Volume 26, No. 2, Art. 9 – Mai 2025
Subjektfiguren der Gefühlsvermessung: zur Bildlichkeit von Mood-Tracking-Apps
Moritz Meister, Sarah Miriam Pritz, Aglaja Przyborski & Thomas Slunecko
Zusammenfassung: In diesem Beitrag wird implizit-bildlich vermitteltes Wissen im visuellen Auftritt zweier populärer Anwendungen zur digitalen Gefühlsvermessung – dem sogenannten Mood-Tracking – rekonstruiert. Die empirische Grundlage bilden zwei weit verbreitete Apps aus dem Privat- sowie Arbeitskontext (Daylio und Wellspace). In der Logik eines komparativ-diachronen Forschungsdesigns werden diese miteinander und entlang ihrer zeitlichen Entwicklung über fünf Jahre hinweg verglichen. Dabei fokussieren wir mit Icons und Welcome-Screens auf zwei hochgradig standardisierte Darstellungsformate, durch die ideale Nutzer*innentypen und Anwendungsszenarien symbolisch verdichtet kommuniziert werden.
Methodologisch haben wir hierfür die dokumentarische Bildinterpretation für die Anwendung auf grafische User*innen-Interfaces und deren spezifische Verschränkung von Bildlichkeit, Text und Operativität adaptiert. Bildanalytisch eröffnet sich so ein systematischer Zugang zur diskursiv-normativen Seite von Subjektivierungsprozessen, da Bilder als simultane, ästhetisch-affizierende Medien spezifische Subjektfiguren unmittelbar zu (re-)präsentieren vermögen. Dabei fassen wir Mood-Tracking-Apps als multimediale Mikrodispositive, die mit übergreifenden gesellschaftlichen Diskursen in Wechselwirkung stehen.
Vor diesem Hintergrund konnten wir in der Analyse drei Strukturprinzipien und Entwicklungstendenzen von Mood-Tracking identifizieren: 1. die Rahmung von emotionaler Selbstbeobachtung als Mittel zur Steigerung von individuellem Wohlbefinden und Erfolg; 2. eine neuartige Form der Affektverfügung als technologisch gestütztes Lesbarwerden des Selbst; und 3. eine bildlich inszenierte Auflösung gegensätzlicher Subjektanforderungen (Entspannung vs. Produktivität) bei gleichzeitiger Ausblendung strukturell-außenweltlicher Probleme.
Keywords: Apps; Self-Tracking; Mood-Tracking; Emotionskultur; Subjektivierung; Subjektfigur; Dispositivanalyse; dokumentarische Bildinterpretation; Kulturpsychologie; Kultursoziologie; Emotionssoziologie
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Icons und Welcome-Screens als zentrale Formate der visuellen Inszenierung von Apps
2. Methodologie: Subjektivierungstheorie und dokumentarische Bildinterpretation
2.1 Metatheoretische Vorüberlegungen: Subjektivierung, Apps und Bildlichkeit
2.2 Methodische Umsetzung: dokumentarische Bildinterpretation und App-Screenshots
3. Empirie: Daylio und Wellspace unter der Lupe
3.1 Daylio und Wellspace: Kontextinformationen
3.2 Icons und Namen
3.3 Welcome-Screens
4. Diskussion
4.1 Emotionale Selbstbeobachtung für mehr Wohlbefinden und Erfolg
4.2 Das technologisch gestützte Lesbarwerden des Selbst
4.3 Zwischen Entspannung und Produktivität: die Übergegensätzlichkeit bildlich vermittelter Subjektfiguren
5. Ausblick
1. Einleitung: Icons und Welcome-Screens als zentrale Formate der visuellen Inszenierung von Apps
Digitale Medien und Technologien durchdringen nicht nur immer mehr gesellschaftliche Felder, sondern transformieren auch die individuelle Lebensführung. Smartphone-Apps gehören dabei zu den wesentlichsten Treibern einer solchen zunehmenden Digitalisierung des Alltags. Beim Auswählen und Herunterladen einer App sind in der Regel Icons das erste, worauf die Wahrnehmung angehender Nutzer*innen trifft. Nach dem Download symbolisieren sie die App auf dem Homescreen und müssen zum Öffnen jedes Mal angetippt werden. Zumeist fungieren App-Icons auch als Unternehmens-Logos und tragen somit eine ökonomisch-symbolische Doppelbedeutung. Da Icons für die App-Stores von Apple (iOS) und Google (Android) erforderlich sind, stellen sie auch aus technologischer Sicht einen kaum zu hintergehenden visuellen Standard dar. Die Form des Quadrats mit abgerundeten Ecken ist zudem für eine appifizierte Gegenwartskultur ikonisch geworden (MORRIS & MURRAY 2018). [1]
Durch Welcome-Screens werden Nutzer*innen beim ersten Öffnen einer App empfangen, und es wird deren "Vision" kommuniziert, d.h. Nutzungsformen, Ziele und Anwendungskontexte in verdichteter, meist grafisch und bildlich gestützter Form (LIGHT, BURGESS & DUGUAY 2018, S.892). User*innen werden durch Welcome-Screens also in die Funktionsweise einer App eingeführt, die im Zuge dessen auch ihre Zustimmung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Terms of Use) und Datenschutzrichtlinien (Data Policy) geben müssen. Somit präsentieren Welcome-Screens ein "set of expectations for ideal use" (S.896).1) [2]
Icons und Welcome-Screens stellen somit hochgradig standardisierte Darstellungsformate dar, die wesentlich der visuellen Inszenierung von Apps dienen. In beiden Fällen nehmen bildliche (Re-)Präsentationen eine tragende Rolle ein. Bisher jedoch fehlen dazu empirische Analysen auf der Grundlage einer Methodologie, bei der der Eigensinn des Bildlichen (PRZYBORSKI & SLUNECKO 2020) systematisch berücksichtigt wird. Gegenstand unseres methodologisch-empirischen Beitrags, mit dem wir diese Forschungslücke schließen möchten, ist ein App-Phänomen, das seit den 2010er Jahren zunehmend an Popularität gewonnen hat: Mood-Tracking-Apps.2) [3]
In Mood-Tracking-Apps werden User*innen mit (Variationen) der Frage "Wie geht es dir gerade?" adressiert. Im Zentrum steht also die Bewertung der momentanen allgemeinen Gefühlslage (gut – schlecht), oft ergänzt durch die Möglichkeit, spezifische Gefühlsqualitäten (glücklich, wütend, nervös, etc.) auswählen zu können. In komplexeren Anwendungen kommen als dritter Schritt weitere Kontextangaben hinzu (z.B. Bus verpasst, zu wenig Schlaf). Visuelle Repräsentationsmedien übernehmen hierbei eine konstitutive Funktion: So stellen etwa Emojis, Skalen oder Farben die zentralen visuellen Beobachtungskategorien für Gefühle dar, mit denen in den Apps die emotionale Selbstbeobachtung der User*innen in Kombination mit eher sparsam eingesetzten sprachlichen Explikationen angeleitet wird. Auf Grundlage der generierten Gefühlsdaten werden in vielen Mood-Tracking-Apps auch konkrete Verhaltensänderungen vorgeschlagen (z.B. zu meditieren oder ein Dankbarkeitstagebuch zu führen).3) [4]
Mood-Tracking lässt sich in eine genealogische Entwicklungslinie mit dem breiteren Phänomen Self-Tracking stellen, also der Vermessung des eigenen Lebens mittels Smartphone, Smartwatch oder anderer Wearables.4) Die digitale Erfassung etwa von Schrittzahl, Schlafstunden, Menstruation oder Kalorienverbrauch ist heute für viele Menschen alltäglich (FINDEIS et al. 2023; LUPTON 2020; SCHLICHTING 2022). "Self-knowledge through numbers" (WOLF 2010, o.S.) lautet die programmatische Devise der entsprechenden Pionier*innenbewegung aus dem Silicon Valley, dem Quantified Self. Dieses Versprechen und der damit einhergehende Anspruch, persönlich relevante Wissensbestände datenförmig – also quantitativ, reliabel und objektiv – erfassen und ausdrücken zu können, trifft im Mood-Tracking auf den Bereich der eigenen Gefühlswelt bzw. des individuellen Glücks (KAPPLER & VORMBUSCH 2014). Die Anfänge dieses Trends lassen sich um das Jahr 2010 herum verorten. Heute, also 15 Jahre später, ist Mood-Tracking zu einem digitaltechnologischen Standardangebot avanciert: So enthält etwa jedes iPhone seit dem 2023 veröffentlichten Update auf iOS 17 in der Apple-Health-App automatisch die Features "State of Mind" und "Mental Wellbeing".5) [5]
Was genau beim Mood-Tracking gemessen wird (oder werden soll), bleibt häufig unbestimmt und reicht von Stimmungen und Befindlichkeiten über distinkte Emotionen und kulturell besonders valorisierte Gefühlszustände wie Glück oder Wohlbefinden bis hin zu vorwiegend körperbezogenen Affekten. Letztere stehen im Zentrum von Programmen zur passiv-automatischen Emotionsauswertung (COWIE 2014; PRITZ 2016, 2024a), die wir von den im vorliegenden Beitrag fokussierten Formen der aktiv-intentionalen Eingabe von Gefühlen abgrenzen. Beide Technologien gemeinsam lassen sich dem global wachsenden Markt für "Emotion Detection and Recognition" zurechnen.6) [6]
Bei der digitalen Gefühlsprotokollierung handelt es sich um eine Praxis, bei der auf bestehende Formen der medial geleiteten Selbstthematisierung aufgebaut wird. Hierzu zählen z.B. das Tagebuchschreiben sowie das Ausfüllen von Fragebögen und Symptom-Checklisten etwa in der Psychiatrie und klinischen Psychologie. Die digitale Gefühlsvermessung ist zudem eng verwandt mit dem benachbarten boomenden Feld der Mental-Health-Apps (TOROUS et al. 2021). Die meisten Anwendungen, die unter diesem Schlagwort zu finden sind, enthalten Mood-Tracking-Features, die etwa in Verbindung mit dem Tracking von Symptomen, der Vermittlung psychoedukativer Informationen oder vorgeschlagenen Verhaltensinterventionen auftreten. Mit Mental-Health-Apps wie HelloBetter, SmokeFree oder Mindable wird versprochen, gegen Depression, Sucht- oder Angststörungen zu helfen, und sie werden seit 2020 auch auf Rezept von deutschen Krankenkassen finanziert. In Diskursen und Praktiken zu einer digitalen psychischen Gesundheit spielt Mood-Tracking somit eine zentrale Rolle (MEISTER & SLUNECKO 2021). [7]
Alarmiert von Befunden, dass Stress, Angst und Depression für etwa die Hälfte der jährlichen Fehltage verantwortlich seien (HAMPSON & JACOB 2020), interessieren sich auch Unternehmen – insbesondere in den Wissensökonomien des globalen Nordens – zunehmend für die psychische Gesundheit ihrer Angestellten (vgl. auch BRYSON, FORTH & STOKES 2017; NECKEL & SAUERBORN 2022). Einige Anbieter von Mood-Tracking-Apps, z.B. Happify und SuperBetter, haben in den letzten Jahren neben ihren Standard-Versionen für Privatpersonen auch Programme entwickelt, die direkt an Unternehmen gerichtet sind (MEISTER 2022). Der Bedeutungskontext von Gesundheit bzw. Krankheit im engeren Sinne löst sich dabei fließend in Richtung Fitness, Wellness und Selbstoptimierung auf (DALE & BURRELL 2014; RAPHAEL 2023; RÖCKE 2021). [8]
Formen des digitalen Mood-Tracking sind somit in zahlreichen unterschiedlichen Anwendungskontexten auffindbar. Teils verschmelzen diese im Lauf der Zeit miteinander, teils differenzieren sie sich aus. Die Apps werden ständig rekursiv an neue Handlungsprobleme angepasst, u.a. auf der Grundlage von Nutzungsdaten (GRENZ 2017). In der Rückschau auf ältere Versionen digitaler Artefakte lässt sich eine Verlaufsentwicklung rekonstruieren, die BURGESS und BAYM (2020) am Beispiel von Twitter metaphorisch als "Biography" bezeichnet haben. Auf der Suche nach dem impliziten Wissen, das in der bild-textlichen Gestaltung von App-Icons und Welcome-Screens steckt, greifen wir diesen Gedanken auf und fragen nach den Veränderungen impliziter Bedeutungsgehalte von zwei Apps zur Gefühlsvermessung, die als jeweils populärste Vertreterinnen ihres Anwendungsfeldes gelten können: Daylio für den Privatgebrauch, Wellspace für den Unternehmenskontext. Beide werden in der komparativen Analyse miteinander sowie entlang ihrer zeitlichen Entwicklung seit ihrer ersten veröffentlichten Version (2018 bzw. 2019) verglichen. In einem Zeitraum von fünf Jahren erfolgten bei beiden Apps jeweils drei umfassende Updates, die mit gravierenden Veränderungen des visuellen Auftritts einhergingen. Durch diese diachrone Perspektive lassen sich sowohl bestehende Strukturprinzipien als auch Entwicklungstendenzen ausmachen. [9]
Unser Erkenntnisinteresse lässt sich in drei Leitfragen zusammenfassen:
Welches implizite Wissen steckt in der visuellen Gestaltung der Icons und Welcome-Screens der beiden Mood-Tracking-Apps Daylio und Wellspace?
