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Volume 22, No. 1, Art. 4 – Januar 2021

"Da kann doch kein Mensch gesund bleiben". Gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien in subjektiven Theorien über Gesundheit und Krankheit – eine Untersuchung mit der Heidelberger Struktur-Lege-Technik

Rosa Semle & Marius Raab

Zusammenfassung: Verschwörungstheorien können als subjektive Theorien betrachtet werden, die von Menschen entwickelt werden, um weitreichende negative Ereignisse erklären zu können. Entsprechend können Methoden zur Erforschung subjektiver Theorien auch in der Erforschung (subjektiver) Verschwörungstheorien von Nutzen sein. In der hier vorgestellten Studie sollte untersucht werden, welche psychologische Rolle Verschwörungstheorien in subjektiven Krankheitstheorien von Menschen spielen, welche sich von der wissenschaftlich orientierten Medizin ("Schulmedizin") abgewendet haben. Mithilfe der Heidelberger Struktur-Lege-Technik wurden die subjektiven Theorien von sechs Anhänger_innen alternativer Medizin erfasst. Es ergaben sich erste Hinweise darauf, dass gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien inhärenter Bestandteil alternativmedizinischer Narrative sein und der Abgrenzung von der Schulmedizin dienen können. Durch eine während der ersten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie im April 2020 durchgeführte Nachbefragung der Teilnehmer_innen konnte diese Annahme bekräftigt werden. Darüber hinaus bot die Untersuchung Einblicke, welche Aspekte alternativmedizinische Angebote für unsere Untersuchungspartner_innen attraktiv machten, wobei vor allem angenommene psychische und spirituelle Prozesse im Vordergrund standen. Als wichtigen Einflussfaktor sowohl für die Hinwendung zur Alternativmedizin als auch auf den Glauben an Verschwörungstheorien ermittelten wir das persönliche Kontrollerleben.

Keywords: alternative Medizin; Verschwörungstheorie; subjektive Krankheitstheorien; Heidelberger Struktur-Lege-Technik; qualitative Inhaltsanalyse; subjektive Theorien; Schulmedizin

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund

2.1 Herausforderungen in der Erforschung von Verschwörungstheorien

2.2 Grundlagen der narrativen Psychologie und die Bedeutung subjektiver Theorien

2.3 Verschwörungstheorien im Bereich Gesundheit und Krankheit

3. Methodisches Vorgehen

3.1 Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik

3.2 Stichprobe und Rekrutierungsprozess

3.3 Interviewleitfaden

3.4 Durchführung der Interviews

3.5 Erstellung der Struktur-Lege-Modelle

3.6 Auswertung der Struktur-Lege-Modelle

4. Darstellung der Ergebnisse

4.1 Ergebnisse im Bereich Gesundheit und Krankheit

4.2 Ergebnisse in den Bereichen alternative Medizin und Schulmedizin

4.3 Ergebnisse im Bereich Gesellschaftskritik und im Bereich Verschwörungstheorien

5. Diskussion der Ergebnisse

5.1 Diskussion der methodischen Herangehensweise

5.2 Inhaltliche Diskussion

6. Resümee

7. Nachtrag: gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien in Zeiten der Corona-Pandemie

Anhang 1: Struktur-Lege-Leitfaden

Anhang 2: Interviewleitfaden: subjektive Theorien zu Krankheit und Heilung

Anhang 3: Struktur-Lege-Modelle

Anhang 4: Ausführliche Komparationstabellen

Anhang 5: Komparationstabellen nach Schlagwörtern

Anhang 6: Kodiersysteme

Anhang 7: Kodierung der Untersuchungsleiterin

Anmerkungen

Literatur

Zur Autorin und zum Autor

Zitation

 

1. Einleitung

"Vor neun Jahren hatte ich eine Krebsdiagnose, die ich inzwischen auch so ein ganz kleines bisschen anzweifle. Aber auf jeden Fall war in meinem Auge etwas, was da nicht hingehört. Das ist ein Fakt. Und da habe ich halt angefangen, einfach nach Ursachen zu suchen, nachdem ich von den Schulmedizinern darauf keine Antwort bekommen habe. Ich habe gesagt: Warum? Das muss doch einen Grund haben!" (Interview, Studienteilnehmerin C.)

Wenn eine Person am eigenen Leib oder in ihrem sozialen Umfeld schwere oder langdauernde Krankheit erlebt, wirft diese Erfahrung existenzielle Fragen auf: "Warum bin ich krank geworden?", "Wie werde ich wieder gesund?", "Was hält mich gesund?" – nahezu jeder Mensch formuliert explizit oder implizit Antworten auf diese Fragen und hat somit eine subjektive Theorie darüber, was Gesundheit und Krankheit ausmacht (PETRIE & WEINMAN 2006). Laut dem "Common-Sense Model of Self-Regulation of Health and Illness" (LEVENTHAL, LEVENTHAL & BRELAND 2011) entwickeln Menschen subjektive Krankheitsrepräsentationen, die Informationen über Art, Dauer, Ursache und Konsequenzen der Erkrankung beinhalten, aber auch Überzeugungen darüber, ob und wie die Krankheit behandelt und kontrolliert werden kann (LEVENTHAL, BRISSETTE & LEVENTHAL 2003). Dabei sind subjektive Krankheitsüberzeugungen nicht statisch, sondern werden ständig von kulturellen und sozialen Informationen beeinflusst, nach denen Menschen gezielt suchen, um eine sinnhafte Erklärung für die Krankheitserfahrung formulieren zu können (McANDREW et al. 2017). Diese Erklärungen können Überzeugungen und Handlungen einer Person beeinflussen (HAGGER & ORBELL 2003). Angesichts der weitreichenden Bedeutung, die subjektive Krankheitsrepräsentationen für das Erleben einer Person haben können, ist es nicht erstaunlich, dass beim Thema Gesundheit heftige Debatten und weltanschauliche Konflikte ausgetragen werden: Schon die begriffliche Abgrenzung in diesem Themenkomplex erfordert eine genaue Betrachtungsweise. So ist der Ausdruck Schulmedizin, der inzwischen als alltagssprachliche Bezeichnung für wissenschaftlich orientierte und universitär gelehrte Medizin genutzt wird, historisch ein umstrittener Begriff, wurde er doch ursprünglich von Anhänger_innen alternativmedizinischer Verfahren durchaus abwertend genutzt (ECKART & JÜTTE 2014). Heute dient der Begriff insbesondere zur Abgrenzung wissenschaftlich orientierter Medizin von alternativmedizinischen Verfahren wie zum Beispiel der Homöopathie, Osteopathie, Naturheilkunde und Geistheilung, deren Wirksamkeit aus der Perspektive der Schulmedizin nicht über einen Placeboeffekt hinaus belegt ist (vgl. z.B. ERNST 2010). Über diese abgrenzende Funktion hinaus bleibt die Definition von dem, was unter Schulmedizin sowie unter Alternativmedizin verstanden werden darf, oft unscharf. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit jedoch soll diese breite Definition von Schulmedizin als wissenschaftlich orientierter und universitär gelehrter Ausrichtung der Medizin zunächst genügen und in diesem Sinne Verwendung finden.1) Letztlich sind Schulmedizin und Alternativmedizin in unserer Studie das, was unsere Teilnehmer_innen darunter verstehen. [1]

Aktuell wie auch historisch verlaufen teils tiefe Gräben zwischen Schulmedizin und alternativmedizinischen Ansätzen, zwischen evidenzbasierter Medizin und alternativem Wissen bzw. auch Alltagspraktiken, die seit Generationen weitergegeben werden. Eltern, die überzeugte Impfgegner_innen sind, werden ihr Kind vermutlich aus demselben Wunsch heraus nicht impfen lassen, aus dem ein anderes Elternpaar sein Kind impfen lässt: Sie möchten, dass ihr Kind gesund aufwachsen kann. Die Annahmen dieser beiden Elternpaare darüber, wie Gesundheit und Krankheit entstehen beziehungsweise wie sie aufrechterhalten werden können, unterscheiden sich hingegen grundlegend. Und diese Annahmen können weitreichende Folgen nach sich ziehen – nicht nur für die Gesundheit einer einzelnen Person, sondern auch für ganze Gesundheitssysteme (BOGART, WAGNER, GALVAN & BANKS 2010; JOLLEY & DOUGLAS 2014a, 2014b; OLIVER & WOOD 2014). So entschied die World Health Organization (WHO) inzwischen, die Vermeidung von Impfungen in ihrer Liste der globalen Gesundheitsbedrohungen aufzuführen (WHO 2019). Am Beispiel des Impfens wird deutlich, dass subjektive Theorien über Gesundheit und Krankheit sehr einflussreich werden können, auch wenn sie den offiziellen Empfehlungen (beispielsweise denen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts) entgegenstehen. [2]

In der hier vorgestellten Studie widmeten wir uns subjektiven Theorien zum Thema Gesundheit und Krankheit. Im Vergleich zu verwandten Konzepten wie beispielsweise Einstellungen oder Überzeugungen sahen wir in der Betrachtung und Rekonstruktion subjektiver Theorien das Potenzial, kausale und temporale Bezüge darstellen zu können. Dabei standen in unserer Untersuchung solche subjektiven Theorien im Vordergrund, die sich abseits von "offiziellen" bzw. wissenschaftlich anerkannten Theorien bewegen – also Theorien abseits der oben definierten Schulmedizin. Für uns war von Interesse, aus welchen Gründen alternative Gesundheitstheorien ansprechend sind und die Schulmedizin abgelehnt wird. Insbesondere sollte beleuchtet werden, in welchem Ausmaß Verschwörungstheorien mit gesundheitsbezogenem Inhalt Teil der entsprechenden subjektiven Theorien sind und welche Rolle ihr Vorhandensein für das Erleben und selbstberichtete Handeln bzw. für Handlungsabsichten einer Person spielt. [3]

Wir näherten uns damit einem Spannungsfeld, das eine genaue Differenzierung verschiedener subjektiver Theorien erfordert und einen wertschätzenden und zugleich kritischen Zugang zu einer potenziell schwer zu erreichenden Zielgruppe voraussetzt. Dabei nutzten wir die Heidelberger Struktur-Lege-Technik nach SCHEELE und GROEBEN (u.a. 1988) und begegneten somit dem Forschungsgegenstand mit einem methodischen Ansatz, der darauf abzielt, die subjektiven Theorien von Personen in ihrer ganzen inhaltlichen und strukturellen Komplexität zu erfassen und gleichzeitig den Studienteilnehmer_innen ermöglichen soll, sich in einem partizipativen Prozess dem möglicherweise misstrauisch beäugten Forschungsbetrieb gegenüber zu öffnen. Die Methode für die Untersuchung von Verschwörungstheorien heranzuziehen ist ein neuer Zugang, sowohl im Hinblick auf das Forschungsprogramm Subjektive Theorien als auch für die Verschwörungstheorieforschung. [4]

Zunächst erfolgt in Abschnitt 2 eine Übersicht über die theoretischen Hintergründe unserer Studie. Im folgenden Abschnitt 3 werden wir unser methodisches Vorgehen darstellen und die aus der Studie resultierenden Ergebnisse anschließend in Abschnitt 4 vorstellen. Deren Implikationen diskutieren wir in Abschnitt 5 und ziehen ein abschließendes Resümee (Abschnitt 6). Ergänzt wird die Studie durch eine in Abschnitt 7 dargestellte Nachbefragung einiger Teilnehmer_innen während der Anfänge der Corona-Pandemie. [5]

2. Theoretischer Hintergrund

Verschwörungstheorien entstehen nicht in einem luftleeren Raum. Sie werden meist da entwickelt, wo ein Geschehen nicht oder nur lückenhaft zu verstehen ist und insbesondere dann, wenn Schuld vermutet wird, aber nicht endgültig zugeschrieben werden kann (MILLER 2002; SWAMI & COLES 2010; VAN PROOIJEN & JOSTMANN 2013). Sie resultieren aus schwer einschätzbaren Situationen mit großer Tragweite für das Leben einzelner oder vieler Menschen. Die Narrative reichen von Theorien über einzelne Ereignisse (z.B. die Ereignisse des 11. September 2001 in den USA) bis hin zu Theorien, die seit Jahrhunderten immer wieder aufgegriffen werden (z.B. Theorien über eine sogenannte "jüdische Weltverschwörung"). Was diesen Theorien gemein ist, ist ihr Potenzial, Einfluss auf die alltäglichen Entscheidungen und Handlungen der Personen zu nehmen, die an sie glauben (JOLLEY & DOUGLAS 2014a, 2014b). In manchen Bereichen hat das nur wenig weitreichende Konsequenzen, in anderen Bereichen wiederum besteht eine tatsächliche Gefahr für das öffentliche Zusammenleben. Die Häufigkeit, die historische Relevanz und die politischen und gesellschaftlichen Implikationen des Glaubens an Verschwörungstheorien begründen ein Forschungsinteresse gerade auch aus dem Blickwinkel der Psychologie. Die Erforschung von Verschwörungstheorien geht jedoch auch mit einer Vielzahl an forschungspraktischen und forschungsethischen Herausforderungen einher, die mit vorwiegend quantitativ orientierter Methodik teilweise nur unzureichend adressiert werden können, da hier narrative Strukturen und die individuelle Perspektive der untersuchten Personen verloren gehen können. In der hier vorgestellten Studie wollten wir diese Herausforderungen diskutieren und mit der Heidelberger Struktur-Lege-Technik einen Ansatzpunkt vorstellen, der einen alternativen Zugang zur Erforschung von Verschwörungstheorien ermöglicht. [6]

2.1 Herausforderungen in der Erforschung von Verschwörungstheorien

Im Fokus der Verschwörungstheorieforschung stehen vor allem zugrunde liegende psychologische und soziale Faktoren seitens der Anhänger_innen oder strukturelle Merkmale von Verschwörungstheorien (FRANKS, BANGERTER, BAUER, HALL & NOORT 2017). Hierdurch konnten viele wichtige Erkenntnisse gewonnen werden (siehe für einen Überblick z.B. SWAMI & COLES 2010), allerdings gibt es auch widersprüchliche Befunde: Wie kann man sich beispielsweise erklären, dass Anhänger_innen von Verschwörungstheorien einerseits demokratische Prinzipien unterstützen, aber gleichzeitig andere Befunde darauf hinweisen, dass sie sich durch politischen Zynismus auszeichnen (SWAMI et al. 2011)? Und wie kann man die Befunde von WOOD, DOUGLAS und SUTTON (2012) interpretieren, dass Anhänger_innen von Verschwörungstheorien an verschiedene widersprüchliche Verschwörungstheorien gleichzeitig glauben? WOOD et al. nahmen an, dass dieser Befund in einem monologischen Überzeugungssystem fußt; in diesem Fall in einem generellen Misstrauen gegenüber jeder offiziellen Erklärung. Verschiedene (auch widersprüchliche) Verschwörungstheorien werden demnach als plausibel angenommen, wenn oder weil sie der offiziellen Erklärung widersprechen. Unseres Erachtens erlaubt dieser Befund aber auch, Verschwörungstheorien als konkurrierende Hypothesen zu sehen, welche von Menschen angesichts weitreichender negativer Ereignisse in Erwägung gezogen und geprüft werden. [7]

