Volume 20, No. 3, Art. 37 – September 2019



Kategorien als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive? Ein Vorschlag für eine qualitativere qualitative Inhaltsanalyse

Sebastian Ruin

Zusammenfassung: Als etabliertes Verfahren in verschiedenen sozial- und erziehungswissenschaftlichen Forschungsrichtungen lässt sich die qualitative Inhaltsanalyse an der Schnittstelle zwischen quantitativen und qualitativen Forschungszugängen verorten. Wenngleich vielfach auf hermeneutisch-interpretatives Textverstehen ausgerichtet, scheint die mit dem Verfahren verknüpfte kategoriale Logik mitunter dem quantitativen Forschungsparadigma zu entspringen. Um vor diesem Hintergrund den begründeten Anforderungen an qualitative Sozialforschung in höherem Maße gerecht zu werden, formuliere ich mit diesem Beitrag einen Vorschlag für eine qualitativere qualitative Inhaltsanalyse. Konkret wird ein Verfahren vorgestellt, mit dem das für die Forschung relevante Vorwissen systematisch expliziert und anschließend zur Kategorienbildung nutzbar gemacht werden kann. Die so gebildeten Kategorien können als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive gelten, was einen intersubjektiv nachvollziehbaren Zugang zu vorgenommenen Rekonstruktionen sozialer Konstruktionen verspricht.

Keywords: Kategorie; Kategorienbildung; Vorwissen; qualitative Sozialforschung; qualitative Inhaltsanalyse

Inhaltsverzeichnis

1. Einführende Überlegungen

2. Das Kategorienproblem

2.1 Traditionelle Kategorienbegriffe als Hemmschuh für ein qualitativeres Vorgehen

2.2 Kategorien und Kategoriensysteme in der qualitativen Inhaltsanalyse

2.3 Kategorienbildung in einer qualitativeren Inhaltsanalyse

3. Kategorien als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive

3.1 Explizieren des Vorwissens

3.1.1 Das Vorwissen der Rekonstrukteur_innen

3.1.2 Das Vorwissen der Konstrukteur_innen

3.2 Die (Re-)Konstruktionskategorien

3.2.1 Identifizieren von (Re-)Konstruktionselementen

3.2.2 Bilden von (Re-)Konstruktionskategorien

3.3 Bilden der Untersuchungskategorien

4. Fazit

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Einführende Überlegungen

Die qualitative Inhaltsanalyse kann als etabliertes Analyseverfahren in verschiedenen sozial- und erziehungswissenschaftlichen Forschungsrichtungen beschrieben werden (STAMANN, JANSSEN & SCHREIER 2016), das vielfachen und vielgestaltigen Einsatz findet (SCHREIER 2014). Als Kern der qualitativen Inhaltsanalyse lässt sich die "[...] Systematisierung von manifesten und latenten Kommunikationsinhalten" benennen (STAMANN et al. 2016, §9), mit der eine "[...] in hohem Maße regelgeleitete [...] Interpretation [...]" (a.a.O.) vorgenommen werden kann. Dieser grundlegenden Definition folge ich in dem vorliegenden Beitrag. Dabei lässt sich das Verfahren gewissermaßen an der Schnittstelle von quantitativer und qualitativer Forschung verorten. Dies bereits deswegen, da neben eher qualitativ orientierten Verfahrensweisen ebenso ‒ insbesondere in der Genese des Verfahrens ‒ stärker quantitativ orientierte Ausrichtungen zur Anwendung kamen und weiterhin kommen (SCHREIER 2014; STAMANN et al. 2016). Zudem scheinen "Ansätze und Verfahren qualitativer Inhaltsanalyse [...] in ihrer Logik noch überwiegend auf eine in der quantitativen Forschung verankerte kategorienbasierte Auswertung beschränkt" (JANSSEN, STAMANN, KRUG & NEGELE 2017, §15). [1]

Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag eine methodologische Verortung in der qualitativen Sozialforschung (u.a. FLICK, KARDOFF & STEINKE 2013; KUCKARTZ 2018) vorgenommen, die ausdrücklich eine stärker qualitative Ausrichtung des Verfahrens impliziert. Ziel ist es, dem Plädoyer von KUCKARTZ (2016) und SCHREIER (2016) "[...] für eine 'qualitativere' qualitative Inhaltsanalyse als bisher praktiziert [...]" (JANSSEN et al. 2017, §15) zu folgen und einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Um dabei der in der Logik quantitativer Forschung verhafteten kategorienbasierten Auswertung zu entkommen, müssen sich Vertreter_innen der qualitativen Inhaltsanalyse entweder ‒ mindestens partiell ‒ von der mit der Methode einhergehenden Kategorienorientierung abwenden oder aber Kategorien neu denken. Geht man davon aus, dass die Kategorienorientierung als zentrales Definitionsmerkmal des Verfahrens (SCHREIER 2014) und damit gewissermaßen als dessen Kern gilt, so erscheint ein Fallenlassen der Kategorienorientierung nur schwer denkbar und zudem fragwürdig ‒ es ließe sich bezweifeln, ob eine qualitative Inhaltsanalyse ohne Kategorienorientierung noch eine qualitative Inhaltsanalyse wäre. Zielführender für das Anliegen einer qualitativeren qualitativen Inhaltsanalyse (im weiteren Text der besseren Lesbarkeit halber einfach "qualitativere Inhaltsanalyse") erscheint hingegen der zweite oben genannte Weg, Kategorien neu zu denken.1) [2]

Diesem Vorhaben widme ich mich mit den folgenden Ausführungen, indem methodologische Überlegungen vorgenommen und Vorschläge skizziert werden, die ausdrücklich das Kernanliegen qualitativer Sozialforschung, nämlich die Rekonstruktion sozialer Konstruktionen aufgreifen. Mit diesem Kernanliegen gehen bestimmte Grundannahmen einher. So wird soziale Wirklichkeit als gemeinsame Herstellung und Zuschreibung von Bedeutungen begriffen, die durch einen Prozesscharakter und durch Reflexivität geprägt ist und womit "objektive" Lebensbedingungen durch ihre subjektiven Bedeutungen für die jeweilige Lebenswelt relevant werden. Ansatzpunkt für die Forschung ist vor diesem Hintergrund die Rekonstruktion einer Konstruktion sozialer Wirklichkeit mit Blick auf deren kommunikativen Charakter (FLICK et al. 2013). Entsprechend ist auch der in diesem Beitrag unterbreitete Vorschlag in Überlegungen zu verorten, die mit HITZLER (2016, S.173) einer "interpretativen Methodologie" zugeordnet werden können.2) Um diesem Anliegen Rechnung zu tragen, wird im Folgenden zunächst der Kategorienbegriff problematisiert und auf mögliche Funktionen von Kategorien und Kategoriensystemen in der qualitativen Inhaltsanalyse näher eingegangen (Abschnitt 2), bevor methodologische Überlegungen angestellt und Vorschläge unterbreitet werden, Kategorien stärker als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive zu begreifen und zu bilden (Abschnitt 3). Ich schließe mit einem Fazit (Abschnitt 4). [3]

2. Das Kategorienproblem

Wenngleich zahlreiche, durchaus diverse Varianten der qualitativen Inhaltsanalyse existieren (SCHREIER 2014), werden dabei Kategorien und Kategoriensysteme stets "[...] als Hauptinstrument inhaltsanalytischen Arbeitens [...]" begriffen (STAMANN et al. 2016, §13). So lässt sich die Kategorienbildung als ein zentrales methodisches und methodologisches Problem im Umgang mit diesem Verfahren bezeichnen. Ein methodisches Problem ist dabei die Frage, wie in einer gegebenen Untersuchung bestimmte Kategorien, die maßgebliche Bedeutung für die zu erarbeitenden Ergebnisse haben, gebildet und angewendet werden. Als methodologisches Problem erscheint die Kategorienbildung insofern, als danach gefragt werden muss, welchen Erkenntnisgehalt Kategorien, die auf eine bestimmte Weise begriffen, gebildet und angewendet werden, je hervorbringen und inwiefern dies dem jeweiligen Forschungsanliegen zuträglich ist. Dies kann durchaus sehr unterschiedlich interpretiert werden und hängt stark mit dem jeweiligen Forschungsparadigma zusammen, aus dem heraus eine Untersuchung vorgenommen wird. [4]

Verfolgt man beispielsweise das Anliegen, neue Themen und Gegenstände analog zu bereits ergründeten Bereichen zu erforschen ‒ also im Verborgenen liegende Wahrheiten aufzudecken, um im Stile der "Entdeckung fremder Kontinente" (KÖNIG & BENTLER 2013, S.173) weiße Flecken zu beseitigen ‒ so muss der Anspruch an Kategorien nicht zuletzt sein, dass sie ein maximales Maß an Objektivität aufweisen, um diese verborgenen Wahrheiten möglichst unverfälscht zutage zu fördern. In Anlehnung an das Forschungsparadigma des logischen Empirismus des Wiener Kreises wird bei so einer Herangehensweise mindestens implizit die These vertreten, "[...] dass es die 'Wirklichkeit an sich' gibt, die es im Rahmen wissenschaftlicher Forschung genauer zu entdecken und zu klären gilt" (a.a.O.). Kategorien dienen unter einem solchen Forschungsparadigma der systematischen Erfassung dieser Wirklichkeit an sich. [5]

Geht man hingegen in einer sozialkonstruktivistischen Perspektive von der These aus, dass "[a]lles, was gesagt wird, [...] von einem Beobachter gesagt [...]" wird (MATURANA 1985, S.34), kommt man nicht umhin anzuerkennen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse immer nur ein Bild der Wirklichkeit aus einer bestimmten Perspektive darstellen. Ausdrücklich wendet man sich dann von der Idee einer sozialen Wirklichkeit an sich ab, die durch Forschung aufzudecken sei. Es geht dann vielmehr darum,

"rekonstruierend zu verstehen, wie Bedeutungen entstehen und fortbestehen, wann und warum sie 'objektiv' genannt werden können, und wie sich Menschen die gesellschaftlich 'objektivierten' Bedeutungen wiederum deutend aneignen, daraus, wie aus einem Steinbruch, ihre je 'subjektiven' Sinnhaftigkeiten herausbrechen ‒ und dadurch wiederum an der Konstruktion der 'objektiven Wirklichkeit' mitwirken" (HITZLER & EBERLE 2013, S.114). [6]

Sozialwissenschaftliche Theorien und Modelle gelten in solch einer Perspektive als "Konstruktionen zweiter Ordnung" (S.113), wobei alltagsweltliche Konstruktionen "erster Ordnung" (a.a.O.) als deren Basis begriffen werden. Ins Zentrum des Interesses rückt somit die Rekonstruktion bestimmter Manifestationen sozialer Wirklichkeit in bestimmten Situationen vor dem Hintergrund permanenter Dynamik (FLICK et al. 2013). Qualitativ ausgerichtete Forschung ist unter ein solches Paradigma einzuordnen (a.a.O.). Die jeweilige situative Perspektive wird hierbei durch den begrifflichen (theoretischen) und methodischen Rahmen bestimmt (KÖNIG & BENTLER 2013). Auf die qualitative Inhaltsanalyse bezogen findet diese situative Perspektive ihren Ausdruck nicht zuletzt in konkreten Kategorien, sofern man solch ein Forschungsparadigma verfolgt. Anhand der Kategorien wird dann der jeweilige begriffliche Rahmen (also die vorformatierende Kontextualität sowie die spezifische Situativität) am Material zur Anwendung gebracht. [7]

