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Volume 25, No. 1, Art. 11 – Januar 2024

Von Metaphern und Monstern

Jo Reichertz

Review Essay:

Adams, Peter (2023). Monster Metaphors: When Rhetoric Runs Amok. New York, NY: Routledge, 258 Seiten, 40 s/w Abbildungen, ISBN 9781032122106, 34,99£.

Zusammenfassung: Die Metaphernanalyse ist ein etablierter Teil der qualitativen Sozialforschung. Weil dem so ist, wird hier das aktuelle Buch von Peter ADAMS, einem Psychologen aus Neuseeland, der sich seit Jahren um die Erneuerung der Rhetorik bemüht, zum Anlass genommen, über die Macht von Metaphern nachzudenken. Zu diesem Zweck werden zuerst die Thesen von Peter ADAMS vorgestellt, der entschieden die Position vertritt, dass Metaphern Akteure eigener Art sind, dass sie sich mit anderen Metaphern verbinden können und dann zu Monster-Metaphern heranwachsen, die nicht nur das Denken, sondern auch das Handeln der Menschen formen. Im zweiten Teil wird dann aus handlungstheoretischer Perspektive diese Position einer Kritik unterzogen.

Keywords: Metapher; Macht von Metaphern; Rhetorik; Metaphernanalyse

Inhaltsverzeichnis

1. Metaphernanalyse als Teil qualitativer Sozialforschung

2. Erster Eindruck: der Titel

3. Was sind die Fragen des Buches?

4. Wie verortet sich ADAMS im Diskurs?

5. Metaphern als Medien des Denkens und Handelns

6. Das Leben der Metaphern

7. ADAMS als Erzähler

8. Kritik der Monstermetaphorik

9. Was ist die Botschaft?

Anmerkungen

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

"Gemeinhin verleihen wir unseren Vorstellungen vom Unbekannten
die Farbe unserer Vorstellungen vom Bekannten" (PESSOA 1995 [1982], S.62).

1. Metaphernanalyse als Teil qualitativer Sozialforschung

Metaphern zu nutzen, also zu sagen, dass ein bestimmtes Phänomen A in wesentlicher Hinsicht dem Phänomen B gleicht, findet sich in jeder Art von mündlicher wie schriftlicher Kommunikation. Metaphern werden entweder bewusst oder routinisiert von menschlichen Akteur*innen als Mittel eingesetzt, um anderen Menschen etwas zu veranschaulichen, um sie von etwas zu überzeugen, um sie abzuschrecken oder auf einen Weg zu locken: Immer, wenn es darum geht, Menschen mithilfe kommunikativen Handelns zu etwas zu bewegen, werden in der Regel auch Metaphern eingesetzt. In jeder Art von Hermeneutik (REICHERTZ 2016) und Diskursanalyse (KELLER 2011) kommt deshalb der Metaphernanalyse ein besonderer und ein besonders wichtiger Platz zu. [1]

Über Jahrhunderte beschäftigte sich vor allem die klassische Rhetorik mit den verschiedenen Formen von Metaphern, deren Gelingensbedingungen und deren Macht. Erst in den letzten Jahrzehnten haben sich im Rahmen der qualitativen Forschung Sozialwissenschaftler*innen zunehmend mit der Analyse der Formen und der Wirkung von Metaphern beschäftigt (HARLOFF 2019; KASTEIN 2021; PFALLER 2022; SCHMITT 2003, 2010, 2011, 2017). Eine Verbindung einer sozialwissenschaftlichen mit einer rhetorischen Analyse findet sich jedoch bislang eher selten. Deshalb ist es auch für qualitative Sozialforscher*innen interessant, sich mit dem Buch "Monster Metaphors: When Rhetoric Runs Amok" des ausgewiesenen Sozialpsychologen Peter ADAMS aus dem Jahre 2023 zu beschäftigen, gerade weil der Autor behauptet, der Rhetorik mit seinem Buch neue Impulse geben zu können. Das Buch von Peter ADAMS kann als späte Hommage an Paul FEYERABEND (1924-1994) begriffen werden, an dessen Vorlesungen ADAMS in den Sommersemestern 1975 und 1976 als 18-jähriger Student an der Universität Auckland teilnahm und die ihn sehr beeindruckt und beeinflusst haben. [2]

Im Weiteren werde ich erst die wesentlichen Argumente von ADAMS herausarbeiten und darstellen, um dann aus wissenssoziologischer Sicht das Buch kritisch zu würdigen. Erst werde ich die Argumentation von ADAMS (Abschnitte 2-4), dann meine eigene Position zur Funktion von Metaphern vorstellen (Abschnitt 5). Danach werde ich die zentrale These von ADAMS herausarbeiten, nach der Metaphern ein eigenes Leben führen und andere Metaphern bekämpfen (Abschnitt 6) und die Erzählweise von ADAMS beleuchten (Abschnitt 7). Abschließend geht es mir um eine Kritik und Würdigung der Argumentation von ADAMS (Abschnitte 8-9). [3]