Ein möglicher zusätzlicher Grund könnte sein, dass in den genannten Beispielen der tatsächliche Inhalt der untersuchten subjektiven Theorien selten Gegenstand der Forschung war – vielmehr wurden die Inhalte von Verschwörungstheorien auf wenige Aussagen reduziert, denen die Untersuchungspartner_innen zustimmen konnten oder aber nicht. Diese Problematik benannten FRANKS et al. bereits in ihrer Studie von 2017. Verknüpft hiermit ist auch, dass die Stichproben in den genannten Untersuchungen häufig nicht aus Personen bestanden, die tatsächlich selbst mit an eine Verschwörungstheorie glaubten, sondern vielmehr aus Gelegenheitsstichproben von Studierenden2). Dies liegt mutmaßlich auch darin begründet, dass sich der Zugang zur Zielgruppe in der Praxis schwierig gestaltet (a.a.O.). Anhänger_innen von Verschwörungstheorien nehmen bereits die Einordnung einer Theorie als Verschwörungstheorie häufig als Herabwürdigung oder Diffamierung derselben wahr (WOOD & DOUGLAS 2015) und befürchten soziale Stigmatisierung (LANTIAN et al. 2018) – schließlich ist der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus negativ konnotiert und mit stigmatisierenden Zuschreibungen assoziiert (KLEIN, VAN DER LINDEN, PANTAZI & KISSINE 2015). [8]

An erster Stelle muss demnach eine Definition des Begriffs Verschwörungstheorie erfolgen, die möglichst ohne eine Stigmatisierung der Anhänger_innen auskommt. Für den Forschungsprozess wurde daher eine subjektive Theorie dann als Verschwörungstheorie betrachtet, wenn in ihr "die geheime Verabredung von mindestens zwei Menschen als wesentlicher Bestandteil enthalten ist" (RAAB, CARBON & MUTH 2017, S.X). Eine Verschwörungstheorie ist nach dieser Arbeitsdefinition somit zunächst einmal nichts weiter als eine Theorie über eine Verschwörung; wobei aus dem Begriff "Theorie" folgt, dass Voraussagen für neue Situationen abgeleitet werden können. Über Legitimität und Wahrheitsgehalt ist damit kein Urteil gefällt. In unserer Untersuchung wurden subjektive Theorien von Menschen erfasst, die sich im Rekrutierungsprozess von folgender Formulierung angesprochen fühlten: "Personen, die alternative, nicht dem allgemeinen Mainstream entsprechende Ansichten zu gesundheitsbezogenen Themen vertreten oder alternative Erklärungen für das Entstehen von Krankheit und Gesundheit haben". Selbstverständlich ist nicht jede alternative subjektive Theorie über gesundheitsrelevante Themen eine Verschwörungstheorie. Gerade deshalb erhofften wir uns mit der Wahl dieses Themenbereichs einen Zugang zu einem Grenzbereich zwischen Verschwörungstheorien und thematisch ähnlichen Theorien, auf die die Definition nicht zutrifft. Dies sollte uns ermöglichen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen beiden Arten von subjektiven Theorien zu untersuchen und darüber hinaus zu verstehen, ob und wenn ja welche Rolle Verschwörungstheorien in diesem thematischen Kontext spielen können. [9]

2.2 Grundlagen der narrativen Psychologie und die Bedeutung subjektiver Theorien

Die Interviewstudie von FRANKS et al. (2017) war der Ausgangspunkt unserer forschungspraktischen Überlegungen. Die Autor_innen führten Interviews mit insgesamt 18 Anhänger_innen von Verschwörungstheorien und befragten diese nach den Inhalten ihrer Theorien. Auf Grundlage dieser Interviews leiteten sie sechs Dimensionen ab, nach denen sich Verschwörungstheorien beschreiben lassen: die Sicht auf die Realität, die Sicht auf sich selbst, die Sicht auf Ingroup und Outgroup, die Sicht auf die Zukunft, sowie Handlungen und Handlungsabsichten (vgl. für eine genauere Beschreibung auch Abschnitt 3.3). Dies schlug sich in unserer Studie nicht nur inhaltlich dadurch nieder, dass die vorgenannten Dimensionen zur Erstellung des Interviewleitfadens herangezogen wurden, sondern die Untersuchung von FRANKS et al. war auch auf forschungspraktischer Ebene Vorbild. In Anlehnung an deren Herangehensweise zielten auch wir darauf, die konkreten Inhalte der subjektiven (Verschwörungs-) Theorien zu erfassen. [10]

Dabei ist unsere Sichtweise maßgeblich durch Überlegungen aus der narrativen Psychologie sowie der Forschung zu subjektiven Theorien beeinflusst: Wir betrachten subjektive Theorien und folglich auch subjektive Verschwörungstheorien als persönlichen Erklärungsversuch, als ein Verstehbarmachen komplexer Sinnzusammenhänge und somit als einen Prozess, der grundlegend für menschliches Handeln ist. Sprache und das Erzählen von Geschichten spielen eine entscheidende Rolle darin, wie Menschen die Welt und sich selbst in dieser Welt definieren und verstehen (SARBIN 1986). Menschen nehmen ihre Existenz und ihre Erlebnisse nicht etwa als chaotische zufällige Sequenz unabhängiger Einzelereignisse wahr. Vielmehr verstehen sie Ereignisse in einer (zeitlichen) Abhängigkeit voneinander. SARBIN (S.8) bezeichnete dies als "narrative principle": Menschen erzählen sich ihre Welt in Form von Narrativen; begreifen und verstehen Erlebnisse als Erzählungen. Denken, Wahrnehmung, Vorstellung, Integration und selbst moralische Entscheidungen finden in narrativen Strukturen statt: Die Erzählung ist nach SARBIN das organisierende Prinzip menschlicher Handlungen. CARR (1991) ging sogar noch weiter, wenn er argumentierte, dass die zugrunde liegende menschliche Wahrnehmung der Realität einen narrativen Charakter hat. Menschen können Ereignisse nur vor dem zeitlichen Hintergrund von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verstehen. Dem entspricht die "Anfang – Mitte – Ende" -Struktur klassischer Erzählungen. Der Begriff "narrative Struktur" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit dem Akt des (verbalen) Erzählens – auch wenn dieser sicherlich eine wichtige Rolle spielt –, sondern beschreibt, dass Menschen während des Erlebens das Erlebte in eine narrative Struktur bringen. Dadurch bekommen Ereignisse Sinn und Handlungen Bedeutung, oder kurz: Das (Er-) Leben erhält Struktur. Im Fokus der narrativen Psychologie steht somit die Erkenntnis, dass Menschen über sich und die Welt Geschichten erzählen, in Form dieser Geschichten kommunizieren und diese Geschichten einen bedeutungsstiftenden Nutzen haben. Erzählungen erfüllen eine erklärende Funktion, und Menschen erzählen sie über so gut wie jeden Bereich ihres Lebens. [11]

Im Kontext dieses Erzählpostulats können auch subjektive Theorien betrachtet werden. Menschen rekapitulieren nicht nur eigene Erfahrungen, vielmehr dienen das Erzählbarmachen und Explizieren dieser Erfahrungen auch dem Verstehen von Sinnzusammenhängen. "Wie kommt es, dass ich krank geworden bin?", "Warum hat mir dieses Medikament nicht geholfen?" – Die Bedeutung dieser existenziellen Fragen wurde bereits in der Einleitung dargelegt. Menschen entwerfen permanent subjektive Theorien, mittels derer sie ihre Erfahrungen sinnhaft einzuordnen versuchen. Laut SCHEELE und GROEBEN (1988, S.3) sind subjektive Theorien "Kognitionen der Selbst- und Weltsicht als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur, das die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen der Erklärung, Prognose und Technologie erfüllt". Zusätzlich können subjektive Theorien auch Bestandteile allgemeiner wissenschaftlicher Theorien beinhalten oder sich darauf beziehen. [12]

Vor dem Hintergrund dieser Definition verstehen wir auch subjektive Theorien über Verschwörungen als Verschwörungstheorien. Wir gehen also davon aus, dass Verschwörungstheorien dazu dienen, Ereignisse oder Gegebenheiten in kohärenter Art und Weise zu erklären und daraus (subjektiv) relevante Vorhersagen für die Zukunft abzuleiten – und dass sie somit nicht "nur" Narrative über Verschwörungen, sondern tatsächlich Theorien über Verschwörungen sind. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Korrektheit und Angemessenheit des Begriffs Theorie im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien in der jüngeren Zeit durchaus diskutiert wird: Im Zentrum der Diskussion steht hierbei die Frage, ob die sogenannte Verschwörungstheorie überhaupt die definitorischen Anforderungen des Begriffs Theorie zum Beispiel in Bezug auf Kohärenz oder Vorhersagemöglichkeiten erfüllt (kritisch: CARBON 2018, während z.B. BASHAM 2019 dies als durchaus gegeben betrachtete). Für unsere Untersuchung – mit ihrer starken Ausrichtung auf subjektive Adaptionen gesellschaftlich bekannter Verschwörungstheorien – schien der Theorienbegriff nach oben zitierter Definition angemessen und hat in diesem Sinne Verwendung gefunden. [13]

Subjektive Theorien bzw. Erzählungen, die Menschen bilden, formen ihr Weltbild und somit die Überzeugungen und Annahmen, die ihre Realität beschreiben (FRANKS et al. 2017). Insofern sind die subjektiven Theorien handlungssteuernd und höchst relevant, um Verhaltensweisen einer Person verstehen zu können. Diese Betrachtungsweise birgt auch Implikationen bezüglich ihrer Erforschung, ja, bezüglich der Erforschung des Menschen als Erkenntnisgegenstand an sich. Denn in der Psychologie als Wissenschaft vom Denken, Fühlen und Handeln des Menschen ist das Erkenntnisobjekt genauso Mensch wie das Erkenntnissubjekt: "Daher sind prinzipiell die gleichen Merkmale anzusetzen: Sprach- und Kommunikationskompetenz, Reflexivität, potentielle Rationalität, Handlungsfähigkeit" (SCHEELE & GROEBEN 1988, S.4). Um die subjektiven Theorien von Menschen in ihrer inhaltlichen und strukturellen Komplexität verstehen zu können, sollten die untersuchten Personen nicht nur – zum Beispiel im Rahmen eines Interviews – selbst zu Wort kommen können, um relevante Inhalte aufzuzeigen, sondern auch eine Möglichkeit erhalten, die Struktur ihrer subjektiven Theorie darzulegen. So sollten Anknüpfungspunkte für die Kommunikation gefunden werden – auch und gerade mit Menschen, die dem Forschungsbetrieb aus unterschiedlichen Gründen skeptisch gegenüberstehen. Darüber hinaus sollte der gewählte stark idiografische Ansatz aber auch Einblicke in potenziell relevante Einflussvariablen des Glaubens an Verschwörungstheorien gewähren. [14]

2.3 Verschwörungstheorien im Bereich Gesundheit und Krankheit

Wie einleitend bereits dargestellt wurde, sind Gesundheit und Krankheit existenzielle Themen, zu denen so gut wie jeder Mensch eine subjektive Theorie hat. Dies spiegelt sich auch in folgenden Beobachtungen wieder: Es gibt auf der einen Seite viele Verschwörungstheorien, in denen gesundheitliche Themen eine Rolle spielen (z.B. Theorien über Geheimabsprachen der Pharmaindustrie, aber beispielsweise auch Theorien über Chemtrails3) oder Bevölkerungskontrolle, vgl. LAMBERTY & KNÄBLE 2020) und diese Verschwörungstheorien sind weitläufig bekannt (OLIVER & WOOD 2014; STUBBERSFIELD, WIDGER, RUSSELL & TEHRANI 2019). Auf der anderen Seite kursieren auch jenseits von Verschwörungstheorien vielfältige subjektive Theorien über die Entstehung von Krankheit und Gesundheit, die kaum oder nur teilweise in Einklang mit Erkenntnissen aus der Schulmedizin stehen. Der Bereich der alternativen Gesundheitstheorien bietet somit nicht nur Zugang zu einer potenziell großen Zielgruppe, sondern es handelt sich auch um einen Themenbereich, in dem subjektive alternative Theorie und subjektive Verschwörungstheorie nah beieinanderliegen können. Unsere Forschungsfragen und -anliegen bezogen sich insbesondere auf diesen Überschneidungsbereich. Auf inhaltlicher Ebene konnten hier zwei entscheidende Themenbereiche unterschieden und entsprechende Fragestellungen abgeleitet werden (vgl. Abb.1).



Abbildung 1: Überblick über Fragestellungen und die methodische Herangehensweise [15]

Zunächst sollten von den Teilnehmer_innen wahrgenommene Unterschiede zwischen Schulmedizin und alternativmedizinischen Ansätzen sichtbar gemacht werden: Welche inhaltlichen Aspekte unterscheiden Schulmedizin und alternativmedizinische Ansätze in den untersuchten subjektiven Theorien? Was macht die Narrative der alternativen Medizin "erfolgreich"? Zweitens war von Interesse, welche Dimensionen und inhaltlichen Aspekte sich zwischen subjektiven Verschwörungstheorien und solchen Theorien unterscheiden, die keine oder kaum verschwörungstheoretische Elemente enthalten. An dieser Stelle hatte diese Untersuchung einen explorativen Charakter: Die inhaltlich tiefe Auseinandersetzung mit den subjektiven Theorien der Studienteilnehmer_innen soll Impulse für die weitere Verschwörungstheorieforschung bieten. [16]

Auf Grundlage der in Abschnitt 2.2 dargelegten forschungsethischen Überlegungen wählten wir zur Untersuchung dieser inhaltlichen Fragestellungen die Heidelberger Struktur-Lege-Technik. Zur Orientierung dienten dabei die von FRANKS et al. (2017) beschriebenen Dimensionen von Verschwörungstheorien, die im Interviewleitfaden Verwendung fanden (vgl. Abschnitt 3.3). Da hier erstmals ein Dialog-Konsens-Verfahren zur Untersuchung von subjektiven Verschwörungstheorien angewendet wurde, diskutieren wir die Anwendbarkeit dieser Methode für die Verschwörungstheorieforschung ausführlich im Abschnitt 5.1. [17]

3. Methodisches Vorgehen

Das im Folgenden dargestellte methodische Vorgehen sollte einerseits eine Untersuchung der in Abschnitt 2.3 dargelegten Fragestellungen ermöglichen, andererseits im Sinne eines explorativen Zugangs Hinweise auf Aspekte liefern, die für zukünftige Forschungsprozesse von Interesse sein könnten. Alle Studienteilnehmer_innen durchliefen einen qualitativen Forschungsprozess, welcher auf der Heidelberger Struktur-Lege-Technik basiert. [18]

3.1 Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik

Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik nach SCHEELE und GROEBEN (1988) ist ein idiografischer Zugang im Bereich der sogenannten Dialog-Konsens-Verfahren. Grundlegendes Ziel dieser Methodik ist es, subjektive Theorien als Modelle darzustellen. Hierfür werden zentrale Themen, Aussagen und Konzepte aus einem im Vorfeld geführten halbstandardisierten Interview miteinander in Verbindung gesetzt, sodass am Ende die subjektive Theorie anhand des gebildeten Modells nachvollzogen werden kann. Zu diesem Zweck wurde das Modell mit beschrifteten Karten gelegt und dadurch greifbar und explizit gemacht. Hierbei wurden zwei Arten von Karten unterschieden: Die sogenannten Inhaltskarten umfassten die aus dem Interview extrahierten zentralen Inhaltskategorien der subjektiven Theorie. Die Formalkarten enthielten verschiedene Relationen, mit denen Zusammenhänge zwischen den Inhaltskarten dargestellt werden können. Sie wurden in einem Struktur-Lege-Leitfaden (Anhang 1), welcher auch den Studienteilnehmer_innen zugänglich gemacht wurde, definiert und erläutert. Der Leitfaden war stark an dem von FROHN (2013) entworfenen Struktur-Lege-Leitfaden orientiert, welcher wiederum in enger Anlehnung an das Regelwerk des "Alltagssprachlichen Struktur-Lege-Spiels" nach SCHEELE, GROEBEN und CHRISTMANN (1992) konzipiert worden war. Dieses methodische Vorgehen steht auch in der Tradition weiterer Forschungsarbeiten zur Erfassung subjektiver Theorien (siehe für eine Übersicht GROEBEN & SCHEELE 2000; GROEBEN, WAHL, SCHLEE & SCHEELE 1988). Mittels der Struktur-Lege-Technik wurden bereits vielfältige Themenbereiche untersucht: Sie fand vor allem in der Bildungsforschung (z.B. KINDERMANN & RIEGEL 2016), aber auch im Themenkomplex Gesundheit und Krankheit und somit in der Erforschung medizinischer und psychotherapeutischer Prozesse Anwendung (für eine Übersicht z.B. WAGNER 2000). [19]