Welche Entwicklungslinien zeigen sich und inwiefern konvergiert bzw. divergiert der Bedeutungsgehalt der beiden Apps?
Welche emotions- und subjektkulturellen Tendenzen lassen sich dabei beobachten? [10]
Wir beginnen unseren Beitrag mit Ausführungen zu Methodologie und Methode (Abschnitt 2), indem wir zunächst metatheoretische Vorüberlegungen zu Subjektivierung, Apps und Bildlichkeit präsentieren (Abschnitt 2.1) und sodann die methodische Umsetzung unserer Analyse von App-Screenshots mithilfe der dokumentarischen Bildinterpretation beschreiben (Abschnitt 2.2). Im empirischen Teil (Abschnitt 3) stellen wir die beiden Apps Daylio und Wellspace einleitend kurz vor (Abschnitt 3.1) und untersuchen vergleichend deren Icons und Namen (Abschnitt 3.2) sowie deren Welcome-Screens über drei App-Versionen hinweg (Abschnitt 3.3). Darauf aufbauend diskutieren wir die Ergebnisse unserer dokumentarischen Bildanalysen in der Zusammenschau mit bereits existierenden Forschungsarbeiten (Abschnitt 4). Wir identifizieren insgesamt drei Strukturprinzipien und Entwicklungstendenzen von Mood-Tracking: 1. die Rahmung von emotionaler Selbstbeobachtung als Mittel zur Steigerung von individuellem Wohlbefinden und Erfolg (Abschnitt 4.1); 2. eine neuartige Form der Affektverfügung als technologisch gestütztes Lesbarwerden des Selbst (Abschnitt 4.2) und 3. eine bildlich inszenierte Auflösung gegensätzlicher Subjektanforderungen (Entspannung vs. Produktivität) bei gleichzeitiger Ausblendung strukturell-außenweltlicher Probleme (Abschnitt 4.3). Abschließend gehen wir auf die Limitationen des gewählten Forschungsdesigns ein und geben einen Ausblick auf bestehenbleibende Forschungsdesiderata (Abschnitt 5). [11]
2. Methodologie: Subjektivierungstheorie und dokumentarische Bildinterpretation
Im folgenden Abschnitt erläutern wir den metatheoretischen Rahmen, in dem die empirische Analyse verortet werden kann und gehen auf zentrale Begriffe wie "Subjektivierung", "Apps" und "Bildlichkeit" sowie unseren Zugang zu implizitem Wissen ein, auf dessen Rekonstruktion die Analyse der App-Icons und Welcome-Screens zielt (Abschnitt 2.1). Dabei skizzieren wir, warum wir dafür die dokumentarische Bildinterpretation in Anschlag bringen, wie wir diese anwenden und welche methodologischen Anpassungen bzw. Ergänzungen wir dabei für notwendig erachten (Abschnitt 2.2). [12]
2.1 Metatheoretische Vorüberlegungen: Subjektivierung, Apps und Bildlichkeit
Bei unserem analytischen Blick auf Mood-Tracking orientieren wir uns an einer praxeologisch-subjektivierungstheoretischen Perspektive. Dabei begreifen wir Mood-Tracking-Apps als neuartige digital-technologische Instanzen in der gesellschaftlich-diskursiven Konstitution von Subjektivierungsangeboten bzw. von Subjektnormen, die u.a. durch ihre handlungspraktische Uneinlösbarkeit gekennzeichnet sind (BOHNSACK & PRZYBORSKI 2015). [13]
Die Subjektivierungstheorie ist ein ebenso produktives wie heterogenes Forschungsfeld, das in (post-)strukturalistischen Theorieströmungen wurzelt (ALTHUSSER 1977; BUTLER 2001 [1997]; FOUCAULT 1982) und mittlerweile auch praxeologische Erweiterungen (ALKEMEYER, BUDDE & FREIST 2013; GELHARD, ALKEMEYER & RICKEN 2013; RECKWITZ 2016) und methodisch-empirische Ausdifferenzierungen (BOSANČIĆ, PFAHL & TRAUE 2019; BÜHRMANN & SCHNEIDER 2008; GEIMER & AMLING 2019; GEIPEL 2019) erfahren hat. In Abkehr von der klassischen Subjektphilosophie wird in der Subjektivierungstheorie ein historisierender sowie machtsensibler Subjektbegriff vertreten und Subjektivität immer in Relation zu zeiträumlich situierten gesellschaftlichen Ordnungen und kulturellen Deutungsmustern verstanden. Subjektivierung findet dabei wesentlich im Spannungsfeld von Diskursen und Praktiken statt oder in anderen Worten: im Spannungsfeld von Normen idealen Subjektseins und den performativen Bezugnahmen auf diese durch konkrete Akteur*innen. [14]
Wir fokussieren mit der Analyse von Icons und Welcome-Screens von Mood-Tracking-Apps auf die diskursiv-normative Seite von Subjektivierungsprozessen, d.h. darauf, welches Verhältnis zu sich selbst, zu den eigenen Gefühlen und zur Welt im Mood-Tracking als wünschens- und erstrebenswert gerahmt bzw. normativ gesetzt wird.7) Das von uns analysierte Material lässt somit keine Rückschlüsse darauf zu, ob und wie derartige "Subjektivierungsangebote" (KELLER, SCHNEIDER & VIEHÖVER 2012, S.10) in die Praxis übersetzt werden, also darauf, in welcher Form User*innen diese übernehmen, modifizieren oder zurückweisen bzw. in einen übergreifenden praktischen Rahmen integrieren. [15]
Allerdings ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass digitale Apps als "multimediale Mikrodispositive" (MEISTER & SLUNECKO 2021, S.242) bzw. "Techniken der Subjektivierung" (PRITZ 2024b, S.183ff.) gewissermaßen an der Schnittstelle von Diskursen und Praktiken liegen. Zwar sind Mood-Tracking-Apps in hohem Maße diskursiv aufgeladen und als Teil eines größeren Zusammenhangs der Zirkulation von Diskursen über Gefühle zu begreifen. In ihnen werden bestimmte Vorstellungen, Normen und Stereotypen von Affektivität transportiert. Dabei legen sie bestimmte Umgangsweisen mit der eigenen Gefühlswelt und Bezugnahmen auf sich selbst aber nicht nur nahe (wie das z.B. für massenmedial vermittelte Diskurse der Fall ist), sondern leiten diese als digital-technologische Artefakte auch in soziotechnisch interaktiver Weise an (LATOUR 2007 [2005]; RAMMERT & SCHULZ-SCHAEFFER 2002). Sie operieren damit nicht ausschließlich auf einer propositionalen, sondern auf einer performativen Ebene, die die Handlungspraxis quasi an unserem Bewusstsein vorbei erreicht (BOHNSACK 2017; PRZYBORSKI 2022a). Das in "Apps 'geronnene' [...] Wissen" (KLINGE 2019, S.109) wird u.a. als performative Logik im Sinn einer Interaktionslogik vermittelt, d.h. Subjekte werden nicht nur "beschrieben oder direkt bzw. indirekt adressiert und aufgefordert", sondern "klassifiziert und angeleitet" (BOSANČIĆ et al. 2019, S.146). Mood-Tracking-Apps werden also – bis zu einem gewissen Grad und unmittelbarer als lineare Medien (z.B. Ratgeberliteratur) – zu nicht-menschlichen Akteur*innen, deren Interaktionsaufforderungen während der Bedienung oft nur um den Preis des Nutzungsabbruchs zurückgewiesen werden können. [16]
Die – insbesondere implizite – normative Seite von Subjektivierung im Mood-Tracking wird im vorliegenden Beitrag in ihrer visuellen Vermittlung in den Blick genommen. Da die Normen soziokulturell geforderten Subjektseins in unserem Material häufig in figürlicher Form vorzufinden sind, greifen wir den Begriff der "Subjektfiguren" (GEIMER 2012) im Sinne von "Angeboten zur Subjektivierung“ (S.233) auf. GEIMER hat hierbei an BRÖCKLING (2012) angeschlossen, der damit ein "hegemoniales Anforderungsprofil" (S.131) sowie den Zusammenschluss eines "normative[n] Menschenbild[s]" (S.132) mit einer "Vielzahl gegenwärtiger Selbst- und Sozialtechnologien" (a.a.O.) bezeichnete. Für die visuelle Vermittlung von Subjektfiguren, wie sie uns hier interessieren, sind allerdings einige bildtheoretische Ergänzungen vorzunehmen. Im Unterschied zu Texten werden visuelle Subjektnormen implizit vermittelt, da sie nicht sprachlich verfasst sind. Damit sind sie weniger greifbar und auch weniger kritisierbar (PRZYBORSKI 2017). Zudem kann in Bildern Gegensätzliches simultan dargestellt werden – ebenfalls ein Unterschied zu sequenziell strukturierter sprachlicher Darstellung. Wie PRZYBORSKI (2018) anhand von Lifestyle- und Werbefotografien für Gendernormen gezeigt hat, zeichnen sich Bilder, die als gelungen oder gut wahrgenommen werden, durch ein Spannungsverhältnis bzw. – wie IMDAHL (1994, S.312) dies ausdrückte – durch eine "Übergegensätzlichkeit" aus. Solcherart bildlich dargestellte Widersprüchlichkeiten können handlungspraktisch gar nicht eingelöst werden, vielmehr ist diese Widersprüchlichkeit die Charakteristik von Subjektnormen (BOHNSACK & PRZYBORSKI 2015; PRZYBORSKI 2017). Bilder sind daher besonders dafür geeignet, Subjektnormen zu festigen, da durch ihre simultane Darstellungsweise die Widersprüchlichkeit als aufgehoben erscheint. [17]
Bei der visuellen Präsentation von Subjektfiguren handelt es sich also immer um eine Inszenierung, d.h. eine Performanz auf bildlicher Ebene. Vor allem mithilfe von Posen wird dabei ein spezieller "Typus von Körperimaginationen" (PRZYBORSKI 2018, S.289) erzeugt, der frei von persönlichem Habitus ist und damit verschiedene Zielgruppen anzusprechen und zu Projektionen einzuladen vermag. Um diese bildliche Performanz analytisch aufzubrechen, bedienen wir uns der dokumentarischen Methode, bei der sowohl die Eigenlogik bildlicher Darstellung berücksichtigt als auch eine systematische Unterscheidung zwischen Diskurs und Praxis bzw. Subjektnormen und performativer Logik vorgenommen wird, wie wir sie hier als metatheoretischen Rahmen ausgeführt haben (siehe auch BOHNSACK 2017; PRZYBORSKI 2022b; PRZYBORSKI & SLUNECKO 2020). [18]
2.2 Methodische Umsetzung: dokumentarische Bildinterpretation und App-Screenshots
Die dokumentarische Bildinterpretation zielt auf die Explikation des Bedeutungsgehaltes von Bildern ab, der implizit in der Bildgestaltung liegt. Es geht also nicht in erster Linie darum, was über ein Bild gesagt werden kann – mit PANOFSKY (2002 [1955]): um den ikonografischen Gehalt –, sondern um das, was sich unmittelbar innerhalb der spezifischen ikonischen bzw. bildlichen Logik empirisch rekonstruieren lässt (PRZYBORSKI 2022b; PRZYBORSKI & SLUNECKO 2012). Dabei gilt es, einem Grundprinzip der dokumentarischen Methode folgend, Sinnebenen systematisch voneinander zu trennen, um sie anschließend fruchtbar zueinander in Beziehung zu setzen. Auf Bilder übertragen heißt dies, das vor-ikonografische Wissen (Was wird auf der Ebene der unmittelbaren Daseinserfahrung dargestellt?) vom ikonografischen Wissen (Auf welche kommunikativ-expliziten Narrative wird Bezug genommen?) und von der Analyse der formalen Komposition (Planimetrie, Perspektive, szenische Choreografie, Schärfe/Unschärfe-Relation) zunächst zu trennen, um anschließend zeigen zu können, dass auf formal ganz unterschiedlichen Ebenen ein homologer Bedeutungsgehalt zum Ausdruck kommt (BOHNSACK 2008). [19]