2. Erster Eindruck: der Titel

Peter ADAMS ist ein Psychologe, der an der Universität von Auckland, Neuseeland, im medizinischen Department lehrt, lange Zeit über Spielsucht gearbeitet und in diesem Zusammenhang einen internationalen Ruf erworben hat. In seinem neuen Werk "Monster Metaphors" beschäftigt er sich mit der Rhetorik und hier insbesondere mit der Wirkung von Metaphern, wenn diese in einer Gesellschaft vorherrschen und aus seiner Sicht deshalb zu Monstern werden. [4]

Das Buch selbst besteht aus drei Teilen. In den Kapiteln 2-4 wird erläutert, wie Monster-Metaphern entstehen und wie sie sich verhalten. Im zweiten Teil, nämlich den Kapiteln 5-9, wird in vier Fallstudien gezeigt, wie die Monster heranwachsen und dominant werden, während in dem dritten Teil (Kapitel 10-12) Strategien erkundet werden, wie man diesen Metaphern widerstehen und ihre Dominanz brechen kann. [5]

Der Titel des Buches verdient eine besondere Würdigung, lautet er doch grob übersetzt: "Monster-Metaphern: Wenn die Rhetorik Amok läuft". Der Trick von ADAMS besteht nun darin, die Metapher selbst mit einer anderen Metapher, nämlich der des Monsters zu beschreiben, weshalb dann im Buch immer wieder die Lebensweise von Monstern (die im Buch vor allem in Form von Sauriern auftauchen) beschrieben wird. Die plakative Zeichnung eines Sauriers in den Farben Rot-Schwarz-Blau ziert denn auch das Cover des Buches. [6]

Die Hauptthese von ADAMS ist, dass Metaphern manchmal zu Monstern werden und dann alles wegbeißen, was sich an Konkurrenz in der freien Wildbahn findet. Eine weitere von ADAMS benutzte Metapher ist, dass die Rhetorik, also nicht die Metapher, manchmal, insbesondere dann, wenn eine Metapher zu einem Monster herangewachsen ist, Amok läuft. Das kann so verstanden werden, dass die Rhetorik (nimmt man den Untertitel ernst), dann alles zerstört, was sich ihr als Argument in den Weg stellt. Soweit die Botschaft der Titelgebung. [7]

3. Was sind die Fragen des Buches?

Um welche Fragen geht es in dem Buch? Kurz gesagt: Es geht ADAMS darum zu klären, weshalb manche Metaphern blühen und sich verbreiten und weshalb sie wirken. Oder anders: Wie gelingt es Metaphern, dass sie groß werden, dass sie andere verdrängen, andere töten und verschlingen und dadurch selbst noch größer werden? Weshalb sind Metaphern überzeugend, wurzeln sie in unserer Erfahrung, und inwieweit sind sie schon in unseren Körper eingedrungen und Fleisch geworden? Hier verweist ADAMS ganz deutlich auf das Buch "Philosophy in the Flesh. The Embodied Mind and Its Challenge to Western Thought" von LAKOFF und JOHNSON (1999). [8]

4. Wie verortet sich ADAMS im Diskurs?

ADAMS versteht sein Buch als Teil einer neuen Rhetorik (S.32), mit der seit gut 100 Jahren versucht wird, den verloren gegangenen guten Ruf der klassischen Rhetorik wiederherzustellen. Kritisch setzt er sich mit Klassikern der Rhetorik auseinander und hier insbesondere mit Max BLACK, Donald DAVIDSON und Robert FOGELIN. Für ADAMS sind deren Ansätze unzureichend. Zu seinen Kronzeugen gehören dagegen Autoren wie Roland BARTHES, Kenneth BURKE, Jacque DUBOIS, Hans-Georg GADAMER, Roman JACOBSON und Ivor RICHARDS, die allesamt darin übereinstimmen, der Sprache (nicht dem Sprechen als kommunikativer Handlung) eine aktive Rolle beim Aufbau von Wissen und Verstehen zuzuschreiben. [9]

Unverkennbar wird hier schon der Schwerpunkt von ADAMS, nämlich die Betrachtung der Metapher und der gedanklichen Inhalte, die Metaphern auslösen. Entgegen der klassischen Rhetorik zum Beispiel von ARISTOTELES, der den Redenden und ihrem Charakter eine entscheidende Rolle für die Überzeugungskraft zuschrieb1), findet sich bei ADAMS durchgehend eine deutliche Abkehr von den Redner*innen und ihrer Bedeutung für die Wirkung der Rede. Bei ADAMS haben vor allem die Sprache und ihre Formen Macht. [10]

Innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses über Metaphern schließt sich ADAMS dann weitgehend dem kognitiven Ansatz von LAKOFF und JOHNSON (1980) an. Demnach stellen Metaphern vor allem kognitive Konzepte dar, die ihre Wirkung deshalb erzielten, weil sie mentale Inhalte (frames) erweckten und damit den Menschen Handlungen nahelegten. Ähnlich wie LAKOFF und JOHNSON verkürzt ADAMS die kognitive Wirkung von Metaphern jedoch nicht auf das individuelle Bewusstsein, sondern auch er ist (wie NIETZSCHE 1980 [1873]) der Ansicht, dass die Metaphern Teil einer Kultur sind und über die Kultur einer Gesellschaft die Menschen zu bestimmten Gedanken und über diese zu bestimmten Einstellungen, Gefühlen und Handlungen nötigen (siehe auch SCHMITT 2017). [11]