Die Datenerhebung erfolgte in zwei Schritten: Zunächst wurde ein halbstandardisiertes Interview geführt und transkribiert. Die zentralen Aspekte wurden extrahiert und auf die Inhaltskarten übertragen. Ein von der Untersuchungsleiterin daraus abgeleitetes Modell wurde in einem mehrstufigen, kommunikativen und partizipativen Prozess einem von der Teilnehmerin bzw. dem Teilnehmer erstellten Modell angeglichen, bis schließlich ein Konsens gefunden war. So entstand auf transparente Weise das Untersuchungsmaterial für die Studie, und die Teilnehmer_innen hatten einen genauen Überblick und letztlich auch Einfluss darauf, welche ihrer Aussagen und Theoriebestandteile in die Untersuchung einflossen. [20]

3.2 Stichprobe und Rekrutierungsprozess

Die Stichprobe bestand aus vier Frauen und zwei Männern. Diese waren zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 49 und 61 Jahren alt. Zwei der Teilnehmer_innen standen in persönlicher Beziehung zueinander. Alle Teilnehmer_innen waren berufstätig, zwei von ihnen hatten eine Ausbildung im medizinischen Bereich und eine Teilnehmerin eine Ausbildung zur Homöopathin, wobei sie dies nicht als Hauptberuf ausübte. Die Teilnehmer_innen erhielten für ihre Teilnahme keine Kompensation. [21]

Wie bereits einleitend dargelegt, erwarteten wir, dass der Zugang zur entsprechenden Zielgruppe einige Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Diese Einschätzung basierte auch auf den Ausführungen von FRANKS et al. (2017), welche in ihrer Studie bereits das Zugangsproblem adressiert hatten. Während FRANKS et al. entschieden, den Begriff Verschwörungstheorie zu vermeiden und stattdessen von "alternative worldviews and beliefs" (S.4) zu sprechen, schien dies für unsere Studie nicht zielführend, nicht zuletzt wegen der begrifflichen Überschneidung zur alternativen Medizin. Um potenzielle Teilnehmer_innen zu erreichen, wurde ein Exposé verfasst, in dem die grundlegenden theoretischen Hintergründe der Arbeit ausgeführt wurden und ein Überblick über den zu erwartenden Forschungsprozess gegeben wurde. Es wurde auch dargelegt, wie wir den Begriff Verschwörungstheorie definierten und auf die potenzielle Problematik des Begriffs eingegangen. Dieses fünfseitige Exposé wurde allen Interessierten zur Verfügung gestellt. [22]

Entsprechend der Erfahrungen von FRANKS et al. versuchten wir zunächst, "Türöffner" zu erreichen und kontaktierten zum Beispiel den Vorsitzenden eines impfkritischen Elternstammtisches. Leider blieb dieser Zugang ohne Erfolg. Anschließend streuten wir den Aufruf weiter, insbesondere über das weitere persönliche Umfeld der Untersuchungsleiterin. So meldeten sich knapp ein Dutzend Personen, von denen sechs letztendlich an der Untersuchung teilnahmen. Die Übrigen entschieden sich wegen des zeitlichen Aufwandes oder zu großer räumlicher Entfernung gegen eine Teilnahme. [23]

Es liegt somit eine absichtsvoll gewählte Stichprobe (SCHREIER 2020) vor, wobei eine Selbstselektion der angesprochenen Personen insofern erfolgte, dass sie sich mit den im Exposé dargelegten Aussagen identifizieren mussten. Alle Personen, die sich nach der Verteilung des Aufrufs zur Teilnahme in einem Zeitraum von zwei Monaten meldeten und trotz des zeitlichen Aufwandes zur Teilnahme bereiterklärten, wurden interviewt. Abgesehen von der Identifikation mit der im Exposé getätigten Beschreibung gab es keine expliziten Ausschlusskriterien – wir achteten also an dieser Stelle nicht darauf, welches Alter, welchen Berufsstand etc. die Teilnehmer_innen hatten und erhoben auch nicht im Vorfeld, welche alternativmedizinischen Verfahren sie nutzen bzw. präferierten4). [24]

3.3 Interviewleitfaden

Für die Durchführung der halbstandardisierten Interviews wurde ein Interviewleitfaden (Anhang 2) erstellt, der auf den von FRANKS et al. (2017) formulierten Dimensionen basierte. Zunächst erfolgte eine Erfragung wichtiger persönlicher Informationen, z.B. zum beruflichen Hintergrund und zu (schul-) medizinischem Vorwissen. Anschließend waren allgemeine Fragen zur Einstellung gegenüber Schulmedizin und alternativer Medizin sowie zur Sichtweise auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Gesundheit bzw. Krankheit vorgesehen. Der Hauptteil des Interviewleitfadens bezog sich auf folgende sechs Kernthemen:

3.4 Durchführung der Interviews

Den Studienteilnehmer_innen wurde freigestellt, wo die Interviews stattfinden sollten. Alle entschieden sich dafür, dass die Interviews bei ihnen zuhause durchgeführt werden sollten. Die halbstandardisierten Interviews (erster Termin) dauerten zwischen ca. 40 und ca. 100 Minuten. Die zweiten Treffen, bei denen das Modell durch die Teilnehmer_innen gelegt wurde, beanspruchten jeweils etwa eine Stunde. Die Studienteilnehmer_innen unterschrieben eine Einverständniserklärung für die Aufzeichnung des Interviews, und die Aufnahme wurde anschließend transkribiert. Alle Interviews wurden zwischen Dezember 2018 und April 2019 durchgeführt. [26]

3.5 Erstellung der Struktur-Lege-Modelle

Es wurden auf Basis des Interviews mit jeder Studienteilnehmerin und jedem Studienteilnehmer jeweils drei Struktur-Lege-Modelle gelegt. Als Material wurden weiße Karteikarten für die Inhaltskarten und farbige und bereits entsprechend beschriftete Karteikarten für die Formalkarten verwendet – dabei gab es für die unterschiedlichen Kategorien des Struktur-Lege-Leitfadens (siehe Anhang 1) unterschiedliche Farben, sodass eine bessere visuelle Unterscheidbarkeit der unterschiedlichen Relationen möglich war. Gelegt wurden die Modelle jeweils auf einem großen Tisch. [27]

Das erste Modell wurde von der Untersuchungsleiterin selbst ohne Beisein der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers gelegt. Hierfür wurden nach der Transkription des Interviews zentrale Inhalte desselben durch die Untersuchungsleiterin auf die Inhaltskarten übertragen: Hierbei wurden weitgehend Schlagwörter verwendet, die die Befragten selbst in den Interviews genannt hatten und die dann entsprechend aus der Transkription entnommen wurden. Diese Inhaltskarten wurden anschließend zunächst nach thematischer Zugehörigkeit gruppiert, wobei vier vorgegebene Karten (nämlich "Krankheit", "Gesundheit", "Alternative Medizin" und "Schulmedizin") als Anhaltspunkt dienten. Die so gruppierten Inhaltskarten wurden anschließend mit passenden Formalkarten anhand des Struktur-Lege-Leitfadens in Zusammenhang gestellt – die Untersuchungsleiterin stellte also die subjektive Theorie so dar, wie sie sie verstanden hatte. In der zweiten Sitzung wurde dann das zweite Modell gelegt – diesmal durch die Teilnehmerin bzw. den Teilnehmer selbst, aber nach denselben soeben beschriebenen Prinzipien. Die bereits von der Untersuchungsleiterin erstellten Inhaltskarten wurden vorgestellt und konnten dabei von der Teilnehmerin bzw. dem Teilnehmer ergänzt bzw. aussortiert werden, sodass diese auch Einfluss darauf hatten, welche Schlagwörter aus dem vorangegangenen Interview für sie zentral sind und entsprechend in ihr Modell einfließen sollten. Zu diesem Zeitpunkt kannten die Teilnehmer_innen noch nicht das Modell der Untersuchungsleiterin. Diese stand bei diesem Prozess unterstützend zur Seite, diskutierte aber noch nicht das gelegte Modell. Dies erfolgte erst im daran anschließenden Prozess, wo dann in kommunikativer Validierung das finale Konsensmodell erstellt wurde. An dieser Stelle des methodischen Vorgehens sollte der Dialog-Konsens stattfinden. Hierfür besprachen Teilnehmer_in und Untersuchungsleiterin Unterschiede in den Modellen, entschieden sich für eine der beiden gelegten Varianten oder bildeten gemeinsam Teile des Modells neu. Welches der beiden Modelle – also das ursprüngliche Modell der Untersuchungsleiterin oder Teilnehmer_in letztlich klarer im Konsensmodell erkennbar ist, unterschied sich zwischen den Teilnehmer_innen und hing auch damit zusammen, wie viel Unterstützung die einzelnen Teilnehmer_innen im eigenen Legeprozess gefordert hatten. [28]

3.6 Auswertung der Struktur-Lege-Modelle

Gegenstand der Auswertung waren die finalen Konsens-Modelle aller Studienteilnehmer_innen (Anhang 3). Eine Reduktion des Informationsgehaltes der Interviews war hier natürlich bereits durch die Struktur-Lege-Methode an sich erfolgt. Unser Ziel war es dann, diese zwischen den einzelnen Teilnehmer_innen in Vergleich setzen zu können. Wir nahmen hierfür eine qualitative Inhaltsanalyse vor, wobei wir uns an MAYRING (2015) orientierten. Zunächst ging es uns im Sinne einer strukturierenden Inhaltsanalyse darum, das Material anhand theoriegeleiteter Kategorien zu ordnen. Entsprechend der formulierten Fragestellungen und Forschungsanliegen wurden Komparationsaspekte formuliert, anhand derer die zentralen Aspekte der Theorien miteinander verglichen werden konnten. Diese Komparationsaspekte ergaben sich zum Teil aus dem Interviewleitfaden, zum Teil wurden sie induktiv aus den fertigen Modellen abgeleitet; hierbei orientierten wir uns an der Vorgehensweise von FROHN (2016). Im Zuge dieses Vergleichsprozesses wurden zunächst die Modelle in jeweils vier Cluster eingeteilt:

Diese Cluster dienen der Übersichtlichkeit und der Kenntlichmachung der jeweils miteinander verglichenen Teile der Modelle. Sie bilden den ersten Teil der Komparationstabellen. Der zweite Teil besteht aus den bereits in Abschnitt 3.3 aufgeführten zentralen Dimensionen des Interviewleitfadens. Zuletzt wurden noch induktiv die beiden Aspekte "Spiritualität" und "Gefühl von Kontrolle" aufgenommen. [30]

Für die Komparationstabellen gingen wir dann folgendermaßen vor: Für jeden Komparationsaspekt wurden die Aussagen der zugehörigen Teile des Modells in wenigen Sätzen durch die Untersuchungsleiterin paraphrasiert. Auf Grundlage dieser fertigen Tabellen (Anhang 4) wurden aus den Paraphrasen dann Schlagwörter extrahiert (Anhang 5), welche zur Erstellung eines Kodiersystems für die Inhaltskarten herangezogen wurden (Anhang 6). Bei der Erstellung dieses Kodiersystems verfolgten wir einen Ansatz induktiver Kategorienbildung. In einem zweiten Schritt wurden dann mithilfe dieses Kodiersystems alle Inhaltskarten kodiert, um so thematische Häufungen kenntlich machen zu können (Anhang 7). Wir schlossen hier also noch einen quantitativen Auswertungsschritt an. Der Ablauf der Auswertung ist in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt. Das resultierende Kodiersystem wurde einer Interraterkodierung unterzogen.



Abbildung 2: Auswertungsprozess. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [31]

Das Kodiersystem wurde nach einer ersten Probekodierung durch zwei Rater_innen überarbeitet und setzt sich thematisch aus den vier oben bereits beschriebenen Clustern zusammen. Die in den nachfolgenden Tabellen aufgeführten Ergebnisse der Kodierung stammen von der Untersuchungsleiterin, welche auch alle Interviews durchgeführt hat. Zur Überprüfung des Kodiersystems und um die Verstehbarkeit der Modelle durch außenstehende Dritte zu eruieren, wurden die Modelle außerdem noch von drei weiteren Personen kodiert, welche ansonsten nicht in die Untersuchung involviert waren. Die Interrater-Übereinstimmung wurde nach BRENNAN und PREDIGER (1981) in MAXQDA berechnet, wobei immer die Kodierungen von jeweils zwei Rater_innen miteinander verglichen wurden. Zwischen der Untersuchungsleiterin und den drei unabhängigen Rater_innen bewegt sich Cohens қ zwischen .63 und .74. Zwischen den drei weiteren unabhängigen Rater_innen beträgt die Interrater-Übereinstimmung zwischen Cohens қ=.58 und Cohens қ=.66. Nach LANDIS und KOCH (1977) sind Übereinstimmungen zwischen .41 und .60 als moderat sowie Übereinstimmung von .61 bis .80 als substanziell einzustufen. [32]

Es wurden nur die Inhalte der Modelle ausgewertet, also der Textinhalt der Kärtchen und die Beschriftung der Verbindungen. Denkbar wäre auch eine Berücksichtigung von Strukturinformationen wie Gestaltung, Aufbau und Komplexität. Beispielsweise könnte die räumliche Anordnung der Inhalte betrachtet werden: Welche Inhalte stehen nahe beieinander, welche sind entfernt; welche Inhalte haben viele Verbindungen zu anderen, welche nicht? Im Legeprozess wurde Wert darauf gelegt, dass die Teilnehmer_innen – abgesehen von den Vorgaben des Struktur-Lege-Leitfadens – möglichst frei und intuitiv ihr Modell legen konnten. Obwohl eine zusätzliche Einbeziehung der resultierenden Struktur der einzelnen Modelle durchaus interessant gewesen wäre, haben wir in unserer Studie hierauf noch verzichtet. Zur kritischen Reflexion dieses Punktes sei auf Abschnitt 5.1.2 verwiesen. [33]

4. Darstellung der Ergebnisse

Unser Ziel war es, einzelne subjektive (Verschwörungs-) Theorien miteinander thematisch in Bezug zu setzen. Dazu haben wir sechs Struktur-Lege-Modelle ausgewertet, welche insgesamt 189 Inhaltskarten umfassten. Dabei legte Teilnehmerin F. mit 19 Inhaltskarten am wenigsten Karten und Teilnehmer E. mit 40 Inhaltskarten die meisten Karten. Einen Überblick über die einzelnen Komparationsaspekte sowie eine Gesamtschau jeder einzelnen untersuchten Theorie ermöglichen die Komparationstabellen in Anhang 4 und Anhang 5. In Anhang 3 finden sich die vollständigen Struktur-Lege-Modelle aller Teilnehmer_innen inklusive der Cluster-Darstellung5). Im Sinne besserer Lesbarkeit werden diese subjektiven Modelle im folgenden Text nur in Auszügen dargestellt. Ergänzt werden sie durch Tabellen, welche auf einer quantitativen Analyse der Inhaltskarten basieren und auf Grundlage entsprechender Kategorien im Kategoriensystem (Anhang 6) erstellt wurden (Anhang 7). [34]

4.1 Ergebnisse im Bereich Gesundheit und Krankheit

Im Themenbereich Gesundheit und Krankheit (Cluster C, in den Modellen in Anhang 3 gelb unterlegt) wurden aus den Komparationstabellen vier zentrale Kategorien extrahiert, die in der folgenden Tabelle 1 dargestellt sind. Im Cluster C wurden insgesamt 69 Inhaltskarten kodiert. Somit nahm dieses Cluster in den Modellen neben Aussagen über gesellschaftliche Prozesse und Verschwörungstheorien den größten Raum ein.

