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Volume 23, No. 3, Art. 5 – September 2022

Qualitative Interviewforschung mit vulnerablen Gruppen: methodologische Reflexionen zum Einsatz von Präsenz-, Telefon- und Videotelefonie-Interviews in einem Forschungsprojekt zu Angst und Mobilität

Gerit Götzenbrucker, Michaela Griesbeck & Kai Daniel Preibisch

Zusammenfassung: Ziel dieses Beitrags ist, unterschiedliche qualitative Erhebungsformen (Präsenz-, Telefon- und Videotelefonie-Interviews) für die Forschung mit vulnerablen Gruppen methodologisch zu reflektieren. Im Beitrag adressieren wir die Leitfrage, wie sich Personen, die von starker Angst oder Angsterkrankungen betroffen sind, in qualitative Forschungsprojekte einbinden lassen und welche Vorteile und Herausforderungen mit den unterschiedlichen (analogen und digitalen) Erhebungsformen verbunden sind. Die Basis dafür bilden 12 qualitative Leitfadeninterviews (KRUSE 2015), die im Rahmen des Forschungsprojektes "Angstfrei mobil" während der Covid-19-Pandemie in den unterschiedlichen Modi durchgeführt wurden. Der Vergleich der Erhebungsformen erfolgt in Hinblick auf Vorabsprache, Gesprächsführung, Verzerrungen und Validität sowie Darstellungstiefe und Zeit- und Dokumentationsaufwand. Die jeweiligen Vorteile und Herausforderungen werden sowohl für die interviewten als auch für die interviewenden Personen dargestellt. Wir beschreiben darüber hinaus, welche forschungsethischen Maßnahmen bei Interviewplanung, Rekrutierung und Kommunikation zum Schutz vulnerabler Zielgruppen zu treffen sind und geben konkrete Empfehlungen für die Durchführung von qualitativen Interviews mit Menschen, die von Angsterkrankungen betroffen sind.

Keywords: qualitative Interviews; vulnerable Gruppen; Angsterkrankungen; Forschungsethik; Telefoninterviews; Videotelefonie-Interviews; Mobilität; öffentlicher Personennahverkehr; COVID-19

Inhaltsverzeichnis

1. Projekt "Angstfrei mobil": qualitativ forschen mit vulnerablen Gruppen

1.1 Projektaufriss und gesellschaftliche Relevanz

1.2 Zur Wahl des Methodendesigns

1.3 Zur Problematik von Technologieverwendung im Forschungsprozess

2. Maßnahmen zum Schutz der vulnerablen Gruppe: Personen mit starken Ängsten und Angsterkrankungen

2.1 Interviewplanung und -vorbereitung

2.2 Zugang zum Feld, Rekrutierung und Struktur des Samples

2.3 Angsterkrankungen und Ängste der Interviewpartner*innen

2.4 Interviewanbahnung und Kontaktaufnahme

3. Qualitative Interviewsettings und Erhebungsformen im Vergleich

3.1 Präsenzinterview

3.2 Telefoninterviews

3.3 Videotelefonie-Interviews via Zoom und Skype

4. Evidenzbasierte Empfehlungen für qualitative Forschungsprojekte mit vulnerablen Gruppen

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Zu den Autorinnen und zum Autor

Zitation

 

1. Projekt "Angstfrei mobil": qualitativ forschen mit vulnerablen Gruppen

1.1 Projektaufriss und gesellschaftliche Relevanz

Im Forschungsprojekt Angstfrei mobil (sein mit den Öffis)1) befassten wir uns mit von starken Ängsten oder Angsterkrankungen betroffenen Personengruppen im Wiener öffentlichen Verkehr. Wir legten inhaltlich einen Schwerpunkt auf den Einsatz von Kommunikationsmedien und -maßnahmen zur Unterstützung der Mobilität – unter besonderer Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie, welche zusätzlich auf bestehende Ängste eingewirkt hat. Mobilität als wichtiger Aspekt im Lebensvollzug ermöglicht Menschen die Teilhabe am sozialen Geschehen, kann sich aber für einige Personengruppen (z.B. mit psychischer Belastung) bedrohlich darstellen und zu sozialer Exklusion führen. Zwar wird im Zuge der Entwicklung von Mobilitäts- und Kommunikationsinfrastruktur zunehmend auf physische Barrierefreiheit geachtet, psychologische Aspekte kommen jedoch meist zu kurz. Im Projekt "Angstfrei mobil" adressierten wir dieses Versäumnis und thematisierten diese psychologischen Barrieren, indem wir bestehende Mobilitätsangebote und Kommunikationsmaßnahmen auf ihre Eignung für Menschen mit Angsterkrankungen untersuchten und Betroffene dazu befragten. Mithilfe eines qualitativen Forschungsdesigns erhoben wir die besonderen Anforderungen dieser Personengruppe und entwickelten gemeinsam mit den Projektpartner*innen Maßnahmen zur besseren Nutzbarkeit des öffentlichen Stadtverkehrs für Menschen mit Ängsten. Die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz der Studie ergibt sich insbesondere aus der direkten Einbindung der betroffenen Personengruppe – Menschen, die von starken Ängsten betroffen sind sowie Menschen mit Angsterkrankungen – mit dem Fokus auf verbesserte, umfassend barrierefreie Informations- und Mobilitätsangebote für die Nutzer*innen des öffentlichen Personennahverkehrs in der Großstadt Wien. [1]

1.2 Zur Wahl des Methodendesigns

Qualitative Interviews sind prinzipiell geeignet, um Alltagserfahrungen zu teilen, Geschichten zu erzählen (CISNEROS PUEBLA, FAUX & MEY 2004) und von Erlebnissen zu berichten – wenn erforderlich auch sehr ausführlich und in mehreren Sitzungen. Hierfür stehen unterschiedliche methodische Vorgehensweisen (MISOCH 2019) von sehr offenen, an der Narration orientierten Konzepten und Ethnografien bis hin zu biografischen (SCHÜTZE 1983), therapeutischen, rekonstruktiven, fokussierten (MERTON & KENDALL 1979 [1946]), problemzentrierten (WITZEL 2000) oder Tiefeninterviews (LORENZER 1973) sowie (semi-)strukturierte Leitfadeninterviews (LAMNEK 1989) zur Auswahl. Im "Angstfrei mobil"-Projekt wählten wir das qualitative Leitfadeninterview (KRUSE 2015, S.203ff.) als Erhebungsmethode, da dieses besonders dazu geeignet ist, die individuellen Sichtweisen der Befragten zu erheben und den – aus ihrer Perspektive – bedeutsamen Kontext zu untersuchen. Im Mittelpunkt von qualitativen Leitfadeninterviews stehen jeweils die Fragen danach, "was die befragten Personen für relevant erachten, wie sie ihre Welt beobachten und was ihre Lebenswelt charakterisiert" (FROSCHAUER & LUEGER 2020, S.16). Das spezifische Aufbauprinzip des Gesprächsleitfadens nach KRUSE (2015) ermöglicht die Herstellung einer guten Balance zwischen der für qualitativen Forschung unbedingt notwendigen Offenheit und der ebenso nötigen Strukturierung. Der Gesprächsleitfaden wird dafür in Themenblöcke2) gegliedert, deren Reihenfolge flexibel gehandhabt und damit dem Gedanken- und Gesprächsfluss der Gesprächspartner*innen angepasst werden kann. Jeder Themenblock folgt dem Prinzip "vom Offenen zum Strukturierenden" (S.214) und wird mit einem sehr offen formulierten Stimulus eröffnet, mit dem den Interviewten das "monologische Rederecht" (S.212) zugestanden und Raum für die Darstellung ihrer subjektiven Relevanzsysteme gelassen wird. Mit Aufrechterhaltungsfragen wie z.B. "Gibt es sonst noch was?" oder "Haben Sie ein Beispiel dafür, damit ich mir das konkreter vorstellen kann?" (S.213) und immanenten Nachfragen, also Fragen, mit denen die Themensetzungen der Interviewten aufgegriffen werden, wird zum Weitererzählen eingeladen, ohne inhaltlich zu steuern. Konkrete Nachfragen schließlich dienen dazu, spezifische Themenfelder zu vertiefen, wenn diese nicht oder nicht ausführlicher genug ausgeführt worden sind. Dieses von KRUSE empfohlene Aufbauprinzip hat sich im "Angstfrei mobil"-Projekt bewährt. Es ließ den Befragten viel Raum für eigene Themensetzungen und Darstellungsformen, gab uns Interviewenden aber auch konkrete Nachfragen in die Hand, mit denen wir im Bedarfsfall das Gespräch stärker steuern konnten. [2]