Ganz wie LAKOFF und JOHNSON traut ADAMS den Metaphern ziemlich viel zu: Für ihn können sie unter Umständen, zum Beispiel wenn sie sehr groß geworden sind und ein Feld beherrschen, enorme Wirkung entfalten – bis hin dazu, dass sie nicht nur die Gedanken von Menschen beeinflussen und formen, sondern Teil der Körper und so zu einer "embodied mind" werden, die menschliche Handlungen steuert. Die Argumentation gleicht im Übrigen der von LAKOFF und JOHNSON (1999). [12]

In der Sicht von ADAMS besitzen die Metaphern ein eigenes Leben, sie entwickeln sich, sie verreisen und verändern sich immer wieder (S.8). Metaphern können aussterben und wieder auferstehen; sie gehören nicht einem individuellen Bewusstsein, sondern sind Teil einer Kultur.

"While monster metaphors are, of course, not autonomous sentient beings, they are some aspects that give this device some credence. First, monster metaphors do not belong to individual minds; they certainly travel through individual minds but they also travel separately and belong more to a collective or a community of minds. Secondly, the strength and influence of the monster metaphor that varies over the time; they are birthed, they grow, they mature and they can die" (a.a.O.). [13]

Allerdings nimmt ADAMS gegenüber dem Ansatz von LAKOFF und JOHNSON (1999) eine signifikante Erweiterung vor – und zwar im Hinblick auf die Reichweite und Vernetzung von Metaphern. Hier greift er Überlegungen von David GORDON (1978) und Dedre GENTER (1983) auf und führt sie auf eigene Weise weiter. Um die Bedeutung dieser Erweiterung besser verstehen zu können, möchte ich kurz auf die Besonderheit von Metaphern eingehen. [14]

5. Metaphern als Medien des Denkens und Handelns

Eine Metapher ist für ADAMS, wie in der Rhetorik üblich, eine Stilfigur des Sprechens in einer bestimmten Form, nämlich in der Form, dass gesagt werde, dass ein bestimmtes Phänomen A so sei wie das Phänomen B, dass also Phänomen A und Phänomen B isomorph seien. Dazu ein paar Beispiele: Das Leben ist (wie) eine Achterbahn (Ronan KEATING)2); Menschen spielen im sozialen Miteinander Theater (GOFFMAN 1959); leidenschaftliches Spielen ist nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders eine Sucht; Ärzte und Ärztinnen sind die neuen Hohen Priester*innen unserer Gesellschaft (ADAMS), und Metaphern können zu wilden Tieren heranwachsen (ADAMS). [15]

Wer Metaphern benutzt, der behauptet in der Regel jedoch nie eine komplette Isomorphie zwischen dem Phänomen A und Phänomen B, sondern immer nur in gewisser Hinsicht. Exakt das ist der Punkt, an dem ADAMS ansetzt. Er vertritt die These, dass Metaphern sehr wohl die Kraft haben nicht nur die Phänomene A und B gleichzusetzen, sondern auch die Beziehungen, die A und B jeweils zu anderen Phänomenen haben. Diese Kraft hätten sie, weil in Metaphern nie angegeben werde, in welcher Hinsicht sie eine Isomorphie von zwei Phänomenen behaupteten, sondern es komme auf die Nutzer*innen an, wie weit sie eine Gleichsetzung vornähmen bzw. gelten ließen. [16]

Demnach besteht für ADAMS der Trick der Metapher darin, nicht nur von zwei Dingen zu behaupten, dass sie isomorph sind, sondern auch, dass einige bzw. alle Beziehungen, in der die beiden Dinge stehen, eine Isomorphiebeziehung aufweisen (S.220). Werde nämlich gesagt, Ärzt*innen seien die Hohen Priester*innen der heutigen Zeit, dann sage man auch, dass alle Beziehungen, die mit "Ärzt*in" konnotierten, auch gleich seien mit den Beziehungen, die mit "Hohepriester*in" konnotierten. Würde diese These von ADAMS ausbuchstabiert, dann wären Kranke in der Nähe von Sünder*innen und Ärzt*innen hätten eine gute Beziehung zu Gott. Dieser Gedanke ist interessant, allerdings auch waghalsig. [17]

Manchmal mag der Gedanke zutreffen, aber bei vielen oder den meisten Metaphern ist diese These m.E. empirisch nicht haltbar. So wurde in der klassischen Rhetorik nur behauptet, dass die Gleichsetzung von Phänomen A mit Phänomen B in gewisser Hinsicht gilt, dass also das Leben nur in der Hinsicht, dass es dort ein Auf-und-Ab gibt, das manchmal Angst macht, manchmal jedoch auch Spaß mit sich bringen kann, mit einer Achterbahn zu vergleichen sei. Dass aber für das Leben ein Eintrittspreis entrichtet werden muss, es nur an bestimmten Orten anzutreffen und Teil eines Vergnügungsparks ist, alle diese Eigenschaften einer Achterbahn treffen jedoch für das Leben nicht zu. Auch spielen wir nur in gewisser Hinsicht Theater, nämlich dass wir gesellschaftliche Rollen einnehmen und bestimmten Scripts folgen. Aber wir spielen nicht wirklich Theater, da im Leben die Folgen real sind und bleiben, es keinen Handlungsbogen gibt, der sich nach drei oder fünf Akten schließt und der in ähnlicher Form immer wieder aufgeführt werden kann. Wenn König Ödipus stirbt, erwacht er nach der Aufführung wieder zum Leben, um dann bei der nächsten Aufführung erneut zu sterben. Im wirklichen Leben stirbt man nur einmal. [18]