In dem Ansinnen, die qualitative Inhaltsanalyse qualitativer zu machen, scheint es daher geboten, den Begriff "Kategorie" kritisch zu reflektieren. Dies schließt auch ein, die Zusammenhänge zwischen Vorwissen, Material und (zu bildenden wie gebildeten) Kategorien im Forschungsprozess näher zu beleuchten und den Rezipient_innen von Forschung zugänglich zu machen. In diesem Anliegen geht es im Folgenden um eine Entfaltung und Weiterentwicklung ausgewählter Aspekte des Verständnisses von Kategorien. So wird zunächst ein Schlaglicht auf den Kategorienbegriff in der abendländischen philosophischen (und damit geisteswissenschaftlichen) Tradition geworfen, um die wirkmächtige Ideengeschichte dieses Begriffs zu vergegenwärtigen (Abschnitt 2.1), bevor näher auf die Funktion von Kategorien und Kategoriensystemen in der qualitativen Inhaltsanalyse eingegangen (Abschnitt 2.2) und diesbezügliche Perspektiven aufgezeigt werden (Abschnitt 2.3). [8]

2.1 Traditionelle Kategorienbegriffe als Hemmschuh für ein qualitativeres Vorgehen

Ein erster Fallstrick hinsichtlich der Bildung und Anwendung von Kategorien in der qualitativen Inhaltsanalyse lässt sich in philosophischen Traditionen und hier prominent transportierten Ideen zur Beschaffenheit von Kategorien sehen. Schließlich präg(t)en diese das geisteswissenschaftliche Verständnis von Kategorien nachhaltig. Dies soll an den beiden markantesten philosophischen Positionen zum Kategorienbegriff knapp skizziert werden: an der aristotelischen Kategorienlehre und an KANTs Neufassung des Kategorienbegriffs. In der aristotelischen Kategorienlehre ‒ zweifellos ein bedeutsames Fundament des abendländischen Denkens ‒ werden Kategorien als "Aussageschemata" begriffen. Diese gelten in der logisch-ontologischen Philosophie ARISTOTELES' als voneinander unabhängige Aussageklassen, die einen jeweils verschiedenen Sinn von "Seiend-sein" bestimmen (BAUMGARTNER, GERHARDT, KONHARDT & SCHÖNRICH 2007, S.716). Im Kern geht es hierbei darum, "Verwechslungen des Bedeutungssinns von 'Sein' zu verhindern" (a.a.O.). Anders ausgedrückt wird also alles Seiende in einer als vorhanden angenommenen Wirklichkeit klassifiziert; die Wirklichkeit wird systematisch erfasst. Ein solches Kategorienverständnis impliziert damit die Annahme einer an sich vorhandenen Wirklichkeit, die es zu ordnen gilt. Mit der Rede von Kategorien wird in dieser Denkart folglich suggeriert, dass Kategorien der (objektiven) Strukturierung der Wirklichkeit dienen ‒ durchaus in gewisser Nähe zum Forschungsparadigma des logischen Empirismus. [9]

Die Arbeiten KANTs werden als zweiter Meilenstein in der philosophischen Auseinandersetzung mit dem Kategorienproblem angesehen (BAUMGARTNER et al. 2007). In seiner Urteilstafel identifiziert KANT bestimmte Kategorien als apriorische Verstandesbegriffe von universaler Gültigkeit, die ihm zugleich als Strukturbegriffe jeglicher Wissenschaft gelten:

"[...] und es entsprangen reine Verstandesbegriffe, bei denen ich außer Zweifel sein konnte, daß gerade nur diese und ihrer nur soviel, nicht mehr noch weniger, unser ganzes Erkenntnis der Dinge aus bloßem Verstande ausmachen können. Ich nannte sie wie billig nach ihrem alten Namen Kategorien [...]" (2016 [1783], S.324). [10]

Kategorien werden damit zu quasiontologischen Strukturbegriffen. Es wird nun nicht mehr ein ontologisch Seiendes mit Kategorien erfasst, sondern die Strukturierung einer als individuell verschieden anerkannten Anschauung vollzieht sich in der Philosophie KANTs anhand eines feststehenden, a priori gegebenen Kategorienschemas. Trotz einiger weiterer innovativer Konzeptionen des Kategorienbegriffs (nicht zuletzt von DILTHEY 1992 [1910]) werden diese beiden Interpretationen im philosophischen Diskurs bis heute als maßgeblich gehandelt (BAUMGARTNER et al. 2007). Auch bleiben gegenwärtige geistes- und sozialwissenschaftliche Studien von diesen prominenten Auslegungen des Kategorienbegriffs keinesfalls unberührt (siehe bzgl. des aristotelischen Kategorienbegriffs KULLMANN 1998), was nicht verwundert, orientieren sich Wissenschaftler_innen dieser Forschungsrichtungen bezüglich ihrer Argumentationslogik traditionell an der Philosophie. [11]

Diese Denktraditionen findet man ebenfalls in der Anlage und Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse wieder, nämlich dann, wenn Kategorien als tendenziell starre Systeme (von Aussageschemata oder Verstandesbegriffen) zur Klassifizierung der Wirklichkeit oder zur Systematisierung gegebener Formen der Anschauung begriffen werden. Beispielsweise zeigt sich eine Nähe zum aristotelischen Kategorienverständnis, wenn MAYRING (2015, S.71) anregt, Kategorien aus dem zu interpretierenden Material mit den Techniken der "Bündelung" oder auch der "Integration" in einen bestehenden übergeordneten Zusammenhang auf eine Weise zu entwickeln, in der es offenbar darum geht, den im Material vorhandenen semantischen Gehalt ‒ also die vorhandene Wirklichkeit an sich ‒ auf einem höheren Abstraktionsniveau mit einer Kategorie zu fassen. Dies geschieht weitgehend ohne nennenswerte Reflexion der produktiven Beteiligung der Forscher_innen in diesem Prozess.3) Eine Analogie zum KANTschen Kategorienverständnis lässt sich wiederum in der formalen qualitativen Inhaltsanalyse erkennen, die u.a. STAMANN et al. (2016) als eine Ausprägung des Analyseverfahrens beschreiben. Hier werden formale Kategorien für die Analyse im Grunde als Formen der Anschauung a priori gesetzt und dann auf das zu interpretierende Material angelegt. [12]

Für eine qualitativere Inhaltsanalyse wird jedoch eine flexiblere und stärker situative Auffassung von Kategorien benötigt, sollen diese als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive begriffen und nachvollziehbar begründet werden. In einer solchen Auffassung werden Kategorien aus der jeweiligen Kontextualität und Situativität gespeist. Sie werden also gerade als flexible und nicht starre Begriffe verstanden. Die Perspektiven der Rekonstrukteur_innen, die ihr eigenes forschendes Tun mit Blick auf den prozessualen und kommunikativen Charakter sozialer Situationen kritisch reflektieren, sowie jene der Konstrukteur_innen, deren subjektive Bedeutungen für soziale Situationen Anerkennung finden sollen, präfigurieren dabei die jeweilige Kontextualität und Situativität. Wie dies zu verstehen ist, wird im Folgenden in wenigen grundsätzlichen Überlegungen zu Kategorien und Kategoriensystemen in der qualitativen Inhaltsanalyse sowie zu möglichen Erweiterungen bzw. Modifikationen verdeutlicht. [13]

2.2 Kategorien und Kategoriensysteme in der qualitativen Inhaltsanalyse

Die Relevanz von Kategorien ist hinsichtlich der qualitativen Inhaltsanalyse relativ unstrittig. MAYRING (2000, 2015) als prominenter Vertreter qualitativ inhaltsanalytischer Zugänge benennt sechs wesentliche Merkmale der qualitativen Inhaltsanalyse, darunter die Einordnung der qualitativen Inhaltsanalyse als "kategoriengeleitete Textanalyse" (2015, S.13), die als das wichtigste Merkmal erscheint:

"Das Merkmal der Kategoriengeleitetheit ist in der Tat das zentrale Unterscheidungskriterium gegenüber anderen Textanalyseansätzen. Kategorien stellen Analyseaspekte als Kurzformulierungen dar, sind in der Formulierung mehr oder weniger eng am Ausgangsmaterial orientiert und können hierarchisch geordnet sein (Ober- und Unterkategorien). [...] Das Kategoriensystem [...] ist das eigentliche Instrumentarium der Analyse. Mit ihm wird das Material bearbeitet und nur die Textstellen berücksichtigt, die sich auf die Kategorien beziehen" (MAYRING & FENZL 2015, S.544). [14]

Dieses Merkmal steht auch im Mittelpunkt von SCHREIERs (2014) Definition der qualitativen Inhaltsanalyse, wenn sie "[...] als zentrales Definitionsmerkmal die Kategorienorientierung des Verfahrens [...]" benennt (§4). Ebenso sprechen KUCKARTZ (2018) sowie STAMANN et al. (2016) Kategorien eine elementare Rolle in der qualitativen Inhaltsanalyse zu. Von KUCKARTZ (2018, S.31) werden Kategorien dabei ganz allgemein als "[...] Ergebnis der Klassifizierung von Einheiten [...]" bezeichnet, womit offensichtlich Spielräume bezüglich der Form, Funktion und Bildung von Kategorien gelassen werden. Durchaus vielfältig sind auch für andere Autor_innen die Formen und damit verbunden die Funktionen von Kategorien sowie die Modi, wie sie gebildet werden (z.B. STAMANN et al. 2016). Bei geteilter Auffassung über die Relevanz von Kategorien gehen die Standpunkte bezüglich Form und Modus der Kategorienbildung zwischen den Vertreter_innen der qualitativen Inhaltsanalyse sowie in unterschiedlichen Ausprägungen des Verfahrens sichtlich auseinander. [15]

So verdeutlicht z.B. KUCKARTZ (2018), dass es diverse Formen von Kategorien gebe, die in der qualitativen Inhaltsanalyse zur Anwendung kommen, und er unterscheidet inhaltliche, analytische, natürliche, evaluative, formale und Fakten-Kategorien. Etwas abstrahierender erkennen STAMANN et al. (2016) in ihrer Übersicht über diverse Ausprägungen der qualitativen Inhaltsanalyse im Kern drei Arten von Kategorien: inhaltliche, skalierende und formale, die "in der Forschungspraxis" (§11) auch kombiniert eingesetzt werden. Deutlich wird in jedem Fall: Kategorien können in der qualitativen Inhaltsanalyse unterschiedliche Formen haben, was auch als zentrales Merkmal der Klassifizierung diverser Ausprägungen des Verfahrens gilt (KUCKARTZ 2018; MAYRING 2015; SCHREIER 2014). Mit der Variabilität der Form von Kategorien ergeben sich ebenso Unterschiede in ihrer Funktion. Während beispielsweise inhaltliche Kategorien für die Strukturierung des Materials herangezogen werden, lässt sich mit evaluativen bzw. skalierenden Kategorien eine Bewertung bestimmter Aspekte des Materials vornehmen; analytische Kategorien ermöglichen wiederum Abstraktion (KUCKARTZ 2018). [16]