Bei dokumentarischen Interpretationen erfolgt die Konzentration prinzipiell auf "Fokussierungsmetaphern", d.h. auf Aspekte, die auf der Grundlage von formalen Gesichtspunkten als Fokussierungen rekonstruiert werden können (in Gesprächen z.B. eine besondere interaktive und metaphorische Dichte, in Bildern z.B. Aspekte, die zugleich von der planimetrischen Komposition und der perspektivischen Projektion getragen werden). Durch sie werden mithin Bedeutungszentren dokumentiert. Icons und Welcome-Screens können aufgrund ihrer mehrfachen Zentralstellung als Fokussierungen angesehen werden. Sie sind nicht hintergehbar, durch sie werden alle weiteren Handlungen eingeleitet, sie haben Werbefunktion und sind hochgradig verdichtete Darstellungen idealer Nutzer*innentypen und Nutzungsszenarien.8) [20]
App-Icons und App-Screenshots mit dem Repertoire der dokumentarischen Bildinterpretation zu untersuchen, macht allerdings einige Ergänzungen notwendig. Gegenstandsspezifisch können folgende Analyseebenen unterschieden werden. Grafische App-Interfaces enthalten (mindestens) drei miteinander verbundene Ebenen: Bildlichkeit, Text und (Bildschirm-)Operativität. [21]
User*innen-Interfaces auf Bildschirmen sind grundsätzlich zweidimensional gestaltet. Da sowohl bildliche als auch sprachliche Elemente innerhalb des Bildschirmrahmens flächig angeordnet sind, kann Bildlichkeit im Allgemeinen als konstitutiv für digitale User*innen-Interfaces gelten. Im Konkreten reicht das Spektrum bildlicher Einzelelemente von Symbolen und Piktogrammen bis hin zu Grafiken und Fotografien. Für unser Erkenntnisinteresse relevant sind die sich in der bildlichen Gesamtanordnung ästhetisch materialisierenden Sinnstrukturen. Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit besteht mithin darin, dieses bildlich vermittelte Wissen intersubjektiv nachvollziehbar auf dem Weg der dokumentarischen Interpretation zu versprachlichen. [22]
Auf der textlichen Ebene von Interfaces werden bestimmte Informationen explizit vermittelt.9) Diese Ebene enthält u.a. Handlungsaufforderungen, Beschreibungen der Funktionalität, Problematisierungen und entsprechende Lösungsversprechen. Aber auch auf der Textebene geht es um implizites Wissen. Dies dokumentiert sich zum einen in der sprachlichen Formulierung (z.B. Wortwahl, Verbmodi) oder der Zeichensetzung (z.B. Ausrufezeichen) und zum anderen – in Verschränkung mit der Bildebene – in der typografischen Gestaltung (vgl. auch BÖDER & PFAFF 2019). Hierzu zählen auch Gestaltungsmerkmale, durch die auf die Bildschirmoperativität verwiesen wird, z.B. Textstellen, die durch Farbigkeit und Unterstreichungen als Links oder Buttons erkennbar sind (RAUSCH 2019). Auch Zahlen (die für Self-Tracking-Anwendungen im Allgemeinen eine wichtige Rolle spielen) zählen wir zu dieser Interface-Ebene, wobei nicht nur ihrer spezifischen medialen Eigenwirkung stets Rechnung getragen werden sollte (HEINTZ 2010), sondern auch gerade ihre Übersetzung – und damit Transformation – in verschiedene visuelle Darstellungsformate (z.B. Diagramme) analytisch in den Blick zu nehmen ist. [23]
Zudem fungieren grafische User*innen-Interfaces immer auch als operativer Bildschirm. Über verschiedene spezifisch gestaltete Steuerungselemente (z.B. Buttons, Schieberegler und Hinweise auf Wischgesten) wird eine konkrete Mensch-Technik-Interaktion vermittelt. Um diese Ebene der Operativität auszuleuchten, haben wir uns der Walkthrough-Methode (LIGHT et al. 2018) bedient, um unsere dokumentarischen Bildinterpretationen kontextualisierend zu ergänzen und uns für die Interpretationsarbeit zu sensibilisieren. Dabei wird das Interface aus User*innen-Perspektive durchschritten und die eigene Nutzung mit Feldnotizen und Screenshots festgehalten. Durch das Antippen und Ausprobieren können Affordances von Interfaces – also ihr interaktiver Angebots- und Aufforderungscharakter (GIBSON 1977; McVEIGH-SCHULTZ & BAYM 2015; ZILLIEN 2008) – nachvollzogen und rekonstruiert werden. So kann implizit-praktisches in explizites Wissen übersetzt werden. Im vorliegenden Aufsatz stehen allerdings gemäß des formulierten Erkenntnisinteresses Bildlichkeit und Text der Icons und Welcome-Screens empirisch im Mittelpunkt – und damit die dokumentarische Methode. Ausführlichere Walkthroughs mit Analysen weiterer User*innen-Interfaces und des operativen Vollzugs der Emotionsprotokollierung liegen an anderer Stelle für Daylio (PRITZ 2024a) und Wellspace (MEISTER 2022) vor. [24]
3. Empirie: Daylio und Wellspace unter der Lupe
Den empirischen Teil unseres Beitrags beginnen wir mit Informationen zum Kontext von Daylio und Wellspace (Abschnitt 3.1). In den darauffolgenden dokumentarischen Bildinterpretationen widmen wir uns in einem ersten Schritt (Abschnitt 3.2) den Icons und Namen der beiden Apps; in einem zweiten Schritt (Abschnitt 3.3) werden die Welcome-Screens von Daylio und Wellspace jeweils in der ersten (Abschnitt 3.3.1), zweiten (Abschnitt 3.3.2) und dritten (Abschnitt 3.3.3) Version unter die Lupe genommen. [25]
3.1 Daylio und Wellspace: Kontextinformationen
Die App Daylio, die im App-Store mit dem Untertitel "Journal—Goals, Habits. Mood Tracker & Private Diary" aufscheint, kann mit über 20 Mio. Downloads als die erfolgreichste und populärste Mood-Tracking-Anwendung weltweit gelten.10) Daylio ging 2016 online. Entwickelt wurde die App vom Unternehmen "Habitics s.r.o." mit Sitz in Bratislava, das seit 2019 im slowakischen Handelsregister eingetragen ist. Daylio operiert mit einem Freemium-Geschäftsmodell, d.h., die Basis-Version ist gratis, spezielle Zusatzfeatures hingegen erfordern ein kostenpflichtiges Abonnement. Das Interface wurde bislang in drei großen Updates erneuert. Die hier untersuchten Versionen sind: v1.1 (2018), v1.2 (2019), v1.3-1.5 (seit 2020). [26]
Die App Wellspace, die als "all-in-one solution for workplace wellbeing"11) beworben wird, ist seit ihrem Launch im Jahr 2019 beachtlich gewachsen. Mit Beginn der Corona-Pandemie hätten sich Anfragen an Wellspace verdreifacht, wie einer der britischen Gründer in einem Interview berichtete.12) Neben der "Mental Wellbeing" genannten Mood-Tracking-Funktion werden in der App die Dimensionen "Physical"-, "Social"- und "Sleep Wellbeing" erfasst, gemäß dem Motto "Manage your whole wellbeing"13). In einem Business-to-Business-Geschäftsmodell ist Wellspace nicht an einzelne Nutzer*innen gerichtet, sondern an andere Unternehmen (u.a. in Kooperation mit dem globalen Versicherungs- und Finanzkonzern American International Group, Inc.).14) Bei Wellspace wurde das App-Interface bisher ebenfalls in drei großen Updates erneuert. Die hier untersuchten Versionen sind: v2.0 (2019), v3.0 (2021), v4.0 (seit 2022). [27]
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Abb. 1: Icons von Daylio (links) und Wellspace (rechts), unsere Bearbeitung. Die Symmetrieachsen sind orange gepunktet eingezeichnet, der horizontale bzw. vertikale Goldene Schnitt je blau gestrichelt. [28]
Das Icon von Daylio (Abb. 1, links) besteht im Wesentlichen aus einem lachenden Gesicht vor einem türkis-grünen Hintergrund. Die stark reduzierte Darstellung enthält, vorikonografisch betrachtet, fast alle essenziellen Merkmale, um als Gesicht erkennbar zu sein, aber auch kaum eines zu viel: Kopf, Augen und Mund, aber keine Nase. Eine lachsfarbene kleine Fläche lässt sich als Zunge deuten und verweist auf einen offenstehenden Mund. Schwarze Ellipsen markieren weit geöffnete Augen. Sie sind genau in der horizontalen Mittellinie des Gesichts und erfüllen, gemeinsam mit der hohen Stirn, ein klassisches Kindchenschema. Mithin enthält die Darstellung auf der vorikonografischen Ebene die emotionale Bandbreite von Freude bis überschwängliche Heiterkeit, verbunden mit spielerisch-kindlicher, wacher Aufmerksamkeit – kurz: das sprichwörtliche Kinderlachen. Die erste Anmutung ist freundlich-harmlos, ungebrochen und unschuldig, einladend, fast ansteckend. [29]
Ikonografisch betrachtet weist die Darstellung große Nähe zu Emojis (bzw. Smileys) oder auch Tamagotchis bzw. Pokémons auf. Als Emoji verweist das Icon auf etwas, das User*innen der App regelmäßig machen, nämlich eines von fünf Emoji-Gesichtern anzutippen, das den aktuellen Gefühlszustand widerspiegeln soll. Emojis können mittlerweile als Standard der medial vermittelten Kommunikation angesehen werden (GIANNOULIS & WILDE 2019; STARK & CRAWFORD 2015). Dabei werden Emotionsausdrücke, die in Gesichtern über die Kulturen hinweg mit weitreichender Universalität vorkommen, in hoch abstrahierter Form dargestellt. Sie werden nicht wie Text innerlich vorgelesen, d.h. lautlich dekodiert, sondern unmittelbar ikonisch. Die Formgebung des Hintergrunds, das Quadrat mit den abgerundeten Ecken, macht die Darstellung zum Icon und enthält damit den Verweis auf die entsprechende Funktionalität. Sie verwandelt quasi den Smiley – den Emotionsausdruck – in ein Icon. [30]
An der planimetrischen Komposition ist die Aufteilung der Darstellung im goldenen Schnitt15) hervorzuheben. Dieser erzeugt eine harmonische und gefällige Wirkung. Durch die warm-rosa Zunge kommt eine gewisse Lebendigkeit in die sonst zurückgenommen, kühle Farbgebung. Weder Flächen noch Linien enthalten auch nur eine Andeutung perspektivischer Projektion. Es handelt sich um eine – nahezu – gänzlich flächige, zweidimensionale Darstellung. Lediglich die Fläche im dunkelsten Grünton mit jener kleineren Fläche in hellerem, warmem Rosa ergibt eine Mundhöhle, in der eine Zunge liegt. Dadurch wird eine Tiefenwirkung erzeugt, die Betrachter*innen gleichsam in den Mund hineinschauen lässt. [31]