Metaphern sind sprachliche Zeichen (in der Regel sind das Lexeme oder Gruppen von Lexemen), die gegen ihre normale, einfache und gerade Verwendung (meist in einem übertragenen Sinne) gebraucht werden (REICHERTZ 1999b). Würde man Metaphern beim Wort nehmen, ergäbe das Gesagte keinen Sinn, und man könnte nur unsinnig reagieren. Durch den Gebrauch von Metaphern wird dagegen nahe gelegt, die Lexeme nicht wörtlich zu nehmen, sondern sie als Reduktion eines abstrakten Sachverhalts auf ein sinnlich wahrnehmbares, konkretes Bild aufzufassen und auch so zu behandeln. Die Hörer*innen werden aufgefordert, sich in gewisser Weise das Unvertraute so vorzustellen wie das Vertraute. Metaphern sagen nichts, mit ihnen wird etwas gezeigt. Jeder Metapher liegt ein Analogieschluss zugrunde. Ausgehend von der (nicht zur Diskussion gestellten) Behauptung, zwei Dinge oder Vorgänge seien in ihrer Struktur in gewisser Hinsicht gleich (und in anderer Hinsicht ungleich), wird nämlich die Folgerung gezogen (bzw. nahegelegt), diese Dinge oder Vorgänge seien auch in Bezug auf bestimmte Handlungsprobleme gleich. [19]

Metaphern resultieren notwendigerweise aus kommunikativen Konstruktionen, also aus der kommunikativen Erstellung von Ordnung zum Zwecke des sinnvollen Weiterhandelns (KELLER, KNOBLAUCH & REICHERTZ 2013). Deshalb sind Metaphern Medien des Denkens und Medien des Handelns – wenn auch im Medium der Sprache3). Gemeint ist damit, dass der Gebrauch von Metaphern wegen ihrer Kulturgebundenheit das Denken der Kulturangehörigen beeinflusst. Gewiss können Metaphern auch Medien des individuellen Denkens sein, aber dies ist weder bei mir noch bei ADAMS vorrangig gemeint, sondern angesprochen wird hier die Funktion von Metaphern. Durch ihre Nutzung werden nämlich mittels der Kultur, der sie angehören, auch Wege für das gesellschaftliche Denken angelegt, also Bahnungen für das Denken von Menschen geschaffen und damit auch das Denken der Einzelnen gestaltet. [20]

Metaphern finden vor allem dann Verwendung, wenn angesichts neuer Entwicklungen und Phänomene gedanklich eine (bestimmte) Ordnung hergestellt werden soll und muss, damit "sinnvoll" weitergehandelt werden kann. Deswegen wundert es nicht, dass es im Gefolge der Entwicklung von Neuem immer wieder zum Aufblühen einer Vielzahl von Metaphern kam und immer noch kommt. Und dann muss immer wieder diskutiert werden, ob und wann eine Metapher überreizt ist. Wer Metaphern einsetzt, der behauptet gerade nicht, dass alle Beziehungen, die ein Ding aufweist, mit allen anderen Eigenschaften, die es hat, gleich sind, sondern behauptet wird immer nur, dass in gewisser und somit begrenzter Hinsicht bestimmte Beziehungen von A mit den Beziehungen von B übereinstimmen. [21]

6. Das Leben der Metaphern

In der Sicht von ADAMS leben die Metaphern, sie entwickeln sich, auch weil sie um die ganze Welt reisen und vor allem, weil sie sich mit anderen sprachlichen Formen verbinden und auf diese Weise ihre Macht verstärken können. Metaphern neigen (so ADAMS) dazu, Gruppen zu bilden (S.24), sie stehen in Relation zueinander, sie bilden ein Feld, sie stützen sich gegenseitig und begründen einander. Die "heilige Dreieinigkeit" besteht dabei nach ADAMS aus Metaphern, Synekdoten und Metonomien: Die ersten setzen den Rahmen, die zweiten bauen kategoriale und die dritten assoziative Verbindungen auf. Zusammen sind sie laut ADAMS fast unschlagbar. Ihm zufolge sind alle drei Figuren gleich wichtig, sie überlappen und ergänzen sich und verstärken sich gegenseitig. [22]

Denn für ADAMS können Metaphern beschreiben, was wir erfahren, sie können auch erklären, wie die Dinge arbeiten und unsere Vorstellungskraft aktivieren und schlussendlich starke Affekte hervorrufen (S.55ff.). Kurz: Metaphern helfen den Menschen, sich auszudrücken, die Welt zu erklären und Emotionen zu erwecken. Metaphern überbrücken Lücken in der Welterklärung (S.63) – man kann ADAMS hier nur zustimmen. [23]

