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Volume 23, No. 1, Art. 7 – Januar 2022

Mehr Partizipation im Kontext rekonstruktiver Forschung:Erklärvideos als didaktischer Einstieg in die Forschung mit der dokumentarischen Methode

Matthias Otten & Sebastian Hempel

Zusammenfassung: In diesem Beitrag gehen wir am Beispiel der dokumentarischen Methode darauf ein, wie eine rekonstruktive Forschungsmethodologie für forschungspraktisch unerfahrene Menschen durch Erklärvideos in verständlicher Sprache didaktisch anschlussfähig gemacht werden kann. Hintergrund dieses Vorschlags ist unsere Erfahrung, dass für Personen ohne konkrete Forschungserfahrung überhaupt erst einmal eine Annäherung an rekonstruktives Denken als genuine Forschungslogik herzustellen ist, um dann z.B. forschendes Lernen mit sinnverstehenden Methoden oder die Partizipation von Co-Forschenden in rekonstruktiven Projekten zu ermöglichen. Ausgangspunkt für die Erstellung unserer Videos war ein aktuelles Forschungsprojekt zu inklusiver Erwachsenenbildung. Als rekonstruktiv Forschende in einem teilweise partizipativ angelegten Verbundforschungsprojekt mussten wir unser methodisches Vorgehen so aufbereiten, dass alle Mitglieder einer partizipativen Forschungsgruppe das Zustandekommen unserer Ergebnisse substanziell nachvollziehen konnten. Auf dieser Basis reflektieren wir das grundsätzliche Verhältnis von rekonstruktiver Forschung als genuine Forschungsmethodologie und partizipativer Forschung als praktischem Forschungsstil. Dabei begründen wir am Beispiel der dokumentarischen Methode unsere Position, dass Forschende, die mit rekonstruktiven Ansätzen arbeiten, auf der Erkenntnisebene von einer stärkeren partizipativen Ausrichtung profitieren können und sich dem auch aus forschungsethischen Gründen nicht verschließen sollten.

Keywords: rekonstruktive Forschung; dokumentarische Methode; Partizipation; partizipative Forschung; Erklärvideos; Hochschuldidaktik; forschungsnahes Lernen

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verortung von Erklärvideos als didaktisch motiviertes Darstellungsformat

3. Aufbau und Inhalt der drei Erklärvideos zur dokumentarischen Methode

3.1 Video 1: Methodologische Grundlagen der dokumentarischen Methode

3.2 Video 2: Beispiele für rekonstruktive Forschungszugänge

3.3 Video 3: Praktische Anwendung der Forschungsmethode

4. Verschiedene Einsatzmöglichkeiten für die Erklärvideos

4.1 Qualitative Methodenlehre und Forschungsvorbereitung

4.2 Partizipative Öffnung von Forschungsprojekten und Interpretationssettings

4.3 Verständliche methodologische Einordnung von Ergebnissen

5. Ausblick: mehr Partizipation in der rekonstruktiven Forschung?

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Zu den Autoren

Zitation

 

1. Einleitung

Ein gemeinsames Merkmal von interpretativen, hermeneutischen und rekonstruktiven Ansätzen der empirischen Sozialforschung ist trotz aller methodologischen Differenzen, dass mit ihnen Konstruktionen des Sinnverstehens und des sozialen Handlungssinns untersucht werden (z.B. BOHNSACK 2010; KNOBLAUCH, BAUR, TRAUE & AKREMI 2018; PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2014; STRÜBING 2018).1) Neben dem Konstrukt-Charakter ist die Indexikalität von Sprache und Kommunikation für qualitative Forschung besonders bedeutsam (grundlegend z.B. ABELS 2013). Sozialer Handlungssinn lässt sich demnach nicht direkt aus Äußerungen und Begriffen erschließen, sondern erst aus der historisch-kulturellen Analyse des situativen Zeichengebrauchs, der auf geteiltem typisiertem (Alltags-)Wissen basiert. Diese zentralen Grundannahmen qualitativen Forschens sind für viele Menschen ohne erkenntnistheoretische Ausbildung und ohne Forschungserfahrung jedoch meistens nicht intuitiv zugänglich. [1]

Unsere Einschätzung basiert u.a. auf eigenen Lehrerlebnissen im Bereich der empirischen Methodenausbildung, vor allem mit Studierenden im Studiengang Soziale Arbeit: Für die meisten von ihnen, so unser Eindruck, spielen bei der Suche nach möglichen Forschungsthemen im Rahmen ihrer ersten Forschungsseminare zunächst eher kausalistische Fragestellungen eine Rolle. Intuitiv-rekonstruktive Zugänge zum interessierenden Forschungsgegenstand sind indessen eher selten zu beobachten2). Gefragt wird umso häufiger nach Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, nach Effekten von Interventionen oder nach narrativen Bestätigungen für alltagstheoretische Grundannahmen. Nicht selten vermischen Studierende hierbei Vorstellungen von qualitativen Daten und standardisierten Verfahren, was eine Unsicherheit hinsichtlich der eigentlichen Gründe und der Konsequenzen eines qualitativ-rekonstruktiven Vorgehens offenbart (PRZYBORSKI & WOHLRAB-SAHR 2014, S.4). Auch RIEMANN, der seit vielen Jahren dafür plädiert, Studierenden zu einem rekonstruktiv-forschenden Lernzugang zu ihrer eigenen (Sozialarbeits-) Praxis zu verhelfen, erkannte Tendenzen hin zu einer "Einsozialisation in subsumptionslogisches Denken" (2016, S.207), u.a. durch die Dominanz "Fachlichkeit verbürgende(r) diagnostische(r) Kategorien und [...] Rückgriff auf essenzialisierende Zuschreibungen" (a.a.O.). Ähnlich scheint auch in der Lehrer*innenbildung ein instrumenteller Anwendungs- und Verwertungsbezug von Forschung zumindest zu Beginn des Studiums bestimmend für die eigenen Methodenüberlegungen vieler Studierender zu sein (SCHRADER, BRENNEKE, PFAFF & TERVOOREN 2020, S.201). [2]

Mit solchen Erkenntnisinteressen und entsprechend positivistisch orientierten Methodenvorstellungen werden Konstruktionen erster Ordnung (SCHÜTZ 1971) aufgrund der "hinterrücks angelegten hypothetico-deduktiven Logik" (MEY 2016, S.192) zumeist nur reproduziert und affirmativ kommentiert. Das Einnehmen einer rekonstruktiven Forschungsperspektive erfordert von den Forschenden nun aber bekanntlich einen Bruch mit eher vordergründigen Reproduktionen bzw. Subsumptionen von lebensweltlichem Alltagswissen und ein Bewusstsein für Konstruktionen zweiter Ordnung (SCHÜTZ 1971). Es ist also überhaupt erst einmal eine Annäherung an interpretatives bzw. rekonstruktives Fragen und Denken als genuine Forschungslogik herzustellen, um dann einen fruchtbaren und reflexiven Weg für forschendes Lernen zu eröffnen (HUBER & REINMANN 2019; KAUFMANN, SATILMIS & MIEG 2019; KUNZ, MEY, RAAB & ALBRECHT 2021; STRAUB et al. 2020) – und das Methodenlernen im Studium ist nicht der einzige Kontext, für den diese Annäherung relevant ist. [3]

In diesem Beitrag gehen wir am Beispiel der dokumentarischen Methode darauf ein, wie eine komplexe Forschungsmethodologie für forschungspraktisch Unerfahrene in ein didaktisch anschlussfähiges Format gebracht werden kann. Dabei ist unsere Grundüberzeugung, dass sich mehr Menschen auf die rekonstruktive Denk- und Forschungslogik einlassen können, wenn deren Grundprinzipien in einer leicht zugänglichen Sprache mit allgemeinverständlichen Beispielen erklärt werden. Hintergrund ist unsere Beobachtung, dass Fragen der allgemeinverständlichen Vermittlung der dokumentarischen Methode im (veröffentlichten) Fachdiskurs derzeit noch wenig besprochen werden.3) In vielen Lehrbüchern und aktuellen Fachdiskursen über Forschungsmethoden und Methodologien und auch in Methodendarstellungen in Einzelstudien setzen die Autor*innen meist schon gewisse meta- und erkenntnistheoretische Grundlagenkenntnisse voraus. Dies stellt eine hohe Eingangsschwelle dar. [4]

