Volume 26, No. 2, Art. 25 – Mai 2025
Zur Analyse visueller Analysepraktiken: Evidenzkonstruktionen in Investigationsvideos von Forensic Architecture
Mina Godarzani-Bakhtiari
Zusammenfassung: Neue aktivistische und journalistische Rechercheteams (von z.B. Forensic Architecture und Bellingcat bzw. New York Times und Le Monde), die dem Feld der investigativen Ästhetik zugeordnet werden können, rekonstruieren gewaltvolle Ereignisse verschiedener Art durch digitale Analysen und Open-Source-Daten. Einige Ermittler:innen dieser Teams produzieren Investigationsvideos, um der Öffentlichkeit Einblicke in ihre Ermittlungsarbeit zu ermöglichen. In diesen Videos wird das Gewaltereignis rekonstruiert, der Ermittlungsprozess schrittweise offengelegt, und die Ergebnisse werden präsentiert. Die dreifach verschachtelte Sinnkonstruktion der Videos – in ihnen werden Darstellung, Analyse und Evidenzerzählung miteinander verschränkt – ist methodologisch und methodisch besonders herausfordernd. Angelehnt an die soziologische Filmanalyse habe ich die vergleichende Videoartefaktanalyse entwickelt, bei der ich diese Besonderheit berücksichtige. Das Verfahren und Auszüge aus der Analyse werden im Folgenden vorgestellt. Dabei wird argumentiert, dass durch die Investigationsvideos, die ich als Meta-Artefakte konzeptualisiere, ein Kommunikationsproblem bewältigt wird. Anhand eines Beispielfalls zeige ich, wie die Ermittler:innen sequenziell Sinn konstruierten und welche Rolle dabei visuellem Wissen zukam. Unterschiedliche Objektivitätsverständnisse wurden von Ermittler:innen in einzelnen Sequenzen konstruiert und schließlich miteinander verwoben.
Ich hoffe, mit der vergleichenden Videoartefaktanalyse als Instrument zur Untersuchung hochkomplexer Sinn- und Beweiskonstruktionen im Feld der investigativen Recherchearbeit einen Beitrag zur Soziologie des visuellen Wissens leisten zu können.
Keywords: visuelle Soziologie; Filmanalyse; Videoanalyse; Raumsoziologie; Open-Source-Aktivismus; Objektivität; Sequenzanalyse; Forensic Architecture; Mediatisierung
Inhaltsverzeichnis
1. Digitale Rekonstruktion von Ereignissen durch investigative Organisationen
2. Das neue Feld der investigativen Ästhetik
3. Investigationsvideos: die Meta-Artefakte der investigativen Ästhetik
4. Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Überzeugungskraft visueller Daten
5. Vergleichende Videoartefaktanalyse
5.1 Filmanalytische Annäherung an den Gegenstand
5.2 Daten und Forschungsprozess
6. Zur Rekonstruktion und Transformation visuellen Wissens bei Forensic Architecture
6.1 Evidenzkonstruktion in dem Meta-Artefakt des Falls Kassel
6.2 Argumentative und visuelle Logik in den Meta-Artefakten
6.3 Audio-visuelle Evidenzierung in Meta-Artefakten – eine kritische Diskussion
7. Fazit
1. Digitale Rekonstruktion von Ereignissen durch investigative Organisationen
Abbildung 1 zeigt einen Screenshot aus einem Investigationsvideo von Forensic Architecture (im Weiteren FA), einer interdisziplinären Forschungsagentur, die Gewaltakte mit visuellen und digitalen Mitteln untersucht.
Abbildung 1: Tatortfotografie und Raummodell (Fall Kassel, 03:00 min., Bildausschnitt herangezoomt) (© FA 2017) [1]
Im Zentrum des Bildes ist eine Fotografie zu sehen, die die Ecke eines Zimmers zeigt: ein Schreibtisch, bedeckt mit verschiedenen Dingen, ein Bürostuhl, der zur Seite gedreht hinter dem Tisch steht. In die Wand sind Regale eingelassen. An verschiedenen Stellen hängen Bilder und Ausdrucke. Links ist ein Durchgang in ein weiteres Zimmer sichtbar, über dessen Eingang in Großbuchstaben "INTERNET" steht. Die Quelle des Fotos ist unten links in weißer Schrift angegeben, der Urheber oben rechts. Außerhalb des Fotos erweitert eine abstrakte Raumdarstellung das Bild. Das Foto ist unscharf und farbig, die Abstraktion zeigt klare Linien und einheitliche Flächen in verschiedenen Grautönen. [2]
Der Screenshot stammt aus dem Investigationsvideo "77sqm_9:26min" (FA 2017). In diesem Video zeigt FA, wie sie die Ermordung von Halit YOZGAT durch die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in einem Internetcafé in Kassel im Jahr 2006 (im Weiteren Fall Kassel) rekonstruiert haben.1) Der Fokus der Investigation lag auf Andreas TEMME, einem V-Mann des Verfassungsschutzes, der sich im betreffenden Zeitraum am Tatort aufhielt, jedoch angab, keine Kenntnis vom Mord gehabt zu haben (FITTKAU 2015). Mitarbeitende von FA untersuchten das Ereignis mithilfe ihres spezialisierten Ansatzes, indem sie den Tatort und den Handlungsverlauf durch die Auswertung vielfältiger Daten digital nachstellten. Um den Untersuchungsprozess transparent zu machen, produzierten sie ein Investigationsvideo, in dem sie die einzelnen Schritte – von der Datenerhebung über die Analyse bis hin zur Präsentation der Ergebnisse – transparent machten. [3]
FA ist neben anderen aktivistischen und auch journalistischen Organisationen Teil des neuen Feldes der "investigativen Ästhetik" (BJERKNES 2022, S.952), das sich seit den 2010er Jahren formiert. Die Mitarbeitenden dieser Organisationen sind darauf spezialisiert, Ereignisse durch digitale Analysen zu rekonstruieren. Dafür greifen sie auf Open-Source-Daten zurück (GUTIÉRREZ 2022; RISTOVSKA 2016, 2019) und wenden neue digitale Methoden zur Analyse der Daten an. Als Open-Source-Daten sind in diesem Kontext frei zugängliche digitale Informationen zu verstehen – beispielsweise umfangreiche Datensätze, die kontinuierlich von Technologien erzeugt und gespeichert werden, sowie Inhalte aus sozialen Medien und Online-Archiven. Ihre investigative Nutzung knüpft an subkulturelle Praktiken wie Hacking, Medienaktivismus und kollaborative Wissensproduktion an (MILAN & GUTIÉRREZ 2015, S.126). Bei Abbildung 1 handelt es sich zum Beispiel um ein geleaktes Polizeifoto, welches durch die Methode der abstrakten Raummodellierung ergänzt wurde. Obwohl sich die aktivistischen Gruppen und journalistischen Teams in ihrer politischen Ausrichtung unterscheiden, eint sie das Bestreben, Beweise für Schuld und Verantwortung zu erbringen. Um ihre Ergebnisse überzeugend darzustellen und dadurch zu legitimieren, legen einige Organisationen, darunter FA, in ihren Investigationsvideos ihr analytisches Vorgehen schrittweise offen. Diese Videos sind somit eine Form der visuellen Beweisführung, bei der die eigene Analyse in eine öffentliche Evidenzerzählung übersetzt wird. [4]
Diese neuen Videos, die zeigen, wie ein Tathergang forensisch rekonstruiert wird, sind Gegenstand meines Beitrags. Ich gehe der Frage nach, wie in den Videos sequenziell Sinn konstruiert wird und welche Rolle dabei visuellem Wissen zukommt. Die Herausforderung bei der Analyse der Investigationsvideos besteht darin, die verschiedenen Ebenen des darin enthaltenen Erkenntnisprozesses als spezifische, aufeinander aufbauende und miteinander verwobene Elemente zu erfassen. Außerdem ist die Überlagerung verschiedener Prozesse zu berücksichtigen, die in den Videos vollzogen wird: Wenn die Ermittler:innen beispielsweise demonstrieren, wie sie aus einem Foto eine Information gewinnen, verschränken sich Handlung, Darstellung und Erzählung – sie zeigen das Foto (Darstellung), markieren die relevante Stelle (Handlung) und erläutern den Analyseprozess (Erzählung). Diesen Besonderheiten der Videos, die ich unter dem Begriff des Meta-Artefakts (GODARZANI-BAKHTIARI 2024; GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025) zusammenfasse, wird mithilfe der vergleichenden Videoartefaktanalyse begegnet. Das Verfahren, bei dem auf Werkzeuge der soziologischen Filmanalyse (PELTZER & KEPPLER 2015) zurückgegriffen wird und Perspektiven der visuellen Soziologie integriert werden, habe ich für die Analyse der Investigationsvideos entwickelt. Die hier vorgestellte Untersuchung ist Teil meines Dissertationsprojektes,2) in dessen Rahmen ich u.a. vier von FA produzierte Videos zu drei Fällen einer detaillierten vergleichenden Analyse unterzogen habe. Einer dieser Fälle ist der oben erwähnte Fall der Ermordung von Halit YOZGAT durch die NSU-Terrorgruppe, an dem ich im Folgenden die Vorgehensweise der Analyse erläutern und die Ergebnisse vorstellen möchte. [5]
Mit der Diskussion des methodischen Vorgehens und der Darstellung der erzielten Erkenntnisse leiste ich einen Beitrag zur "reflexiven Methodologie" (KNOBLAUCH 2018). Für die Debatte um neue visuelle Daten (LEGEWIE & NASSAUER 2018; SCHMIDT & WIESSE 2019; TRAUE & SCHÜNZEL 2022) – insbesondere im Hinblick auf vernakulare, also von Akteur:innen im Feld produzierte Videos (WILKE 2025/im Druck) – bietet die Analyse der Investigationsvideos von FA neue Einsichten: Anhand eines exemplarischen Falls zeige ich, wie ein Ereignis aus emischer Perspektive visuell rekonstruiert und in filmischer Form als Intervention kommunikativ wirksam gemacht wird – und mache damit deutlich, wie visuelle Medien die Deutung sozialer Wirklichkeit prägen und selbst soziales Wissen produzieren (MÜLLER, RAAB & SOEFFNER 2014, S.9). Ziel ist es, neue Perspektiven auf digitale, visuell gestützte Kommunikationsformen in der spätmodernen Gesellschaft zu eröffnen. [6]