Seine These ist, dass die Metaphern eine Verführungskraft aus sich selbst haben. Sie seien Werkzeuge des Denkens, und so könnten sie den Glauben und das Handeln der Menschen beeinflussen, formen und sogar steuern. Die Macht liege jedoch nicht nur darin, die Dinge in eine Ordnung zu bringen, sondern eine Ordnung der Beziehungen der Dinge zu schaffen (S.243). Die Funktion der Metaphern besteht dann ADAMS folgend nicht nur darin zu sagen, dass ein einzelnes Ding in bestimmter Hinsicht so ist wie ein anderes Ding, sondern die Funktion von Metaphern sei es auch, die Ordnung der Dinge, die wir kennen, auf unbekannte Dinge zu übertragen und zu behaupten, dass deren Ordnung ähnlich sei. Metaphern helfen dann – so ADAMS weiter – unbekanntes Terrain besser begehbar zu machen (S.23). Die Ordnung selbst müsse in der Metapher nicht komplett ausgesprochen werden, sondern die Metapher sorge dafür, dass Menschen das Unausgesprochene erkennen und es nutzten, den eigenen Weg durch das Unbekannte zu finden. Metaphern würden überzeugen, ohne Gründe zu liefern; sie würden ein Feuer in unserem Bewusstsein entzünden (a.a.O.), unsere Phantasien anregen und helfen zu verstehen. Letzteres ist nach ADAMS die Voraussetzung dafür, dass Handeln möglich ist. Durch Metaphern kann nämlich, und hier stimme ich ADAMS ausdrücklich zu, manchmal etwas sehr präzise auf den Punkt gebracht werden, es kann ermutigt werden, eine neue Idee zu entwickeln und auch auszusprechen. [24]

Metaphern haben für ADAMS aber auch eine dunkle Seite, nämlich immer dann, wenn sie all das verhindern – wenn durch sie die Welt verschlossen wird, statt sie und ihre Möglichkeiten zu öffnen. Als Beispiel führt er die Gleichsetzung psychischer Belastung mit körperlicher Krankheit an. So sei es in den letzten Jahrzehnten selbstverständlich geworden, von mentaler Krankheit zu sprechen und um sie herum ein Gesundheitssystem aufzubauen, das dem System für körperliche Erkrankungen entspreche. Trotz verschiedener Gegenbewegungen, etwa die Anti-Psychiatrie in den 1970er Jahren, sei es nicht gelungen, die Macht der Metapher von der mentalen Krankheit zu brechen. Metaphern, die einmal solche Dominanz erlangt hätten, würden dann als Denkbarrieren wirken, Denkblockaden verursachen und neue Lesarten und alternative Deutungen verschließen. [25]

Neben den Theorien-Kapiteln zu Beginn des Buches finden sich vier Kapitel mit empirischen Beispielen (S.90-185), in denen ADAMS vier Leitmetaphern gegen den Strich bürstet: Erst untersucht er diskursanalytisch die Vorstellung von geistiger Krankheit, die in seiner Perspektive parallel zur körperlichen Krankheit entworfen wird. Dann geht es um die Metapher vom frei fließenden Markt, zum dritten um die Metapher, dass die Wissenschaft einen Spiegel der Natur herstelle und schlussendlich darum, dass Männer natürlich überlegen seien. [26]

Von besonderem Interesse ist für ADAMS dabei das Kapitel über die Metapher, die Wissenschaft stelle einen Spiegel der Natur her. Ihm ist sehr daran gelegen, diese Metapher zu dekonstruieren. Dieses Anliegen sei ein entscheidendes Motiv gewesen, dieses Buch über die Monster-Metaphern zu schreiben (S.140). Als Leser frage ich mich, ob es ADAMS allgemein um die Form und die Macht von Metaphern oder um die Kritik der Verhältnisse in Gesellschaft und Wissenschaft geht oder gar um eine Kritik der empirischen Wissenschaft, die sich immer noch so sehr von der Leitmetapher vom Spiegel der Natur lenken lasse. [27]

In den beiden letzten Kapiteln des Buches widmet er sich der Frage, wie Monster-Metaphern bekämpfen werden können (S.224) und wer in Verantwortung sei, monsterfreie Räume zu schaffen, wobei ADAMS drei Bereiche in der Pflicht sieht, die Politik, die Wissenschaft und die Medien: Alle zusammen seien verantwortlich. Hier spielen für ADAMS einzelne Menschen eine zentrale Rolle, die entweder als Ritter*innen oder als Närr*innen gegen den Drachen (S.208ff.), also die Monster-Metapher kämpfen. [28]

Hier zeigt sich, wie sehr ADAMS Paul FEYERABEND verbunden ist, aber gerade hier wird er ihm auch untreu: Hat er bei den Metaphern vor allem die Macht der rhetorischen Figur im Blick, stehen bei der Bekämpfung vor allem die Menschen im Fokus. Statt Politik ist ihm deshalb mehr nach Sprachkritik und einem vehementen Plädoyer für den politischen und wissenschaftlichen Pluralismus. ADAMS geht es in seinem Gegenentwurf vor allem darum, Räume zu schaffen, die frei von Monster-Metaphern sind, da diese – aufgrund ihres destruktiven Potenzials (S.230) – die Gesellschaft schwächten, den Fortschritt verhinderten und die Wege zu Korruption und zum Partikularismus öffneten. [29]