Kategorie

Teilnehmer_in

 

A.

B.

C.

D.

E.

F.

Gesamt

Bedeutung psychischer Prozesse

5

3

5

7

3

2

25

Bedeutung von physischen und Umwelteinflüssen

3

3

3

0

3

2

14

Bedeutung spiritueller Aspekte

4

3

3

5

10

0

25

Restkategorie (Gesundheit und Krankheit)

0

3

0

2

0

0

5

Gesamtzahl Inhaltskarten

33

30

38

29

40

19

189

Tabelle 1: Sichtweise auf Gesundheit und Krankheit [35]

Als zentrale Ursache für die Entstehung verschiedener Krankheiten wurden psychische bzw. seelische Beeinträchtigungen genannt. Interessant ist insbesondere die hohe Bedeutung spiritueller Aspekte, welche gemessen an der Anzahl der Inhaltskarten noch vor physischen Prozessen und schädlichen Umwelteinflüssen stehen. Unter den Begriff "spirituelle Aspekte" fallen hierbei alle Aussagen, die sich auf eine wie auch immer geartete geistliche und/oder religiöse Macht beziehen, z.B. "göttliches Wesen" (Cluster C von Tn D.), "wissendes Feld" (Cluster C von Tn E.) oder "Energie, Spirituelle Kraft, Universum" (Cluster C von Tn A.). [36]

4.2 Ergebnisse in den Bereichen alternative Medizin und Schulmedizin

In den subjektiven Theorien schlägt sich eine positive Einstellung gegenüber alternativmedizinischen Ansätzen nieder, während die Schulmedizin zumindest in Teilen negativ konnotiert ist. [37]

4.2.1 Inhaltskategorien im Zusammenhang mit alternativer Medizin

Insgesamt wurden 35 von den Studienteilnehmer_innen gelegte Inhaltskarten als dem Themenbereich "Alternative Medizin" zugehörig kodiert (Cluster A, in den Modellen in Anhang 3 blau unterlegt). Hierzu zählen Aussagen über die Wirkweise (22 Karten; vgl. Tab. 2) und Beispiele konkreter alternativmedizinischer Ansätze (11 Karten) sowie Aussagen über die Einschränkung der Wirksamkeit von Alternativmedizin (2 Karten).

Kategorie

Teilnehmer_in

 

A.

B.

C.

D.

E.

F.

Gesamt

Ursachenbekämpfung

1

0

1

0

1

0

3

Ganzheitlichkeit

0

1

2

0

0

0

3

Herstellung eines Gleichgewichts

0

0

1

0

0

0

1

Zwischenmenschliche

Anteilnahme

1

0

1

1

0

0

3

Bedeutung des Glaubens an eine Therapieform

1

0

0

0

0

0

1

Aktivierung von Selbstheilungskräften

0

0

1

0

0

0

1

Bereitstellung von Erklärungsansätzen

0

0

1

1

0

0

2

Restkategorie Wirkweise

1

0

2

4

0

1

8

Gesamtzahl Inhaltskarten

33

30

38

29

40

19

189

Tabelle 2: Aussagen über Wirkweise alternativmedizinischer Ansätze [38]

4.2.2 Aussagen über die Schulmedizin

Die Teilnehmer_innen legten insgesamt 24 Inhaltskarten, in denen sie ihre Einstellung zur Schulmedizin thematisierten (Cluster B, in den Modellen in Anhang 3 grün unterlegt). Diese verteilten sich auf zwei Kategorien: Aussagen über die Nützlichkeit von Schulmedizin (11 Karten) und Kritik an der Schulmedizin (13 Karten). Als nützlich wahrgenommen wurden z.B. notfallmedizinische Behandlung oder diagnostische Möglichkeiten, kritisch wurde vor allem angemahnt, dass die Schulmedizin auf reine Symptombekämpfung beschränkt sei und mit schweren Nebenwirkungen einhergehe.

Kategorie

Teilnehmer_in

 

A.

B.

C.

D.

E.

F.

Gesamt

Aussage über Nützlichkeit der Schulmedizin

2

0

2

2

3

2

11

Kritik an Schulmedizin

3

3

3

1

0

3

13

Gesamtzahl Inhaltskarten

33

30

38

29

40

19

189

Tabelle 3: Einstellung zur Schulmedizin [39]

4.3 Ergebnisse im Bereich Gesellschaftskritik und im Bereich Verschwörungstheorien

In Cluster D (in den Modellen in Anhang 3 rot hinterlegt) finden sich diejenigen Inhaltskarten, in denen gesellschaftliche und politische Aspekte (z.B. auch Aussagen über die Gesellschaft an sich oder eigenes politisches Engagement) und/oder Verschwörungstheorien behandelt wurden. Erwartungsgemäß unterschieden sich die Teilnehmer_innen in dem Ausmaß, in dem Verschwörungstheorien ihre Sichtweise auf alternative Heilmethoden und Schulmedizin beeinflussten. Für eine differenzierte Darstellung dieser zentralen Auswertungsergebnisse haben wir uns entschieden, in diesem Abschnitt für jedes Modell das Cluster D im Einzelnen darzustellen und zu erläutern (siehe Abb. 3 bis 7).

Kategorie

Teilnehmer_in

 

A.

B.

C.

D.

E.

F.

Gesamt

Aussage über verschwörerische Aktivitäten

1

9

1

1

10

0

22

Aussagen über verschwörerische Aktivitäten im Gesundheitssystem

3

5

4

3

5

2

22

Aussage über politisches bzw. gesellschaftliches Engagement

4

0

1

0

1

3

9

Aussage über die Gesellschaft an sich bzw. nicht eingeweihte Dritte

3

0

5

0

2

1

11

Restkategorie (Gesellschaft und Verschwörungstheorie)

0

0

0

0

0

0

0

Gesamtzahl Inhaltskarten

33

30

38

29

40

19

189

Tabelle 4: Sicht auf Gesellschaft und Glaube an Verschwörungstheorien6) [40]

In den Schilderungen von Teilnehmerin F. finden sich die wenigsten Hinweise auf angenommene verschwörerische Machenschaften. Die Teilnehmerin berichtete zwar, dass sie in ihrer früheren Tätigkeit als Arzthelferin durchaus weitreichendes Sponsoring durch Pharmafirmen erlebt, dieses ihrer Kenntnis nach aber eher abgenommen habe. Sie stellte die Möglichkeit einer Einflussnahme durch Pharmafirmen in den Raum, schätzte diese jedoch nicht als gravierend ein und vermutete auch keine dahinterstehenden finsteren Absichten. [41]

Teilnehmer A. war der Meinung, infolge des Einflusses großer Konzerne, welche ihre finanziellen Interessen sichern wollten, gebe es "keine richtige Demokratie" mehr. Es sei "zu viel Macht in der falschen Hand" und "Politik und Gesellschaft [seien] krank". Während Teilnehmer A. deutliche Kapitalismuskritik übte und die Handlungen der von ihm kritisierten Firmen und Institutionen zwar für schädlich und verwerflich hielt, unterstellte er aber nicht unbedingt verschwörerisches Handeln (Abb. 3).



Abbildung 3: Cluster D (Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorien) von Teilnehmer A. [42]

Im Vergleich dazu gab Teilnehmerin D. an, dass die "50 reichsten Menschen der Welt" Einflussnahme übten und führte Manipulationen und Verunglimpfungen durch die Pharmaindustrie zur Durchsetzung ihrer Interessen als Beispiel an. Die Annahme einer übergeordneten Instanz und verschwörerischer Aktivitäten liegt hier demnach vor; nichtsdestotrotz nehmen diese Annahmen in der subjektiven Theorie der Teilnehmerin lediglich eine periphere Rolle ein, und dieser Aspekt der Theorie ist nicht differenziert (Abb. 4).



Abbildung 4: Cluster D (Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorien) von Teilnehmerin D. [43]

Laut Teilnehmerin C. ist die Politik geprägt von "Lügen, Korruption und Fremdbeeinflussung"; finanzielle Interessen führten zu "kriminellen Machenschaften der Pharmaindustrie", welche auch vor Mord nicht zurückschrecke. Gesunde würden gezielt krank gemacht und Ängste geschürt, um mit der Schulmedizin Geld verdienen zu können. Es sei eine "konforme Masse" gewünscht, die nichts hinterfrage oder kritisiere. Jedoch benannte Teilnehmerin C. keine dahinterstehende kontrollierende Instanz (Abb. 5).



Abbildung 5: Cluster D (Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorien) von Teilnehmerin C. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [44]

Bei Teilnehmerin B. und Teilnehmer E. finden sich die elaboriertesten Verschwörungstheorien. Beide schilderten ausführlich ein Netzwerk von Institutionen, welche in schädigender Absicht und auf den eigenen Vorteil bedacht handelten (Abb. 6 und 7). Diese Theorien zeichnen sich dadurch aus, dass nicht nur finstere Machenschaften verschiedener Institutionen dargestellt wurden, sondern jeweils auch eine übergeordnete Instanz genannt wurde. Bei Teilnehmer E. waren das "Superreiche (z.B. Rothschilds)", die die Welt kontrollierten. Teilnehmerin B. formulierte das Vorhandensein einer "übergeordneten kontrollierenden Instanz", räumte jedoch gleichzeitig ein, sie könne nicht mit Sicherheit sagen, wer sich hinter dieser verberge.



Abbildung 6: Cluster D (Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorien) von Teilnehmerin B. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung.



Abbildung 7: Cluster D (Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorien) von Teilnehmer E. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [45]

Aus diesen Auszügen wird bereits deutlich, wie unterschiedlich groß der Raum ist, den die Formulierung der gesellschaftlichen Hintergründe in den Modellen einnimmt (vgl. auch Anhang 3). Während bei Teilnehmerin B. und Teilnehmer E. die Aussagen zur alternativen Medizin vor dem Hintergrund der dahinterstehenden Verschwörungstheorie schon beinahe peripher scheinen, zeigt sich bei anderen Studienteilnehmer_innen das gegenteilige Bild. Welche Bedeutung das Ausmaß verschwörungstheoretischer Elemente in den Theorien hat, soll im Folgenden diskutiert werden. [46]

5. Diskussion der Ergebnisse

In der hier vorgestellten Studie haben wir den Versuch unternommen, subjektive (Verschwörungs-) Theorien detailliert zu erheben und darzustellen, um so eine genauere Vorstellung davon zu entwickeln, welche Rolle diese Theorien für eine Abkehr von der wissenschaftlich orientierten Medizin spielen könnten. Dabei empfanden wir die einzelfallorientierte Methode als hilfreich, um in einen Dialog mit den Studienteilnehmer_innen zu treten. Unseres Erachtens kann die Nutzung eines solchen methodischen Ansatzes auch aufseiten der Forschenden helfen, Stereotype von "dem Verschwörungstheoretiker", der irregeleitete Annahmen über die Geschehnisse der Welt entwirft und dabei pessimistisch in die Zukunft blickt zu entkräften. Die Personen, die an dieser Studie teilgenommen haben, zeichneten sich alle dadurch aus, dass sie über Jahre und Jahrzehnte hinweg intensiv recherchiert und sich weitergebildet hatten. Sie legten Wert darauf, Verantwortung für die eigene Gesundheit und die ihrer Angehörigen zu übernehmen, nahmen Unstimmigkeiten und Ungerechtigkeiten sensibel wahr und hatten dabei in der Regel doch eine positive Sicht auf die Zukunft (vgl. Komparationstabelle in Anhang 4), wenn sie auch das Erreichen dieser positiven Zukunft oft eher vage beschrieben. Vor diesem Hintergrund sollen die folgenden Ausführungen verstanden werden. Bevor jedoch die inhaltlichen Aspekte diskutiert werden, soll zunächst eine kritische Reflexion der methodischen Aspekte der Studie erfolgen, da vor dem Hintergrund dieser Limitationen die inhaltlichen Ergebnisse verstanden werden müssen. [47]

5.1 Diskussion der methodischen Herangehensweise

Aufgrund der Neuartigkeit des Forschungsansatzes im Bereich der Verschwörungstheorieforschung ist von besonderem Interesse, inwieweit die Heidelberger Struktur-Lege-Technik zur Beschreibung von Verschwörungstheorien geeignet ist. Unsere Einschätzung hierzu sowie die gewählten Auswertungsstrategien werden im Folgenden zusammengefasst und diskutiert. [48]

5.1.1 Eignung der Heidelberger Struktur-Lege-Technik zur Untersuchung von Verschwörungstheorien

Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik ist durch ihr mehrstufiges Design eine zeitintensive Forschungsmethode. Für jede Person, die an der Studie teilnahm, mussten zwei Termine gefunden werden, die jeweils mindestens eine Stunde Zeit in Anspruch nahmen. Dies führte im Forschungsprozess dazu, dass einige Personen sich aufgrund des Aufwandes gegen eine Teilnahme entschieden. Insgesamt bedingte der hohe Zeitaufwand auch die kleine Stichprobe. Für weitere Erhebungen ist wünschenswert, eine insbesondere im Hinblick auf das Alter der Teilnehmer_innen heterogenere Stichprobe zur Verfügung zu haben und dementsprechend auch jüngere Teilnehmer_innen zu akquirieren. Die Erhebung der Theorien und das Erstellen der Modelle stellt außerdem natürlich Anforderungen an verbale und analytische Fähigkeiten, sodass der Bildungsstand einen signifikanten Einflussfaktor darstellen könnte. Für eine Überprüfung dieser Überlegungen erfüllte die vorliegende Stichprobe jedoch nicht die nötigen Anforderungen im Hinblick auf Repräsentativität. [49]

Es ist zudem wichtig, festzuhalten, dass das jeweilige subjektive Modell einen Status quo darstellt. Dies bedeutet einerseits, die berichteten Einstellungen als jederzeit veränderbar und adjustierbar anzusehen. Andererseits hat dies auch Implikationen dafür, welche Informationen aus den Interviews in den Modellen dargestellt sind und welche nicht: So ist ein Informationsverlust zwischen Interview und ausgewertetem Modell vor allem dort erkennbar, wo die Teilnehmer_innen über Entwicklungsprozesse hin zu ihrer subjektiven Theorie berichteten (z.B. persönliche Erlebnisse mit der Schulmedizin oder eigene Krankheitserfahrungen). Diese schlugen sich zwar in ihren Resultaten durchaus in den Modellen nieder, jedoch ließen sie sich nicht in ihrer Vollständigkeit zeigen. Eine Feinadjustierung der Auswertungsmethodik könnte möglicherweise den hier stattfindenden Informationsverlust teilweise ausgleichen. [50]

Die Methode kann aufgrund ihrer idiografischen Ausrichtung und der inhaltlichen Tiefe einen wertvollen ergänzenden Beitrag in einem Forschungsgebiet liefern, in dem vergleichbare Interviewverfahren bislang kaum genutzt werden (RAAB 2018). Gleichzeitig können so Forderungen nach mehr qualitativen und inhaltlich tiefergehenden Verfahren erfüllt werden, die schon seit Jahrzehnten in der Verschwörungstheorieforschung gestellt werden (GOERTZEL 1994), denen – mit Ausnahme der Arbeit von FRANKS et al. (2017) – bislang jedoch nur selten nachgekommen wurde. Für uns hatte die methodische Herangehensweise durchaus explorativen Charakter; uns war ein Anliegen, erste Erfahrungen in deren Anwendung zu sammeln und abzuwägen, in welchem Verhältnis der hohe zeitliche Aufwand zu den erzielten Ergebnissen und Erkenntnissen steht. Überzeugend war hier nicht nur die inhaltliche Tiefe, die durch die Methode erreicht werden konnte; vielmehr bietet der Ansatz auch die Chance für höhere Akzeptanz bei den Studienteilnehmer_innen. Diese finden sich in einem Forschungsprozess wieder, in dem sich Forschende Zeit nehmen, zuhören und in denen auch Nuancen und Details Gehör finden. Dies bietet das Potenzial, dass sich gerade Angehörige schwer zugänglicher und/oder stigmatisierter Zielgruppen ernst genommen fühlen. Die Rückmeldungen der Teilnehmer_innen deuten darauf hin, dass dieses Ziel durch die Dialog-Konsens-Methode erfüllt werden konnte. Zudem können mithilfe der Heidelberger Struktur-Lege-Technik kausale Zusammenhänge ebenso veranschaulicht werden wie übergeordnete Themen oder Annahmen – somit können mithilfe der Struktur-Lege-Modelle gerade widersprüchliche Forschungsergebnisse in ein neues Licht gerückt werden. Es ist durchaus vorstellbar, dass mit der Methode auch der Prozess der Entstehung einer bestimmten Sichtweise dargestellt werden kann. Denn auch über die Entwicklung einer eigenen Ansicht kann eine Person durchaus eine subjektive Theorie haben, es müssten lediglich die Fragestellungen im Interview angepasst werden. Die Methode wäre somit auch in weiteren Gebieten der Verschwörungstheorieforschung nutzbar. [51]