Für vulnerable Gruppen wie beispielsweise Menschen mit Traumata oder Fluchterfahrung (GRUBER, EBERL, LIND & BOOMGAARDEN 2021) oder Personen mit psychischen Belastungsstörungen, Angsterkrankungen oder Phobien (wie im "Angstfrei mobil"-Projekt) sind besondere Sensibilität und Flexibilität in allen Phasen der Erhebung notwendig: von der Interviewplanung und Ansprache der Interviewpartner*innen über die Auswahl der passenden Erhebungsform bis zur Gestaltung der Interviewsituation und der besonders sensiblen Gesprächsführung. Im "Angstfrei mobil"-Projekt begegneten wir aufgrund der Befragtengruppe mit starken Ängsten und Angsterkrankungen zudem besonderen forschungsethischen Herausforderungen im Hinblick auf die Teilnahmechancengerechtigkeit und den Schutz der Persönlichkeitsrechte (s. zu Forschungsethik in der qualitativen Forschung ROTH & VON UNGER 2018). Dabei achteten wir insbesondere auf Datenhoheit, Rücktrittsrechte und Datenschutz sowie auf die Geheimhaltung personenbezogener Informationen. Bei der Auswertung folgten wir dem Ablaufmodell der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach KUCKARTZ (2018). Es lässt sich gut auf Leitfadeninterviews anwenden und ermöglichte uns durch das mehrstufige Verfahren der Kategorienbildung und Codierung eine gute Durchdringung des umfangreichen Materials. Zur vertiefenden Interpretation der Ergebnisse in Hinblick auf die Bedeutung, die unterschiedliche (öffentliche) Räume für Menschen, die von Ängsten oder Angsterkrankungen betroffen sind, haben, führten wir zusätzlich fallbezogene Analysen entlang der "Territorien des Selbst" nach GOFFMAN (2009 [1974], S.54ff.) durch. [3]

1.3 Zur Problematik von Technologieverwendung im Forschungsprozess

Im Zuge der steigenden Technologieverwendung und -abhängigkeit in Forschungsprozessen stellte sich zudem auch die Frage nach deren Einfluss auf die Forschungsqualität und die ethischen Rahmenbedingungen, da sowohl zur Anbahnung, Aufnahme, Durchführung, Sicherung/Speicherung, Bearbeitung als auch zur Verbreitung von Forschungsdaten technische Systeme und Speicher eingesetzt werden. [4]

Equipment wie Computer und Software sind keine neutralen Werkzeuge, sondern von den jeweiligen eingeschriebenen Nutzungsoptionen und Möglichkeiten bestimmt (VAN DIJCK 2013) und müssen in ihrer sozialen Einbettung verstanden werden. Die Handlungsträgerschaft von Technologie ("agency") ist demnach kritisch zu hinterfragen und technikdeterministisch auszulegen (SCHULTZ-SCHAEFFER & RAMMERT 2019). Damit sind nicht nur einschränkende, sondern auch selbstermächtigende Aspekte von technischen Geräten und Anwendungen für vulnerable Gruppen angesprochen. Handlungsroutinen bilden sich vor dem Hintergrund der Einpassung der Technologie in den jeweiligen Lebenskontext ("domesticated into the distinct cultures of families and households", SILVERSTONE, HIRSCH & MORLEY 1994, S.18), wobei die Anschlussfähigkeit an gegebene Kommunikationspraxen ebenso wichtig ist wie die Reichweiten und Geltungsbereiche der Infrastruktur. [5]

Medientechnologien weisen laut RECKWITZ (2003) kommunikative Affordanzen auf, durch die (technisch) eingeschriebene Verwendungsoptionen einer Technologie festgelegt werden. Dabei erscheinen folgende signifikante Konzepte der Entwicklung und Verfasstheit von technischen Plattformen problematisch und beeinflussen die Interaktionsmöglichkeiten sowie die Usability eines technischen Systems (VAN DIJCK 2013): Daten, Metadaten, Algorithmen, Protokolle, Interfaces und Voreinstellungen. In diesem Artikel geben wir zunächst einen Einblick in die von uns getroffenen Maßnahmen zum Schutz der vulnerablen Gruppe (Abschnitt 2) und beschreiben unser Vorgehen bei der Interviewplanung und -vorbereitung (Abschnitt 2.1) sowie bei der Rekrutierung und beim Sampling (Abschnitt 2.2). Danach nennen wir die Ängste und Angsterkrankungen unserer Interviewpartner*innen (Abschnitt 2.4) und bringen konkrete Informationen zur Interviewanbahnung und Kontaktaufnahme. In Abschnitt 3 erläutern wir die Chancen und Herausforderungen der unterschiedlichen Settings und Erhebungsformen, adressieren die in technische Systeme eingeschriebenen Affordanzen (CALLON 1991) und loten aus, wie digitale Kommunikationssituationen und -instrumente zu einer brauchbaren Erweiterung der kommunikativen Handlungsmöglichkeiten in Interviewsituationen beitragen können. Dazu vergleichen wir das Präsenzinterview (Abschnitt 3.1) mit Telefoninterviews (Abschnitt 3.2) und Videotelefonie-Interviews via Zoom und Skype (Abschnitt 3.3). In Abschnitt 4 präsentieren wir unsere evidenzbasierten Empfehlungen für qualitative Forschungsprojekte mit vulnerablen Gruppen. [6]

2. Maßnahmen zum Schutz der vulnerablen Gruppe: Personen mit starken Ängsten und Angsterkrankungen

2.1 Interviewplanung und -vorbereitung

Bereits im Vorfeld der Erhebungen für das "Angstfrei mobil"-Projekt arbeiteten wir jene Vorkehrungen im Detail aus, die dem Schutz der Würde und Unversehrtheit der Gesprächspartner*innen dienen sollten und reichten sämtliche Unterlagen – von der Projektinformation in einfacher Sprache über den Gesprächsleitfaden bis hin zu Pseudonymisierungsmaßnahmen und sicherer Speicherung der Daten außer Reichweite kommerzieller Systeme auf separaten, passwortgeschützten institutseigenen Servern – bei der Ethikkommission der Universität Wien zur Bewilligung ein. Dieses Gremium trägt mit seiner interdisziplinären Expertise dazu bei, "in ethischer wie rechtlicher Hinsicht Verantwortung in der Forschung wahrzunehmen"3). Besonders wichtig war zu diesem Zeitpunkt auch die Zusammenarbeit mit den Psychologinnen im Projekt. Sie trugen mit ihrer Expertise zur sensiblen Fragenformulierung im Gesprächsleitfaden bei und halfen uns, den Ablauf des Interviews möglichst stressfrei für die Zielgruppe zu planen. Im nächsten Schritt absolvierten wir eine spezifische Schulung der Interviewer*innen4). Die klinische Verkehrspsychologin informierte uns detailliert über unterschiedliche Formen der Angststörungen (KASPER et al. 2018), über möglicherweise auftretende Schwierigkeiten beim Interview und gab praktische Hinweise zum Umgang damit. So wurden wir für die Interviewführung z.B. in der Anwendung einer Atemtechnik (PERCIAVALLE et al. 2017; RAVINDER, CRAWFORD, BARNES & HARDEN 2015) geschult, um Interviewpartner*innen in möglicherweise auftretenden Stresssituationen beruhigen zu können. Diese psychologische Schulung sensibilisierte uns als Interviewer*innenteam für die Besonderheiten der Gesprächspartner*innen und gab uns konkrete Werkzeuge zur sicheren, respektvollen und professionellen Interviewdurchführung in die Hand (HAGENA & GEBAUER 2014). [7]

