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Volume 25, No. 1, Art. 5 – Januar 2024

Partizipatives Forschen mit jungen Menschen zu Sexualität, Gewalt und Schutz in der (internationalen) Jugendarbeit: method(olog)ische Reflexionen

Tom Fixemer

Zusammenfassung: In diesem Beitrag reflektiere ich den partizipativen Forschungsstil im Verbundprojekt "SchutzNorm: Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit. Normalitätskonstruktionen von Sexualität und Gewalt unter Jugendlichen" (2018-2021) hinsichtlich methodologischer und methodischer Aspekte. Einleitend werden aktuelle deutschsprachige Debatten zum partizipativen Forschen dargelegt, mit theoretischen Perspektiven aus der Wissenssoziologie flankiert und mit Grundannahmen einer postkolonialen Pädagogik nach Paulo FREIRE verbunden. Sodann erfolgen methodologische Reflexionen zu den Beteiligungssituationen der partizipativen Jugendforschung "SchutzNorm" auf Verbundebene im Allgemeinen und zum Peer-Forschungsprozess in Forschungswerkstätten im Teilprojekt "Internationale Jugendarbeit" im Besonderen.

Keywords: partizipative Forschung; Peer-Forschung; Methodologie; Reflexivität; Partizipation; Situationsanalyse; Map; Jugendarbeit

Inhaltsverzeichnis

1. Partizipative Forschung

2. Theoretische Perspektiven

3. Beteiligungssituationen auf Verbundebene im Projekt "SchutzNorm"

3.1 Ansatz der Peer-Forschungswerkstatt

3.2 Verbundtagung

3.3 Think-Aloud-Pretests der Online-Befragung

3.4 Transferprodukte

3.5 Digitales Jugendfestival

4. Method(olog)ische Reflexionen im Teilprojekt "internationale Jugendarbeit"

4.1 Peer-Forschungsgruppe: Konstituierung und Arbeitsweise

4.2 Map: (Selbst-)Positionierungen der Peer-Forschungswerkstatt

4.3 Erhebungsinstrument: Fallvignetten als reflexive accounts

4.4 Feldzugang und Erhebungsphase: Peer-to-Peer-Interviews

4.5 Peer-Forschung in Zeiten der Corona-Pandemie

4.6 Auswertung: dezentrale Dateninterpretation und Podcast als Transferformat für die Ergebnispräsentation

5. Fazit

Danksagung

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Partizipative Forschung

Partizipative Forschungsarbeiten hatten im deutschsprachigen Raum in den 1960er und 1970er Jahren eine Hochphase. Seit den 2010er Jahren zeichnet sich eine erneute Beschäftigung mit diesen Vorgehensweisen ab (u.a. BÄR & REUTLINGER 2021; BRENSSELL & LUTZ-KLUGE 2020; FLICK & HEROLD 2021; HARTUNG, WIHOFSZKY & WRIGHT 2020; SCHWENKEN 2019; VON UNGER 2014).1) Schwerpunkte sind im deutschsprachigen Raum unter anderem (wieder) zunehmend in der sozialen Arbeit (u.a. EßER, SCHÄR, SCHNURR & SCHRÖER 2020), in der Gesundheits- sowie in Communityforschung (u.a. AFEWORKI ABAY 2023; KASBERG, MÜLLER, MARKERT & BÄR 2021; SANTOS-HÖVENER & VON UNGER 2012) sowie in Debatten zu (kritischer) Nachhaltigkeit (u.a. STELZER et al. 2018) zu finden. Nicht nur für sozialpädagogische Kontexte eröffnen sich durch partizipatives Forschen Reflexionsgelegenheiten und Möglichkeiten der (Selbst-)Positionierung zur Forschungsethik, zum Umgang mit Peer-Forschenden und den Forschungsfeldern sowie dem Verhältnis von Forschungs- und Fachpraxis (GRAßHOFF 2018). Spezifisch für partizipative Ansätze in der Kindheits- und Jugendforschung sind Auseinandersetzungen mit Machtreflexionen im Zusammenhang mit (professionellen) Beziehungsgestaltungen sowie die Auslotung nach dem angemessenen Einsatz von empirischen Methoden für Peer-Forschungsvorhaben mit jungen Menschen (HENNINGSEN, KAMPERT & WINTER 2022; HORGAN 2016; WÖHRER, ARZTMANN, WINTERSTELLER, HARRASSER & SCHNEIDER 2017). Das in diesem Beitrag fokussierte Anwendungsbeispiel zum partizipativen Forschen mit jungen Menschen ist in organisationspädagogischen Kontexten verortet. [1]

Mit einem partizipativen Forschungsstil sind verschiedene Verständnisse von Partizipation und partizipativen Formaten sowie von Praktiken in Forschungsprozessen verbunden. Alle Ansätze sind grundsätzlich anwendungs- und wertebasiert (VON UNGER 2014). Auch weisen sie eine Prozess- und Ergebnisoffenheit auf, und es wird die gemeinsame Entwicklung von Fragestellungen, Erhebungsinstrumenten, Feldzugängen, Datenformaten und interpretativen Auswertungen durch die Beteiligung von Ko- bzw. Peer-Forscher*innen2) zum Ausgangspunkt genommen (u.a. HERING 2010). Partizipative Forscher*innen setzen durch methodenkontrollierte (kreative) Vorgehensweisen per se auf die Herstellung von demokratischer Teilhabe und Mitgestaltung von und an gesellschaftlichen Phänomenen durch Ko-Konstruktion von Wissen. Gemeinsam sollen mit Peer-Forscher*innen soziale Wirklichkeiten erforscht und Veränderungen im jeweiligen Feld gemäß der vereinbarten Forschungsinteressen umgesetzt werden (VON UNGER 2014). Wirkungseffekte wurden bisher eher unter metaperspektivischen Ansätzen wie der Partizipations- und Transformationsforschung betrachtet (u.a. VETTER & REMER-BOLLOW 2017), da sich mögliche Veränderungen in der Regel erst nach längerer Zeit im Feld und bei den Beteiligten empirisch erfassen lassen. [2]

Partizipative Forscher*innen wurden mitunter als methodologische Grenzgänger*innen betrachtet (VON UNGER 2014, S.9). WADSWORTH (1998) betonte diese methodologisch und (konflikt-)reflexive Grenzarbeit anhand von vier ineinander verschränkten Macht- und Interessensachsen, die ich in diesem Beitrag zentral berücksichtige: 1. die Förderstrukturen, die wissenschaftlichen Organisationseinheiten und die beteiligten Praxiskontexte, 2. die Antragsauflagen der Forschungsgruppen und die Interessen der Peer-Forschungsgruppen, 3. mögliche weitere beteiligte Akteur*innen und 4. die (normativen) wissenschaftlichen Werkzeuge der Wissensproduktion und die spezifischen Umsetzungsinteressen seitens der Peer-Forschenden. Auf diesen Ebenen spielten auch Verhandlungen zur (professionellen) Beziehungsgestaltung und ihres Einflusses auf das Vorhaben eine Rolle. Stichwörter waren hier Dialogizität, Reziprozität und Positionalität (KALTMEIER & BERKIN 2012). [3]

Folgende methodologische Reflexionsfragen zeigten sich in partizipativen Ansätzen als hilfreich für das forschungspraktische Tun (BERGOLD & THOMAS 2012; GÖTSCH, KLINGER & THIESEN 2011; MANGOLD, RUSACK & THOMAS 2017; VON UNGER 2012): Wer partizipierte woran, in welchen Strukturen und Abläufen, mit welchen Absichten und Zielsetzungen, in welchen Mehrfachpositionen und zu welchen (unbezahlten) Bedingungen? Welche Strukturflexibilität und -kreativität sowie Einsatz von Ressourcen wurden von wem wie ermöglicht und (auch ökonomisch) anerkannt? Welchen Impact wurde im Feld von der Forschungsbeteiligung und von den Peer-Forscher*innen erwartet? An welchen und wessen Strukturverständnissen sollten Grenzen und Ermöglichungen in partizipativen Forschungen reflektiert werden? Aus welchen Dynamiken von Ex- und Inklusion resultierten (starre, flexible oder auch prekäre) Partizipationsstrukturen? Welche Ressourcen- und Aufgabenverteilungen lagen für Forscher*innen und Peer-Researcher*innen in diesen Prozessen vor? Konstatiert wurde für die deutschsprachige Debatte eine disziplinübergreifende systematische Undurchlässigkeit im jeweiligen Grad der Beteiligung von Ko- bzw. Peer-Forschenden in partizipativ ausgewiesenen Studien (CLAR & WRIGHT 2020). [4]