5.1.2 Beurteilung der Interrater_innen-Übereinstimmung und kritische Würdigung der vorgenommenen Auswertungsmethodik

Neben einer deskriptiven Darstellung der Modelle haben wir eine Inhaltsanalyse vorgenommen und hier zusätzlich zur Kodierung durch die Untersuchungsleiterin (welche naturgemäß mehr Hintergrundwissen zu den Modellen hatte) die Modelle von weiteren Kodierer_innen beurteilen lassen (vgl. Abschnitt 3.6). Dabei ergibt der Blick auf die einzelnen Kategorien, dass sich für einige Codes sehr gute Interrater_innen-Übereinstimmungen ergaben, vor allem für diejenigen, mit denen konkrete Beispiele und Erläuterungen kodiert wurden. Insbesondere die Restkategorien wiesen hingegen schlechte Übereinstimmungen auf. An dieser Stelle spielte der subjektive Entscheidungsspielraum der Kodierer_innen eine besonders entscheidende Rolle. Da dieser Punkt – nämlich die Verständlichkeit der finalen Modelle für außenstehende Dritte – von besonderem Interesse ist, wären erweiterte Auswertungskonzepte wünschenswert. Ein Beispiel könnte sein, die Modelle von unabhängigen Personen in eigenen Worten beschreiben zu lassen und erst diese Beschreibungen dann hinsichtlich ihrer Übereinstimmung zu vergleichen. Dabei würden letztlich die Komparationstabellen von unterschiedlichen Personen erstellt und miteinander verglichen. Dies würde – noch mehr als das Vorhandensein einer mangelhaften Übereinstimmung in einem bestimmten Code – verdeutlichen, an welchen Stellen die Modelle möglicherweise uneindeutig sind. [52]

Wie bereits in Abschnitt 3.6 angemerkt, ist für zukünftige Anwendungen der Methode im Bereich der Verschwörungstheorieforschung auch eine detailliertere Betrachtung der Strukturmerkmale der Modelle von Interesse – es ist augenscheinlich, dass sich die einzelnen Modelle beispielsweise in ihrer Komplexität voneinander unterschieden. Um diese Aspekte noch genauer beurteilen zu können, wäre jedoch die Bestimmung von Vergleichsmerkmalen im Vorfeld vonnöten. [53]

5.2 Inhaltliche Diskussion

Bei der inhaltlichen Diskussion orientieren wir uns an den im Vorfeld formulierten Fragestellungen (vgl. Abb.1): Worin unterscheiden sich subjektive Krankheitstheorien mit und ohne verschwörungstheoretische Elemente? Und: Welche Unterschiede zwischen Schulmedizin und alternativer Medizin nehmen die Studienteilnehmer_innen wahr? Im Sinne des explorativen Charakters der Studie wollen wir dabei auch auf Aspekte eingehen, die im Rahmen des Forschungsprozesses als relevante Einflussfaktoren identifiziert werden konnten. Entsprechend legen wir einerseits die Rolle von Verschwörungstheorien in den untersuchten Gesundheitstheorien zusammenfassend dar und richten andererseits den Blick auf den Zusammenhang von Verschwörungstheorien und individuellen Handlungsabsichten, da dies entscheidend vom Glauben an Verschwörungstheorien beeinflusst zu sein scheint. Als eine entscheidende Einflussvariable sehen wir die subjektiv wahrgenommene Kontrolle. [54]

5.2.1 Die Rolle von Verschwörungstheorien in subjektiven Theorien über Gesundheit und Krankheit

Der inhaltliche Fokus der Untersuchung lag auf der persönlichen Sicht der Studienteilnehmer_innen auf Gesundheit und Krankheit, sowie auf ihrer Einstellung zu schulmedizinischen vs. alternativmedizinischen Angeboten. Von Interesse war die Frage, aus welchen Gründen die Schulmedizin bei manchen Menschen kein Vertrauen (mehr) genoss, und welche Aspekte alternativmedizinische Angebote im Gegenzug attraktiver machten. Im Zusammenhang damit vermuteten wir, dass gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien im Narrativ alternativmedizinscher Ansätze eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Tatsächlich zeigten die Ergebnisse (vgl. Abschnitt 4.3), dass in allen untersuchten Theorien gesellschaftliche und politische Prozesse geschildert wurden. Diese enthielten in unterschiedlicher Intensität Elemente von Verschwörungstheorien. Angesichts der Popularität gesundheitsbezogener Verschwörungstheorien (STUBBERSFIELD et al. 2019) ist dieses Muster nicht überraschend, wenn man berücksichtigt, dass bereits das alleinige Vorhandensein extremer Erklärungen die eigene Sichtweise hin zur Verschwörungstheorie beeinflussen kann (RAAB, AUER, ORTLIEB & CARBON 2013). Die verschwörungstheoretischen Elemente, z.B. ein absichtsvoll schädigender Einfluss der Pharmaindustrie und/oder "Medizinmafia", wurden dabei vor allem mit der Schulmedizin in Verbindung gesetzt – in den Modellen überschnitten sich also "Cluster B: Schulmedizin" und "Cluster D: Gesellschaftliche Hintergründe und/oder Verschwörungstheorie". Was erfüllen nach Meinung der Studienteilnehmer_innen also alternativmedizinische Ansätze, was die Schulmedizin nicht leisten kann? Um diese Frage zu beantworten, sollen folgende drei zentrale Aussagen aus den untersuchten Theorien und unsere daraus abgeleiteten Annahmen diskutiert werden.

Für die Aufrechterhaltung von Gesundheit erachteten die Teilnehmer_innen insbesondere psychische Prozesse als entscheidend (vgl. Abschnitt 4.1). Gleichzeitig zeigen die Modelle, dass alternativmedizinischen Ansätzen die nachhaltige (Wieder-) Herstellung von seelischem Gleichgewicht zugeschrieben wurde (vgl. Abschnitt 4.2.1). Auch zwischenmenschliche Anteilnahme wurde als inhärenter Bestandteil alternativmedizinischer Angebote formuliert (vgl. Abschnitt 4.2.1). Ganz unabhängig von den Einflüssen auf das biologische Krankheitsgeschehen kann nach dieser These also die Ursache der Krankheit, nämlich ein seelisches Ungleichgewicht, Stress, Überlastung, unverarbeitete Traumata etc. angegangen und beseitigt werden. Die Diskrepanz besteht demnach zwischen der grundlegenden, am Individuum orientierten und ganzheitlichen Behandlung auch oder vor allem auf psychischer Ebene aufseiten der Alternativmedizin und der schnellen, unpersönlichen "Symptombekämpfung" durch die Schulmedizin. Die tatsächliche oder zugeschriebene Erfüllung grundlegender Bedürfnisse nach Erklärung, Sinn und zwischenmenschlicher Anteilnahme durch die alternative Medizin könnte eine grundlegende Rolle für eine Favorisierung alternativmedizinischer Angebote spielen. Hervorzuheben ist insbesondere der Aspekt der wahrgenommenen Kontrolle über eine Krankheit: Diese ist assoziiert mit psychischem Wohlbefinden und Vitalität und negativ korreliert mit psychologischem Distress (HAGGER & ORBELL 2003). Aus den untersuchten Theorien ergeben sich Hinweise darauf, dass bei gesundheitsbezogenen Narrativen der alternativen Medizin ein großer Teil der Verantwortung für die Gesundheit den Patient_innen zugeschrieben wird: Die eigene Denkweise und Einstellungen sowie nichtverarbeitete Traumata, aber auch Selbstheilungskräfte des Körpers galten als entscheidende Determinanten von Gesundheit und Krankheit (vgl. Abschnitt 4.1). Mit dieser Verantwortung wird den Patient_innen aber auch persönliche Kontrolle in die Hand gelegt: sei es durch die Ausübung eines theoriekonformen Lebensstils (vgl. z.B. Cluster C und D, Teilnehmer A.), die Durcharbeitung traumatischer Erfahrungen (vgl. Cluster C, Teilnehmerin C.) oder die Ausrichtung des Denkens auf Positives (vgl. Cluster C, Teilnehmerin D.) – das Krankheitsgeschehen wird dadurch als kontrollierbar oder zumindest beeinflussbar dargestellt. [56]

Dem Aspekt der wahrgenommenen Kontrolle kommt auch im Bereich der Verschwörungstheorien eine wichtige Rolle zu. Ein Mangel an wahrgenommener Kontrolle, gepaart mit Unsicherheit und/oder dem Gefühl von Hilflosigkeit steht in Zusammenhang mit dem Glauben an Verschwörungstheorien (VAN PROOIJEN & ACKER 2015; VAN PROOIJEN & JOSTMANN 2013). Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass Verschwörungstheorien dabei helfen können, ein Gefühl von Kontrolle und Sinnhaftigkeit zu bewahren oder herzustellen (NEWHEISER, FARIAS & TAUSCH 2011). Das Kontrollerleben könnte demnach ein entscheidender Einflussfaktor sein, der sowohl den Glauben an Verschwörungstheorien als auch die Hinwendung zu alternativmedizinischen Ansätzen mitbedingt. [57]

Eine interessante Rolle kam auch spirituellen Aspekten in den Theorien zu. In den subjektiven Theorien fast aller befragter Personen (mit Ausnahme von Tn F.) spielte Spiritualität eine entscheidende Rolle (vgl. Abschnitt 4.1). Dabei wurde stets das Vorhandensein einer wie auch immer gearteten höheren Macht (Energie, Gottheit, o.ä.) formuliert. Vorstellungen wie "Verbundenheit" mit "Universum, Energie und spiritueller Kraft" (Cluster C, Tn A.), "Resonanz" (Cluster C, Tn E.) oder ein "Schöpfer bzw. göttliches Wesen" (Cluster C, Tn D.) beeinflussen laut diesen Teilnehmer_innen Wohlbefinden und Gesundheit entscheidend. Gleichzeitig wurden in den Modellen die spirituellen Inhalte getrennt von gesellschaftlichen Problemen (Cluster D) dargestellt – die "kranke Gesellschaft" inklusive verschwörerischer Machenschaften ist hiernach Gegenstück oder gar Folge einer Entfremdung von der spirituellen Kraft. Entsprechend können ein "Erwachen" (Cluster C, Tn B.), dem "Weg des Herzens" zu folgen (Cluster C, Tn D.), "seelische Erfahrungen annehmen" (Cluster C, Tn C.) oder den "Geist auf Positives ausrichten" (Cluster C, Tn E.) helfen, Gesundheit zu erlangen oder aufrechtzuerhalten oder sogar die Welt zu einer besseren zu machen. Man könnte von zwei Polen sprechen: Verbundenheit, Spiritualität, Leben im Einklang und Gesundheit auf der einen Seite vs. Verschwörung, Korruption, Einflussnahme, Manipulation und Krankheit auf der anderen Seite. Die hohe Bedeutung spiritueller Inhalte kann auf Stichprobe und Themenkomplex zurückzuführen sein und würde sich möglicherweise im Kontext anderer subjektiver (Verschwörungs-) Theorien nicht genauso zeigen. Allerdings wurde die Bedeutung von spirituellen Inhalten oder Narrativen bereits in der Verschwörungstheorieforschung diskutiert. Beispielhaft sei hier auf die Arbeit von FRANKS, BANGERTER und BAUER (2013) verwiesen, in der Verschwörungstheorien als quasireligiöse Repräsentationen behandelt wurden. [58]

In Abschnitt 4.3 wurde bereits dargelegt, inwiefern sich verschwörungstheoretische Inhalte in den Theorien widerspiegelten. Von Bedeutung ist hier, dass negative gesellschaftspolitische Prozesse oder verschwörerische Machenschaften stets im Kontext mit Schulmedizin genannt wurden (vgl. Überschneidung der Cluster B und Cluster D in den Modellen, Anhang 3). Ob zuerst der Glaube an verschwörungstheoretische Inhalte da ist und die Hinwendung zu alternativmedizinischen Angeboten hierauf folgt; oder ob umgekehrt die Narrative alternativmedizinischer Angebote erste Impulse für den Glauben an Verschwörungstheorien geben, kann aus den vorliegenden Modellen nicht abschließend beantwortet werden. Es ist durchaus denkbar, dass die Abwendung von der Schulmedizin für manche Menschen eine Möglichkeit sein kann, sich dem wahrgenommenen Geflecht aus Verschwörungen und Korruption zu entziehen. Alle Teilnehmer_innen hatten in der Vergangenheit Schulmedizin genutzt und berichteten eines oder mehrere einschneidende Ereignisse, die zu einer Enttäuschung und einem – zumindest teilweisen – Bruch führten. Hierzu zählten vor allem eigene schwere und/oder chronische Erkrankungen oder das Erleben derselben bei nahestehenden Personen. Gleichzeitig fiel in den Interviews häufig die Bemerkung, dass man einzelnen Ärzt_innen keine schlechten Absichten unterstelle, diese aber beeinflusst seien von Pharmaindustrie oder einer Medizinmafia. Angesichts der schulmedizinischen Studienlage, bei der die Wirkung von verschiedenen alternativmedizinischen Verfahren in Zweifel gezogen wird, kommt den Narrativen der korrumpierten Pharmaindustrie und der Medizinmafia eine entscheidende Rolle zu, um wiederum diese Studien infrage zu stellen. Die Frage, ob die Hinwendung zu alternativer Medizin bei gleichzeitiger Abkehr von der Schulmedizin einen Einstieg in die Welt der Verschwörungstheorie darstellen kann, erfordert weitere Forschung. Die untersuchten Modelle ergeben in jedem Fall erste Hinweise darauf, dass ein komplexer Zusammenhang zwischen Alternativmedizin und gesundheitsbezogenen Verschwörungstheorien bestehen könnte. [59]

5.2.2 Zum Zusammenhang von Verschwörungstheorien mit Handlungsabsichten und der persönlichen Sicht auf die Zukunft: Die Rolle von Kontrollerleben

"Jeder ist seines Glückes Schmied. Früher, vor ein paar Jahren, als ich noch gedacht habe, boah, ich muss alle aufklären, ich muss denen alles sagen, ja... und mittlerweile habe ich festgestellt, Menschen glauben sowieso nur das, was sie glauben wollen, da kannst du reden, was du willst. Und ich lass das einfach jedem. Das liegt im Verantwortungsbereich des einzelnen selber. Da häng ich mich nicht rein" (Interview, Studienteilnehmerin B.).