Bereits im Vorfeld wurde auch die psychologische Betreuung der Interviewpartner*innen während und nach der Interviewsituation geplant. Die klinische Verkehrspsychologin erklärte sich dazu bereit, während der Interviews für gegebenenfalls notwendige Gesprächsinterventionen oder Nachfragen telefonisch erreichbar zu sein. Dieses Angebot gab uns während der Interviews die Sicherheit, im Bedarfsfall psychologische Unterstützung erhalten zu können, die aber in keinem Interview benötigt wurde. Ein weiteres Angebot der Verkehrspsychologin, die qualitativen Interviews in den geschützten Räumlichkeiten der psychologischen Praxis durchzuführen, wurde von den Interviewpartner*innen nicht in Anspruch genommen. Um eventuell durch das Interview ausgelöste Irritationen auffangen zu können, wurden Follow-Up-Gespräche angeboten. Die interviewten Personen hatten die Möglichkeit, in einem telefonischen Nachgespräch gemeinsam mit einer geschulten, selbst betroffenen Person über die Inhalte und das Setting des Interviews zu reflektieren.5) Dieses Angebot wurde sehr gut angenommen und bedeutete darüber hinaus einen Mehrwert für uns als Forscher*innenteam: Die Auswertung der Follow-Up-Gespräche erbrachte wertvolles Feedback zur Interviewdurchführung und zu den Gesprächskanälen aus Betroffenensicht. [8]

2.2 Zugang zum Feld, Rekrutierung und Struktur des Samples

Zur Rekrutierung und Peer-to-Peer-Vorinformation wurde der "Verein Lichterkette – Betroffenenvertretung für Menschen mit psychischer Erkrankung" auf Basis bereits bestehender Erfahrungen in wissenschaftlichen Forschungsprojekten mit sensiblen Zielgruppen eingeladen. Dafür entwickelten wir eigens eine Projektinformation (online und als Flugblatt). Diese wurde im Vereinsnetzwerk sowie über soziale Medien geteilt. Ergänzend starteten wir Aufrufe in Selbsthilfegruppen6), sodass jeweils eine Hälfte der Rekrutierten aus dem Vereins- und die andere aus dem Selbsthilfekontext kam. Um das Projektziel (Verbesserung der Angebote im öffentlichen Verkehr für Menschen mit psychischen Belastungen durch starke Ängste und Angsterkrankungen) zu erreichen, war es unumgänglich, die Sichtweise der Betroffenen selbst einzuholen, da nur sie Auskunft über ihre Ängste geben können. Im Detail suchten wir für die Interviews Personen mit unterschiedlich ausgeprägten Formen von Angst sowie möglichst unterschiedlichen soziodemografischen Merkmalen (HAUGER et al. 2019), die auch die Angebote der Wiener Linien zum Erhebungszeitpunkt nutzten. Um diese Vielfalt und Ausgewogenheit im Sample zu erreichen, wendeten wir eine Methode des gezielten Samplings (purposive sample), das Sampling der Maximalvariation an, welches auch als "heterogenes Sample" bezeichnet wird (MISOCH 2019, S.196). [9]

Die sieben weiblichen und fünf männlichen Teilnehmer*innen waren zwischen 20 und 59 Jahre alt. Drei wohnten in oder nahe der Innenstadt, zwei in Bezirken mit mittlerer Entfernung, fünf eher am Stadtrand und zwei an der Stadtgrenze. Sie fuhren Bus, Straßenbahn, U-Bahn und Zug aus unterschiedlichen Gründen (zur Arbeit, zum Arzt/zur Ärztin, zur Tagesbetreuung etc.) und zu unterschiedlichen Zeiten (Stoßzeiten, Randzeiten). Sieben Personen verwendeten Verkehrsroutenplaner, davon vier Google Maps und drei die App der Wiener Linien. Zwei informierten sich vorab via Online-Tool der Österreichischen Bundesbahnen. Fünf zogen nur analoge oder (drei) keine Hilfsmittel zur Routenplanung heran. [10]

2.3 Angsterkrankungen und Ängste der Interviewpartner*innen

Grundsätzlich lassen sich Angststörungen in gerichtete und ungerichtete Formen von Ängsten unterteilen, treten allerdings häufig gemeinsam auf. Während gerichtete Formen von Ängsten (Phobien, F407)) die Umgebung (Agoraphobie, F40.0), Menschen (soziale Phobie, F40.1) oder Spezifisches (spezifische Phobie, F40.2) wie z.B. bestimmte Tiere betreffen, sind ungerichtete Ängste (andere Angststörungen, F41) wie die Panikstörung (F41.0) und die generalisierte Angststörung (F41.1) in ihrem Auftreten weitestgehend unabhängig von äußeren Einflüssen (KASPER et al. 2018). Entsprechend kann für Menschen mit gerichteten Ängsten (z.B. Angst vor Menschenansammlungen) die öffentliche Verkehrsinfrastruktur selbst das Problem sein. Im Fall von ungerichteten Ängsten ist die öffentliche Verkehrsinfrastruktur hingegen nicht das eigentliche Problem. Stattdessen können ungerichtete Ängste wie z.B. im Falle einer Panikstörung jederzeit spontan und somit auch bei Verwendung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur auftreten. [11]

Die Angsterkrankungen im Sample angemessen zu berücksichtigten, stellte eine besondere Herausforderung dar. Die Kategorien sind zwar trennscharf, ihr Auftreten allerdings nicht. Während einige Interviewpartner*innen von phobischen Störungen sprachen, nannten andere generalisierte Ängste, Panikstörungen, Agoraphobie, soziale Phobien und Depressionen. Nur wenige Interviewpartner*innen konnten uns genau mitteilen, an welcher Form bzw. an welchen Formen von Angsterkrankungen sie litten. Einige Interviewpartner*innen wiesen uns auf unterschiedliche oder unklare Diagnosen hin, und einige begegneten dem Thema ausweichend oder teilten sich nur sehr diffus mit. In einem Fall erklärte eine stark durch Ängste eingeschränkte Interviewpartnerin im Nachgespräch, dass sie keine großen psychischen Probleme habe. Im Interview zuvor hatte sie beiläufig erzählt, dass sie immer Zahnputzzeug bei sich trage und erklärte erst auf Nachfrage, dass sie sich im Laufe jeder Fahrt sehr wahrscheinlich übergeben müsse. Deutlich besser konnten die Teilnehmer*innen ihre alltäglichen Herausforderungen mitteilen, zum Beispiel, dass sie große Schwierigkeiten mit der Orientierung im öffentlichen Raum hatten oder damit, ihre direkte Wohngegend zu verlassen, dass sie Stoßzeiten soweit möglich vermieden oder bevorzugt in Gesellschaft von anderen Personen oder Haustieren unterwegs waren. Aus dieser alltäglichen Perspektive heraus wurden auch die mit den Angsterkrankungen verbundenen besonderen Herausforderungen klarer. [12]

2.4 Interviewanbahnung und Kontaktaufnahme

Die in einem zeitaufwändigen Prozess ausgewählten Interviewpartner*innen kontaktierten wir per E-Mail, welche die Einladung zum Projekt samt ausführlicher Information, den Kontakt über die jeweilige Einrichtung sowie eine Datenschutz- und Einwilligungserklärung beinhaltete. In der Folge konnten sich die Angefragten frei für einen Termin sowie eine qualitative Erhebungsform entscheiden: für ein Präsenzinterview an einem Ort ihrer Wahl, ein Telefoninterview oder ein Videotelefonie-Interview. Unter Covid-19-Bedingungen8), Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen (sogenannte "Lockdowns") während der Erhebungsphase im Winter/Frühjahr 2020/21 und nach dem Terroranschlag Anfang November 2020 in der Wiener Innenstadt erwies sich die Remote-Durchführung aufgrund der einfachen Zugänglichkeit und der Bekanntheit von Video-Konferenzsystemen (u.a. aus Therapiesitzungen) und von kommerziellen Varianten zu Unterhaltungszwecken als passend für die meisten Interviews (s. auch BAILENSON 2020; WAHL-JORGENSEN 2021). Da Forschung im remoten Setting zunehmend in die Abhängigkeit von Technologien führt – z.B. in Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit und die möglicherweise instabile Kommunikationsinfrastruktur (Netzwerke, WLAN), aber auch Verführungen wie allumfassende Datenaufnahme- und Speichermöglichkeiten bereithält – war besondere Sensibilität angebracht. Die Interviewten wurden von uns demnach besonders auf die Möglichkeit mit Zoom unter sicherer Universitätslizenz hingewiesen, um abhörsichere Gespräche auf Augenhöhe mit hohem Sicherheits- und Datenschutzstandard zu gewährleisten. [13]