Das markanteste Merkmal ist jedoch der Modus der Kategorienbildung. Meist wird in diesem Zusammenhang zwischen deduktiver (an Vorwissen orientierter) und induktiver (am Material orientierter) Kategorienbildung differenziert (u.a. MAYRING 2015; STAMANN et al. 2016), wobei sich in der Forschungspraxis eine zunehmende Tendenz zu Mischformen wie z.B. einem deduktiv-induktiven Vorgehen herauskristallisiert (u.a. KUCKARTZ 2018; SCHREIER 2012; STAMANN et al. 2016; STEIGLEDER 2008). Dies überrascht nicht, scheint doch ein rein deduktives Vorgehen in zahlreichen Fällen nicht den spezifischen Besonderheiten des Materials gerecht zu werden, während man mit einem rein induktiven Vorgehen, wie es beispielsweise MAYRING (2015) prominent vertritt, Gefahr läuft, vorhandenes und im Kontext der Analyse relevantes Vorwissen nicht zu explizieren und somit intersubjektive Nachvollziehbarkeit zu gefährden (RUIN 2017a). Insofern erscheint eine strikte Trennung in ein rein induktives oder ein rein deduktives Vorgehen im analytischen Sinne bzgl. diverser Formen eines möglichen Vorgehens bei der Kategorienbildung wertvoll, bzgl. der gegenwärtigen Forschungspraxis aber eher unüblich. Ähnliche Tendenzen, induktive und deduktive Anteile im Forschungsprozess miteinander zu verweben, lassen sich auch in anderen Bereichen qualitativer Forschung feststellen. So erkennen beispielsweise Vertreter_innen der Grounded-Theory-Methodologie (GTM) unter dem Postulat der theoretischen Sensibilität in wachsendem Maße Vorwissen an, und spätestens bei der reflexiven GTM handelt es sich nicht mehr um eine "naiv-empiristische Epistemologie" (BREUER, MUCKEL & DIERIS 2019, S.22). [17]

Mit Blick auf das oben umrissene Anliegen, in einer qualitativeren Inhaltsanalyse die jeweilige situative Perspektive auf das untersuchte Material in konkreten Kategorien zum Ausdruck sowie zur Anwendung zu bringen, gälte es demnach, relevantes Vorwissen stets anzuerkennen und zu explizieren. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass dasjenige, was bei einer deduktiven Kategorienbildung in der gängigen qualitativ inhaltsanalytischen Forschungspraxis "[...] unter den Begriff theoretisches Konzept fällt, [...] vielfältig und in seinem Abstraktionsgrad in hohem Maße unterschiedlich" ist (STAMANN et al. 2016, §15). Unter diesen Voraussetzungen erscheint ein systematisches, in verschiedene Ebenen und Formen differenziertes Erfassen von Vorwissen (KELLE & KLUGE 2010) angeraten, bevor mit einer Kategorienentwicklung am Material begonnen werden kann ‒ auch die Entscheidung über die Form der zu bildenden Kategorien könnte so gesehen erst nach diesem Prozess sinnvoll getroffen werden. Kategorien würden bei einer solchen Vorgehensweise aus einer explizierten kontextuell-situativen Perspektive heraus am Material gebildet und angelegt. Eine prinzipielle Unterscheidung in rein deduktives und rein induktives Vorgehen bei der Kategorienbildung griffe dabei zu kurz, finden sich in derart verstandenen Kategorien doch stets deduktive und induktive Anteile, die herauszuarbeiten wären. Insofern erscheint eine abduktive Forschungshaltung hier angeraten:

"Gute qualitative Forschung entwickelt [...] statt der dichotom strukturierten Entscheidung zwischen entweder deduktiv oder induktiv verfahrender Forschung eine abduktive Forschungshaltung [...], in der induktive, abduktive und deduktive Modi den Prozess abwechselnd und ineinandergreifend strukturieren und so die iterative Zyklik konstituieren, ohne die qualitative Forschung nicht gelingen kann" (STRÜBING, HIRSCHAUER, AYAß, KRÄHNKE & SCHEFFER 2018, S.92). [18]

Abduktives Schlussfolgern hat nach REICHERTZ (2013) folgende logische Form: Etwas Unverständliches in den Daten führt zu einem gedanklichen Entwurf einer neuen Regel, womit sowohl die Regel gefunden bzw. erfunden als auch der Fall klar wird. Allerdings muss diese "[...] Art des Folgerns nicht als 'zwingend', sondern als 'eher sehr waghalsig' [...]" (S.281) bezeichnet werden, weswegen die für Abduktion nötige spontane Evidenz weder planbar noch immer intersubjektiv nachvollziehbar ist. Abduktion kann daher weniger als eine Methode kontrollierten Schließens bezeichnet werden, sondern erscheint vielmehr als "[...] nur eine formale Darstellung davon [...], wie die Entwicklung neuer Erklärungen angesichts überraschender Fakten vor sich geht" (KELLE & KLUGE 2010, S.25) ‒ oder anders ausgedrückt, wie sich das Zusammenspiel von Vorwissen und neuer Erfahrung vollzieht:

"Abduktives Schlussfolgern ist also kein kenntnisliefernder Schlussmodus, also auch keine exakte Methode, mit deren Hilfe sich logisch geordnet (und damit operationalisierbar) Hypothesen oder gar eine Theorie generieren lässt, sondern abduktives Folgern ist eine Haltung gegenüber Daten und gegenüber dem eigenen Wissen: Daten sind ernst zu nehmen, und die Gültigkeit des bislang erarbeiteten Wissens ist einzuklammern" (REICHERTZ 2013, S.284). [19]

Bevor auf ein solches Vorgehen, mittels dem bei der Kategorienbildung aus einer abduktiven Forschungshaltung heraus induktive und deduktive Anteile miteinander verzahnt werden, näher eingegangen wird4), ist jedoch zu klären, welche Bedeutung im Falle der qualitativen Inhaltsanalyse (generell sowie in Bezug auf eine qualitativere Ausprägung) der Zusammenführung der jeweils gebildeten Kategorien in Kategoriensystemen zukommt. Schließlich gilt es als zentrales Element einer qualitativen Inhaltsanalyse, relevante Bedeutungen des untersuchten Materials als Kategorien eines inhaltsanalytischen Kategoriensystems zu explizieren und anschließend Textstellen diesen Kategorien zuzuordnen (SCHREIER 2014). Insofern kann das Kategoriensystem als "'Herzstück' der qualitativen Inhaltsanalyse" (§5) und damit auch als Differenzierungskriterium gegenüber anderen qualitativen Verfahren bezeichnet werden. Mit STAMANN et al. (2016, §14)

"[...] kann als Kategoriensystem die Gesamtheit der im Forschungsprozess gebildeten Kategorien gelten. Es zeigt die Relationen einzelner Kategorien zueinander, kann darüber hinaus aber auch auf die Relation zu vorab zugrunde gelegten Theorien verweisen. Die durch das Kategoriensystem begründete relationale Beziehung kann statisch oder dynamisch, linear hierarchisch oder auch netzwerkartig aufgebaut sein." [20]

Dieser Definition folge ich in den nachkommenden Ausführungen, wobei hervorzuheben ist, dass der Terminus "Theorie" hier im Sinne von Vorwissen verstanden werden soll, das durchaus diverse Formen annehmen und neben wissenschaftlich-theoretischem Vorwissen auch Wissen aus empirischen Befunden, Alltagswissen usw. sein kann (KUCKARTZ 2018). Ein Kategoriensystem erfüllt vor diesem Hintergrund mehrere Funktionen: Es dient der Systematisierung bestimmter Inhalte des Materials und damit verbunden einer systematischen Steuerung des Vorgehens bei der Analyse ‒ wobei es beim vorliegenden Vorschlag im Analyseprozess auch noch veränderbar sein soll. Gleichermaßen dient es dem Herstellen von intersubjektiver Nachvollziehbarkeit der Analyse und der für sie relevanten Kriterien und zudem auf einer übergeordneten Ebene dem Explizieren der Kontextualität und Situativität der Rekonstruktionen bestimmter Konstruktionen sozialer Situationen. [21]

2.3 Kategorienbildung in einer qualitativeren Inhaltsanalyse

Nimmt man die methodologischen Prämissen qualitativer Sozialforschung (FLICK et al. 2013) ernst, so ist diese Forschungsrichtung maßgeblich durch ein erkenntnistheoretisches Anliegen charakterisiert: die Distanzierung von der Idee einer objektiv vorhandenen, durch Forschung aufzudeckenden sozialen Wirklichkeit (KÖNIG & BENTLER 2013). Daraus resultiert das dieser Idee entgegengesetzte Bemühen um die Rekonstruktion bestimmter Manifestationen sozialer Wirklichkeit in bestimmten Situationen (FLICK et al. 2013). Will man diesen Prämissen folgen, was mein ausdrückliches Anliegen mit diesem Beitrag ist, gilt es auch in qualitativ inhaltsanalytischen Arbeiten relevante Rekonstruktionselemente der Forscher_innen sowie Konstruktionselemente der Beforschten (bzw. des beforschten Materials) sichtbar zu machen. Dies zu verdeutlichen lässt sich dann als eine Funktion von Kategorien bzw. Kategoriensystemen ansehen. Anhand ihrer soll das Ergebnis des kriteriengeleiteten Vorgehens expliziert und intersubjektive Nachvollziehbarkeit hergestellt werden, womit einem elementaren Gütekriterium qualitativer Forschung (STEINKE 2013) Rechnung getragen wird. [22]

Als weiteres Gütekriterium qualitativer Sozialforschung soll Indikation (bzw. Gegenstandsangemessenheit des Vorgehens) zur Geltung kommen (a.a.O.). Dieses Kriterium wird auch in der aktuell ‒ durchaus auch kontrovers ‒ diskutierten (u.a. EISEWICHT & GRENZ 2018; REICHERTZ 2019) Kriterienliste nach STRÜBING et al. (2018) hervorgehoben, wobei die Gegenstandsangemessenheit sich hier "[...] aus den Anforderungen multipler Passungsverhältnisse und fortgesetzter Justierung sowie einem Primat des Empirischen vor der Methodizität" (S.88) ergibt. So sind bei der Analyse von empirischem Material Passungen zwischen Vorwissen und Material auf verschiedenen Ebenen in einem prozesshaften Forschungsgeschehen herzustellen, wobei methodische Aspekte an die Empirie anzupassen sind und nicht umgekehrt. In eine ähnliche Richtung weist auch das Kriterium der empirischen Verankerung bei STEINKE (2013). Demnach sollen im Forschungsprozess die Relevanz der verfolgten Fragestellung und der Theoriebildung, die Kohärenz der Theorie sowie die Subjektivität der Forschenden reflektiert und Limitationen ‒ also die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ‒ benannt werden (a.a.O.). [23]

Aus diesen Anforderungen heraus soll mit Blick auf eine qualitativere Inhaltsanalyse das systematisch aufbereitete Vorwissen im Zuge einer expliziten Berücksichtigung der Kontextualität maßgeblichen Einfluss bei der Kategorienbildung haben. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das Vorwissen kontextuell die (inhaltliche) Ausrichtung einer qualitativen Inhaltsanalyse stets präfiguriert (RUIN 2017a). Zur systematischen Aufbereitung des Vorwissens kann dabei auf die von KELLE und KLUGE (2010) formulierten Dimensionen zurückgegriffen werden: So lässt sich Vorwissen u.a. in Bezug auf seine Herkunft (z.B. Forschungswissen oder Akteur_innenwissen?), den Grad an Theoretisierung (z.B. Alltagswissen oder theoretisches Wissen?) sowie an empirischem Gehalt (empirisch gehaltvoll oder empirisch gehaltlos?) reflektieren. [24]

