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Volume 23, No. 2, Art. 4 – Mai 2022

Doing Qualitative Mehrebenenanalyse – Theoretische, methodologische und forschungspraktische Überlegungen

Sylvia Nienhaus & Ann-Kathrin Stoltenhoff

Zusammenfassung: Seit einigen Jahren werden qualitative Ansätze in der empirischen Sozialforschung immer mehr ausdifferenziert. Dies ist insbesondere Forschenden ein Anliegen, die das Zusammenspiel unterschiedlicher Ebenen berücksichtigen wollen wie HELSPER, HUMMRICH und KRAMER (2013) mit ihrer qualitativen Mehrebenenanalyse (QM). Nach HELSPER et al. ist dieser Ansatz durch viele offene Fragen gekennzeichnet, konkrete Hinweise auf eine Anwendung in der Forschungspraxis seien kaum vorhanden und die Übertragbarkeit auf andere Felder als das der Schulpädagogik sei noch nicht geklärt.

Die Idee zu diesem Artikel ist in einer seit 2019 bestehenden Arbeitsgruppe entstanden, in der wir versuchen, die QM hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit als Ansatz der empirischen Bildungs- und Sozialforschung kritisch weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang haben wir im November 2020 ein Gespräch mit Rolf-Torsten KRAMER, einem der drei Entwickler:innen, geführt. In diesen Beitrag haben wir Auszüge daraus eingearbeitet, um theoretische, methodologische und forschungspraktische Fragen zu erläutern, die sich uns in der bisherigen Beschäftigung mit der QM gestellt haben. Diese Fragen diskutieren wir weiter über Verweise auf einschlägige Literatur und im Rückgriff auf abgeschlossene Forschungsprojekte. Unsere Auseinandersetzung mit der QM verstehen wir als unabgeschlossenen Prozess, in dem wir um Transparenz bemüht und offen für Anschlüsse, Kritik und methodologische Ergänzungen sind.

Keywords: qualitative Mehrebenenanalyse; Triangulation; Mixed Methods; Bildungsforschung; Inklusionsforschung; Ungleichheitsforschung

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die QM

2.1 Ursprünge des Modells

2.2 Ausgestaltung des Modells

3. QM-Beispiele aus der qualitativen Forschungspraxis

3.1 Schulische Medienbildung als neues Wissensfeld – eine Disziplin übergreifende qualitative Mehrebenenanalyse

3.2 Das Relevant-Machen sozialer Ungleichheit im frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsalltag – eine QM über drei Ebenen

4. Forschungspraktisches Arbeiten mit der QM – Kritik und Desiderata

4.1 Stellenwert der QM und Vereinbarkeit unterschiedlicher Forschungszugänge

4.2 Strukturen der QM und Strategien der Relationierung

4.3 Fazit

Anmerkungen

Literatur

Zu den Autorinnen

Zitation

 

1. Einleitung

Vor dem Hintergrund der seit einigen Jahren geführten Debatte innerhalb sozialwissenschaftlicher Disziplinen über Mixed Methods (KELLE 2001; KUCKARTZ 2014) und die gegenstandsangemessene empirische Untersuchung von Mehrebenenphänomenen (KELLE 2001) widmen wir uns in diesem Beitrag einem bestimmten methodologischen Ansatz, der bisher vor allem in schulpädagogischen Forschungsarbeiten eingesetzt wurde: der qualitativen Mehrebenenanalyse nach HELSPER, HUMMRICH und KRAMER (2013). In diesem Kontext beschäftigen wir uns aus einer bildungssoziologisch-erziehungswissenschaftlich geprägten Perspektive in Abschnitt 2 zunächst mit der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte der qualitativen Mehrebenenanalyse (QM1)). In Abschnitt 3 illustrieren wir anhand zweier Beispiele aus der Forschung praktische Anwendungsmöglichkeiten, um in Abschnitt 4 eine kritische Betrachtung der QM vorzunehmen. In den Beitrag haben wir Auszüge eines Gesprächs mit Rolf-Torsten KRAMER, einem der drei Entwickler:innen der QM, integriert. Das Gespräch, welches wir im November 2020 geführt haben, wurde digital aufgezeichnet, transkribiert und anschließend in Abstimmung mit Rolf-Torsten KRAMER (RTK2)) redaktionell überarbeitet, um die Lesbarkeit und die Nachvollziehbarkeit der ausgewählten Gesprächsausschnitte zu verbessern. [1]

2. Die QM

Die qualitative Mehrebenenanalyse, so berichtete uns Rolf-Torsten KRAMER im Gespräch, sei ursprünglich zwar spontan, aber aus einer klaren Forschungsnotwendigkeit heraus entstanden:

"Es war eher eine plötzlich emergierende Idee, die aber dann doch sehr viel Plausibilität hatte. Und als die Grobkonzeption in der Welt war, ergab sich daraus recht deutlich, dass wir dazu etwas ausarbeiten müssen, weil es bislang keine explizite Ausarbeitung unserer Herangehensweise gegeben hatte. Das war also die Geburtsstunde der qualitativen Mehrebenenanalyse" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020)3). [2]

2.1 Ursprünge des Modells

Die QM nach dem Modell von Werner HELSPER, Merle HUMMRICH und Rolf-Torsten KRAMER wurde im Kontext schulpädagogischer Forschungsprojekte seit 2010 sukzessive entwickelt, wobei jedoch auch auf frühere empirische Studien von Werner HELSPER zurückgegriffen wurde:

"Ein sehr prominentes Beispiel ist in dem Sammelband 'Erziehungswissenschaftliche Biografieforschung' von Krüger und Marotzki (1996) zu finden. Darin untersucht Werner Helsper das Zusammenspiel von biografischen Erfahrungen, schulischen Verläufen und dem familiären sozialisatorischen Hintergrund von Schüler:innen4). Dabei ging es um die Frage, wie weit Schüler:innen im Raum Schule in eine verbürgende Position geraten und sich beispielsweise für das Amt als Schülersprecher:in anbieten oder auch gerade nicht. Das ist eine prototypische mehrebenenanalytische Verknüpfung.

Meine eigene intensivere Auseinandersetzung mit Mehrebenenphänomenen begann mit einem DFG-Projekt, das sich der Transformation der Schulkultur an ostdeutschen Gymnasien widmete. Wir wollten dort ursprünglich untersuchen, wie sich in den einzelnen konkreten Schulen übergreifende gesellschaftliche Transformationsprozesse zeigen, die in der Nachwendezeit und der Zeit der Wiedervereinigung zu bewältigen waren. Schon aufgrund der Komplexität dieser Fragestellung hatten wir unterschiedliche Zugänge bereits im Antrag vorgesehen. Dazu zählten stärker biografische Analysen zu Schüler:innen und auch zu Lehrkräften; diese verknüpften wir mit Analysen partizipativer Gruppenphänomene und an den Einzelschulen bestehenden Gremienstrukturen und zusätzlich wurden mythenähnliche Konstruktionen über die Schule berücksichtigt. Das war also eigentlich bereits eine mehrebenenanalytische Forschungsarchitektur, ohne dass wir das zu dem Zeitpunkt so genannt hätten" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [3]

Hier machte KRAMER deutlich, dass die QM dann relevant sei, wenn unterschiedliche Untersuchungsebenen in ihrem Zusammenspiel betrachtet werden sollen. Diese Herausforderung sei vergleichbar mit jener, der sich quantitativ Forschende ebenfalls gegenübersähen, so RTK.