7. ADAMS als Erzähler

Im Kern ist das Buch von ADAMS, wie erwähnt, eine Hommage an Paul FEYERABEND. Er teilt dessen Skepsis an der Vorstellung, durch die Wissenschaft könne nur auf eine Weise die Welt erkannt werden. Sein gesamtes Buch ist ein Sturmlauf gegen die Macht sprachlicher Metaphern, welche die Kreativität einschränkten und das Denken kanalisierten, weil sie den Eindruck erweckten, es gäbe nur einen Weg zur Wahrheit oder zum Glück. Das Buch ist ein Plädoyer für gedankliche Freiheit und eigenes Denken. [30]

Das Widerständige eines Paul FEYERABEND gegen den etablierten Wissenschaftsbetrieb und dort praktizierte Schreibweisen lässt sich auch an dem Erzähl- und Schreibstil von Peter ADAMS erkennen. Er benutzt oder pflegt eine eigene und eigensinnige Art des Schreibens. Immer wieder erzählt er, hier ganz bewusst explizit als Erzähler auftauchend, lange Geschichten über das Monster namens Metapher, das seine Rivalen, also andere Metaphern, verdränge oder gar töte. In diesen narrativen Teilen nimmt das Monster Metapher erst Gestalt an, gelangt zum Leben: ADAMS erschafft das Monster als Lebewesen. Das Monster wolle immer größer werden und immer mehr beherrschen. Es strebe nach Vorherrschaft, bekämpfe und vernichte Metaphern, die mit ihm um Vorherrschaft kämpfen.

"... but, every now and then, one metaphor manages to front up to the current monster and to survive, ready to fight again. Then, in the process of a series of encounters, it might just summon enough might to defeat the incumbent monster and take over the rule. During the regnant stage, the now fully formed monster, hardened by constant sparing and conflict, has attained a dominant position from which it can rule over its realm" (S.71f.). [31]

So wird bei ADAMS aus einer um Macht kämpfenden Metapher nach geraumer Zeit eben dieses alles verschlingendes Monster, das alles beherrscht, Menschen nötigt, in einer bestimmten Weise zu denken und damit auch deren Handeln festlegt. Im Laufe des Buches werden immer mehr Geschichten über dieses Monster erzählt, sodass es mit jedem Kapitel mehr Gestalt annimmt und lebendig wird. Die so erzählten Geschichten veranschaulichen oft zu Beginn eines Kapitels, was dann im weiteren Verlauf theoretisch erläutert wird. Um die Argumentation von ADAMS zu verstehen, würde es auch reichen, nur diese narrativen Teile zu lesen. [32]

Zum Schluss klagt dann das literarische Alter Ego von Peter ADAMS das Monster mit folgenden Worten an: "You’re only big because you’ve wiped out your competition. [...]. You force people to think there’s only one way of looking at things – your way or the highway" (S.247). Aber das Monster gibt sanftmütig den Vorwurf zurück: "Ah, everyone appreciates order. No one really wants to upset the order to which they have become accustomed" (a.a.O.). Literarisch und didaktisch ist dies nachvollziehbar, aber von der Sache her scheint mir die Transformation von Metaphern zu Lebewesen mit Absichten, mit einer Vergangenheit und einer Zukunft, deutlich überzogen zu sein. [33]

8. Kritik der Monstermetaphorik

Metaphern Monster zu nennen und sie als solche in narrativen Texten zum Leben zu erwecken, ist ein rhetorischer Trick, eine Personifikation. Aber ADAMS gibt den Metaphern mehr Leben und Macht, als sie tatsächlich haben. Was ADAMS immer wieder übersieht, sind die Menschen, die Metaphern nutzen. Einmal etabliert, werden Metaphern von Menschen vielleicht routinisiert und ohne klares Bewusstsein genutzt, fortgeschrieben und verbreitet. Aber vor der Routine gibt es immer wieder kritische Phasen, in denen bewusst über die Angemessenheit von Metaphern diskutiert wird. Es gibt Phasen, gerade zu Beginn, in denen Metaphern bewusst von Menschen und Institutionen bevorzugt und gezielt eingesetzt werden, weil sie deren Interessen fördern.

"With the promise of a stronger economy benefiting everybody, the ruling clique let by the personal figure of its minister of finance, Roger Douglas, implemented a raft of changes that included removing most forms of subsidy, cutting benefits, selling state assets, restructuring down government agencies and reforming taxes" (S.127). [34]

All dies zeigt ADAMS auch an den Beispielen in den empirischen Kapiteln – nämlich wie bestimmte Metaphern von bestimmten Gruppen mit bestimmten Interessen ins Spiel gebracht und dominant gesetzt werden, zum Beispiel wenn er die Metapher des freien Markts erläutert und zeigt, wie bestimmte Interessengruppen die Metapher für die Beschreibung des Marktes eingeführt und durchgesetzt haben (S.115ff., 127ff.). Dennoch bleibt er bei der Sprachkritik, und sein einziges Mittel ist die Aufklärung oder genauer: Sein einziges Mittel ist die Publikation eines Buches. [35]