Zugleich sollen im Sinne einer Berücksichtigung der Situativität einer Untersuchung methodische Aspekte wie etwa die konkrete Situation der Materialgewinnung sowie damit verbundene situative Besonderheiten im empirischen Material thematisiert werden, z.B. die Vermutung, dass bzgl. mancher Aspekte in hohem Maße im Sinne sozialer Erwünschtheit geantwortet wird. Auf diese Weise können Kategorien und Kategoriensysteme in der qualitativen Inhaltsanalyse ‒ unter Berücksichtigung der oben genannten Gütekriterien ‒ als Ausdruck einer jeweils bewusst eingenommenen und gleichermaßen ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive begriffen werden, mittels derer (im Material enthaltenen sowie im Forschungsprozess relevanten) situativen Spezifika Rechnung getragen wird. Durch sie wird dann in intersubjektiv nachvollziehbarer Weise formatiert, was in der Analyse als Wirklichkeit erscheint. [25]

Grundlage einer entsprechenden Kategorienbildung muss es daher sein, die jeweiligen Referenzsysteme und Intentionen der Rekonstrukteur_innen wie auch der Konstrukteur_innen aus der Perspektive der Rekonstrukteur_innen in angemessener Form nachzuvollziehen und offenzulegen, um sie für die Analyse nutzbar zu machen. Als elementare Dimensionen für eine grundlegende Strukturierung des Prozesses der Rekonstruktionen sozialer Situationen erscheinen Kontextualität und Situativität hilfreich, nicht zuletzt unter Bezugnahme auf die oben skizzierten theoretischen Grundannahmen qualitativer Forschung (FLICK et al. 2013). [26]

3. Kategorien als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive

Aus den obigen Erwägungen heraus werden im Folgenden methodologische Überlegungen zu einem Verfahrensvorschlag und einzelnen Verfahrensschritten dargestellt. Es wird ein Vorgehen skizziert, mit dem sich aus einer systematischen Aufarbeitung der Kontextualität und Situativität der für eine qualitative Untersuchung bedeutsamen Rekonstruktionen sowie der ihnen zugrundeliegenden Konstruktionen sozialer Situationen heraus konkrete Rekonstruktionselemente sowie Konstruktionselemente formulieren lassen. Diese beziehen sich jeweils auf die Forscher_innen als Rekonstrukteur_innen sowie auf die durch sie beforschten Konstrukteur_innen einer sozialen Situation. Der Logik der Forschungssituation folgend müssen zuerst die Rekonstruktionselemente expliziert werden, stellen sie doch den Rahmen dar, innerhalb dessen im Forschungsprozess die Konstruktionen (sowie damit verbunden die Konstruktionselemente) erst sichtbar gemacht werden können. [27]

Im Anschluss an die Explikation der Rekonstruktionselemente und Konstruktionselemente (zur sprachlichen Vereinfachung nachfolgend als [Re-]konstruktionselemente zusammengefasst) sollen diese zur Formulierung von Rekonstruktions- und Konstruktionskategorien (nachfolgend als [Re-]konstruktionskategorien zusammengefasst) genutzt werden. Diese lassen sich dann ähnlich wie deduktiv gebildete Untersuchungskategorien auffassen. Auf dieser Grundlage kann das Kategoriensystem – analog zu einem deduktiv-induktiven Vorgehen (KUCKARTZ 2018) ‒ mit den gängigen, üblicherweise als induktiv betitelten Techniken der Kategorienbildung am Material weiterentwickelt werden. Dies schließt auch die für die qualitative Inhaltsanalyse üblichen Vorgehensweisen bei der Kategorienbildung (Definition der Kategorien, Ankerbeispiel, Abgrenzungsregel) ein. Die Modifikation des Verfahrens liegt also im systematischen Explizieren des Vorwissens anhand der (Re-)Konstruktionselemente und der (Re-)Konstruktionskategorien als Grundlage und Ausgangspunkt der Kategorienbildung. Mit den (Re-)Konstruktionskategorien soll ‒ ähnlich wie bei deduktiv gebildeten Oberkategorien ‒ das Vorwissen expliziert werden. Zudem dienen sie zur Strukturierung der Analyse. Ein maßgeblicher Unterschied zu einem ausdrücklich deduktiv-induktiven Vorgehen liegt darin, dass die (Re-)Konstruktionskategorien weitreichender gefasst sind als deduktiv gebildete Oberkategorien, da mit ihnen ausdrücklich und auf Grundlage einer systematischen Aufarbeitung die Kontextualität und die Situativität der jeweiligen Untersuchung expliziert werden. Wenngleich dieses Vorgehen in gewisser Weise an den Vorschlag von GLÄSER und LAUDEL (2013) zum Umgang mit induktiven und deduktiven Anteilen der Kategorienbildung erinnert, so wird im vorliegenden Beitrag jedoch nicht wie bei jenem Vorschlag von multidimensionalen Variablen (wie z.B. "Institution") mit je "materialen", "zeitlichen" und "kausalen" Dimensionen (§75) ausgegangen und deren konkrete dimensionale Ausprägung am Material herausgearbeitet. Vielmehr werden hier kontextuelle und situative Gegebenheiten wie z.B. Kontextwissen, Vorannahmen, situative Besonderheiten oder auch spezifische, von Akteur_innen im Forschungskontext verfolgte Intentionen, die die Untersuchung und damit auch die Analyse maßgeblich beeinflussen, vorab systematisch erfasst und dies als Grundlage für die Kategorienbildung genutzt. [28]

Diesem Anliegen dient ein mehrschrittiges Vorgehen, das im Folgenden näher erläutert wird: Abbildung 1 enthält eine Übersicht über die einzelnen Verfahrensschritte. So soll in einem ersten Schritt das Vorwissen der Rekonstrukteur_innen und der Konstrukteur_innen in den Dimensionen der Kontextualität und Situativität expliziert werden, um davon ausgehend in einem zweiten Schritt innerhalb dieser Struktur die (Re-)Konstruktionselemente zu formulieren. Auf dieser Basis lassen sich in einem weiteren Schritt mit Blick auf die vorzunehmende Analyse konkrete (Re-)Konstruktionskategorien formulieren, von denen ausgehend am Material diejenigen Kategorien gebildet werden, die in der jeweiligen Untersuchung letztlich zur Anwendung kommen. Aus Gründen der terminologischen Schärfe werden diese anzuwendenden Kategorien als Untersuchungskategorien bezeichnet. Diese Differenzierung ist hilfreich, da die Untersuchungskategorien auf der Grundlage der (Re-)Konstruktionskategorien am Material gebildet werden, was auch Erweiterungen, Ergänzungen und Modifizierungen im Analyseprozess einschließt. Die (Re-)Konstruktionskategorien stellen also einen Zwischenschritt bei der Erstellung des Kategoriensystems, welches die konkreten Untersuchungskategorien enthält, dar.



Abbildung 1: Ablaufmodell zur Bildung von (Re-)Konstruktions- und Untersuchungskategorien [29]

Zur Veranschaulichung der jeweiligen Verfahrensschritte wird auf Interviewmaterial aus einer eigenen Studie zurückgegriffen. Hierbei handelt es sich um eine körpersoziologisch ausgerichtete, sportpädagogische Studie, in deren Rahmen Leitfadeninterviews mit 49 Sportlehrkräften verschiedener Schulformen zu deren Auffassungen der Rolle des Körpers (bzw. von Körperlichkeit) in einem inklusiven Schulsport durchgeführt worden waren (RUIN 2017b). Wenngleich Material aus der Studie hier zur beispielhaften Verdeutlichung des Verfahrens herangezogen wird, wurde die Analyse seinerzeit nicht im Sinne des vorgestellten Verfahrens durchgeführt, sondern Teile des Materials werden nun mit dem Anliegen der Exemplifizierung re-analysiert. [30]

3.1 Explizieren des Vorwissens

Ausgehend von den vorangegangenen Überlegungen ist bei der systematischen Aufarbeitung des Vorwissens zunächst zwischen dem Vorwissen der Rekonstrukteur_innen und jenem der Konstrukteur_innen zu differenzieren (Abbildung 1). Das Vorwissen der Rekonstrukteur_innen – also der Forscher_innen – prägt den gesamten qualitativen Forschungsprozess (KELLE & KLUGE 2010), was mit dem hier vorgestellten Verfahren aufgearbeitet und damit für eine Untersuchung berücksichtigt werden kann. Zugleich muss aber davon ausgegangen werden, dass im spezifischen Setting ‒ in diesem Beispiel insbesondere in der Interviewsituation mit den Sportlehrkräften5) ‒ das Vorwissen der Konstrukteur_innen die Forschung ebenso beeinflusst. Schließlich dreht sich qualitative Sozialforschung um die Rekonstruktion der Konstruktionen sozialer Situationen (FLICK et al. 2013), und diese Konstruktionen können sinnvollerweise nicht losgelöst von den Konstrukteur_innen betrachtet werden. Zu bedenken ist in diesem Zuge jedoch, dass das Vorwissen der Konstrukteur_innen im Forschungsprozess in der Regel nur durch die Rekonstrukteur_innen rekonstruiert werden kann. Es handelt sich hierbei also um ein Wissen zweiter Ordnung. Daher muss der erste Schritt bei der Aufarbeitung des Vorwissens sein, die Perspektive der Rekonstrukteur_innen herauszuarbeiten (Abschnitt 3.1.1), um anschließend aus dieser Perspektive heraus Besonderheiten des Vorwissens der Konstrukteur_innen zu verdeutlichen (Abschnitt 3.1.2). [31]

3.1.1 Das Vorwissen der Rekonstrukteur_innen

Zur systematischen Erfassung des Vorwissens der Rekonstrukteur_innen wird auf die bereits oben eingeführte Differenzierung zwischen Kontextualität und Situativität zurückgegriffen (Abbildung 1). Der Bereich der Kontextualität fasst dabei Kontextwissen sowie ggf. vorhandene, aus Kontextwissen abgeleitete Vorannahmen. Unter Situativität fallen hingegen das spezifische Anliegen, das jede Situation im Forschungsprozess gewissermaßen vorformatiert, sowie das Wissen über spezifische Besonderheiten im Setting.6) [32]

Unter Kontextwissen ‒ als erstem Aspekt des Bereichs der Kontextualität ‒ ist dabei das Wissen über die für die konkrete Forschung relevanten inhaltlichen Aspekte zu verstehen. Zweifellos ist hierbei die Frage, was als relevant erachtet wird, hochgradig subjektiv. Es wird entsprechend angestrebt, diese subjektive Perspektivität herauszuarbeiten, um sie intersubjektiv nachvollziehbar und anschließend für die Kategorienbildung nutzbar zu machen. Zur systematischen Aufarbeitung kann dabei auf die Dimensionen des Vorwissens nach KELLE und KLUGE (2010) zurückgegriffen werden: Herkunft, Grad an Theoretisierung und empirischer Gehalt.7) Diese Unterscheidung macht deutlich, dass es in diesem Schritt nicht nur darum gehen kann ‒ wie bei der theoretischen Fundierung einer Studie und der Aufarbeitung des entsprechenden Forschungsstandes üblich ‒ theoretische und empirische Wissensbestände zu bemühen, sondern dass ggf. ebenso Alltagswissen oder Akteur_innenwissen der Forscher_innen als relevant erachtet und entsprechend dargestellt werden kann bzw. soll. Handlungsleitend ist in diesem Arbeitsschritt also immer die an sich selbst gerichtete Frage der Forscher_innen: Über welches Kontextwissen verfüge ich in Bezug auf die vorzunehmende Forschung und inwiefern besitzt dies Relevanz für den Forschungsprozess? [33]