"Es ist eigentlich eine ähnliche Anforderungsproblematik, die sich qualitativer und eben auch quantitativer Forschung stellen kann. Und im Kontext quantitativer Forschungen wurde etwas früher damit begonnen, dies zu diskutieren" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [4]

Diese Systematik quantitativer Mehrebenenanalysen (ENGEL 1998; GOLDSTEIN 2011) lässt sich in der Modelldarstellung (Abb.1) der QM wiedererkennen. Sie wird immer dann forschungspraktisch relevant, wenn "Objekte verschiedener Ordnungen gleichzeitig zum Gegenstand der Untersuchung werden" (HUMMELL 1972, S.13; s. auch DITTON 1998, S.12) und wenn untersucht werden soll, wie gesellschaftliche Kontexte individuelles Handeln beeinflussen (HELSPER et al. 2013, S.119; s. auch NIENHAUS 2018, S.84f.).



Abbildung 1: für Mehrebenenmodelle relevante, hierarchische Ebenen (HUMMRICH & KRAMER 2018, S.136, leicht geändert)5) [5]

Die QM lässt sich allerdings nicht nur auf diese quantitative Forschungslogik beziehen, sondern es wird auch an frühe qualitative Studien angeschlossen, in denen Prozesse auf der Individualebene in ihrem sozialen Kontext betrachtet wurden; als Beispiel nannten HELSPER et al. (2013) bzw. HUMMRICH und KRAMER (2018) hier die Marienthal-Studie (JAHODA, LAZARSFELD & ZEISEL 2014 [1933]). Die QM sei also nicht erst mit dem Modell von HELSPER et al. (2013) entstanden, sondern mit diesem sei eine bereits bestehende qualitative Forschungslogik expliziert worden, wie KRAMER im Gespräch weiter beschrieb:

"Wir haben nie behauptet, die qualitative Mehrebenenanalyse erfunden zu haben. Aber es geht uns darum, implizite Vorgehensweisen auch explizit zu machen und so einer neuen Reflexion zugänglich zu machen. Das ist der Anspruch. Mit Blick auf sehr frühe Klassiker der qualitativen Sozialforschung der Zwanziger, Dreißiger, Vierziger Jahre lässt sich das nachzeichnen. Was wir gemacht haben, hat also Vorläufer und ist im Grunde nicht vollständig neu" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [6]

Auch wenn beispielsweise JAHODA et al. (2014 [1933]) ihre Arbeit selbst nicht als qualitative Mehrebenenanalyse bezeichneten, so wird – betrachtet man die Vorgehensweise einmal genauer – doch deutlich, dass sie das Phänomen der plötzlich und umfassend aufgetretenen Arbeitslosigkeit in Marienthal6) multiperspektivisch und multimethodisch beleuchteten (HELSPER et al. 2013, S.120f.; HUMMRICH & KRAMER 2018, S.129f.; NIENHAUS 2018, S.85). Die QM lässt sich demzufolge als methodenintegrativer Ansatz beschreiben, mit dem an triangulierende Verfahren (FLICK 2011) angeknüpft wird:

"Man könnte also sagen, die qualitative Mehrebenenanalyse ist vielleicht ein Spezialfall eines Triangulierungsverfahrens oder einer Triangulationsforschungsanlage, die wir in unseren Beiträgen etwas genauer zu explizieren versucht haben" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [7]

Triangulation, für deren Unterscheidung in Perspektiven-, Methoden- und Datentriangulation ACKEL-EISNACH und MÜLLER (2012) oder KELLE (2001) im Kontext der Diskussion um Methodenintegration plädierten, beschrieben HELSPER et al. (2013) als notwendige Vorbedingung für ihre Version einer qualitativen Mehrebenenanalyse (s. auch HUMMRICH & KRAMER 2018, S.125). Triangulation gehe bei der QM jedoch über die systematische Einbeziehung von "Wechselwirkungen unterschiedlicher Aggregierungs- und Sinnebenen" (HELSPER et al. 2013, S.119) hinaus (NIENHAUS 2018, S.86). [8]

2.2 Ausgestaltung des Modells

Nach HELSPER et al. lassen sich relevante Merkmale einer QM wie folgt zusammenfassen: "Von der (qualitativen) Mehrebenenanalyse kann man aber erst sprechen, wenn eine systematische Einbeziehung differenter Aggregierungs- und Sinnebenen des Sozialen erfolgt und eine Zusammenführung der jeweils für eine Ebene gewonnenen Erkenntnisse über eine komplexe Gegenstandskonzeption vorgenommen wird" (a.a.O.). Im Gespräch ergänzte Rolf-Torsten KRAMER hierzu, dass eine solche Zusammenführung hierarchischer Ebenen im Rahmen einer komplexen Gegenstandskonzeption auch Möglichkeiten quantitativer bzw. der Verbindung qualitativer und quantitativer Forschungszugänge biete und damit auch anschlussfähig an Diskurse zu Mixed Methods7) sei.

"Entscheidend für das Forschungsprogramm der Mehrebenenanalyse ist eigentlich nicht so sehr die Frage der gewählten paradigmatischen Zuordnung eines methodischen Zugangs, sondern es geht tatsächlich darum, den Gegenstand immer schon als komplexes Mehrebenenphänomen zu entwerfen. Der Ausgangspunkt einer QM sollte bereits das Nachdenken über einen multiplen empirischen Zugang sein, und dieses Nachdenken über einen multiplen empirischen Zugang verbindet sich mit der Anforderung und der Notwendigkeit, die sich daraus ergebenden Verknüpfungsmöglichkeiten zu diskutieren, zu reflektieren und vorab holistisch zu entwerfen. Das schließt auch Überlegungen mit ein, die sich auf die Kombination qualitativer und quantitativer Verfahren richten, wobei das aus meiner Sicht eher nebensächlich für den Zugang der qualitativen Mehrebenenanalyse ist. Denn diese Frage ergibt sich ja genau über die Vermittlungsüberlegungen auf der Grundlage einer komplexen Gegenstandskonzeption. Vereinfacht könnten wir sagen, dass es Überschneidungen zwischen Mixed-Methods-Ansätzen und der QM immer dann gibt, wenn das Forschungsdesign Mixed-Methods-Ansätze erforderlich macht, weil der Gegenstand so entworfen wurde, dass es zur Beantwortung der Forschungsfragen multipler Zugänge bedarf – und diese auch relationiert werden müssen. Aber das muss vielleicht nicht immer der Fall sein: Nicht jedes Mixed-Methods-Design ist automatisch ein qualitatives Mehrebenendesign und auch nicht jedes qualitative Mehrebenendesign muss eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden aufweisen. Für eine qualitative Mehrebenenanalyse wäre entscheidend, dass es um bestimmte Formen der Komplexität, also der Gegenstandskonzeption geht, die über verschiedene empirische Zugänge eingeholt werden können. Zugleich geht es bei der QM um die Vermittlung dieser methodischen Zugänge in einer theoretisch-heuristischen Perspektive" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [9]