Über den Umweg der sprachlich-visuellen Vereinfachung der Methodendarstellung, die nicht mit einer Simplifizierung des methodischen Vorgehens an sich zu verwechseln ist4), möchten wir das Interesse an der dokumentarischen Methode und an rekonstruktiver Forschung wecken. Damit verbinden wir die Hoffnung, dass mehr Interessierte ein tieferes Verständnis für die Gründe und Anlässe dieser Forschungsweise entwickeln. Das wiederum erhöht die Chancen auf Partizipation an Forschung im Allgemeinen und an der gemeinsamen Interpretation rekonstruktiver Daten im Besonderen. Als didaktische Form einer solchen vereinfachten Methodendarstellung haben wir uns für die Erstellung von Erklärvideos entschieden, was wir in Abschnitt 2 näher begründen. [5]

Ausgangspunkt für die Erstellung der Videos war unsere Forschung im Rahmen des Verbundforschungsprojekts "Partizipative Lehre im Kontext inklusionssensibler Hochschule" (ParLink)5). Als rekonstruktiv Forschende in einem teilweise partizipativ angelegten Verbundforschungsprojekt (wurden wir mit der Notwendigkeit konfrontiert, unser methodisches Vorgehen und die Ergebnisse so aufzubereiten, dass alle Mitglieder der partizipativen Forschungsgruppe das Zustandekommen unserer Ergebnisse substanziell nachvollziehen konnten. Zu den beteiligten Co-Forschenden zählten sowohl Studierende als auch sogenannte Bildungsfachkräfte, Menschen mit Lernschwierigkeiten, die als Festangestellte einer privaten Bildungseinrichtung tätig waren und als Dozent*innen in der Lehre an Hochschulen und in der Erwachsenenbildung arbeiteten. Die meisten Bildungsfachkräfte waren zuvor in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen beschäftigt. [6]

Auch wenn der von uns verantwortete Projektteil selbst nicht partizipativ konzipiert war, sahen wir es als geboten an, alle beteiligten Personen im Forschungsverbund nicht nur in der üblichen Weise zu informieren, sondern sie auch über unseren Forschungsprozess aufzuklären, was die Thematisierung methodologischer Fragen der Auswertung einschloss. Hierfür war zunächst eine forschungsethisch begründete Position ausschlaggebend: Personen in benachteiligten Lebenslagen – hierzu zählen auch Menschen mit Lernschwierigkeiten sehr häufig – sollten nicht nur mit mehr oder minder informierter Einwilligung dazu gewonnen werden, ihre Lebensumstände (und sich selbst) im weitesten Sinne als Objekte von Forschung zu exponieren. Vielmehr sollte partizipative Forschung mit ihrem emanzipatorischen Anspruch dazu dienen, dass sie (partiell oder umfassend) als Subjekte der Forschung agieren und hinsichtlich der Gestaltung und Veränderung der eigenen Lebensumstände davon profitieren können (ANASTASIADIS & WRENTSCHUR 2019; HAUSER 2020; grundlegend: VON UNGER 2014a, 2018). [7]

Im Folgenden werden wir zunächst den didaktischen Typus Erklärvideo und unsere Gründe für dieses Format erläutern (Abschnitt 2). Anschließend stellen wir den Aufbau, die Struktur sowie Gestaltungsüberlegungen der drei aufeinander aufbauenden Videos zur Erklärung der dokumentarischen Methode dar (Abschnitt 3). Im 4. Abschnitt gehen wir auf mögliche Anwendungsfelder für den Einsatz dieser Videos ein. Im 5. Abschnitt diskutieren wir auf dieser Basis das Verhältnis von rekonstruktiver Forschung als Forschungsmethodologie und partizipativer Forschung als Forschungsmodus. Dabei begründen wir am Beispiel der dokumentarischen Methode unsere Position, dass Forschende auf der Erkenntnisebene von einer stärkeren partizipativen Ausrichtung profitieren können und sich dem auch aus forschungsethischen Gründen widmen sollten. [8]

2. Verortung von Erklärvideos als didaktisch motiviertes Darstellungsformat

SCHREIER und RUPPEL (2021) differenzierten in einer Typologie traditionelle, aktivierende und forschungsbasierte Strategien der Vermittlung von Wissen bzw. Kompetenzen über Forschungsmethoden. Wesentliche Aspekte dieser Differenzierung sind u.a. die unterschiedliche Bedeutungsgewichtung des Einübens und praktischen Erlebens des Forschens als Handlungspraxis und die Behandlung erkenntnistheoretischer Grundpositionen (Paradigmen). Erklärvideos können in diesem Rahmen als Instrument der Vermittlung genutzt werden, mit dem sich je nach Einsatzform (siehe dazu Abschnitt 4) unterschiedliche didaktische Pfade eröffnen. [9]

Erklärvideos sind ein spezifisches Format audiovisueller Wissensvermittlung, das mittlerweile in zahlreichen Kontexten Anwendung findet und sich für einen ersten Zugang zu einer bestimmten Thematik eignet. Lern- und kognitionspsychologisch stellen sie "dynamische (audio)visuelle Repräsentationen" dar, um "deklaratives und prozedurales Wissen [zu] vermitteln" (BRUCKERMANN, MAHLER & ROTERMUND 2020, S.2). Gezeigt wird, "wie man etwas macht oder wie etwas funktioniert", oder es werden "abstrakte Konzepte und Zusammenhänge erklärt" (WOLF & KRATZER 2015, S.30). Die so behandelten Sachverhalte können also sehr unterschiedlicher Art sein, wobei es immer um eine allgemeine Darstellung von Strukturen, Abläufen und Zusammenhängen des betreffenden Phänomens geht. Erklärvideos lassen sich damit auf der einen Seite von Video-Tutorials und Performanzvideos abgrenzen, in denen eine Fertigkeit im Sinne eines selbstdarstellerischen Vormachens ohne explizite spezifisch didaktische Aufarbeitung gezeigt wird, z.B. eine bestimmte Basteltechnik. Auf der anderen Seite werden sie von professionell produzierten Lehrfilmen mit einem hohen didaktischen Gestaltungs- und Geltungsanspruch abgegrenzt (WOLF 2015). [10]

Im schulischen Kontext wurden bereits vor der Corona-Pandemie zunehmend Erklärfilme und videobasierte Tutorials eingesetzt, darunter oft auch solche, die von Schüler*innen selbst erstellt wurden (WOLF 2018; WOLF & KRATZER 2015). Im Kontext akademischer Lehre im Allgemeinen und insbesondere im Bereich qualitativer Forschungsmethoden sind solche Formate bislang noch wenig verbreitet.6) [11]

Die Produktion und der Einsatz von Erklär- und Lehrvideos waren 2017 und 2019 Thema von zwei hochschuldidaktischen Fachtagungen.7) Differenziertere Reflexionen zum Einsatz fachspezifischer Erklärvideos finden sich u.a. für die Didaktik in naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen (BRUCKERMANN et al. 2020; KULGEMEYER 2020). Für die Lehre zur qualitativen Forschung, speziell die Durchführung und Auswertung von Interviews im ethnologischen und kulturwissenschaftlichen Kontext, stellten SCHOLL-SCHNEIDER und LEFELDT (2020) ein Seminarkonzept vor, in dem Erklärvideos eingesetzt wurden. Diese sind allerdings nicht öffentlich abrufbar. [12]