Dem gilt es entgegenzuwirken. Verortet in diesem spezifischen Zuschnitt befasse ich mich rekonstruktiv mit dem partizipativen Forschungsstil im Projekt SchutzNorm: Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit. Normalitätskonstruktionen von Sexualität und Gewalt unter Jugendlichen (2018-2021). Das Projekt wurde von Mitarbeiter*innen der Fachhochschule Kiel (Verbundkoordination und Teilprojekt zur arbeitsweltbezogenen Jugendarbeit), der Stiftungs-Universität Hildesheim (Teilprojekt zur offenen Kinder- und Jugendarbeit), Hochschule Landshut (Teilprojekt zur Jugendverbandsarbeit) und der Universität Kassel (Teilprojekt zur internationalen Jugendarbeit) in der BMBF-Förderlinie "Forschung zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten" umgesetzt. In den vier Teilprojekten bestand jeweils eine Kooperation mit einer Praxiseinrichtung mit Schwerpunkt in der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Hierzu nehme ich die kritisch-reflexiven Analysen im Projekt über das forschungspraktische Tun vor dem Hintergrund von Vorgaben, Interessen und Positionalitäten in den Blick (KNOBLAUCH 2018; OPP 2014 [1995]). Dies betrifft sowohl die Partizipationsgelegenheiten und -grade für junge Menschen auf Verbundebene als auch zentrale Schritte im Peer-Forschungsprozess in Forschungswerkstätten, die ich für das Teilprojekt internationale Jugendarbeit reflektiere, in dem ich von März 2019 bis zum Projektende im Juni 2021 tätig war. [5]

Konkret entfalte ich diesen Beitrag entlang folgender Frage: Wie können theoretische Perspektiven in Methodologien partizipativer Forschung mit methodischen Verfahren verbunden werden und im forschungspraktischen Vorgehen ineinandergreifen? Dabei ist meine These, dass eine rekonstruktive Auslotung partizipativer Methodologien auch aufgrund der Vielzahl an Macht- und Beteiligungsinteressen Grenzarbeit am Verhältnis von Forschung-Bildung-Praxisentwicklung bedeutet. Nach der Darstellung der von mir favorisierten theoretischen Perspektiven in Abschnitt 2 folgen method(olog)ische Reflexionen zum partizipativen Forschen mit jungen Menschen zu Sexualität, Gewalt und Schutz in der (internationalen) Jugendarbeit in den Abschnitten 3 und 4, um entlang dieses Anwendungsbeispiels mit entsprechenden Schlussfolgerungen einen Beitrag zur Fachdebatte partizipativer Forschung und darüber hinaus zu leisten. [6]

2. Theoretische Perspektiven

Die Wissenssoziologie wurde maßgeblich von MANNHEIM und SCHELER geprägt. SCHELER (1926, S.13ff) arbeitete an einem Wissensverständnis als partiell, plural, gruppen- und standortgebunden, leiblich sowie anti-universalistisch. MANNHEIM (1929, S.32ff.) analysierte diese Grundannahmen als lokale sowie soziale Standortgebundenheit bzw. Seinsverbundenheit und ergänzte, Wissen sei als Konstruktion sowie als Tätigkeit zu erfassen. Im Anschluss daran wurde in wissenssoziologischen Ansätzen nicht von einem bloßen eingelagerten Wissen im jeweiligen Feld und von dessen Subjekten ausgegangen, vielmehr ging es um Interaktionen, in denen Wissen hergestellt werde (KNOBLAUCH 2008, S.479). BERGER und LUCKMANN (2013 [1966], S.1ff.) prägten unter dem Stichwort des Sozialkonstruktivismus die – vorwiegend über Sprache – geleistete Herstellung von sozialer Wirklichkeit durch Interaktionen und Konstruktionen sowohl von gesellschaftlichen Zusammenhängen als auch zwischen und in verschiedenen (Sub-)Gruppen: "Wirklichkeit ist gesellschaftlich bestimmt. Aber die Bestimmung wird immer auch verkörpert, das heißt: konkrete Personen und Gruppen sind die Bestimmer [sic!] von Wirklichkeit" (S.124). [7]

In geschlechtertheoretischen Epistemologien wurden diese Grundannahmen um eine androzentrismuskritische Perspektivierung erweitert, indem Gender als eine konstruierte Struktur-, Differenz- oder Interdependenzkategorie in gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen und auch in der Wissensproduktion ausgemacht wurde (SINGER 2008; TANZER & FASCHING 2022). In der Folge wurde auch eine heteronormativkritische bzw. queer-dekonstruktivistische Wissensproduktion vorangetrieben (BUTLER 1991 [1990]). HARAWAY (1991) ging mit dem epistemologischen Konzept des situierten Wissens über (differenz-)feministische Standpunkttheorien hinaus. Sie konstatierte, dass Wissensformen vielfältig, partikular und kontextuell verortet seien, wodurch Praxen zur vermeintlichen Universalität, Naturalisierung und Homogenisierung von Differenz in den Wissensformen und Wissensproduktionen ebenso wie Essentialismen zurückgewiesen wurden. [8]

Im Zuge dieser Debatten und poststrukturalistischen Paradigmenwendungen finden sich vermehrt Methodendebatten, orientiert an CLARKEs situationsanalytischer Erweiterung der Grounded-Theory-Methodologie (GTM) (u.a. OFFENBERGER 2019; OFFENBERGER et al. 2023; TIETJE & TUIDER 2019). CLARKE (2003, 2005) aktualisierte (Forschungs-)Situationen mit einer machtreflexiven Aufmerksamkeit und öffnete den Blick für die Komplexität von Situationen durch den Einfluss von nicht-menschlichen und diskursiven Elementen sowie der Grenzen des Sag- und Sichtbaren (CLARKE, FRIESE & WASHBURN 2018). Wie auch bei der reflexiven GTM (BREUER & MUCKEL 2016) spielt (Selbst-)Reflexivität und Relationalität bei der Situationsanalyse eine zentrale Rolle. Von CLARKE (2003, 2005) wurde die Technik des Mappings als Dokumentations- und Analysetool für Forschungszwecke aktualisiert. Verbindungen und Fragen von sozialen Ungleichheiten, (queer-)feministischen Epistemologien und Wissenschaftskritiken waren zentrale Ausgangspunkte des von CLARKEs konzeptualisierten situationsanalytischen Forschungsprogramms (OFFENBERGER 2019). [9]

Neben erkenntnistheoretischen und methodologischen Perspektivierungen werden aktuell vermehrt sozialpädagogische und didaktische Reflexionen zu partizipativer (Jugend-)Forschung diskutiert, die ich mit zentralen Konzepten von FREIRE (1973 [1970], 1974 [1967], 1980 [1977]) verbinden möchte. Er verstand Pädagogik und Bildung als in Macht- und Herrschaftsverhältnissen eingelassene politische Unterfangen, da diese als Befreiungs- oder Unterdrückungsinstrumente genutzt worden seien und demzufolge stets Positionierungen verlangten (1973 [1970], S.17). Damit übte er auch Kritik an Bevormundung und Paternalismus in pädagogisch ausgestalteten Kontexten ("Normalisierungsmacht", MAURER 2001, S.125). Nach FREIRE (1973 [1970]) gelingt Befähigung von Menschen mitunter über Bildungsprozesse, wenn sie sich mit hegemonialen Positionen und (eigenen) Privilegien in Dominanzgesellschaften auseinandersetzen, um sich aus unterdrückenden Verhältnissen zu emanzipieren. Im dialogischen und forschenden Lernen sah er diese Reflexionen als grundlegend mit Aktion verbunden im Sinne eines gegenseitig aufeinander verweisenden Verhältnisses. Dies war bereits ein integraler Bestandteil der Aktionsforschung (CAHILL 2007; WÖHRER et al. 2017) und wird im partizipativen Forschen fortgesetzt. Diese aktions- und mitbestimmungsorientierten Ansätze lassen sich mit rechtebasierten und subjekttheoretischen Perspektiven ergänzen. Im Kontext postkolonialer Forschung ging APPADURAI (2006) von einem Recht auf Forschen aus. Denn die Ermöglichung, selbst Wissen zu generieren und zu interpretieren, gehe einer Subjektanrufung und -artikulation voraus, die er für die demokratische Teilhabe an gesellschaftlichen Verhältnissen als notwendig verstand. Sogleich konstatierte APPADURAI, ein großer Teil der Weltbevölkerung sei noch nicht in eine Reziprozität und Dialogizität von Wissensproduktion inkludiert. [10]

FREIRE (1973 [1970]) verknüpfte diese Perspektiven in seinem Verständnis von Bildung. Er verstand diese nicht als eine Einlagerung von Wissen in Subjekte, sondern vielmehr als eine problemformulierende Praktik, um Wissen zu produzieren und dabei auch Lösungs- und Handlungsoptionen abzuwägen. Damit verbunden sah er eine kritische Bewusstseinsbildung und eine Entmythologisierung, also eine de- und rekonstruktivistische Perspektive auf eigene, peergruppenspezifische, organisationale sowie gesellschaftliche Vorannahmen und Diskurse, auch im Verhältnis zu empirischen Befunden. Um bislang bestehende (eigene) Annahmen infrage zu stellen, bedarf es nach FREIRE Gelegenheiten. Er konzeptualisierte dafür den Begriff der Grenzsituationen. Die Identifikation solcher Grenzsituationen – auch als Situationen der Unterdrückung und der Blockierungszusammenhänge von ihm bezeichnet – dienten als thematische Orientierungen von wahrgenommenen Begrenzungen (S.81ff.). Zu ihrer Analyse schlug FREIRE Grenzbearbeitungspraktiken vor, d.h. mithilfe des forschenden und dialogischen Lernens sollte den Beteiligten ermöglicht werden, sich und weitere Subjekte als in Situationsbeschreibungen involviert zu verstehen, sodass Erzählungen und Abwägungen von Handlungsoptionen und -räumen sowie Positionierungen ermöglicht würden (S.94ff.; siehe auch KESSL & MAURER 2010; MAY 2018). [11]

