Volume 4, No. 3, Art. 16 – September 2003

Überzeugende Zweifel statt zweifelhafte Überzeugungen – ein verstehender Blick auf die Hermeneutische Polizeiforschung

Anja Mensching

Review Essay:

Jo Reichertz & Norbert Schröer (Hrsg.) (2003). Hermeneutische Polizeiforschung (Band 5 der Reihe: Studien zur Inneren Sicherheit, hrsg. von Hans-Jürgen Lange). Opladen: Leske + Budrich, 238 Seiten, ISBN 3-8100-3662-5, 24,90 EUR/sFR 43,00

Zusammenfassung: Die qualitative Polizeiforschung erfreut sich in den letzten Jahren einer zunehmenden Beliebtheit innerhalb der deutschen Forschungslandschaft. Einer Vielzahl von Fragestellungen und methodischen Zugängen steht jedoch ein Mangel an methodologischer Reflektion gegenüber. Jo REICHERTZ und Norbert SCHRÖER leisten mit ihrem Buch "Hermeneutische Polizeiforschung", das auf eine Tagung des Arbeitskreises Innere Sicherheit (AKIS) zurückgeht, einen wichtigen Beitrag für eine solche methodologisch-methodische Fundierung. Sie haben es sich zum Anliegen gemacht, nicht nur ihre hermeneutisch-wissenssoziologische Verortung offen zu legen und daraufhin die bisherigen empirischen Befunde ihrer Forschungsarbeiten komprimiert darzustellen, sondern auch Kommentierungen von Kollegen aus diesem Forschungsfeld einzuholen, die durchaus andere Auffassungen von Polizeiforschung vertreten. Dieses Buch ist daher für all jene von Interesse, die sich für methodologisch-methodische Diskussionen begeistern bzw. die sich für die mit einem hermeneutisch-wissenssoziologischen Zugang gewonnenen Ergebnisse der Essener Polizeiforschungsgruppe interessieren. Es ist zudem ein äußerst positives Beispiel wissenschaftlicher (Selbst-) Reflexion.

Keywords: qualitative Sozialforschung, Wissenssoziologie, hermeneutische Polizeiforschung

Inhaltsverzeichnis

1. Von Zweien, die auszogen, das Hermeneutische zu lehren ...

2. Prinzipien einer hermeneutisch-wissenssoziologischen Polizeiforschung

3. Was, wen und wie will die hermeneutische Polizeiforschung verstehen?

4. Wie gelingt dieses Verstehen empirisch?

4.1 Implikationen für die Datenerhebung und -auswertung

4.2 Empirische Befunde

5. Kommentierung der Kommentierungen

6. Resümee: Mit der (eigenen) Standortgebundenheit gegen die (eigene) Standortgebundenheit

Anmerkungen

Literatur

Zur Autorin

Zitation

 

1. Von zweien, die auszogen, das Hermeneutische zu lehren ...

Die empirische Polizeiforschung in der Bundesrepublik erlebt in den letzten Jahren einen deutlichen Aufwind. Wissenschaftler aus verschiedensten Disziplinen, z.B. der Soziologie, Politologie, Kriminologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft widmen sich mittels vielfältigster methodischer Zugänge und einem weiten Spektrum an Forschungsfragen dem Feld Polizei (vgl. u.a. BEHR 1993, 2000, BORNEWASSER 2002, DREHER & FELTES 1996, FUNKE 1990, KRASMANN 1993, LANGE 2003a, LIEBL & OHLEMACHER 2000, OHLEMACHER, BOSOLD, FIEDLER, LAUTERBACH & ZITZ 2002). Einen eigenen Zugang innerhalb der qualitativen Polizeiforschung vertreten seit ca. 15 Jahren Jo REICHERTZ und Norbert SCHRÖER, die ihre Forschungsarbeiten wissenssoziologisch-methodologisch fundieren (siehe u.a. REICHERTZ 1991, REICHERTZ & SCHRÖER 1992, 1996, 2003). [1]

Der hier zu diskutierende Band fasst die überarbeiteten und erweiterten Vorträge und Kommentierungen einer im Rahmen des Arbeitskreises Innere Sicherheit (AKIS) organisierten Tagung am 22. Juni 2001 zur "Hermeneutischen Polizeiforschung" an der Universität-Gesamthochschule-Essen zusammen. Auf dieser Tagung präsentierten die beiden Herausgeber – Jo REICHERTZ und Norbert SCHRÖER – gemeinsam mit Ute DONK ihren Forschungsansatz, der auf langjährigen Erfahrungen mit empirischen Projekten im Forschungsfeld Polizei basiert und ließen die Methodologie ihrer "Hermeneutischen Polizeiforschung" wie auch die damit gewonnenen empirischen Ergebnisse von Kollegen aus der Polizeiforschung kommentieren. [2]