Die Personen konnten auch angeben, ob sie mit einer Interviewerin oder einem Interviewer sprechen wollten. Dies hatte – ebenso wie die Wahlfreiheit beim Kommunikationskanal – den Grund, die Gesprächssituation für die Interviewpartner*innen in ihrem Sinne und so vorhersehbar wie möglich zu gestalten. Drei Interviewpartner*innen machten davon Gebrauch: Zwei wollten mit einer Frau, eine mit einem Mann sprechen. Diesen Wünschen konnten wir auf Grund unseres genderausgewogenen Interviewer*innenteams entsprechen. Die meisten Angefragten konnten sich relativ rasch nach der Erstinformation per E-Mail für einen Interviewtermin und einen Gesprächskanal entscheiden und benötigten nur ein oder zwei Nachfragen. Schlussendlich wurden vier Interviews per Telefon, zwei via Skype, fünf via Zoom und eines persönlich vor Ort geführt. [14]

3. Qualitative Interviewsettings und Erhebungsformen im Vergleich

Im folgenden Abschnitt geben wir Einblicke in die Praxis der unterschiedlichen Erhebungsformen, die im "Angstfrei mobil"-Projekt zur Anwendung kamen. Die methodologische Reflexion gründet auf unseren konkreten Erfahrungen als Interviewer*innenteam in den unterschiedlichen Settings und der Auswertung der Peer-to-Peer-Nachgespräche. Wir stellen die verschiedenen Verfahren im Hinblick auf Vorabsprache, Gesprächsführung, Verzerrungen und Validität sowie Darstellungstiefe und Zeit- und Dokumentationsaufwand dar. [15]

3.1 Präsenzinterview

Im Rahmen des Projektes führten wir ein einziges Interview in Präsenz, am Arbeitsplatz des Interviewten. Der Wunsch nach einem Präsenzinterview kam unerwartet. Aufgrund der Covid-19-Situation im Frühjahr 2021 waren persönliche Treffen an öffentlichen Orten oder auch Arbeitsplätzen kaum durchführbar. Für die methodische Reflexion über die Eignung unterschiedlicher Kommunikationskanäle für die Befragung vulnerabler Gruppen bietet dieses Präsenzinterview nun einen wertvollen Vergleichshorizont. [16]

Vorabsprache: Der Interviewpartner gab im ersten Kontakt zwar an, ein Interview über Skype führen zu können, äußerte dann aber bereits im ersten direkten E-Mail-Kontakt mit der Interviewerin (diese Präferenz für eine Gesprächspartnerin wurde ebenfalls gleich zu Beginn bekannt gegeben) den Wunsch nach einem persönlichen Termin und schlug ein Treffen im eigenen Büro vor. Er artikulierte im E-Mailverkehr das besondere Interesse am Thema und wies zudem auf eine "fehlende Affinität zur Technik" hin. Auf das von der Interviewerin vorgebrachte Angebot, das Interview in den Räumlichkeiten der Verkehrspsychologin zu machen, wurde nicht reagiert. Wie alle anderen Interviewpartner*innen in diesem Projekt zog auch er den vertrauten Raum einer unbekannten Umgebung vor. [17]

Gesprächsführung: Das Präsenzinterview war mit einer Dauer von 94 Minuten unter den drei längsten Interviews dieser Studie. Bereits vor Beginn erzählte der Interviewpartner viel, während des Gesprächs schweifte er des Öfteren ab und brachte weitere Themen rund um seine Angsterkrankung zur Sprache. Es war eine relativ starke Steuerung durch die Interviewerin nötig, um ihn immer wieder zum Thema zurückzuführen. Auch nach dem Ende des Interviews und dem Stoppen der Aufnahme kamen noch Themen auf, die dazu führten, dass das Interview verlängert wurde. Der Gesprächspartner zeigte damit zum einen seine Hilfsbereitschaft, möglichst viel zum Projekt beizutragen, zum anderen verwies sein Verhalten auf die Bemühung, stets die Kontrolle über die Situation und die Inhalte zu haben. Die "Vereinnahmung" der Interviewerin in inhaltlicher wie zeitlicher Hinsicht war sicher auch der Vor-Ort-Situation geschuldet, da sich beide Gesprächspartner*innen im Hier und Jetzt, d.h. in der Einflusssphäre der interviewten Person befanden. Die Interviewerin nahm nur einen kleinen, zugewiesen Bereich (den Sitzplatz) ein, während der Interviewte die Kontrolle über die Gesamtsituation (Platzwahl, Temperatur im Raum, Lichtverhältnisse, Dauer des Interviews) hatte. Im Gegensatz dazu ermöglichten die medial vermittelten Interviewvarianten jederzeit die Beendigung des Kontakts von beiden Seiten durch Auflegen des Telefons bzw. durch den Ausstieg aus dem Videotelefonat. Auch sind in den medial vermittelten Varianten die Einflusssphären gleichberechtigt aufgeteilt: Beide Gesprächsbeteiligten befinden sich in den jeweils eigenen Räumlichkeiten, können Raumtemperatur, Licht, Sitzplatz sowie die sichtbare Umgebung selbstbestimmt gestalten, somit ist die Kontrolle über diese Parameter gleich verteilt (OLTMANN 2016). [18]

Verzerrungen und Validität: Die räumliche und zeitliche Co-Präsenz vertieft die Wahrnehmung von additiven Signalen und Botschaften, die die verbalen Aussagen bestätigen oder auch konterkarieren können (IRVINE, DREW & SAINSBURY 2013; OPDENAKKER 2006). Im Falle des hier besprochenen Interviews konnten einige Aussagen durch konkret beobachtetes Verhalten nachvollzogen und somit validiert werden. So ließ sich die als hilfreich kommunizierte Strategie des "Sich-Raum-Nehmens" im öffentlichen Verkehrsmittel auch in der konkreten Interviewsituation beobachten: Der Abstand zur Interviewerin war groß, ebenso wie der vom Gesprächspartner alleine beanspruchte Raum rund um seinen Sitzplatz. Dem Konzept der "Territorien des Selbst" (GOFFMAN (2009 [1974], S.54ff.) folgend wird so der verfügbare "persönliche Raum" unter den Personen aufgeteilt und als "Benutzungsraum" freigehalten. [19]

Darstellungstiefe: In Bezug auf die Darstellungstiefe müssen die Vorteile des Präsenzinterviews genannt werden (IRVINE et al. 2013; JOHNSON, SCHEITLE & ECKLUND 2021; LOBE, MORGAN & HOFFMAN 2020). Die gleichzeitige physische Anwesenheit und damit die Möglichkeit, auf nonverbale, paraverbale und extraverbale Signale zu achten und zu reagieren, ermöglichten es der Interviewerin, die Interviewführung sowie die Interventionen (wie zustimmende Äußerungen, Blickkontakt, Einbringen neuer Fragen) zeitlich genau passend und sensibel auf den Interviewpartner abzustimmen. Gesprächspausen können in diesem Setting länger ausgehalten (KRUSE 2015; SCHMITT 2004) und der interviewten Person kann noch mehr Raum zur eigenständigen und vertiefenden Darstellung der eigenen Anliegen geboten werden. [20]

Zeit- und Dokumentationsaufwand: Der Zeit- und Dokumentationsaufwand gestaltete sich ungleich höher als in den remoten Interviewsettings. Im Vorfeld musste die Interviewerin ein SARS-CoV-2-Testcenter aufsuchen, die An- und Abreise am Interviewtag nahmen ebenfalls Zeit in Anspruch. Die Länge des Interviews selbst sowie die – im Vergleich zum Fern-Interview-Setting – viel ausführlicheren Pre- und Post-Interviewgespräche mussten erinnert und im Interviewprotokoll wiedergegeben werden. [21]

Fazit: Das Präsenzinterview erwies sich auch für diese vulnerable Gruppe (Menschen, die von Ängsten oder Angsterkrankungen betroffen sind) in schwierigen Zeiten (Covid-19) unter der Prämisse freier Entscheidung und allenfalls alternativer Angebote als prinzipiell möglich. Im Präsenzinterview kamen alle Stärken dieses Settings zum Tragen; vor allem ermöglichte die unmittelbare Wahrnehmbarkeit von Emotionen eine fein abgestimmte, einfühlsame Interviewführung (EZZY 2010). [22]