Vor diesem Hintergrund der Methodenintegration erfordert die QM eine offene Datenerhebung, eine Erhebung und Auswertung typischer Daten pro Ebene sowie eine Relationierung der ebenentypischen Sinnmuster (HELSPER et al. 2013, S.128; NIENHAUS 2018, S.90). Dieses letzte Kriterium ist HELSPER et al. (2013) bzw. HUMMRICH und KRAMER (2018) zufolge nun gleichzeitig der Clou und die Black Box der QM: Durch die Relationierung mehrerer "Sinnebenen zwischen makrosozialen, institutionellen, milieuspezifischen, interaktiven und individuellen Bezügen" gewinne die qualitative Forschung "Anschluss auch an makrosoziale Perspektiven und Makrotheorien des Sozialen" (HELSPER et al. 2013, S.131). Gleichzeitig sei die QM dadurch anschlussfähig an "eine reformulierte Theorie des Kulturellen, in der die Erklärung des Sozialen immer nur durch die Rekonstruktion und Relationierung von Sinnzusammenhängen möglich scheint (vgl. Reckwitz 2000, 2007)" (S.132). [10]

Trotz dieser gewichtigen Argumente für die Relationierung im Rahmen der QM bleibt deren konkrete Durchführung in den methodologischen Beiträgen von HELSPER et al. bzw. HUMMRICH und KRAMER (2018) unterbelichtet. HELSPER et al. (2013) visualisierten modellhaft mittels Pfeilen, in welche Richtung und über welche Ebenen Relationen verlaufen können (Abb. 2).



Abbildung 2: die komplexen Beziehungen zwischen Ebenen im Mehrebenenmodell (S.129) [11]

Darüber hinaus wird in Beispielen empirischer Arbeiten mittels Ellipsen beschrieben, wie Relationierungen im Feld der Schulpädagogik untersucht werden können (HUMMRICH & KRAMER 2018, S.137). Eine systematische Darstellung des Vorgehens, wie sie beispielsweise KELLER (2005, 2010) für die wissenssoziologische Diskursanalyse vorgelegt hat, existiert aber bisher nicht. Vielmehr seien, so KRAMER im Gespräch, die gemäß der QM durchgeführten Untersuchungen im schulpädagogischen Feld prototypisch und besonders gut geeignet, um das Vorgehen und die Prinzipien dieses Ansatzes zu illustrieren:

"Man könnte sagen, dass erziehungswissenschaftliche schulpädagogische Forschung schon dadurch komplex ist, dass die Schule in der Praxis Komplexität aufweist. Dadurch wird natürlich auch im methodischen Zugang und dessen Reflexion – einschließlich Kritik – so etwas wie eine Ausdifferenzierung und ein Mehrebenendesign hervorgebracht. Es geht dabei um so komplexe Phänomene wie das Zusammenspiel der Biografien von Schüler:innen und was daraus für die Professionalisierung und Rolle von Lehrpersonen in einer einzelne Schule folgt, was das mit Unterricht zu tun hat und wie sich dies wiederum zum Außerunterrichtlichen verhält. Eventuell werden auch noch das Milieu berücksichtigt oder auch Mehrgenerationengeschichten oder gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Schulforschung ist also prädestiniert, eine Art Mehrebenenthematik aufzurufen. Dieser Zugang sollte aber zugleich reflektiert, kritisiert und weiterentwickelt werden" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [12]

Forschungspraktische Hinweise, wie sich diese Relationierung Schritt für Schritt und untersuchungsunabhängig realisieren lässt, stehen jedoch wie erwähnt – und trotz der genannten Vorlage aus der Schulforschung – noch aus. Rolf-Torsten KRAMER wies jedoch darauf hin, dass dies unter Umständen auch der Gegenstandsangemessenheit einer QM entgegenstehen könne. Dass eine Übertragung auf andere Felder und Gegenstände möglich sei, steht KRAMER zufolge außer Frage, wie er mit Blick auf die qualitativen Studien berichtete, die als Vorläufer der QM verstanden werden könnten (s. Abschnitt 1.1):

"Angesichts der eingangs skizzierten Entstehungsgeschichte der QM wird sichtbar, dass selbst bei den früheren oder späteren Projekten von Helsper oder mir selbst keine eindeutige Zuordnung zu einem methodologischen Forschungszugang bestand, sondern dass sich unsere Art des Zugriffs auf komplexe Gegenstände über die Zeit gewandelt hat, und das ist für mich ein Beleg dafür, dass das mehrebenenanalytische Vorgehen mit verschiedenen Zugängen kompatibel ist" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [13]

Wichtig bei der Durchführung der QM zur Untersuchung weiterer komplexer Gegenstände ist KRAMER zufolge eine beständige Reflexion der Untersuchungsschritte sowie der Frage, inwiefern unterschiedliche Zugänge im Rahmen der QM kompatibel seien:

"Das Entscheidende ist, dass ein qualitatives mehrebenenanalytisches Design Forschende dazu zwingt, die verknüpften methodischen und methodologischen Zugänge immer auch daraufhin zu reflektieren, welcher Gegenstand darüber valide bestimmt werden kann, und wo die Grenze des gewählten Ansatzes bzw. der Perspektive liegt. Es geht also darum, zu reflektieren, was auf welcher Ebene sichtbar ist und wo die Verknüpfungsmöglichkeiten zu suchen und zu finden sind, wenn man einen qualitativen mit einem quantitativen Zugang verknüpft. Diese Reflexion ist bei einem qualitativen Mehrebenendesign notwendig – unabhängig von der Frage, ob es sich um ein monomethodisches oder ein multimethodisches Forschungsdesign handelt. Grundsätzlich wird ein Forschungsdesign komplexer, wenn es multimethodisch angelegt ist, aber damit vielleicht auch greifbarer" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [14]

3. QM-Beispiele aus der qualitativen Forschungspraxis

Vor dem Hintergrund des oben Dargestellten geben wir im Folgenden Einblick in zwei eigene abgeschlossene Forschungsprojekte, um mögliche Formen der Relationierung im Rahmen der QM zu diskutieren. Dies dient der Veranschaulichung der möglichen Arten und Weisen, wie qualitative Mehrebenenanalysen auch transdisziplinär – also über die Grenzen mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen hinweg – angelegt und durchgeführt werden können. [15]