Die zentrale Übergegensätzlichkeit, die im Icon der App auszumachen ist, basiert auf der Spezifik der perspektivischen Projektion. Dargestellt ist ein Gesicht, also das Persönlichste eines lebendigen Menschen. Durch seine Schematisierung und auf die Fläche reduzierte Abstraktion verliert dieses jedoch alles Individuell-Persönliche und Lebendige. Das Gesicht wird zum zweidimensionalen Emoji-Symbol. Die Darstellung des Mundes bricht subtil die Zweidimensionalität. Er öffnet sich, zeigt Tiefe. Die gänzlich zweidimensional abstrahierte und damit auch des Lebendigen, das den Raum voraussetzt, entkleidete Darstellung eines Gesichts enthält auf diese Weise einen Hauch Lebendigkeit. Die Farbgebung unterstreicht diese Interpretation. Während kalte, weißgrüne Farben beim Menschen auf Leblosigkeit hindeuten, verweisen die wärmeren, rötlicheren Töne auf Durchblutung und Vitalität. Dem erstarrten Kindchenschema wird auf diese Weise eine Teillebendigkeit (zurück-)gegeben. Zugespitzt ist es ein fröhlicher Untoter, ein kindlich lachender Zombie, eine schemenhafte Verflachung, in die – wie nachträglich – wieder etwas Lebendigkeit eingefügt wird. [32]
Im Namen Daylio steckt "daily", eine tägliche Taktung. Durch die Endung "-o" erhält die Bezeichnung eine verspielt-lustige Note. Das App-Icon präsentiert sich also als niedlich-unschuldiger, erwartungsfroher, kleiner Untoter, dessen geöffneter Mund einen Aufforderungscharakter hat und der täglich bespielt und gefüttert werden will. [33]
Das Icon von Wellspace (Abb. 1, rechts) ist ebenfalls kreisförmig, auch der hellgrün-türkise Farbton ähnelt Daylio. Zu sehen ist, vorikonografisch betrachtet, hier aber kein Gesicht, sondern eine abstraktere Form, die verschiedene Einordnungen zugleich zulässt. Fokussiert man eher auf die farbigen Elemente, sind drei Blätter erkennbar, die aus einem gemeinsamen Ursprung heraus nach oben wachsen, also eine Blüte bilden. Spitz zulaufende Blätter ohne einen sichtbaren Stängel finden sich bei Lotusblüten, die auf der Wasseroberfläche schwimmen. Gleichzeitig konturieren die Blätter den weißen Hintergrund so, dass der Buchstaben "W" – für Wellspace – lesbar wird. Oberhalb der Blätter ist eine halbrunde türkise Linie zu sehen, welche die (unvollständige) Kreisform ergänzt. [34]
Die dargestellte Lotusblüte ist hochgradig abstrahiert.16) Auf der ikonografischen Ebene handelt es sich um ein Symbol, das in buddhistischen Kulturen seit Jahrtausenden mit spirituellen Praktiken wie Meditation und Yoga verbunden ist. Die Lotusblüte steht für Reinheit, da Wasser und Schmutz an den Blättern abperlen, sowie einen aufblühenden, sich öffnenden, nach oben strebenden Lebensgeist. Gleichzeitig sind Lotusblüten, gerade als digitale Icons oder Bildelemente, in zeitgenössischen westlichen Yoga- und Lifestyle-Kontexten ubiquitär. Hier sind sie mit Begriffen wie "Self-Care", "Wellness" und "Wellbeing" verknüpft, was im Namen der App widerklingt. [35]
Die Planimetrie des Icons wirkt harmonisch, die Spitzen der Blätter liegen auf Höhe eines goldenen Schnitts. Durch die Ausgewogenheit der grafischen Gestaltung – unbunt, unaufgeregt, kühl – wird eine Anmutung von Seriosität erzeugt. Wie bei Daylio ist alles vertikal symmetrisch gespiegelt. Der Bogen macht die Grafik rund, zu einem vollständigen Ganzen, lässt damit aber auch nach oben hin wenig offen. Er kann als schützendes Dach oberhalb der Blüte angesehen werden – einer Glaskuppel ähnlich. Dies führt zur Interpretation einer gut geschützten Pflanze in einem passgenauen Gewächshaus. Ohne sichtbaren Stängel, ohne Verbindung zur Erde schwebt die Blüte in einem geschützten, guten Raum: einem Wellspace oder auch – das Motiv der Abkapselung stärker machend – einem Off-Space. Das Vitale kann so lange wachsen und gedeihen, bis es die Decke der Kuppel erreicht hat. Zur Arbeitswelt hingegen lassen weder Icon noch der Name Wellspace einen unmittelbaren Bezug erkennen. [36]
Im Vergleich beider App-Icons lässt sich eine Reihe von Ähnlichkeiten identifizieren: die kreisrunde Form, die überwiegend grün-türkise Farbgebung sowie die Symmetrie und Harmonie etwa durch goldene Schnitte. Während im Gesicht von Daylio eine deutliche Übergegensätzlichkeit (entmenschlicht, flach, tot vs. kindlich-fröhlich, tief, lebendig) und somit Spannung steckt, versinnbildlicht Wellspace totale Harmonie. Die Namen beider Apps sind gefällig klingende Kunstwörter, in denen reale (englische) Begriffe mit fantastischen Assoziationen verbunden werden: Daylio, der tägliche, kindliche Spielkamerad; Wellspace, der gute, geschützte Ort. [37]
Im folgenden Abschnitt werden die dokumentarischen Bildinterpretationen der Welcome-Screens von Daylio und Wellspace jeweils in der ersten, zweiten und dritten Version dargestellt. [38]
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Abb. 2: Daylio, Welcome-Screen, Version 1 [39]
Im Zentrum des Welcome-Screens der frühesten Version (Abb. 2) von Daylio befindet sich ein recht einfach gehaltenes Bild-Text-Ensemble. Die beiden Bild- bzw. Textbausteine nehmen annähernd gleich viel Platz ein und werden am unteren Rand des hellviolett grundierten Screens durch wenige weitere textliche und grafische Elemente komplementiert. Unten links ist eine kleine abstrahierte Weltkugel zu sehen, gleich daneben das Wort "English", und in etwas größerem Abstand dazu ein nach unten zeigendes Dreieck. Wort und Dreieck sind unterstrichen, wodurch die drei auf derselben Höhe angeordneten Elemente als eine Einheit erkennbar werden. Unten rechts hat ein dunkelviolett eingefärbter Kreis mit einem nach rechts zeigenden weißen Pfeil seinen Platz. Mittig über diesen beiden Elementen sind drei Punkte positioniert, von denen der erste schwarz und die zwei folgenden grau eingefärbt sind. [40]
Das leicht oberhalb der Mittelwaagrechten angeordnete Bild zeigt auf der vorikonografischen Ebene die Vorderseite eines zugeklappten Buches in einem hellen Beigeton mit violettem Rand. Im linken oberen Teil der Buchvorderseite ist ein nach unten in zwei Zacken zulaufendes dickes Leseband in Pink zu erkennen. Rechts daneben sind zwei verschieden lange, untereinander platzierte Linien in violetter Schriftfarbe zu sehen. Das unterste horizontale Viertel der Buchvorderseite besteht aus einem violett eingefassten weißen Rechteck, auf dem sich untereinander zwei ebenfalls violette Linien befinden. Direkt daneben ist ein gespitzter Bleistift abgebildet. Dieser hat dieselbe Längenausdehnung wie das Buch, ist ebenfalls in Beigetönen mit violettem Rand gehalten und verfügt über ein kleines, pink eingefärbtes Endstück (möglicherweise ein Radiergummi). Leicht unterhalb der Mittelwaagrechten sind in zentriertem Schriftlayout zwei verschieden große und im Imperativ formulierte Textbausteine dargestellt. [41]
Auf der ikonografischen Ebene lassen sich die grafischen und textlichen Elemente am unteren Rand der Gesamtabbildung als typische Teile der operativen Grundstruktur von Smartphone/App-Bildschirmen identifizieren: links die Möglichkeit zur Sprachauswahl, rechts der Vorwärts-Button und mittig darüber die Dreipunkte-Ansicht, die Auskunft darüber gibt, an welcher Stelle der Menüabfolge sich User*innen gerade befinden. Auch das mittig positionierte Bild-Text-Ensemble schließt in seiner Kombination von bildlicher und sprachlicher Informationsvermittlung an digitale Seh- und Lesegewohnheiten an. Die stark reduzierte grafische Darstellung von Buch und Bleistift legt einen verdichteten Symbolgehalt des Bildes als ein zusammengehörendes Icon nahe. So wird das Buch durch den Bleistift an seiner Seite sowie die leeren, erst auszufüllenden Zeilen auf seiner Vorderseite als Buch erkennbar, bei dem nicht so sehr das Lesen, sondern vielmehr das Schreiben im Mittelpunkt steht. Es könnte sich etwa um ein Notizbuch oder ein Tagebuch handeln. [42]
Perspektivisch lässt sich der Screenshot auf der Ebene der ikonischen Interpretation als Draufsicht beschreiben, durch die ein Eindruck der Flächigkeit erzeugt wird. Nicht nur die gewählte Perspektive, sondern auch Größenverhältnisse und Farbgebung lassen Buch und Bleistift als eine Einheit erscheinen. Eine leicht nach oben versetzte, violette Kreisfläche im Hintergrund unterstreicht diese Anmutung zusätzlich. Durch die Draufsicht werden Betrachter*innen dazu eingeladen, das Buch aufzuklappen und mit dem danebenliegenden Bleistift darin zu schreiben. Mittels der gewählten Vogelperspektive und des Bleistifts werden potenzielle User*innen daher implizit als aktive – schreibende – Subjekte figuriert. [43]
Die herausgearbeiteten Aspekte lassen sich für die Gesamtinterpretation dieses frühesten Welcome-Screens Daylios folgendermaßen zusammenführen und vor dem Hintergrund des hier in spezifischer Weise realisierten Text-Bild-Verhältnis reflektieren: Text und Bild verweisen einerseits stark aufeinander, da das auch schon im Namen von Daylio steckende Tagebuch sowohl bildlich dargestellt als auch sprachlich benannt wird, wobei dem Textelement "Keep a Diary" – ähnlich einer Bildunterschrift – eine vereindeutigende Funktion zukommt. Anderseits widersprechen Text- und Bildebene einander auch maßgeblich: Bildlich ist ein klassisches Tagebuch zu sehen, während textlich eine andere, neue und bessere Form des Tagebuchschreibens in Form einer digitalen App versprochen wird. Für die Art von Tagebuch, welches sich mithilfe der App Daylio führen lässt, müssen User*innen – wie durch den grafisch kleineren, aber umfangreicheren der beiden Textbausteine erklärt wird – kein einziges Wort schreiben, sondern können bequem aus vorgefertigten Stimmungen ("moods") und Aktivitäten ("activities") auswählen ("pick"). Wissen um die eigene Befindlichkeit wird dabei in doppelter temporaler Perspektive als wünschenswert gerahmt: als spontanes Festhalten des aktuellen Moments ("anytime you feel like it") sowie als konstante tägliche Innenschau eines (Gefühls-)Tagebuchs ("keep a personal diary"). In Bild und Text werden potenzielle User*innen also dazu aufgefordert, über die eigene Gefühlswelt und damit einhergehende Aktivitäten Buch zu führen. Diese Aufforderung wird durch die perspektivische Draufsicht auf Tagebuch und Bleistift visuell verstärkt, die sie zu Objekten des Gebrauchs eines implizit mitfigurierten Subjekts macht. Dieses Subjekt bzw. der*die potenzielle User*in wird von der App-Funktionalität allerdings in einer Weise unterstützt, welche den Aufwand des Tagebuchschreibens zu reduzieren verspricht. Aus dem Aufschreiben von Gefühlen, also der Übersetzung von Gefühlen in Sprache und ihrer schriftlichen Dokumentation (wie von der bildlichen Darstellung nahelegt), wird im Rahmen der eigentlichen App-Verwendung ein nahezu konsumistisch anmutendes Auswählen von Gefühlen.