3.2 Telefoninterviews

Im "Angstfrei mobil"-Projekt führten wir insgesamt vier qualitative Telefoninterviews, alle vier über das Mobiltelefon. Da durch Telefoninterviews ressourcenschonend physische Grenzen überwunden (NIEDERBERGER & RUDDAT 2012) und diese weniger zeitintensiv, invasiv oder auch peinlich wahrgenommen werden als Präsenzinterviews (keine "gazing practices", HOLT 2010, S.115), stellte es auch bei den vier Interviewpartner*innen unseres Samples – insbesondere jenen mit sozialen Phobien – eine erwünschte und probate Variante dar. Für sie war neben der leichteren Planbarkeit insbesondere der Schutz der Privatsphäre und des persönlichen Lebensbereichs relevant. Den Interviewten als vulnerabler Gruppe (HOLT 2010) wurde dadurch eine zwanglosere Möglichkeit des Ausdrucks und Raum für sensitive oder kontroverse Themen gegeben. So konnten körperliche Unsicherheiten (z.B. Adipositas als "fat stigma", LEE & PAUSÉ 2016, S.12) oder Schamgefühle (z.B. soziophobe Ängste wie "man kann in mich hineinschauen" oder "ich werde von anderen beobachtet") kompensiert werden, so bei einem Jugendlichen, der das Umfeld seiner betreuten Wohneinheit nicht zeigen wollte oder bei einer Frau mit starkem Angsterleben. [23]

Vorabsprache: Die Präferenz für das Telefoninterview wurde bereits bei der ersten Kontaktaufnahme klar artikuliert. Zwei der vier Interviewpartner*innen gaben die Telefonnummer als einzige Kontaktmöglichkeit an, d.h., dass sämtliche Vorab-Informationen sowie die Terminvereinbarung bereits über diesen Kanal stattfinden mussten. Die Herausforderung bei der Erstkontaktaufnahme über das Mobiltelefon lag in der Unmittelbarkeit des Kontaktes, ohne zu wissen, wo sich die Person im Moment aufhielt, womit sie sich beschäftigte und wie sie sich fühlte. Der erste Anruf der Forscher*innen kam für die Gesprächspartner*innen also überraschend und eventuell unpassend. Eine Anrufzeit am späteren Nachmittag bzw. am frühen Abend erwies sich im "Angstfrei mobil"-Projekt als passend. Beim Erstkontakt gaben wir mündlich Informationen zum Projekt und zum Datenschutz und verabredeten einen konkreten Interviewtermin mit der Bitte, für die Zeit des Interviews einen ruhigen Ort aufzusuchen (DRÖGE 2020). Da Mobiltelefonie ortsungebunden in verschiedenen polymedialen Umgebungen möglich ist, kann die Erhebungssituation vorab kaum eingeschätzt werden. Die Handlungsaufforderungen der Technologie liegen dabei insbesondere in der Disponibilität des Gerätes und dessen Benutzbarkeit in unterschiedlichsten räumlichen Kontexten (HUTCHBY & BARNETT 2005). In unserer Studie präferierten die Interviewten allerdings einen geschützten Ort in ihrer Wohnung. [24]

Gesprächsführung: Obwohl nonverbale Aspekte und Hinweise entfallen, konnten STURGES und HANRAHAN (2004) keine eklatanten Unterschiede zwischen Telefoninterviews und Präsenzinterviews feststellen, unter anderem, weil das Telefonat als gewohnte Tätigkeit gilt und auch längere Telefonate nicht unüblich sind. Auch CACHIA und MILLWARD (2011) sahen die gängigen kolportierten Nachteile des Telefoninterviews als überbewertet, zumal die Gesamt-Wortanzahl der Transkripte im Vergleich ebenso wenig voneinander abweiche wie die Wortanteile der Beteiligten. Interviewer*innen seien durchaus in der Lage, die fehlenden visuellen Eindrücke mittels Stimmlage, Sprechgeschwindigkeit, Betonungen und Pausen zu kompensieren. Einzig wiesen persönliche Interviews signifikant höhere Sprecher*innenwechsel in der Konversation auf, was auf eine diesbezügliche technikinduzierte Einschränkung ihrer Lebendigkeit hindeute. Diese Befunde können wir mit den im "Angstfrei mobil"-Projekt gemachten Erfahrungen in Hinblick auf die vulnerable Gruppe der Menschen mit Ängsten nicht vollumfänglich bestätigen. Wir kamen zu dem Schluss, dass die – für diese Zielgruppe unbedingt notwendige – Empathie im telefonisch geführten Interview ungleich schwerer zu leisten war (OPDENAKKER 2006). [25]

Für die Führung eines sensiblen Interviews, bei dem ständig darauf zu achten ist, wie es den Gesprächspartner*innen geht, damit es zu keinen kritischen (Angst-)Situationen kommt, ist die Beobachtbarkeit von nonverbalen Kontextinformationen wie Mimik und Gestik essenziell. Fehlt diese, bedeutet das eine notwendige höhere Konzentration der Forschenden auf Zwischentöne und ein intuitives Reagieren in unklaren und nicht interpretierbaren Situationen. Im Laufe der Telefongespräche wurden von den Interviewenden mehr (Nach-)Fragen gestellt als in den anderen Settings, die Gesprächsführung war damit direktiver. Ein Grund dafür lag in der Schüchternheit der Gesprächspartner*innen bzw. in ihrer Unerfahrenheit mit dieser Art von Interviewgesprächen. Ein anderer Grund waren die Limitationen des Mediums "Telefon" generell: Es dauert länger, eine Beziehung und damit Vertrauen aufzubauen, wenn nur verbale Ausdrucksmittel verfügbar sind (BAR, NETA & LINZ 2006; MILEVA, TOMPKINSON, WATT & BURTON 2018). In unseren Telefoninterviews zeigte sich das u.a. darin, dass die Befragten im Verlauf der Interviews immer gesprächiger wurden. Die wesentlichen Elemente der Gesprächsführung in diesem Setting mit einer vulnerablen Gruppe sind daher eine besondere Aufmerksamkeit, das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt für neue Fragen und damit in Zusammenhang das Aushalten von Gesprächspausen. [26]

Verzerrungen und Validität: Während die interviewten Personen das Telefon nutzen konnten wie gewohnt, d.h. am Ohr oder mit Freisprechfunktion, war es für die Interviewer*innen zwingend notwendig, die – ungewohnte – Freisprechfunktion zu nutzen, um das Gespräch mit einem externen Aufnahmegerät aufzeichnen zu können. Die Situation gestaltete sich somit für die Interviewer*innen "unnatürlicher". Die Ausgabe über den Lautsprecher des Mobiltelefons erschwerte zusätzlich die Wahrnehmung von paraverbalen Signalen, insbesondere von Aussprache, Lautstärke, Tonlage und Sprachmelodie. Aus dem fehlenden visuellen Kontakt ergibt sich auch ein Problem bezüglich der Geheimhaltung und Sicherheit. Die Interviewten können ihr Umfeld mittels Lautsprecher einbeziehen, sodass andere mithören, aber auch von der interviewenden Person gehört werden können. Im "Angstfrei mobil"-Projekt trat so ein Fall ein: Als der Interviewte während des Interviews die Toilette aufsuchte und das Telefon im Raum zurückließ, hörte die Interviewerin in der weiterhin offenen Leitung zwei Personen sprechen, die das Interview kommentierten. Daraus kann geschlossen werden, dass diese Personen das Interview, das offenbar mit Freisprechfunktion geführt wurde, unbemerkt von der Interviewerin mitverfolgt hatten. Die Interviewerin "belauschte" in dieser Pause unfreiwillig das – nicht für ihre Ohren bestimmte – Gespräch. Zum Schutz der Privatsphäre der nicht am Interview beteiligten Personen wurde die Audioaufnahme für die Dauer der Pause unterbrochen und somit nicht dokumentiert. [27]

Darstellungstiefe: Die telefonisch geführten Interviews waren mit einer durchschnittlichen Länge von 54 Minuten die kürzesten im Sample. Waren die Antworten zu Beginn der Interviews noch eher kurz, gewannen sie mit zunehmender Dauer an Länge und Tiefe. Mithilfe erzählgenerierender Fragen und den wiederholten Bitten, Beispiele und Erlebnisse zu beschreiben, konnte auch in den telefonischen Interviews eine gute Tiefe der Darstellung erlangt werden. [28]

Zeit- und Dokumentationsaufwand: Im zeitlichen Aufwand lassen sich kaum Unterschiede zwischen den Telefon- und Videotelefonie-Interviews ausmachen (siehe dazu den nächsten Abschnitt). Beide Settings sind weniger aufwändig in der Dokumentation als das Präsenzinterview. [29]