Ich beginne mit einer Einführung in das neue Feld der investigativen Ästhetik (Abschnitt 2). Die besondere Form der untersuchten Videos wird vorgestellt und als Meta-Artefakt konzeptualisiert (Abschnitt 3). Im Anschluss folgt eine skizzenhafte Einführung in handlungstheoretische Perspektiven und Erkenntnisse der Wissenschaftsforschung bezüglich der Nutzbarmachung visueller Daten (Abschnitt 4). Im 5. Abschnitt wird das Vorhaben in der soziologischen Filmanalyse verortet und das Verfahren der vergleichenden Videoartefaktanalyse vorgestellt. Anschließend präsentiere ich einen Auszug aus der Analyse: Ich zeige, wie die Ermittler:innen von FA in dem Investigationsvideo sequenziell Sinn herstellen und eine argumentative und visuelle Logik konstruieren, die jedoch durch Ambivalenzen gekennzeichnet ist (Abschnitt 6). Abschließend werden die Ergebnisse diskutiert (Abschnitt 7). [7]
2. Das neue Feld der investigativen Ästhetik
Soziale Wirklichkeit wird zunehmend technisiert und mit Rückgriff auf visuelle Objektivationen ausgehandelt. Dass visuelle Technologien neue "sensing and sense-making capabilities" (BJERKNES 2022, S.951) aus der Distanz zu einem Tatgeschehen ermöglichen, zeigt sich besonders an Formen sichtbarer Gewalt, denen verstärkte Aufmerksamkeit zukommt (HOEBEL, REICHERTZ & TUMA 2022). Ein prominentes Beispiel ist der Mord an George FLOYD, bei dem die Videoaufzeichnung maßgeblich zur Sichtbarkeit rassistischer Polizeigewalt und der Mobilisierung der Black Lives Matter-Bewegung beitrug – einer basisdemokratischen Protestbewegung, die sich gegen strukturellen Rassismus und insbesondere gegen institutionalisierte polizeiliche Repression richtet. Gleichzeitig wird die Authentizität visueller Daten inzwischen aufgrund ihrer digitalen Manipulierbarkeit zunehmend infrage gestellt (TAGG 1988). [8]
In Anbetracht der Allgegenwart visueller Aufzeichnungen und eines generellen Misstrauens ihnen gegenüber wurden neue Organisationen gegründet, die sich auf die Verhandlung des Wahrheitsgehaltes visueller Artefakte spezialisiert haben. Sich selbst als Open-Source-Aktivist:innen verstehend, zielt ihre Arbeit darauf ab, Ungerechtigkeiten nach legalen Maßstäben nachzuweisen (RISTOVSKA 2016, S.1044). Basierend auf Sonderwissensbeständen setzen sie spezifische Techniken und Methoden ein, um der Prekarität des Visuellen entgegenzuwirken (GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025). Indem sie versuchen, Evidenz konstruktiv und schrittweise herzustellen, betreiben sie eine aktive Form der "Spurensicherung" (GINZBURG 1983; KRÄMER, KOGGE & GRUBE 2007).3) [9]
Die methodische Fundierung der investigativen Herangehensweise in den Organisationen, die Etablierung des Tätigkeitsfelds der "Videoforensic" (GATES 2013, 2020, 2023) und das Auftreten der Mitglieder als Videoexpert:innen in der Öffentlichkeit (RISTOVSKA 2019) verweisen auf eine fortschreitende Professionalisierung des Videoaktivismus (RISTOVSKA 2016). Führende Organisationen sind Airwars, Bellingcat, FA, Mnemonic, INDEX, SITU Research, Syrian Archive, WITNESS Media Lab und VFrame. Die Mitglieder dieser Organisationen wenden je eigene spezialisierte Methoden und Werkzeuge an und integrieren neue Akteur:innengruppen, Kompetenzen und Technologien (MÜLLER & WIIK 2023, S.189). Mit dem Ziel, staatliche Verwicklungen oder Vergehen von Konzernen aufzudecken (GATES 2023, S.2), bauen die Expert:innen aus einzelnen Daten große Medienassemblagen (SMITH & WATSON 2023) als komplexe Anordnungen von Bild-, Text- und Raumdaten, die gemeinsam zur Rekonstruktion eines Ereignisses beitragen. Obwohl die Organisationen "are likely to be the ones setting new standards in newsrooms for the future" (MÜLLER & WIIK 2023, S.191), wurde bisher nur wenig zu ihnen und ihrer Wissenspraxis publiziert. [10]
Ihr langfristiger, über den investigativen Aktivismus hinausreichender Einfluss zeigt sich unter anderem in der Integration der "forensic media-aesthetics" (GATES 2020, S.403) in journalistische Formen kultureller Sinnproduktion. Investigativabteilungen großer Medienhäuser wie New York Times, Süddeutschen Zeitung, Le Monde und Al Jazeera kopieren inzwischen Open- Source-Methoden und -Ästhetiken. GATES (2023) sah darin den Versuch traditioneller Medienunternehmen, das "epistemic chaos" (S.2) zu überwinden, das durch die Fragmentierung des Publikums und Fake News entstanden ist. Ein wesentlicher Unterschied journalistischer Medien zu aktivistischen Organisationen besteht in der weniger ausgeprägten staatskritischen Grundhaltung (S.7). Mit aktivistischen Gruppen teilen sie zum einen den epistemischen Fokus auf Fragen von Schuld und Verantwortung bei der Rekonstruktion von Ereignissen und zum anderen ein ähnliches methodisches Vorgehen. BJERKNES (2022) hob mit dem Konzept der investigativen Ästhetik, einem von Eyal WEIZMAN, dem Begründer von FA geprägten Terminus (FULLER & WEIZMAN 2021), die Gemeinsamkeiten beider Organisationsgruppen hervor: "Investigative aesthetics enable new ways of showing and verifying witness media, mapping subjective truth-claims poly-perspectival (Fuller and Weizman 2021), thereby overcoming many of the epistemological tensions that are associated with singular citizen-generated visuals in existing literature" (BJERKNES 2022, S.968). [11]
3. Investigationsvideos: die Meta-Artefakte der investigativen Ästhetik
Da die Investigationsvideos der aktivistischen und journalistischen Organisationen auf YouTube veröffentlicht und auf den institutionellen Webseiten eingebettet werden, lassen sie sich als eine besondere Form von Webvideos (TRAUE & SCHÜNZEL 2022) bzw. Online-Videos (LEGEWIE & NASSAUER 2018; SCHMIDT & WIESSE 2019) einordnen. Zugleich handelt es sich um erkenntnisgeleitete Wissensproduktionen, in denen Ereignisse reflexiv rekonstruiert werden – wodurch sie auch als eine spezifische Form des dokumentarischen Films betrachtet werden können (HEINZE 2017). Durch die Offenlegung der Analyse in den Videos gibt es darüber hinaus eine Nähe zum ethnologischen Film, der seit der "Writing Culture"-Debatte (CLIFFORD & MARCUS 1986) durch eine explizit gemachte Reflexivität und eine Einheit von Erhebung und Analyse gekennzeichnet ist. Gleichzeitig unterscheiden sich Investigationsvideo von diesen Filmgenres durch ihre inszenierte Subjektlosigkeit. Ein klassisches Erzählsubjekt, wie es aus dokumentarischen Formaten bekannt ist, fehlt weitgehend. Die Ermittler:innen selbst treten kaum in Erscheinung;4) auch die Beteiligten des dokumentierten Ereignisses stehen nicht im Zentrum der Darstellung. Zwar begleitet eine neutral klingende Off-Stimme die visuelle Sinnproduktion, doch die Erzählung des Ermittlungsprozesses ist nicht um individuelle Figuren oder narrative Identifikationsangebote herum aufgebaut.5) Stattdessen werden die Videos durch die reflexiv offengelegten Analysemethoden und deren technisierte Umsetzung strukturiert – sie fungieren als epistemisches Rückgrat der Darstellung. [12]
Visuell dominiert eine Art Computerbild die Bildkomposition: Fotografien, Satellitenbilder oder Kartenmaterial verwandeln sich scheinbar von selbst in abstrakte Raummodelle, Messpunkte oder Bewegungsdiagramme. Durch diese Bildästhetik wird eine Wissensform generiert, mit der eine technisch-rationale Perspektive inszeniert, Objektivität und methodische Kontrolle suggeriert wird. Es handelt sich um eine mediale Übersetzung, mit der neue Formen der Evidenz und Glaubwürdigkeit erzeugt werden sollen. Dass die Analysen im Bildraum digital mit unsichtbarer Hand vollzogen zu werden scheinen, innerhalb der Dokumente also digitale Handlungsvollzüge stattfinden, ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Artefakte. [13]
Die Videos der investigativen Ästhetik verstehe ich deshalb als einen neuen Typ reflexiv-dokumentarischer Webvideos, die in der (inhaltlichen) Ausrichtung zwar dem ethnologischen Film sehr ähneln (Reflexivität), jedoch durch inszenierte Körper- und Subjektlosigkeit der Ermittler:innen und aufgrund ihrer Digitalität von diesen abweichen. Während GUTIÉRREZ (2021) vorschlug, diese Form von Webvideos als Meta-Dokumentationen zu bezeichnen, bevorzuge ich, um die (scheinbare) Subjektlosigkeit mitzudenken, die Bezeichnung Meta-Artefakte (GODARZANI-BAKHTIARI 2024; GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025). Der Artefakt-Begriff wird eingesetzt, um den zweifachen Objektivationscharakter der Videos zu verdeutlichen: Die Ermittler:innen rekonstruieren zum einen Ereignisse digital anhand materieller Tatorte, was – in Anlehnung an LÖW (2001) – eine digitale (Re-)Produktion der (An)Ordnung von Dingen und Lebewesen im Raum darstellt. Entsprechend beschäftigen sie sich mit der materialisierten, äußerlichen Objekthaftigkeit der Wirklichkeit. Dabei transformieren sie in den Investigationsvideos zum anderen das Gewaltereignis und die darin stattfindenden Handlungen sukzessive in eine quasi-materialisierte und objekthafte Form.6) Tatbeteiligte werden nicht primär als handelnde Subjekte, sondern als Bestandteile einer objektivierten Raum(an)ordnung behandelt. Ihre Körper werden – ebenso wie Waffen oder Einschusslöcher – als physische Objekte erfasst, vermessen und in ein digitales Raummodell überführt. Der Fokus liegt auf der äußeren, materialisierten Wirklichkeit: der Position eines Körpers im Raum, seiner Bewegungsrichtung, der messbaren Lautstärke eines Schusses. Diese Reduktion auf quantifizierbare Größen transformiert das Geschehen in eine quasi-materielle Anordnung, in der Subjekte nicht durch Intention oder Handlung, sondern durch physische Präsenz und räumliche Lage (digital) rekonstruierbar werden. In den Videos wird damit ein Ereignis in ein visuelles Ordnungsgefüge übersetzt, bei dem Subjektivität systematisch zugunsten eines technisierten Evidenzverständnisses zurückgestellt wird. [14]