Dies schließt ausdrücklich verschiedene Formen des Wissens (a.a.O.) ein, weswegen die hier vorzunehmende Selbstreflexion anhand der differenzierten Wissensformen strukturiert wird. So ist bezüglich der Herkunft z.B. sowohl Forschungs- als auch Akteur_innenwissen zu explizieren. Mit Blick auf die Beispielstudie sind z.B. Forschungsergebnisse zu Körperbildern, die auf konzeptioneller Ebene in Fachlehrplänen Sport transportiert werden, oder dezidierte Kenntnisse des jüngeren wissenschaftlichen Diskurses um inklusionsbezogene fachdidaktische Ansprüche solches Forschungswissen. Akteur_innenwissen ist beispielsweise jenes um die Bedeutung organisatorischer und materialer Bedingungen vor Ort für die konkrete Gestaltung von Sportunterricht oder auch solches um Befürchtungen von Lehrkräften bzgl. der Umsetzung inklusiven Sportunterrichts. Hinsichtlich des Grades an Theoretisierung ist sowohl bezüglich des Forschungs- als auch hinsichtlich des Akteur_innenwissens des Weiteren zu differenzieren in hoch theoretisiertes ‒ in der Beispielstudie etwa körpersoziologische Theorien ‒ und weniger theoretisiertes Wissen (u.a. Alltagswissen), wie z.B. Erfahrungen mit verbreiteten fachkulturellen Deutungsmustern von Sportlehrkräften. Zudem gilt es, das Vorwissen bzgl. seines jeweiligen empirischen Gehalts zu hinterfragen. In der exemplarischen Untersuchung ist in diesem Sinne z.B. die Erwartung einer gewissen Fokussierung der Sportlehrkräfte in der Interviewsituation auf die Körper ihrer Lernenden und weniger einer Thematisierung von Körper allgemein eine empirisch recht gehaltlose Aussage (es wäre schwer, sie zu falsifizieren). In Kombination mit dem angelegten körpersoziologischen Zugang ist diese Aussage aber im Sinne eines "sensibilisierenden Konzepts" (S.38) durchaus nutzbar zu machen: Sie kann als Linse verwendet werden, die die Untersuchung lenkt. Eine empirisch gehaltvolle Aussage mit stark hypothetischem Charakter, die sich aufgrund mangelnder empirischer Fundierung jedoch allenfalls als Annahme formulieren lässt, wäre z.B., dass mit schulstrukturellen Veränderungen im Zuge der Umstellung auf ein inklusives Schulsystem auch Irritationen oder gar Veränderungen bei den befragten Lehrkräften bezüglich ihrer Auffassung zur Bedeutung des Körpers im Sportunterricht einhergehen. [34]

In den Bereich der Kontextualität fallen somit auch mögliche Vorannahmen, die die Forscher_innen im Zusammenhang mit ihrem Kontextwissen haben bzw. daraus ableiten. Wenngleich mit qualitativer Forschung in der Regel nicht auf die Testung von Ex-ante-Hypothesen gezielt wird, so werden Forscher_innen nie gänzlich frei von Vorannahmen sein (MEINEFELD 1997), sind sie doch institutionell und disziplinär eingebunden sowie auch lebensgeschichtlich kontextuiert und zudem leiblich verhaftet (BREUER et al. 2019). Die sich aus dieser Situiertheit und dem konkreten Forschungsanliegen ergebenden Vorannahmen sind zu explizieren, wofür erneut die Differenzierung in Formen des Vorwissens nach KELLE und KLUGE (2010) hilfreich erscheint. Handlungsleitend ist folgende Frage: Welche Vorannahmen erscheinen mir im Zuge der vorliegenden Forschung und bezogen auf mein identifiziertes Kontextwissen plausibel und beeinflussen ggf. mein Forschungsinteresse oder Teile davon? [35]

Dabei gilt, dass Vorannahmen stets Aussagen mit hohem empirischem Gehalt, also falsifizierbare Aussagen sind, da sie ansonsten kaum Annahmen, sondern eher Tatsachen wären. Sie sind als Annahmen jedoch nach ihrer Herkunft sowie ihrem Grad an Theoretisierung einzuordnen. Aufschlussreich ist dieser Prozess nicht zuletzt auch dahingehend, dass derartige Vorannahmen vermutlich in vielen Fällen aus einer Kombination von Forschungs- und Akteur_innenwissen sowie von theoretischem und Alltagswissen hervorgehen, was durch die systematische Aufarbeitung des Vorwissens sichtbar wird. So kann in der Beispieluntersuchung in einer Verbindung von Akteur_innen- und Forschungswissen die Vorannahme formuliert werden, dass bei Lehrkräften mit großen Befürchtungen bzgl. der Umsetzung inklusiven Sportunterrichts auch tendenziell Vorbehalte gegenüber fachdidaktischen Ansprüchen an inklusiven Unterricht zu beobachten sein dürften. Eine Verknüpfung von theoretischem und Alltagswissen wiederum führt beispielsweise zu der Vermutung, dass sich bestimmte körpersoziologisch fundierte Körperbilder, die Schulsportkonzepte nachweislich über Jahrzehnte geprägt haben (RUIN 2015), auch in verbreiteten fachkulturellen Deutungsmustern von Sportlehrkräften wiederfinden; dies möglicherweise in besonderem Maße bei Lehrkräften mit größerer Berufserfahrung. [36]

Unter Situativität des Vorwissens der Rekonstrukteur_innen fällt vor allem das spezifische Forschungsanliegen, das diese im gesamten Forschungsprozess verfolgen und das somit auch die Analyse unweigerlich vorformatiert. Wie in jeder Untersuchung üblich, ist es an dieser Stelle wichtig, die verfolgte Fragestellung klar zu formulieren und das mit ihr verfolgte Ziel zum Ausdruck zu bringen. Auf die herangezogene Beispielstudie bezogen lässt sich formulieren, dass es in der Untersuchung im Kern um ein Herausarbeiten der Körpervorstellungen von Sportlehrkräften geht, die gegenwärtig in zunehmend inklusiven Settings unterrichten. Dahinter liegt die Frage, ob und ggf. wie sich aus einer erlebten oder erwarteten zunehmenden Heterogenität der Lernenden und den bildungspolitisch formulierten Teilhabeansprüchen aller Schüler_innen Reibungen, Irritationen oder auch Abgrenzungen hinsichtlich derzeit gesellschaftlich hoch relevanter und mit Schulsportkonzepten traditionell transportierter körperbezogener Funktionalisierungs- und Normalisierungstendenzen ergeben. Daneben fällt aber auch das Wissen über spezifische Besonderheiten im Forschungssetting in den hier angesprochenen Bereich der Situativität. Hier kann die Beantwortung folgender Frage Aufschluss geben: Sind mir im Forschungsprozess (insbesondere bei der Datenerhebung) situative Besonderheiten aufgefallen, die den Prozess beeinflusst haben könnten, oder erkenne ich retrospektiv derartige Besonderheiten? [37]

In der Beispielstudie wird hinsichtlich der Datenerhebung u.a. deutlich, dass das zu analysierende Material einem Interviewsetting entstammt, in dem Lehrkräfte zu dem von ihnen gegebenen Sportunterricht befragt wurden. Körpervorstellungen werden also im Interview fokussiert auf Unterricht erfragt. Dies geschah in den meisten Fällen in der Schule und damit in räumlicher und zeitlicher Nähe zu dem sportunterrichtlichen Geschehen, das den inhaltlichen Kern des Interviews darstellte. Es dürfte für die Interviewten daher keiner besonderen Anstrengung bedurft haben, sich in das Unterrichtsgeschehen hineinzuversetzen. Gleichwohl ist es in den Interviews nicht um eine konkrete Unterrichtsstunde gegangen, sondern um eine verallgemeinernde, reflexive Betrachtung von Unterricht. Die interviewten Personen waren in diesem Prozess gefragt, ihre jeweilige professionelle Identität bzw. ihr professionelles Selbst in der Interviewsituation gemeinsam mit den Interviewer_innen zu ko-produzieren, zu managen und zu präsentieren (LEE & ROTH 2004). Dabei wurden die Interviews allesamt von Vertreter_innen einer Hochschule geführt, denen von Lehrkräften möglicherweise eine besondere Deutungshoheit bezüglich bestimmter Aspekte sportpädagogischer Fragestellungen zu- oder eben auch abgesprochen werden könnte. So wird in der Lehrer_innenbildung den Mitarbeiter_innen von Hochschulen häufig Praxisferne und schulischen Lehrkräften im Gegenzug Theorieferne unterstellt. Trotz des Bemühens der Interviewer_innen, eine ungezwungene Gesprächsatmosphäre herzustellen, könnte diese Spezifik der Interviewsituation bei den Interviewten eine Tendenz hervorgerufen haben, sozial erwünscht zu antworten, die eigene Position zu rechtfertigen, oder in Interviewfragen eine Bestätigung der Praxisferne hochschulischer Diskurse zu sehen und die Fragen daher als eher belanglos zu betrachten. [38]

3.1.2 Das Vorwissen der Konstrukteur_innen

Nach dem Vorwissen der Rekonstrukteur_innen kann nun die Perspektive der Konstrukteur_innen herausgearbeitet werden. Während es bei der Explizierung des Vorwissens der Rekonstrukteur_innen um Vorwissen ging, das diese unabhängig vom konkreten Interviewmaterial mitbringen, geht es nun darum, das Material im Hinblick auf Hinweise zu Spezifika der Kontextualität und Situativität aus Sicht der Befragten zu durchsuchen. Zweifellos können hierbei auch Postskripte zu Interviews hilfreich sein. Es findet also ein erster kompletter Materialdurchgang im Hinblick auf kontextuelle und situative Besonderheiten statt. [39]

Hinsichtlich Kontextualität ist das Material daraufhin zu untersuchen, ob darin Indizien für besondere oder auffällige kontextuelle Gegebenheiten zu finden sind, die im Zusammenhang mit der Untersuchung als relevant angesehen werden sollten. Die Dichte dieses Prozessschritts hängt in hohem Maße vom jeweiligen Material sowie dem Inhalt der Untersuchung und der gegenstandsbezogenen wie theoretischen "Brille" der Forscher_innen ab. Möglicherweise zeigen sich im untersuchten Material sehr viele als relevant erachtete Spezifika, möglicherweise aber auch nur sehr wenige. In jedem Fall ist hierbei eine hohe Sensibilität der Forscher_innen für etwaige relevante Spezifika gefordert, bei der stets gleichermaßen das Untersuchungsanliegen und das Material im Blick behalten werden muss. Hilfreich kann an dieser Stelle folgende Frage sein: Zeigen sich im Material (einschließlich der Postskripte) Hinweise auf Kontextgegebenheiten, die die Interviewsituation aus meiner Sicht maßgeblich beeinflusst haben könnten (nicht zuletzt in Anerkennung des herausgearbeiteten Vorwissens der Rekonstrukteur_innen)? [40]

In der exemplarischen Studie lassen sich z.B. Aussagen weniger Lehrkräfte identifizieren, dass sie fachfremd unterrichten und deswegen manche fachlichen Aspekte von Sportunterricht vermutlich in einem etwas anderen Licht betrachten als ihre als Sportlehrkräfte ausgebildeten Kolleg_innen. In einem weiteren Transkript verdeutlicht eine Lehrerin, dass sie sich mit ihrer emanzipatorischen Perspektive auf Schulsport in ihrem Berufsalltag in permanenter Opposition zu den von ihr als konservativ bezeichneten Kolleg_innen sieht. Solche kontextuellen Gegebenheiten, in denen die Lehrkräfte ihre eigenen Ausführungen verorten, beeinflussen die Aussagen in den Interviews auf je spezifische Weise; so wurden z.B. von der oben erwähnten Lehrerin bestimmte Aussagen zum eigenen Unterricht bewusst in Opposition zu den "konservativen Kollegen" (Transkript 8, §16) formuliert. [41]