Allein wegen der nicht oft anzutreffenden Organisationsweise der Tagung verdient dieser Band Beachtung, denn es ist eher selten, dass sich eine Forschergruppe mit ihrem Forschungszugang und den methodologisch-methodischen Hintergründen den informierten Kollegen zur Diskussion und damit auch zur Disposition stellt, um einen Beitrag zum konstruktiven Diskurs über angemessene Verfahren der empirischen Polizeiforschung zu leisten. Dies erfordert einerseits die Bereitschaft und den Mut zur Reflektion der eigenen wissenschaftlichen Arbeitsweise, andererseits aber auch die detaillierte Offenlegung des eigenen Forschungshandelns als Basis dafür, miteinander zu streiten. [3]

Diese beiden Ziele verfolgen REICHERTZ und SCHRÖER mit der nunmehr vorliegenden Veröffentlichung der überarbeiteten Tagungsbeiträge, die die Diskussionen des 11. Workshops des AKIS einem breiteren Publikum zugänglich machen. REICHERTZ und SCHRÖER zu ihrem Anliegen:

"Zum einen wollen wir den Ansatz einer Hermeneutischen Polizeiforschung konzentriert und nachvollziehbar präsentieren. Und zum anderen hoffen wir, über die Konfrontation der von uns vertretenen Position mit den Kritiken der Kollegen einen Beitrag zur Diskussion der unseres Erachtens noch nicht geklärten (und so ohne weiteres wohl auch nicht zu klärenden) Fragen nach dem wissenschaftlich(en) (sic!) Status und nach den geeigneten wissenschaftlichen Verfahren einer Empirischen Polizeiforschung zu leisten." (REICHERTZ & SCHRÖER, S.13)1) [4]

Damit knüpfen REICHERTZ und SCHRÖER an die aktuelle bundesdeutsche Diskussion an, die sich um die Frage dreht, wo sich eine empirische Polizeiforschung eigentlich positionieren kann bzw. soll, ob sie Teil der Soziologie, der Psychologie oder anderer Disziplinen ist, ob sie sich als interdisziplinär versteht oder ob sie empirische Basis einer eigenständigen Polizeiwissenschaft werden sollte (vgl. zu diesem Bestreben u.a. HEUER 2000, 2003; LANGE 2003b; LIEBL 2000; SCHNEIDER 2000; STOCK 2000). Sie greifen weiterhin die andauernde polarisierende Diskussion zwischen einer Polizeiforschung für die Polizei, die Service- und Handlungswissen bereitstellt, und einer Polizeiforschung über die Polizei, die polizeiliche Handlungs- und Denkmuster identifiziert und wissenschaftlich-distanzierter Reflektion zuführt, auf (hier soll weder auf den aktuellen Diskussionsstand noch auf die Positionierung von REICHERTZ & SCHRÖER, S.26ff. eingegangen werden, vgl. dazu u.a. OHLEMACHER in seinem Kommentar, S.140ff., REICHERTZ 2003, S.422ff.). [5]

Der Standpunkt von REICHERTZ und SCHRÖER, dass sowohl die methodischen und methodologischen Hintergründe der bisherigen empirischen Polizeiforschung als auch die Verortung der Polizeiforschung im Feld wissenschaftlicher Disziplinen, sowie die Frage ihres Gegenstandsbezugs und ihres Adressatenkreises weiterer Klärung bedürfen, zielt auf das Sichtbarmachen von Diskurslinien im Forschungsfeld und auf die weitere Entwicklung im Hinblick auf eine systematische Integration der Vielfalt innerhalb der Polizeiforschung (vgl. S.12). [6]

Dieses gegenseitigen Bezuges unter Polizeiforschern und der intensiveren Auseinandersetzung miteinander, insbesondere über methodische Fragen, bedarf es ohne Zweifel, um die bundesdeutsche Polizeiforschung aus der Lage eines unverbundenen Nebeneinanders zum produktiven Miteinander zu führen – der bunte Strauß der Forschungsarbeiten zum Themenfeld Polizei wartet darauf, ein abgestimmtes Bouquet zu werden. In dieser Hinsicht sind die Forschungsarbeiten der Herausgeber dieses Buches ein positives Beispiel einer reflektierten verstehenden Polizeiforschung. Sie liegen mit ihren Arbeiten im Trend einer neueren Entwicklung innerhalb der Polizeiforschung, die sich "von dem alten System des Fliegenbein-Zählens und der Bewertung von polizeilichem Erfolg anhand von Aufklärungsquoten" (FELTES 2003) verabschiedet und der systematischen Analyse der Organisation Polizei zuwendet. [7]

Die Herausgeber REICHERTZ und SCHRÖER leiten das Buch zunächst durch eine eigene programmatische Positionierung der hermeneutischen Polizeiforschung ein, um im Anschluss daran ihr methodisches Vorgehen und empirische Befunde exemplarisch darzustellen. Im darauf folgenden Abschnitt haben die zur Kommentierung aufgeforderten Kollegen das Wort (Thomas OHLEMACHER, Karlhans LIEBL, Günter ENDRUWEIT, Manfred BRUSTEN und Thomas SCHEFFER), die sich kritisch mit der hermeneutischen Polizeiforschung und ihren Grundlagen auseinandersetzen. Abschließend wendet Jo REICHERTZ das hermeneutische Verfahren auf die Präsentation amerikanischer und britischer Profiler an und analysiert deren Selbstdarstellungen mit der Orientierungsfigur des Sherlock Holmes. [8]