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Abb. 3: Wellspace, Welcome-Screen, Version 1 [44]
Der älteste veröffentlichte Welcome-Screen von Wellspace (Abb. 3) wird zentral durch eine Fotografie dominiert. Darüber und darunter befinden sich das Logo und Textelemente, ganz unten ein weißgrauer Button. Das Foto zeigt vorikonografisch eine junge, blonde, weiße, helläugige Frau in einem gelben Kleid. Sie sitzt an einem Tisch und blickt einen älteren Mann an, der von rechts her halb im Bild erscheint. Von ihm ist nur der ergraute Hinterkopf, das Brillengestell und eine Sakko-Schulter zu sehen. Während er von dem*der Betrachter*in weg- und zur Frau hinschaut, ist ihr Gesicht fast frontal auf die Kamera gerichtet. Die Mimik der Frau, dem Mann zugewandt, changiert zwischen einem professionell-freundlichen Lächeln und einem informellen Grinsen; ihre Zähne sind deutlich sichtbar. Ihre rechte Hand liegt auf dem Notizblock, wahrscheinlich hält sie einen Stift. Die andere Hand ist gerade in der Schwebe, wie in einer Bewegung eingefroren, die Schultern sind hochgezogen. Dadurch wird ein Eindruck von schnappschussartig festgehaltener Aktivität erzeugt. Der ältere Mann hingegen hat die Unterarme auf dem Tisch abgelegt und die Hände verschränkt – er scheint ihr aufmerksam und erwartungsvoll zuzuhören. [45]
Das Ambiente wirkt hell, freundlich und betriebsam. Im Vorder- wie Hintergrund sind diverse Zimmerpflanzen zu sehen. Eine davon, die Sukkulente vorne, spiegelt die W-Form des Wellspace-Logos wider. Auf dem Tisch liegen – weitgehend verdeckt – ein Laptop und ein Notizblock. Als Requisiten der Arbeitswelt weisen sie ikonografisch darauf hin, dass sich die abgebildeten Personen in einem Büro oder Coworking-Space befinden könnten. [46]
Auf ikonischer Interpretationsebene lässt sich festhalten, dass das Gesicht der Frau ganz im Zentrum des Bildes steht. Es befindet sich auf der senkrechten Mittellinie und in der Tiefenebene mit der schärfsten Auflösung. Zugleich wirkt das Bild planimetrisch nicht perfekt durchkomponiert, nimmt doch beispielsweise die Sukkulente mit ihrem Topf einen beachtlichen Teil der Bildfläche ein. Insgesamt entsteht so eine lebendige, spontane Anmutung bei einem zugleich gefälligen und professionellen Gesamteindruck. [47]
Ein bemerkenswerter Aspekt der szenischen Choreografie ist die Blickkonstellation, an der auch Betrachtende bzw. angehende User*innen beteiligt werden. Die Frau stellt – gelb leuchtend – das lebendige Zentrum des Bildes dar. Gerahmt wird sie durch den neutral belichteten Mann. Sie schaut leicht zu ihm auf, ihr Gesicht ist lesbar, seines bleibt verborgen. Die Filmtheoretikerin Laura MULVEY (1975, S.11) beschrieb diese auch hier sichtbar werdende visuelle Kodierung von Weiblichkeit folgendermaßen: "[W]omen are simultaneously looked at and displayed, with their appearance coded for strong visual and erotic impact so that they can be said to connote to-be-looked-at-ness". Parallel hierzu bietet diese Blickkonstellation – aus der Kunstgeschichte auch als "Repoussoir"17) bekannt – den Betrachter*innen die Möglichkeit, sich mit dem die Frau anschauenden Mann zu identifizieren. Zu dieser Macht des männlichen Blicks hielt MULVEY weiter fest: "the power of the male protagonist as he controls events coincides with the active power of the erotic look, both giving a satisfying sense of omnipotence" (S.12). Somit ist die Beziehung der dargestellten Personen auf visueller Ebene von einem Machtgefälle durchzogen. Er scheint der Auftraggeber, Klient oder Chef zu sein, verkörpert in seinem Habitus tendenziell die nüchtern-formelle Arbeitswelt und schafft allein durch seine Präsenz den Rahmen, ohne weiter aufzufallen. Sie hingegen ist diejenige, die emotional performen muss, was in diesem Fall offenbar heißt, gut auszusehen sowie für Lebendigkeit, gute Laune und Schwung zu sorgen. Die in der Abbildung sichtbar werdenden Rollen spielen sich dabei in einem Raum ab, der als Zwischenzone zwischen beruflich und privat, professionell und informell charakterisiert werden kann. [48]
Fotografie und die übrigen Bestandteile des Screens ergänzen einander zu einem Gesamteindruck von professioneller Machart. Die gewählte Komposition aus Logo, Bild, Text und direkter Anrede ist typisch für Hochglanz-Werbematerialien. Durch die gekonnte Ausleuchtung bekommt die Frau die Anmutung einer Lichtgestalt, fast eines Engels. Das passt auf der Textebene zum Begriff "mission", der ursprünglich eine religiöse Sendung bezeichnet, heutzutage aber primär die Bedeutung einer militärischen oder eben unternehmerischen Mission angenommen hat (SLOTERDIJK 2006). Semantisch wird allerdings nicht klar, in wessen (Sendungs-)Auftrag die Mission von Wellspace stattfindet und ebenso wenig, worin genau das versprochene "revolutionise" bestehen soll. Rezipient*innen werden durch "Welcome" und "Get Started" als aktive User*innen adressiert und so direkt in das App-Geschehen eingebunden. Zugleich suggerieren die Begriffe eine Aufbruchsstimmung, die parallel auch auf visueller Ebene gegeben ist, u.a. indem die Frau von links nach rechts schaut, und somit (in westlicher Leserichtung) nach vorne.18) [49]
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Abb. 4: Daylio, Welcome-Screen, Version 2 [50]
In der zweiten Version zeigt der Welcome-Screen von Daylio (Abb. 4) nicht länger ein Icon, sondern eine grafische Darstellung. Die Anordnung des Bild-Text-Ensembles hat sich im Vergleich mit dem Welcome-Screen der ersten Version nach oben und leicht nach links verschoben. Gleichgeblieben – sowohl inhaltlich als auch annähernd in ihren Größenverhältnissen – sind die Textbausteine, nun allerdings linksbündig formatiert. Der direkt darunter stehende, neu hinzugekommene rechtliche Hinweis auf die für die Nutzung der App notwendige Zustimmung zu den "terms of use" deutet auf eine zunehmende Professionalisierung von App-Entwicklung und -Vertrieb hin. Auch die operative Grundstruktur des Screens (Sprachauswahl und Vorwärts-Button unten) ist gleich geblieben, die Dreipunkte-Menüansicht fehlt allerdings. Farblich dominieren nun Grün in Verbindung mit Orange- bzw. Rottönen sowie schwarze Schrift auf weißem Untergrund. [51]
Die Grafik stellt auf der vorikonografischen Ebene eine auf dem Boden sitzende, sich an ein Kissen lehnende Person mit aufgestellten und leicht überkreuzten Beinen dar. Auf den Oberschenkeln ist ein geöffnetes Buch abgelegt. Die Sitzhaltung der Person ist entspannt, aber aufrecht. Die Person bleibt gesichtslos, Körperform, Kleidung und Frisur legen aber eine Lesart der Person als männlich nahe. Der legere Kleidungsstil (insbesondere das Loch in der Hose auf Höhe des linken Knies) und die zerzausten Haare deuten zudem darauf hin, dass es sich vermutlich um eine Person im Jugendalter handelt. [52]
Ikonografisch betrachtet präsentiert die Grafik den männlichen Teenager als Lesenden. Indizien dafür liefern nicht nur das geöffnete Buch, sondern auch die zurückgelehnte Haltung sowie die ruhenden Arme. [53]
Perspektivisch weist die Grafik auf der Ebene der ikonischen Interpretation Ähnlichkeiten mit einem Comic auf. Der männliche Teenager wird in einer relativ naturgetreuen Frontalperspektive abgebildet. Die in Richtung der Betrachtenden hin gelagerten und entsprechend vergrößerten Beine und Füße erzeugen einen realistischen Eindruck räumlicher Tiefe. Die planimetrische Komposition findet sich als nach rechts zeigendes Dreieck wieder im linksbündigen Layout des Bild-Text-Ensembles, welches – entsprechend der westlichen Schreib- und Leserichtung – ebenfalls eine Bewegung nach vorne impliziert. Diese wird zusätzlich durch den unten rechtsstehenden Vorwärts-Button mit einem weißen, nach rechts weisenden Pfeil in der Mitte unterstrichen. [54]
In der Zusammenschau der analysierten Aspekte und unter Einbezug der Textebene ergibt sich folgende Gesamtinterpretation: Mit der Darstellung des männlichen Teenagers als Lesendem wird nicht nur ein Bild digitaler Bequemlichkeit geschaffen und der neue in der App zur Verfügung gestellte Modus des (Gefühls-)Tagebuchschreibens als besonders einfach ausgewiesen. Vielmehr findet hier neben der Verschiebung der Praxis des Tagebuchführens vom Schreiben hin zum Auswählen (entlang vorgegebener Kategorien) auch eine Verschiebung vom Schreiben hin zum Lesen statt. In anderen Worten: Bei der Art von (Gefühls-)Tagebuch, das sich mithilfe von Daylio führen lässt, geht es ebenso sehr um das Sammeln wie die (lesende) Analyse von Gefühlsdaten. Die Datenerhebung bleibt zwar durch die Notwendigkeit aktiver Eingaben auf die Aktivität der User*innen angewiesen. Auf der Ebene der Datenauswertung werden User*innen im Zuge der App-Nutzung allerdings automatisiert erzeugte Ansichten und Einsichten in die eigene Gefühlswelt angeboten. Dieses Spannungsverhältnis zwischen der Individualität der zu beobachtenden Gefühlswelt und den Vorteilen der Standardisierung mittels vorgegebener Beobachtungs- und Auswertungskategorien findet sich auch in der Darstellung des jungen Mannes als gesichtslos wieder. Des Zentrums seiner Individualität beraubt, erscheint er buchstäblich genauso offen wie das Buch, in dem er liest. Diese bildlich dargestellte Gesichtslosigkeit trifft sich daher perfekt mit der – nur scheinbar widersprüchlichen – textlichen Aufforderung, ein "persönliches Tagebuch" ("personal diary") zu führen und sendet potenziellen Nutzer*innen die Botschaft: Jede*r kann (und soll) sich in das Bild hineinprojizieren, die App zur genuin eigenen App machen, um so erst im eigentlichen Sinne zu einem Individuum mit Gesicht und Emotionsprofil zu werden.
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Abb. 5: Wellspace, Welcome-Screen, Version 2 [55]
Im Zentrum des Welcome-Screens der zweiten Version von Wellspace (Abb. 5) steht nicht länger ein Foto, sondern eine Grafik. Das Logo oben ist im Vergleich mit der ersten Version größer geworden, der Text unten wurde reduziert. Die operative Grundstruktur des Bildschirms ist aber gleich geblieben. In der stilisierten Grafik sind vorikonografisch drei Personen erkennbar, die auf ein vor ihnen liegendes überdimensionales Smartphone blicken. Alle drei stehen nah beieinander. Wie in der zweiten Version von Daylio sind die Personen gut zu sehen, die Körperhaltung ist detailreich. Die Gesichtszüge fehlen indessen. Die beiden äußeren Personen halten mit angewinkelten Ellbogen Papiere in der Hand. Die Person links außen ist durch längere Haare, hohe Schuhe und angedeutete Brust als weiblich gekennzeichnet. Sie trägt eine rote Bluse, die als einziges rotes Farbelement in der Abbildung hervorsticht und in einem Komplementärkontrast zu dem ansonsten überwiegenden Türkis steht. Die Frau hat eine aufrechte Haltung und den Kopf leicht zu den anderen beiden Personen gedreht. Die Person rechts außen hat halblange Haare und trägt ein grünes Oberteil und ein schwarzes Sakko. Auch ihre Haltung ist aufrecht, und der Kopf ist auf das Papier bzw. das Smartphone gerichtet. Die Person in der Mitte ist etwas größer als die beiden anderen und hat eine dunklere Hautfarbe. Sie trägt ein weißes Oberteil und ein schwarzes Sakko. Ihr Kopf ist nach vorn geneigt. Im Unterschied zu den beiden anderen steht sie mit leicht geöffneten Beinen und den Händen in der Hosentasche und legt insgesamt eine klarere Lesart als männlich nahe als die Person rechts außen. Die äußeren Personen wirken durch die beschriebene Köperhaltung engagierter und angespannter, während der Mann in der Mitte lässig bis ratlos dasteht. Rechts daneben ist eine Jungpflanze mit drei Blättern zu sehen, umgeben von weiteren kleinen Pflanzenkeimlingen. Alles ist auf einer hell-türkisen Fläche in Form einer Pfütze angeordnet und "schwebt" vor bzw. über einem leeren weißen Hintergrund ohne Horizont. Auf dieser hell-türkisen Fläche ist ein Smartphone abgebildet, auf dessen Screen drei abgerundete Balken erkennbar sind: eine visuelle Form, die typisch für Benachrichtigungen, Balkendiagramme oder Buttons ist. Das Smartphone liegt für Betrachtende des Screens richtig herum (Home-Button unten, Kamera oben). Für die Personen im Bild würde es jedoch auf dem Kopf stehen. Durch diese Anordnung werden also die Betrachter*innen der Grafik adressiert und in das Bild einbezogen. Zusammengefasst handelt es sich auf der vorikonografischen Ebene um drei Menschen im Freien, die sich zum Teil einander und zum Teil einem technischen Gegenstand zuwenden. [56]
Ikonografisch betrachtet handelt es sich um drei geschlechtstypisch im Business-Chic gekleidete Personen, die über ein Smartphone und die darauf dargestellten Inhalte beraten. Ihre einander eng zugewandte Körperhaltung deutet eine gewisse Vertrautheit an und verweist so auf eine informell-professionelle Zwischenzone. Durch die Darstellung des Smartphones als menschengroß wird der Abbildung etwas Surreal-Rätselhaftes verliehen. [57]
Perspektivisch handelt es sich um eine Schrägprojektion, also eine künstliche Darstellung ohne räumliche Verzerrung: Die Kanten des Handys laufen parallel nach hinten, ohne sich anzunähern. Diese isometrische Perspektive ist etwa bei Computerspielen üblich. [58]
Als ikonologisch-ikonische Gesamtinterpretation der Grafik lässt sich prägnant formulieren: Eine Gruppe von drei Arbeitskolleg*innen berät in einer animierten digitalen Welt über ein surreales Objekt in Form eines überdimensionierten Smartphones. Was allerdings genau Gegenstand ihrer Beratung ist, bleibt offen. So könnten sie das Smartphone als Objekt an sich untersuchen oder sich selbst, im Smartphone gespiegelt, analysieren. Beim Text handelt es sich um eine durch die App ausgesprochene Grußformel, mit der angehende Nutzer*innen in einem Wohlfühlbereich, einem Wellspace, willkommen geheißen werden sollen. [59]
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Abb. 6: Daylio, Welcome-Screen, Version 3 [60]
Wie schon die zweite, so zeigt auch die dritte Version des Welcome-Screens von Daylio (Abb. 6) eine Grafik. Es dominieren nun noch viel deutlicher als in den vorangegangenen App-Versionen Grüntöne in Kombination mit schwarzer Schrift auf weißem Untergrund. Die Linksbündigkeit der inhaltlich gleichbleibenden Textbausteine wurde beibehalten, die operative Grundstruktur nur leicht modifiziert. Die Sprachauswahl befindet sich nun über einem veränderten Vorwärts-Button, einem grün eingefärbten Balken, der fast die ganze untere Breite des Screens einnimmt. In der Mitte dieses Balkens steht in weißer Schrift "Next"; der schon aus den beiden früheren Versionen bekannte weiße Pfeil ist in der rechten Ecke des Balkens positioniert. [61]
Die Grafik stellt auf der vorikonografischen Ebene eine halb liegende, halb sitzende Person auf einem grünen Sofa dar, die in einem ebenfalls grünem Buch liest. Die langen, hochgebundenen Haare sowie der Schnitt des dunkelgrünen Oberteils legen nahe, dass es sich um eine weiblich zu lesende Person handelt. Ihr Alter lässt sich nicht genau bestimmen, aber irgendwo im jungen bzw. mittleren Erwachsenenalter verorten. Im Vergleich mit der Grafik der zweiten Version trägt die grafische Darstellung in der dritten Version noch deutlichere cartoon- bzw. comichafte Züge. [62]
In ihrer Gesamtkomposition – die Darstellung einer inmitten eines wohnlichen Umfelds zufrieden lächelnden, lesenden Frau mit Heißgetränk in Griffweite – präsentiert die Grafik auf der ikonografischen Ebene geradezu idealtypisch ein Bild der Gemütlichkeit. Allerdings legt sowohl die aufrechte und leicht unnatürlich anmutende Körperhaltung der Frau und insbesondere ihr auf dem Boden abgestelltes rechtes Bein nahe, dass sie diese Pose jederzeit wieder auflösen und verlassen könnte. [63]
Ikonisch betrachtet, handelt es sich wie schon bei der Grafik aus der zweiten Version um eine Frontalperspektive. Die planimetrische Komposition entspricht auch hier einem nach rechts weisenden Dreieck. [64]
Für die Gesamtinterpretation lassen sich die herausgearbeiteten Aspekte folgendermaßen verdichten: In der sich visuell vermittelnden Spannung zwischen Ruhe und Bewegung(sbereitschaft) der dargestellten Frau werden subtil widersprüchliche Subjektanforderungen angedeutet, nämlich zugleich entspannt und dynamisch zu sein. Neben dieser Übergegensätzlichkeit der Subjektfigur sticht – wie schon in den beiden vorangegangenen Versionen – auch in der dritten Version die Widersprüchlichkeit von bildlich dargestelltem analogen (Tage-)Buch und textlich bepriesener digitaler (Gefühlstagebuch-)App ins Auge. Mood-Tracking wird so einerseits in die Reihe klassischer Techniken der Selbstreflexion und -thematisierung gestellt (HAHN 1982, 1987). Andererseits soll gerade die analoge Kulturtechnik des Tagebuchschreibens durch digitale Technik transformiert und innoviert werden. Damit geht, wie insbesondere die Grafiken der zweiten und dritten Daylio-Version verdeutlichen, eine Verschiebung vom Schreiben hin zum Lesen einher. Der neue Modus des (Gefühls-)Tagebuchschreibens als Auswählen aus vorgegebenen Kategorien wird über die Figur des*der Lesenden mit einer Aura der Bequemlichkeit versehen. Zugleich findet eine Verschiebung des Schwerpunkts vom Prozess des Schreibens bzw. der Eingabe von Daten zum Ergebnis der Datenverarbeitung und -analyse hin statt. Selbstreflexion erscheint also gewissermaßen weniger als (mühselige) Praktik denn als ein mit digitalen Mitteln bequem zu erzeugendes Produkt, das sich nahezu passiv rezipieren und konsumieren lässt.