Darüber hinaus lassen sich in den Transkripten divergierende Aussagen zum jeweiligen Verständnis von Inklusion8), das zu Beginn des Interviews erfragt wurde, als relevante kontextuelle Gegebenheit identifizieren. Aussagen zu inklusivem Schulsport werden schließlich aus dem jeweiligen Inklusionsverständnis heraus formuliert, womit Aussagen, die auf den ersten Blick ähnlich anmuten, aufgrund jeweils dahinterliegender Verständnisse von Inklusion erheblich differieren können. So betonte z.B. ein Gymnasiallehrer, es gehe ihm im Sportunterricht vor dem Hintergrund sportiver Leistungserwartungen im Zusammenhang mit Körper und Körperlichkeit um "[...] das persönliche Vorwärtskommen auch einzelner Kinder; [...] halt auch, ihre eigenen Möglichkeiten zu erweitern" (Transkript 4, §37). In dieser Passage wird erkennbar, dass von dem Lehrer die individuelle Entwicklung der Lernenden hinsichtlich sportlicher Anforderungen in den Blick genommen wird, was auch Differenzierung im Unterricht einzuschließen scheint. In zunächst gewissermaßen ähnlicher pädagogischer Orientierung äußert eine Lehrerin: "Man muss sich gut überlegen, was kann welches Kind machen und wie kann ich so differenzieren, dass jedes Kind mit dem Körper, den es halt zur Verfügung hat, da gut durchkommt" (Transkript 42, §25). Wird das jeweilige Inklusionsverständnis berücksichtigt, so wird deutlich, dass das erste Zitat von einem Lehrer stammt, der Inklusion für sich sehr eng definiert, nämlich als die durch Politik geschaffene und aus seiner Sicht problematische Möglichkeit einer Beschulung von Kindern mit Behinderungen am Gymnasium. Mit Blick auf inklusiven Unterricht, in dem er selbst noch keine Erfahrungen gesammelt hatte, sah dieser Sportlehrer die Gefahr, dass ihn eine zunehmende körperliche Vielfalt der Lernenden daran hindern könnte, alle Kinder entsprechend zu fördern und – wie er bzgl. Inklusion ausführt ‒ "[...] am Ende [...] der Sport selbst halt so sehr leidet" (Transkript 4, §6). Differenzierung schien ihm also nur in relativ homogen eingeschätzten Lerngruppen, wie er sie zum Interviewzeitpunkt beispielsweise am Gymnasium unterrichtete, bzgl. der individuellen Entwicklung bestimmter Schüler_innen möglich zu sein. Das zweite Zitat ist hingegen von einer Gesamtschullehrerin mit einem deutlich weiteren Verständnis von Inklusion als gesamtgesellschaftlichem Anliegen. Ihr Hinweis auf Differenzierung geht entsprechend ausdrücklich von einer Vielfalt bejahenden Haltung aus und zielt auf eine Lösung des sich im inklusiven Unterricht vermeintlich stellenden Problems des Umgangs mit erheblichen Leistungsunterschieden bei einigermaßen fest definierten sportlichen Leistungserwartungen. Individualisierung bezieht sich hier demnach potenziell auf alle Lernenden. Diese deutlichen Unterschiede zwischen den beiden exemplarischen Aussagen, die zunächst beide gleichermaßen auf Individualisierung abzuzielen scheinen, werden jedoch erst durch die Berücksichtigung des jeweiligen Inklusionsverständnisses sichtbar. [42]

Mit Blick auf die Situativität der Interviews ist das Material hinsichtlich spezifischer Aspekte in der Interviewsituation durchzugehen. Zunächst sollen hierbei ggf. Intentionen identifiziert werden, die die Befragten in der Interviewsituation neben der reinen Beantwortung der Interviewfragen (vornehmlich) zu verfolgen scheinen, wodurch unter Umständen die Beantwortung der Fragen überlagert wird. Schließlich geht es Interviewpartner_innen "[...] in der Regel auch darum, sich gegenüber der Interviewerin und eventuellen imaginären Lesern (oder Hörern) ʻrichtigʻ zu positionieren" (SCHNEIDER 2002, §13). Eine erste, jedoch nur schwer zu fassende Intention ist die bereits von mir als Rekonstrukteur vermutete Tendenz, in den Interviews im Sinne sozialer Erwünschtheit zu antworten. Derartiges lässt sich in der Beispielstudie z.B. für Interviews annehmen, in denen eine ausdrücklich befürwortende Haltung gegenüber Inklusion eingenommen, diese dann aber in Aussagen wie "Inklusion gerne, Inklusion ist super, aber [...]" (Transkript 12, §47) permanent relativiert wurde. Ähnlich verfolgten andere Interviewte offenbar das Anliegen, im Interview ihre eigene, von ihnen in der Interviewsituation als nicht sozial erwünscht identifizierte Position zu rechtfertigen. So stellte beispielsweise eine erfahrene Lehrerin ihre ablehnende Haltung gegenüber Inklusion auf ein scheinbar breiteres Fundament, indem sie verdeutlichte, dass dies eine allgemeine, bei ihren Kolleg_innen verbreitete Position sei: "Ja, deshalb ist der Begriff Inklusion schon sehr negativ besetzt. Da ich auch Fortbildungen selber gebe [...], kriege ich auch direkt Rückmeldung, dass also die Meisten wirklich große Angst davor haben" (Transkript 36, §8). Die nachfolgende Argumentation bezieht sich in diesem Transkript dann eben nicht mehr nur auf die individuelle Position der Befragten, sondern beschreibt eher Tatsachen, die als allgemeingültig dargelegt werden und so vermutlich die eigene Position stärken sollen. Derartige "diskursive Anteile" (SCHNEIDER 2002, §16) offenzulegen steht im Zentrum dieses Verfahrensschritts. Darüber hinaus schienen einige wenige Befragte den Wunsch gehabt zu haben, sich die eigene Frustration über das Thema Inklusion von der Seele zu reden. Wenn in solch einem Sinne z.B. ein im inklusiven Unterrichten erfahrener Lehrer sagte: "Abschaffen! Also ich würde den ganzen Quatsch nicht machen" (Transkript 22, §52), ist damit zu rechnen, dass die Haltung, inklusives Unterrichten sei "Quatsch", leitend für die Folgeaussagen dieser Lehrkraft im restlichen Interviewverlauf waren. Hilfreich, um derartige Aspekte zu identifizieren, erscheint folgende Frage: Verfolgten die Interviewten im Interview merklich Intentionen, die von der Beantwortung der Interviewfragen abwichen oder über diese hinausgingen? [43]

Des Weiteren gilt es mit Blick auf die Situativität seitens der Konstrukteur_innen im Material nach eventuellen Besonderheiten in der Interviewsituation zu suchen, die entscheidenden Einfluss auf den Gang der Interviews hatten. So gab es in der Beispielstudie etwa ein Interview, in dem mehrmals Schüler_innen während des Interviews in den Raum kamen, um etwas zu fragen oder um Hilfe zu bitten, worauf die interviewte Person stets einging. Das Interview unterlag also mehreren Störungen bzw. zeitlichen Unterbrechungen. Auch wurden die Interviewer_innen bei manchen Interviews eingeladen, zuvor in einer Unterrichtsstunde zu hospitieren, und die Lehrkräfte haben im anschließenden Interview mehrfach Bezug auf bestimmte, gemeinsam erlebte Situationen aus dieser Stunde genommen, während sich diese Möglichkeit der Bezugnahme in anderen Interviews nicht bot. In einigen Interviews kam wiederum gegen Ende zeitlicher Druck auf, da die Lehrkräfte wieder unterrichten mussten, was ggf. zu Verkürzungen an bestimmten Stellen geführt haben könnte. Zur Identifikation dieser Aspekte ist es daher wichtig, sich nach situativen Besonderheiten einzelner Interviews und deren möglicher Relevanz für das Interviewgeschehen zu befragen. [44]

3.2 Die (Re-)Konstruktionskategorien

Anhand der dargelegten Dimensionen des Vorwissens können nun (Re-)Konstruktionselemente in vierdimensionaler Struktur (kontexuelle und situative Rekonstruktionselemente sowie kontextuelle und situative Konstruktionselemente) formuliert und anschließend zur Bildung konkreter (Re-)Konstruktionskategorien herangezogen werden (Abbildung 1). Mit diesen Arbeitsschritten wird systematisch auf das Erstellen von Kategorien abgezielt, in denen sich die erfassten Dimensionen des als relevant identifizierten Vorwissens widerspiegeln und anhand derer ggf. auch Zusammenhänge untereinander erkennbar werden. Dabei sind zunächst innerhalb der Dimensionen des Vorwissens relevante (Re-)Konstruktionselemente zu identifizieren (Abschnitt 3.2.1), um anschließend zu entscheiden, inwiefern diese für die Kategorienbildung (oder falls nicht als Analysekategorie, dann ggf. als Dokumentvariablen)9) nutzbar gemacht werden können, um entsprechende Kategorien bzw. Variablen zu bilden (Abschnitt 3.2.2). [45]

3.2.1 Identifizieren von (Re-)Konstruktionselementen

Ausgehend von der vierdimensionalen Struktur des Vorwissens (Abbildung 1) werden nun anhand der vorausgegangenen Auseinandersetzung mit dem eigenen kontextbezogenen und situativen Vorwissen sowie mit kontextuellen und situativen Besonderheiten im Material die jeweiligen (Re-)Konstruktionselemente identifiziert. Wenngleich dieser Prozess hochgradig von der jeweiligen Spezifik einer Untersuchung abhängt, so geht es im Kern um das Benennen bedeutsamer Aspekte des Vorwissens und in diesem Zuge auch des Aufzeigens von möglichen Zusammenhängen zwischen den identifizierten Aspekten (z.B. zwischen wissenschaftlich als leitend eingestuftem Forschungswissen sowie einflussreichem Alltagswissen) und der etwaigen Bündelung relevanter Wissensaspekte für die Untersuchung. Wie dies aussehen kann, wird nun anhand der obigen Überlegungen im Zusammenhang mit der Beispielstudie skizziert: [46]

Zur Identifikation kontextueller Rekonstruktionselemente wird zunächst auf das oben explizierte Kontextwissen zurückgegriffen. Dabei zeigt sich in der Beispielstudie u.a. hoch theoretisiertes Forschungswissen aus der Körpersoziologie, das eine elementare Unterscheidung in ein Begreifen des Körpers als Objekt und eher subjektivierende Körperauffassungen nahelegt, was auch auf konzeptioneller Ebene des Schulsports relevant ist (RUIN 2015). Konkret lässt sich in Funktionalisierung und Normalisierung des Körpers einerseits sowie einen subjektivierenden Zugang zum Körper im Sinne leiblicher Bildung andererseits differenzieren. Dieses Wissen ‒ mit den identifizierten Elementen "Körper als Objekt" in Verbindung mit "Funktionalisierung" und "Normalisierung" vs. "subjektivierende Körperauffassungen" in Verbindung mit "leiblicher Bildung" ‒ erscheint in Kombination mit der formulierten Erwartung, dass die Sportlehrkräfte in besonderer Weise auf die Körper ihrer Lernenden fokussiert sein dürften, hoch relevant für die vorzunehmende Analyse. Der Körper rückt so in den Fokus der Untersuchung ‒ "Körper im Schulsport" ist in dieser Lesart also ein Rekonstruktionselement mit mehreren, für die Interpretation bedeutsamen Auslegungen (Körper als Objekt, subjektivierende Körperauffassungen etc.). [47]