Das Vorhaben dieses Tagungsbandes von REICHERTZ und SCHRÖER ist also ein umfangreiches, das Vorgehen ein transparentes und die Orientierung der Herausgeber – dies ist besonders positiv hervorzuheben – auf die (Selbst-) Reflektion und (Selbst-) Kritik des Forschungsansatzes der hermeneutischen Polizeiforschung gerichtet. Um im späteren die empirischen Arbeiten der Essener Polizeiforscher unter Einbezug der Kommentierungen im Band kritisch diskutieren zu können, soll zunächst einmal nachvollzogen werden, wie REICHERTZ und SCHRÖER ihre Position einer hermeneutisch-wissenssoziologischen Polizeiforschung selbst skizzieren (S.17ff.). Aus dieser Rekonstruktion wird es erst möglich, die eigenen Ansprüche der hermeneutischen Polizeiforscher und ihre Umsetzung in Beziehung zu setzen. [9]

Ausgehend von ihrem zutreffenden Hinweis, dass die bundesdeutsche qualitative Polizeiforschung sich bisher nur in Ansätzen herausbilden konnte (nicht zuletzt aufgrund der praxis- und ideologiekritischen Forschung der Kritischen Kriminologie der 1960 und 1970er)2), erwähnen REICHERTZ und SCHRÖER, dass sie selbst Ende der 1980er Zugang zum Forschungsfeld Polizei erhielten. Ihre damalige Standortbestimmung beschreiben die Autoren so: "Wir verstanden uns vornehmlich als qualitative Sozialforscher, die ihr Ziel darin sahen, die von uns vertretene hermeneutische Wissenssoziologie [...] auszuprobieren, weiter auszuarbeiten und zu verfeinern." (Hervorhebung im Original, S.18). Es ging ihnen also nicht primär um das Forschungsfeld Polizei, sondern die Polizei erschien ihnen als geeignetes Beispiel, ihr Forschungsprogramm anzuwenden und weiterzuentwickeln. Diesen Gedanken gilt es hier erst einmal festzuhalten, da er bei der Kritik an ihren empirischen Analysen später wieder aufgegriffen wird. Dieser wissenssoziologische Zugang scheint bis heute die Wahl der Forschungsfragen bei REICHERTZ und SCHRÖER, die Art der Selektion und die dabei vollzogene Ausblendung bestimmter Spezifika polizeilicher Arbeitsfelder zu begründen. [10]

2. Prinzipien einer hermeneutisch-wissenssoziologischen Polizeiforschung

Was verbirgt sich nun hinter dem Konzept einer hermeneutisch-wissenssoziologischen Polizeiforschung? REICHERTZ und SCHRÖER umreißen ihren Ansatz wie folgt: "Der von uns vertretene und für die empirische Polizeiforschung reklamierte hermeneutische Forschungsansatz ist Teil einer sich wissenssoziologisch verstehenden und strukturanalytisch arbeitenden Sozialforschung." (Hervorhebungen im Original, S.22) Ihre Perspektive beschreiben sie als hermeneutisch, weil sie sich bei der Datenanalyse an den Prämissen der hermeneutischen Wissenssoziologie orientiert, d.h. die soziale Wirklichkeit als konstituiert und konstruiert betrachtet und den Handlungsbegriff in den Mittelpunkt stellt. [11]

Damit rückt das (wissenschaftliche, d.h. methodisch kontrollierte) Verstehen des (alltäglichen) Verstehens in den Vordergrund der Analyse. Um das Handeln anderer nachvollziehen zu können, muss eine wissenssoziologisch informierte Sozialforschung die eigene Praxis des Fremdverstehens reflektieren.

"Hermeneutische Wissenssoziologie läßt sich dementsprechend auch begreifen als methodisch eingesetzte Skepsis gegenüber 'positivem Wissen', denn sie zielt ab auf die Erkenntnis der Konstitutionsbedingungen von Wirklichkeit und damit auf die Entzauberung gesellschaftlicher Wirklichkeitskonstruktionen." (Hervorhebung im Original, HITZLER, REICHERTZ & SCHRÖER 1999, S.11). [12]

REICHERTZ und SCHRÖER definieren ihren Zugang als wissenssoziologischen, der

"diesseits von Konstruktivismus und Realismus die Frage untersucht, wie Handlungssubjekte (hier also Polizisten) – hineingestellt und sozialisiert in historisch und sozial entwickelte polizeiliche Routinen und Deutungen und in für die Institution 'Polizei' typische Motive – diese einerseits vorfinden und sich aneignen (müssen), andererseits diese immer wieder neu ausdeuten und damit auch erfinden (müssen)" (Hervorhebungen im Original; S.23).3) [13]

Ihrer Perspektive liegt dabei die Annahme zugrunde, dass das Handeln von Individuen nicht durch ihre äußeren Umstände determiniert ist, sondern dieses Außen erst durch die Deutung des Handelnden relevant wird. "Dieses 'Äußere' besitzt nur dann Kraft und manchmal auch Macht über den Handelnden, wenn es durch ihn und damit auch für ihn Bedeutung erhalten hat." (Hervorhebungen im Original, REICHERTZ 1999, S.332) [14]