3.1 Schulische Medienbildung als neues Wissensfeld – eine Disziplin übergreifende qualitative Mehrebenenanalyse

STOLTENHOFF (2019) untersuchte in einer diskurstheoretischen erziehungswissenschaftlichen Arbeit zwischen 2015 und 2018 die Entstehung des Wissensfeldes Medienbildung im Bildungsbereich Schule mittels eines diskursanalytischen Verfahrens, der Strategemanalyse von NONHOFF (2014).8) Das qualitative Forschungsdesign wurde mehrebenenanalytisch angelegt, ohne dass in der Studie selbst explizit auf die QM von HELSPER et al. (2013) Bezug genommen wurde. Dabei bildete die These, dass das Wissen der Lehrkräfte durch das öffentlich-mediale Wissen9) präformiert werde, den Ausgangspunkt. Um diese These zu belegen, wurde ein dreistufiges Forschungsdesign genutzt, bei dem zwei Ebenen integriert und miteinander verzahnt wurden: Die erste Untersuchungsstufe, die der eigenständigen Rekonstruktion der beiden Ebenen diente, bestand in der diskursanalytischen Rekonstruktion von Artikulationsweisen, die im Mediendiskurs (1994-2016) dominierten bzw. im Verlaufe dieser Zeit vorherrschend wurden (Untersuchungsstufe I). Die zweite Untersuchungsstufe diente der diskursanalytischen Rekonstruktion von Lesarten durch die Analyse leitfadengestützter Expert:inneninterviews (HELFFERICH 2014) mit insgesamt 14 Lehrkräften und Schulleitungen an neun allgemeinbildenden weiterführenden Schulen mit Medienprofil in den Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen (Untersuchungsstufe II). Die dritte Untersuchungsstufe bestand in einer Gegenüberstellung und Relationierung der unter (I) und (II) erzielten Ergebnisse (STOLTENHOFF 2019, S.5). [16]

Um eine operationalisierbare Relationierung zwischen zwei Ebenen herstellen zu können, wurde der Mediendiskurs (FRAAS & KLEMM 2005) von STOLTENHOFF als Makroebene gefasst (vgl. Abb. 2). Er wurde über ein Korpus aus insgesamt 126 Pressetexten aus drei deutschen Leitmedien (Die Zeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung) erhoben. In allen für das Korpus ausgewählten Pressetexten wurden Schule, Medien und Bildung thematisiert. Die zeitliche Eingrenzung der Beiträge erfolgte ausgehend von der Annahme, dass bestimmte, für den Untersuchungsgegenstand relevante Ereignisse zu einer verdichteten Diskursproduktion führen. Als diskursrelevant zählte STOLTENHOFF drei Publikationen der Kultusministerkonferenz (KMK), die in den Jahren 1995, 2012 und 2016 erschienen waren: die Erklärung "Medienpädagogik in der Schule" (KMK 1995), der Beschluss "Medienbildung in der Schule" (KMK 2012) sowie die Strategie "Bildung in der digitalen Welt" (KMK 2016). In das Korpus wurden also jene Pressetexte aufgenommen, die den genannten Kriterien entsprachen und die innerhalb eines zwölf Monate umfassenden zeitlichen Rahmens um die Publikation der KMK-Dokumente herum erschienen waren. Die drei "Diskursausschnitte entsprechen den Teilkorpora A I-III. Diese wurden um Elemente eines zweiten Korpus (B) ergänzt" (STOLTENHOFF 2019, S.6). Dieses zweite Korpus bestand aus den oben genannten Expert:inneninterviews mit Lehrkräften und Schulleitungen, welche die Datengrundlage zur Rekonstruktion des Wissens auf der lokalen Mikroebene bildeten (Abb. 3).



Abbildung 3: Teilkorpora, aus denen sich das Gesamtkorpus zusammensetzt (a.a.O.) [17]

Während die auf die Makroebene zielende Mediendiskursanalyse die mediale Herstellung des Wissensfeldes "schulische Medienbildung" zum Gegenstand hatte und auf Wissensformierung in der öffentlichen Rede von Schule, Medien und Bildung fokussiert war, richtete sich die auf die Mikroebene zielende Analyse auf die (Trans-)Formierung des Wissensfeldes "schulische Medienbildung" in lokal-situierten Praktiken an Einzelschulen. Der Fokus lag dabei auf der Formierung, (Re-)Produktion und Transformation von Wissen, das heißt auf Lesarten (des Mediendiskurses) von Lehrkräften.

Untersuchungsstufe

(I) Mediendiskursanalyse

(II) Analyse lokaler Praktiken

Forschungsperspektive/Theorie

Poststrukturalistische Diskursforschung (FOUCAULT 1986 [1969]), LACLAU & MOUFFE 1985)

Poststrukturalistische Diskursforschung (FOUCAULT 1986 [1969]), LACLAU & MOUFFE 1985)

Disziplinäre Verortung

Medien- und Kommunikationswissenschaft

Erziehungswissenschaft

Diskurstheoretische Variante

Diskurs- und Hegemonietheorie (LACLAU & MOUFFE 1985)

Diskurs- und Hegemonietheorie LACLAU & MOUFFE 1985)

Gegenstand

Mediale Formierung des Wissensfeldes "schulische Medienbildung"

(Trans-)Formierung des Wissensfeldes "schulische Medienbildung" in lokal-situierten Praktiken an Einzelschulen mit Medienschwerpunkt

Fokus auf die Analyse von

Wissensformierung (dominante Perspektiven in der öffentlichen Rede von Schule, Medien und Bildung)

Wissensformierung, Wissens(re)produktion und -transformation (Lesarten des Mediendiskurses)

Operationalisierung

Strategemanalyse

Strategemanalyse

Datengrundlage

Pressetexte aus deutschen Leitmedien (SZ, FAZ, ZEIT) aus den Jahren 1995, 2012, 2016

Interviews mit Lehrkräften und Schulleitungen an weiterführenden Schulen mit Medienschwerpunkt (2015)

Tabelle 1: Differenzierung der Untersuchungsstufen (I) und (II) nach Kriterien (linke Spalte) (S.7, neu erstellt) [18]

Im Anschluss an die unabhängig voneinander durchgeführte Erhebung und Auswertung der für die beiden Ebenen relevanten Daten erfolgte die Verzahnung der Ebenen primär über das Konzept der Bildung von Lesarten im Anschluss an FORNECK (2006) und WRANA (2008, 2012a, 2012b, 2012c). Dieses Konzept ist gebunden an eine praxeologisch inspirierte Perspektive, welche "eine Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroebene aufhebt" (STOLTENHOFF 2019, S.68): Die individuellen Lesarten der Lehrkräfte waren dadurch gekennzeichnet, dass in ihnen mehrere Kontexte bzw. Diskurse integriert waren (S.93), darunter auch der Mediendiskurs (Makroebene). Der Mediendiskurs bildete den Kontext der individuellen Herstellung von Wissen auf lokaler Mikroebene (ausführlicher: S.93ff.). Jenes Wissen, welches aus den Interviews mit den Lehrkräften rekonstruiert werden konnte, entsprach also einer individuellen Lesart des medialen Wissensfeldes "schulische Medienbildung". Dieser Zusammenhang konnte nur in der Analyse und Relationierung des komplexen Zusammenspiels von Makro- und Mikroebene nachvollzogen und sichtbar gemacht werden. Eine solche Vorgehensweise entsprach dem grundsätzlichen Anliegen des Forschungsprojektes, dessen Untersuchungsebenen disziplinär in den Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie in der Erziehungswissenschaft verortet waren (Tab. 1). [19]