3. Beteiligungssituationen auf Verbundebene im Projekt "SchutzNorm"

Das Projekt "SchutzNorm" war der Frage gewidmet, welche Normalitätskonstruktionen (LINK 2013)3) junge Menschen von Sexualität, Gewalt, Schutz und Partizipation in der Kinder- und Jugendarbeit haben. Ausgangspunkt war, dass Mitarbeiter*innen in diesem organisationalen und sozialräumlichen Umfeld grundsätzlich auf Partizipation setzten sollten (Sozialgesetzbuch VIII), bei der Schutzkonzeptentwicklung junge Menschen und deren Sichtweisen jedoch kaum beteiligt waren (BIRKE et al. 2023, S.42). Ziel des Projektes war es deshalb, gemeinsam mit jungen Menschen die beteiligungsorientierte (Weiter-)Entwicklung von Schutzkonzepten im jeweiligen Feld voranzutreiben. [12]

Im Projekt wurde an die Bonner Ethikerklärung zur Forschung zu sexualisierter Gewalt (POELCHAU et al. 2015) sowie das Memorandum zu partizipativer Forschung zu sexualisierter Gewalt (BAHLS et al. 2018)4) angeschlossen, und es erhielt ein positives Votum der Ethikkommission der Universität Hildesheim. Die partizipative Arbeitsweise auf Verbundebene und in Zusammenarbeit mit den Praxispartner*innen konkretisierte sich in der Herstellung von Transparenz für die standortbezogenen Forschungsprozesse. Zentral war die Anerkennung von unterschiedlichen Ausgangspunkten aller Beteiligten (siehe dazu auch: HENNINGSEN et al. 2022). Für den Bedarf an psychosozialer Unterstützung wurde eine Kooperation mit "Nummer gegen Kummer" e.V.5) eingegangen und allen Beteiligten bekannt gemacht. [13]

Die Verbundforschung bestand aus vier partizipativen Teilprojekten, in denen jeweils der Ansatz einer Forschungswerkstatt erprobt wurde. Zudem wurde in "SchutzNorm" eine nicht-repräsentative Online-Befragung (n=1.221) zu den Sichtweisen von 15- bis 35-Jährigen auf Sexualität, Gewalt und Partizipation durchgeführt (LIPS et al. 2020). Ergänzend waren Dokumentenanalysen zu feldspezifischen Praxisbroschüren Teil der Projektarbeit (KAMPERT, RIEDL, WINTER, HENNINGSEN & WOLFF 2023; SCHMITZ, FIXEMER & BRAUNER 2021). [14]

Zum partizipativen Forschen eingeladen wurden junge Menschen über eine Projektvorstellung in den Kooperationseinrichtungen (ein Jugendzentrum in Niedersachsen und ein Jugendaufbauwerk in Schleswig-Holstein) oder über Newsletter (z.B. Bayrischer Jugendring und Internationale Jugendgemeinschaftsdienste). Dadurch konstituierten sich vier regionale Peer-Forschungsgruppen, in denen Peer-Forschende und professionell Forschende (sowie teilweise eine Praxiskoordination) beteiligt waren. Die Fragestellungen, die Erhebungs- und Auswertungsmethoden wurden im Sinne des partizipativen Forschens in den regelmäßig tagenden Werkstätten gemeinsam erarbeitet. Methodische Vorgaben waren laut Projektantrag hierfür nicht vorgesehen. [15]

Diese Beteiligungsgelegenheiten für Peer-Forschende wurden auf Verbundebene entlang der Partizipationsstufen nach Michael T. WRIGHT (2010) konzeptualisiert. Als Vorstufen wurden Information, Anhörung und Einbeziehung auf einer Ebene zusammengeführt. Als Hauptstufen der Partizipation wurden Praktiken der Mitbestimmung, der Entscheidungskompetenz und der Entscheidungsmacht gefasst. Entlang dieses Partizipationsverständnisses erläutere ich die zentralen Beteiligungssituationen der Mitbestimmung, der Entscheidungskompetenz und -macht für Peer-Forschende auf Verbundebene und lege einen Fokus auf den Ansatz der Peer-Forschungswerkstatt. [16]

3.1 Ansatz der Peer-Forschungswerkstatt

In den vier Teilprojekten wurden Peer-Forschungswerkstätten etabliert, in denen gemeinsam auch Anpassungen hinsichtlich der Organisation der Werkstätten getroffen wurden. Zwischen den Peer-Forschungsgruppen der internationalen Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit bemerkten die Mitarbeitenden im Forschungsverbund gewisse Ähnlichkeiten. Diese Peer-Forschenden brachten ein hohes Maß an Mitbestimmungsinteresse, Engagement und Selbstorganisation in die Werkstätten ein. Wir Projektmitarbeitende erachteten dies als einen charakteristischen Ausdruck der beiden Felder. Die Peer-Forschenden aus der Gruppe der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit wirkten ebenso engagiert mit. Jedoch ist dieses Feld in institutionelle Settings eingelassen, in denen verpflichtende Maßnahmen der Berufsvorbereitung im Vordergrund stehen. Für die regelmäßige tagende Peer-Forschungswerkstatt war es seitens dieser Teilprojektmitarbeitenden eher erforderlich, ein Mitbestimmungsinteresse der jungen Menschen zu fördern. Hingegen bildete sich im Jugendzentrum durch die offene Angebotsstruktur und eine gewisse Fluktuation der Besucher*innen eine eher lose Gruppe von (un-)regelmäßig teilnehmenden Peer-Forschenden. Für sie war eine offene und situative Werkstatt eher geeignet. Diese feldspezifischen und organisationalen Rahmenbedingungen der Settings prägten die jeweilige teilprojektbezogene Peer-Forschungswerkstatt, d.h., ein Ausloten und Abwägen prozessgestaltender und forschender Methoden war je nach Gruppentypus zentral. In situativ funktionieren Werkstatteinheiten wie im Jugendzentrum waren Ad-hoc-Methoden des dialogischen und forschenden Lernens hilfreich, wohingegen in regelmäßig tagenden festen Gruppen wie im Jugendverband oder der internationalen Jugendarbeit die Erwartung seitens der Peer-Forschenden im Fokus stand, ein eigenes empirisches Vorhaben umzusetzen. Letzteres bedurfte von den Mitarbeitenden eine Verschränkung von längerfristigen prozessgestaltenden und didaktischen Methoden für die Gestaltung des Forschungsprozesses. [17]

3.2 Verbundtagung

Alle Peer-Forscher*innen wurden im Mai 2019 nach der Konstituierungsphase der Gruppen zu einer Verbundtagung an der Universität Kassel eingeladen. Ziel war das gemeinsame Kennenlernen und die Begegnung zwischen den jeweiligen Peer-Forschungsgruppen und den hauptamtlichen Mitarbeitenden sowie die Vorstellung des je aktuellen Arbeitsstandes. Darüber hinaus besuchten alle Teilnehmende Workshops zu "Zivilcourage", "Vielfalt von Sexualität und Geschlecht" und "Sexualität und Gewalt in Paar- und Peerbeziehungen". Diese Themenauswahl resultierte sowohl aus den vorab abgefragten Interessen der Peer-Forschenden als auch auf Basis der aktuellen Arbeitsbereiche der wissenschaftlichen Projektmitarbeitenden. Die Mitglieder der eher fluiden Peer-Forschungsgruppe des Jugendhauses schlugen die Tagungseinladung aus, da für sie ihre Freizeitgestaltung sowie Praktiken des Ramadans für diesen Zeitraum6) im Vordergrund standen. Die Teilnehmenden der Peer-Forschungsgruppe zur arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit nutzten die Gelegenheit, ihre Maßnahme zu verlassen und deklarierten den Tagungsbesuch als eine Art Klassenfahrt. Sie stellten ihre erste produzierte Videosequenz als Teil ihrer Peer-Forschung vor (HENNINGSEN et al. 2022). Die beiden weiteren Gruppen entsandten Vertreter*innen, um ihre ersten Überlegungen mit einem Poster und einer Collage zu präsentieren. Während der Veranstaltung war für die Projektmitarbeitenden herausfordernd, die jungen Menschen gruppenübergreifend in einen Dialog zu bringen. Gleichzeitig bewerteten viele Peer-Forschende die Veranstaltung als positiv und erzählten von einer intensiveren Identifikation mit dem Projektkontext. [18]

3.3 Think-Aloud-Pretests der Online-Befragung

Vor der eigentlichen Online-Befragung wurden Think-Aloud-Pretests mit Rückmeldungen von mehr als 40 jungen Menschen mit unterschiedlichen Bezügen zu Jugendarbeit durchgeführt, und der Fragebogen wurde daraufhin von den hauptamtlichen Mitarbeitenden angepasst. Für die Praxiskoordinator*innen und die Peer-Forscher*innen bestand die Option, bei der Bekanntmachung und Verteilung der Online-Befragung an junge Menschen mitzuwirken (LIPS et al. 2020). [19]