Als strukturanalytisch charakterisieren sie ihre Interpretationsarbeit, weil sie beobachtetes polizeiliches Handeln in Beziehung setzen zum institutionellen Bezugsrahmen. Damit beabsichtigen sie einerseits, die "strukturellen Probleme, die alle Polizisten 'lösen' müssen, wenn sie in einem bestimmten Feld als Polizisten handeln" und andererseits "die durch diesen Handlungsrahmen eröffneten (aber auch verschlossenen) Handlungsmöglichkeiten zur 'Lösung' dieser Probleme" (S.23) zu rekonstruieren. [15]

Bereits bei dem hier nur grob skizzierten Forschungsrahmen wird deutlich, dass das Buch von REICHERTZ und SCHRÖER weniger als Einführungs- oder Lehrbuch geeignet ist, sondern vielmehr für methodologisch-methodisch interessierte und mit einem gewissen Vorwissen ausgestattete Leser Auskunft gibt über den aktuellen Stand der Diskussion um eine qualitativ-verstehende Polizeiforschung. Das Buch bietet dem Leser die Chance, die methodologische Fundierung einer hermeneutisch-wissenssoziologischen Sozialforschung nachzuvollziehen und gleichzeitig anhand ihrer Umsetzung im Forschungsfeld Polizei Möglichkeiten und Grenzen der Methode, sowie die damit erzielten Ergebnisse zu erfassen. [16]

Ein lesenswertes und äußerst originell dargestelltes Beispiel für die Reflektionsmöglichkeiten der eigenen Forschungspraxis bei gleichzeitiger Unmöglichkeit, die eigene Perspektivgebundenheit zu überwinden, ist der Beitrag von DONK und SCHRÖER (S.123ff.) in diesem Band zum Feldeinstieg – einmal aus der Perspektive des Feldforschers selbst (Jo REICHERTZ) und zum anderen aus der Sicht eines "Feldbewohners" (S.125), am Beispiel des Leiters einer von REICHERTZ beobachteten Fahndungsabteilung der Polizei. Während sich der Forscher selbst im Spannungsfeld zwischen Parzival und Don Quichotte verortet (S.127, vgl. auch REICHERTZ 1992, S.14), wird er vom Feld eher als Joe Crocodile Dundee (S.128) betrachtet, als zunächst deplazierter, skurriler Soziologe mit ungewöhnlichem Outfit. [17]

Später können anhand empirischer Befunde aus Forschungsprojekten zur polizeilichen Aufklärungsarbeit (REICHERTZ), zur Handlungslogik polizeilichen Vernehmens (SCHRÖER), zur Beschuldigtenvernehmung türkischer Migranten (SCHRÖER) und zu Vernehmungen unter Dolmetscherbeteiligung (DONK) die Möglichkeiten einer hermeneutischen Polizeiforschung betrachtet werden. Zunächst erscheint es jedoch erforderlich, die geschilderte wissenssoziologische Positionierung der Autoren berücksichtigend, die Frage zu beantworten, was, wen und wie hermeneutische Polizeiforscher verstehen wollen, da sich hierbei wesentliche Verknüpfungen zwischen Fragestellungen und empirischen Befunden offenbaren. [18]

3. Was, wen und wie will die hermeneutische Polizeiforschung verstehen?

Die Themen, die die Projektgruppe "Empirische Polizeiforschung" zuerst an der Universität Hagen und ab 1992 an der Universität Essen bearbeitete, beziehen sich nicht auf die Polizei schlechthin, greifen nicht völlig verschiedene Facetten polizeilicher Arbeit auf, sondern kreisen vor allem um Aspekte der kriminalpolizeilichen Ermittlungstätigkeiten und dabei insbesondere um Vernehmungssituationen. Dies verdeutlichen auch die Fragestellungen, die von der Forschergruppe bisher bearbeitet wurden und die z.B. Fragen zur Ermittlung der Kriminalpolizei bei Schwerverbrechen, zur Handlungsstruktur in Vernehmungen, zur Vernehmung nichtdeutscher Beschuldigter und zur Rolle von dabei eingesetzten Dolmetschern oder auch zur Frage des Verurteilungsrisikos deutscher oder nichtdeutscher Beschuldigter thematisieren (vgl. S.25f.). Insofern ist es überraschend, dass REICHERTZ und SCHRÖER selbst ihre Selektion von Fragestellungen hinsichtlich des kriminalpolizeilichen Arbeitsfeldes nicht immer wieder reflektieren, sondern vielmehr implizit der Eindruck erweckt wird, dass ihre Ergebnisse auf das gesamte Spektrum polizeilicher Arbeit zu übertragen seien. Erst dann würde sich auch der übergreifende Begriff der hermeneutischen Polizeiforschung wirklich rechtfertigen. [19]