Das Beispiel zeigt, wie eine qualitative Mehrebenenanalyse angelegt und durchgeführt werden kann, die sich in vielerlei Hinsicht mit jenen Kriterien deckt, die wir für die QM als Ansatz nach HELSPER et al. (2013) ausgemacht haben (vgl. Abschnitt 4.3): Es wird eine mehrebenenanalytische Perspektive eingenommen, bei der die unterschiedlichen Ebenen miteinander relationiert werden und die Eigenlogik der Ebenen berücksichtigt wird. Das Erkenntnisinteresse und die zentrale These bildeten dabei den Ausgangspunkt für ein Forschungsdesign, das dem Gegenstand und dessen Komplexität angemessen war. Über das mehrstufige Design und die nachvollziehbare Verzahnung der Ebenen – hier über die individuelle Bildung von Lesarten durch Lehrkräfte, denen Mediendiskurse als Kontexte dienen – konnten die zunächst voneinander getrennten empirischen Ergebnisse der beiden Untersuchungsstufen zusammengeführt und zur Beantwortung der Forschungsfragen genutzt werden. [20]

STOLTENHOFF bewegte sich in ihrer Untersuchung konsequent innerhalb einer Metatheorie, indem sie einer hegemonie- und diskurstheoretischen Perspektive im Anschluss an FOUCAULT (1986 [1969]) sowie LACLAU und MOUFFE (1985) folgte. Ob ein solches Projekt auch dann erfolgreich und überzeugend gewesen wäre, wenn divergierende Forschungsperspektiven respektive Metatheorien integriert worden wären, ist zweifelhaft. Es ist geplant, dieser Frage in einem eigenen Beitrag nachzugehen, der auch der Relevanz von Metatheorien in der empirischen Forschung gewidmet sein soll. [21]

3.2 Das Relevant-Machen sozialer Ungleichheit im frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsalltag – eine QM über drei Ebenen

Bereits vor der Einschulung sind Bildung und ihre gezielte Förderung zentrale Themen im frühkindlichen Alltag (OECD 2021). Vor diesem Hintergrund tragen entsprechende Orientierungen und Praktiken potenziell zur Genese sozialer Ungleichheit bei. Wie dies geschieht, hat NIENHAUS (2018) im Rahmen ihrer Dissertation10) auf der Grundlage von drei ethnografischen Fallstudien zwei- bis vierjähriger Kinder in deren jeweiligem Alltag im luxemburgischen Bildungs- und Betreuungssystem untersucht (Tab. 2).

Bildungs- und Betreuungsarrangement (Datensammlung bzw. Fallstudie)

Stephanie11)

Tito

Nadine

Erhebungszeitraum

Mai 2013 bis März 2015

Mai bis Oktober 2014

April bis November 2015

Milieu

liberal-gehoben

aufstiegsorientiert

aufstiegsorientiert

Settings und Entwicklung

konventionierte Crèche12), Education Précoce13) (vertical transition)14)

privatwirtschaftliche Crèche15), Education Précoce (adding settings)16)

konventionierte Crèche, Education Préscolaire (adding settings)

Themen

Laufbahnplanung, Erziehung zu gesundem Essen

Koordinationsaufgaben, "Schulung" des Sozialverhaltens

Sprache und Sprechen

Tabelle 2: Die erhobenen Bildungs- und Betreuungsarrangements als Grundlage für die QM (S.113, leicht geändert) [22]

Hierzu wurden im Rahmen einer multi-sited ethnography (MARCUS 1995) Interviews sowie Feldgespräche, teilnehmende Beobachtungen und Wegbegleitungen von 2-4jährigen Kindern in deren Bildungs- bzw. Betreuungsumfeld durchgeführt sowie Felddokumente in Kindertageseinrichtungen und Vorschulen gesammelt. Orientiert am Konzept des theoretischen Samplings (STRÜBING 2018, S.227ff.) wurde hierbei eine "progressive Feldzugangsstrategie" (WOLFF 2010, S.348) verfolgt (NIENHAUS 2018, S. 97ff.). Aus diesen Daten wurden dann in einem ersten Schritt elterliche Bildungs- und Betreuungsorientierungen sowie 1. dazugehörige Entscheidungen, 2. Alltagsstrukturen- und Ordnungen sowie 3. Interaktionen zwischen Kindern und Fachkräften in Einrichtungen hinsichtlich der Bedeutung von früher Bildung/Förderung rekonstruiert (ausführlicher: NIENHAUS 2018, S.113ff.). Darauf aufbauend wurden in einem zweiten Schritt diese ebenenspezifischen Bedeutungen von früher Bildung/Förderung relationiert, um diese im Hinblick auf (Nicht-)Passungen zu erfassen (S.229ff.). Dies erfolgte zum einen über ungleichheitsrelevante Themen (Sprache, Sozialverhalten, Essen, S.235ff.) und zum anderen über ungleichheitsrelevante Konstellationen von Akteur:innen, nämlich Erzieher:innen/Lehrer:innen und Kinder, Erzieher:innen/Lehrer:innen und Eltern, Erzieher:innen/Lehrer:innen und Erzieher:innen/Lehrer:innen (S.255ff.; Tab. 3).

Ebene

Analyseziel

Fokus

Fragen

Daten

(regionale Informationen)

Einbettung der folgenden Analysen

Bildungs- und Betreuungsarrangements

Wie sind die Bildungs- und Betreuungsarrangements lokal und kulturell gestaltet?

Wie entwickeln sie sich über die Zeit und welche Herausforderungen ergeben sich dabei?

Interviews und Beobachtungen

1. Milieus

Herausarbeiten eines spezifischen Fokus auf Bildung in Hinblick auf die Frage nach der Vereinbarkeit von Bildung und Betreuung im Alltag zwei- bis vierjähriger Kinder

Bildungs- bzw. Betreuungsorientierungen und -entscheidungen der Eltern

Welche Schwerpunkte lassen sich in den Bildungs- bzw. Betreuungsorientierungen und -entscheidungen erkennen?

Elterninterviews, Beobachtungen bzw. Begleitungen

2. Institutionen (Crèche, Education Précoce, Education Préscolaire17))

Herausarbeiten eines spezifischen Fokus auf Bildung in Hinblick auf die Frage nach der Vereinbarkeit von Bildung und Betreuung im Alltag zwei- bis vierjähriger Kinder (Passung zu Ebene 1?)

Alltagsstrukturen und -ordnungen in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen

Wie sieht der jeweilige Einrichtungsalltag aus?

Welche Ordnungen lassen sich erkennen?

Beobachtungen, Interviews bzw. Gespräche mit Erzieher- und Lehrer:innen, Felddokumente

3. Interaktionen

Herausarbeiten eines spezifischen Fokus auf Bildung in Hinblick auf die Frage nach der Vereinbarkeit von Bildung und Betreuung im Alltag zwei- bis vierjähriger Kinder (Passung zu Ebene 1 und 2?)