Die Videos sind insofern Meta-Artefakte, als in ihnen die verschiedenen Ebenen des Erkenntnisprozesses abgebildet und als spezifische, aufeinander aufbauende Teile konstruiert werden. Indem die Investigationsvideos durch die Darstellung des Erkenntnisprozesses strukturiert werden, wird die trans-sequenzielle (SCHEFFER 2013) Entstehungsgeschichte selbst präsentiert (GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025). Über die Sequenzen hinweg wird Schritt für Schritt Evidenz konstruktiv produziert. Überdies besteht die Besonderheit der Meta-Artefakte in der dreifach verschachtelten Sinnkonstruktion: Im Video werden die Datenanalyse (Handlung), deren Darstellung und die Konstruktion einer Evidenzerzählung verwoben. Durch digitale Analysen wird im Bildausschnitt eine dialektische Gleichzeitigkeit von Wirklichkeit und Darstellung erzeugt, etwa indem ein abstraktes Raummodell konstruiert wird, das einerseits als Grundlage simulativer Rekonstruktionen dient und andererseits als Darstellungselement fungiert, das das Geschehen erfahrbar macht. [15]
Die neuen Investigationsvideos von FA7) und jene anderer verwandter aktivistischer und journalistischer Investigationsteams sind in ihrer dreifach verschachtelten Sinnkonstruktionen noch nicht hinreichend untersucht worden. Da visuelle Daten in den Videos als analytische Grundlage (z. B. Fotos) und als im Prozess generierte Artefakte (z. B. Raummodelle) von FA eingesetzt werden, ist eine theoretische Einordnung ihrer Produktion und Nutzbarmachung besonders aufschlussreich. Sie ermöglicht eine analytische Aufschlüsselung der verschachtelten Gebrauchsweisen des Visuellen bei FA. [16]
4. Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Überzeugungskraft visueller Daten
In der visuellen Soziologie wurde die gesellschaftliche Bedeutung visueller Daten bereits hinreichend deutlich gemacht.8) Zentral für meinen Aufsatz ist ein Spannungsverhältnis, das vor allem in praxeologischen und handlungstheoretischen Debatten diskutiert wird: Einerseits nimmt mit der Allgegenwart visueller Aufzeichnungen die Bedeutung des Visuellen als Kommunikationsform zu, andererseits sind die Inhalte visueller Artefakte keineswegs selbsterklärend, sondern fragil, ambigue und komplex. Besonders relevant sind für meine Untersuchung jene Arbeiten, die sich mit dem spezialisierten Umgang mit visuellen Daten in bestimmten gesellschaftlichen Feldern befassen, allen voran GOODWINs Konzept der "Professional Vision" (1994). [17]
GOODWIN zeigte anhand zweier Fälle, dass in bestimmten Professionen, Archäologie und Polizeiexpert:innentum, kulturell spezifische Formen des Sehens und Deutens existieren, die durch spezifische verkörperte Techniken des Einordnens, Hervorhebens und Sichtbarmachens überzeugend dargelegt werden. Anhand der Gerichtsverhandlung im Fall Rodney KING veranschaulichte er etwa, wie Polizeiexpert:innen erfolgreich ihre Deutung des Videos dokumentierter Polizeigewalt herstellten: Den sich aufbäumenden Schwarzen Körper9) deuteten sie als Versuch des Widerstands, Gewalt durch die Polizei damit als legitimiert. Dass dasselbe Video in der Zivilgesellschaft als Beweis für Polizeigewalt behandelt wurde, zeigt recht eindrücklich, welche Bedeutung Praktiken des Deutens visueller Daten zukommt. TUMA (2017) erweiterte das Konzept der Professional Vision. Er argumentierte, dass nicht nur Professionen (im engeren Sinne) eigene Praktiken des Sehens herausbildeten. In vielen gesellschaftlichen Feldern hätten Akteur:innen kulturell spezifische Formen der Analyse begründet, die er als "vernakulare Analysen" (S.17) bezeichnete. Anhand des Einsatzes von Videos in Fußballtrainings, von Ereignisauswertungen bei der Polizei und der Konsument:innenanalysen der Marktforschung zeigte er, wie und mit welchen kommunikativen Formen die Akteur:innen visuelle Dokumente auf eine bestimmte, kulturell spezifische Art und Weise sehen und deuten. [18]
Wie visuelle Darstellungen konstruiert werden, um als objektiv wahrgenommen werden zu können, untersuchten seit den 1990er Jahren Wissenschaftsforscher:innen. Besonders Vertreter:innen der Laboratory Studies beschäftigten sich mit der Herstellung von Objektivität in wissenschaftlichen Visualisierungen durch die Nutzung von neuen Technologien (COOPMANS, VERTESI, LYNCH & WOOLGAR 2014; LYNCH & WOOLGAR 1990). Auch DASTON und GALISON (2007) betonten den Zusammenhang von Darstellungsformen und Objektivitätsverständnissen und hoben die Rolle von Technologie hervor. Sie zeigten, dass wissenschaftliche Visualisierungsformen sozio-historisch kontingent sind: Ihnen sind spezifische wissenschaftliche Tugenden und Auseinandersetzungen mit technischen Entwicklungen eingeschrieben. So wird etwa mit der Fotografie die technische Möglichkeit assoziiert, eine vom Subjekt losgelöste mechanische Objektivität ("mechanical objectivity", S.115) zu erzeugen. Im Anschluss an die Arbeiten von DASTON und GALISON fasste GATES (2013) Visualisierungspraktiken, die durch den Rückgriff auf computergestützte Verfahren erzeugt werden, als getragen vom Glauben an "computational objectivity" (S.244). Sie argumentierte, dass diese besonders in der Videoforensik Bedeutung zukomme. [19]
Gerade bei der Verhandlung von Gewaltereignissen spielen visuelle Daten eine zunehmend zentrale Rolle: Allgegenwärtig erzeugte Aufnahmen – etwa durch Überwachungskameras oder Smartphones – versprechen einen direkten Zugriff auf vergangene Situationen. In verschiedenen gesellschaftlichen Feldern entstehen derzeit spezifische Antworten auf den Zweifel an der Authentizität visueller Aufzeichnungen. Wie diese Artefakte als sinnhaft konstruiert und im Rahmen feldspezifischer Rationalitäten – etwa juristischer Schuldbegriffe – verhandelt werden, ist weiter zu untersuchen. Der vorliegende Beitrag ist ein Schritt in diese Richtung: Am Beispiel der Investigationsvideos zeige ich, wie Ermittler:innen von FA mediatisierte Analyseformen herausbilden, in denen unterschiedliche Objektivitätsverständnisse sowie der Raum10) als zentrale Verhandlungsebene von Sinn wirksam konstruiert werden. [20]
5. Vergleichende Videoartefaktanalyse
5.1 Filmanalytische Annäherung an den Gegenstand
Die Investigationsvideos sind mediale Kompositionen, in denen die Praxis von FA dramaturgisch strukturiert und mit künstlerischen sowie unterhaltenden Mitteln als Form der Wissensproduktion inszeniert wird. Das vernakulare Problem der Evidenzherstellung wird filmisch dargestellt. Die Videos sind in diesem Sinne filmische Medienprodukte, die die kommunikative Evidenzierung selbst-reflexiv zum Gegenstand haben. Mein analytisches Vorhaben ist deshalb innerhalb der Filmsoziologie zu verorten. [21]
Die soziologische Filmanalyse stellt aufgrund der Komplexität des Mediums – die Daten beinhalten verschiedene auditive und visuelle Sinnebenen – eine methodologische und methodische Herausforderung dar (SCHOLZ 2017). Dieser Umstand wird durch die steigende Diversifizierung audiovisueller Medienprodukte, bedingt durch technologische Entwicklungen, verstärkt (MIKOS 2018, S.89f.). Das Verhältnis von Produzent:innen, Adressat:innen und filmischen Erzeugnissen hat sich im Vergleich zur klassischen Kulturindustrie verändert (HEINZE 2018, S.18). Eine allgemeine Entgrenzung des Films (HEINZE 2017, S.28) zeigt sich im Dokumentarfilm besonders darin, dass von einem einheitlichen Begriff des Dokumentarischen nicht mehr gesprochen werden kann, wie auch an den Videos von FA deutlich wird. Traditionelle Regeln und Normen werden der Vielfalt des Dokumentarischen nicht mehr gerecht (HEINZE & WEBER 2017, S.XI), stattdessen entstehen vielfältige Formen der Produktion und Inszenierung dokumentarischer Wirklichkeitsbilder (HEINZE 2017, S.30). KEPPLER (2017) plädierte dafür, die Frage der Diversität filmischer Produkte gattungsanalytisch anzugehen. Bei der medialen Gattungsanalyse, die ihren Ursprung in der Literaturwissenschaft hat, von der Wissenssoziologie weiterentwickelt (LUCKMANN 1986) und schließlich in der Mediensoziologie ausgeweitet wurde, geht es darum, "Formen technisch vermittelter Kommunikation zu differenzieren und zu charakterisieren" (KEPPLER 2017, S.77). Gattungen stellen kommunikative Lösungen für die Schwierigkeit bereit, gesellschaftliche Phänomene, etwa Ereignisse oder Erfahrungen, intersubjektiv herzustellen und zu vermitteln. Anders als bei Face-to-Face-Kommunikation sind Medienprodukte inszenierte Kommunikationsformen, die sprachliche, nicht-sprachliche und dramaturgische Elemente enthalten (S.81). Bei der Gattungsanalyse von Medienprodukten ist dementsprechend das "kommunikative Potential" (a.a.O.) herauszuarbeiten, das in dem Produkt angelegt ist. Da ich untersuche, wie in den Videos der investigativen Ästhetik eine mediatisierte (visuelle) Verhandlung von Ereignissen erfolgt, wie also ein Kommunikationsproblem auf neue Weise medial bearbeitet wird, schließe ich mit meiner Arbeit an die gattungsanalytische Auseinandersetzung an. [22]