3.4 Transferprodukte

Mit Blick auf den Projektabschluss und die Möglichkeiten des Praxistransfers entwickelten die Peer-Forschenden in Rücksprache und mit Unterstützung der Projektmitarbeitenden verschiedene Produkte. Ihre Interessen und Lebenswelten sowie das teilprojektspezifische Forschungsdesign prägten maßgeblich die Auswahl des Medienformats. So produzierten Peer-Forschende im Projekt zur Jugendsozialarbeit unter anderem Videos zu (Hetero-)Sexismus und dem Umgang mit körperlicher Gewalt. Die Peer-Forschenden der Jugendverbandsarbeitsgruppe präsentierten u.a. in Workshops ihre Ergebnisse aus der quantitativen Peer-Befragung in Jugendverbänden. Die Peer-Forscher*innen zur offenen Jugendarbeit organisierten ein Abschlussevent im Jugendzentrum. In der Peer-Forschungsgruppe zur internationalen Jugendarbeit wurden vier Podcasts produziert und ein Peer-to-Peer-Workshopkonzept zu Sexualität, Schutz und Gewalt erprobt. Zwei der Podcasts wurden auf der Website des Fachgebiets Soziologie der Diversität der Universität Kassel veröffentlicht. Eine Folge wurde wegen datenschutzrechtlicher Bedenken einer Person nicht veröffentlicht, eine andere aufgrund eines inhaltlichen Dissens mit aktuellen Forschungsdebatten zu sexualisierter Gewalt (siehe Abschnitt 4.6). Diese Entscheidung trafen die Teilprojektleitung und die Projektmitarbeitenden, was bei einigen Peer-Forschenden einen gewissen Unmut hervorrief. Deshalb wurden im Rahmen der Abschlussveranstaltung alle Folgen für die Teilnehmenden und Peers zugänglich gemacht. [20]

3.5 Digitales Jugendfestival

Die Titelauswahl für die Projektabschlussveranstaltung Was ist normal? Das digitale Jugendfestival zu Sexualität, Gewalt und Schutz erfolgte über ein digitales Abstimmungstool. Sowohl die Peer-Forschenden als auch die Mitarbeitenden reichten Vorschläge ein und stimmten über diese ab. Für ein von der Social-Media-Influencerin Ashley FORSSON moderiertes Kollaborationsvideo produzierten einige Peer-Forscher*innen Kurzclips mit Statements. In diesen betonten sie die Relevanz der Thematisierung von Schutz, Partizipation, Gewalt und Sexualität in der Jugendarbeit. Das Video wurde als Festival-Opener veröffentlicht. Auf der Festivalseite wurden alle Transferprodukte sowie Infos zu Sexualität, Gewalt und Schutz zur Verfügung gestellt und ein Meme-Wettbewerb7) angeboten. [21]

Vorwiegend besuchten junge Menschen das digitale Festival, die durch ihre professionelle und ehrenamtliche Tätigkeit in der Jugendarbeit aktiv waren. Auch wenn die Einladung über alle Projektbeteiligten und auch über Social Ads8) erfolgte, erreichte das Festival weder reguläre Nutzer*innen der Feldangebote noch feldferne jungen Menschen. Deshalb wurde zwar diskutiert, von einer feldübergreifenden digitalen Abschlussveranstaltung abzusehen. Sie fand schließlich doch statt, da sie im Projektantrag in Aussicht gestellt worden war. [22]

Durch die partizipativen Veranstaltungen auf Verbundebene berichteten junge Menschen, den Gesamtprojektkontext adäquater einordnen zu können. Für das Verbundteam zeigte sich die Relevanz, auch Praktiken der dezentralen Partizipationsgelegenheiten in der Peer-Forschung zur Verfügung zu stellen, um die punktuelle Beteiligung für junge Menschen zu ermöglichen. Darüber hinaus sind weitere Formate zu erproben, wie heterogene Peer-Forschungswerkstätten auf einer Verbundebene zusammengeführt werden können. Für den Ansatz der Peer-Forschungswerkstatt konnte ich im Beitrag begründen, dass je nach Gruppentypus die Prozess- und (Forschungs-)Methodengestaltung anzupassen und gezielt zu gestalten ist, um einem Peer-Forschungsansatz passgenau gerecht zu werden. Vertieft wird dies im nächsten Abschnitt zum Teilprojekt "internationale Jugendarbeit". [23]

4. Method(olog)ische Reflexionen im Teilprojekt "internationale Jugendarbeit"

In Fachdebatten zur internationalen Jugendarbeit im Vordergrund standen bisher transnationale Alltagswelten junger Menschen (SCHRÖER & SCHWEPPE 2018), transnationale Beziehungsnetzwerke und Jugendmobilität (HERZ 2020), internationale Jugendfreiwilligendienste (MANGOLD 2013), Zugänge zu verschiedenen Settings (ILG 2020) und Analysen (non-formaler) politischer Bildung (BÖTTGER, FRECH & THIMMEL 2016; SCHÄFER 2020), Intersektionalität (BECKER 2016) und Diversität (DRÜCKER, REINDLMEIER, SINOPLU & TOTTER 2015). Forschungen zu Sexualität, sexualisierter Gewalt und Schutz nahmen durch "SchutzNorm" ihren Ausgangspunkt. Vereinzelte Praxisbroschüren und Handreichungen zu Sexualität, sexualisierter Gewalt und Schutzkonzepten lagen bereits für die internationale Jugendarbeit vor (KAMPERT et al. 2023; SCHMITZ et al. 2021). [24]

4.1 Peer-Forschungsgruppe: Konstituierung und Arbeitsweise

Im "SchutzNorm"-Teilprojekt an der Universität Kassel organisierten wir, Lisa BRAUNER, Alina Marlene SCHMITZ, Elisabeth TUIDER und ich, zwischen Januar 2019 und Juni 2021 in einem kontinuierlichen Beteiligungsprozess mehr als 30 Peer-Forschungswerkstätten (on- und offline) mit jungen engagierten Menschen aus der kooperierenden Praxiseinrichtung Internationale Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd). Die Peer-Forschenden führten insgesamt zehn Interviews mit selbstkonzipierten feld- und erfahrungsbasierten Fallvignetten (KANDEMIR & BUDD 2018; LANGER 2013, 2014; MIKO-SCHEFZIG 2022) in ihrer Peer-Community durch und werteten diese nach der Situationsanalyse aus (CLARKE 2003, 2005; CLARKE et al. 2018). [25]

Die bundesweit dezentrale Peer-Forschungsgruppe konstituierte sich vorwiegend aus jungen Menschen, die zu diesem Zeitpunkt in kultur-, sozial-, gesundheits- und umweltwissenschaftlichen Studiengängen ausgebildet wurden. Entweder standen sie am Anfang eines Bachelorstudiums, am Übergang zum Masterstudium oder waren mit Berufseinstieg oder Berufsumorientierung beschäftigt. Insgesamt beteiligten sich bis zu zehn Peer-Forschende, und es bildete sich eine Kerngruppe von bis zu sechs Personen. Sie waren überwiegend cis-weiblich selbstpositioniert, zwischen 20 und 25 Jahren sowie zu (queer-)feministischen Anliegen engagiert. Im Feld arbeiteten sie als ehrenamtliche Betreuer*innen (und ehemalige Teilnehmende) von Workcamps, Vor-, Nach- und Begleitseminaren von transnationalen Jugendbegegnungen und internationalen Jugendfreiwilligendiensten. [26]

In der Konstituierungs- und Kennenlernphase diskutierten die Teilnehmenden der Peer-Forschungsgruppe während den ersten beiden Treffen theoretische und gesellschaftliche Debatten zu sexualisierter Gewalt, Sexualität, Diversität, Konsens und Grenzziehungen. Neben einem reflexiven Umgang in der Feldkommunikation und bei der Datenerhebung und -auswertung wünschten sie sich einen reflexiven Arbeitsmodus in der gemeinsamen (digitalen) Zusammenarbeit sowie ein mitbestimmungsorientiertes Verständnis von Partizipation. Sie formulierten ihr Interesse, einen Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs zu Schutzkonzepten sowie zur internationalen Jugendarbeit zu leisten. [27]

Für die Beteiligung an den Forschungswerkstätten und der verbundübergreifenden Tagung wurden die Reisekosten erstattet, und es wurde für die Verpflegung vor Ort gesorgt. Alle Peer-Forscher*innen erhielten Aufwandsentschädigungen in Form von Gutscheinen, die sie selbst auswählten. Deren Höhe war an der Häufigkeit des individuellen Engagements an Projektformaten ausgerichtet. Diese Zuwendungen und die Verhandlung des zur Verfügung stehenden Kontingentes erfolgte in Absprache zwischen den Mitarbeitenden und der Peer-Forschungsgruppe. Die Peer-Forschenden waren zwar eher an einer Honorarauszahlung interessiert, jedoch bestanden bereits bei der Projektbeantragung verwaltungsbezogene Grenzen seitens der Förderstrukturen, um einer förderfähigen (prekären) Peer-Partizipationsstruktur stärker entgegenzuwirken. In vergleichbarer Position wie Peer-Forschende als studentische bzw. wissenschaftliche Hilfskräfte im Projektrahmen angestellt zu sein war ebenso ein formuliertes Interesse der jungen Menschen. [28]