Interaktionen zwischen Erzieher:innen oder Lehrer:innen und Kindern in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen

Wie interagieren Erzieher:innen bzw. Lehrer:innen und Kinder miteinander?

Beobachtungen

Tabelle 3: Aufbau der durchgeführten QM – untersuchte Ebenen, ebenenspezifische Fragen und ebenenübergreifendes Analyseziel (NIENHAUS 2019, S.4f., leicht geändert) [23]

Dieser zweite Schritt hat zwei zentrale Ergebnisse hervorgebracht: Erstens wurde deutlich, dass Eltern, Fachkräfte und Kinder in ihrem Alltag gemeinsam mit bildungsrelevanten Themen beschäftigt waren. Dazu zählte das Erreichen von sprachlichen, sozialen oder esskulturellen Entwicklungszielen. Zweitens zeigte sich, dass die genannten Akteur:innen über das Schaffen von Vor- und Nachteilen für einzelne Kinder über diese Themen wiederum potentiell Prozesse sozialer Ungleichheit in Gang brachten oder fortsetzten. Diese Relationen hätten aus den Fallstudien allein, d.h. ohne mehrebenenanalytische Re-Analyse nicht so klar benannt werden können. Insofern hat die mehrebenenanalytische Rahmung dazu beigetragen, die Forschungsergebnisse zu schärfen. [24]

Kritisieren lässt sich jedoch, dass die Arbeit nicht von vornherein als qualitative Mehrebenenanalyse angelegt war, sondern diese erst zu einem späteren Zeitpunkt als Forschungsstrategie eingesetzt wurde und somit fraglich ist, inwiefern die Ebenenrelationierung tatsächlich stimmig ist. Ein Argument für die Stimmigkeit ist die Tatsache, dass ethnografische Untersuchungen bereits per se mehrebenenanalytisch sind, da unterschiedliche Alltagsebenen in den Blick genommen werden (NIENHAUS 2018, S. 95f.). Da die Stärke ethnografischer Forschung aber in der Analyse von Praktiken liegt, die auf einer sozialen Mesoebene angesiedelt sind (BREIDENSTEIN, HIRSCHAUER, KALTHOFF & NIESWAND 2020), da sie zwar mit Handlungen von Individuen verknüpft sind, jedoch über diese hinausgehen, lässt sich weiter fragen, inwiefern mittels ethnografischer Daten Aussagen über Mikro- und vor allem Makroebenen getroffen werden können, die in einer qualitativen Mehrebenenanalyse im besten Fall gemeinsam in die Betrachtung einfließen. [25]

4. Forschungspraktisches Arbeiten mit der QM – Kritik und Desiderata

4.1 Stellenwert der QM und Vereinbarkeit unterschiedlicher Forschungszugänge

Wie bereits in Abschnitt 2 dargestellt, lassen sich auf der Grundlage der Arbeiten von HELSPER et al. (2013) Kriterien einer qualitativen Mehrebenenanalyse benennen: komplexe Gegenstandskonzeption, offene Datenerhebung, ebenenspezifische Datenerhebung und -auswertung sowie Relationierung ebenentypischer Sinnmuster. Diese wurden in Abschnitt 3 anhand eigener Forschungsbeispiele konkretisiert. Wie sich vor diesem Hintergrund die QM nun in Gänze fassen lässt, beschrieb Rolf-Torsten KRAMER im Gespräch wie folgt:

"Werner Helsper, Merle Hummrich und ich haben erst so richtig explizit von einer qualitativen Mehrebenenanalyse als einem methodisch-methodologischen Programm oder Paradigma im Zusammenhang mit der Verfassung dieses Beitrages in einer Neuauflage des Handbuches für qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft gesprochen (Helsper et al. 2013). Die qualitative Mehrebenenanalyse ist einerseits eine Orientierung für Forschungszugriffe in der Phase der Konzeption und Planung und andererseits auch eine Orientierung für die Durchführung. Sie hat aber nicht den Charakter einer festen Theorie, denn das würde ja dem Anspruch qualitativer Forschung auch widersprechen. Bei einer QM geht es eigentlich um heuristische Annahmen, die vor allen Dingen auch formaltheoretischen Charakter haben. Das könnte beispielsweise die Annahme sein, dass es so etwas wie die Eigenlogik von biografischen Verläufen und Erfahrungsaufschichtung gibt oder die Eigenlogik von impliziten, handlungsleitenden habituellen Wissensbeständen, die Eigenlogik von Interaktionsfiguren und -mustern in Gruppenprozessen und so weiter. Da sich Organisationen, Institutionen, Milieus, Statusplatzierungen in der Gesellschaft usw. auf verschiedenen Ebenen denken lassen, geht es eigentlich darum zu versuchen, ein heuristisches Untersuchungskonzept zu entwickeln – gerade für Forschungsbereiche, in denen mehrebenenanalytische Designs noch nicht so verbreitet sind. In der Anwendung selbst ist die QM auch eine Vorlage für eine weitergehende Theoriebildung, weil sich über die eigene Empirie bestimmen lässt, wie beispielsweise eine Schülerbiografie mit einer Schulkultur verknüpft ist und was das mit Schulaufsicht sowie Schul- und Bildungspolitik zu tun hat. Ein solches Vorgehen kann auf eine konkrete gegenstandsbezogene Theoriebildung hinauslaufen. Diese wäre aber keine Blaupause für anschließende Forschungen, sondern man muss in jedem neuen Projekt wieder bei Null anfangen, so dass die QM wieder im Status einer Heuristik ist" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [26]

Viel spricht also für die QM als Heuristik – auch hinsichtlich der Offenheit, die HELSPER et al. (2013) der QM attestierten, sodass diese flexibel an unterschiedliche Forschungsfragen und -anliegen angepasst werden könne (S.125). In diesem Sinne hat NIENHAUS die QM in ihrem Forschungsprojekt (vgl. Abschnitt 3.2) als methodologischen Rahmen bzw. Forschungsstrategie an bereits bestehende ethnografische Fallstudien angelegt, um die Genese sozialer Ungleichheit auf unterschiedlichen Ebenen zu untersuchen. Versteht man Ethnografie jedoch selbst als "methodenplurale kontextbezogene Forschungsstrategie" (BREIDENSTEIN et al. 2020, S.45), stellt sich hier erneut die von HUMMRICH und KRAMER (2018) selbst aufgerufene und oben bereits thematisierte Frage, inwiefern unterschiedliche Theorien und Methodologien überhaupt in einer QM verwendet werden können bzw. inwiefern einzelnen Ebenen methodologische "Eigenlogiken" innewohnen (S.143). [27]