Für die Erstellung von Erklärvideos zur dokumentarischen Methode war für uns ausschlaggebend, dass es bislang kein entsprechend komprimiertes Format gibt, in dem Methodologie und Methode in leicht verständlicher Sprache dargestellt werden. Zudem erschien uns eine rein textbasierte Erläuterung der wesentlichen Merkmale in leichter Sprache8) ungeeignet, weil die erforderlichen Begriffe und Inhalte schwer zu übersetzen wären und zu grob verkürzten Darstellungen geführt hätten. Außerdem hätten wir mit der bloßen Textform das Potenzial verschiedener komplementärer Wahrnehmungs- und Lernformen (auditiv, visuell, schriftlich inklusive Audiotranskriptionen) nicht genutzt, worauf es uns aber aus inklusionsdidaktischen Gründen ankam. [13]

Darüber hinaus war es in unserem Forschungsprojekt, das über weite Strecken durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinflusst wurde, nicht möglich, einen ganztägigen Workshop oder andere konventionelle Formen einer basalen Methodenschulung zu organisieren. Angesichts der heterogenen Erfahrungen und Lernvoraussetzungen der Forschungsgruppe wäre zudem fraglich gewesen, ob solche Schulungen überhaupt besser geeignet gewesen wären, einen barrierearmen Zugang zu der von uns genutzten rekonstruktiven Forschungsmethode zu ermöglichen. Nicht zuletzt war uns wichtig, dass die Videos dauerhaft frei zugänglich und verfügbar sind, mehrfach angeschaut und leicht verbreitet werden können, um so über das konkrete Forschungsprojekt hinaus einen niederschwelligen Zugang zur Methode zu eröffnen. Die Erklärvideos ersetzen selbstverständlich nicht die Auseinandersetzung mit Grundlagentheorien und das praktische Einüben von Forschungs- und Interpretationskompetenzen. Jedoch können sie hierzu eine sinnvolle Vorbereitung und Ergänzung darstellen. [14]

3. Aufbau und Inhalt der drei Erklärvideos zur dokumentarischen Methode

Wie eingangs dargestellt, standen wir durch die Erfordernisse des Forschungsprojekts vor der Frage, wie alle Beteiligten zu einem basalen Verständnis der dokumentarischen Methode kommen konnten. Da auch Menschen mit Lernschwierigkeiten zu den Co-Forschenden zählten, waren wir mit der didaktischen Anforderung konfrontiert, die begriffliche und prozedurale Komplexität zu senken, ohne dabei die Methodologie zu banalisieren oder grob unvollständig zu erklären. Eine besondere Herausforderung stellte dabei die sprachliche Darstellung bzw. Illustration der metatheoretischen Begriffe dar. Auch durften die Videos nicht zu viel Information auf einmal enthalten, weshalb wir uns dazu entschlossen, drei aufeinander aufbauende Einzelvideos zu gestalten. Sie sind abrufbar unter http://www.partizipative-lehre.de/dokumentarische-methode. Wir empfehlen an dieser Stelle, zunächst die drei Videos anzuschauen, auf deren Gestaltung wir im Folgenden näher eingehen. [15]

3.1 Video 1: Methodologische Grundlagen der dokumentarischen Methode

Die Videos sind so gestaltet, dass Menschen ohne jede Forschungserfahrung die Relevanz eines strukturierten Vorgehens auf der Basis von begründeten Forschungsmethoden als grundlegendes Merkmal von Forschung nachvollziehen können. Dazu wird im ersten Video erklärt, warum Forschung regelgeleitet stattfindet, unabhängig davon, welche Methode und welches Erkenntnisparadigma zugrunde gelegt wird. Da die Erklärungen im Video weitgehend frei von Fremdwörtern sein sollten, wurde aus dem Begriff "Methode" der Begriff "Regel". Es erschien uns plausibel und begrifflich vertretbar, die Methodologie als ein Regelwerk darzustellen, durch das der Forschungsablauf zwar nicht starr determiniert wird, aber doch logischen Kriterien folgt. [16]

Wichtig erschien uns zudem, möglichst eingängige Beispiele zu modellieren, mit deren Hilfe die spezielle Forschungsausrichtung der dokumentarischen Methode gut darzustellen ist. Das Beispiel der Schulklasse und des Deutschlehrers mit der roten Pudelmütze war für uns deshalb naheliegend, weil (fast) alle Menschen in ihrem Leben routinehafte Erfahrungen mit der Institution Schule und der Bedeutung des Schüler*innenwissens um zugeschriebene Eigenschaften von Lehrerinnen und Lehrer gemacht haben. Somit nutzten wir den milieu- und schichtübergreifenden konjunktiven Erfahrungsraum Schule als unterstellte Gemeinsamkeit eines weithin geteilten Alltagswissens der Adressat*innen der Videos. [17]

Zudem stand im ersten Video der von BOHNSACK (2005, S.71) betonte "Wechsel der Analyseeinstellung vom Was zum Wie" im Zentrum. Es geht also vor allem darum, wie von einer Person oder einer Gruppe ein spezifisches Thema oder Problem diskursiv aufgegriffen, vertieft, bearbeitet und verworfen wird. Besondere Aufmerksamkeit kommt hier performatorischen Aspekten zu. Wichtig war uns daher hervorzuheben, dass mit rekonstruktiver Forschung vor allem Prozesse, Praktiken und Interaktionen in den Blick genommen werden und nicht Kausalitäten, Korrelationen oder Motivationen. [18]

3.2 Video 2: Beispiele für rekonstruktive Forschungszugänge

Es ist augenscheinlich, dass es in Grundlagentexten zur dokumentarischen Methode an komplexitätsreduzierten Beispielen mangelt, mit deren Hilfe sich die Methodologie gut verständlich machen lässt. Unserer Erfahrung nach sind rein theoriebegriffliche Methodenerklärungen ohne anschauliche Beispiele für Menschen ohne Forschungserfahrungen, also auch viele Studierende, oft mit erheblichen Verständnisproblemen verbunden. Unsicherheiten im Hinblick auf eigene Theoriefestigkeit und Respekt vor einer begrifflich komplizierten Sprache führen dazu, dass die dokumentarische Methode vielen Anfänger*innen zunächst sperrig, kompliziert und unzugänglich erscheint. Wo grundlegende Darstellungen mit Beispielen verbunden werden, handelt es sich zumeist um exemplarische Demonstrationen der speziellen Interpretationsprinzipien. Solche Einblicke in den interpretationshandwerklichen Verfahrensteil sind zwar wichtig, doch erst durch die verständliche Darstellung des übergeordneten Forschungsanliegens in Form eines durchlaufenden Rahmenthemas wird deutlich, wie und wozu eine bestimmte Fragestellung gerade mit einer rekonstruktiven Erkenntnisabsicht angegangen werden sollte. Erst damit werden metatheoretische und gegenstandtheoretische Begriffe unserer Überzeugung nach in ihrer Funktion und Bedeutung für das Interpretieren klarer und greifbarer. [19]

Aus diesem Grund haben wir uns im zweiten Video dazu entschlossen, anhand eines anderen für viele Menschen eingängigen Beispiels eine Forschungssituation zu imaginieren, die sich auf die Rekonstruktion milieuspezifischer Habitus bezieht. Das verwendete Beispiel des Weihnachten-Feierns9) ist aus methodologischer Perspektive ein tertium comparationis. Es stellt also das strukturierende Dritte dar, durch das sich im Zuge einer komparativen Analyse spezifische und übergreifende kollektive Orientierungen herausarbeiten lassen (NOHL 2013). Erst mit der grundlegenden Vorstellung dieser Vergleichsebene ist es möglich, sich von Fixierungen auf den Einzelfall und das interpretative Ringen um dessen Geltungscharakter zu lösen. [20]