Fazit: Telefoninterviews stellten für Menschen, die von starker Angst oder Angststörungen betroffen sind, eine gute Möglichkeit zur stressfreien Interviewdurchführung dar. Für die interviewenden Forscher*innen bedeutete das Telefoninterview hingegen größere Herausforderungen z.B. beim Herstellen einer vertrauensvollen Interviewatmosphäre und beim Erkennen von emotionalen Bedürfnissen der Gesprächspartner*innen (OPDENAKKER 2006). [30]

3.3 Videotelefonie-Interviews via Zoom und Skype

Vorabsprache: Jene sieben Interviewpartner*innen, die sich für ein Videotelefonie-Interview entschieden, wurden vorab per E-Mail und in vier Fällen zusätzlich per Telefon kontaktiert. Allen Interviewpartner*innen war die Wahl des Kommunikationstools grundsätzlich freigestellt, wenn gefragt, boten die Interviewer*innen Skype und Zoom an: Skype, da eine Interviewpartnerin explizit danach fragte und die Interviewer*innen entsprechend vorbereitet waren; Zoom, da über den Informatikdienst der Universität Wien eine eigenes angepasste Zoom-Lizenz mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zur Verfügung stand. Über hiermit einhergehende Vorteile beim Datenschutz wurden die Interviewpartner*innen informiert. Schlussendlich wurden zwei Interviews via Skype und fünf Interviews via Zoom geführt. [31]

Der Dienst Skype muss extra installiert und der passwortgeschützte Skype-Name eigens verwaltet und auch selbständig an Kommunikationspartner*innen weitergegeben werden, um ein Gespräch zu starten. Die beiden Interviewpartner*innen, die das Interview über Skype führen wollten, hatten Skype bereits installiert und waren mit der Nutzung des Dienstes gut vertraut. Skype-Interviews können SULLIVAN (2012) zufolge gegenüber der Sprachtelefonie mehr Authentizität bieten und gelten als kostengünstige und weitreichende Möglichkeit, auch sozial isolierte Gruppen (WILLIAMS, SHEFFIELD & KNIBB 2015) oder räumlich Dislozierte zu erreichen. Im Vergleich zu Skype sind Zoom-Interviews bequemer und leichter zu verwenden, da Zoom ein nutzer*innenfreundliches Interface aufweist und einen einfachen linkbasierten Zugang hat (ARCHIBALD, AMBAGTSHEER, CASEY & LAWLESS 2019). Die Teilnahme ist ohne Installation von Software oder App möglich, und die Technik funktioniert auch in strukturschwachen Zonen. Die Intimitätsstufen einer leichtgängig synchronen Kommunikation lassen sich gut kompensieren und befördern sogar konzentrierteres, aktives Zuhören ("distinctive intimacy", WAHL-JORGENSEN 2021, S.375). Interviewpartner*innen, die ein Gespräch via Zoom führen wollten, erhielten entsprechend einen Zugangslink per E-Mail. Interviewpartner*innen, die via Skype sprechen wollten, wurden um ihren Skype-Namen gebeten und mit dem persönlichen Skype-Zugang der Interviewenden verbunden. Während die Kommunikation über Zoom also entsprechend anonym blieb, tauschten interviewende und interviewte Person über Skype mehr persönliche Informationen wie zum Beispiel Kontaktinformationen und Profilbilder aus. Im Anschluss an das Interview wurde der Skype-Kontakt von den Interviewenden aus Datenschutzgründen wieder aus der Skype-Kontakte-Liste gelöscht. [32]

Gesprächsführung: Ähnlich der Mobiltelefonie ist ein Videotelefonie-Interview nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Dennoch nahmen die Interviewpartner*innen in ihren privaten Räumlichkeiten teil. Hierdurch erhielten die Interviewer*innen einen weit tieferen Einblick in die Lebensverhältnisse der Beteiligten als dies im Rahmen eines Telefoninterviews möglich gewesen wäre. Drei Gespräche wurden im Wohnzimmer, zwei im Schafzimmer und ein Gespräch wurde im Esszimmer geführt. In einem Fall war der Aufenthaltsort der Interviewpartnerin nicht klar, da diese einen Hintergrundfilter verwendete. Ein Interviewter führte das Gespräch liegend von seinem Bett aus, da er dies in der Situation als besonders sicheren Ort empfand. Die eigene Wohnung beförderte also die Bereitschaft, über Persönliches zu reden, da sich Interviewpartner*innen in ihrem gewohnten Wohnumfeld geschützter fühlten (WAHL-JORGENSEN 2021). Enthemmungseffekte durch "invisibility" (SULER 2004, S.322) sind bekannte Phänomene der Onlinekommunikation und sollten in professionellen Interviewsituationen nur kontrolliert evoziert werden. Die Interviewer*innen hingegen führten die Interviews in ihren Büros und, bedingt durch Covid-19, im Homeoffice durch. Hintergrundfilter oder Hintergrundbilder wurden bewusst nicht verwendet, um sich den Interviewpartner*innen gegenüber einerseits nahbarer zu zeigen, andererseits um eine professionelle Interviewsituation zu generieren. [33]

Drei von sieben Interviewpartner*innen bewegten sich im Laufe der Gespräche durch ihr Zuhause. So gab eine Interviewte im Anschluss an das Interview mit dem Laptop in der Hand eine Führung durch Haus und Garten. Zuvor hatte sie der interviewenden Person ihren Hund vorgestellt. In anderen Fällen erhielten die Interviewer*innen mehr Einblick in die Wohnverhältnisse der Interviewpartner*innen als von diesen vermutlich gewollt. Beispielsweise bat eine Interviewte während des Gesprächs um eine Pause, da sie zur Beruhigung ein Medikament brauchte. Die Zeit zwischen Medikamenteneinnahme und dem Einsetzen der Wirkung überbrückte sie zigarettenrauchend in der Küche und führte ein ablenkendes Gespräch mit der interviewenden Person. Hierzu nahm sie ihren Laptop mit und führte so unfreiwillig durch ihre Wohnung. In einer zweiten Pause, zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Teilnehmerin wieder beruhigt, ging sie ohne Laptop – und damit ohne Interviewer*in – noch einmal kurz in die Küche. Hätte die Interviewte zuvor die Verwendung eines Hintergrundfilters angefragt oder angeboten bekommen, wären die Einblicke in ihre Wohnverhältnisse für sie kontrollierbar gewesen. [34]

Pausen oder auch kurze Themenwechsel wurden von den Interviewer*innen immer dann angeboten, wenn eine kritische (Angst-)Situation entstand. Hier zeigten sich deutliche Vorteile des Videotelefonie-Interviews gegenüber dem Telefoninterview, da nonverbale Kontextinformationen ersichtlich waren. So konnten auch überspielte Belastungen erkannt und Pausen oder ein Ausstieg aus dem Thema angeboten werden. Beispielsweise wurde eine Interviewte während ihrer Erzählung immer angespannter, bis ihr eine Träne über die Wange lief. Dennoch versuchte sie diese durch einen Witz zu verharmlosen. Die von der interviewenden Person in dieser Situation vorgeschlagene Pause nahm sie aber gerne an. Die Video-Situation erzeugt andererseits zusätzlichen Druck sowohl für die Interviewten als auch für die Interviewer*innen: Beide waren sowohl für einander als auch für sich selbst sichtbar und verfügbar. So zeigen Laborstudien, dass Personen unter ständiger Beobachtung im Videochat zwar produktiver und aufmerksamer sind, sich aber unwohl und ausgelaugt fühlen ("nonverbal overload", BAILENSON 2021, S.1). Da im Online-Tool Abstandstechniken nicht funktionieren, können übergroß dargestellte Gesichter bedrohlich wahrgenommen werden (SONNEMAKER 2020) und Fluchtreflexe auslösen (BAILENSON, BLASCOVICH, BEALL & LOOMIS 2003). In den Interviewsituationen mit Menschen mit Angsterkrankungen führte dies zu zusätzlichen Herausforderungen, da sie sich der Situation nicht einfach entziehen konnten. Auch waren die Möglichkeiten der Interviewer*innen, hierauf Einfluss zu nehmen, äußerst begrenzt, da zwar die Einstellungen des eigenen Videotelefonie-Tools verändert werden konnten, dies aber keinen Einfluss auf die Einstellung des Videotelefonie-Tools der interviewten Person hatte. Trotz möglicher zusätzlicher Belastung entschied sich keine interviewte Person dafür, das Videotelefonie-Interview ohne Video zu führen oder das Video während des Interviews, wenn auch nur kurzfristig zu unterbrechen. [35]