Die von PELTZER und KEPPLER (2015) entwickelte soziologische Filmanalyse bietet ein geeignetes methodisches Instrumentarium für die Analyse solcher Videos. Auf der Grundlage der Sozialphänomenologie und der Theorie von BERGER und LUCKMANN (1969 [1966]) wird mit dem Verfahren der Frage nach der "medialen Konstruktion von Wirklichkeit" (PELTZER & KEPPLER 2015, S.7) nachgegangen. Untersucht werden die in den Filmen angelegten Verstehensmöglichkeiten (S.16) – die Mittel, die im Film eingesetzt werden, um mit den Zuschauer:innen zu kommunizieren. Dazu gehören inhaltliche, darstellerische, dramaturgische, narrative und gestalterische Mittel und ihre Kontexte (MIKOS 2021, S.367). [23]
Die auf dem hermeneutischen Zirkel basierende wissenssoziologische Methode (PELTZER & KEPPLER 2015, S.10) erweist sich im Kontext der Untersuchung medial konfigurierter Wissensordnungen (KEPPLER & PELTZER 2018, S.6) als besonders anschlussfähig. In meiner Untersuchung, aus der ich einen Ausschnitt hier präsentiere, habe die analytische Perspektive der soziologischen Filmanalyse und deren Werkzeuge, wie von KEPPLER und PELTZER (S.3) vorgeschlagen, nicht als schematisches Verfahren, sondern als Orientierung für eine angemessene Deutung der Investigationsvideos angewendet. Darauf aufbauend entwickelte ich ein methodisches Vorgehen, bei dem ich sowohl der spezifischen Form der Meta-Artefakte als auch der Forschungsfrage nach der sequenziellen Sinnherstellung und der Bedeutung visuellen Wissens in den Videos Rechnung trug. Der analytische Fokus des Verfahren liegt insbesondere auf der Bildebene. Darüber hinaus setze ich das Mittel des Vergleichs zentral ein, um systematisch Unterschiede und Gemeinsamkeiten horizontal (zwischen den verschiedenen Investigationsvideos) und vertikal (innerhalb der einzelnen Videos) herauszuarbeiten. [24]
5.2 Daten und Forschungsprozess
Das Verfahren der vergleichenden Videoartefaktanalyse wurde im Prozess der analytischen Beschäftigung mit den Videos von FA entwickelt. Der Forschungsprozess war zyklisch strukturiert: Fragestellung, Daten und Methode wurden stetig aufeinander abgestimmt. In meiner Untersuchung fokussierte ich auf Investigationen von FA, bei denen Gewaltinteraktionen im Zentrum standen. Dabei habe ich Fälle ausgeschlossen, bei denen es um Umweltzerstörung, koloniale Verbrechen, kriegerische Handlungen (z. B. Bombardierung in Rafah) oder Gewalt gegen größere Gruppen (z.B. im Kontext der Black Lives Matter-Proteste) ging.11) Insgesamt erfüllten 17 Fälle die Kriterien meines theoretischen Samplings (GLASER & STRAUSS 1998 [1967]).12) Für die detaillierte Analyse habe ich vier Meta-Artefakte aus drei dieser Fälle genutzt. Den Ausgangspunkt der Fallselektion bildete die zum Untersuchungszeitpunkt (2023) aktuellste deutsche Investigation: die Aufarbeitung des rassistischen Attentats in Hanau. Auf dieser Basis habe ich Kontrastfälle entlang folgender Merkmale ausgewählt: Ereignisstandorte (Deutschland oder Kolumbien),13) Ereignisklassifikation (Attentat oder Mord), beteiligte Investigationsagenturen (nur FA bzw. Forensis14) oder gemeinsam mit anderen Initiativen wie Bellingcat), Anzahl der produzierten Meta-Artefakte je Fall (ein Video oder zwei Videos), Länge der Meta-Artefakte (ca. 9-33 min). Gemeinsam ist den ausgewählten Fällen, dass die Ermittler:innen von FA staatliche Verstrickungen und/oder staatliches Aufklärungsversagen investigativ aufdeckten Die analysierten Fälle sind:
die Investigation der Verstrickungen des V-Manns TEMME in den Mord an Halit YOZGAT durch den NSU in Kassel 2006 (FA 2017, 27:22 min.), bezeichnet als Fall Kassel;
die (kooperative) Investigation des Mordes an Lucas VILLA in Bogota, Kolumbien 2021 (FA 2022, 20:07 min.), bezeichnet als Fall Bogotà;
die Investigation des polizeilichen Handelns im Zuge des rechtsterroristischen Anschlags in Hanau, bezeichnet als Hanau 1 (FA 2021a, 08:59) und Hanau 2 (FA 2021b, 33:11 min.). [25]
Mit dem Ziel, die Bedeutungskonstruktion der Artefakte zu rekonstruieren, wurde ein dreistufiges Analyseverfahren entwickelt (visualisiert in Abbildung 2), bestehend aus einer Sequenzanalyse (Schritt 1), einem Sequenzvergleich (Schritt 2) und einer Detailanalyse (Schritt 3). Die Ergebnisse der Sequenzanalyse (Schritt 1) strukturierten den weiteren Analyseprozess (Schritt 2 und 3). Im Verlauf des Verfahrens wurde der analytische Abstraktionsgrad stetig gesteigert und zugleich durch eine detaillierte Analyse der Primärdaten angereichert, sodass die analytische Abstraktion vertieft werden konnte (Schritt 3). Die konkrete Ausgestaltung des Forschungsprozesses gestaltete sich wie folgt:
Abbildung 2: Visualisierung des methodischen Vorgehens. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [26]
5.2.1 Schritt 1: Sequenzierung
Um der Flüchtigkeit des filmischen Gegenstands entgegenzuwirken, wurden im ersten Schritt nach PELTZER und KEPPLER (2015) Filmprotokolle15) erstellt, bei denen ich der innerfilmischen Logik folgte. Bei der "knappe[n], rein auf den Inhalt bezogene[n] schriftliche[n] Fixierung des filmischen Ablaufs" (S.40) wurden selbst gewählte Merkmale wie zum Beispiel das verwendete Datenmaterial, das Framing des Datenmaterials und die Bildkomposition festgehalten, wodurch die Protokolle als normierte und regelgeleitete Fixierung des Materials dienten. Ausgehend von den Protokollen und Filmprodukten bin ich anschließend der Frage nachgegangen, wie in den Videos sequenziell Sinn erzeugt wird. Basierend auf einem hermeneutischen Sequenzbegriff, der auf eine Rekonstruktion zweiter Ordnung abzielt (TUMA, SCHNETTLER & KNOBLAUCH 2013, S.51), habe ich sequenzielle Sinneinheiten herausgearbeitet, die einen funktionalen Beitrag zur Gesamterzählung leisten. Jede Sequenz wurde mit einem Titel versehen, um ihre Eigenlogik im Verhältnis zur Gesamterzählung zu benennen. Zusätzlich erstellte ich Zusammenfassungen zum jeweiligen Inhalt der Sequenz. Durch den Prozess der Sequenzierung (schriftlich und visuell festgehalten) wurden die Protokolle analytisch strukturiert. Dieser Schritt wurde auf alle vier Videos angewendet. [27]
In einem zweiten Schritt habe ich die Verschriftlichungen der Sequenzierung der vier Investigationsvideos miteinander verglichen. Dabei konzentrierte ich mich auf die Identifizierung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den sequenziellen Sinneinheiten der verschiedenen Videos. Der abstrahierende Vergleich ermöglichte es mir, die allgemeinen Sinnhorizonte der konkreten Sequenzen herauszuarbeiten. Es zeigte sich, dass die Videos hinsichtlich der durchgeführten Ermittlungsschritte und deren sequenzieller Anordnung einem ähnlichen Muster folgen. Lediglich die konkreten, fallspezifischen Inhalte unterscheiden sich von Artefakt zu Artefakt. Insgesamt findet in allen Videos am Anfang und am Ende eine politische Einordnung der Untersuchung statt. Dazwischen ist die Evidenzkonstruktion positioniert, die aus verschiedenen Ermittlungsschritten besteht, die von FA in einzelnen Sequenzen dargestellt werden: Die Evidenzkonstruktion beginnt in allen Investigationsvideos mit einer digitalen Rekonstruktion des Tatorts durch die Ermittler:innen von FA – im Fall Kassel wurde das Internetcafé rekonstruiert, in dem Halit YOZGAT erschossen wurde, im Fall Bogotà die Straße nachgebaut, in der Lucas VILLA ermordet wurde etc. In der nächsten Sequenz interpretieren sie jeweils die Ereignisdaten (z.B. Fotos oder Login-Daten vom Tatort) des Falles. In der letzten Sequenz schließlich führen sie die Ergebnisse zusammen. Schritt für Schritt wird nach dieser spezifischen Sequenzordnung von den Ermittler:innen Evidenz konstruiert. Da alle vier Videos dramaturgisch so aufgebaut sind und schrittweise eine Evidenzargumentation entfaltet wird, spreche ich von einer allgemeinen Argumentationsordnung (siehe Abschnitt 6), die ich in dieser vergleichenden Analyse herausarbeiten konnte. Alle vier Videos folgen grundsätzlich dieser auf Beweisführung ausgelegten Ordnung, mit jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Fallbezügen. [28]