Ich denke, ADAMS' Bestimmung der Macht von Metaphern aus der Sprache heraus greift zu kurz: Die Macht kommt nicht von der sprachlichen Form der Metaphern. Metaphern sind keine Lebewesen, sondern sie sind eine besondere Art menschlicher Zeichen. Genauer: Metaphern zu nutzen, ist eine besondere Art kommunikativen Handelns, bei der jede Form sozialer und kommunikativer Macht (REICHERTZ 1999b) zum Einsatz kommt. Metaphern weiten sich auch nicht aus, sondern Menschen setzen Metaphern ein, und in Kulturen werden diese für immer mehr Bereiche genutzt. Es braucht immer menschliche Akteur*innen, die behaupten, dass eine Metapher etwas verständlich mache, und es braucht immer auch menschliche Akteur*innen, die dies glauben. [36]

Metaphern enthalten Botschaften. Diese kommt jedoch von Menschen, die sie in die Welt bringen und verbürgen. Denn es sind immer Menschen, die Metaphern für ihre Zwecke nutzen. Metaphern führen kein Eigenleben. Nur ihr Gebrauch durch menschliche Akteur*innen bringt sie ins Leben und hält sie dort. Und Menschen lassen Metaphern aussterben, wenn sie zum Beispiel sagen, dass leidenschaftliches Spielen an Automaten nicht vom Spielteufel persönlich verursacht, sondern Ausdruck einer mentalen Krankheit (Sucht) ist. In diesem Fall ist die religiöse Metapher vom Spielteufel nicht gestorben, sondern deren Tod wurde von medizinischen Akteur*innen verursacht, die das leidenschaftliche Spielen aus dem Bereich des Religiösen in den Bereich des Medizinischen ziehen wollten. [37]

Ohne Zweifel können Metaphern, wenn sie von vielen gebraucht werden, Sprachgebilde sein, die in einer Kultur vorherrschen und damit Teil der herrschenden Kultur sind, die das Denken und Handeln aller Kulturangehörigen beeinflusst. Es wirkt dann so, als seien sie etwas Substanzielles, das Menschen beeinflusst, aber nichtsdestotrotz handelt es sich um von Menschen für Menschen gemachte Ausdrücke. [38]

Die Macht der Metaphern resultiert aus dieser Sicht vor allem aus der sozialen und kommunikativen Macht der Sprechenden – das ist die eine wichtige Quelle der Macht von Metaphern. Aber auch die Nutzenden können mit dem Metapherngebrauch nur Macht entfalten, wenn es ihnen darüber gelingt, sich in die Kultur der jeweiligen Gesellschaft einzufädeln – wenn also gelingt, mit einer Metapher die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft einer Gesellschaft sinnvoll zu verbinden. Durch die Benutzung der Metapher muss also eine besondere Leistung erbracht werden. [39]

Diese besondere Leistung der Metapher besteht darin, dass durch sie nicht nur Gegenwart verstanden wird, sondern auch Vergangenheit und Zukunft.4) Aufgrund dieser Multiperspektivität kann durch sie die Gegenwart sowohl an die Vergangenheit angeschlossen als auch auf einen Zukunftsentwurf hin orientiert werden. Das leidenschaftliche Spielen an Automaten könnte man dann als eine aktuelle Variation des (in allen Kulturen vorzufindenden) Spielens um echte Werte mit Karten, Würfel etc. verstehen, das jedoch nicht mehr mit der Metapher des Spielteufels, sondern mit der Metapher der mentalen Krankheit (Sucht) erklärt wird. Diese Metapher macht es dann möglich, mit den Mitteln der aktuellen Zeit, nämlich der Therapie, gegenwärtige und zukünftige Probleme zu bearbeiten und für die Zukunft eine grundsätzliche Lösung des Problems in Aussicht zu stellen. [40]

Mit einer solchen Deutung der Gegenwart wird das jeweilige Handeln in die Vergangenheit und die Zukunft eingeordnet und damit dem Handeln auch ein transzendenter Sinn gegeben. Anders formuliert: Durch die (erfolgreiche) Metapher wird ein wichtiges aktuelles und ernstes Handlungsproblems einer Gruppe gelöst und eine Lösung vorgeschlagen, mit der die Zukunft der Gruppe mit deren Gegenwart und Vergangenheit verbunden wird. [41]

Mit dem Gebrauch von Metaphern wird also nicht nur das Neue an etwas beliebiges Bekanntes angeschlossen (und es damit in gewisser Hinsicht als ein Fall von etwas Bekanntem "erklärt"), sondern mit etwas bestimmtem Bekannten verknüpft. Auf diese Weise behaupten die Nutzer*innen von Metaphern eine Analogie, interpretieren das Neue als eine Fortsetzung bzw. eine Variante eines bestimmten Vertrauten. Dies tun sie, indem sie einige Aspekte des Neuen betonen, andere ausblenden oder dramatisieren – kurz: Metaphernutzer*innen deuten das Neue als Teil einer gemeinsamen Welt. Die Nutzer*innen, nicht die Metaphern, versehen das Neue mit (Handlungs-)Sinn. Und nur aufgrund dieser Sinngebung durch menschliche Akteur*innen werden durch Metaphern Lesarten, Umgangsweisen, Wertigkeiten und auch Anschlussforschungen nahe gelegt. Der gesellschaftliche Diskurs über die "passende" Metapher ist deshalb stets ein gesellschaftlicher Disput zwischen den an dem Neuen "Interessierten", nämlich den Erfinder*innen, den Produzent*innen, den Nutzer*innen, den Pädagog*innen, den Soziolog*innen etc. darüber, welche Bedeutung, also welche praktischen Konsequenzen das mit der Metapher Belegte hat bzw. haben soll. Deshalb sind Metaphern nicht nur Medien zur Erarbeitung einer kognitiven Ordnung, sondern auch und vor allem zur kommunikativen Konstruktion von Wirklichkeit. [42]