3.3 Video 3: Praktische Anwendung der Forschungsmethode

Die dokumentarische Methode ist sowohl Methodologie als auch Forschungsmethode. Dies allein kann irritierend wirken, weil Methoden üblicherweise aus Methodologien abgeleitet werden und sich dies auch in Form begrifflicher Differenzierungen manifestiert.10) Mit Blick auf das dritte Video war uns daher wichtig, dass für die Adressat*innen nun der gedankliche Übertrag von der wissenssoziologisch fundierten Methodologie hin zur praktischen Anwendung der Forschungsmethode gelingen kann. Hierfür knüpften wir erneut, wie bereits im zweiten Video, an das Beispiel des Weihnachten-Feierns an. Die beispielhafte Forschungsgeschichte beginnt bei der Datenerhebung. Die im Film dargestellte Ablehnung einer Videografie durch die beforschte Familie bei gleichzeitiger Zustimmung zur Teilnahme an einer Gruppendiskussion als Erhebungsmethode war für uns aus mindestens drei Gründen bedeutsam: [21]

Erstens rekurriert die Familie mit ihrer Ablehnung, gefilmt zu werden, auf die forschungsethische Dimension des "Eindringens" durch Forschung in private Räume, was viele Menschen per se ablehnen würden. Nicht allein die Methode "bestimmt" die Erhebungsform, sondern auch die Angehörigen des Untersuchungsfeldes, indem sie die von den Forschenden gewünschten Bedingungen der Erhebung akzeptieren oder ablehnen. Zweitens wird damit die besondere Bedeutung des Erhebungs- und Diskursformates der Gruppendiskussion als kollektive Sinnaushandlung deutlich. Und drittens kommt die dokumentarische Auswertung von Videografien aufgrund des dafür erforderlichen methodologischen Vorwissens und des immensen Bearbeitungsaufwands immer noch vergleichsweise selten vor. [22]

Die Trennung von formulierender und reflektierender Interpretation als forschungspraktische Konsequenz des Wechsels der Analyseeinstellung vom Was zum Wie wird im dritten Video nur kurz erklärt. Wichtiger erschien uns an dieser Stelle die Einführung des Begriffs der Fokussierungsmetapher als wesentlichem Einstiegspunkt in die Interpretation. In Fokussierungsmetaphern können sich mögliche Spezifika von Gruppen (hier: Familien) in besonderer Weise dokumentieren, und insofern sind sie für die Rekonstruktion kollektiver Orientierungen besonders wichtige Ankerstellen im Material (BOHNSACK 2018). Auch mit Blick auf die Auswahl der zu untersuchenden Passagen sind sie besonders bedeutsam. In der Sequenz mit der Weihnachtsgans soll genau dies gezeigt werden: Der als locker inszenierte Umgang mit dem Weihnachtsessen ist zwar eine Besonderheit genau dieser Familie, was sich allerdings nur im Vergleich zu anderen Familien identifizieren lässt, wodurch die Notwendigkeit der komparativen Perspektive veranschaulicht wird. [23]

Auf den theoretisch und handwerklich anspruchsvollsten Teil der dokumentarischen Interpretation, die (sinngenetische und soziogenetische) Typenbildung, gehen wir mit unseren Videos nicht näher ein. Dies hatte mehrere Gründe: Zunächst erschien uns für das basale Verständnis der "Analyseeinstellung" das analytisch-theoretische Fernziel einer Typenbildung am ehesten verzichtbar, um die Verständlichkeit für Einsteiger*innen zu wahren. Auch setzt die Typenbildung als interpretative Operation nicht nur einen komparativen Blick voraus, sondern auch einen gegenstands- bzw. sozialtheoretischen Rückbezug auf die "Mehrdimensionalität des Erfahrungsraumes und des Falls" (BOHNSACK, HOFFMANN & NENTWIG-GESEMANN 2018, S.34). Dieser Rückbezug ist aber mit dem (basalen) Verstehen der rekonstruktiven Interpretationsweise nicht zu erreichen, sondern nur auf Basis fundierterer wissenssoziologischer Theoriekenntnisse und einschlägiger Gegenstandstheorien. Insofern bleibt eine leicht verständliche, beispielgestützte Erklärung des Prozesses der Typenbildung als voraussetzungsreicher Endpunkt der dokumentarischen Interpretation vorerst noch offen.11) [24]

4. Verschiedene Einsatzmöglichkeiten für die Erklärvideos

Mit der Notwendigkeit zur Verwendung leicht verständlicher Sprache war für uns auch eine begriffliche und gedankliche Pointierung verbunden, also "eine neue Art des Denkens über die Methode" (SCHÄFFER, KLINGE & KRÄMER 2020, S.178). Wir konnten in unserer Forschungsgruppe im Zuge der Entwicklung der Erklärvideos bei uns selbst einen geschärften Blick für die förderlichen und limitierenden Einsatzbedingungen von Forschungsmethoden feststellen. Ähnliches berichteten auch SCHÄFFER et al. über ihre Arbeit zur Entwicklung einer Softwarelösung zur Abbildung der Interpretationslogik der dokumentarischen Methode, die sie als Anlass zu einer intensiven "intermediären Reflexion" (S.176) über Einsatz- und Vermittlungsmöglichkeiten verstanden und nutzten. [25]

Diese Situation hat uns für grundsätzlichere Aspekte der Zugangs- und Teilhabemöglichkeiten in Forschungsprojekten und insbesondere deren methodologische Implikationen sensibilisiert. Insofern hatten wir bei der Entwicklung der Erklärvideos nicht nur unsere spezifische Projektkonstellation vor Augen, sondern auch die Intention, die Videos für andere Kontexte rekonstruktiver Forschung nutzbar zu machen. Hierbei haben wir vor allem die folgenden drei Bereiche im Blick.12) [26]

4.1 Qualitative Methodenlehre und Forschungsvorbereitung

Naheliegend ist erstens der Einsatz der Erklärvideos in der Ausbildung zu Methoden der qualitativen Sozialforschung in Studium und Lehre. Es dürfte Common Sense sein, dass ein einladender erster Zugang zu Forschungsmethoden gerade nicht durch ein An- und Nachlesen von spezialisiertem Methodenwissen zustande kommt, sondern ein praktisches Erfahren von Methoden seitens der Studierenden erfordert. Ebenso unstrittig ist die Tatsache, dass in vielen BA- und MA-Studienplänen wenig Raum für das tatsächliche Einüben qualitativer Methodenpraxis vorgesehen ist (SCHMITT 2007). [27]

Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass die (hochschuldidaktische) Vermittlung von qualitativen Methodenkenntnissen in Studium und Lehre – im Vergleich zu den immer ausdifferenzierteren Methodenentwicklungen – bislang nur selten systematisch diskutiert wurde (MEY 2007; das Symposium zu Lehr-/Lernbarkeit Qualitativer Forschung des 6. Berliner Methodentreffens, dokumentiert in MEY & MRUCK 2014; SCHREIER & RUPPEL 2021; fachspezifischer SCHREIER & BREUER 2020 für die Psychologie; SCHMITT 2007 für die Soziale Arbeit; für die internationale Diskussion z.B. HSIUNG 2016). [28]

Um eine Ahnung vom Sinn und Zweck rekonstruktiver Forschungsperspektiven zu bekommen oder gar von der interpretativen Virtuosität von "Kunstlehren", als die qualitative / interpretative / rekonstruktive Methoden zuweilen dargestellt wurden (EISEWICHT 2021; REICHERTZ 2018), braucht es schlichtweg günstige Umstände für konkrete Erfahrungen und performatives Erleben der Forschung als Praxis. Allerdings sind die konkreten Bedingungen, unter denen solche Erfahrungen möglich sind, empirisch bisher bestenfalls explorativ erforscht worden (HINZKE et al. 2021; NIND, HOLMES, INSENGA, LEWTHWAITE & SUTTON 2020; SCHRADER et al. 2020). [29]