Die Peer-Forschungsphase war im Projektantrag auf zwölf Monate angelegt gewesen, dauerte aber letztendlich 18 Monate länger. Die Verlängerung der Projektbeteiligung forderten die Peer-Forschenden ein; dies wurde auch von den Projektmitarbeitenden befürwortet. Dass die Projektarbeit länger als geplant dauerte, hatte mehrere Gründe. So trug das nach FREIRE (1973 [1970]) und WADSWORTH (1998) diskutierte und im Projekt gelebte Verständnis einer herrschaftskritischen und machtreflexiven partizipativen Forschung bei den Peer-Forschenden zur der Haltung bei, die (Zusammen-)Arbeit nicht nach der Phase der Datenerhebung beenden zu wollen. Sie wollten Peer-Forschung nicht lediglich als eine Datenextraktion im Feld verstanden wissen oder auf diese zu reduzieren. Ähnliches wurde zu dekolonialen Forschungsmethoden unter dem Stichwort "Geben und Nehmen" diskutiert (KALTMEIER & BERKIN 2012). Bis Februar 2020 führten die Peer-Forschenden die zehn Interviews in ihren Communities durch. Mit der gemeinsamen Auswertung der Daten begannen wir jedoch zu dem Zeitpunkt, als gemäß des Antrags die Peer-Forschungsphase enden sollte. (Die zeitliche Planung im Antrag war eher an nicht-partizipativen Projekten orientiert gewesen.) Auch die soziale Position der Peer-Forschenden (sozial engagierte Studierende mit akademischem Hintergrund) erhielt Gewicht, da mit dem Projekt sowohl die eigene (Weiter-)Qualifizierung als auch Chancen der akademischen Profilbildung verbunden wurden. Für die Projektbeteiligung erhielten sie ein bereits zu Beginn in Aussicht gestelltes Zertifikat für die eigene Vita. Es lag im Interesse der Peer-Forschenden, an Projektendprodukten mitzuwirken, welche von den Projektmitarbeitenden auf eine Content-Produktion für die eigene Peer-Community beschränkt wurde. Für ein gemeinsames Schreiben an einem wissenschaftlichen Beitrag standen keine zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung, und die Projektmitarbeitenden waren selbst eher junge Schreibende. [29]

Entlang dieses Aushandlungsprozesses eröffneten sich Fragen zu Macht- und Herrschaftsverhältnissen in partizipativen Forschungssettings, die in weiteren Forschungsarbeiten zu konkretisieren und auszuloten sind: Wie viel Einfluss kann Peer-Forschenden bei der Projektausgestaltung eingeräumt werden? Welche organisationale Verantwortung tragen Wissenschaftler*innen und gehen Peer-Forschende in gewisser Weise ein, um nicht zur Reproduktion von Ungleichheiten beizutragen? Welchen Stellenwert erhält ehrenamtliches Engagement in und durch partizipative Forschung im Verhältnis zwischen Projekterfolg und -misserfolg? Welche Herrschafts- und Machtverhältnisse werden begünstigt und sind zu berücksichtigen, wenn wissenschaftliche Projektmitarbeitende ihre Qualifikationsphase mit einem partizipativen Projekt verbinden? [30]

4.2 Map: (Selbst-)Positionierungen der Peer-Forschungswerkstatt

Der Anspruch an (Selbst-)Reflexivität seitens der Peer-Forschungsgruppe und die damit verbundenen Positionierungen zu Gewalt-, Schutz- und Sexualitätsdebatten im Allgemeinen und zur internationalen Jugendarbeit im Besonderen prägten die ersten Werkstatttreffen in der Phase der Gruppenkonstituierung. Wie kann adäquat in der Peer-Forschung mit dem feldnahen und positionalitätsspezifischen situierten Wissen (HARAWAY 1991) umgegangen und wie kann dieses genutzt werden? Dies war für alle in der Peer-Forschungsgruppe eine zentrale Fragestellung. In entsprechenden Diskussionen entlang dieser Frage drängte sich uns die Mapping-Technik der Situationsanalyse auf. CLARKE (2003, 2005) beschrieb drei zentrale Maps: die situational map, Maps zu sozialen Welten und Arenen und die positional map (siehe auch CLARKE et al. 2018). Mit der Erstellung einer positional map begegnete ich dem zentralen Anliegen der Peer-Forschungsgruppe, die organisationale Verortung und die Nähe zum Feld sowie dem gleichzeitig bestehenden Anspruch eines kritisch-reflexiven Vorgehens in der Forschungstätigkeit in gewisser Weiser sichtbar zu machen und einen Bezugspunkt herzuleiten. CLARKE (2005, S.136) sah das positional mapping als Dokumentations- und Analysewerkzeug für die in den Daten eingenommenen Positionierungen und die zentrale Frage nach den unsichtbar gebliebenen Positionierungen vor. In folgenden Beispiel (Abbildung 1) entlehnten wir die positional map, um die Praktik einer situierten Forschungspraxis in Peer-Communities zu erfassen. Die Map leitete aber auch den Übergang von der Konstituierungsphase zur Entwicklung des Erhebungsinstrumentes ein. Demzufolge hatte die Map auch eine didaktische Bedeutung im Peer-Forschungsansatz, da die Diskussionen zu Positionierungen in Debatten visuell festgehalten wurden und wir uns auf nächste Schritte im Forschungsprozess konzentrieren konnten.



Abbildung 1: positionalitätsspezifisches situiertes Wissen der Peer-Forschenden in "SchutzNorm: Teilprojekt internationale Jugendarbeit" [31]

Diese Map zeigt im Hintergrund eine Collage, die von den Peer-Forscher*innen für die Verbundtagung mit den zentralen Leitperspektiven der kooperierenden Praxisorganisation gestaltet und mit folgenden Aspekten verbunden wurde: ökologische Nachhaltigkeit, trans*inklusiver rassismuskritischer Queer-Feminismus und Diversity-Positionierungen, rechtliche Rahmenbedingungen, partizipative Organisationsweisen und settingspezifische Selbstorganisation, nachhaltige Mobilität, öko-faire Kleidung, nachhaltiger Lebensmittelkonsum sowie klimagerechte und transnationale Globalisierung. Diese Collage wurde von mir mit weiteren Elementen aufbereitet, die eine themenspezifische Relevanz durch Positionierungen innerhalb der Peer-Forschungsgruppe erhielten. Eine machtreflexive Sensibilität zu sexualisierter Gewalt und Diskriminierung wurde unter anderem über das feministische Comic-Cover der Autorin Liv STRÖMQUIST veranschaulicht (links unten in der Abbildung), da auch dieser Comic thematisiert wurde. Das FOUCAULT-Graffiti stand für die Auseinandersetzungen mit poststrukturalistischen, diskursanalytischen und feministischen Debatten und Theorien im Rahmen der akademischen Ausbildung der Peer-Forschenden, auf die stets Bezugnahmen stattfanden. Die Mobilität des Feldes (#youthmobility) aber auch die notwendige Mobilität für Offline-Werkstatttreffen wurde über das Logo der Deutschen Bahn aufgegriffen. Die digitalen Arbeitsweisen im Peer-Projektteam wurden über Austausch- und Kommunikationsplattformen wie Skype9), Trello10), E-Mail und EduPAD11) organisiert und in der Map mit den entsprechenden Symbolen verdeutlicht. Selbstorganisiert wurde unter den jungen Menschen über sicherere Messenager-Dienste kommuniziert. Diese positional map ließ durch die Collagentechnik einerseits eine gewisse Uneindeutigkeit sowie Pseudonymisierung zu, und andererseits wurden Positionierungen zu Debatten und lebensweltlich situierte Bezüge nicht unsichtbar gemacht. Der Nutzung der Map für die Weiterarbeit stimmten die Peer-Forscher*innen ohne weitere Ergänzungs-/Änderungswünsche zu. Die Praxiskoordination kommentierte die Map als ihren "neuen Bildschirmhintergrund für den Arbeitscomputer". In der Gruppe zeigte sich eine gewisse Identifikation mit dieser visuell basierten Beschreibung zum Feld, zur Organisation und zu der Peer-Forschungsgruppe. [32]

4.3 Erhebungsinstrument: Fallvignetten als reflexive accounts

Um dem Feld – und somit auch der Peer-Community – mit einem Forschungsinteresse reflexiv und offen zu begegnen, kristallisierte sich für die Peer-Forscher*innen folgende Fragestellung heraus: Welche Ambivalenzen zu Sexualität und sexualisierter Gewalt bestehen in Settings der internationalen Jugendarbeit unter jungen Menschen? Um diese in einem Forschungsdesign zu bearbeiten, erfolgte in einer Werkstatt nach einem Brainstorming zu Erhebungsverfahren der Vorschlag der Projektleitung, Fallvignetten als ein qualitatives gesprächs- und erzählgenierendes Erhebungsinstrument (KANDEMIR & BUDD 2018; LANGER 2013, 2014; MIKO-SCHEFZIG 2022) zu nutzen. Nach Abwägungen in der Peer-Forschungsgruppe fiel die Entscheidung für diese Methodenauswahl.12) [33]

Fallvignetten können als reflexive accounts verstanden und konzipiert werden. RILEY, SCHOUTEN und CAHILL (2003) betrachteten Fallvignette nicht als ein Abbild von Realität, sondern als eine mögliche Version sozialer Wirklichkeit, in der die Reflexion von Subjektivität, Macht und Positionen in Situationen eingelagert und ermöglicht wurde. Diesem Verständnis folgend können mit FREIRE (1973 [1970]) Fallvignetten auch als Grenzsituationen definiert werden. [34]