9. Was ist die Botschaft?

Was ADAMS mit seinem Buch möchte, nämlich durch Reflexion der Metaphern deren Macht zu relativieren, ist die Neuformulierung einer Aussage von NIETZSCHE, dass die Wahrheit die Lüge ist, von der wir vergessen haben, dass sie eine Lüge ist:

"Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen, kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden und die nach langem Gebrauch einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie welche sind" (1980 [1873], S.314).5) [43]

Dem kann man aus wissenssoziologischer Sicht nur zustimmen. Insgesamt handelt es sich bei dem Buch um ein kenntnisreiches, spannendes, ein irritierendes und auch ein politisches Buch. Lesenswert ist es alle Mal. [44]

Anmerkungen

1) ARISTOTELES schrieb in seiner Rhetorik den Redenden völlig zu Recht eine große Bedeutung für die Überzeugungskraft einer Rede zu. Für ihn hat deren Charakter, ihr Ethos, "fast die bedeutendste Überzeugungskraft" (ARISTOTELES 1999 [335 v.Ch.], S.12; siehe hierzu auch REICHERTZ 1999a). <zurück>

2) Gemeint ist hier dessen Song "Life is a Rollercoaster" von seinem Debüt-Soloalbum aus dem Jahr 2000 (https://www.youtube.com/watch?v=MpBTTlXzuGY [Zugriffsdatum: 23. Dezember 2023]). <zurück>

3) Vergleiche dazu auch die als wissenssoziologisch zu verstehende Arbeit von LAKOFF und JOHNSON, die in Bezug auf das Verhältnis von Metapher und Sprache zu folgendem Ergebnis kamen: "Metaphor is primary a matter of thought and action and only derivately a matter of language" (1980, S.153). Mit der Überarbeitung dieser kognitivistischen Position haben LAKOFF und JOHNSON (2003 [1980]) den psychologisch-individuellen Kognitionsbegriff zurückgezogen und mehr die Kultur als die Instanz adressiert, die das Denken, die Affekte und die Körperlichkeit vorstrukturiere (zur Kritik an LAKOFF und JOHNSON [1980] siehe vor allem SCHMITT 2017). <zurück>

4) Hier greife ich Überlegungen von MEAD zur besonderen Leistung der charismatischen Identität auf. Diese muss "die Stimmen der Vergangenheit und der Zukunft verstehen. Nur so kann sich eine Identität eine Stimme sichern, die durchschlagkräftiger ist als die der Gemeinschaft" (1973 [1934], S.211; siehe auch S.260ff.). <zurück>

5) Nach NIETZSCHE brauchen Menschen eine Wahrheit, um ihr Handeln aufeinander abstimmen zu können. Wenn man nämlich nicht über die gleiche Wahrheit verfügt, wird dies sehr schwierig. Dem widersprach LUHMANN (1984), nach dem es in differenzierten Gesellschaften keines Konsenses mehr bedarf. <zurück>

Literatur

Aristoteles (1999 [335 v. Ch.]). Rhetorik. Stuttgart: Reclam.

Genter, Dedre (1983). Structure-mapping: A theoretical framework for analogy. Cognitive Science, 7(2), 155-170.

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Zum Autor

Prof. em. Dr. Jo REICHERTZ, Jahrgang 1949, studierte Germanistik und Mathematik in Bonn, Soziologie und Kommunikationswissenschaft später in Essen. Er promovierte zur Entwicklung der objektiven Hermeneutik und habilitierte mit einer soziologischen Feldstudie zur Arbeit der Kriminalpolizei. Er war von 1993 bis 2015 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen – zuständig für die Bereiche "Strategische Kommunikation", "Qualitative Methoden", "Kommunikation in Institutionen", und "Neue Medien". Seit 2015 ist er Senior Fellow am Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) Essen und Mitglied des Vorstands, zudem Leiter des Projektbereichs "Kulturen der Kommunikation". Seit 2022 hat er eine Gastprofessur an der Universität Flensburg. Dort ist er auch Mitglied des Vorstands des "Psychological Institute for Subjectivity and Practice Research".

Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Kommunikationsmacht, qualitative Sozialforschung, wissenssoziologische Text- und Bildhermeneutik, Kultursoziologie, Religionssoziologie, Medienanalyse, Mediennutzung, Kommunikation mit Menschen mit Demenz.

Kontakt:

Prof. em. Dr. Jo Reichertz

Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) Essen
Goethestraße 31
D-45128 Essen

Tel.: +49 (0)201 7204-103

E-Mail: Jo.Reichertz@t-online.de
URL: http://www.kulturwissenschaften.de/home/profil-jreichertz.html

Zitation

Reichertz, Jo (2024). Review Essay: Von Metaphern und Monstern [44 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 25(1), Art. 11, https://doi.org/10.17169/fqs-25.1.4175.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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