Verzerrungen, Validität und Affordanzen: Zur Gesprächsführung nutzten die Interviewer*innen die Mikrofone und Lautsprecher ihrer Laptops, was eine separate technische Aufzeichnung ohne nennenswerte Einschränkungen ermöglichte. Zoom und Skype erlauben Direkt-Aufzeichnungen von Ton und Video, was datenschutzrechtlich jedoch problematisch erscheint. Ein in Skype aufgezeichnetes Interview wird für 30 Tage in der Cloud gespeichert (Speicherort unbekannt) und kann dem/der Interviewer*in durch den Nutzer*innennamen zugeordnet werden9). Zoom bietet hingegen sowohl die Möglichkeit der Aufzeichnung in der Cloud als auch auf einem lokalen Gerät und erlaubt zusätzlich eine automatische Transkription der Interviews10). Durch die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Universität Wien stand den Interviewer*innen die Speicherung der Interviews jedoch nicht zur Verfügung. Entsprechend raten wir von den tooleigenen Aufzeichnungsmöglichkeiten ab und empfehlen die Audio-Aufzeichnung via separatem Aufnahmegerät. Im Ausnahmefall einer Videoaufzeichnung sollte unbedingt eine lokale Speicherung sichergestellt und die Speicherungen in der Cloud vermieden werden. [36]

Das Videotelefonie-Interview erfordert eine andere Art der Gesprächsführung, da zu viele zeitgleiche Signale zu Verzerrungen führen können. Hiervon sind insbesondere verbale Signale betroffen. Videotelefonie-Tools, die nur eine/n Sprecher*in zulassen, unterbinden das Signal der interviewten Person, wenn Interviewende diese z.B. mit einem "Mhm" kommentieren, was sowohl für die Interviewführung als auch für die Transkription problematisch sein kann. Kurze Verbindungsabbrüche stören den Redefluss nicht merklich, längere Tonausfälle (mehrere Sekunden) hingegen könnten angesichts der Frakturierung ("fractured ecologies", ARMINEN, LICOPPE & SPAGNOLLI 2016, S.297) Einschränkungen darstellen – waren im "Angstfrei mobil"-Projekt allerdings die seltene Ausnahme. Weit häufiger traten kurze und längere Bildausfälle auf, die zu leichten Irritationen auf beiden Seiten führten, im Fluss der Interviewführung jedoch vernachlässigbar waren: "With a third of the world’s population under some form of lockdown due to the coronavirus pandemic, Zoom and other conferencing tools have taken over as the default method of communication for many people and businesses" (BAILENSON 2020, o.P.). Technische Probleme waren entsprechend zwar störend, aber bereits alltägliche Routine. [37]

Darstellungstiefe: Die Interviews via Skype oder Zoom dauerten zwischen 58 und 120 Minuten, wobei die zwei längsten Interviews (120 Minuten und 119 Minuten) im Gegensatz zu den anderen eine oder mehrere Pausen enthielten. Die Videotelefonie-Interviews ohne Pausen dauerten im Schnitt 63 Minuten. Damit waren die Videotelefonie-Interviews im Vergleich mit den Telefoninterviews um fast zehn Minuten länger, aber kürzer als das Präsenzinterview. Die Videotelefonie-Interviews ermöglichten den Austausch nonverbaler Signale, Interviewpartner*innen konnten durch z.B. Gestik und Mimik Aussagen tätigen und waren nicht auf verbale und paraverbale Signale wie im Falle eines Telefoninterviews begrenzt. Vorteilhaft war, dass die Interviewpartner*innen in einem Umfeld teilnehmen konnten, welches sie selbst als sicher empfanden (WAHL-JORGENSEN 2021, S.375). Diese zusätzlichen Einblicke in Wohn- und Lebensverhältnisse waren erkenntnisbereichernd, v.a. bezüglich der Interpretation des Materials. [38]

Zeit- und Dokumentationsaufwand: Im zeitlichen Aufwand lassen sich Unterschiede bezüglich der eingeforderten Pausen während der Interviews zwischen den Telefon- und Videotelefonie-Varianten ausmachen. [39]

Fazit: Videotelefonie-Interviews stellen für Menschen sensibler Personengruppen eine gute Möglichkeit zur Teilnahme an Studien wie dem Projekt "Angstfrei mobil" dar. Da Interviewende auf nonverbale Signale reagieren können, ist im Vergleich zu telefonischen Interviews eine rücksichtsvolle Interviewführung möglich, indem Pausen und Themenwechsel angeboten werden können. Teilnehmende laufen allerdings Gefahr, ungewollte Informationen preis zu geben. Hier muss wechselseitig auf die Integrität der Interviewer*innen und Interviewten vertraut werden. Der Zwang, vor der Kamera während des Interviews sichtbar und verfügbar zu sein, kann hingegen zusätzlich Druck erzeugen und ist nicht für alle Interviewpartner*innen gleichermaßen angemessen. Für Personen mit geringer Medienpraxis oder -kompetenz sind Videotelefonie-Interviews eher nicht geeignet, da diese unnötigen Stress für die Teilnehmenden erzeugen können.

Tabelle 1: Vorteile und Herausforderungen unterschiedlicher Erhebungsformen im "Angstfrei mobil"-Projekt. Bitte klicken Sie hier, um die PDF-Datei herunterzuladen. [40]

4. Evidenzbasierte Empfehlungen für qualitative Forschungsprojekte mit vulnerablen Gruppen

Abschließend präsentieren wir entlang des Forschungsprozesses unsere Empfehlungen für qualitative Interviewprojekte mit vulnerablen Gruppen. Um sensitive Forschung auf Augenhöhe gewährleisten zu können, müssen Forschende ihre ethische Verantwortung in allen Phasen eines Projektes wahrnehmen. [41]

Die rechtzeitige und zielgruppenspezifische Planung der Erhebungsphase erwies sich als zentral und unumgänglich. Dazu gehörte nicht nur die intensive Auseinandersetzung mit den Besonderheiten und Bedürfnissen der Zielgruppe, sondern auch die Abstimmung mit der zuständigen Ethikkommission. Die Zusammenarbeit mit Expert*innen – in Falle des "Angstfrei mobil"-Projektes waren dies Psychologinnen und Mitarbeiter*innen von einschlägigen Vereinen – half zudem, die Interviewleitfäden und -situationen sensitiv zu gestalten, Interviewer*innen gezielt auf das Gespräch mit der sensiblen Zielgruppe vorzubereiten und die Interpretation der Ergebnisse valide zu gestalten. [42]

Wesentlich für das Gelingen der Interviews war die von Anfang an angebotene Wahlmöglichkeit des Gesprächskanals (Telefon, Videotelefonie oder in Präsenz). Hier spielte auch die Erfahrung im Umgang sowohl mit der Hardware (Telefon, Mobiltelefon, Computer) als auch mit den Anwendungen (Apps wie Zoom und Skype) eine wichtige Rolle. Das Telefon bot relativ barrierefrei die größte Vertrautheit und Anonymität, Videotelefonie-Systeme zählten ebenso zum Erfahrungsschatz eines Teils der Zielgruppe (Online-Therapie). Das telefonische Setting war demnach für manche Interviewpartner*innen aufgrund der einfachen Zugänglichkeit und Vertrautheit der einzige passende Kanal, der zugleich große Anonymität gewährleistete. Hier fiel es auch marginalisierten Betroffenen leichter, sich zu äußern und sensitive oder kontroverse Themen anzusprechen (s. auch HOLT 2010). Im Sinne von Barrierefreiheit und Inklusion wurden damit fehlende Technikausstattung oder -kompetenz ausgeglichen und die Gesprächspartner*innen trotz ihrer besonderen psychischen oder physischen Disposition zur Teilnahme ermutigt. Im Rahmen des Projektes "Angstfrei mobil" wären unter den zusätzlichen besonderen Bedingungen der Covid-19-Pandemie einige Personen ohne die Möglichkeit remoter Erhebungsformen (Telefon, Videotelefonie) vermutlich nicht zu einer Teilnahme bereit gewesen. Die Anpassung der Methoden an die Bedürfnisse der vulnerablen Gruppe war daher essenziell, um die Beteiligung an der Forschung zu ermöglichen (s. auch VON KÖPPEN, SCHMIDT & TIEFENTHALER 2020). [43]