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Abb. 7: Wellspace, Welcome-Screen, Version 3 [65]
Auch die dritte Version von Wellspace (Abb. 7) zeigt eine Grafik, diesmal jedoch besteht die Farbgebung komplett aus Grüntönen. In der Bildschirmmitte ist eine Art Überschrift zu sehen. Ganz unten ist ein Symbol aus Sprechblase und Buchstaben hinzugekommen, welche die Aktion der Sprachauswahl vermittelt. Vorikonografisch ist eine einzelne menschliche Figur erkennbar, die auf einem Sitzmöbel liegt und von diversen Gegenständen sowie einer Katze umgeben ist. Haarschnitt und Körperform der im Profil dargestellten Person machen sie als männlich lesbar. Der Mann scheint zu lächeln und dabei die Augenbrauen hochzuziehen, was den Eindruck von Freundlichkeit und arglosem Interesse evoziert. Sein Alter ist aufgrund der reduzierten Darstellung kaum näher bestimmbar, er wirkt – bartlos und mit Spitznase – jedoch eher jung bzw. jugendlich. Seine Kleidung – T-Shirt, Hose und Pantoffeln – ist schlicht und leger. Die Beine sind hochgelegt und überschlagen, ein Fuß scheint auf dem Hocker aufzuliegen. Seine rechte Hand ruht auf einem Objekt auf seinem Schoß. Zwei Striche im stumpfen Winkel lassen einen stark abstrahierten Laptop erkennen. Hals und Kopf des Mannes sind aufgerichtet, um auf den Bildschirm schauen zu können. Auf den ersten Blick wirkt die gesamte Körperhaltung entspannt, doch bei genauerer Betrachtung wäre sie – ebenso wie bei der Frau auf dem Sofa in der dritten Version des Welcome-Screens von Daylio – nicht lange bequem. Wir haben es mit einer Pose von Bequemlichkeit bzw. Gemütlichkeit zu tun, die handlungspraktisch nicht einlösbar wäre. [66]
Ikonografisch lässt sich also ein junger Mann erkennen, der in einer wohnzimmerartigen Umgebung im Liegen einen Laptop bedient und sozialstrukturell in einem stilbewusst-wohlhabenden Milieu zu verorten ist. Der dargestellte Raum vermittelt einen Eindruck von Wohligkeit, welcher durch zahlreiche Requisiten erzeugt wird: u.a. Teppich und Pantoffeln, eine Tee- oder Kaffeetasse sowie eine friedlich schlummernde Katze. [67]
Die ikonische Interpretationsebene sensibilisiert dafür, dass die abgebildeten Gegenstände eher collageartig angehäuft als kompositorisch miteinander verwoben sind. Während etwa der Teppich eine perspektivische Flucht aufweist, sind andere Objekte zweidimensional dargestellt (z.B. der Blumentopf). Auch gibt es kaum räumliche Tiefe, da alle Flächen monochrom sind und Licht bzw. Schatten fehlen. Teppichkante und Lampenständer rahmen das Ensemble schwach, ohne jedoch auf einen Grund oder Horizont hin orientiert zu sein. Eine markante visuelle Beziehung gibt es allerdings: In den spitzen Blättern der Sukkulente und dem Bogen der Lampe wird die Form des Logos von Wellspace zitiert. Betrachtet man die Planimetrie des gesamten Bildschirms, also Abbildung, Logo und die in dieser Version erstmals linksbündig formatierten Textelemente, zeigt sich eine Linkslastigkeit des Bildes, wohingegen die rechte Bildhälfte vergleichsweise leer ist. Auch die Blickrichtung des Mannes geht von links nach rechts. Dieser "Richtungsvektor" ließe sich auch in Form eines nach rechts gekippten Dreiecks über die Abbildung legen (Abb. 8).
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Abb. 8: Wellspace, Welcome-Screen, Version 3, unsere Bearbeitung [68]
Diese Dreieck-Form erinnert – und hiermit wechseln wir auf die Ebene der ikonologisch-ikonischen Gesamtinterpretation – an das universelle medientechnische Symbol für "Play". Es wirkt wie ein implizites "Drück mich" und "Leg los" und entspricht dem zweimal auf dem Screen wiederholten "Get Started". Die Abbildung führt also nicht nur eine Form der Wellspace-Nutzung als wohlige Pose imaginär vor, sondern weist – implizit wie explizit – den Weg dorthin. [69]
Auf Textebene dominiert der Schriftzug "The Power To Lead On Workplace Wellbeing". Typografisch wird in der in Großbuchstaben ausgeführten Alliteration in "Workplace Wellbeing" die Form des Logos aufgegriffen. Die Schlagworte "Power" und "Lead on" kontextualisieren die Aussage in einem Bedeutungsrahmen von Macht, Dominanz und Konkurrenz. Wer hier wen führt bleibt aber offen. Führen Vorgesetzte Mitarbeiter*innen? Oder führt gar die App Vorgesetzte und/oder Mitarbeiter*innen? Die ganze Satzkonstruktion ist semantisch vage und hat eher den Charakter eines zwar sinnleeren, aber assoziativ reichhaltigen Werbespruches. [70]
Setzt man Text- und Bildebene zueinander in Beziehung, ergibt sich eine Übergegensätzlichkeit. Widersprüchlich erscheint etwa, dass auf den ersten Blick weder ein "Workplace" noch eine Visualisierung von "Power" oder "Lead on" erkennbar sind. Viel eher entsteht die Stimmung eines geschützten, privaten Wohnzimmers (ähnlich zu Daylio). Der Laptop, welchen der junge Mann bedient, markiert allerdings in seinen Nutzungsmöglichkeiten eine fließende Grenze zwischen Freizeit bzw. Privatheit und Arbeit. Im Gegensatz zum ortsgebundenen Stand-PC gestattet er Mobilität für White-collar-worker und steht spätestens seit der Covid-19-Pandemie sinnbildlich für die Chancen und Risiken von Homeoffice – oder in anderen Worten: für eine Entgrenzung von Arbeits- und Privatleben. [71]
Die dargestellte Person ist augenscheinlich auf dem Zenit ihrer individuellen Autonomie und Flexibilität. Als digitaler Nomade könnte der junge Mann wohl von überall auf der Welt aus arbeiten – zumindest überall dort, wo es angenehme Sitzmöglichkeiten und eine gute Internetverbindung gibt. Vielleicht spiegelt sich hierin auf subtile Art die "Power" wider, von der im Text die Rede ist. Darüber hinaus verkörpert er – in seiner körperlich zurückgelehnten, aber mental fokussierten Pose – das Phantasma eines ebenso entspannt-mühelosen wie produktiven Arbeitens. [72]
In diesem Abschnitt werden unsere Sinn-Rekonstruktionen aus dem untersuchten Material im Sinne eines "Zooming Out" (NICOLINI 2009) verdichtet. Wir greifen dabei die eingangs gestellten Leitfragen nach den impliziten Bedeutungsgehalten sowie den Entwicklungslinien der visuellen Gestaltung von Mood-Tracking-Apps auf und diskutieren die Ergebnisse der Bildanalysen in der Zusammenschau mit bereits existierenden Forschungsarbeiten im Hinblick auf darin beobachtbare emotions- und subjektkulturelle Tendenzen. Wir identifizieren insgesamt drei Strukturprinzipien und Entwicklungstrends von Mood-Tracking: 1. die Rahmung von emotionaler Selbstbeobachtung als Mittel zur Steigerung von individuellem Wohlbefinden und Erfolg (Abschnitt 4.1); 2. Eine neuartige Form der Affektverfügung als technologisch gestütztes Lesbarwerden des Selbst (Abschnitt 4.2); und 3. eine bildlich inszenierte Auflösung gegensätzlicher Subjektanforderungen (Entspannung vs. Produktivität) bei gleichzeitiger Ausblendung strukturell-außenweltlicher Probleme (Abschnitt 4.3). [73]
4.1 Emotionale Selbstbeobachtung für mehr Wohlbefinden und Erfolg
Bereits auf der Ebene der Icons – dem zentralen Format der visuellen Inszenierung von Apps – wird auf mehr oder minder subtile Weise eine bestimmte normative Bedeutung von Gefühlen vermittelt. In den Icons von Daylio und Wellspace werden unverkennbar positive Gefühle transportiert: in Daylio über das Symbol eines lachenden Smileys Freude und Heiterkeit, in Wellspace über das Symbol der geschützt-geöffneten Lotusblüte Geborgenheit und Entspannung. Zusammen mit der harmonischen Gesamtkomposition (Planimetrie, Kreisform, Farbgebung) und bei Wellspace speziell auch durch den gewählten App-Namen ergibt sich eine Darstellung von Gefühlen, die keineswegs neutral ist, sondern bei der ein klarer Fokus auf sowohl angenehme als auch erwünschte Gefühle gesetzt wird. Eine Darstellung positiver Gefühle findet sich auch auf drei der analysierten Welcome-Screens wieder, und zwar in der Mimik der abgebildeten Menschen (Daylio Version 3, Wellspace Version 1 und 3). Dies lässt sich noch zuspitzen: Überall dort, wo über die sichtbare Mimik von Personen Gefühlsausdrücke bildlich repräsentiert werden, handelt es sich um positive Gefühle, vor allem vermittelt über lächelnde, offene Gesichter. In dieser klaren Privilegierung offenbaren sich die beiden analysierten Mood-Tracking-Apps als Phänomene einer "Positivkultur von Emotionen" (RECKWITZ 2019, S.205) bzw. eines "Regime of Happiness" (MARTÍNEZ-GUZMÁN & LARA 2019), wie die (westliche) Emotionskultur der Gegenwart vielfach beschrieben wurde (vgl. auch CABANAS & ILLOUZ 2021 [2019]; DAVIES 2015). [74]
In den Welcome-Screens tritt allerdings eine weitere sich bildlich konstituierende Bedeutung von Gefühlen hinzu. Vermittelt über (Tage-)Bücher oder digitale Endgeräte (Smartphone, Laptop) werden diese als etwas figuriert, das zeichenhaft expliziert und dokumentiert werden kann (und soll). Auf diesem Wege wird es User*innen möglich, ihren eigenen Gefühlen als etwas Äußerem gegenüberzutreten, als etwas, das sich technologisch-medial unterstützt studieren lässt. Mithilfe der App sollen User*innen ihre Gefühlswelt in ihrem Verlauf beobachten und in ihrem Ergebnis betrachten können. Mood-Tracking-Apps konstituieren allerdings nicht nur ein Selbstverhältnis der technologisch-medial vermittelten Introspektion. Durch die im Zuge der App-Nutzung generierten Gefühlsansichten und -einsichten werden zugleich auch die gezielte Steuerung und Beeinflussung des eigenen Gefühlszustands nahegelegt, die durch Mood-Tracking-Apps mitunter auch in soziotechnisch interaktiver Weise angeleitet wird (PRITZ 2024a, S.273). [75]
Während es bei Daylio darum geht, die eigene Befindlichkeit mithilfe der App individuell zu befragen, scheinen bei Wellspace verschiedene Personen(gruppen) in diesen Prozess involviert zu sein. Auf allen Welcome-Screens von Daylio werden Einzelpersonen figuriert (wenngleich in Version 1 bloß implizit). Bei Wellspace hingegen sind jeweils unterschiedlich viele Personen abgebildet, wobei implizit auf berufliche Rollen und Hierarchien verwiesen wird (Versionen 1 und 2). Mood-Tracking wird damit als etwas dargestellt, das nicht nur für Individuen bzw. einzelne Arbeitnehmer*innen interessant ist, sondern an dem auch Kolleg*innen oder Vorgesetzte ein Interesse haben können. Selbst- und Fremdbeobachtung gehen an dieser Stelle ineinander über. Dabei werden insbesondere Unternehmen aus dem Wissens- und Dienstleistungsbereich als Zielgruppen adressiert: Überall dort, wo Gespräche und Meetings stattfinden, Menschen im Team arbeiten oder sich im Homeoffice befinden, könnte und sollte die Gefühlswelt von Arbeitenden im digitalen Auge von Mood-Tracking-Technologien behalten werden (MEISTER 2022). [76]