In einer Peer-Forschungswerkstatt erarbeiteten wir vier Fallvignetten. Im Rahmen einer didaktisch angeleiteten Übung lud ich die Peer-Forschenden ein, verschiedene Erlebnisse und Beobachtungen von Situationen zu Sexualität, sexualisierter Gewalt und Schutz aus Settings der internationalen Jugendarbeit zu erinnern und zu verschriftlichen. Mit FREIRE verstehe ich dies als Bestandteil einer problemformulierenden Praktik. Im zweiten Schritt stellten die Peer-Forscher*innen diese kurzen Sequenzen eigener Felderfahrungen vor und wir clusterten nach Settings und deren Logiken. Wichtig war der Forschungsgruppe einerseits an Feldbeobachtungen anzuknüpfen. Andererseits achteten wir in der Zusammensetzung von Situationskonstellationen darauf, dass Rückschlüsse auf Teilnehmer*innen ausgeschlossen blieben, auch dann, wenn Peer-Forschende in diesen Situationen als Teamer*innen oder Freund*innen unterstützend tätig waren. Eine Sensibilität und Reflexivität im Forschen mit jungen Menschen zu Betroffenheit(en) von sexualisierter Gewalt sowie der Datenschutz wurden von den Peer-Forschenden als forschungsethisch äußerst relevant angesehen. Aus geschlechtertheoretischen Interessen entschied die Peer-Forschungsgruppe, die Namen innerhalb der Fallvignetten geschlechterdivers zu formulieren, um mögliche Dynamiken von Geschlecht und Sexualität in den Situationsbeschreibungen heteronormativkritisch zu öffnen. Die Altersspektren der interagierenden Personen, die unterschiedlichen Verantwortungspositionen im Gefüge der internationalen Settings (Teilnehmende, Teamer*innen, Hauptamtliche) und transnationale sowie digital-hybride Situationen wurden ebenfalls von uns als immanente Bestandteile des Feldes berücksichtigt. Die Projektmitarbeiter*innen stellten den aufbereiteten Vorschlag in der Peer-Forschungsgruppe zur Diskussion, arbeiteten ein letztes Feedback der Peers ein und finalisierten die Vignetten für die Erhebungsphase. [35]

Zwei Fallvignetten (A und B) wurden in FIXEMER, SCHMITZ und BRAUNER (2023) publiziert. Zur Illustration erfolgt hier die Darstellung der bislang nicht veröffentlichten Fallvignette D:

"Luca [anonymisierter Name] erhält während eines internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) von dem*der Vorgesetzten der Einsatzstelle auf der Arbeit sexuelle Kommentare und Anspielungen. Luca nimmt diese hin und fühlt sich dennoch damit unwohl. Die Anspielungen und Kommentierungen verstärken sich nach einer gewissen Zeit und Luca möchte sich nicht ablehnend verhalten, möchte sich jedoch deutlich von diesem kommunizierten sexuellen Interesse abgrenzen. Der*die Vorgesetzte beginnt, Luca zu sich nach Hause einzuladen. Luca schlägt die Einladung aus – Freiwilligendienst und Privates möchte Luca getrennt halten. Luca nimmt auf informellem Weg Kontakt mit einer bekannten teamenden Person auf, um über diese Vorfälle zu sprechen und fragt, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen, nicht mehr dermaßen dieser Sexualisierung ausgesetzt zu sein. Die Teamer*in ist überfragt und rät Luca, die Situation auszuhalten, denn solche Erfahrungen im IJFD sind normal und eine interkulturelle Erfahrung." [36]

Für das Studien-Sample berücksichtigten wir eine Diversifizierungsstrategie der Interviewteilnehmenden in der Peer-Forschung. Im Fokus standen dabei vergeschlechtlichte Positionierung, Alter, aktueller Bildungshintergrund und Erfahrungen in der inter-/transnationaler Jugendarbeit. Um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, arbeiteten wir vier Leitfragen aus. Zur Vorbereitung auf die Erhebungsphase fanden mehrere Werkstätten (on- und offline) statt. In diesen diskutierten wir Informationen und Anleitungen zur Interviewführung (HELFFERICH 2014). Hilfreich war dabei der Austausch über eigene kleine Erhebungserfahrungen im Rahmen des Studiums, um die Selbstsicherheit in Vorbereitung auf die Erhebung gegenseitig zu stärken. [37]

Mit Rückgriff auf FREIRE (1973 [1970]) und die Hinweise zur Konzeptualisierung von Grenzsituationen konstruierten wir innerhalb der Fallvignetten Situationen jugendlicher Alltagswelten in Settings internationaler Jugendarbeit. So berücksichtigten wir einerseits eine feldnahe und möglichst repräsentative Darstellung von sozialer Wirklichkeit für die Peer- und Forschungskontexte. Andererseits blieb den befragten jungen Menschen eine Vielfalt an Möglichkeiten im dialogischen Erzählen im Rahmen der Peer-to-Peer-Interviews. Die Fallvignetten ermöglichten es, bei sensiblen Themen bei der konstruierten Fallsituation zu bleiben, diese ggf. auch zu verlassen und durch eigene Erfahrungen zu ergänzen oder zu kontrastieren (RIZVI 2019). LANGER (2013, 2014) beschrieb die Forschung mit Fallvignetten auch als reflexive accounts, da die vollzogenen Interaktions- und Beziehungsdynamiken in der Forschungssituation als relevante Bezugspunkte für die Interpretationen reflektiert werden konnten. Weiterführend könnte methodisch ausgelotet werden, wie und welche (partizipativ erstellten) Maps als hilfreicher Bestandteil eines Erhebungsinstrumentes im Sinne eines reflexive accounts zu erproben wären. [38]

4.4 Feldzugang und Erhebungsphase: Peer-to-Peer-Interviews

Die Peer-Forschenden und die Praxiskoordination fragten junge Menschen aus der Peer-Community für die Teilnahme an der Studie an. In Vorbereitung auf die Erhebungsphase entwickelten die Peer-Forscher*innen eine spezifische Anonymisierungsstrategie. Hierzu gehörte, dass zwischen den Interviewer*innen und den Befragten keine erkenntlichen freundschaftlichen Verbindungen im eigenen Umfeld auszumachen waren. In den Peer-to-Peer-Interviews als reflexive accounts erzählten junge Menschen im Alter zwischen 16 und 29 Jahren – mit akademischen Bildungshintergrund und überwiegend weiblichen Selbstpositionierungen als Teamende oder Teilnehmende in der internationalen Jugendarbeit – ihre Sichtweisen auf Sexualitäten, Gewalt und Schutz. Die Interviews fanden alle in Deutschland statt – entweder digital über Skype oder analog am Rande von Ausbildungs- und selbstorganisierten Seminaren (SCHMITZ et al. 2021). In den Interviews setzten die Peer-Forscher*innen die vier Fallvignetten jeweils in verschiedener Reihenfolge ein (oder ließen Vignetten aus), je nach Bezug der Befragten zu den Settings. Sie erstellten Audioaufzeichnungen und notierten ihre Eindrücke und Beobachtungen der Erhebungssituationen (Postskript). Die vier vergleichbaren Interviewfragen wurden als Orientierung verwendet. Die Interviewdauer betrug mindestens 30 Minuten, maximal 90 Minuten. Die Transkriptionen erstellten die Peer-Forschenden auf eigenen Wunsch gegen eine Aufwandsentschädigung. Mehrfach zeigten sich in den Transkripten der Peer-to-Peer-Interviews dialogische Elemente zwischen Befragten und Interviewer*in. Diese beschränkten sich nicht nur auf die Zusammenfassungen der Fallvignetten seitens der Peer-Forschenden oder auf die Beantwortung von Fragen zum Projektkontext. In den Verhandlungen zu den Fallvignetten wurden zuweilen eindeutige Positionierungen in Nachfragen eingefordert oder auch bestätigende Positionierungen von Interviewer*innen eingenommen. Ähnliches machte WITZEL (2000) für das problemzentrierte Interview deutlich, auch wenn es im Projekt keine direkte Bezugnahme darauf gab. [39]

4.5 Peer-Forschung in Zeiten der Corona-Pandemie

Aufgrund der COVID-19-Pandemie organisierte die Peer-Forschungsgruppe die Werkstatttreffen als digitale Settings. Auch wenn zuvor Besprechungen teilweise digital stattgefunden hatten, hatte die Gruppe bis zu den Corona-Maßnahmen in Deutschland (und insbesondere der Lockdowns) weitestgehend in Tagesworkshops gearbeitet. Infolge der Pandemie verständigten sich die Teilnehmer*innen, alle zwei bis vier Wochen digitale Treffen von bis zu maximal zwei Stunden umzusetzen. Für einen kritisch-reflexiven Umgang mit der veränderten Situation wurde eine situational map erstellt. Zusammengetragen wurde, welchen Einfluss das Digitale auf die partizipative Arbeitsweise und Kommunikation im Forschungsprozess hatte. Zwei Anliegen waren wesentlich: Einerseits sollten On- und Offline-Settings verglichen werden, andererseits sollten die umfangreiche Veränderungen des Settings nicht ausgeblendet werden. [40]

