufig keinen Fokus darauf, eine durchgehende (Selbst-) Beobachtungs- und (Selbst-) Reflexionskompetenz zu entwickeln, die gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse, Diskriminierungs- und Rassismuspraktiken sowie die eigene Rolle der Pädagog/innen bei deren Reproduktion und Verfestigung aufgreift (vgl. MECHERIL 2008, S.25). Sollen schulartenspezifische Profile für Schulentwicklungsprozesse erarbeiten werden, gilt es, solche theoretischen Perspektiven mit einzubeziehen. Mit Blick auf divergierende Bildungsabschlüsse und Aufgaben von Grund- und weiterführenden Schulen, aber auch auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Schüler/innenschaft (TRAUTWEIN & NEUMANN 2008; WEIß, SCHRAMM & KIEL 2014) ist durchaus von schulartspezifischen Schwerpunktsetzungen mit Blick z.B. auf erforderliche Strukturen und Angebote auszugehen. Darüber hinaus sind die unterschiedlichen sozialen Rollen bzw. Funktionen, die die in der Schule Tätigen einnehmen zu beachten. Wie an verschiedenen Stellen angerissen, gehen mit der sozialen Rolle/Funktion möglicherweise unterschiedliche Perspektiven auf den Schulentwicklungsprozess einher; diese gilt es zu berücksichtigen, um der Tätigkeit entsprechende, passgenaue praxisbezogene Empfehlungen entwickeln zu können. [92]

Als praktische Implikation lässt sich aus den ermittelten Gelingensbedingungen ein Konzept erarbeiten, an dem sich Schulen in entsprechenden Schulentwicklungsprozessen orientieren können, beispielsweise mit Blick auf Schulleitbild, Arbeit an Haltungen und Werten, einer Stärkung der Kooperation von Lehrenden, dem Auf- und Ausbau der Vernetzung nach außen. Hilfe kann dabei durch externe Moderation erfolgen (DEDERING 2012; DEDERING et al. 2013). Gleichzeitig erfordert längerfristiges Gelingen auch strukturelle Veränderungen mit Blick auf das Schaffen von Ressourcen. [93]

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Anmerkungen

1) Zusammensetzung der Codierung: 1. Teil: Schulart (GS=Grundschule, MRS=Mittel-/Realschule, GY=Gymnasium), 2. Teil: Lehrkraft (LE)/Ausbilder/in (AB), 3. Teil: Nummer der Person. <zurück>

2) Daf = Deutsch als Fremdsprache, DaZ = Deutsch als Zweitsprache <zurück>

Zu den Autorinnen und Autoren

PD Dr. Sabine WEIß arbeiten als Akademische Rätin am Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Inklusion, Lehrer/innengesundheit, interkulturelle Schulentwicklung.

Kontakt:

PD Dr. Sabine Weiß

Lehrstuhl für Schulpädagogik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Leopoldstraße 13, 80802 München

Tel.: +49 (0)89 2180-5131
Fax: +49 (0)89 2180-5001

E-Mail: sabine.weiss@edu.lmu.de
URL: http://www.edu.lmu.de/schulpaedagogik/personen/mitarbeiter/weiss/

 

Dr. Marcus SYRING arbeitet als Akademischer Rat a.Z. am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Lehrer/innenprofessionalität und Lehrer/innenbildung, Jugendforschung, Classroom-Management, Umgang mit Heterogenität.

Kontakt:

Dr. Marcus Syring

Lehrstuhl für Schulpädagogik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Leopoldstraße 13, 80802 München

Tel.: +49 (0)89 2180-4844
Fax: +49 (0)89 2180-5001

E-Mail: marcus.syring@edu.lmu.de
URL: http://www.edu.lmu.de/schulpaedagogik/personen/mitarbeiter/syring/

 

Prof. Dr. Ewald KIEL ist Ordinarius für Schulpädagogik, Direktor des Departments für Pädagogik und Rehabilitation und Leiter Abteilung für Schul- und Unterrichtsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Lehrer/innenprofessionsforschung, Inklusion, interkulturelle Schulentwicklung, Unterrichtsgestaltung.

Kontakt:

Prof. Dr. Ewald Kiel

Lehrstuhl für Schulpädagogik
Ludwig-Maximilians-Universität München
Leopoldstraße 13, 80802 München

Tel.: +49 (0)89 2180-5133
Fax: +49 (0)89 2180-5001

E-Mail: kiel@lmu.de
URL: http://www.edu.lmu.de/schulpaedagogik/personen/professoren/kiel/

Zitation

Weiß, Sabine; Syring, Marcus & Kiel, Ewald (2017). Wie kann interkulturelle Schulentwicklung gelingen? Gruppendiskussionen zu erforderlichen Maßnahmen und Haltungen einer interkulturellen Öffnung von Schule [93 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 18(2), Art. 8,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs170281.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

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