In den remoten Interviewmodi können allerdings die eingeschränkten Kontexterfahrungen (des Raumes oder persönlicher Befindlichkeiten) im Vergleich zu Präsenzinterviews die Authentizität beeinträchtigen. Authentizität zeigte sich am stärksten in der synchronen Präsenz-Variante, im Besonderen durch höhere Aufmerksamkeit, wechselseitige Wahrnehmung, sinnliche Erfahrung mittels Mimik, Gestik und Körpersprache sowie mittels Präsenz und Bewegung im gemeinsam geteilten Raum. Authentizität in remoten Verfahren ist laut SULLIVAN (2012) am ehesten im synchronen Videocall erreichbar. In konvergierenden Medienumgebungen der Sprach- und Videotelefonie kommt es jedoch zu Paradoxien und Ambivalenzen, da sie soziale Nähe fördern und Handlungsspielräume im Hinblick auf Selbstwirksamkeit, Eindrucksteuerung und Emotionalität erweitern, aber auch zum Verlust von Privatsphäre, Reziprozitätsdruck, Aufmerksamkeitsdefiziten und Stress führen können (KÖHL & GÖTZENBRUCKER 2017). [44]

Forscher*innen sind auf Basis dieser (technischen) Zwänge umso mehr in der Verantwortung, sensibel und bewusst mit den digitalen Erhebungs- und Datenspeichertechnologien umzugehen, Daten wie Persönlichkeitsrechte zu schützen und "user agencies" (VAN DIJCK 2013, S.26) sowie kommunikative Affordanzen von Technologien (RECKWITZ 2003) zu berücksichtigen – trotz der Kostengünstigkeit, Bequemlichkeit und Einfachheit der vorliegenden Lösungen. Es ist Teil der Forschungsverantwortung, den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten und nur angemessen sichere Erhebungsformen anzubieten. Neben der Disponibilität und Funktionalität von Technik kommt es jedoch insbesondere auf die Kompetenz der Interviewer*innen an, mit der sensiblen Zielgruppe wertschätzend umzugehen und Empathie zu zeigen. Faire, auf Augenhöhe ausgehandelte Forschungs- und Interviewbedingungen sind immer und im Besonderen bei der Forschung mit vulnerablen Gruppen als Bringschuld der Forschenden zu begreifen und sollten nicht den Beforschten auferlegt werden. [45]

Danksagung

Wir bedanken uns herzlich bei unseren Interviewpartner*innen, die ihr Wissen und ihre persönlichen Erfahrungen mit uns geteilt haben. Wir bedanken uns bei unserem Fördergeber, dem Wiener Stadtwerke Innovationsfonds und im Besonderen bei allen unseren Projektpartner*innen und Kolleg*innen des Projektes "Angstfrei mobil (sein mit den Öffis)": bei den Kolleg*innen der Wiener Linien, der Wipark und der Wiener Lokalbahnen; bei den Kolleg*innen des "Vereins Lichterkette – Betroffenenvertretung für Menschen mit psychischer Erkrankung", bei den Verkehrspsychologinnen von "sicher unterwegs – Verkehrspsychologische Untersuchungen GmbH" für die psychologische Unterstützung und Fachexpertise sowie bei unseren Kolleg*innen der tbw research GesmbH als Projektpartner*innen und für das Projektmanagement.

Anmerkungen

1) Das Forschungsprojekt wurde vom Wiener Stadtwerke Innovationsfonds gefördert und am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien in Kooperation mit Wiener Linien, Wiener Lokalbahnen, Wipark, tbw-research, "Verein Lichterkette – Betroffenenvertretung für Menschen mit psychischer Erkrankung" sowie "sicher unterwegs – Verkehrspsychologische Untersuchungen GmbH" von Oktober 2021 bis September 2022 durchgeführt. <zurück>

2) Im Forschungsprojekt "Angstfrei mobil" gliederten wir den Gesprächsleitfaden in folgende Themenblöcke: Wege in Wien und genutzte Verkehrsmittel, gerne genutzte vs. schwierige Wege, Wegeplanung (vorab und unterwegs), Vermeidung von Wegen, Wünsche und Hilfe. <zurück>

3) https://ethikkommission.univie.ac.at/mission-statement/ [Datum des Zugriffs: 24. April 2022]. <zurück>

4) Die Schulung wurde von einer klinischen Verkehrspsychologin von "sicher unterwegs – Verkehrspsychologische Untersuchungen GmbH" durchgeführt. <zurück>

5) Die telefonischen Nachgespräche wurden von einer geschulten und selbst betroffenen Person vom "Verein Lichterkette – Betroffenenvertretung für Menschen mit psychischer Erkrankung" durchgeführt. <zurück>

6) https://www.wig.or.at/fileadmin/user_upload/Service_Files/2022_WiG_SHG_Verzeichnis.pdf[Datum des Zugriffs: 14. Juli 2022]. <zurück>

7) Wir folgen hier der von der WHO initiierten und gepflegten internationalen Klassifikation von Krankheiten (International Classification of Diseases [ICD]) in der Version ICD-10. Medizinische Diagnosen werden damit strukturiert und einheitlich benannt, der ICD-Code (z.B. F40 für Phobien) ist nach einer festgelegten Struktur aufgebaut und international gültig. <zurück>

8) Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort: COVID-19-Maßnahmenverordnung (2020). Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für COVID-19-Maßnahmenverordnung, Fassung vom 29.05.2020, https://www.ris.bka.gv.at/ [Datum des Zugriffs: 13. Mai 2022]; Oesterreich.gv.at: Coronavirus in Österreich. Rechtliche Grundlagen, https://www.oesterreich.gv.at/themen/coronavirus_in_oesterreich/Rechtliche-Grundlagen.html[Datum des Zugriffs: 13. Mai 2022]. <zurück>

9) https://support.skype.com/de/faq/FA12395/wie-zeichne-ich-skype-anrufe-auf [Datum des Zugriffs: 13. Mai 2022]. <zurück>

10) https://support.zoom.us/hc/de/articles/201362473-Lokale-Aufzeichnung [Datum des Zugriffs: 13. Mai 2022]. <zurück>

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Zu den Autorinnen und zum Autor

Dr.in Gerit GÖTZENBRUCKER ist assoziierte Professorin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Medieninnovations- und Technikfolgenforschung und den Science and Technology Studies sowie (interkultureller) Jugendforschung. Sie beschäftigt sich mit qualitativen methodischen Ansätzen wie Interviewverfahren, sozialer Netzwerkanalyse und visueller Analyse – auch in Multimethodensets und Aktionsforschungsprozessen.

Kontakt:

Gerit Götzenbrucker

Universität Wien
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Währingerstraße 29, 1090 Wien, Österreich

Tel.: +43 1 427749381

E-Mail: gerit.goetzenbrucker@univie.ac.at

 

Dr.in Michaela GRIESBECK ist Semiotikerin und Kommunikationswissenschaftlerin. Sie lehrt und forscht am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität Wien. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich u.a. mit den Themen Jugend (Jugendliche und junge Erwachsene), Mediatisierung und Urban Media Studies. Zuletzt arbeitete sie in einem interkulturellen Friedensforschungsprojekt mit jungen Erwachsenen in Südosteuropa. Sie ist auf qualitative und interpretative Erhebungs- und Auswertungsmethoden spezialisiert.

Kontakt:

Michaela Griesbeck

Universität Wien
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Währingerstraße 29, 1090 Wien, Österreich

E-Mail: michaela.griesbeck@univie.ac.at

 

Kai Daniel PREIBISCH, Bakk. MA, ist Kommunikationswissenschaftler. Er forscht am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Wissenschaftskommunikation und in den Science and Technology Studies. In seiner Masterarbeit befasste er sich mit dem Auftreten von sozial- und naturwissenschaftlichen Expert*innen in der österreichischen Berichterstattung. Er arbeitet mit qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden.

Kontakt:

Kai Daniel Preibisch

Universität Wien
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Währingerstraße 29, 1090 Wien, Österreich

E-Mail: kai.preibisch@univie.ac.at

Zitation

Götzenbrucker, Gerit; Griesbeck, Michaela & Preibisch, Kai Daniel (2022). Qualitative Interviewforschung mit vulnerablen Gruppen: methodologische Reflexionen zum Einsatz von Präsenz-, Telefon- und Videotelefonie-Interviews in einem Forschungsprojekt zu Angst und Mobilität [45 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 23(3), Art. 5, https://doi.org/10.17169/fqs-23.3.3934.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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