5.2.3 Schritt 3: Detailanalyse
Basierend auf den von mir zuvor herausgearbeiteten sequenziellen Sinnhorizonten – meinen analytischen Kategorien (politische Dimension; Evidenzkonstruktion: Raummodell, Ereignisdatenanalyse und Synthese) – wählte ich im letzten Schritt Schlüsselmomente für die Detailrekonstruktion aus. Als Schlüsselmoment verstehe ich einen wenigen Sekunden andauernden Videoausschnitt, der für die Etablierung des Sinnhorizonts der Sequenz besonders aussagekräftig ist. Aus jedem Artefakt habe ich eine Szene pro Kategorie ausgesucht. Um die visuelle Abfolge des Ausschnitts zu erschließen, erstellte ich Bilderserien aus Screenshots. Die Bilderreihen ergänzte ich durch Transkripte der verbalen Äußerungen in den Videos. Die textliche und visuelle Transkription diente dazu, die Schlüsselmomente greifbar zu machen und sie für die Rekonstruktion vorzubereiten. Im Anschluss daran erfolgte eine feinanalytische Beschreibung, die sich auf das visuelle und textuelle Datenskript sowie den entsprechenden Videoausschnitt stützte. In diesem Schritt wurde das Beschreiben, Verstehen und Deuten parallel durchgeführt. Ziel war die "unverkürzte Beschreibung des kommunikativen Gehalts" (KEPPLER & PELTZER 2018, S.8), um die Konstitutionsregeln, ihre Präsentationsformen, die Bedeutungsangebote sowie die Sinnkonstruktion(en) analytisch zu rekonstruieren (PELTZER 2021, S.187). Die präzise Erschließung der Szenen sowie die Erfassung des nicht-sprachlichen Wissens und subjektiver Wahrnehmungen stellten wesentliche Aspekte der Beschreibungen dar (BOCK 2019, §11). Die Interpretationen der Schlüsselmomente einer Kategorie wurden anschließend mit denen anderer Sequenzen verglichen, wodurch das Spezifische der jeweiligen Sequenzkategorien in Bezug auf die Konstruktion von Evidenz herausgearbeitet werden konnte. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten eine Verfeinerung des Verständnisses der Argumentationsordnung. Im nächsten Abschnitt stelle ich Auszüge aus meiner Untersuchung vor. [29]
6. Zur Rekonstruktion und Transformation visuellen Wissens bei Forensic Architecture
Abbildung 3 ist eine von mir erstellte Visualisierung der allgemeinen Argumentationsordnung, die ich durch den Vergleich der Investigationsvideos der Fälle Bogotà, Hanau und Kassel herausgearbeitet und durch die Detailanalyse der Schlüsselsequenzen verfeinert habe.16)
Abbildung 3: Argumentationsordnung der Meta-Artefakte von FA. Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [30]
Die horizontale Achse bildet den Zeitverlauf ab (links Anfang, rechts Ende der Videos), die vertikale Achse die verschiedenen (Sequenz-)Kategorien (Dimensionen und Ebenen). Wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe (GODARZANI-BAKHTIARI 2024), etablieren die Mitglieder von FA eine epistemische Spannung, indem sie in ihrer Darstellung die politische Dimension (Abbildung 3, Ebene 1) systematisch von der evidenzanalytischen Rekonstruktion (Abbildung 3, Ebenen 2 bis 4) trennen und so zwischen politischem Anspruch und objektivierter Begründung navigieren. Um die kommunikative Herstellung von Evidenz nachzuvollziehen, wird im Folgenden nur auf die Dimension der Evidenzbegründung eingegangen. [31]
6.1 Evidenzkonstruktion in dem Meta-Artefakt des Falls Kassel
In den Meta-Artefakten wird Evidenz von den Ermittler:innen sequenziell in einem Dreischritt etabliert: Zunächst wird ein Raummodell konstruiert (Abschnitt 6.1.1), anschließend erfolgt die (Ereignis-)Datenanalyse (Abschnitt 6.1.2) und die Synthese der Ergebnisse (Abschnitt 6.1.3). Anhand der Schlüsselmomente aus dem Fall Kassel kann dieser Prozess rekonstruiert werden. [32]
In allen untersuchten Meta-Artefakten beginnt die Evidenzkonstruktion stets mit der an Fotos anknüpfenden Konstruktion eines digitalen Raummodells. Im weiteren Verlauf wird das Raummodell als Analyserahmen verwendet (siehe Abschnitt 6.1.3).
Abbildung 4: Herstellung des Raummodells (Fall Kassel, 02:58-3:02 min.) (© FA 2017) Bitte klicken Sie hier oder auf die Abbildung für eine Vergrößerung. [33]
Die Bilderreihung in Abbildung 4 veranschaulicht die Herstellung des Modells im Fall Kassel unter Verwendung von geleakten Tatortfotografien. Das oberste, bereits in Abbildung 1 vorgestellte Bild ist ein Foto von der Ecke eines Raumes, welches an den Rändern durch ein digitales Modell erweitert ist. Durch die Darstellungsform wirken Modell und Foto deckungsgleich. Im Verlauf des Videoausschnitts (Abbildung 4, Zeitverlauf von oben nach unten) verschwindet das Foto allmählich, während dahinter das Modell sichtbar wird, in dem die markanten Raummerkmale des Fotos rekonstruiert sind. [34]
In diesem Prozess wurden fotografische Referenzbilder17) (2D) von den Ermittler:innen durch raum-analytische Animationsprogramme in 3D-Modelle übersetzt. Dieser Prozess wird Schritt für Schritt visuell dargestellt. Die Verwendung fotografischer Bilder als Ausgangspunkt der Modellierung suggeriert eine objektive Darstellung der Wirklichkeit. Diese Doxa, dass technische Apparate die Wirklichkeit (in ihrer Komplexität) objektiv, d. h. ohne subjektive Verzerrung, erfassen können, brachten DASTON und GALISON (2007, S.58) mit dem Begriff mechanical objectivity auf den Punkt. [35]
Die computergestützte und visuell nachvollziehbare Transformation von Fotos in Raummodelle lässt sich als Vollzugswirklichkeit von "computational objectivity" (GATES 2013, S.252) verstehen, nämlich dass Computer neutrale, regelbasierte Ergebnisse produzieren können. Die Übersetzung von Fotos in 3D-Modelle ist durch die verschränkte Produktion von Quantifizierung und Visualisierung besonders kommunikationsmächtig. Indem die Raum(an)ordnung (LÖW 2001) als (zwei- bzw. dreidimensionales) Koordinatensystem behandelt wird, bei dem jedes visuelle Zeichen durch eine topografische Position (Spacing) im Verhältnis zu anderen Positionierungen (Synthese) bestimmt wird, kommt es zur quantifizierenden Vermessung der Raum(an)ordnung. Letztere wird schließlich durch die digitale Konstruktion visuell-technisch reproduziert. Die Ermittler:innen erzeugten aus flachen Pixeln (2D-Fotos) ein tiefes Raummodell (3D), das die begrenzte Tiefe und Breite der Referenzbilder visuell überwindet (GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025, S.3).18) [36]
Der dabei begründete Raum ist abstrakt. Während die Ermittler:innen durch die 3D-Modellierung Komplexität über die Bildgrenzen hinaus produzierten, führt die vorgenommene Vereinheitlichung der Materialitätsflächen gleichzeitig zu einer Reduktion von Informationen. So entsteht ein Modell, das in die Tiefe und Breite erweitert, aber stark vereinfacht ist. Da sowohl die Ausgangsfotografie als auch der digitale Übersetzungsprozess als objektiv dargestellt werden, wird ein 3D-Modell geschaffen, das durch die Form der Herleitung vermeintlich Objektivität verkörpert. Lediglich zeitlich stabile Materialität wird im Raummodell abgebildet. Das Modell ist als objektive Darstellung manifester Raumwirklichkeit und damit als "spatially objective" (GODARZANI-BAKHTIARI 2024, S.29) konstruiert. [37]
6.1.2 Ebene 3: (Ereignis-)Datenanalyse
Erst nachdem die Ermittler:innen die Raummodelle in den Videos konstruiert haben, wenden sie sich den tatsächlichen Ereignissen zu. Dazu ziehen sie verschiedene Daten heran: Foto- und Videoaufnahmen (von Überwachungskameras oder Smartphones); Polizeireports, Log-In-Daten oder Zeug:innenaussagen. Nicht verifizierte Daten werden verifiziert.19) Teilweise produzieren die Ermittler:innen neue Daten. Sie stellen Handlungsabläufe analog nach, filmen sie und nehmen Messungen vor. Bei der detaillierten (Ereignis-)Datenanalyse werden verschiedene Daten einzeln nacheinander analysiert. [38]
Die komplexe Informationsflut eines Datums wird in diesem Schritt visuell durch verschiedene Techniken geordnet. Informationen werden sortiert, hervorgehoben, markiert oder neu zueinander angeordnet. Handelt es sich um ein visuelles Datum, werden die Techniken direkt visuell im Material ausgeführt und sichtbar gemacht, z.B. durch das visuelle Einkreisen eines Elements im Bild. Nicht-visuelle Daten wie digitale Log-In-Daten (Fall Kassel, siehe Abbildung 5) werden zuvor in eine visuelle Form übersetzt. In allen Analysen heben die Ermittler:innen letztlich bestimmte Informationen hervor und stellen deren Relevanz visuell dar. Da sie das Originaldatum und dessen Analyse visuell nachvollziehbar präsentieren, konstruieren sie die hervorgehobenen Informationen, basierend auf der Gleichsetzung von Wahrnehmung und Realität (MERLEAU-PONTY 2004 [1945]), als Fakten. Andere Informationen, die Teil der Originaldaten sind, werden ausgeblendet. Die als relevant erachteten Informationen werden schließlich innerhalb des Raummodells verräumlicht und so in die visuelle Ordnung objektiver Darstellung (spatial objectivity) eingefügt.