Die beiden Teilnehmer_innen, deren subjektive Theorien kaum von verschwörungstheoretischen Elementen gekennzeichnet waren, nämlich Teilnehmer A. und Teilnehmerin F., waren gleichzeitig diejenigen, welche politisch aktiv und ehrenamtlich engagiert waren. Die anderen Teilnehmer_innen berichteten zwar, dass sie ihr Leben nach ihren Überzeugungen und Annahmen ausrichteten, jedoch nicht auf politischer oder gesellschaftlicher Ebene aktiv seien, wie das vorangestellte Zitat von B. illustriert. Teilnehmer A. und Teilnehmerin F. unterscheiden sich jedoch nicht von den anderen in Bezug auf ihre tendenziell positive Sicht auf die Zukunft (vgl. Komparationstabelle, Anhang 4). [60]

Es ist durchaus denkbar, dass auch an dieser Stelle das persönliche Kontrollerleben den Zusammenhang beeinflusst, allerdings scheint dieser komplex. Im vorherigen Abschnitt wurde bereits dargelegt, dass das Bedürfnis, ein Gefühl von Kontrolle zu erlangen, die Hinwendung zu alternativmedizinischen Ansätzen bedingen könnte. Hierauf deuten bereits frühere Forschungsergebnisse hin, in denen der Zusammenhang von der Nutzung alternativmedizinischer Angebote und dem locus of control untersucht wurde (EBEL et al. 2015; SASAGAWA, MARTZEN, KELLEHER & WENNER 2008; SYNOVITZ, GILLAN, WOOD, NORDNESS & KELLY 2006). Auch ein Zusammenhang mit dem Glauben an Verschwörungstheorien wurde aufgezeigt, allerdings ist dieser auf den ersten Blick durchaus paradox: Schließlich bedeutet der Glaube an eine mächtige, im Verborgen handelnden Instanz zunächst einmal, dass Kontrolle anderen zugeschrieben und die eigene Kontrolle somit geschmälert wird. Ähnliches gilt auch für den bereits beschriebenen Einfluss spiritueller Aspekte: Auch hier wird die Kontrolle einer übermenschlichen Instanz zugeschrieben. Auf den zweiten Blick ist aber zu sehen: In beiden Fällen existieren nun zumindest eine Erklärung und eine Instanz, gegen die sich wahlweise Aktionen richten können, derer man sich erwehren, denen man sich entziehen oder – im Falle der Spiritualität – der gegenüber man sich zugewandt verhalten kann. Zu wissen, womit man es zu tun hat, ist sowohl im Hinblick auf gesundheitsbezogene Themen als auch bei gesellschaftlichen Problemen vielleicht der erste Schritt, um Handlungsmöglichkeiten zurückzugewinnen. Für Personen, die an ein weites Netz aus Verschwörungstheorien glauben, könnte das bedeuten, dass sich die Handlung und Handlungsabsicht dann womöglich nicht (mehr) in gesellschaftlichem oder politischem Engagement zeigen, sehr wohl aber im Versuch einer Verbesserung der eigenen Situation im Privaten – zum Beispiel in einer Abwendung von der "korrumpierten" Schulmedizin. Hier könnte auch eine Parallele zu empirischen Befunden bestehen, nach denen die Präsentation von Verschwörungstheorien das politische Engagement schmälert (JOLLEY & DOUGLAS 2014b), obgleich nach der Studie von SWAMI et al. (2011) demokratische Prinzipien durchaus hochgehalten werden können. Vorstellbar ist vor diesem Hintergrund, dass also die betreffenden Personen zwar an demokratische Prinzipien glauben, gleichzeitig Politik und Gesellschaft jedoch für so gravierend unterwandert und beschädigt halten, dass sie ein Engagement auf dieser Ebene nicht aussichtsreich oder sogar gefährlich finden. Gleichzeitig zeigten gerade die Ereignisse des Jahres 2020 mit großen Demonstrationen der sogenannten Querdenker-Bewegung in Deutschland oder auch die Vernetzung von Eltern gegen die Maskenpflicht im Unterricht, dass sich hier durchaus verschiedene Gruppierungen mobilisieren und öffentlichen politischen Protest sowohl im Internet als auch auf den Straßen zeigen. Hierbei können Verschwörungstheorien eine zentrale Rolle spielen (IMHOFF & LAMBERTY 2020). [61]

Das vielseitige Bild politischen Engagements und der Einfluss von Verschwörungstheorien hierauf verdeutlicht nach unserem Dafürhalten, dass die Forschung zu Verschwörungstheorien mehr Studien braucht, deren Teilnehmer_innen sich wirklich mit den benannten Theorien identifizieren und nicht (nur) mit entsprechenden verschwörungsbezogenen Statements konfrontiert werden – so können die Prozesse und Formen politischen Engagements in Zusammenhang mit dem Glauben an Verschwörungstheorien differenzierter beleuchtet und Veränderungsprozesse präziser nachverfolgt werden.

"Ich glaube schon, dass es sich langfristig verbessern wird oder dass wir uns von dem befreien können, aber ... bis wir dahin kommen. Also, ob ich es noch erlebe, ich weiß es nicht und wenn, ob ich es überlebe, das ist dann wieder die andere Frage, ja. Aber im Großen und Ganzen denke ich doch, hoffe ich doch, ja. Weil die Menschen einfach bewusster werden" (Interview, Studienteilnehmerin B.). [62]

6. Resümee

Was von so existenzieller Bedeutung ist wie die eigene Gesundheit oder von so vielen Menschen genutzt wird wie die alternative Medizin, kann mit pauschalen Aussagen nur unzureichend beschrieben werden. Die Beweggründe und Geschichten jeder einzelnen Person, die für diese Studie Rede und Antwort gestanden hat, zeichnen jeweils einen individuellen Weg und Entwicklungsprozess. Sicherlich konnte nicht jeder relevante Aspekt ihrer Schilderungen in der Auswertung Betrachtung finden, denn naturgemäß gehen im Prozess des Vergleichens und Zusammenfassens Details verloren. Dennoch kann mithilfe der genutzten Methode ein komplexes Bild der untersuchten subjektiven Theorien vermittelt werden. [63]

Zentral für die Hinwendung zu alternativmedizinischen Ansätzen ist die Suche nach einer Medizin, in der psychische Prozesse, aber auch spirituelle Aspekte Berücksichtigung finden. Neben dieser Erfüllung grundlegender menschlicher Bedürfnisse – die an manchen Stellen die Alternativmedizin tatsächlich oder vermeintlich besser erfüllen kann – konnten wir aber auch weitere Einflussfaktoren identifizieren: So sehen wir durchaus Hinweise darauf, dass gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien ein inhärenter Bestandteil mancher (subjektiver) alternativmedizinischer Narrative sind. Ein entscheidender Faktor könnte hier die wahrgenommene Kontrolle sein. Diese Ergebnisse sind für mögliche weitere Forschung im Bereich der Verschwörungstheorien von Bedeutung. Nach unseren Ergebnissen sind Verschwörungstheorien mitnichten inkohärent oder in sich widersprüchlich (wenn auch durchaus die Vorannahmen grundlegend falsch sein können). Vielmehr handelt es sich um elaborierte Theorien, die – und dies ist ein entscheidender Punkt – eingebettet sind in einen größeren inhaltlichen Kontext. So waren im Falle unserer Untersuchung die verschwörungstheoretischen Inhalte Bestandteil von Theorien über übergeordnete Themen (hier: Gesundheit und Medizin). Dies erfordert auch, dass den strukturellen Merkmalen und der inhaltlichen Einbettung von Verschwörungstheorien in der Forschung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Dialog-Konsens-Verfahren wie die Heidelberger Struktur-Lege-Technik können hier sinnvolle Methoden sein. "Zeit nehmen und zuhören" – dieser Wunsch an die Schulmedizin mag auch für die Wissenschaft zutreffen. [64]

Zu Beginn der Arbeit wurde der Begriff Verschwörungstheorie möglichst wertfrei definiert und auch entsprechend verwendet. Schließlich war es nicht unser Ziel, den Wahrheitsgehalt der besprochenen Theorien zu prüfen. Vielmehr sollte es darum gehen, deren Struktur darzulegen. Nichtsdestotrotz ist bei der Untersuchung eines so kontroversen Themas wesentlich, zu den besprochenen und dargelegten Theorien kritisch Stellung zu beziehen. Zunächst einmal gilt es, anzuerkennen, dass das Infragestellen vermeintlicher Wahrheiten oder offizieller Erklärungen ein durchaus probates Mittel gesellschaftlichen Diskurses sein kann. Der Glaube an Verschwörungstheorien ist nicht per se als etwas Negatives zu betrachten (RAAB et al. 2017) oder zu diskreditieren, vielmehr handelt es sich um ein weit verbreitetes und alltägliches Phänomen. Gleichzeitig muss aber Sensibilität dafür geschaffen werden, dass gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien ebenso wie die Hinwendung zu medizinischen Verfahren, deren Wirkung aus Sicht der Schulmedizin bislang nicht wissenschaftlich belegt ist7), durchaus Gefahren bergen können – auf die Einschätzung der WHO zu Impfgegner_innenschaft wurde in der Einleitung bereits verwiesen. [65]

Diese möglichen Risiken rechtfertigen zum einen die Notwendigkeit, weiterhin zugrundeliegende (psychologische) Faktoren und Zusammenhänge zu untersuchen. Zum anderen aber erfordern sie Überlegungen darüber, wie diesen Risiken begegnet werden kann. Dabei werden auch von Ärzt_innen unterschiedliche Ansätze und Strategien verfolgt, wie hier nur beispielhaft an der Diskussion zur Zusatzbezeichnung Homöopathie dargestellt werden soll: Während beispielsweise der Münsteraner Kreis8) deren Abschaffung fordert und auf fehlende wissenschaftliche Belege verweist, sprach sich der Präsident der Bundesärztekammer, MONTGOMERY, für eine eher komplementäre Sichtweise aus9), wobei er auf die Notwendigkeit verwies, die Grenzen alternativmedizinischer Verfahren im Blick zu behalten. Unsere Ergebnisse zeigen dabei, warum diese Debatten oft so leidenschaftlich und auch kompromisslos geführt werden: Bei unseren Teilnehmer_innen war die Alternativmedizin eingebettet in ein differenziertes Überzeugungssystem, bei dem über die Gesundheit hinaus der Stellenwert persönlicher Verantwortung mitverhandelt wurde. Eine Abwertung der Alternativmedizin könnte dementsprechend als Angriff auf die eigene Kompetenz empfunden werden. Auch ist zu bedenken, dass die von uns Befragten nicht das Idealbild einer wissenschaftlich orientierten Medizin ablehnten, sondern die aus ihrer Sicht unzureichende tatsächliche Umsetzung, die sich beispielsweise im Einfluss der Pharmaindustrie zeige. [66]

Einige Aspekte, die die Hinwendung zu alternativmedizinischen Methoden mitbeeinflussen, haben gesellschaftliche Tragweite, so etwa, wenn die psychische Komponente körperlicher Erkrankungen im aktuellen Gesundheitswesen zu wenig Beachtung findet. Eine größere Beachtung könnte hier einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, das Vertrauen in die Schulmedizin zu erhalten oder in Teilen wiederherzustellen. Gleichzeitig sind viele Verschwörungstheorien nicht aus der Luft gegriffen: Es gab und gibt immer wieder Skandale, in die pharmazeutische Unternehmen verwickelt sind. Eine glaubhafte juristische und politische Aufarbeitung dieser Vorgänge sollte selbstverständlich sein. [67]

Doch auch wenn solche – durchaus weitreichenden – Veränderungen und Verbesserungen erfolgen würden: Wie kann und soll man mit Personen umgehen, die ein so tiefes Misstrauen gegenüber der wissenschaftlich orientierten Medizin hegen, dass sie sich einer schulmedizinischen Behandlung verweigern? Die von uns untersuchten Theorien waren zum größten Teil hoch elaboriert und basierten auf teils jahrelangen Recherchen der Studienteilnehmer_innen (wenn auch die Quellen dieser Recherche sicherlich teilweise kritikwürdig waren). Gegen "einfache" Gegenargumente sind diese Theorien wahrscheinlich gefeit. Das Misstrauen in Medien und Wissenschaft ist teilweise so gravierend, dass die gemeinsame Argumentationsbasis fehlt. Die einen misstrauen schulmedizinischer Forschung, weil sie annehmen, dass diese von der Pharmaindustrie gekauft ist, die anderen lehnen "alternative" Quellen ab, weil diese als unwissenschaftlich gelten. Daraus resultiert geradezu eine Sprachlosigkeit. Wenn wir es auch als Aufgabe der Wissenschaft begreifen, ihre Erkenntnisse zu vermitteln und zum Wohl der Allgemeinheit nutzbar zu machen, dann kann und muss es ihr auch ein Anliegen sein, Vertrauen wiederherzustellen und einen Dialog zu suchen. Entscheidend hierfür ist, sich auch um Zugänge zu vermeintlich schwer erreichbaren Zielgruppen zu bemühen und die Forschung somit an den Personen auszurichten, die sich tatsächlich mit bestimmten Verschwörungstheorien identifizieren. Dies gilt für den Bereich Gesundheit und Krankheit, aber ebenso natürlich für stärker politisch orientierte Verschwörungstheorien. [68]

Ein Verstehen der Komplexität der untersuchten Theorien und der inhaltlichen und gefühlsmäßigen Einbindung in größere Glaubenssätze ist entscheidend, um das Phänomen Verschwörungstheorien besser erfassen zu können. Dann können deren problematische Aspekte ehrlicher und präziser benannt und adressiert werden, ohne zur Stigmatisierung von Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, beizutragen. Forschungsethische und forschungspraktische Überlegungen, wie sie den Dialog-Konsens-Verfahren und auch dieser Arbeit zugrunde liegen, können hierbei einen Startpunkt bilden. Gerade aus Perspektive der narrativen Psychologie eröffnen sich auch Möglichkeiten der Veränderbarkeit: Geschichten können neu erzählt werden, und subjektive Theorien sind mitnichten als statisch zu betrachten (SCHEELE & GROEBEN 1988). Aufschlussreich wären vor diesem Hintergrund Forschungsarbeiten, in denen Menschen in den Fokus genommen werden, die sich früher an Verschwörungstheorien glaubten, diese jedoch inzwischen ablehnen bzw. ihre Sichtweise diesbezüglich geändert haben. So könnten Einflussfaktoren und Bedingungen der Veränderung subjektiver Theorien identifiziert und schlussendlich Vorschläge abgeleitet werden, wie problematischen Aspekten gesundheitsbezogener Verschwörungstheorien begegnet werden kann. Darin sehen wir eine große Herausforderung. Zumindest in unserer Stichprobe gab es eben keine naive Dichotomie zwischen Schul- und Alternativmedizin. Bei einer Gegenüberstellung der beiden Ausrichtungen besteht also die Gefahr, einen Gegensatz zu finden, den Forschende_r selbst erst herangetragen haben. Die große Stärke der Struktur-Lege-Technik ist, dass mit ihr die Komplexität der subjektiven Theorien aufgegriffen und über das Konsens-Verfahren deren Inhalte herausarbeitet und validiert werden. [69]

7. Nachtrag: gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien in Zeiten der Corona-Pandemie

Ein knappes Jahr nach der Erhebung für diese Studie war die Welt fest im Griff eines neuartigen Coronavirus, SARS-CoV-2, welches die schwere Lungenerkrankung Covid-19 auslösen kann. In der Bundesrepublik Deutschland galten – ebenso wie in zahlreichen anderen Staaten – Kontaktbeschränkungen, und es resultierten massive Einschränkungen im Alltag der meisten Bürger_innen. Wir erlebten somit ein Geschehen unbekannten Ausmaßes, in dem die wahrgenommene Kontrolle teilweise stark beeinträchtigt war und schuldige Akteur_innen nicht ohne weiteres ausgemacht werden konnten. Gleichzeitig rief die Situation bei vielen Menschen existenzielle gesundheitliche und wirtschaftliche Ängste hervor. [70]

Uns interessierte, wie die Teilnehmer_innen unserer Studie auf diese Umstände reagierten und ob und wenn ja wie diese Extremsituation die subjektiven Theorien womöglich herausforderte oder veränderte. Während der ersten drei Wochen der in Bayern geltenden Ausgangsbeschränkungen (Mitte April 2020) konnten wir vier der in der Studie interviewten Personen noch einmal kontaktieren10) und stellten ihnen per E-Mail folgende zwei Fragen:

Die Antworten der Teilnehmer_innen wollen wir im Folgenden für sich selbst sprechen lassen und jeweils nur eine kurze Einordnung voranstellen, die sich insbesondere auf die in Abschnitt 4.3 beschriebenen Erkenntnisse bezieht. In seiner Theorie hatte Teilnehmer A. die Naturverbundenheit und Spiritualität des Menschen einem kapitalistischen System gegenübergestellt, welches zu Krankheit und Missständen führte. Kapitalismuskritik war somit zentrales Element seiner Theorie. Gleichzeitig hatte er Zuversicht geäußert, dass durch ein Vorleben alternativer Lebensmodelle eine Besserung der Umstände erreicht werden könne. Zur Corona-Pandemie äußerte sich A. wie folgt:

"[...] Nein, von Covid-19 fühle ich mich nicht bedroht, ich denke, es ist wie eine normale Grippe, die sich sehr schnell verbreitet und das ist bei unserem Gesundheitssystem, das mit Sparmaßnahmen zusammengeschrumpft wurde, das eigentliche Problem. Mit den Vorsichtsmaßnahmen, Abstand halten, denke ich, ist es kein Problem, und für die Natur hätte nichts Besseres passieren können. Ich denke aber auch, dass Gefährdete besser geschützt werden müssen, und da fallen Kosten an für Abstandhalter (räumliche Enge), Reinigung usw.