Gleichzeitig ist für die Studie das Forschungswissen um fachdidaktische (u.a. SCHEID & FRIEDRICH 2018) und bildungspolitische (u.a. KULTUSMINISTERKONFERENZ 2011) Ansprüche an einen zeitgemäßen inklusiven Schulsport relevant, wird hier doch eine Teilhabe Aller an sport- und bewegungsbezogenen Lernprozessen gefordert, womit eine ausdrückliche Akzeptanz körperlicher Vielfalt einhergeht, die in gewissem Widerspruch zu bestehenden körperbezogenen Funktionalisierungs- und Normalisierungstendenzen (RUIN 2014, 2015) zu sehen ist. "Körperliche Vielfalt" benenne ich entsprechend als weiteres Rekonstruktionselement. Zudem verfüge ich als Rekonstrukteur über Alltagswissen hinsichtlich verbreiteter fachkultureller Deutungsmuster von Sportlehrkräften, die das Fach Sport häufig als Ausgleichsfach in einem ansonsten körperlosen (Schul-)Alltag zu sehen scheinen.10) Es geht den Lehrkräften in dieser Perspektive vorwiegend um körperlichen Ausgleich und um die Motivierung der Lernenden zu einem bewegten Lebensstil. Während Letzteres aus körpersoziologischer Sicht wohl als Normalisierungstendenz verstanden werden dürfte, lässt sich das Anliegen, körperlichen Ausgleich zu schaffen, nicht ohne Weiteres eindeutig körpersoziologisch verorten. Hierbei könnte es einerseits um ein Einlösen eines ganzheitlichen Anspruchs an Schule gehen im Sinne einer leiblichen Bildung, die ein dualistisches Menschenbild überschreitet, andererseits könnte auch ein Befriedigen körperlicher Bedürfnisse zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit die Zielvorstellung sein, womit der Körper maximal funktionalisiert würde. Es macht daher Sinn, "körperlichen Ausgleich" zunächst als weiteres Rekonstruktionselement festzuhalten, um entsprechende Textpassagen ggf. später körpersoziologisch einzuordnen. [48]

Wenngleich weniger unmittelbar auf Körper ausgerichtet, so ist für die Analyse zudem das Akteur_innenwissen um die Relevanz organisatorischer und materialer Bedingungen vor Ort für die konkrete Gestaltung von Sportunterricht bedeutsam, schaffen organisatorische und materiale Rahmungen doch bestimmte Räume für körperliche Aktivitäten und Erfahrungen. Die "Bedingungen vor Ort" sind also als weiteres Rekonstruktionselement einzustufen. Ebenso bedeutsam ist das Akteur_innenwissen um vorhandene Befürchtungen von Lehrkräften bzgl. der Umsetzung inklusiven Sportunterrichts, da wiederholt Ressourcenmangel oder eine unzulängliche Ausbildung beklagt wurde. "Inklusionsbefürchtungen", die beispielsweise zu einer negativen Konnotation inklusiver Bemühungen und Ansprüche über die zunächst als problematisch identifizierten Aspekte hinaus führen könnten, sind demnach ebenso als Rekonstruktionselement zu benennen. [49]

Über die bereits identifizierten Elemente hinaus müssen sich Forscher_innen ihrer Vorannahmen bei der vorgestellten qualitativen Inhaltsanalyse möglichst bewusst sein. Um im Sinne MEINEFELDs (2013) Abweichungen vom Erwarteten durch bewusste Handhabung von Methoden protokollierbar zu machen, muss das Erwartete zunächst festgehalten werden. Davon ausgehend können anschließend die für diese Vorannahmen relevanten Aspekte aufgegriffen und für die Kategorienbildung genutzt werden. Gleichwohl gilt es in dieser Hinsicht im Analyseprozess offen für Neues zu bleiben (eine abduktive Forschungshaltung einzunehmen) und eben nicht der Versuchung zu erliegen, lediglich gezielt auf eine Bestätigung der eigenen Vorannahmen hinzuarbeiten. Für meine Studie habe ich mit den in Abschnitt 3.1.1 explizierten Vorannahmen auf bereits identifizierte Rekonstruktionselemente zurückgegriffen, weswegen an dieser Stelle keine neuen hinzugefügt werden müssen. Denkbar ist aber, dass bei der Formulierung von Vorannahmen auch neue Aspekte von Kontextwissen tangiert werden, was zur Notwendigkeit führen würde, weitere Rekonstruktionselemente hinzuzufügen. Die formulierten Vorannahmen sind also permanent zu reflektieren, nicht zuletzt mit dem Ziel, ggf. weitere relevante Rekonstruktionselemente zu identifizieren. [50]

Um situative Rekonstruktionselemente zu identifizieren, gilt es zunächst, sich das spezifische Forschungsanliegen zu vergegenwärtigen, um zu prüfen, ob alle hierfür relevanten Aspekte im Zusammenhang mit den kontextuellen Rekonstruktionselementen bereits erfasst wurden. Wenn es in der exemplarischen Studie darum ging, die Körpervorstellungen von Sportlehrkräften herauszuarbeiten, die zunehmend in inklusiven Settings unterrichteten, so zielte die hier vorgestellte Analyse entsprechend darauf, die auf Sportunterricht bezogenen Körpervorstellungen der befragten Lehrkräfte sichtbar zu machen ‒ dies spiegeln die identifizierten kontextuellen Rekonstruktionselemente bereits wider ‒ sowie den inklusiven oder eben nicht inklusiven Charakter der Settings zu fassen, in denen die Lehrkräfte arbeiten. Neben direkt auf den Inklusionsbegriff bezogene Aussagen, die in unmittelbarem Zusammenhang zum jeweiligen Inklusionsverständnis stehen, sind hier die "Vielfalt der Lernenden" sowie "Teilhabefragen" relevante Elemente, die bei der nachträglichen Durchsicht der Transkripte ins Auge stachen. [51]

Des Weiteren kommt an dieser Stelle das Wissen über spezifische Besonderheiten des Forschungssettings zum Tragen: Lassen sich Aspekte ausmachen, die mit Blick auf das Forschungsanliegen und/oder in Bezug auf die bereits identifizierten Rekonstruktionselemente von besonderer Relevanz sind? Die erste Besonderheit in der Beispielstudie war, dass Lehrkräfte zu ihren Körpervorstellungen, bezogen auf ihren Sportunterricht, befragt wurden. Wenn der Körper in den Interviews zur Sprache kam, so ist also zunächst davon auszugehen, dass damit weniger auf Aspekte wie z.B. individuelle körperliche Befindlichkeiten der Lehrkräfte oder die Rolle des Körpers im Spitzensport abgehoben wurde. Vielmehr wurde der Körper aus der Sicht von Pädagog_innen zum Thema gemacht, deren Pädagogik in der Schule am Körper der Lerner_innen ansetzt. Mit dieser "Brille" sind demnach auch körperbezogene Aspekte in der Analyse zu betrachten und Abweichungen hiervon zu markieren. Zudem sind die oben erwähnte "soziale Erwünschtheit" und die "ablehnende Haltung" als zwei weitere Rekonstruktionselemente festzuhalten. [52]

Zur Identifikation kontextueller Konstruktionselemente wird wiederum analog zu den kontextuellen Rekonstruktionselementen auf die herausgearbeiteten auffälligen kontextuellen Gegebenheiten im Material geschaut. Entsprechend lassen sich mit Blick auf die oben skizzierten Gegebenheiten "fachfremdes Unterrichten", "Opposition zu Kolleg_innen" und das "Inklusionsverständnis" als relevante kontextuelle Konstruktionselemente ausmachen. Die situativen Konstruktionselemente ergeben sich zunächst aus – als solche erkannten – Intentionen einzelner Befragter in der Interviewsituation. Maßgeblich ins Auge stach hier, wie oben dargelegt, der Wunsch einiger Befragter, über die eigene Frustration mit dem Thema Inklusion zu reden sowie das Anliegen, im Interview die eigene, nicht sozial erwünschte Position zu rechtfertigen. "Frustration" und "Rechtfertigen der eigenen Position" lassen sich entsprechend als situative Konstruktionselemente benennen. Zudem sind in diesem Zusammenhang auch mögliche Besonderheiten der Interviewsituation zu berücksichtigen, die im Material auffindbar sind. In der Studie waren dies "auftretende Störungen" (z.B. Transkript 41, §43) und "zeitlicher Druck" (z.B. Transkript 32, §36) während der Interviewsituation sowie die nur gelegentlich gebotene Möglichkeit, "Bezüge zu Gesehenem" im vorher gemeinsam erlebten Unterricht herzustellen. [53]

3.2.2 Bilden von (Re-)Konstruktionskategorien

Bevor nun aus den (Re-)Konstruktionselementen Kategorien gebildet werden, ist zu bedenken, dass möglicherweise nicht alle Elemente sinnvollerweise in Kategorien überführt werden sollten. Dies liegt darin begründet, dass manche eventuell nur in einzelnen Transkripten aufzufinden, für diese aber relevant sind. In solchen Fällen bietet es sich an, diese (Re-)Konstruktionselemente in Dokumentvariablen zu überführen, die bei der Interpretation der Ergebnisse unterstützend hinzugezogen werden können, versprächen sie als Analysekategorien doch kaum vertiefenden Mehrwert. Als Beispiel hierfür kann das kontextuelle Konstruktionselement "Opposition zu Kolleg_innen" dienen. Die erkennbare oppositionelle Haltung schien nur für eine Lehrkraft wichtig, durchzog in deren Fall aber das gesamte Interview. Ähnliches trifft auf das situative Konstruktionselement "zeitlicher Druck" zu. Die wenigen hiervon betroffenen Transkripte sind als Ganzes vor dem Hintergrund zeitlichen Drucks zu interpretieren, jedoch nicht bestimmte, eindeutig auszumachende Abschnitte davon. [54]

Die nicht in Dokumentvariablen überführten (Re-)Konstruktionselemente werden anschließend zur Kategorienbildung herangezogen. Die Bildung der (Re-)Konstruktionskategorien verläuft dabei analog zu einer deduktiven Kategorienbildung. Ausgangspunkt dafür sind theoretische oder empirische Vorüberlegungen (u.a. MAYRING 2015), wobei nicht nur theoretische und empirische Annahmen herangezogen werden, sondern die explizierten Elemente des Vorwissens. Die grundlegenden Strukturierungsdimensionen sind in Form der (Re-)Konstruktionselemente bereits bestimmt und begründet. Diese Elemente sind in einem Kategoriensystem anzuordnen, und es ist neben der jeweiligen Form der Kategorien zu definieren, bei welchem semantischen Gehalt eine Textstelle einer bestimmten Kategorie zugeordnet wird; hierbei ist eine inhaltliche Überschneidungsfreiheit anzustreben (KUCKARTZ 2018). Wenngleich die Kategorien disjunkt sein sollen, so ist in dem hier vorgestellten Analyseverfahren jedoch ‒ in höherem Maße als bei einer qualitativen Inhaltsanalyse mit deduktiver Kategorienbildung ‒ damit zu rechnen, dass Textstellen mehrfach und überlagernd codiert werden, da die vier Dimensionen des Vorwissens ausdrücklich unterschiedliche Aspekte der sozialen (Re-)Konstruktionen tangieren, die bezüglich eines Interviewskripts häufig gleichzeitig zum Tragen kommen können. [55]

Die vierdimensionale Matrix, die zur systematischen Erfassung des Vorwissens nutzbar gemacht wurde, ist bei der Bildung von (Re-)Konstruktionskategorien und deren Verortung in einem Kategoriensystem nun nicht mehr die leitende Struktur. Die Anordnung der Kategorien und eine mögliche Hierarchisierung sollten also nicht anhand dieser vier Dimensionen erfolgen, sondern ‒ gemäß dem postulierten Primat "[...] des Empirischen vor der Methodizität" (STRÜBING et al. 2018, S.88) ‒ aus inhaltlichen Erwägungen heraus vorgenommen werden. Gleichwohl kann die systematische Vorstrukturierung ggf. bei der Anordnung der Kategorien in einem Kategoriensystem hilfreich sein. In der exemplarischen Re-Analyse entstand so ein System aus (Re-)Konstruktionskategorien (Abbildung 2), das es anhand des Materials auszudifferenzieren galt. Dieses System umfasst weitaus mehr Bereiche als jene, die in der Ausgangsuntersuchung mit einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse mit deduktiv-induktiver Kategorienentwicklung erarbeitet wurden (RUIN 2017b).