Abbildung 5: Geo-Visualisierung numerischer Daten (Fall Kassel, 07:32 min., Bildausschnitt herangezoomt) (© FA 2017) [39]
Die (Ereignis-)Datenanalyse kann anhand eines Beispiels aus dem Fall Kassel nachvollzogen werden. Da von der Nacht, in der Halit YOZGAT vom NSU ermordet wurde, kein visuelles Material vorlag, griffen die Ermittler:innen auf die Telefon- und Internetnutzungsdaten der Besucher:innen des Internetcafés zurück. Diese Daten wurden visuell greifbar gemacht, indem sie räumlich (im Modell) und zeitlich (im Zeitstrahl) verortet wurden. [40]
In Abbildung 5 ist links das Raummodell des Internetcafés aus der Vogelperspektive zu sehen. Personen, die sich zu einer bestimmten Zeit (vor der Tat) bereits in einen Computer oder eine Telefonleitung eingeloggt hatten, wurden in ihrer Raumposition eingezeichnet und umkreist. Rechts neben dem Raummodell ordneten die Ermittler:innen die zeitlichen Informationen aus den Log-In-Daten auf einem Zeitstrahl an, wobei jede Zeile einer Person entspricht. In dieser (Ereignis-)Datenanalyse wurden die zeitlichen Informationen der Log-In-Daten mit Rauminformationen (Aufbau des Raums und Anordnung der Geräte) verknüpft. Dadurch machten die Ermittler:innen die numerischen Daten visuell zugänglich, hoben relevante Informationen hervor und integrierten sie durch die digitalisierte Analyse (computational objectivity) in das als spatially objective verstandene Modell. [41]
Elementar für die Begründung von Evidenz ist die an die (Ereignis-)Datenanalyse anschließende Syntheseanalyse (Ebene 4 in Abbildung 3). Dabei bringen die Ermittler:innen die Ergebnisse verschiedener (Ereignis-)Datenanalysen simulativ zusammen. Dem Raummodell, getragen von dem Verständnis von spatial objectivity, kommt eine Schlüsselfunktion zu: Es dient als analytisches Koordinatensystem, auf dem die als Fakten konstruierten Informationen der (Ereignis-)Datenanalyse zueinander angeordnet werden. Im Zentrum der Synthese steht die Plausibilisierung der Fakten entlang einer räumlichen Rationalisierungslogik: Können jene Aspekte, die in verschiedenen Daten herausgearbeitet wurden, tatsächlich gleichzeitig oder nacheinander in räumlicher Nähe oder Distanz stattgefunden haben? Oder treten in der räumlichen Anordnung der Fakten Widersprüche auf? Welche Schlüsse und Anschlussfragen ergeben sich daraus? [42]
Die dabei entwickelten Deutungen zeichnen sich durch einen hohen Abstraktionsgrad aus. Die Ermittler:innen transformieren durch das Mittel der Simulation die Frage eines tatsächlichen in eine Frage des möglichen Ereignisverlaufs. Indem sie das digitale Modell als Analyserahmen einsetzen, den sie zuvor so konstruiert hatten, dass er als Träger von spatial objectivity verstanden wird, produzieren sie Ergebnisse von besonderer kommunikativer Kraft.
Abbildung 6: Syntheseanalyse Geruchsverbreitung und TEMMEs Bewegung (Fall Kassel, 21:57-22:04 min., Bildausschnitt herangezoomt)
(© FA 2017) [43]
Abbildung 6 zeigt eine Bilderreihung der Syntheseanalyse aus dem Fall Kassel (Zeitverlauf von oben nach unten). Die Ermittler:innen untersuchten mit der Simulation, ob TEMME, der V-Mann des Verfassungsschutzes, beim Verlassen des Ladens hätte bemerken müssen, dass Halit YOZGAT zuvor erschossen worden war.20) Konkret verfolgten sie die Frage, ob TEMME den Geruch wahrgenommen haben musste, der sich infolge des abgegebenen Schusses entwickelt hatte.21) [44]
Verschiedene Ergebnisse der (Ereignis-)Datenanalysen wurden in der Simulation miteinander in Beziehung gesetzt. Dazu gehörten die experimentell im analogen Raummodell analysierte und im digitalen Raummodell rekonstruierte Geruchsverbreitung (als Farbwolke im Modell in Abbildung 6 dargestellt). TEMMEs Bewegungen im Raum (Figur mit schwarzen Schatten in Abbildung 6) wurden durch die Log-In-Daten und Zeugenaussagen rekonstruiert. Beide Analyseergebnisse wurden im Raummodell nun räumlich plausibilisiert. Die Syntheseanalyse basierte demnach maßgeblich auf der Anwendung physikalischer Gesetzmäßigkeiten von Masse in Raum und Zeit (Bewegung von Körpern und gasförmigen Teilchen). [45]
Durch die Synthese produzierten die Ermittler:innen eine visuell-digitale Ereigniswirklichkeit, die durch die Form der Herleitung (objektiv verstandenes Modell und Fakten) kommunikative Wirksamkeit entfaltet. Soziale Handlungen wurden auf der Ebene physikalischer Gesetzmäßigkeiten nachvollzogen, deren objektive Wirklichkeit durch das Modell erzeugt wird. Indem visuell dargestellt wird, dass TEMME durch eine Geruchswolke habe laufen müssen (besonders sichtbar in Abbildung 6), etablieren die Ermittler:innen die Deutung, dass er den Geruch hätte wahrnehmen müssen, als er das Café verließ. Diese Deutung produzierten sie durch die visuelle Syntheseanalyse als Fakt im Sinne von spatial objectivity. [46]
6.2 Argumentative und visuelle Logik in den Meta-Artefakten
Die Analyse ergab, dass die Ermittler:innen Evidenz in den Videos Sequenz übergreifend herstellten. Dabei konstruierten sie eine lineare Argumentationsordnung: beginnend mit der Rekonstruktion des Ortes, über die Ereignisanalyse bis hin zur Syntheseanalyse. Getragen wurde die Evidenzkonstruktion maßgeblich von der Begründung einer visuellen Logik. Die in Abbildung 7 dargestellte Visualisierung veranschaulicht das Verhältnis von Argumentationsordnung (dargestellt durch den roten Pfeil, beginnend am linken oberen Bildrand) und visueller Evidenzlogik (innerhalb des Rahmens).
Abbildung 7: Visualisierung der visuellen Logik und argumentativen Logik [47]
Die visuelle Logik wird durch die Verschränkung, Übertragung und Überlagerung verschiedener (visueller) Objektivitätsverständnisse (mechanical, computational und spatial objectivity) begründet. Die Ermittler:innen rekonstruieren den Tatort digital aus Fotografien, denen sie eine mechanical objectivity zuschreiben. Mit Computerprogrammen (computational objectivity) werden Fotos in ein abstraktes Raummodell übersetzt, das als sozio-historisch entkoppelt und als Träger von spatial objectivity konstruiert ist (Abbildung 7, gelber Kasten links). Anschließend ziehen sie visuelle Daten heran (mechanical objectivity) oder erzeugen selbst visuelle Daten (computational objectivity), um diese detailliert zu analysieren und bestimmte Informationen als relevante Fakten zu etablieren (Abbildung 7, blauer Kasten rechts). In der Synthese kombinieren die Ermittler:innen das Raummodell mit den konstruierten Ereignisfakten und setzen zeitlich konkrete Informationen räumlich zueinander in Beziehung (grüner Kasten unten). Damit wird ein Wechselverhältnis zwischen allgemeiner Raumordnung und konkretem Raumereignis produziert. Vor dem Hintergrund eines abstrakten, als objektiv konstruierten Raumverständnisses konstruieren sie in der Synthese Ereignisdeutungen, die kommunikativ als spatially objective verstanden werden. Die visuelle Logik der Evidenzproduktion wird damit nicht linear, sondern optisch integrierend hergestellt. [48]
6.3 Audio-visuelle Evidenzierung in Meta-Artefakten – eine kritische Diskussion
Die Evidenzerzeugung der Artefakte zeichnet sich besonders durch die kommunikative Herstellung einer normativ nicht positionierten, Objektivität beanspruchenden Perspektive aus, also durch die kommunikative Performanz technisierter Objektivitätsverfahren und ein dadurch (konstruktiv) entkoppeltes Wahrheitsverständnis. In den Videos wird eine ungebundene, alles überblickende Perspektive auf Ereignisse inszeniert. Während die Ermittler:innen in der Evidenzkonstruktion maßgeblich der Logik der zeit-räumlichen Entfaltung des Interaktionsgeschehens folgen, konstruieren sie in ihrer analytischen Herangehensweise eine technisch bewerkstelligte Überwindung zeit-räumlicher Ordnung: Die simultane Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln, das Zurück- und Vorspulen sowie das Anhalten der Zeit sind wesentliche Elemente der vernakularen Vorgehensweise. Mittels Simulationen werden potenzielle Handlungsverläufe durchgespielt. Auf diese Weise ersetzen die Ermittler:innen verfahrenstechnisch die Frage des Vergangenen mit der Frage des räumlich Möglichen (spatial objectivity). Die abstrakten und simulativen Konstruktionen sind so produziert, dass sie auf Materialität referieren, sich jedoch nicht darauf beschränken. Ausgehend von der Annahme einer naturgegebenen Unveränderlichkeit, einer externalisierten Wahrheit des Materiellen, wird mithilfe technisierter Verfahren zur Analyse physikalischer Zusammenhänge simulativ den Möglichkeiten ihrer Entfaltung nachgegangen. Auch das, was dem Auge entgeht, wird in visuelle Form gebracht, z.B. die Ausbreitung eines Schussgeruchs im Fall Kassel. So wird ein synoptischer Blick (SCOTT 1998) erzeugt, ein "God's-eye view" (S.57), der von der konkreten, verkörperten Erfahrung der Subjekte entkoppelt ist. Die dabei erzielten Ergebnisse sind getragen von der kommunikativen Macht von spatial objectivity. [49]
BUCKLEY (2023, S.186) argumentierte, dass die Ermittler:innen von FA eine neue Form von Beweisen konstruieren, die im politischen Kontext den konzeptionellen und perzeptiven Rahmen des Urteilens erweitern. ROMEO (2024) erkannte in der Arbeit von FA einen Ausdruck des "post-human turn" (S.12), der sich in einer Distanzierung vom Körper und einer Abkehr von affektiver Resonanz zeige. Dabei geriet eine Reihe verteilter Agencies in den Blick, independent of the human and yet impact it through variant logics extending beyond human consciousness" (a.a.O.). Seiner Auffassung zufolge wird die Autorität des Visualisierenden, die durch die Staatsmacht verkörpert werde, durch die Ermittler:innen mit der Behauptung infrage gestellt, dass das Recht zu sehen das Recht auf die Deutung der Realität bestimme (S.2). ÇAYLI (2021, S.310) erachtete die Form der Evidenzbegründung als Rückkehr zu dem Ideal einer allgemeingültigen Wahrheit, die die epistemische Fragmentierung der Postmoderne überwinden könne. [50]