Forschungswerkstätten sind ohne Zweifel wertvolle und wichtige Lernorte, die jedoch für die Mehrheit von Forschungsnoviz*innen unerreichbar bleiben.13) Eine länger währende forschungsmethodische Einsozialisation (Erziehung) in spezifische Denkweisen und Forschungsstile ist letztlich somit doch ein Privileg, welches die wenigsten Studierenden (und auch längst nicht alle Nachwuchswissenschaftler*innen) in der Weise erfahren, wie es mitunter idealisierend dargestellt wird. [30]

So wichtig und wünschbar das Erlernen von Forschungsmethoden im "Refugium" (PFAFF & TERVOOREN 2020, S.158) der direkten und intensiven forschenden Seminarinteraktion ist: Für eine basale erkenntnistheoretische Mündigkeit und machbare Teilhabe in Forschungszusammenhängen sind auch niederschwelligere Einstiege in die entsprechenden Methoden wichtig. Daher plädieren wir mit den Erklärvideos dafür, die grundlegende Annäherung und die erste Befähigung zu einer Interpretationsbeteiligung nicht zu mystifizieren oder anderweitig zu überhöhen, etwa im Sinne besonderer "Schüler*in/Meister*in-Beziehungen".14) In diesem Sinne verstehen wir unsere Erklärvideos als Versuch eines Brückenbaus, durch den ein erster einladender Zugang geschaffen wird – nicht mehr, aber auch nicht weniger. [31]

Studierende, aber auch Co-Forschende im Kontext partizipativer Forschungsprojekte gilt es überhaupt erst für einen rekonstruktiven Zugang und die damit einhergehenden Forschungsperspektiven und -praktiken zu gewinnen und zu begeistern. Sie sollten auch einen emotionalen Zu- und Umgang mit qualitativer Forschung und idealerweise sogar Spaß15) daran finden können (NIND et al. 2020, S.808). Wie einleitend erwähnt, gilt es dabei mitunter auch, enge positivistische Forschungsvorstellungen zu dekonstruieren. Wenn wir also in diesem Sinne für rekonstruktive Perspektiven werben möchten, ist dies von der Überzeugung geprägt, dass Menschen zunächst methodologisch affiziert werden müssen, um den Reiz des Rekonstruktiven, aber auch forschungsethische Herausforderungen erkennen und mitforschend aufnehmen zu können.16) [32]

4.2 Partizipative Öffnung von Forschungsprojekten und Interpretationssettings

Ein weiteres potenzielles Anwendungsfeld für unsere Videos sind (teil-)partizipativ organisierte Interpretationssettings. Auch Menschen aus nicht-akademischen Kontexten könnten so in die Lage versetzt werden, sich zumindest an Teilen der Datenauswertung zu beteiligen. Dafür gibt es neben den forschungsethischen und machtkritischen Gründen vor allem auch erkenntnistheoretische Argumente. Wenn das gemeinsame Interpretieren (BERLI 2017; GRAALMANN, JÄDE, KATENBRINK & SCHILLER 2021; REICHERTZ 2013, 2018) unter Berücksichtigung einer wirklichen Pluralität von Eigen- und Fremdperspektiven als wesentliches Moment wissenschaftsinterner Qualitätssicherung gilt, erschließt sich nicht, weshalb dies nur akademisch geschulten und methodisch versierten Personen, die schon in einem bestimmten (Interpretations-)Milieu sozialisiert sind, vorbehalten bleiben sollte. Bei allem Wert und Nutzen, den auch wir solchen konventionellen Interpretationssettings zuschreiben: Der mehrperspektivische Blick auf das Material bleibt oft ein durch Milieuhomogenität limitierter Blick. Die zuweilen ritualhaft anmutenden Verweise auf die Reflexion eigener Standortgebundenheit allein scheint uns ohne eine genauere Klärung der Voraussetzungen und Effekte dieser Reflexion keine überzeugende Legitimierung dafür zu sein, anderen, methodisch "unerzogenen" Personen die Befähigung pauschal abzusprechen. RUCK, RUTHERFORD, BRUNNER und HAMETNER (2019, S.141) erkannten darin gar eine subtile Form der psychologischen Immunisierung gegenüber dem Feld, wenn sie feststellen: "[...] epistemological ignorance may be psychologically functional for those in power because it allows them to deflect responsibility and ward off guilt". [33]

Wenn Menschen, deren lebensweltliche Situation zugleich auch Gegenstand der Forschung ist, in das Forschen einbezogen werden sollen, birgt das methodische (und auch zwischenmenschliche) Herausforderungen. Forschungsethische und methodische Aspekte können also Gründe für einen höheren Aushandlungsbedarf über Daten, Deutungen und Verwendung von generiertem Wissen im Forschungsprozess sein, was auch zu normativen Spannungen führen kann. Dies ist im konkreten Projektzusammenhang abzuwägen. Doch aus distanzierter Bequemlichkeit sollte man die Option co-interpretativer Datenanalyse nicht kategorisch mit Schutzbehauptungen vermeintlich zwingend gebotener normativer Enthaltsamkeit ausschließen (JANOTTA & RAAB 2019a).17) [34]

Interpretationskompetenz kann mit REICHERTZ (2018, S.89) "als die kommunikativ zugeschriebene und geschaffene Fähigkeit, 'gute' Lesarten zu entwickeln und dann (auf Nachfrage) auch zu begründen und durchzusetzen", verstanden werden. Sofern diese Kompetenz nicht als ein zunftähnliches Sonderwissen überhöht wird, ist ein prinzipieller Ausschluss von Menschen ohne wissenschaftlichen Hintergrund also schwer zu rechtfertigen. [35]

Erhalten forschungsunerfahrene Menschen grundlegende Einblicke in die Forschungsmethode und können sie hierdurch die Gründe für ein regelgebundenes Vorgehen prinzipiell nachvollziehen und akzeptieren, sind sie aus unserer Sicht möglicherweise sogar besonders relevante Partner*innen für die co-kreative Erzeugung vielseitiger Lesarten in der rekonstruktiven Interpretationsarbeit. So können sie mit ihrem lebenslagen- oder milieuspezifischem Erfahrungswissen Aspekte offenlegen, die sich sonst möglicherweise gar nicht oder nur höchst spekulativ erschließen würden, z.B. zur Bedeutung von bestimmtem Körperwissen etwa von blinden oder gehörlosen Menschen (GUGUTZER & SCHNEIDER 2007; SAERBERG 2011). Dabei müssen für erfahrungsnahe Lesarten18) natürlich die gleichen Regeln der diskursiven Aushandlung und des methodisch kontrollierten Fremdverstehens gelten wie für alle anderen Lesarten, was selbstverständlich einer besonders sensiblen Moderation bedarf. Die Aufgabe der Moderierenden wäre es dann, die Übersetzungsakte und -erfordernisse im Blick zu behalten (FRITZSCHE 2012, S.99). [36]