Es ist jedoch zu vermuten, dass die thematische Entscheidung nicht nur Konsequenzen für die Ergebnisse ihrer Analysen, sondern auch für das Vorgehen und ihre begrifflichen Bestimmungen hat. So begründen REICHERTZ und SCHRÖER ihr Interesse an der Polizei als Forschungsobjekt auch mit einer von ihnen angenommenen Parallelität zwischen dem hermeneutischen und dem kriminalistischen Vorgehen. Nicht nur die Hermeneutik "schlägt sich notorisch mit dem Erkenntnisproblem herum, also mit der Frage, wie neues Wissen von der Welt erworben werden kann" (S.18), sondern "auch die mit kriminalistischer Arbeit betrauten Polizisten pflegen einen hermeneutischen Erkenntnisansatz" (S.19). Diese beiden Ansätze sind dann, so wird argumentiert, nur unterschiedlich akzentuiert: während es den Kriminalisten um die "Entdeckung des besonderen Falles" geht, zielen die Hermeneutiker auf die "Rekonstruktion der 'motivbildenden' Handlungsrahmen" ab (ebenda). [20]

Auf den ersten Blick scheint dies nachvollziehbar, auf den zweiten jedoch diskussionswürdig. Meines Erachtens negiert eine solche Parallelisierung die unterschiedlichen Annäherungsversuche von Kriminalpolizisten und hermeneutischen Sozialforschern. Dem Kriminalpolizisten geht es nicht in erster Linie – so meine ich – um einen verstehenden Nachvollzug der Handlungssituationen, die strafrechtlich von Relevanz sind, sondern er muss das Handeln des oder der Täter(s) vor allem unter Zurechnungsaspekten rekonstruieren. Für ihn stellt sich in erster Linie die Frage, wer, wann, was und wie etwas getan hat, das strafrechtlich von Bedeutung ist. Von dieser Frage der individuellen Zurechnungen von Verantwortlichkeiten ist der (soziologisch geprägte) Sozialwissenschaftler als Beobachter 2. Ordnung – und genau hierin liegt die Chance des externen, soziologischen Blickes – jedoch befreit. Er kann sich losgelöst von wertenden und den Individuen zuzurechnenden Handlungen der Dynamik von Interaktionssituationen, ihrer Emergenz4) gegenüber den Handlungsbeiträgen einzelner analytisch zuwenden. [21]

Aufgrund der Parallelisierung des wissenschaftlichen und kriminalistischen Vorgehens – und an dieser Stelle macht sich die Selektion des kriminalpolizeilichen Aufgabenfeldes als Anwendungsbereich des formulierten Forschungsprogramms bemerkbar – liegt dann die Verwendung des Motivbegriffes wie er bei der polizeilichen Aufklärungsarbeit vonnöten ist, für den wissenschaftlichen Zugang nahe. REICHERTZ und SCHRÖER unterstellen den handelnden Polizisten – wie die Kriminalpolizisten den (potentiellen) Tätern – vorgängige Motive, die sie rekonstruieren möchten, und sehen diese Unterstellung nicht als empirische Frage, die es erst einmal anhand der empirischen Daten zu beantworten gilt. Der zentrale Begriff der "strukturale(n) Motivrekonstruktion" (S.18ff.) oder auch "strukturale(n) Motivierung" (S.22) bei REICHERTZ und SCHRÖER scheint jedoch wenig geeignet, die Differenz zwischen der polizeilichen Aufklärung über individuelle, motivrekonstruierende Zurechnung und der wissenschaftlichen Analyse von Sinn- und Orientierungsmustern, die sich in Kommunikationssituationen (re-) produzieren, zu berücksichtigen. Die Rekurrierung auf den Motivbegriff ist vor allem deswegen problematisch, weil dieser in missverständlicher und von den Autoren unbeabsichtigter Weise den Fokus auf die intendierten Ziele, den individuell gemeinten Sinn der Handelnden lenkt, den man nur als ex post durch die Befragten zugewiesenen erheben kann. [22]

Dann bleibt jedoch nur noch das Hilfsmittel, von einem typisierten Handelnden auszugehen, aus dessen Perspektive das Handeln rekonstruiert wird, damit der Motivbegriff aufrechterhalten werden kann. An anderer Stelle hat REICHERTZ den Motivbegriff auch derart verwendet:

"Die wissenssoziologisch informierte Sozialforschung will rekonstruieren, aufgrund welcher Sinnbezüge gehandelt wurde, wie gehandelt wurde. Zu diesem Zweck zeichnet sie (aus der virtuell übernommenen Perspektive eines typisierten Handelnden) die Bedeutung nach, die das Handeln für den Handelnden hatte. Belanglos ist dabei, ob dem Handelnden zum Zeitpunkt seines Tuns alle diese Bedeutungen klar bewußt waren. Insofern geht es keinesfalls um den empathischen Nachvollzug subjektiv gemeinten Sinns, sondern um die (Re)Konstruktion eines typisierten Sinns." (REICHERTZ 1999, S.333) [23]

Wenn die Analyse sich gerade nicht auf den subjektiv gemeinten Sinn richten soll, dann wird der Motivbegriff meines Erachtens jedoch entbehrlich. [24]