Andere wiederum kritisierten die neue Form der Evidenzkonstruktion. MICHEL sah in der Arbeit von FA einen "befremdliche[n] ungebrochene[n] Glaube[n] an die befreiende Macht von Technologien, Expert:innenwissen und einem gottgleichen Blick von nirgendwo" (2017, S.693). NAß argumentierte, dass die Ermittler:innen von FA einen essenzialistischen Raum- und ontologischen Bildbegriff in ihrer Arbeit aktualisierten. Die Form der Montagetechnik nannte sie "eine komplexitätsreduzierende Methode der Vervollständigung eines sinngenerierenden Erzählraums" (2021, S.51). Dies schließt an die Einordnung von HARST (2023) an, welcher kritisierte, dass die Ermittler:innen zwar konstruktiv argumentierten, die Investigationsvideos jedoch durch ihre einheitliche Gestaltung und ein "lineares, zielgerichtetes Narrativ" auffielen (S.40f.). JASKOT (2023, S.239) vermisste Transparenz: Weder teilten die Mitarbeitenden von FA die digitalen Daten öffentlich, noch machten sie die Entscheidungsprozesse transparent, die ihren Investigationsprozessen zugrunde lägen. [51]
Ich argumentiere im Anschluss an meine Analyse, dass FA eine neue Form der Zeug:innenschaft durch die Produktion von Meta-Artefakten begründen. Dabei handelt es sich um eine Verfahrenszeug:innenschaft. Betrachtende werden vorwiegend nicht zu Zeug:innen des Ereignisses, sondern der digitalen Analyse eines Ereignisses (GODARZANI-BAKHTIARI & TUMA 2025, S.23).22) Diese Form der Zeug:innenschaft ist zudem sinnlich, da die Betrachtenden den Vollzug der Herstellung von Evidenz erleben: Sie sehen, hören und fühlen, wie Evidenz sukzessive aufgebaut wird. Durch die (inszenierte) nicht-personifizierte und technisierte Ausführung der Ermittlung wird eine äußere Wahrheit hergestellt, deren Aufdeckung in den Meta-Artefakten erlebbar wird. Die transzendierende digitale Wirklichkeitskonstruktion der Investigation wird damit bei den Betrachtenden selbst zu einem verkörperten Erlebnis. Dies ist besonders bezüglich der analytischen Verschiebung hin zum objektiv Möglichen relevant, die zentral in der Evidenzkonstruktion ist. [52]
Der von den Ermittler:innen technisiert vollzogene analytische Abstraktionsgrad – räumlich (Modell), zeitlich (Simulation) und methodisch (undurchsichtige Berechnungen und deren visuelle Darstellung) – ist so hoch, dass die Frage nach dem Konkreten dahinter zu verschwinden droht. Anschaulich wird dies besonders im investigativen Umgang mit Wahrnehmung. Subjektive Wahrnehmung wird in den Investigationen in eine positivistische, standardisierte Untersuchung von Wahrnehmbarkeit überführt, der simulativ nachgegangen wird – wie etwa im Fall Kassel durch die Geruchssimulation. In den Videos wird zwar stets von "Wahrscheinlichkeiten" der Wahrnehmung gesprochen, um sich von totalisierenden Deutungen zu distanzieren, die Darstellungsform in Meta-Artefakten zielt jedoch auf eine Beurteilung durch die Betrachtenden ab, die diese Ambivalenzen nur schwer greifen können. So verschleiert etwa die Darstellung TEMMEs, wie er durch eine Geruchswolke geht, dass Wahrnehmung keineswegs präzise im wissenschaftlichen Sinne ist, denn "[w]e do not see [listen, smell and feel] in geometrically precise linear [ways]" (VORMITTAG & BLACK 2024, S.9). [53]
Das Gefährliche an den ambivalenten Gleichzeitigkeiten, bei denen kommunikativ die Grenzen zwischen Prozessen des Untersuchens und Prozessen des Urteilens über das eigene Erleben verwischt werden, liegt darin, dass sie von Akteur:innen instrumentell genutzt werden (können). Insbesondere bei politisierten und emotionalisierten Auseinandersetzungen besteht das Risiko, dass Akteur:innen die kommunikativen Mittel digitaler Wirklichkeitskonstruktion manipulativ nutzen. So schrieb etwa GATES: "When the evidence-production techniques of media forensics get deployed as a form of dramatic storytelling, the result cannot help but create category confusion between facts and interpretations, material things and representations, real events and realistic depictions" (2020, S.403). Ähnlich argumentierten auch VORMITTAG und BLACK (2024, S.8), man müsse sich bei der Arbeit von FA vor Augen führen, dass dieselbe Ästhetik auch missbraucht werden könne. Ihre formalen Qualitäten blieben äußerst überzeugend, auch wenn sie mit ungenauen, irreführenden oder sogar fiktiven Daten erzielt würden. [54]
Diese Erkenntnisse erlangen insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verbreitung der Methoden der investigativen Ästhetik durch politisch divergierende Organisationen eine hohe Relevanz. Ein Beispiel hierfür ist das amerikanische Privatunternehmen "Critical Incidents Videos",23) welches durch die Produktion eigener Meta-Artefakte polizeiliches Handeln legitimiert. Während journalistische Organisationen wie die New York Times derartige Ansätze nutzen, um die Fragmentierung der Öffentlichkeit zu überwinden (GATES 2023, S.2), zeigen meine kritischen Ausführungen zu den Meta-Artefakten von FA, dass darin Potenzial zum gegenteiligen Einsatz eingeschrieben ist. Die Bewertung von Politiken, die Neuausrichtung derselben sowie deren Instrumentalisierung zu propagandistischen Zwecken sind mögliche Einsatzbereiche.24) Die Auseinandersetzung mit Meta-Artefakten erfährt somit eine neue gesellschaftliche Relevanz. Fest steht bereits, dass die technisierte, scheinbar unpersönliche kommunikative Macht dieser dokumentarischen Artefakte, welche auf die Darstellung einer objektiven Realität abzielt, in Zeiten gesellschaftlicher Fragmentierung von großem Einfluss ist. [55]
In diesem Beitrag wurde das neue Feld der investigativen Ästhetik vorgestellt. Einige Organisationen in diesem Feld, wie FA, legen ihre Evidenzgeneseprozesse durch die Produktion von Investigationsvideos offen und nehmen dadurch auf spezifische Weise an öffentlichen Diskursen teil. Die vorgestellte Methode ermöglicht es, die argumentative Grundstruktur und visuelle Herstellungsprozesse in den Videos im Detail nachzuvollziehen. Dabei wurde das heuristische Mittel des Vergleichs horizontal zwischen verschiedenen Artefakten und vertikal innerhalb der Artefakte eingesetzt. Ich habe gezeigt, dass die Meta-Artefakte prozessual realisiert werden und spezifische sinnhafte Objektivationen (z.B. Raummodelle) einschließen, bei denen auf gesellschaftlich verfügbares Wissen, insbesondere bestimmte Objektivitätsverständnisse, zurückgegriffen und dieses aktualisiert wird. Die komplexe Produktion von Evidenz wird sowohl sequenziell-linear als auch integrativ-visuell erzeugt und sinnhaft gemacht. Das hieraus hervorgegangene Wissen ist durchaus ambivalent: Aus der Frage des konkreten sozialen Ereignisses wird die Frage des (räumlich) objektiv Möglichen, aus (natur-)wissenschaftlichen Probabilitätsberechnungen wird erlebte visuelle Bestimmtheit. [56]
Das Kommunikationsproblem, dass mit solchen Videos bearbeitet wird, ist die "Erlangung und Gewährleistung [...] sozialer 'Anschauungsgewissheit'" (BUYTENDIJK & PLESSNER 1980 [1925], S.81, zit. n. MÜLLER 2018, S.97) eines Ereignisses. In den inszenierten Videos wird von den Ermittler:innen bzw. Videomacher:innen eine visuelle Koordinierungsleistung vollzogen, die sich in der Begründung eines (sequenziellen und visuellen) "Zeigfelds" niederschlägt (MÜLLER 2018, S.97), das durch die Verschachtelung von Bildern und die teilweise Offenlegung ihrer Analyse realisiert wird. Ähnlich wie bei Imagefilmen in der Wissenschaft (SCHNETTLER & BAUERNSCHMIDT 2018) dienen die Investigationsvideos pragmatisch als kommunikatives Bindeglied zwischen den Aktivitäten der investigativen Organisation(en) und der Öffentlichkeit. Durch die Darstellung der eigenen methodischen Herangehensweisen wird das Vertrauensproblem bearbeitet, indem (investigative) Integrität durch "Accountability"25) inszeniert wird. Ein Ereignis wird durch (zum Teil positivistische) Analysen und deren visuelle Darstellungen in eine erlebbare Gewissheit des Gesehenen überführt. Die visuelle Produktion dieser erlebten Gewissheit in den Meta-Artefakten überschattet die zugrundeliegende Komplexität eines Ereignisses. [57]
Da Organisationen wie FA eine starke Öffentlichkeitsorientierung aufweisen, die insgesamt als ausgeprägte kommunikative Reflexivität (KNOBLAUCH 2018) verstanden werden kann, zeigt die hier vorgestellte Analyse von Analysepraktiken, wie gegenwärtig eine mediatisierte Verhandlung vergangener Ereignisse durch digitale visuelle Wissenskonstruktionen vorgenommen wird. Diese Erkenntnisse sind umso relevanter, wenn in Betracht gezogen wird, dass durch die dabei hergestellte Ereignisrekonstruktion eine Grenzverwischung zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit forciert wird, die auch instrumentell genutzt werden kann und wird. Die wachsende Verbreitung solcher Meta-Artefakte, vor allem innerhalb des Journalismus und der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit, legt die Vermutung nahe, dass derzeit die Entstehung einer neuen Gattungsfamilie zu beobachten ist, bei der Meta-Artefakte als politische Instrumente der öffentlichen Meinungsbildung eingesetzt werden – ein Umstand, der Sozialwissenschaftler:innen auch künftig beschäftigen wird und sollte. Ob diese als Gattungen zu verstehen sind und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ihnen bestehen, wird noch näher zu untersuchen sein. [58]
Mein herzlicher Dank gilt den Herausgeber:innen dieses Themenschwerpunktes, den Gutachter:innen, meiner Betreuerin Martina LÖW, sowie zahlreichen Kolleg:innen – insbesondere René TUME, Simon EGBERT und Jasper JANSSEN – deren konstruktives Feedback maßgeblich zur Weiterentwicklung des Textes beigetragen hat. Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Projekts Neue Sichtbarkeit der Polizeiarbeit: Wie visuelle Technologien Polizeiaufsicht und -ausbildung prägen gefördert.