Abbildung 2: Exemplarisches System aus (Re-)Konstruktionskategorien [56]

3.3 Bilden der Untersuchungskategorien

Ausgehend von den (Re-)Konstruktionskategorien lässt sich das Kategoriensystem am Material ausdifferenzieren und erweitern, oder es kann ggf. auf gebildete (Re-)Konstruktionskategorien verzichtet werden, falls diese am Material keinen Mehrwert für die Analyse bringen. Dies geschieht mit Blick auf das Postulat "[...] multipler Passungsverhältnisse und fortgesetzter Justierung [...]" (a.a.O.) in qualitativer Forschung. Hierbei kann analog zu einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse mit deduktiv-induktiver Kategorienbildung nach KUCKARTZ (2018) vorgegangen werden, wobei die (Re-)Konstruktionskategorien wie deduktiv gebildete Kategorien gehandhabt werden. Für das Ausdifferenzieren und Erweitern des Kategoriensystems können entsprechende induktive Techniken herangezogen werden, wie sie KUCKARTZ vorschlägt. Anzumerken ist jedoch, dass die Dichotomie induktiv/deduktiv an dieser Stelle nicht mehr wirklich greift, sind ja auch die als deduktive Kategorien fungierenden (Re-)Konstruktionskategorien unter systematischem Einbezug des Materials sowie des Vorwissens der Forscher_innen entwickelt worden. Die induktive Ausdifferenzierung und Erweiterung des Kategoriensystems darf also nicht im Sinne eines "induktivistischen Selbstmissverständnisses" (KELLE & KLUGE 2010, S.18; ähnlich KELLE 2005) als von sich selbst aus dem Material emergierend verstanden werden, sondern ist ausdrücklich durch die gebildeten (Re-)Konstruktionskategorien gerahmt, wodurch die Vorformatierung des induktiven Prozesses intersubjektiv nachvollziehbar gemacht wird. Entsprechend besteht an dieser Stelle die Chance, Kategorien zu bilden, die als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive nutzbar gemacht werden können. [57]

Da die konkreten Verfahrenstechniken dieser letzten Schritte an anderer Stelle nachvollzogen werden können (KUCKARTZ 2018), wird hier auf eine vertiefende Darstellung des weiteren Vorgehens verzichtet. Abschließend sei lediglich erwähnt, dass es mit diesem Vorgehen auch denkbar scheint, eine evaluative oder eine typenbildende qualitative Inhaltsanalyse durchzuführen; die Form der Kategorien ist entsprechend festzulegen. [58]

4. Fazit

Ausgehend von dem Anspruch einer qualitativeren Inhaltsanalyse (JANSSEN et al. 2017), habe ich mit dem vorliegenden Beitrag das Ziel verfolgt, auf Grundlage methodologischer Überlegungen Vorschläge zu unterbreiten, das Kernanliegen qualitativer Sozialforschung, nämlich die Rekonstruktion sozialer Konstruktionen, für die qualitative Inhaltsanalyse konsequenter aufzugreifen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die elementare Funktion von Kategorien innerhalb der qualitativen Inhaltsanalyse macht die Auseinandersetzung mit dem Kategorienbegriff zunächst deutlich, dass es angeraten scheint, hergebrachte, vielfach vermutlich implizite Vorstellungen von der Beschaffenheit von Kategorien zu überwinden und Kategorien gewissermaßen neu zu denken. Insbesondere gilt es dabei, Kategorien nicht als starre Aussageschemata zu begreifen, sondern in ihnen vielmehr den Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive zu sehen, womit der Situativität und Kontextualität empirischer Untersuchungen und deren Bedeutung in einem qualitativen Forschungsparadigma Rechnung getragen wird. Dies explizit in den Prozess der Kategorienbildung einzubeziehen verspricht meiner Meinung nach, die qualitative Inhaltsanalyse qualitativer zu machen, als dies in herkömmlichen Ausprägungen des Verfahrens bisher der Fall ist. [59]

Von diesen Überlegungen ausgehend wurde ein Vorgehen skizziert, untersuchungsrelevantes Vorwissen in Interviewstudien systematisch zugänglich und damit bei der Kategorienbildung nutzbar zu machen. Leitend ist hierbei die vorgestellte vierdimensionale Struktur, bestehend aus Rekonstruktions- und Konstruktionselementen sowie kontextuellen und situativen Aspekten. Aus dem herausgearbeiteten Kategorienverständnis und der vorgestellten Herangehensweise ergeben sich Möglichkeiten des expliziten Einbezugs und der produktiven Verknüpfung von diversen Formen des Vorwissens, wodurch die qualitative Inhaltsanalyse erheblich an Offenheit gewinnt. Durch das systematische Vorgehen wird dabei zudem ein hohes Maß an intersubjektiver Nachvollziehbarkeit gewährleistet, was durch die potenzielle Verschränkung diverser Wissensformen bereits bei der Kategorienbildung noch erhöht wird. [60]

Anmerkungen

1) In diesem Beitrag wird ausdrücklich die Kategorienproblematik thematisiert. Ohne Frage böten sich auch andere Ansatzpunkte, die qualitative Inhaltsanalyse qualitativer zu machen. Einen solchen erkenne ich z.B. in EPPs (2018) Vorschlag, BRONFENBRENNERs (1981) ökosystemischen Ansatz als Sensibilisierungs- und Betrachtungsraster in Verbindung mit der qualitativen Inhaltsanalyse zu bringen. Auszuloten, inwiefern dieser Vorschlag mit dem hier unterbreiteten möglicherweise kombinierbar wäre, halte ich für ein vielversprechendes Unterfangen, dem im Rahmen dieses Beitrags aufgrund der hier vorgenommenen Fokussierung jedoch nicht nachgegangen wird. <zurück>

2) HITZLERs (2016) Perspektive wurde hier gewählt, um zu verdeutlichen, dass im Zentrum der verfolgten Methodologie Interpretation in einem hermeneutischen Verständnis steht und ausdrücklich nicht Forschung in einem szientifischen Interesse. Ob als Konsequenz solch einer Pointierung eine grundlegende Trennung in qualitative und interpretative Forschung sinnvoll erscheint, wie von HITZLER vorgeschlagen, soll hier nicht weiter diskutiert werden. <zurück>

3) Wenngleich MAYRING (2015) das Material einer qualitativen Inhaltsanalyse als Teil eines Kommunikationsprozesses begreift, so erwecken seine Überlegungen zu den hier erwähnten Verfahrensvorschlägen doch stark den Eindruck, dass dabei von den im Prozess beteiligten Forscher_innen tendenziell abstrahiert wird. <zurück>

4) Zur Frage abduktiver Kategorien im Rahmen qualitativer Inhaltsanalyse siehe auch ŽELINSKÝ (2019) sowie LANG und RUESCH SCHWEIZER (2020). <zurück>

5) Die Interviews wurden von mehreren geschulten Interviewer_innen durchgeführt und anschließend transkribiert. Die Re-Analyse des Materials habe ich im Rahmen dieses Beitrags alleine durchgeführt. <zurück>

6) Zweifellos sind derartige Aspekte in jeder guten Forschung ohnehin herauszuarbeiten, weswegen ich mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise nicht den Anspruch eines gänzlich innovativen Gedankengangs erhebe. Als Novum erachte ich es jedoch, dies im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse systematisch zu tun. Insbesondere soll dabei das Ergebnis dieser systematischen Aufarbeitung für die Kategorienbildung nutzbar gemacht werden, weswegen diesem Schritt an dieser Stelle gewissermaßen eine "neue" Bedeutung zukommt. <zurück>

7) Die Dimension "Grad der Explikation", die bei KELLE und KLUGE (2010) als erste Dimension aufgeführt wird, verweist auf offene, sensibilisierende Konzepte im Wissensbestand von Forscher_innen, deren Relevanz für die jeweilige Forschung sich meist erst im Forschungsprozess herauskristallisiert. Diese Form von Vorwissen kann daher für das Anliegen im vorliegenden Beitrag an dieser Stelle keine Berücksichtigung finden, da ein Explizieren sämtlicher, in diesem Sinne potenziell nutzbar zu machender Wissensbestände den Untersuchungsrahmen bei weitem sprengen würde. Gleichwohl trägt die von REICHERTZ (2013) übernommene Forderung nach einer abduktiven Forschungshaltung im von mir vorgeschlagenen Verfahren diesem Aspekt von Vorwissen Rechnung. <zurück>

8) So verstehen manche interviewte Personen Inklusion beispielsweise als gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, andere hingegen als gesamtgesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen und wiederum andere als gesellschaftliche Aufgabe, eine Teilhabe aller zu gewährleisten, um nur drei exemplarische Auslegungen von Inklusion anzuführen. <zurück>

9) Die Dokumentvariablen werden zwar nicht wie Analysekategorien für die Zuordnung einzelner Textstellen genutzt, können aber bei der Interpretation der Ergebnisse bezogen auf die betreffenden Transkripte herangezogen werden. <zurück>

10) So habe ich in zahlreichen Unterhaltungen mit Lehrkräften (z.B. bei Fortbildungen oder Fachgesprächen) den Eindruck gewonnen, dass diese sich selbst die Aufgabe zuschreiben, zu lebenslangem Sporttreiben zu motivieren, um im Zuge eines bewegten Lebensstils bei ihren Schüler_innen nachhaltig für körperliche Aktivität zu sorgen. <zurück>

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Zum Autor

Dr. Sebastian RUIN ist derzeit Vertretungsprofessor für Bewegungs- und Sportpädagogik an der Philipps-Universität Marburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Erziehung und Bildung im Sport, Körper und Körperlichkeit im (Schul-)Sport, inklusive Bildung sowie forschungsmethodologische Fragen.

Kontakt:

Dr. Sebastian Ruin

Philipps Universität Marburg
Fachbereich Erziehungswissenschaften
Institut für Sportwissenschaft und Motologie
Barfüßerstraße 1, 35032 Marburg

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Fax: +49 6421 2823899

E-Mail: ruin@staff.uni-marburg.de
URL: https://www.uni-marburg.de/de/fb21/sportwissenschaft-motologie/personenseiten/sebastian-ruin

Zitation

Ruin, Sebastian (2019). Kategorien als Ausdruck einer ausgewiesenen Beobachter_innenperspektive? Ein Vorschlag für eine qualitativere qualitative Inhaltsanalyse [60 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3), Art. 37, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.3.3395.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

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