Dass eine solche Regelgebundenheit auch aus dem Blick geraten kann, zeigt sich immer wieder in partizipativen Forschungsprojekten. So stellten z.B. HEEG, STEINER und SCHMID (2021) für ihre gemeinsame Forschung mit Jugendlichen heraus, dass aus einer partizipativ-pädagogischen Grundhaltung der akademischen Forscher*innen heraus häufig der lebensweltlichen Expertise ein Deutungsvorrang gegeben wurde. Hieraus folgten im Interpretationsprozess vorschnelle "wirkmächtige Schließungen" (§50), ohne dass es zu echten Befremdungen der eigenen Lebenswelt gekommen sei. Doch die Autor*innen wiesen selbstkritisch darauf hin, dass es vor allem an der Scheu der hauptamtlich Forschenden gelegen habe, die Aussagen der jugendlichen Co-Forschenden aus der Rolle etablierter Forscher*innen heraus infrage zu stellen (Anmerkung 8). Dadurch seien "keine Deutungsalternativen exploriert" (§41) worden und es sei nicht mehr zu kontrastiven Lesarten und offenen interpretativen Aushandlungen gekommen (REICHERTZ 2018). Es kann also nicht darum gehen, dem lebensweltlichen Erfahrungswissen einen epistemischen Deutungsvorrang einzuräumen. Methodologische Prinzipien des Fremdverstehens sollten nicht aus fadenscheinigem Wohlwollen gegenüber der Sicht von Co-Forschenden zur Disposition gestellt werden. Die erforderliche methodische Ernsthaftigkeit kann nur dann zu einem gemeinsamen Anliegen von akademisch und nicht-akademisch Forschenden werden, wenn Sinn und Zweck der Forschungsmethoden kritisch nachvollzogen und allseits als gewinnbringend anerkannt werden. [37]

Ein durchaus gewichtiger Einwand ist in diesem Zusammenhang, dass Personen, die selbst dem beforschten Kontext angehören, ihre Daten nicht unvoreingenommen interpretieren könnten und somit als Co-Interpret*innen ihres eigenen Lebens nicht in Betracht kämen (WAGNER-WILLI 2011, 2016). Aus unserer Sicht ist dieses vermeintliche Problem jedoch nicht unlösbar, wenn klar zwischen Erfahrungsnarrativen (Reflexion) und erfahrungsnahen Lesarten (Interpretation) unterschieden wird und wenn die Bewertungslogiken offengelegt werden, wie es LAMPRECHT (2012) mit der rekonstruktiv-responsiven Evaluation forderte. Es spricht dann vieles dafür, dass partizipativ organisierte Interpretationsgruppen durchaus eine Bereicherung darstellen können. Weil aber auch wir erkennen, dass durch die unmittelbare eigene Betroffenheit durchaus Interpretationshemmnisse oder ethisch problematische Zumutungen für die Beteiligten entstehen können, wäre alternativ auch ein stellvertretendes Mit-Interpretieren durch Personen vorstellbar, die nicht selbst beforscht wurden, aber die Lebensumstände des Forschungsfeldes aus eigener Erfahrung gut kennen. Dies könnte ein praktikabler Kompromiss im Sinne einer reflexiven Balance von konjunktiver Erfahrung und persönlicher Betroffenheit sein. [38]

4.3 Verständliche methodologische Einordnung von Ergebnissen

Ein dritter Anwendungsbereich der Erklärvideos ist der Einsatz im Zuge von Ergebnispräsentationen rekonstruktiver Studien, um rückwirkend Transparenz über die Forschungsweise herzustellen. Diese Funktion hatten die Videos u.a. auch in unserem Projekt. Dabei war für uns nicht die nachträgliche Rechtfertigung unseres Vorgehens maßgeblich, sondern vielmehr die kompakte Rekapitulation der Methode im Zuge von Veranstaltungen zur Ergebnisvorstellung. So konnten wir dafür sorgen, dass die anschließende Diskussion nicht methodisch freischwebend geführt wurde, sondern Ergebnisse auch in ihrem empirischen Zustandekommen und damit auch mit Blick auf ihre Geltungsreichweite und ihre Limitierungen mit allen diskutiert werden konnten. Auf diese Weise können die Videos einleitend oder vorbereitend zu Ergebnisdiskussionen mit Forschungsbeteiligten und Praxispartner*innen genutzt werden. Die so hergestellte Methodenklarheit kann dazu beitragen, dass diejenigen, die sich mit und in den Ergebnissen thematisiert sehen, ein weniger starkes Rechtfertigungsbedürfnis empfinden und die rekonstruierte Praxis bzw. das in Fallstudien situierte Handeln nicht sofort reflexhaft verteidigen und bewerten (OTTEN 2020). Besonders im Rahmen der dokumentarischen Evaluationsforschung (BOHNSACK & NENTWIG-GESEMANN 2020) könnte das möglicherweise zu einer konstruktiven Verständigung mit Partner*innen aus Praxisfeldern oder Nutzer*innen über Forschungsergebnisse sowie deren Geltung und Relevanz beitragen. [39]

Im Zusammenhang mit der Rückmeldung unserer Projektergebnisse an die Beteiligten und Praxispartner*innen war genau dies ein besonders wichtiger Aspekt. Mithilfe der Videos wurde für die Bildungsfachkräfte nachvollziehbar, dass es uns eben nicht um Bewertungen individueller Handlungen und Äußerungen ging, sondern um einen rekonstruktiven Blick auf handlungsleitende Orientierungen. Es kam zu einem fruchtbaren und durchaus auch kontroversen Austausch, der sich aber auf der Basis hoher gegenseitiger Wertschätzung und Achtung vollzog. Gerade im Kontext von Forschung zu Phänomenen und Prozessen sozialer Exklusion halten wir eine solche (gegenseitige) Sensibilität für dringend geboten. Hierfür ist unseres Erachtens nicht nur forscherisch-handwerkliches Können notwendig, sondern auch ein auf Empathie, Offenheit und Transparenz beruhender Umgang mit dem jeweiligen Vorwissen und den Standortgebundenheiten (HEMPEL & OTTEN 2021). [40]

5. Ausblick: mehr Partizipation in der rekonstruktiven Forschung?

Forschung ist eine in Gesellschaft eingebettete (und nicht über ihr schwebende) Praxis. Dies wird zwar für alle qualitativen Methoden mehr oder minder stark unter dem Aspekt einer reflexiven Feldsensibilität betont. Allerdings wird selten genauer geklärt, wie diese Reflexivität individuell und in kollektiven Forschungszusammenhängen konkret erzeugt und aufrechterhalten wird (ENGERT 2018; FLICK & HOPPE 2021; GÜNTHER & KERSCHGENS 2016).19) Dies gilt auch und vor allem für solche Kontexte, in denen Prozesse und Praktiken untersucht werden sollen, in denen Diskriminierung und Ausschluss eine zentrale Rolle spielen. Forschung, in der Exklusion zum Gegenstand gemacht wird, in der aber stoisch exklusive Deutungs- und Interpretationssettings aufrechterhalten werden, ist aus unserer Sicht forschungsethisch und methodologisch fragwürdig (HAMETNER 2013; HEMPEL & OTTEN 2021). Daher ist bereits die Frage, wer wie aus welchen Gründen an Forschung (nicht) beteiligt werden kann und soll, eine fundamentale Reflexionsfrage (CHESSER, PORTER & TUCKETT 2020; VON UNGER 2014b). [41]

Besonders problematisch ist aus unserer Sicht, wenn Ausschlüsse aus der Interpretationsarbeit damit begründet werden, die "beforschten" Menschen vor kompromittierenden Konfrontationen und Irritationen durch womöglich unbequeme Lesarten ihrer Lebensverhältnisse schützen zu wollen. Derartige Argumente basieren auf dem Verdacht, dass die Beteiligung von Angehörigen des untersuchten Feldes in der Auswertung zu einer erkenntnishemmenden Rücksichtnahme führen könnte und unbefangene Interpretationen aus Angst vor unkontrollierter Emotionalität unterbunden würden. Natürlich können nicht nur Erfahrungen aus Feldkontakten und Erhebungskontexten20), sondern auch die interpretativen Arbeiten jederzeit Affekte evozieren; das tun sie potenziell immer – übrigens auch bei erfahrenen Interpret*innen (REICHERTZ 2018). Es mag durchaus spezifische Konstellationen und forschungsethische Gründe geben, die es geboten erscheinen lassen, die Menschen in den untersuchten Lebenswelten nicht direkt mit dem "analytischen Blick" der Interpretierenden zu konfrontieren. Doch als allgemeine Regel rekonstruktiven Forschens ist diese Position latent paternalistisch. Der Umgang mit Formen von Selbstbetroffenheit im Zuge der Interpretation ist unseres Erachtens weniger ein epistemisches Problem des Standortes, sondern letztlich eine forschungspraktische Frage der taktvollen21) Kommunikation über das zu Interpretierende. [42]