1) Der NSU-Mord an Halit YOZGAT ist ein zeitgeschichtliches Ereignis, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden ist. Die Ermittler:innen von FA bezogen sich auf diesen Diskurs und leisteten mit ihrer Investigation einen wichtigen Beitrag zu dessen Aufklärung. Ich habe mich nach ethischen Abwägungen für die Nennung der Beteiligten entschieden, um die gesellschaftspolitische Einbettung der Investigation nachvollziehbar zu machen und einer Forderung von Betroffenen (siehe Aktionsbündnis "NSU-Komplex auflösen") nach der Benennung der Opfer rassistischer Gewalt nachzukommen. Keiner der Genannten wird durch die Veröffentlichung geschädigt, da alle Informationen bereits in der Öffentlichkeit zirkulieren. <zurück>
2) Ich gehe in meinem laufenden Dissertationsprojekt mit dem (vorläufigen) Titel "Ereignisse in the re-making. Gewalt – Mediatisierung – Raum" der Frage nach, wie Organisationen wie FA Gewaltereignisse in einer neuen mediatisierten Form verhandeln. Ich fokussiere mich dabei besonders auf die räumliche Dimension. <zurück>
3) Im Folgenden wird der Evidenzbegriff in diesem Sinne konstruktivistisch verwendet. <zurück>
4) Nur in vereinzelten Abschnitten sind Personen von FA in den Videos zu sehen, die Handlungen im analogen Raum rekonstruieren und/oder (z.B. akustische) Messungen durchführen. <zurück>
5) Ich folge dem Verständnis von Erzählung, wie es SAUPE und WIEDERMANN (2015) formuliert haben: "Erzählungen zeichnen sich erstens durch [...] spezifische Verknüpfungen [von Geschehnissen], sowie zweitens durch eine genuin temporale Struktur aus, sodass man sie generell als zeitlich strukturierte Repräsentation von Ereignissequenzen begreifen kann" (o.P.). Im Falle von FA enthält die Erzählung aneinandergereihte Deskriptionen des investigativen Handelns, die die Ambiguitäten des Visuellen ordnen und bestimmte Interpretation(en) stabilisieren. Indem die Anordnung und Verknüpfung der analytischen Ereignissequenzen auf Evidenzüberzeugung ausgerichtet ist, handelt es sich um eine spezifische Form der Erzählung, bei der sukzessive eine Argumentation gebildet wird (siehe Abschnitt 6.1). <zurück>
6) Ein Beispiel dazu, wie das geschieht, findet sich in Abschnitt 6.1. <zurück>
7) In Bezug auf FA gibt es inzwischen einige Untersuchungen. Konkret mit ihren Videos beschäftigten sich GUTIÉRREZ (2021), MANDOLESSI (2021) und SMITH und WATSON (2023). BJERKNES (2022) und GATES (2023) haben Videos der New York Times diskutiert. <zurück>
8) In der englischsprachigen Debatte besteht seit Langem ein ausgeprägtes Interesse am Visuellen (z. B. BECKER 1974; EVANS & HALL 1999; GOFFMAN 1976; MIRZOEFF 2002; MITCHELL 1987). In Deutschland bildet sich das Forschungsfeld erst seit den 2000er Jahren heraus (z.B. BRECKNER, LIEBHART & POHN-LAUGGAS 2021; EBERLE 2017; KNOBLAUCH, BAER, LAURIER, PETSCHKE & SCHNETTLER 2008; LUCHT, SCHMIDT & TUMA 2013; MÜLLER & SOEFFNER 2018; RAAB 2008; SCHNETTLER & BAER 2013). <zurück>
9) "Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich um ein konstruiertesZuordnungsmuster handelt, und keine reelle 'Eigenschaft', die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist" (SCHEARER & HARUNA 2013, o.P.). <zurück>
10) Die Bedeutung von Raum wurde bisher vor allem in der Forschung zu visuellen Daten in der Planung untersucht (u.a. CHRISTMANN, SINGH, STOLLMANN & BERNHARDT 2020; SCHINAGL 2022). <zurück>
11) Solche Fälle wurden ausgeschlossen, da es sich um makro-interaktive (z.B. Demonstrationen), historische oder großräumig-militärische Gewaltformen handelte, die eine vertiefte Kontextualisierung sowie eine erweiterte analytische Herangehensweise erfordert hätten. <zurück>
12) Ich befinde mich noch im Prozess des Dissertationsprojekts, weitere Kontrastfälle abseits von FA werden noch herangezogen. <zurück>
13) Um die Analyse nicht auf westliche Kontexte zu beschränken, habe ich einen Fall aus dem globalen Süden – konkret aus Kolumbien – in die Untersuchung einbezogen. <zurück>
14) Forensis ist die 2020 gegründete Berliner Tochterinitiative von FA. <zurück>
15) PELTZER und KEPPLER nannten sie Sequenzprotokolle (2015, u.a. S.37). Da ich einen stärker auf meine Frage zugespitzten analytischen Sequenzbegriff verwende (s. Abschnitt 5.1.2), spreche ich von Filmprotokollen. <zurück>
16) Unterschiede in den Argumentationsordnungen der Videos ergaben sich aus der Häufigkeit, mit der die Ebenen 3 und 4 durchlaufen worden waren, was von der Anzahl der untersuchten Fragen abhing. Im Meta-Artefakt Bogotà und Hanau 1 wurden beide Ebenen zweimal durchlaufen, im Meta-Artefakt Kassel dreimal und im Video Hanau 2 viermal. Das häufige Durchlaufen der Ebenen bestätigte das Modell, da die Positionen der Sequenzen relativ zur Gesamtabfolge unverändert blieben. <zurück>
17) In den anderen analysierten Fällen waren Satellitenbilder, auf denen der Stadtraum des Tatorts gezeigt wurde, die Referenzbilder. <zurück>
18) Das Meta-Artefakt Hanau 1 weicht dahingehend von den anderen ab, dass FA in diesem ein 2D-Modell (genauer den Grundriss eines Hauses) und kein 3D-Modell produzierte. <zurück>
19) Wie FA den Verifikationsprozess herstellt und darstellt, habe ich gemeinsam mit TUMA an anderer Stelle rekonstruiert (2025). <zurück>
20) Dies ist nur eine der Fragen, die im Fall Kassel untersucht worden sind. <zurück>
21) Abseits dieser Simulation wurden auch die Geräuschverbreitung des Schusses im Internetcafé und das Sichtfeld von TEMME beim Verlassen des Ladens rekonstruiert. <zurück>
22) Hierbei darf nicht übersehen werden, dass es sich um eine inszenierte Verfahrenszeug:innenschaft handelt. <zurück>
23) Siehe https://criticalincidentvideos.com/how-we-work/ [Datum des Zugriffs: 12. Januar 2025]. <zurück>
24) Siehe z.B. die Diskussion zur forensischen Wende in der Weltpolitik, etwa nach der Verwendung von Beweisbildern im UN-Sicherheitsrat durch Collin POWELL 2003. Anhand der öffentlichen Suche nach Beweisen für irakische Massenvernichtungswaffen zeigte HOLERT (2004), wie forensische Evidenz im politischen Diskurs zur sich selbst legitimierenden Wahrheit gemacht wird, durch die eine polizeiliche Logik gestärkt und politische Aushandlung verdrängt wird. <zurück>
25) Der Begriff "Accountability" wurde von GARFINKEL (2020 [1967]) geprägt, um zu beschreiben, wie Mitglieder einer Gesellschaft ihre Handlungen sichtbar und nachvollziehbar machen, um sie für andere verständlich zu gestalten. <zurück>
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Mina GODARZANI-BAKHTIARI ist Doktorandin an der Technischen Universität Berlin mit den Schwerpunkten Stadt- und Raumsoziologie, visuelle Soziologie sowie qualitative Methoden. An der TU Berlin arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im internationalen ORA-Forschungsprojekt "Neue Sichtbarkeit der Polizeiarbeit: Wie visuelle Technologien Polizeiaufsicht und -ausbildung prägen". In ihrer Dissertation untersucht sie, wie gewaltvolles polizeiliches Handeln durch Investigationsvideos verhandelt wird, die von verschiedenen Akteur:innen (Forensic Architecture, Journalist Visual Investigation Teams und Polizei) produziert werden. Sie verwendet die Videos als spezifischen empirischen Zugang, um die Beziehung zwischen Mediatisierung, Gewalt und Raum zu untersuchen.
Kontakt:
Mina Godarzani-Bakhtiari
Technische Universität Berlin
Institut für Soziologie
Fraunhoferstraße 33-36 (FH 9-1)
10587 Berlin
E-Mail: m.godarzani-bakhtiari@tu-berlin.de
Godarzani-Bakhtiari, Mina (2025). Zur Analyse visueller Analysepraktiken: Evidenzkonstruktionen in Investigationsvideos von Forensic Architecture [58 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 26(2), Art. 25, https://doi.org/10.17169/fqs-26.2.4431.