[...] Mir macht es Angst, dass der Staat so schnell das Grundgesetz aushebelt und die Grundrechte radikal einschränken kann. Wenn normalerweise 2.600 Menschen (von 83.000.000) sterben und unter Corona mit all den Maßnahmen bis heute [gemeint ist der 14. April 2020] genauso viele (2.600 Menschen) gestorben sind und die sich meist noch auf bestimmte Seniorenheime konzentrieren, denke ich, dass die Maßnahmen übertrieben sind und vor allem die verhängten Bußgelder. Im Grund werden fast alle Corona bekommen und von Halsschmerzen bis zu Fieber Auswirkungen haben, sodass die Frage gestellt werden muss, wie gezielt Menschen, die anfällig sind, geschützt werden können. Die Hoffnung, dass Menschen mal nachdenken, was denn wirklich wichtig im Leben ist, ist daher wieder da" (Rückmeldung, Teilnehmer A.).11) [72]

Teilnehmerin B. hatte ein Netzwerk von sich in schlechter Absicht verschwörenden Institutionen geschildert und die Möglichkeit einer angestrebten "neuen Weltordnung" nicht ausgeschlossen. Das sagte B. zur Corona-Pandemie:

"Nein, ich fühle mich durch Covid-19 bzw. das Virus nicht bedroht. Ich habe 2009 H1N1 [gemeint ist das Influenza-A-Virus H1N1, gemeinhin auch als "Schweinegrippe" bekannt] ohne die entsprechenden Medikamente überlebt inkl. später auftretender Lungenentzündung, und auch die Grippewelle 2017/18 mit 25.000 Toten durfte ich mit einer Influenza A+B überleben. Dauerte zwar 3 Wochen und war heftig ..., aber ging ohne Chemie ebenfalls vorüber.

Von daher habe ich auch vor ein paar Coronaviren keine Angst und werde mich definitiv auch weiterhin NICHT irgendwann impfen lassen. Bedroht fühle ich mich höchstens durch solche Eugeniker wie Bill Gates.

Naja, Politik – dazu sage ich vielleicht besser nichts. Kann diesen Verein in der BRD schon lange nicht mehr ernst nehmen. Wir leben in politischen Umbruchzeiten und das ist gut so. Und Corona wird, denke ich, nicht mehr allzu lange ein Thema sein. Und nebenbei, CDL [Chlor-Dioxid-Lösung] killt jeden Virus, Bakterien, Pilze etc. Von daher bin ich völlig entspannt und schaue mir das weltweite Schauspiel einfach nur an und verfolge die Hintergrundthematik. [...] Die wirtschaftlichen / finanziellen Folgen werden zwar verheerend sein, aber das waren sie vorher auch schon – und dank Corona hat man ja jetzt zumindest den perfekten Schuldigen für den Crash gefunden" (Rückmeldung, Teilnehmerin B.). [73]

Auch Teilnehmerin C. hatte verschwörungstheoretische Elemente vor allem in Kontext ihrer Kapitalismuskritik beschrieben, allerdings keine dahinterstehende kontrollierende Instanz benannt und sich somit in diesem Punkt von B. und E. unterschieden. Die folgende Aussage traf sie zur Corona-Pandemie:

"Zu dem Thema könnte ich dir Antworten im Umfang einer Masterarbeit schreiben ;-)

Ich fühle mich NICHT durch das Virus bedroht, sondern durch unseren Staat und noch mehr durch Organisationen wie die WHO und Personen wie Bill Gates.

Die Maßnahmen des Staates sind nicht das Problem. Eher das Verhalten der Presse und die Anweisungen und Meinungen der Experten HINTER den Maßnahmen des Staates.

Du siehst REINE Verschwörungstheorie ...

Und das Allerschlimmste ist, wie mit Meinungen von Andersdenkenden umgegangen wird. Personen, die durchaus mehr medizinisches Wissen und Erfahrung haben oder auch juristisches oder wirtschaftliches Wissen als ein Herr Spahn oder eine Frau Merkel oder ein Herr Wieler, werden plötzlich zu Verschwörungstheoretikern und Fake-News-Verbreitern. Ihnen werden die Webseiten gesperrt oder sie landen sogar in der Psychiatrie. In den öffentlichen Medien werden ALLE anderen Ansichten komplett ausgeblendet. Da fragt man sich schon, was das für eine Art von Demokratie ist? Und es ist ja nicht so, dass es keine andere Meinung gäbe! Das Virus wird sich in ein paar Wochen zu den anderen vermeintlichen Bedrohungen gesellen. Aber der Schaden, der durch die Maßnahmen angerichtet wurde, ist noch nicht absehbar" (Rückmeldung, Teilnehmerin C.). [74]

Im Vordergrund der subjektiven Theorie von D. hatten spirituelle Elemente gestanden, welche eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Wohlergehen spielten und in der heutigen Zeit nicht immer ausreichend Beachtung fänden. Verschwörungstheorien hatte sie eher randständig geschildert. Zur Corona-Pandemie äußerte sich D. wie folgt:

"Ich empfinde, dass viele Menschen in der Angst sind und nicht wissen, wie sie damit konstruktiv im Sinne einer Transformation umgehen können, und so gibt es etliche, die sich von sich selber ablenken. Ich sehe auch viel Solidarität aufkommen, die Menschen besinnen sich auf das, was wirklich wichtig im Leben ist, auf Mitgefühl, Respekt, Liebe, Miteinander, eine Menschheit sein, diese inneren Werte, die für jeden anders sind, kommen stärker in den Fokus. Ich sehe viel Lichtvolles, sogar im Mainstream-Radio z.B. die Wiederholung des Satzes: Gemeinsam schaffen wie das.

Ich denke, dass die Pandemie uns dadurch, dass sie alle Menschen dieser Erde betrifft, zusammenbringt.

Es steckt ein enormes Potenzial für die Menschheit in diesem Reset von unserer Normalität, von der ja jeder wusste, dass unser Dasein auf Mutter Erde, unsere Heimat, nicht so weitergehen konnte, nur keiner hat den AUS-Knopf gefunden.
Dieses Anhalten/Angehalten werden bringt die Möglichkeit für jeden Menschen, alles zu ändern. Ich empfinde auch eine große wohltuende Stille in der Menschheit.

Ich fühle mich durch das Virus nicht sehr bedroht, weiß ich doch, dass ein Immunsystem nur gut funktionieren kann, wenn ich nicht im Angriff-Flucht-Starre-Modus bin. Also lasse ich es mir gut gehen so gut ich kann, sorge gut für Entspannung, Freude, frische Luft ... das ist keine Garantie, für den Rest ist Vertrauen gut.

Die angesagten Maßnahmen der Regierung finde ich sinnvoll, alle improvisieren jetzt, da es keine Erfahrungswerte gibt, so sieht es z.B. von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich aus, das finde ich ok.

Ich denke, dass ein ständiges Kritisieren und damit ja es angeblich besser zu wissen, aber ohne in irgendeine Handlung zu gehen, also nur des Nörgels willen, das ist wenig bis gar nicht hilfreich, sogar kontraproduktiv für den/die Nörgle/rin, damit bleibt der Mensch im Opferbewusstsein. Ich kann aus meiner Warte von Zuhause sowieso nicht nachvollziehen, welche Nachricht denn nun gerade richtig oder falsch ist" (Rückmeldung, Teilnehmerin D.). [75]

Keine der vier Teilnehmer_innen fühlte sich also durch SARS-CoV-2 bedroht, was eine hohe gesundheitsbezogene Kontrollüberzeugung nahelegt. Teilnehmerin D. erachtete im Gegensatz zu den anderen Teilnehmer_innen die politischen Maßnahmen als sinnvoll und äußerte Verständnis für Improvisation und daraus resultierende Unterschiede in diesen Maßnahmen. Ursachen, Kontext und Blick auf die Zukunft wurden von allen konkordant zu ihrer subjektiven Theorie beschrieben, was für die zeitliche Stabilität dieser Theorien spricht (zwischen der ersten Erhebung und unserer Nachfrage verging knapp ein Jahr) und auch für die prädiktive Kraft der Theorien im Umgang mit neuen Situationen. Der Begriff der Theorie als Erklärungssystem mit Vorhersagekraft – aus der subjektiven Sicht dieser Teilnehmer_innen – war also gerechtfertigt. [76]

Subjektive Theorien sind anpassungsfähig und können auch weitreichende – und für viele Menschen beängstigende – Ereignisse wie die weltweite Corona-Pandemie sinnvoll integrieren. Von entsprechend hohem Interesse wären auch längsschnittliche Erhebungen, um die Entwicklung subjektiver Theorien – beziehungsweise mögliche Veränderungen in den Struktur-Lege-Modellen – darzustellen. Gleichzeitig folgt aus unserer Studie, dass die zur Corona-Pandemie verbreiteten Verschwörungstheorien, welche große mediale Aufmerksamkeit erhalten, nicht aus dem Nichts heraus entstanden sind. Vielmehr spielten die Inhalte dieser Verschwörungstheorien bereits zuvor in den subjektiven Krankheitstheorien der Befragten eine Rolle. [77]

Insoweit kann angenommen werden, dass viele der Menschen, die jetzt auf sogenannten "Hygienedemos" zu finden sind, nicht einer plötzlichen Eingebung folgen, sondern Schlüsse aus ihren jahrelang geformten subjektiven Theorien ziehen. Die detaillierte Betrachtung dieser subjektiven Theorien kann dabei zugrundeliegende Themenkomplexe herausarbeiten helfen, die möglicherweise auch Erklärungsansätze für scheinbar widersprüchliche Phänomene liefern. So wird aktuell die Präsenz rechter und rechtsextremer Gesinnung und Symbolik auf den Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen diskutiert; ebenso aber auch die Präsenz linker Gruppierungen und vieler weiterer gesellschaftlicher und politischer Strömungen – "Zwischen Hippies und Neonazis" titelte die Süddeutsche Zeitung (HEIDTMANN 2020), und diese wahrgenommene Widersprüchlichkeit sorgt für breite mediale und politische Debatten. Für unsere Teilnehmer_innen war das Thema Gesundheit stark und differenziert verknüpft mit der Rolle des Staates, möglichen verborgenen Einflüssen, und vor allem auch mit der Rolle der persönlichen Verantwortung. Aus dieser Perspektive ist es nicht verwunderlich, dass auf diesen Demonstrationen eine politisch bunte Mischung (inklusive der extremen Ausprägungen) zu finden ist. [78]

Die Tiefe der grundlegenden subjektiven Theorien anzuerkennen ist notwendig, um Elemente und Einflussfaktoren zu identifizieren und so Ansätze zu finden, um möglicherweise (wieder) zu einer gemeinsamen Diskussionsgrundlage zu finden und den sehr realen Gefahren solcher Verschwörungstheorien langfristig etwas entgegenstellen zu können. Dabei zeigen erste Studien zu Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Covid-19 bereits Hinweise, dass der Glaube an solche Verschwörungstheorien die Compliance zu vorsorgenden Maßnahmen schmälert (BANAI, BANAI & MIKLOUŠIĆ 2020). Auch wurde gezeigt, dass Vertrauen in die Wissenschaft einen relevanten Einflussfaktor für das pandemiebezogene (Risiko-) Verhalten darstellt (PLOHL & MUSIL 2020). Dies bekräftigt unsere Argumentation, dass es – gerade auch in der Verschwörungstheorieforschung – essenziell ist, Forschungsansätze zu nutzen, die eine höhere Akzeptanz in der Zielgruppe erreichen. So kann nicht nur ein besserer Zugang ermöglicht werden, sondern es können möglicherweise sogar Vorbehalte gegenüber dem Forschungsbetrieb abgebaut werden. [79]

Anhang 1: Struktur-Lege-Leitfaden

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Anhang 2: Interviewleitfaden: subjektive Theorien zu Krankheit und Heilung

Vorbemerkungen

Erläuterung des Vorgehens

Vertraulichkeit und Datenschutz

Aufzeichnung des Interviews

Klären offener Fragen

Persönliche Informationen

Ich möchte heute mit Ihnen über Ihre Sichtweise auf die Entstehung, Aufrechterhaltung und Gefährdung von Gesundheit reden. Es geht dabei um Ihre ganz persönliche, subjektive Theorie darüber. Zunächst möchte ich Ihnen einige Fragen zu Ihrer Person stellen.

Wie alt sind Sie?

Was ist ihr beruflicher Hintergrund?

Waren oder sind Sie im medizinischen Bereich tätig?

Gibt es sonst noch etwas, das ich über Sie wissen sollte?

Allgemeine Fragen

Ich möchte Ihnen nun zuerst einige sehr offene Fragen stellen. Geben Sie mir bitte eine erste Einschätzung bzw. persönliche Meinung dazu; im weiteren Verlauf des Gesprächs werden Sie natürlich Gelegenheit haben, diese Antworten noch zu spezifizieren.

Wie stehen Sie zur klassischen Schulmedizin?

Wie stehen Sie zu alternativmedizinischen Ansätzen?

Schließen sich diese Ansätze Ihrer Meinung nach gegenseitig aus?

Was ist das Wichtigste, damit ein Mensch gesund bleibt?

Was ist ihrer Meinung nach für Menschen in der heutigen Zeit das größte Gesundheitsrisiko?

Wie können Menschen sich davor schützen?

Spezifische Fragen zu den sechs Kernthemen

Nun möchte ich Ihnen noch weitere Fragen stellen, die mir ermöglichen sollen, noch ein genaueres Bild von ihrer Sichtweise zu erhalten.

1. Die Sicht auf die Realität

Wie kommen Sie zu Ihrer gerade geschilderten Sichtweise?

Welche Belege bzw. Hinweise sehen Sie dafür?

2. Die Sicht auf sich selbst

Gab es in Ihrem Leben bestimmte Ereignisse, die Ihre Sichtweise deutlich verändert haben?

Wie gestaltete sich Ihr Weg hin zur (Theorie X)?

3. Die Einstellung gegenüber der Outgroup

Wie verhalten Sie sich Menschen gegenüber, die nicht an (Theorie X) glauben oder diese sogar ablehnen?

Glauben Sie, es gibt Personen oder Institutionen, die gezielt dafür sorgen, dass über (Theorie X) nicht mehr gesprochen wird oder sich an (Zustand X) nichts ändert?