Wenn rekonstruktive Forschung als partizipationsoffen verstanden und betrieben wird, so könnte man als ihre forschungsethische Basis eine epistemische Reziprozität annehmen: Wenn die "Beforschten" ihre "narrative Großzügigkeit" (HEMPEL & OTTEN 2021, S.213) in ein Projekt einbringen, "schulden" ihnen die akademisch Forschenden im Gegenzug einen offenen und dialogbereiten Umgang mit den Interpretationsergebnissen. Dazu müssen Ergebnisse in ihrem Zustandekommen und in ihrer späteren Darstellungsform verständlich sein. Denn nur so lässt sich die Einladung zur Beteiligung an Forschung in ihren möglichen Folgen einschätzen. [43]

Es gibt also wichtige ethisch-normative Gründe, sich mit Möglichkeiten einer partizipativen Öffnung interpretativer und rekonstruktiver sozialwissenschaftlicher Forschung stärker auseinander zu setzen (ABD-AL-MAJEED, GÜNTHER & SCHUCK 2021; CHESSER et al. 2020; SCHREIER & RUPPEL 2021; THOMAS 2021). Doch auch dort, wo nicht partizipativ geforscht werden kann oder soll, braucht es leicht verständliche Zugänge und Darstellungsweisen der Forschungspraxis und ihrer Ergebnisse. TOMLINSON (2021, S.59) hat das im Grundton der kritischen Theorie für eine Soziologie der inklusiven Bildung klar formuliert: "Sociology is a subject whose insights should be available to all members of a society to help them understand the mystification and untruths about their social reality which are continually offered to them by those with power and influence." [44]

Dies gilt umso mehr, wenn es in den beforschten subalternen Kontexten und Milieus schon vor jeder Forschungsaktivität ein kritisches Bewusstsein über hegemoniale und paternalistische Verhältnisse gibt und viele Menschen ihr Recht auf wirklich informierte Einwilligung auch selbstbewusst wahrnehmen. Sie wollen dann nicht nur Daten liefern, sondern auch wissen, was mit denselben passiert (PITTAWAY, BARTOLOMEI & HUGMAN 2010). Wird dieser Anspruch wohlfeil übersehen oder allein mit methodischen Argumenten beiseite geräumt, während die Forscher*innen gleichzeitig auf dichte Daten und intime Einblicke in die authentischen Lebensverhältnisse aus sind, werden legitime Erwartungen der Personen, deren Leben und Handeln Gegenstand der Forschung ist, unterlaufen. Wenn die in Frage kommenden Forschungsmethoden mit ihren Vor- und Nachteilen nicht bekannt sind, können sie weder in einer informierten Weise ausgewählt noch sinnvoll abgelehnt werden (BEHRISCH & WRIGHT 2018; VON UNGER 2018). Denn nur wenn Menschen wissen, welche verschiedenen Forschungsoptionen bestehen und worüber genau es zu entscheiden gilt, kann der Anspruch tatsächlicher Partizipation an Forschung glaubwürdig erfüllt werden. Von barrierearmen Zugängen profitieren alle. Dazu möchten wir mit den vorgestellten Erklärvideos zur dokumentarischen Methode einen Beitrag leisten. [45]

Danksagung

Wir danken allen Co-Forschenden und Beteiligten im Projekt ParLink für den guten und offenen Austausch. Besonderer Dank gilt unseren ehemaligen Kolleginnen Jonna KEßING, Anna NUTZ und Andrea PLATTE für ihr kritisches Mitdenken, die grafische Gestaltung und Vertonung. Die visuelle und sprachliche Verständlichkeit sowie die Audiotranskriptionen wurden von Bildungsfachkräften des Instituts für Inklusive Bildung NRW sowie von Rose JOKIC und Siegfried SAERBERG geprüft, denen wir ebenfalls herzlich danken. Den Moderator*innen der FQS-Debatte und dem Redaktionsteam, insbesondere Katja MRUCK, danken wir für die wertvollen Kommentare und die sorgfältige und geduldige redaktionelle Begleitung.

Anmerkungen

1) Es geht uns an dieser Stelle nicht um die Binnendifferenzierungen, Spielarten, Abgrenzungen und Zukünfte verschiedener Methodologien und Positionen unter dem Dach qualitativer Sozialforschung, die in zahlreichen Publikationen – teils kontrovers – verhandelt wurden (z.B. MEY & MRUCK 2014; SCHEFFER & SCHMIDT 2019; STRÜBING, HIRSCHAUER, AYASS, KRÄHNKE & SCHEFFER 2018). <zurück>

2) Mit dieser vorsichtigen Formulierung geht es uns noch gar nicht um eine methodisch informierte Begründung rekonstruktiver Ansätze, sondern überhaupt erst einmal um solche Erkenntnisinteressen, mit denen latente, implizite und anderweitig symbolisch und kulturell vermittelte Sinnbezüge sozialen Handelns in den Blick genommen werden – ohne dass damit schon die fundierte Kenntnis entsprechender Wissenschaftstheorien verbunden wäre. <zurück>

3) Fragen der Vermittlung und des Zugangs zur Methode waren auch Thema einer vom Centrum für qualitative Evaluations- und Sozialforschung (ces e.V.) ausgerichteten Online-Podiumsdiskussion im Juni 2021. Neben biografischen Erzählungen und Lehr-Erfahrungsberichten widmeten sich die Diskutant*innen auch der Frage der eigenen Einsozialisation in die Communities der dokumentarischen Methode. Weitgehend einhellig wurde der erste Kontakt mit der Forschungsmethode vor allem als eine Erfahrung des Nicht-Verstehens erinnert, die sich erst nach intensiverer Auseinandersetzung mit Theorien zu einer gewissen Methodensouveränität wandelte. Auch war man sich darin einig, dass es an leicht verständlichen Einführungstexten in die dokumentarische Methode mangele. <zurück>

4) Die Vereinfachung der Darstellung bezeichnen wir als Umweg, weil es gerade keine abkürzende Simplifizierung ist, sondern im Gegenteil eine epistemische Übersetzungsarbeit. Das Gütekriterium einer anschlussfähigen, d.h. auch verständlichen "textuellen Performanz" (STRÜBING et al. 2018, S.93) gilt nicht nur für die Darstellung von Forschungsergebnissen, sondern aus unserer Sicht auch für die Methodenvermittlung selbst. <zurück>

5) Es handelte sich um ein in Teilen partizipativ angelegtes Forschungsprojekt. Im von Kolleg*innen der Universität Leipzig verantworteten Teilprojekt forschte eine partizipative Forschungsgruppe zu eigenständigen Fragestellungen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann. Der von uns verantwortete Projektteil war selbst nicht partizipativ angelegt. Siehe zur Gesamtanlage des Projekts SCHUPPENER et al. (im Druck) sowie die Projektseite https://www.partizipative-lehre.de [Zugriff: 4. November 2021]. <zurück>

6) Die zahlreichen Vorlesungsaufzeichnungen und vertonten Powerpoint-Präsentationen, die sich mittlerweile online finden lassen, zählen wir hier nicht zur Gattung der didaktisierten Erklärvideos, weil mit ihnen lediglich ein Vortragsgeschehen konserviert wird. Ein erwähnenswertes Beispiel didaktischer Innovation ist der webbasierte Comic zur Sozialforschung "Pragmatism Reloaded" an der Universität Tübingen (OFFENBERGER & das GRÜNBERGKOLLEKTIV 2020). <zurück>

7) https://www.videobasierte-lehre.de/dokumentation-2019/ [Zugriff: 20. Oktober 2021]. <zurück>