Daraus ergibt sich zudem die Frage, wie auf hermeneutischem Weg polizeiliches Handeln auf organisationale Bedingungen rückbezogen werden kann. Hierfür ist der Motivbegriff äußerst unzureichend, da es "für die Institution 'Polizei' typische Motive" (S.23) – wie REICHERTZ dies formuliert – nicht geben kann. Anschlussfähiger wäre es, nach dem sich in einer bestimmten Situation durch das Handeln der Beteiligten dokumentierenden Sinn zu fragen (vgl. MANNHEIM 1964, S.103ff.). Auf diesen Dokumentsinn, d.h. "jenes die Einzeläußerungen transzendierende und sie zugleich integrierende kollektive Sinnmuster" (BOHNSACK 2000, S.74) zielt das rekonstruktive Verfahren der dokumentarischen Methode nach Ralf BOHNSACK (siehe u.a. BOHNSACK 1997a, 2000; BOHNSACK, NENTWIG-GESEMANN & NOHL 2001). Die Leitunterscheidung zwischen dem immanenten und dem dokumentarischen Sinngehalt zugrunde zu legen, heißt dann, das, was gesagt und damit zum Thema wird, von dem zu unterscheiden, wie ein Thema behandelt wird, was sich in dem Gesagten also über die Orientierungen der Gruppe dokumentiert (vgl. BOHNSACK 1997b, S.499). [25]

Die Überbetonung der Gemeinsamkeiten kriminalistischen und hermeneutischen Vorgehens läuft dann bei REICHERTZ und SCHRÖER konsequent darauf hinaus, letzteres mit ersterem zu kontrastieren und "mit Blick auf die wissenschaftliche Organisation von Aufklärungsarbeit von ihr [Anmerkung A.M.: der kriminalistischen Aufklärungsarbeit] lernen zu können" (S.19). [26]

An den empirischen Beispielen der Essener Gruppe kann im weiteren aufgezeigt werden, dass das Festhalten am Motivbegriff – auf der Basis einer ungenügenden Trennung von kriminalistischer und hermeneutisch-wissenschaftlicher Perspektive – eine sequentielle Rekonstruktion des jeweiligen Geschehens eher verhindert und eine Nähe der Analyse zur Polizeisicht eher begünstigt – worauf auch SCHEFFER in seiner Kommentierung hinweist (S.191ff.). [27]

4. Wie gelingt dieses Verstehen empirisch?

4.1 Implikationen für die Datenerhebung und -auswertung

REICHERTZ und SCHRÖER leiten aus ihrer wissenssoziologisch-hermeneutischen Selbstverortung allgemeine Grundsätze für die Datenerhebung und -auswertung im Rahmen einer qualitativen Polizeiforschung ab, die aber genauso schlüssig auch auf andere Forschungsfelder zu übertragen sind bzw. auch generelle Gütekriterien qualitativer Sozialforschung umfassen (vgl. u.a. STEINKE 1999, S.205ff., 2000). Der Forscher wird von REICHERTZ und SCHRÖER dazu angehalten, eine skeptisch kreative, d.h. eine "abduktive Haltung" (vgl. REICHERTZ 1991) im Sinne der abduktiven Forschungslogik von Charles S. PEIRCE (1991) einzunehmen, d.h. der Forscher sollte sich darum bemühen, "seine 'alten', eingeschliffenen Überzeugungen auf die Probe zu stellen, um ggf. 'neue', tragfähigere Überzeugungen bilden zu können" (REICHERTZ & SCHRÖER, S.23). An anderer Stelle hat REICHERTZ die Abduktion so beschrieben: "ein mentaler Prozess, ein geistiger Akt, ein gedanklicher Sprung, der das zusammenbringt, von dem man nie dachte, dass es zusammengehört" (2000, S.281). [28]

Das verlangt in der Forschungspraxis, die Daten derart zu erheben, dass nicht bereits durch die Anlage der Untersuchung bestehende Überzeugungen über Polizei nur bestätigt werden können. "Die Daten müssen die Eigenschaften eines Wetzsteines besitzen, und der Interpret muss gezwungen sein, seine überkommenen Vorurteile abduktiv ab- oder umzuschleifen." (S.24) Diese Grundposition einer reflexiven, den Forschungsprozess selbst thematisierenden Haltung ist – hier kann den Autoren uneingeschränkt zugestimmt werden – gemeinsam mit einer Grundhaltung der künstlichen Dummheit (vgl. HITZLER 1991) – d.h. der Strategie des Forschers, dass alltägliche, unhinterfragte Wissen zunächst auszuklammern und sich absichtsvoll naiv zu stellen, um jene Selbstverständlichkeiten analytisch zu durchdringen – Basis für das Verstehen fremder Lebenswelten und das Verstehen dieses Verstehensvorgangs. [29]