Auf einer Map wurden spezifische Bereiche in der Auseinandersetzung mit der Situation der digitalen Peer-Forschungswerkstatt identifiziert, u.a. aktuelle Anforderungen in- und außerhalb des Projektkontextes, Arbeitsprozesse und Formate der Ergebnissicherung, (Arbeits-)Methoden, Kommunikationskultur und digitale Nähe (bei ortsspezifischer Distanz). Deutlich wurde, dass sowohl eine spezifische Sensibilität gegenüber Forschungssettings als auch der Anspruch auf die Gestaltung und Reflexion von beteiligungsorientierten Arbeitsweisen bestand. Die Map diente als Werkzeug, um uns während der Treffen mit den Folgen der Transformation ins Digitale zu befassen und Anpassungen vorzunehmen (bspw. Sensibilität für ähnlich verteilte Redezeiten pro Person). Eine Weiterarbeit mit dieser Map wurde nicht verfolgt, sodass ich von einer Wiedergabe und weiterführenden Betrachtung absehe. [41]

4.6 Auswertung: dezentrale Dateninterpretation und Podcast als Transferformat für die Ergebnispräsentation

Die Analyse des Datenmaterials erfolgte in Anlehnung an die situationsanalytische Erweiterung der GTM (CLARKE 2003, 2005; CLARKE et al. 2018). Erste Zeile-für-Zeile-Auswertung fand überwiegend offline, teilweise auch online in gemeinsamen Treffen statt. Eine kollaborative Auswertung mit einem Auswertungsprogramm konnten wir aufgrund des Mangels an finanziellen Ressourcen nicht realisieren. Eine detaillierte Auswertungstabelle wurde von den hauptamtlichen Mitarbeitenden entwickelt, um in dezentralen Interpretationsgruppen weiterarbeiten zu können. Die Tabelle enthielt folgende Elemente: Positionierung zum Material, erste Eindrücke und Assoziationen, offene und axiale Kodierungen sowie Ideen zu möglichen Phänomenen. Die Auswertung der Daten führten vier Peer-Forschende und zwei hauptamtliche Projektmitarbeitende vorwiegend in variierenden digitalen Tandemkonstellationen durch. Ziel war eine möglichst effiziente Arbeitsteilung mit Blick auf die Projektlogik und das vorgegebene Projektende (siehe zur partizipativen Auswertung qualitativer Daten auch SCHAEFER, BÄR & DIE MITWIRKENDEN DES FORSCHUNGSPROJEKTES ELFE 2019). In den Interpretationsgruppen gab es auch Bemühungen, theoretische Konzepte (z.B. zur Transnationalität von Jugendarbeit und zu Bystander-Perspektiven im Erforschen von sexualisierter Gewalt) mit den Erfahrungen der Peer-Researcher*innen in Einklang zu bringen. Zusätzlich erstellte meine Projektkollegin Alina Marlene SCHMITZ gemeinsam mit den Peer-Forschenden eine Map, in der sie sich mit den verschiedenen interagierenden (Macht-)Positionen im Setting Workcamp befassten (siehe auch SCHMITZ et al. 2021). Kontrovers blieb es zwischen einigen Peer-Forschenden und hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Peer-Forschungswerkstatt und während der Skripterstellung der nicht veröffentlichten Podcast-Folge hinsichtlich der Frage: Können einvernehmliche sexuelle Situationen und Praktiken zwischen zwei jungen Menschen rückblickend von einer Person als sexualisierte Grenzverletzung oder Gewalt ausgemacht werden und gibt es daraufhin eine beschuldigte und eine betroffene Person sexualisierter Gewalt. In dieser Grenzsituation (FREIRE (1973 [1970]) trafen meiner Einschätzung nach verschiedene Verständnisse von und Erfahrungen mit feministischen Anliegen und empirischen Arbeiten aufeinander. Um dies – wie FREIRE es vorschlug – mithilfe von fachlichen Debatten und empirischen Analysen gemeinsam mit den Peer-Forscher*innen differenzierter zu durchleuchten, verblieb jedoch keine Zeit. Aufgrund des Zeitmangels werteten wir nicht alle Transkriptionen in der Peer-Forschungsgruppe aus, sondern die wissenschaftlichen Projektmitarbeitenden leisteten die noch ausstehenden Auswertungen. Die nicht-partizipativ ausgewerteten Bestandteile wurden im hauptamtlichen Projektteam bearbeitet, stets an die Analysen der Tandemkonstellationen rückgebunden und mit den Ergebnissen der Onlinebefragung verknüpft. Auch auf Verbundebene stellten die Projektmitarbeitenden die Teilprojektergebnisse vor und zur Diskussion. [42]

Die Peer-Forscher*innen präsentierten erste Ergebnisse der Peer-to-Peer-Forschung während einer selbstorganisierten (digitalen) Veranstaltung in der Peer-Community der internationalen Jugendarbeit. Sie stellten zentrale Zitate aus dem Datenmaterial und die interpretativen Debatten des Teilprojektes vor. Darüber hinaus stand ihnen offen, herausgearbeitete Phänomene mit Zitaten aus dem Datenmaterial zu bezeichnen, um Skripte für Podcast-Folgen als Transferergebnisse anzufertigen (z.B. "Übergänge zwischen Alltag und Jugendreise, Peer-Beziehungen und sexuelle Bildungsprozesse" oder "Handlungsmöglichkeiten als Beobachter*in"). Die Skripte wurden von drei Teams (aufgeteilt nach Folgen und Themenschwerpunkten) angefertigt, die Feedbackschleifen übernahmen die wissenschaftlichen Mitarbeitenden. Bei der Skripterstellung und durch das Feedback entstand die Gelegenheit, die Interpretationen schriftlich-dialogisch zu schärfen, Analysen kritisch zu hinterfragen oder Argumentationen zu entkräften. Die (Audio-)Aufnahmen für die Podcasts erfolgten dezentral in Teams. Über das Format Podcast wurde auf ein Endprodukt hingearbeitet und so auch ein Abschluss der Peer-Forschungsphase gestaltet. [43]

5. Fazit

Für das Gesamtprojekt "SchutzNorm" entschieden wir uns für eine multimediale Publikationsstrategie, um feldspezifische und feldübergreifende Debatten für die partizipative Entwicklung von Schutzkonzepten voranzutreiben. Neben den erwähnten Peer-Transferprodukten und feldspezifischen Diskussionsformaten veröffentliche der Verbund für die Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Debatte und der sozialpädagogischen Fachpraxis die Broschüre "Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit: (Qualitäts-)Standards" (HENNINGSEN et al. 2021). Die Broschüre enthält eine Zusammenfassung zentraler Ergebnisse, zudem wird auf pädagogische Grundlagen der Kinder- und Jugendarbeit eingegangen, und es werden organisationale sowie institutionelle Ebenen zu Schutzkonzeptentwicklungen in der Breite der Kinder- und Jugendhilfe adressiert. Darüber hinaus veröffentlichten Projektmitarbeitende teilprojektspezifische Beiträge in Zeitschriften (SCHMITZ et al. 2021; WOLFF, RIEDL, KAMPERT & RÖSELER 2021) und Sammelbänden (u.a. FIXEMER et al. 2023) sowie eine Buchveröffentlichungen zur offenen Jugendarbeit (RUSACK, SCHILLING, HERZ, LIPS & SCHRÖER 2022). Die Schwerpunkte der partizipativen Verbundforschung lagen dennoch nicht nur auf Wissensgenese und -transfer, sondern Ziel war das gemeinsame Lernen mit Peer-Forschenden und Praxiskoordinator*innen. So wurde auf die soziale Veränderung in den Feldern und in den Peer-Communities hingewirkt. [44]

In diesem Beitrag zur Rekonstruktion der partizipativen Methodologie in "SchutzNorm" habe ich folgende empirische Lehren betont: Mit sozialkonstruktivistischen Perspektiven bin ich der Differenzierung von partiell verbundenen Gruppierungen im partizipativen Forschen begegnet. Neben geschlechtertheoretischen Grundlegungen in Forschungen zu Sexualität, Schutz und Gewalt, die zuweilen auch von den Peer-Forschenden eingefordert wurden, bedurfte es aufseiten der Mitarbeitenden pädagogische, didaktische und methodische Herangehensweisen. Dies habe ich mit Bezugnahmen auf zentrale Konzepte von FREIRE (1973 [1970]) verbunden. In Abschnitt 3 habe ich die zentralen Partizipationsgelegenheiten und -grade in der Zusammenarbeit mit Peer-Forschenden auf Verbundebene kontrastierend dargestellt. Daraus habe ich organisatorische, methodische, didaktische und pädagogische Hinweise für den Ansatz der Peer-Forschungswerkstatt in einem heterogenen Feld abgeleitet. Je nach Gruppentypus waren die Prozess- und (Forschungs-)Methodengestaltung für das dialogische und forschende Lernen zentral. Die im Teilprojekt zur internationalen Jugendarbeit beteiligten jungen Menschen brachten ein mitbestimmungsorientiertes Verständnis von Partizipation ein und nutzten die Optionen, sich ad hoc, punktuell oder über die zeitlich vereinbarte Beteiligungsperspektive einzubringen (Abschnitt 4.1). Mit einer positional map konnte gezeigt werden, wie mit dem Forschungsgegenstand und den Interpretationen mit situierten Positionierungen begegnet werden kann (Abschnitt 4.2). Mit Rückgriff auf FREIRE verdeutlichte ich, was bei der Konstruktion von feld- und erfahrungsbasierten Fallvignetten als qualitativem Erhebungsinstrument (nicht nur) bei der Peer-Forschung zu berücksichtigen ist, um sowohl Situationen aus dem Alltag junger Menschen aufzugreifen als auch verschiedene Grenzbearbeitungen als Handlungsoptionen für die Befragten zu eröffnen. Dieser Ertrag ist nicht nur für die Gewalt- und Sexualforschung mit jungen Menschen produktiv (Abschnitt 4.3 und 4.4), um an Ansätzen einer herrschaftskritischen und machtreflexiven, partizipativen, Community-basierten (Jugend-)Forschung zu arbeiten. Um die partizipative Auswertung mit und die Präsentation von empirischen Ergebnissen weiter voranzutreiben, braucht es sowohl zeitliche Ressourcen als auch entsprechende wissenschaftsorientierte Publikations- und Transferformate (Abschnitt 4.6). [45]