8) Für leichte Sprache gibt es mittlerweile Konventionen und professionelle Redaktions- und Prüfstellen, siehe https://leichte-sprache.de [Zugriff: 20. Oktober 2021]. <zurück>

9) In Workshops, in denen wir die Erklärvideos vorgestellt haben, wurde gelegentlich hinterfragt, ob das Beispiel Weihnachten und die im Film dargestellte traditionelle Familienkonstellation zu sehr an stereotypen Normalitätskonstruktionen ausgerichtet und somit zu wenig diversitätssensibel sei. Uns geht es allerdings in den Videos nicht primär um die differenzierte Darstellung von Vielfalt von Lebensentwürfen oder die Tatsache, dass Weihnachten für viele Menschen kein relevantes Fest ist. Vielmehr wurde bewusst eine typisierte Situation gewählt, gerade um so die methodische Notwendigkeit von Fallkontrastierung (andere Feste, andere Familienformen) offensichtlich und plausibel zu machen. <zurück>

10) Der von BOHNSACK (2017) zuletzt in seinem Grundlagenwerk genutzte metatheoretische Begriff der "Praxeologische[n] Wissenssoziologie" ist in dieser Hinsicht hilfreich, zumal die dokumentarische Methode hier als Forschungsmethode nicht mehr explizit erwähnt wird. <zurück>

11) Dies wäre auch mit dem Wissen um die komplexen binnenmethodologischen Diskussionen über Typenbildung eine lohnende gemeinsame methodendidaktische Anstrengung der dokumentarischen Forschungs-Community (siehe dazu die Beiträge von BOHNSACK et al. 2018 und NOHL 2019 sowie von SCHÄFFER 2020a, 2020b und STÜTZEL 2020 in den bisher erschienenen Jahrbüchern Dokumentarische Methode). <zurück>

12) Interessant, aber von uns mit den Videos noch nicht berücksichtigt, wäre über diese drei Bereiche hinaus auch der Einsatz von Erklärvideos zur methodologischen Verständigung in internationalen Forschungskooperationen und dem Interpretieren in mehrsprachigen Forschungsgruppen, wie es als Herausforderung z.B. bei FROST, HÖJER, CAMPANINI, SICORA und KULLBERG (2017) aufgeworfen wurde. Damit wären dann noch weitaus umfassendere epistemische Fragen der (fremd-)sprachlichen, kulturellen und wissenschaftskontextuellen Übersetzbarkeit metatheoretischer Begriffsapparate und methodologischer Traditionslinien (also nicht nur der kulturellen Gegenstandkontexte) verbunden. Für die dokumentarische Methode finden sich dazu einige Reflexionen in dem englischsprachigen Sammelband von BOHNSACK, PFAFF und WELLER (2010), die wir an dieser Stelle aber nicht vertiefen können (siehe allgemein dazu auch REGMI, NAIDOO & PILKINGTON 2010, für die Grounded-Theory-Methodologie z.B. TAROZZI 2013). <zurück>

13) Im Rahmen der bereits erwähnten Podiumsdiskussion des CES e.V. (siehe Anmerkung 3) wurde in den Schilderungen der eigenen forschungsbiografischen Wege der Diskussionsteilnehmenden deutlich, dass eher 'zufällige' Gelegenheiten und informelle Kontaktvermittlungen sowie die längere Teilhabe an exklusiven Interpretationsgemeinschaften besonders wichtig für den Zugang und die Motivation zur dokumentarischen Methode waren. <zurück>

14) Im Symposium des 6. Berliner Methodentreffens im Jahr 2010 stand u.a. dieser Beziehungsaspekt als gleichsam wichtige, utopische und nicht zuletzt als problematische, weil asymmetrische Relation im Fokus der Diskussion. https://www.youtube.com/watch?v=X_MsbTMnzTA [Zugriff: 22. September 2021]. <zurück>

15) Der Begriff "Spaß" taucht im Zusammenhang mit forschendem Lernen in der Regel nicht auf (in einigen Texten zum gemeinsamen Interpretieren immerhin am Rande, z.B. REICHERTZ 2013, S.69). <zurück>

16) Inwieweit einschlägige Lehrbücher und Einführungswerke sprachlich und didaktisch dieses Affizierungspotenzial aufweisen bzw. wie Studierende überhaupt auf die Idee ihrer jeweiligen Gegenstände und die Wahl einer rekonstruktiven Perspektive kommen, wäre eine eigene empirische Erkundung wert. <zurück>

17) Siehe dazu auch die Schwerpunktausgabe "Normativität in der Qualitativen Forschung" der Zeitschrift für Qualitative Forschung (JANOTTA & RAAB 2019b). <zurück>

18) Erfahrungsnahe Lesarten wären, wenn sie Teil von Interpretationen sind, nicht einfach nur wiederholte Propositionen des schon erzählten Erfahrungswissens, sondern interpretierte Erfahrung. Lesarten sind also systematisch von Narrationen zu unterscheiden. <zurück>

19) Neben den Beiträgen in dem methodisch breit gefächerten Sammelband von GÜNTHER und KERSCHGENS (2016) wird dies speziell für die dokumentarische Methode deutlich bei BERLI (2017), der die Praxis von Forschungswerkstätten rekonstruktiv analysiert hat, sowie in einem kürzlich erschienenen Sammelband von GRAALMANN et al. (2021), in dem die mehrjährigen Erfahrungen einer dokumentarischen Arbeitsgruppe reflektiert wurden. Allerdings handelt es sich auch bei diesen Beispielen um rein akademisch zusammengesetzte Gruppen und Werkstätten ohne Partizipation von forschungsunerfahrenen Personen. <zurück>

20) Siehe zur Bedeutung der Affekte im Feld z.B. VON BOSE (2019). <zurück>

21) Takt und Taktgefühl sind empirisch unscharfe Begriffe, und gerade im Zusammenhang mit empirischer Aufklärung stehen sie möglicherweise in Verdacht der Verschleierung und Manipulation (ZINGERLE 2014). Wir verstehen Takt hier nicht als methodische Kategorie, sondern eher als eine empirisch schwer greifbare, gleichwohl soziale hochwirksame Dimension der zwischenmenschlichen Verständigung. <zurück>

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Zu den Autoren

Matthias OTTEN lehrt und forscht seit 2009 als Professor für Politikwissenschaft und interkulturelle Bildung am Institut für Interkulturelle Bildung und Entwicklung der Technischen Hochschule Köln. Seine Arbeitsschwerpunkte sind interkulturelle und internationale soziale Arbeit, Migrations- und Fluchtforschung, Teilhabeforschung, Disability Studies und qualitative Sozialforschung.

Kontakt:

Matthias Otten

Technische Hochschule Köln
Institut für Interkulturelle Bildung und Entwicklung
Ubierring 48
D-50678 Köln

Tel.: +49 (0)221 8275-3360

E-Mail: matthias.otten@th-koeln.de
URL: https://www.th-koeln.de/personen/matthias.otten/

 

Sebastian HEMPEL ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain und Promovend am Hessischen Promotionszentrum für Soziale Arbeit. In seiner Dissertation forscht er rekonstruktiv zu Normalitätsorientierungen in verschiedenen Handlungskontexten der sozialen Arbeit.

Kontakt:

Sebastian Hempel

Hochschule RheinMain
Fachbereich Sozialwesen
Kurt-Schumacher-Ring 18
65197 Wiesbaden

E-Mail: sebastian.hempel@hs-rm.de
URL: https://www.researchgate.net/profile/Sebastian-Hempel

Zitation

Otten, Matthias & Hempel, Sebastian (2022). Mehr Partizipation im Kontext rekonstruktiver Forschung: Erklärvideos als didaktischer Einstieg in die Forschung mit der dokumentarischen Methode [45 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 23(1), Art. 7, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-23.1.3801.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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