4. Die Einstellung gegenüber der Ingroup

Sind Sie vernetzt mit Menschen, die auch (Theorie X) haben?

Inwiefern haben diese Ihre Sichtweise beeinflusst?

Gibt es Menschen, die Sie in Bezug auf (Theorie X) als Vorbilder bezeichnen würden?

5. Handlungen und Handlungsabsichten

Engagieren Sie sich politisch bzw. gesellschaftlich?

Engagieren Sie sich im Zusammenhang mit (Theorie x)?

6. Sicht auf die Zukunft / Zukunftsperspektiven

Glauben Sie vor dem Hintergrund von (Theorie X) an eine bessere Zukunft bzw. dass sich (Zustand X) zum Positiven ändern kann? Wenn nein, warum? Wenn ja, wie?

Wenn ja, wen sehen Sie hierfür in der Verantwortung?

Schlussbemerkungen

Ich danke Ihnen für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.

Gibt es noch etwas, das Sie hinzufügen möchten?

Haben Sie Ihrerseits noch offene Fragen?

Anhang 3: Struktur-Lege-Modelle



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Anhang 4: Ausführliche Komparationstabellen

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Anhang 5: Komparationstabellen nach Schlagwörtern

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Anhang 6: Kodiersysteme

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Anhang 7: Kodierung der Untersuchungsleiterin

Code

 

 

SLT A

SLT B

SLT C

SLT D

SLT E

SLT F

Summe

1

1.1

1.1.1

1

 

1

 

1

 

3

 

 

1.1.2

 

1

2

 

 

 

3

 

 

1.1.3

 

 

1

 

 

 

1

 

 

1.1.4

1

 

1

1

 

 

3

 

 

1.1.5

1

 

 

 

 

 

1

 

 

1.1.6

 

 

1

 

 

 

1

 

 

1.1.7

 

 

1

1

 

 

2

 

 

1.1.8

1

 

2

4

 

1

8

 

1.2

 

 

 

 

 

1

1

2

 

1.3

1.3.1

 

 

1

 

 

1

2

 

 

1.3.2

1

 

1

 

 

1

3

 

 

1.3.3

 

1

 

1

 

 

2

 

 

1.3.4

 

 

 

1

 

 

1

 

 

1.3.5

 

1

1

1

1

 

4

2

2.1

2.1.1

 

 

1

1

1

 

3

 

 

2.1.2

 

 

1

1

 

 

2

 

 

2.1.3

1

 

 

 

1

 

2

 

 

2.1.4

1

 

 

 

1

2

4

 

2.2

2.2.1

1

1

1

1

 

 

4

 

 

2.2.2

 

1

2

 

 

2

5

 

 

2.2.3

1

 

 

 

 

 

1

 

 

2.2.4

1

1

 

 

 

1

3

3

3.1

 

5

3

5

7

3

2

25

 

3.2

 

3

3

3

 

3

2

14

 

3.3.

 

4

3

3

5

10

 

25

 

3.4

 

 

3

 

2

 

 

5

4

4.1

 

1

9

1

1

10

 

22

 

4.2

 

3

5

4

3

5

2

22

 

4.3

 

4

 

1

 

1

3

9

 

4.4

 

3

 

5

 

2

1

11

 

4.5

 

 

 

 

 

 

 

0

 

 

Summe

33

32

39

30

40

19

193

Anmerkungen

1) Dabei möchten wir an dieser Stelle betonen, dass diese definitorische Abgrenzung den Zweck einer Arbeitsdefinition erfüllt. Natürlich existiert eine große Zahl durchaus sehr unterschiedlicher alternativmedizinischer Verfahren, welche auch in unterschiedlichem Maße Einzug in die Schulmedizin gefunden haben und in der ärztlichen Praxis Anwendung finden. Auch können Ärzt_innen nicht immer alle neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgreifen, schon weil in Studien über neue Behandlungsmethoden nicht im Einzelfall Patient_innenwohl und Lebensqualität abgewogen werden kann. Zudem spielen ökonomische Erwägungen und die ärztliche Erfahrung in der Praxis ebenso eine Rolle. Eine immer zweifelsfrei überlegene Behandlungsform kann es somit aus theoretischen wie aus praktischen Gründen heraus gar nicht geben. Wenn wir in der vorliegenden Arbeit den Begriff "Alternativmedizin" dem Begriff "Schulmedizin" diametral gegenüberstellen, so tun wir dies in dem Bewusstsein, dass dies eine Vereinfachung darstellt. Gleichzeitig würde eine detaillierte Einzelbetrachtung der verschiedenen alternativmedizinischen Verfahren in Bezug auf unsere Fragestellung an dieser Stelle zu weit führen. <zurück>

2) Inzwischen werden als kostengünstige Möglichkeit, eine große Zahl von Studienteilnehmer_innen (v.a. für Fragebogenuntersuchungen) zu finden, auch immer häufiger Angebote wie Amazon Mechanical Turk (MTurk) genutzt. Dies ist eine Crowdsourcing-Webseite, über die Gelegenheitsarbeiten angeboten und durch sogenannte Crowdworker ausgeführt werden (vgl. für eine nähere Beschreibung im Verschwörungstheoriekontext RAAB 2018). <zurück>

3) Unter Chemtrails versteht man im Rahmen einer seit einigen Jahren recht weit verbreiteten Verschwörungstheorie eine spezielle Art von Kondensstreifen am Himmel. Es wird davon ausgegangen, dass mithilfe von Flugzeugen spezielle Chemikalien ausgebracht werden; angenommene Ziele sind Geoengineering oder Bevölkerungskontrolle. <zurück>

4) Hieraus ergibt sich, dass durch die Stichprobe nicht alle alternativmedizinischen Verfahren abgedeckt werden. Die Studie erlaubt somit keine Aussagen über Unterschiede im Vorhandensein verschwörungstheoretischer Elemente zwischen subjektiven Theorien, die sich inhaltlich auf Annahmen jeweils unterschiedlicher alternativmedizinischer Verfahren beziehen (also ob beispielsweise Anhänger_innen von Homöopathie mehr/weniger an Verschwörungstheorien glauben als beispielsweise Anhänger_innen der "Germanischen Neuen Medizin"). Obwohl diese Differenzierung durchaus interessant ist – insbesondere auch im Hinblick darauf, welchen Einfluss wissenschaftliche Theorien auf subjektive Theorien haben – war sie nicht Teil der hier vorgestellten Untersuchung. <zurück>

5) Hinweise zur Betrachtung der Struktur-Lege-Modelle (SLT): Die SLT werden prinzipiell von links oben nach rechts unten gelesen und die Formalkarten sind entsprechend in dieser Leserichtung zu interpretieren. Sobald die Leserichtung des Modells hiervon abweicht, zum Beispiel, weil Kreisläufe dargestellt werden, ist dies durch Pfeile und entsprechende Anpassungen der Formalkarten kenntlich gemacht. <zurück>

6) Hierbei wurde Code 4.2 "Aussage über Verschwörung im Gesundheitssystem" vorrangig vor Code 4.1 "Aussage über verschwörerische Aktivitäten" vergeben. Siehe zur genauen Differenzierung das Kodiersystem in Anhang 6. <zurück>

7) Ebenso – aber das war nicht Fokus dieser Studie – muss auch evidenzbasierte Medizin immer im Kontext der jeweiligen Patient_innen angewandt werden, es können oft keine Erfolge versprochen und zum Teil schwere unerwünschte Wirkungen nur bedingt vermieden werden. <zurück>

8) Der Münsteraner Kreis ist eine Gruppe von vorwiegend Mediziner_innen um Bettina SCHÖNE-SEIFERT, Lehrstuhlinhaberin für Medizinethik an der Universität Münster, die sich kritisch mit Homöopathie und alternativer Medizin auseinandersetzen. In bereits veröffentlichten Memoranden forderten sie die Abschaffung des Heilpraktiker_innenberufes sowie der Zusatzbezeichnung Homöopathie, siehe z.B. https://muensteraner-kreis.de/?page_id=14 [Zugriff: 22. Dezember 2020]. <zurück>

9) So z.B. in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im Vorfeld des Ärztetages, https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/montgomery-aerzte-duerfen-weiterhin-homoeopathen-sein,QrQjS1S [Zugriff: 22. Dezember 2020]. <zurück>

10) Befragt wurden die Teilnehmer_innen A., B., C. und D., da von ihnen noch aktuelle Kontaktdaten vorlagen. <zurück>

11) Alle Rückmeldungen folgen der Originalabschrift und wurden leicht gekürzt sowie in Hinblick auf eventuelle Tipp- oder Rechtschreibfehler korrigiert. <zurück>

Anmerkungen

1) Dabei möchten wir an dieser Stelle betonen, dass diese definitorische Abgrenzung den Zweck einer Arbeitsdefinition erfüllt. Natürlich existiert eine große Zahl durchaus sehr unterschiedlicher alternativmedizinischer Verfahren, welche auch in unterschiedlichem Maße Einzug in die Schulmedizin gefunden haben und in der ärztlichen Praxis Anwendung finden. Auch können Ärzt_innen nicht immer alle neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgreifen, schon weil in Studien über neue Behandlungsmethoden nicht im Einzelfall Patient_innenwohl und Lebensqualität abgewogen werden kann. Zudem spielen ökonomische Erwägungen und die ärztliche Erfahrung in der Praxis ebenso eine Rolle. Eine immer zweifelsfrei überlegene Behandlungsform kann es somit aus theoretischen wie aus praktischen Gründen heraus gar nicht geben. Wenn wir in der vorliegenden Arbeit den Begriff "Alternativmedizin" dem Begriff "Schulmedizin" diametral gegenüberstellen, so tun wir dies in dem Bewusstsein, dass dies eine Vereinfachung darstellt. Gleichzeitig würde eine detaillierte Einzelbetrachtung der verschiedenen alternativmedizinischen Verfahren in Bezug auf unsere Fragestellung an dieser Stelle zu weit führen. <zurück>

2) Inzwischen werden als kostengünstige Möglichkeit, eine große Zahl von Studienteilnehmer_innen (v.a. für Fragebogenuntersuchungen) zu finden, auch immer häufiger Angebote wie Amazon Mechanical Turk (MTurk) genutzt. Dies ist eine Crowdsourcing-Webseite, über die Gelegenheitsarbeiten angeboten und durch sogenannte Crowdworker ausgeführt werden (vgl. für eine nähere Beschreibung im Verschwörungstheoriekontext RAAB 2018). <zurück>

3) Unter Chemtrails versteht man im Rahmen einer seit einigen Jahren recht weit verbreiteten Verschwörungstheorie eine spezielle Art von Kondensstreifen am Himmel. Es wird davon ausgegangen, dass mithilfe von Flugzeugen spezielle Chemikalien ausgebracht werden; angenommene Ziele sind Geoengineering oder Bevölkerungskontrolle. <zurück>

4) Hieraus ergibt sich, dass durch die Stichprobe nicht alle alternativmedizinischen Verfahren abgedeckt werden. Die Studie erlaubt somit keine Aussagen über Unterschiede im Vorhandensein verschwörungstheoretischer Elemente zwischen subjektiven Theorien, die sich inhaltlich auf Annahmen jeweils unterschiedlicher alternativmedizinischer Verfahren beziehen (also ob beispielsweise Anhänger_innen von Homöopathie mehr/weniger an Verschwörungstheorien glauben als beispielsweise Anhänger_innen der "Germanischen Neuen Medizin"). Obwohl diese Differenzierung durchaus interessant ist – insbesondere auch im Hinblick darauf, welchen Einfluss wissenschaftliche Theorien auf subjektive Theorien haben – war sie nicht Teil der hier vorgestellten Untersuchung. <zurück>

5) Hinweise zur Betrachtung der Struktur-Lege-Modelle (SLT): Die SLT werden prinzipiell von links oben nach rechts unten gelesen und die Formalkarten sind entsprechend in dieser Leserichtung zu interpretieren. Sobald die Leserichtung des Modells hiervon abweicht, zum Beispiel, weil Kreisläufe dargestellt werden, ist dies durch Pfeile und entsprechende Anpassungen der Formalkarten kenntlich gemacht. <zurück>

6) Hierbei wurde Code 4.2 "Aussage über Verschwörung im Gesundheitssystem" vorrangig vor Code 4.1 "Aussage über verschwörerische Aktivitäten" vergeben. Siehe zur genauen Differenzierung das Kodiersystem in Anhang 6. <zurück>

7) Ebenso – aber das war nicht Fokus dieser Studie – muss auch evidenzbasierte Medizin immer im Kontext der jeweiligen Patient_innen angewandt werden, es können oft keine Erfolge versprochen und zum Teil schwere unerwünschte Wirkungen nur bedingt vermieden werden. <zurück>

8) Der Münsteraner Kreis ist eine Gruppe von vorwiegend Mediziner_innen um Bettina SCHÖNE-SEIFERT, Lehrstuhlinhaberin für Medizinethik an der Universität Münster, die sich kritisch mit Homöopathie und alternativer Medizin auseinandersetzen. In bereits veröffentlichten Memoranden forderten sie die Abschaffung des Heilpraktiker_innenberufes sowie der Zusatzbezeichnung Homöopathie, siehe z.B. https://muensteraner-kreis.de/?page_id=14 [Zugriff: 22. Dezember 2020]. <zurück>

9) So z.B. in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im Vorfeld des Ärztetages, https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/montgomery-aerzte-duerfen-weiterhin-homoeopathen-sein,QrQjS1S [Zugriff: 22. Dezember 2020]. <zurück>

10) Befragt wurden die Teilnehmer_innen A., B., C. und D., da von ihnen noch aktuelle Kontaktdaten vorlagen. <zurück>

11) Alle Rückmeldungen folgen der Originalabschrift und wurden leicht gekürzt sowie in Hinblick auf eventuelle Tipp- oder Rechtschreibfehler korrigiert. <zurück>

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Zur Autorin und zum Autor

Rosa SEMLE studierte Psychologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Sie arbeitet seit 2019 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Sonderpädagogik V – Pädagogik bei Verhaltensstörungen sowie als Lehrbauftragte beim Arbeitsbereich für Medizinische Psychologie und Psychotherapie. Darüber hinaus ist sie im Rahmen ihrer Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin praktisch tätig. Zu ihren Interessensschwerpunkten gehören neben Verschwörungstheorien insbesondere subjektive Krankheitstheorien und Krankheitsverarbeitung. In ihrem Promotionsprojekt befasst sie sich mit der Bedeutung von Progredienzangst bei psychischen Erkrankungen.

Kontakt:

Rosa Semle

Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Sanderring 2
97070 Würzburg

Tel.: +49 (0)931/ 31-83625

E-Mail: rosa.semle@uni-wuerzburg.de

 

Marius RAAB ist Diplom-Psychologe und Informatiker (B.Sc.) und forscht und lehrt am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Schwerpunkte sind Verschwörungstheorien, Ästhetik, Gamification, und die Faszination für digitale und analoge Spiele. Über experimentelle Ansätze zur Erforschung von Verschwörungstheorien wurde er 2016 promoviert. Er ist Autor des Buches "Am Anfang war die Verschwörungstheorie" im Springer-Verlag und diskutiert jede Woche im Podcast Die Bamberger Psychokalypse mit zwei Kolleg_innen klassische und aktuelle Themen der Psychologie.

Kontakt:

Marius Raab

Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Kapuzinerstraße 16
96047 Bamberg

Tel.: +49 (0) 951 863 1859

E-Mail: marius.raab@uni-bamberg.de

Zitation

Semle, Rosa & Raab, Marius (2021). "Da kann doch kein Mensch gesund bleiben". Gesundheitsbezogene Verschwörungstheorien in subjektiven Theorien über Gesundheit und Krankheit – eine Untersuchung mit der Heidelberger Struktur-Lege-Technik [79 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 22(1), Art. 4, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-22.1.3534.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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