Über die eigene Befindlichkeit bzw. die der Mitarbeiter*innen Bescheid zu wissen, wird auf den Welcome-Screens beider Apps als privat wie beruflich relevante Subjektanforderung ausgewiesen (MOORE & PIWEK 2017) und lässt insbesondere Angehörige der neuen Mittelschichten (PENZ & SAUER 2016) als idealtypische Adressat*innen von Mood-Tracking-Apps erscheinen. Mood-Tracking reflektiert damit nicht nur eine gestiegene kulturelle Bedeutung von Emotionen insgesamt, sondern Nutzer*innen werden als "emotional selves" mit der Anforderung adressiert "to be more 'in touch' with their emotions and [...] to devote time and energy to identifying their emotions" (LUPTON 1998, S.169). Emotionen und deren Management werden als etwas bestimmt, das für Unternehmen wie für Arbeitssubjekte unverzichtbar ist (NECKEL & PRITZ 2019, S.312ff.). Gerade durch Dienstleistungs- und Wissensökonomien werden vor dem Hintergrund von Kund*innenbetreuung, Team- und Projektarbeit – zusätzlich zu strukturellen Problemen wie Überlastung, Zeitdruck und Unsicherheit – Ansprüche an emotionales Selbstmanagement bzw. "Emotion Work" gestellt (HOCHSCHILD 1979). [77]
4.2 Das technologisch gestützte Lesbarwerden des Selbst
Wie durch die historisch weit zurückreichenden Vorläufer des Tagebuchschreibens demonstriert (KÖHNEN 2018), sind Selbstreflexion und -erkenntnis immer schon eine medial gestützte Praxis (siehe auch SLUNECKO 2008 [2002]). Insbesondere anhand von Daylio konnten wir zeigen, wie in den Inszenierungen von Mood-Tracking-Apps visuelle (und sprachliche) Referenzen auf das Tagebuch stattfinden. Diese Tagebuch-Analogie ist im Bereich der digitalen Gefühlsvermessung insgesamt weit verbreitet.19) Bemerkenswert an der Entwicklung bei Daylio ist nun, dass lediglich in der ersten Version ein (Tage-)Buch inklusive eines Stiftes abgebildet ist, die Dimension des Tagebuchschreibens also visuell repräsentiert wird. Die dargestellten Personen der beiden Folgeversionen scheinen hingegen eher in ihren (Tage-)Büchern zu lesen, anstatt diese selbst zu schreiben. Dieser Trend vom Produzieren zum Rezipieren ist dabei einer, der sich ausschließlich bildlich vermittelt. Aus der gleichbleibenden textlichen Selbstpräsentation Daylios ist nur zu erfahren, dass das (freie) Schreiben von einem standardisierten Auswählen ersetzt werden soll. In den visuellen Inszenierungen von Mood-Tracking-Apps wird also einerseits an die Kulturtechnik des Tagebuchschreibens angeschlossen, andererseits zugleich mit seinen zentralen Funktionsweisen gebrochen, nämlich der sprachlichen Narration und dem damit einhergehenden Herstellungsprozess einer Selbstreflexion im Akt des Sprechens bzw. Schreibens. Das Führen eines digitalen Gefühlstagebuchs, wie es die Nutzung der App Daylio ermöglicht, reduziert sich auf die Eingabe von einzelnen vorstrukturierten Datenpunkten. Wenn ein Sinnzusammenhang entsteht, dann, so das Versprechen, erst in der Verrechnung und grafischen Präsentation der akkumulierten Daten. [78]
Damit verschiebt sich die Autor*innenschaft. Zur Erzählerin wird die App selbst, die verspricht, die Blackbox der Gefühle der User*innen wie ein Buch lesbar zu machen und ein Tagebuch zu sein, das antwortet (PRITZ 2024a, S.218). Als Gewinn dieser technologischen Delegation wird eine objektive Analyse des häufig diffusen, schwer zu fassenden und nicht selten ambivalenten Bereichs der eigenen Gefühle versprochen – um den Preis einer größeren Abhängigkeit von digitalen Dispositiven. Auch wenn dies letztlich eine empirisch zu beantwortende Frage darstellt, deutet sich hier eine grundlegende mediale Transformation im Modus der Bezugnahme auf sich selbst an. Selbsttechnik im Sinne von FOUCAULT (1993 [1988]) und Medienpraxiskultur (SCHÄFFER 2003) greifen darin in einer Weise ineinander, die eine Kulturtechnik des technologisch gestützten Sich-Selbst-Lesens als neuartiger Form der Affektverfügung (BÖSEL 2021, 2023) entstehen lässt. [79]
Diese These möchten wir mit einer weiteren Beobachtung verknüpfen. Im Laufe der zeitlichen Entwicklung werden die Welcome-Screens beider Apps immer flacher und zweidimensionaler. Diese Entwicklung reflektiert einen breiteren Stiltrend im digitalen Design, der – ausgehend vom Illustrationssystem "Alegria", das für Facebook 2017 eingeführt wurde, – unter dem Stichwort "Corporate Memphis" diskutiert wird.20) Von Designer*innen wurde diese Form der Weltdarstellung als "pre-solved visual puzzle" beschrieben: "The limited colour palette and lack of depth offers a uniquely uncomplicated view of the world" (GABERT-DOYON 2021, o.S.). In den ersten Versionen werden in den analysierten Welcome-Screens noch Assoziationen lebendiger, aktiver Nutzer*innen aufgerufen. Wellspace zeigt eine Fotografie zweier miteinander interagierender Menschen in Farbe und mit perspektivischer Tiefe; Daylio figuriert über die perspektivische Draufsicht auf Buch und Bleistift implizit eine*n User*in, die*der aktiv zum Stift greifen und in das Buch hineinschreiben könnte. Die Welcome-Screens der zweiten Versionen verfügen zwar noch über perspektivische Tiefe, die dargestellten Personen haben aber mit ihren Gesichtern auch ihre Individualität eingebüßt und erscheinen durch ihre grafische Gestaltung als fiktive, irreal anmutende Cartoon- bzw. Comicfiguren. Dieser Zug zum Comic bzw. Cartoon setzt sich auch in den dritten Versionen fort. Die beiden dargestellten Figuren befinden sich in einer quasi zweidimensionalen Welt, nahezu ohne jegliche perspektivische Tiefe. Die Abstraktion steht über dem lebendigen Phänomen; das ideale Subjekt des Mood-Tracking soll, um digital lesbar zu werden, keine Tiefen, Unwägbarkeiten und Verborgenheiten haben. [80]
4.3 Zwischen Entspannung und Produktivität: die Übergegensätzlichkeit bildlich vermittelter Subjektfiguren
Betrachtet man die Veränderungen in beiden Apps über alle Versionen hinweg, lässt sich – rein visuell – eine starke Annäherungsbewegung konstatieren. Die Welcome-Screens werden optisch glatter und farblich homogener und sind insbesondere in der dritten Version kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Auf Textebene finden sich mit konsumistischen Anrufungen und unternehmerischen Missionsbekundungen in beiden Apps Homologien zu kapitalistischen Diskursen. [81]
Die Konvergenz von Privat- und Unternehmenswelt kann mit zwei zentralen Trends des Strukturwandels der Arbeitswelt seit den 1980er Jahren in Zusammenhang gebracht werden, die im Gefolge von Digitalisierungsprozessen gegenwärtig einen weiteren Schub erfahren: die zunehmende Entgrenzung von Arbeit auf der einen und die zunehmende Subjektivierung von Arbeit auf der anderen Seite (z.B. VOSS & WEISS 2013). Damit einher geht die Entstehung neuartiger hybrider Subjektfiguren, die prominent als "Arbeitskraftunternehmer" (VOSS & PONGRATZ 1998) oder "unternehmerisches Selbst" (BRÖCKLING 2007) beschrieben wurden. Was auf den Welcome-Screens beider Apps in ihren jeweils letzten Versionen gezeigt wird, ist eine Synthese aus "personal-wellbeing" und "workplace-wellbeing". Diese wird gerade dadurch als gelungen präsentiert, weil die abgebildeten Subjekte mit smarter Technologie in ihrem Emotionsmanagement unterstützt werden. [82]
Die im bildlichen Wissen transportierten Subjektfiguren reflektieren dabei widersprüchliche normative Anforderungen, die an sie gestellt werden, nämlich zugleich entspannt und produktiv zu sein. Diese Übergegensätzlichkeit wird visuell aber gerade nicht als Konflikt oder Widerspruch vermittelt, sondern vielmehr als geglücktes Hybrid. Als simultane Integration kann dies im Medium Bild unmittelbarer, unterschwelliger und mit einem höheren Affizierungspotenzial realisiert werden als im Medium Sprache. In der jeweils letzten Version strahlen beide abgebildeten Personen einerseits Ruhe und Entspannung aus. In einem primär grünem Farbschema gestaltet und situiert in einem privat anmutenden Raum werden sie in halb sitzenden, halb liegenden Posen mit Tee- oder Kaffeetassen in Reichweite präsentiert. Andererseits handelt es sich keineswegs um untätige, sondern um geistig produktive Menschen, wie das Buch und der Laptop andeuten. Und auch die bequemen Sitzmöbel können nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Personen jederzeit bereit wären, ihre ohnehin nur scheinbar gemütlichen Sitzpositionen zu verlassen, um anderweitig aktiv zu werden. Gerade weil in beiden Abbildungen offenbleibt, ob es sich um eine Arbeitssituation – etwa im Homeoffice – handelt, oder ob die Dargestellten sich als Privatpersonen in Buch und Laptop vertiefen, ermöglichen die Bilder Anschlüsse in beide Richtungen. Fragen von "boundary work" (ASHFORTH, KREINER & FUGATE 2000, S.472), d.h. von Grenzziehungspraktiken zwischen Professionellem und Privatem, erscheinen für diese neue sich digital trackende Subjektfigur überholt – wodurch sie gesellschafts- und arbeitspolitisch besonders relevant werden (CECCHINATO, GOULD & PITTS 2021). [83]
Das Bild der komfortabel-konfliktfreien Blase, in der weder Arbeit noch Selbstreflexion – dank digitaler Technik – mühsam sind, bedarf, um zu funktionieren, einer entscheidenden neuen Abgrenzung. Die Außenwelt und die mit ihr verbundenen strukturellen Probleme bleiben aus dem Wellspace ausgeschlossen. Sie werden im wörtlichen wie übertragenen Sinne ausgeblendet – ein Motiv, das für digitale Dispositive psychischer Gesundheit insgesamt charakteristisch ist, in denen Menschen als ihres eigenen Glückes Schmied adressiert werden (PARKER et al. 2018). Resilienz-Apps (MEISTER & SLUNECKO 2021) oder Meditations-Apps (SLUNECKO & CHLOUBA 2021) sind zwei weitere eindrückliche Beispiele hierfür. Bei dem hier analysierten Material wird diese problematische Ausblendung der Außenwelt und Responsibilisierung des Individuums, die sich im Übrigen auch in den Funktionsweisen der beiden Apps manifestiert (MEISTER 2022; PRITZ 2024a), auf eine sehr basale Weise visuell vermittelt, nämlich in der dargestellten Räumlichkeit. Die abgebildeten Subjektfiguren befinden sich abgekapselt in geschützten, sauberen, ordentlichen und nicht zuletzt schicken Innenräumen. Wäre so die Welt – wer wäre nicht produktiv und glücklich? [84]