Solche Eigenlogiken wie beispielsweise die biografische Sinnrekonstruktion auf der Ebene des Individuums (Abb.1) würden es dann nötig machen, methodologische Anpassungen bzw. Erweiterungen auf anderen Ebenen im Rahmen einer QM vorzunehmen – eine Frage, die HUMMRICH und KRAMER zufolge ebenfalls noch ungelöst ist. Wie KRAMER im Gespräch verwiesen auch HELSPER et al. (2013) darauf, dass die "Grundlage einer solchen methodischen Triangulation […] eine Reflexion der gegenstandskonstituierenden Funktion eines je spezifischen methodischen Zugangs und der darin liegenden Grenze im Zugang zur sozialen Wirklichkeit [ist]" (S.124). STOLTENHOFF hat in ihrer Untersuchung die Eigenlogiken der beiden untersuchten Ebenen berücksichtigt, indem bei der diskursanalytischen Rekonstruktion unterschiedliche Foki gesetzt wurden (Abb. 3, Zeile 6). Im Zuge der Relationierung (Untersuchungsstufe III) wurden jedoch lediglich qualitative Daten miteinander in Beziehung gesetzt. Eine stärker quantitative Ausrichtung bei der Rekonstruktion des Mediendiskurses, beispielsweise mittels lexikometrischer Verfahren, hätte die Ergebnisse vermutlich nicht wesentlich verändert, sie jedoch aus empirischer Perspektive gestärkt. Darauf verzichtet wurde vor allem aufgrund begrenzter Ressourcen; ein Umstand, auf den wir im folgenden Abschnitt noch kurz eingehen werden. [28]

4.2 Strukturen der QM und Strategien der Relationierung

Die oben formulierte Frage nach möglichen ebenenspezifischen Eigenlogiken verweist auf die ebenfalls von HELSPER et al. (2013) geforderte "formaltheoretische Rahmung der triangulierenden Bezugnahme" (S.124), die die Basis für die Zusammenführung von ebenenspezifischer und ebenenübergreifender Analyse bilde. Somit wird ein weiterer, eigenständiger Fragenkomplex aufgerufen, der im Hinblick auf die forschungspraktische Arbeit mit der QM noch ungeklärt ist, nämlich Möglichkeiten (und vielleicht auch Unmöglichkeiten) der Relationierung hierarchisch gelagerter Ebenen: Welche und wie viele Ebenen können bzw. sollen auf welche Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden? [29]

Diese Fragen beziehen sich auf die bereits in Abschnitt 2 thematisierte notwendige Vorbedingung der QM, nämlich ihren methodenintegrativen, triangulierenden Ansatz, der – so lässt sich mit HELSPER et al. weiterführen – zugleich aber einen spezifischen Typus der Verknüpfung darstellt: "Es geht dabei immer um die Relationierung von Bedeutungs- und Sinnzusammenhängen, die auf verschiedenen Aggregierungs- und Komplexitätsebenen des Sozialen angesiedelt sind, wobei versucht wird, zwischen diesen unterschiedlichen Ebenen des Sozialen nicht deterministische Zusammenhänge herzustellen" (S.126). Wie dies konkret aussehen könnte, blieb jedoch offen, da die Konkretisierung am jeweiligen Forschungsprojekt erfolgen müsse (HUMMRICH & KRAMER 2018, S.144). Verwiesen wurde lediglich auf mögliche Wirkungsrichtungen zwischen den hierarchisch angeordneten Ebenen (Abb.2), die im Rahmen von Passungsverhältnissen oder -konstellationen (HELSPER et al. 2013, S.130f.) beschrieben werden sollten. [30]

In diesem Sinne hat NIENHAUS in ihrer QM im Rahmen des in Abschnitt 3.2 vorgestellten Forschungsprojekts Verbindungen zwischen drei hierarchischen Ebenen auf der Grundlage thematischer Ähnlichkeiten (Bildungsbezüge in den Bereichen Sprache, Sozialverhalten und Essen) in unterschiedlichen Konstellationen von Akteur:innen herausgearbeitet. Dagegen hat STOLTENHOFF in ihrer in Abschnitt 3.1 vorgestellten Dissertation den Zusammenhang zweier Ebenen rekonstruiert, die nicht auf den ersten Blick miteinander in Beziehung stehen (Mediendiskurs und medienbezogenes Wissen von Lehrkräften) und die traditionell zwei unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen zugeordnet werden (Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Erziehungswissenschaft). [31]

HUMMRICH und KRAMER (2018) nahmen auf NOHL Bezug, der demgegenüber vorgeschlagen hatte, mit Typisierungen zu arbeiten, um top-down oder bottom-up relationieren zu können (2015, S.352f.; s. auch NOHL 2013).18) Hinsichtlich des Aufwands der Rekonstruktion einer (synthetischen) Typisierungsebene, die zu den bereits vorhandenen hierarchischen Aggregierungsebenen sowie deren spezifischen Sinnebenen (HUMMRICH & KRAMER 2018, S.143f.) addiert werden müsste, schließt sich an dieser Stelle die von HUMMRICH und KRAMER selbst aufgeworfene Frage an: "Wie viele Ebenen sind in einem qualitativen Projekt mit welcher Ausstattung und welchen Risiken bewältigbar?" (S.143) Diese Frage erscheint insbesondere mit Blick auf die Zusammenarbeit in Verbundprojekten sowie Forschungsprojekten von Wissenschaftler:innen in Qualifikationsphasen als besonders relevant. KRAMER formulierte im Gespräch dazu:

"Die Empfehlung wäre, in Qualifikationsvorhaben und insbesondere der Promotion, die Komplexität nicht zu hoch anzusetzen und sich auf zwei Ebenen zu begrenzen, denn das ist erkenntnistheoretisch spannend und für einen solchen Rahmen völlig ausreichend. Sonst besteht die Gefahr, dass man das Vorhaben überfrachtet und das ist nicht produktiv, weil man es dann möglicherweise nicht zu einem befriedigenden Abschluss bringt und man den eigenen Anspruch nicht einlösen kann, der damit verknüpft wäre" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [32]

Gleichzeitig – und das ist nicht zuletzt auch unser Anliegen mit diesem Beitrag – hob KRAMER hervor, dass die QM in ihrer flexiblen Gestalt auch viele Möglichkeiten der eigenständigen Ausgestaltung von Forschungsprojekten biete:

"Scheuen Sie sich nicht, mit dem eigenen Vorhaben auch eigene Wege zu gehen und sich ein Stück weit von Helsper, Kramer, Hummrich oder auch Nohl freizumachen und souverän zu entscheiden, was Sie für richtig halten. Natürlich geht es in der Wissenschaft darum, Bestehendes aufzugreifen, umzusetzen und zu diskutieren, aber es ist auch möglich, sich kritisch davon abzusetzen und eigene Wege zu gehen, wenn diese gut begründet sind. Es ist also auch erlaubt, ganz neue Konzepte der qualitativen Mehrebenenanalyse zu entwickeln" (Gespräch mit RTK, 12. November 2020). [33]

4.3 Fazit

Wir haben in diesem Beitrag einen ersten eingehenden Blick auf die qualitative Mehrebenenanalyse nach HELSPER et al. (2013) geworfen. Basierend auf dem derzeitigen Stand unserer Auseinandersetzung lassen sich folgende Kennzeichen oder Eigenschaften festhalten, die eine QM im Wesentlichen ausmachen:

Aus diesen Kennzeichen ließe sich folgern, dass quasi jedes interessierende Phänomen in Ebenen aufgefächert werden kann, wenn eine mehrebenenanalytische Perspektive eingenommen wird. Dabei können unterschiedliche Ebenen benannt und miteinander relationiert werden, wobei die Eigenlogik jeder Ebene berücksichtigt werden sollte. Bei der QM handelt es sich also nicht um eine Methode im engeren Sinne, sondern um eine im besten Sinne agile Form von Forschung, bei der dem Anspruch der Gegenstandsangemessenheit (STRÜBING, HIRSCHAUER, AYAß, KRÄHNKE & SCHEFFER 2018) gefolgt wird. Deshalb sind qualitative Mehrebenenanalysen hoch individuell und kaum miteinander vergleichbar. Ihnen gemeinsam ist der Anspruch, komplexe Phänomene und Zusammenhänge zu erklären und dies über die Relationierung von Ebenen vorzunehmen. [35]

Anmerkungen

1) Diese Abkürzung findet sich im Eintrag "Mehrebenenanalyse" von Werner HELSPER (2018, S.156) in der aktuellen Auflage des Bandes "Hauptbegriffe Qualitativer Forschung" (BOHNSACK, GEIMER & MEUSER 2018) und wird im Folgenden parallel zum ausgeschriebenen Begriff verwendet. <zurück>

2) Akronym für Rolf-Torsten KRAMER; wird im Folgenden für die Quellenangabe der Gesprächspassagen verwendet. <zurück>

3) Diese und weitere Passagen aus dem Gespräch sind keine Wort-für-Wort-Transkripte, sondern stellen eine redaktionell überarbeitete Inhaltswiedergabe dar. <zurück>

4) In etablierten geschlechtergerechten Schreibweisen wird der Asterisk, der Gender Gap oder der Doppelpunkt verwendet. Zugunsten einer inklusiveren, barriereärmeren Nutzung beispielsweise durch verbreitete Screenreader oder Apps wie VoiceOver verwenden wir in diesem Beitrag den Doppelpunkt. <zurück>

5) Es handelt sich bei den Abbildungen 1 und 2 um Bildzitate gemäß Urheberrechtsgesetz. Die Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt und fallen nicht unter eine CC-/Open-Access-Lizenz. Sie dürfen nicht über die Publikation hinaus verbreitet und wiederverwendet werden. Jede weitere Veröffentlichung bedarf der Zustimmung der Urheber:innen. Die Zustimmung der Urheber:innen liegt uns vor. <zurück>

6) Der Marienthal-Studie, einem "Klassiker der empirischen Sozialforschung" (JOST 2009, §1), widmete sich insbesondere MÜLLER (2008), dem es mit "seinem sozialhistorischen Zugang gelingt […], interessante Details zur Studie selbst sowie zur Gemeinde und zur Fabrik zu präsentieren" (JOST 2009, Abstract). <zurück>

7) Unter Mixed Methods wird im Kontext der Sozialforschung "die Anwendung sowohl qualitativer als auch quantitativer Methoden in einer Studie oder in zwei eng aufeinander bezogenen Studien sowie die Integration qualitativer und quantitativer Daten bzw. Elemente" (SCHREIER 2017, §32) verstanden (s. auch KELLE 2001, 2014; KUCKARTZ 2014). <zurück>

8) Eine relativ kompakte Darstellung der komplexen Strategemanalyse lieferte STOLTENHOFF (2021). <zurück>

9) Gemeint ist jenes Wissen, welches als Mediendiskurs in Form vielzitierter auflagenstarker Presseorgane bereitsteht. Mediendiskurse wurden als öffentlich verfügbare "Bausteine gesellschaftlicher Wissenskonstitution" (FRAAS & KLEMM 2005, S.1) gefasst (s. auch STOLTENHOFF 2019, S.5). <zurück>

10) Entstanden im Rahmen des ethnografischen Projekts "Children in the Luxembourgian Day Care System" (CHILD), das vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 an der Universität Luxemburg durchgeführt wurde. Für nähere Informationen siehe BOLLIG, HONIG und NIENHAUS (2016). <zurück>

11) Vornamen sind Pseudonyme. <zurück>

12) Entspricht in etwa einer deutschen Kindertageseinrichtung in öffentlicher Trägerschaft. <zurück>

13) Vorschulklasse, die von Kindern im Alter zwischen drei und vier Jahren besucht werden kann. <zurück>

14) Altersgemäßer Wechsel von einer Einrichtung in eine andere. <zurück>

15) Entspricht in etwa einer deutschen Kindertageseinrichtung in privat-gewerblicher Trägerschaft. <zurück>

16) Das Hinzuaddieren von Bildungs-/Betreuungssettings im Alltag eines Kindes. <zurück>

17) Verpflichtende Vorschule für Kinder ab vier Jahren. <zurück>

18) Ein Beispiel einer solchen mehrebenenanalytischen Untersuchung ist die empirisch-rekonstruktive Analyse der Arbeitsmarktintegration hochqualifizierter Migrant:innen von NOHL, SCHITTENHELM, SCHMIDTKE und WEISS (2006). <zurück>

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Zu den Autorinnen

Dr. Sylvia NIENHAUS ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft, AG Schulforschung, der Ruhr-Universität Bochum. Sie arbeitet zu qualitativer Mehrebenenanalyse, qualitativen Perspektiven auf Bildungsungleichheiten und Prozessen sozialer Ungleichheit sowie Orientierungen von Akteur:innen in (früh-)kindlicher Bildung und Betreuung.

Kontakt:

Dr. Sylvia Nienhaus

Ruhr-Universität Bochum
Institut für Erziehungswissenschaft, AG Schulforschung
Overbergstr. 17
44801 Bochum

E-Mail: sylvia.nienhaus@ruhr-uni-bochum.de

 

Dr. Ann-Kathrin STOLTENHOFF ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften der Europa-Universität Flensburg. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte sind interdisziplinäre Diskursforschung, Subjektivierungsforschung, digitale Transformation pädagogischer Ordnungen, Medienbildung, qualitativ-rekonstruktive Heterogenitäts-, Inklusions- und Diversitätsforschung sowie Forschungsethik und Forschungsdatenmanagement.

Kontakt:

Dr. Ann-Kathrin Stoltenhoff

Europa-Universität Flensburg
Institut für Erziehungswissenschaften, Abtl. Schulpädagogik
Auf dem Campus 1a
24943 Flensburg

E-Mail: ann-kathrin@stoltenhoff.de
URL: http://www.uni-flensburg.de/schulpaedagogik/wer-wir-sind/personen/dr-ann-kathrin-stoltenhoff

Zitation

Nienhaus Sylvia & Stoltenhoff, Ann-Kathrin (2022). Doing Qualitative Mehrebenenanalyse – Theoretische, methodologische und forschungspraktische Überlegungen [35 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 23(2), Art. 4, https://doi.org/10.17169/fqs-22.2.3808.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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