Kritischer sehe ich in dieser Hinsicht die mit der Favorisierung natürlicher Daten vor quasi-natürlichen (standardisierten) Daten verbundenen Erwartungen der Autoren. Natürliche Daten sind für REICHERTZ – wie er an anderer Stelle formulierte – "noch nicht wissenschaftlich vorgedeutete [...] Gegenstände" (Hervorhebung im Original, REICHERTZ 1999, S.333). Es erscheint jedoch aus erkenntnistheoretischer Sicht wenig gewinnbringend, zwischen natürlichen und künstlichen/quasi-natürlichen Daten zu unterscheiden.5) Diese Unterscheidung vermittelt den nicht zutreffenden Eindruck, dass natürliche Daten sich dem Wissenschaftler und von ihm unbeeinflusst, als äußere Gegebenheiten förmlich aufdrängen, wie dies auch SOEFFNER andeutet, indem er natürliche Daten als "nicht von Wissenschaftlern für einen bestimmten Zweck methodisch kontrolliert-'künstlich' hergestellt" (1999, S.46, FN 7) charakterisiert. Unabhängig davon, ob Erhebungssituationen zu Forschungszwecken initiiert wurden oder als Alltagshandeln im Forschungsfeld zu beobachten sind, ist die Erhebung selbst bereits ein interpretativer wissenschaftlicher Akt, in dem sich die selektive Aufmerksamkeit des standortgebundenen Wissenschaftlers dokumentiert. Der Forscher entscheidet also unhintergehbar immer selbst, was beachtenswerte Gegenstände sind und deutet sie somit vor. Durch seine Selektion werden sie erst zu Gegenständen wissenschaftlichen Interesses (vgl. MEINEFELD 2000, S.268f.). [30]

Die als natürlich deklarierten Daten werden von REICHERTZ und SCHRÖER in einem zirkulär angelegten Feldforschungsprozess erhoben, in dem sich Phasen der Beobachtung im Handlungsfeld Polizei – die sich von einer am Beginn unstrukturierten zu einer strukturhypothetisch fokussierten Aufmerksamkeit im weiteren Prozess entwickeln – und Phasen der Dateninterpretation abwechseln, bis das Material im Sinne des theoretical sampling (vgl. GLASER & STRAUSS 1967) gesättigt scheint. [31]

Die Auswertung des Datenmaterials erfolgt dann bei REICHERTZ und SCHRÖER überwiegend im Rahmen von Einzelfallanalysen. Dies begründen die Autoren damit, dass "der handlungstypspezifische Bezugsrahmen für die Motivbildung der Polizisten allein in den Besonderheiten der von ihnen ausgehenden Handlungen zum Ausdruck kommt und erfahrbar ist" (S.25). Der oben bereits kritisierte Motivbegriff lenkt hier den Fokus auf das Einzelfallspezifische. Die primäre Orientierung an Einzelfällen ist jedoch nicht zwingend. So wäre als Alternative ein Vorgehen denkbar, dass ebenfalls spezifische Fälle bzw. Situationen in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Beobachtung stellt, daraufhin aber stärker mit fallinternen und fallexternen Kontrastierungen arbeitet, um den Kontrast in der Gemeinsamkeit bzw. die Gemeinsamkeit im Kontrast herauszuarbeiten (vgl. die Bedeutung der komparativen Analyse in der dokumentarischen Methode, u.a. BOHNSACK 1997a, S.201, siehe auch die Kommentierung von OHLEMACHER 2003, S.143). [32]

4.2 Empirische Befunde

Nach der umfangreichen Besprechung der methodologischen Grundlagen und der methodischen Herangehensweise der hermeneutischen Polizeiforschung soll zumindest ein kurzer Blick auf die Ergebnisse der Forschungsarbeiten geworfen werden, die in diesem Band versammelt sind. Auch wenn es interessant wäre, die einzelnen Untersuchungen eingehender zu betrachten, so kann dieser Blick dennoch guten Gewissens ein flüchtiger bleiben, da bereits in Form der Kommentierungen durch Kollegen im Anschluss an die Beiträge der hermeneutischen Polizeiforscher (ab S.139) im Buch selbst Außenperspektiven eingeführt und Kritikpunkte artikuliert werden, zum anderen die Autoren durch die Literaturverzeichnisse im Anhang zu ihren Beiträgen eine weitergehende Information erleichtern. Daher sollen an dieser Stelle nur ein paar Facetten der forschungspraktischen Umsetzung der hermeneutischen Perspektive zur Sprache gebracht werden. [33]