Mithilfe der dokumentarischen Bildinterpretation konnten wir zeigen, wie in den visuellen Inszenierungen von Mood-Tracking-Apps implizites Wissen darüber vermittelt wird, wie Subjekte mit sich selbst und ihren Gefühlen idealerweise umgehen sollen. Der systematische Einbezug der bildlichen Ebene ermöglichte es dabei, Sinnstrukturen und Entwicklungstendenzen einzufangen, die über die explizit-textliche Ebene hinausreichen oder (scheinbar) zu ihr in Widerspruch treten. Wie sich reale User*innen – im Sinne von LATOURs Verständnis von Technologie als "society made durable" (1990) – zu derartigen technologisch gehärteten normativen Anforderungen verhalten, liegt jenseits der Reichweite des vorliegenden Forschungsdesigns. Wie in der methodologischen Grundlegung des Beitrags bereits argumentiert, sind diesbezüglich "eigensinnige Resultate" (BOSANČIĆ et al. 2019, S.146) durchaus wahrscheinlich. Speziell die Felder, die Mood-Tracking-Apps betreffen – etwa Emotionskultur, psychische Gesundheit und Arbeit –, waren und sind Arenen der Kontrolle und Disziplinierung, aber auch Schauplatz von Widerständigkeit, Aneignung und Emanzipation (SAUER & PENZ 2014). Diese z.T. resistiven und idiosynkratrischen Aneignungspraxen weiter zu untersuchen, ist das Ziel gegenwärtiger und zukünftiger Forschungsbemühungen.21) Nur so kann das Anliegen realisiert werden, zu einem umfassenden Verständnis der Subjektivierungsprozesse zu gelangen, die mit der digitalen Gefühlsvermessung als einer gesellschaftlich zunehmend relevanten soziotechnischen Praxis einhergehen. [85]
1) Welcome-Screens sind oft aufeinanderfolgende Reihen mehrerer Ansichten. Wir fokussieren im vorliegenden Beitrag auf die jeweils ersten Screens, die, wie sich gezeigt hat, die Vision einer App visuell am dichtesten präsentieren. <zurück>
2) "Mood-Tracking" ist die gebräuchlichste Bezeichnung. Es treten aber auch Begriffe wie "Emotion Logging" oder "Happiness Tracking"’ auf. Diese werden überwiegend synonym gebraucht. <zurück>
3) Empirische Einblicke in Funktionsweisen, Ästhetiken und soziopolitische Implikationen von Mood-Tracking-Apps finden sich u.a. bei MEISTER (2022), PRITZ (2016, 2024a) und STARK (2020). <zurück>
4) Für einen Überblick über die sozialwissenschaftliche Forschung zu Self-Tracking siehe AJANA (2018), DUTTWEILER, GUGUTZER und STRÜBING (2016), LUPTON (2016), MÄMECKE (2021), PLOHR (2021), RODE und STERN (2019), SELKE (2016) und WIEDEMANN (2019). <zurück>
5) https://www.apple.com/newsroom/2023/06/apple-provides-powerful-insights-into-new-areas-of-health/ [Datum des Zugriffs: 30. Januar 2024]. Zur Tragweite dieser Entwicklung: Weltweit gibt es 1,4 Milliarden iPhone-User*innen; in den USA machen sie etwa die Hälfte der Bevölkerung aus (https://www.bankmycell.com/blog/number-of-iphone-users [Datum des Zugriffs: 30. Januar 2024]). <zurück>
6) https://www.marketsandmarkets.com/Market-Reports/emotion-detection-recognition-market-23376176.html [Datum des Zugriffs: 30. Januar 2024]. <zurück>
7) Die normative Seite von Subjektivierungsprozessen wird mit einer Vielzahl von Begrifflichkeiten gefasst, die etwa – um nur einige Beispiele zu nennen – von "Subjektrepräsentationen" (RECKWITZ 2021, S.188) über "Subjektpositionierungen" (BÜHRMANN & SCHNEIDER 2008, S.30) bis hin zu "Subjektcodes" (KELLER et al. 2012, S.10) reichen. Für eine kompakte Übersicht vgl. GEIMER, AMLING & BOSANČIĆ (2019, S.2). <zurück>
8) Der Fokus unserer Arbeit liegt dabei wohlgemerkt nicht auf den konkreten Produzent*innen der vorliegenden "Medienangebote" (PRZYBORSKI 2018, S.65ff.), wenngleich diese Personengruppe ebenfalls einen interessanten Untersuchungsgegenstand darstellen würde, etwa hinsichtlich ihrer sozialstrukturellen Milieus und ihrer impliziten Wissensbestände und Orientierungen. <zurück>
9) Dies wird besonders gut ersichtlich, wenn man bei einem Screenshot alle Textelemente überblendet. Spielerische Manipulationen und Verfremdungen können nützlich sein, insofern mit der alltäglich-intuitiven Wahrnehmung gebrochen wird und neue Interpretationsideen generiert werden. Die Arbeit mit derart experimentellen Vergleichshorizonten findet sich auch schon bei IMDAHL (u.a. 1994, S.301-304), dessen Arbeiten eine wichtige Basis für die dokumentarische Bildinterpretation darstellen. <zurück>
10) Vgl. die Angaben zu erfolgten Downloads auf der Homepage von Daylio: https://daylio.net/ [Datum des Zugriffs: 19. Dezember 2024]. <zurück>
11) https://yourwellspace.com/ [Datum des Zugriffs: 10. Januar 2024]. <zurück>
12) https://techmonitor.ai/leadership/workforce/wellbeing-tech-not-enough-support-employee-mental-health [Datum des Zugriffs: 1. Juni 2022]. <zurück>
13) https://www.appbrain.com/app/wellspace/com.wellspace [Datum des Zugriffs: 10. Januar 2024]. <zurück>
14) Als Geschäftspartner sind auf der Website von Wellspace u.a. Fujitsu und Ralph Lauren sowie diverse angloamerikanische Universitäten und Colleges angeführt (https://yourwellspace.com/about-us/clients/ [Datum des Zugriffs: 29. November 2023]). <zurück>
15) Der goldene Schnitt beschreibt die Teilung einer Strecke in zwei ungleiche Abschnitte, bei der das Verhältnis der gesamten Strecke zum größeren Abschnitt dem Verhältnis des größeren Abschnitts zum kleineren entspricht (1:0,6181). Dieses schon seit der Antike bekannte Kompositionsprinzip strukturiert das Proportionsempfinden im Alltag intuitiv. <zurück>
16) In der Natur kommen keine grünen Lotusblüten vor. <zurück>
17) In der Malerei bezeichnet man als "Repoussoir" ein großes Objekt oder eine Figur im Vordergrund eines Bildes, die dazu beiträgt, die Tiefenwirkung zu verstärken (https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/r:repoussoir-958 [Datum des Zugriffs: 14. Januar 2025]). <zurück>
18) Spiegelt man das Bild als hypothetischen Vergleichshorizont vertikal, wirkt es eher so, als würde der ältere Mann der Frau eine Geschichte von früher erzählen und sie sich höflich der Vergangenheit zuwenden. <zurück>
19) Vgl. z.B. die Apps Reflectly (https://reflectly.app/) oder Moodistory (https://moodistory.com/de/) [Datum des Zugriffs: 31. Januar 2024]. <zurück>
20) https://de.wikipedia.org/wiki/Corporate_Memphis [Datum des Zugriffs: 20. Dezember 2024]: Charakteristisch sind klare Formen in wenigen, übergangslosen Farben sowie unnatürlich lange Arme und Beine bei stark vereinfachten bzw. nicht vorhandenen Gesichtszügen. Es ist bemerkenswert, wie stark dieser freundlich und harmlos wirkende Stil gerade von großen Technologiekonzernen aufgegriffen und verbreitet wurde. <zurück>
21) Dies ist u.a. Bestandteil des laufenden Dissertationsprojekts des Erstautors mit dem Titel "Quantifizierter Affekt: Mikrodispositive des Mood-Tracking (MIMOT)", gefördert durch die GFF NÖ (FTI21-D-035). <zurück>
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Moritz MEISTER ist Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten sowie Doktorand und Lehrbeauftragter an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. In seiner kulturpsychologischen Dissertation befasst er sich mit Mood-Tracking im Privat- wie Arbeitskontext. Er forscht qualitativ zu digitalen Medien und Interfaces (Walkthrough-Methode, Bildanalyse) einschließlich den diversen praktischen Aneignungsweisen konkreter User*innen (narrative Interviews und Gruppendiskussionen). Darüber hinaus arbeitet er zu kritischer Umweltpsychologie und Fragen einer lebensrelevanten, gegenwartssensiblen und emanzipatorischen Psychologie in Forschung und Lehre.
Kontakt:
Moritz Meister, M.Sc
Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten
Bereich Psychotherapie
Campus-Platz 1, 3100 St. Pölten
E-Mail: moritz.meister@suttneruni.at
URL: https://www.researchgate.net/profile/Moritz-Meister-5
Sarah Miriam PRITZ ist Kultursoziologin mit einem Schwerpunkt auf emotionssoziologische und subjektivierungstheoretische Fragestellungen. Neben Mood-Tracking und digitalen Kulturen hat sie u.a. zu Nachhaltigkeit, Selbstoptimierung und soziologischer Zeitdiagnostik gearbeitet. Aktuell ist sie Postdoktorandin im interdisziplinären DFG-Graduiertenkolleg 2726 "Das Sentimentale in Literatur, Kultur und Politik" an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Kontakt:
Dr. Sarah Miriam Pritz
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Bismarckstr. 1
91054 Erlangen
E-Mail: sarah.miriam.pritz@fau.de
URL: https://www.soziologie.phil.fau.de/person/sarah-pritz/
Aglaja PRZYBORSKI ist Professorin für Psychotherapie an der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten, Psychotherapeutin und Lehrtherapeutin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Psychotherapie- und Beratungsforschung, Entwicklung qualitativer Methoden, Gesprächsanalyse, Bildanalyse, Medientheorie und Digitalisierungsforschung, Identitätsnormen und Körperpraxen.
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Aglaja Przyborski
Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten
Bereich Psychotherapie
Campus-Platz 1, 3100 St. Pölten
E-Mail: aglaja.przyborski@suttneruni.at
URL: https://suttneruni.at/de/startseite/univ-prof-dr-aglaja-przyborski
Thomas SLUNECKO lehrt und forscht am Institut für Kognition, Emotion und Methoden der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Kulturpsychologie, qualitative Methoden und Psychotherapie. Zudem leitet er das Institut für Kulturpsychologie und qualitative Sozialforschung (IKUS) in Wien, ist Psychotherapeut und Mitglied des österreichischen Psychotherapiebeirates.
Kontakt:
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Slunecko
Universität Wien
Institut für Kognition, Emotion und Methoden
Liebiggasse 5, 1010 Wien
E-Mail: thomas.slunecko@univie.ac.at
URL: https://psychologie.univie.ac.at/ueber-uns/mitarbeiterinnen/details/user/slunect6/inum/1109/backpid/9734/
Meister, Moritz; Pritz, Sarah Miriam; Przyborski, Aglaja & Slunecko, Thomas (2025). Subjektfiguren der Gefühlsvermessung: zur Bildlichkeit von Mood-Tracking-Apps [85 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 26(2), Art. 9, https://doi.org/10.17169/fqs-26.2.4394.