Die von WADSWORTH (1998) aufgeworfenen methodologischen Macht- und Interessensachsen (Abschnitt 1) habe ich analytisch berücksichtigt, da sich diese als hilfreiche Reflexions-, Grenzbearbeitungs- und Steuerungsparameter im Peer-Forschungsprozess und seiner Rekonstruktion zeigten. Darüber hinaus gingen meine Reflexionen zu partizipativen Methodologien stets mit Grenzziehungen einher, um die beteiligten Peer-Forscher*innen nicht als "Andere" zu (re-)konstruieren (SIOUTI, SPIES, TUIDER, VON UNGER & YILDIZ 2022). Nicht zuletzt beinhalten meine Auslotungen zur partizipativen Methodologie der Verbundforschung gewisse Limitierungen, denn diese wurden nicht im Verbund und nicht gemeinsam mit Peer-Forschenden schriftlich (und rekonstruktiv) verhandelt. Gleichwohl konnte ich darstellen, dass diese Reflexionen stets integraler Bestandteil des partizipativen Forschens waren. Es bedarf zusätzlicher Ressourcen, um solche Reflexionen dialogisch und kollaborativ zu leisten und zu verschriftlichen, d.h., eine partizipative Forschungsmethodologie bleibt voraussetzungsvoll nicht nur hinsichtlich machtreflexiver und herrschaftskritischer Ansätze beim Forschen mit jungen Menschen in divergierenden Alltagswelten. [46]

SCHLINGMANN (2020) forderte in diesem Zusammenhang eine langfristig gesicherte Förderung und Beteiligung von Betroffenen an sexualisierter Gewaltforschung in Deutschland. In Methodendebatten (SCHWENKEN 2019; VON UNGER 2014) machten Forschende darauf aufmerksam, dass partizipative Forschungsstile nicht-partizipative ergänzen, aber nicht ersetzen. Zudem können Forschungsprozesse über ein (Wahrnehmen von) Geben und Nehmen aller Beteiligten demokratisiert und dekolonisiert (AFEWORKI ABAY 2023; KALTMEIER & BERKIN 2012) werden, auch wenn dadurch verschiedene Macht- und Interessensachsen sowie situierte Wissensbestände kontextuell zusammenrücken und verhandelt sowie reflektiert werden müssen. [47]

Danksagung

Ich danke den Peer-Forschenden, den Praxispartner*innen und den Kolleg*innen des Projektes "SchutzNorm" für die immer anregenden Diskussionen und das gemeinsame Bemühen, Erkenntnisse zum besseren Schutz von jungen Menschen zu generieren. Den anonymen Gutachtenden und der FQS-Redaktion danke ich für die konstruktiven Nachfragen, die hilfreichen Hinweise und fachlichen Bemühungen, den Beitrag zu optimieren.

Anmerkungen

1) Im Vergleich zum internationalen gab es im deutschsprachigen Raum in den 1980er und 1990er Jahren kaum Aktions- und Handlungsforschungen. Seit den 2000er Jahren wurde und wird zunehmend die Relevanz und der Einfluss von Reflexivität, Subjektivität und Beteiligung von Akteur*innen in der qualitativen Sozialforschung ausgelotet (VON UNGER 2014, S.4-5). In Abschnitt 1 konturiere ich vorwiegend aktuelle deutschsprachige Debatten zu partizipativer Forschung und leite im eigenen Anwendungsbeispiel punktuelle Anschlussfähigkeiten an internationale Diskussionen her. <zurück>

2) Als Peer-Forscher*innen sind in partizipativen Ansätzen Personen zu bezeichnen, denen eine mitbestimmungsorientierte Gestaltung und Einflussnahme auf den Forschungsprozess eingeräumt wird (VON UNGER 2014, S.34). Wenn (junge) Menschen lediglich Informationen zu einem Projekt erhalten, bei einer Befragung teilnehmen oder Feedbackschleifen ohne Veränderungsansprüche eingeholt werden, kann nicht von partizipativen Elementen oder einer Beteiligung von Peer-Forschenden die Rede sein. <zurück>

3) In internationalen Fachdebatten wurden die Normalitätskonstruktionen junger Menschen auf Sexualität, Gewalt und Schutz bislang nicht empirisch untersucht. Nach den Sichtweisen junger Menschen zu fragen ist nicht gleichbedeutend mit einem individuellen Erfahrungsbegriff und nur bedingt an diesen anschlussfähig. <zurück>

4) Reflexionen zur partizipativen Zusammenarbeit und der Entscheidungsfindung sowie forschungsethische Fragestellungen wurden im Memorandum ein maßgeblicher Stellenwert eingeräumt. <zurück>

5) Nummer gegen Kummer e.V. ist ein Kinder- und Jugendtelefon bzw. eine anonyme Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Sorgen, Ängsten und Problemen. <zurück>

6) Der Veranstaltungstermin fiel in den muslimisch geprägten Fastenmonat Ramadan. Einige junge Menschen führten diesen als Begründung an, nicht an der Tagung teilnehmen zu wollen. <zurück>

7) Auf der Festival-Webseite wurde ein Meme-Generator integriert. Festivalbesucher*innen konnten mit einer (Vor-)Auswahl an Bildern ihre eigenen themenspezifische Memes erstellen. Die drei besten Memes wurden von Projektmitarbeitenden ausgewählt und mit einem Gutscheingewinn ausgezeichnet. <zurück>

8) Social Ads sind eine Form des digitalen Marketings, bei der zielgruppenorientierte Werbung auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, LinkedIn und TikTok geschaltet wird. Eine passgenaue Zielgruppenadressierung (Targeting) erfolgt nach Auswahl- und Filterkriterien wie Interessen, Regionen, Alter und Geschlecht, um bei der Bewerbung eine Effizienz durch die Vermeidung von Streuverlusten zu erzielen. <zurück>

9) Skype ist ein internetbasierter Instant-Messaging-Dienst. Mit Skype können Direktnachrichten an verknüpfte Accounts versendet werden oder Videokonferenzen in der Gruppe sowie Anrufe zu regulären Telefonanschlüssen durchgeführt werden. <zurück>

10) Trello ist eine webbasierte Projektmanagement- und Kollaborations-Plattform. Sie kann dienlich sein, um eine Projektübersicht sicherzustellen und zentrale Dokumenten verfügbar zu machen. Aufgaben im Team können verwaltet, priorisiert und gesteuert werden. <zurück>

11) EduPAD ist ein kollaborativer Texteditor, der online simultan synchronisiert. Über einen Link können bis zu 15 Schreibende eingeladen werden, um gemeinsam an einem Dokument zu arbeiten. <zurück>

12) Qualitative Forschungen mit Fallvignetten fanden bisher neben der Marktforschung Anwendung u.a. in psychoanalytisch-soziologischen Studien zu HIV-positiven schwulen Männern (LANGER 2013, 2014), in der Organisationsforschung (MIKO-SCHEFZIG 2022) und in der Jugendforschung (KANDEMIR & BUDD 2018). Die Nutzung von Fallvignetten ist auch für die Professionalisierungs- und Praxisentwicklung anschlussfähig, wie VOBBE und KÄRGEL (2022) entlang prototypischer Fallkonstellationen auf Basis von Fallrekonstruktionen von Fachberatungsstellen sexualisierter Gewalt zeigten. <zurück>

Literatur

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Zum Autor

Tom FIXEMER ist im Fachgebiet Soziologie der Diversität der Universität Kassel derzeit im Transferprojekt SchutzJu: Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit & Jugendsozialarbeit (BMBF gefördert) und in EMMD: Strukturelle Diskriminierung in der Rechts- und Beratungspraxis – Entwicklung von Methoden der mehrdimensionalen Diskriminierungsforschung (Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert) tätig. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind Sexual-, sexualisierte Gewalt-, Diskriminierungs-, Diskurs- und Subjektivierungsforschung sowie internationale Jugendarbeit.

Kontakt:

Tom Fixemer

Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Fachgebiet Soziologie der Diversität
Nora-Platiel-Str. 1, 34127 Kassel

E-Mail: tom.fixemer@uni-kassel.de

Zitation

Fixemer, Tom (2024). Partizipatives Forschen mit jungen Menschen zu Sexualität, Gewalt und Schutz in der (internationalen) Jugendarbeit: method(olog)ische Reflexionen [47 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 25(1), Art. 5, https://doi.org/10.17169/fqs-25.1.3998.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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