Ausgehend von der zutreffenden Erkenntnis, dass gesetzliche Grundlagen und polizeiliche Handlungspraxis voneinander abweichen, wirft Jo REICHERTZ die Frage auf, "ob dieses Auseinanderklaffen von gesetzlicher Vorgabe und konkreter Handlungspraxis vor Ort Resultat einer ungenügenden Durchsetzung der organisatorischen Vorgaben (also letztlich eines Managementfehlers) ist oder ob diese Abweichung nicht nur sinnhaft, sondern auch sinnvoll ist" (S.40). Im Rahmen seiner Untersuchung von Kommunikationsprozessen innerhalb der Kriminalpolizei, genauer einer Fahndungsabteilung, zeichnet REICHERTZ die Platzierung der Organisationsmitglieder zueinander, die dadurch ermöglichten bzw. verhinderten Kommunikationsstrukturen und die Sinnhaftigkeit dieser nach. Ihm gelingt die Rekonstruktion der Kommunikationsstruktur – man möchte eher von Kommunikationskultur reden6) – vor allem am Beispiel der Bedeutung der "Teeküche" als Kommunikationszentrum der Ermittlungsbeamten (S.45ff.). REICHERTZ beschreibt die typischen Interaktionsmuster der Ermittler – wie z.B. die autonome Bildung wechselnder Teams (S.47), die gleichzeitig zelebrierte und dementierte Hierarchie (S.48), die informelle, kontingente Art des Wissensaustauschs (S.49) und die Vermehrung von Sinn durch Deutungskonkurrenz zwischen den Ermittlern (S.57), hinter denen er das Ziel der "systematische(n) Produktion eines kreativen Chaos" (ebenda) ausmacht. Seine organisationssoziologischen Überlegungen – im Sinne einer Verschränkung von System- und Akteursperspektive – sind mehr als interessant und könnten auf andere Fragestellungen und Themengebiete übertragen (mittels einer systematischen Fallkontrastierung) neue Möglichkeiten einer qualitativen Organisations(kultur)forschung eröffnen. [34]

Norbert SCHRÖER beschäftigt sich in seinen beiden Beiträgen mit der Vernehmungssituation, da er hier in der Bundesrepublik erheblichen Forschungsbedarf ausmacht (S.62). In seinem ersten Beitrag thematisiert er "die Probleme, denen sich ein Vernehmungsbeamter bei der Wahrheitserforschung in Beschuldigtenvernehmungen in Anbetracht eines vorgegebenen Handlungsrahmens zwingend zu stellen hat, die er 'lösen' muß und die sein Handeln von daher in typischer Weise leiten" (S.63). Mit der Interpretation von Auszügen aus Tonbandprotokollen polizeilicher Beschuldigtenvernehmungen kann – nach SCHRÖER – die in der Vernehmungsforschung etablierte Annahme erschüttert werden, dass die Definitions- oder Aushandlungsmacht sozusagen qua Definition bei den Vernehmungsbeamten liegt (S.64). Die Feinanalyse der Datenmaterialien zeigt, so SCHRÖER, dass der Vernehmungsbeamte "Beziehungsarbeit" (S.72) leisten muss, d.h. er muss sich so verhalten, dass der Beschuldigte in einen kooperativen Zusammenhang eingebunden werden kann und z.B. nicht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht. Eine tragfähige, kooperative Beziehung ist jedoch insbesondere dann gefährdet, wenn die Beschuldigten nicht Teil des (kulturellen) Erfahrungshintergrundes der Vernehmungsbeamten sind, wie dies z.B. bei türkischen Migranten der zweiten und dritten Generation der Fall ist. Für einen türkischen Migranten repräsentiert der Polizeibeamte "eine öffentliche Ordnung, der er nicht angehört, aus der er sich gerade mit Hilfe dieses Polizeibeamten immer wieder von neuen ausgegrenzt sieht und der so letztlich seine Integration hintertreibt" (S.74). Darauf reagieren die türkischen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen mit Misstrauen und Sensibilität für die "Überrumpelungsversuche" (ebenda) der Polizisten, denen gegenüber sie sich zur Wehr setzen. [35]

In seinem zweiten Beitrag setzt sich SCHRÖER mit dieser Konstellation – deutsche Vernehmungsbeamte und türkische Migranten – noch einmal eingehender auseinander, und zwar vor der Frage der dort zu bewältigenden Kommunikationsprobleme aufgrund interkultureller Unterschiede. Im Zentrum seiner Untersuchung steht dabei die Frage, "inwieweit die Übernahme von Interaktionsverpflichtungen bei den türkischen Migranten an der Nichtanpassung kulturspezifischer Grundorientierungen scheitert" (S.82) und divergierende Wert- und Normenvorstellungen "Ausgangspunkt für handlungsrelevante interkulturelle Mißverständnisse sind" (ebenda). [36]

Anhand eines geschilderten Einzelfalls7) demonstriert SCHRÖER das von ihm als vorrangig beschriebene Reaktionsmuster der türkischen Migranten:

"Die türkischen Beschuldigten ließen sich trotz ihrer weitreichenden kommunikativen Anpassung nicht zu den von den deutschen Vernehmungsbeamten vorgegebenen kommunikativen Bedingungen in eine kooperative Haltung hineinzwingen, sondern sie bestanden implizit und moderat auf eine sachliche Aushandlung des zur Debatte stehenden Sachverhalts." (S.87) [37]

Bei aller notwendigen Kürze wäre es bei dieser pointierten Ergebnisformulierung für den Leser doch transparenter gewesen, wenn SCHRÖER seine Interpretation an Auszügen aus weiteren Vernehmungen belegt hätte. Die Schlussfolgerung SCHRÖERs, dass die Ermittlungshaltung einen Beschuldigtentyp voraussetzt, der Polizisten "selbstverständlich als Hüter der allgemeinen rechtlich normierten Moral akzeptiert, und für den es genauso selbstverständlich ist, daß diese Hüter die allgemeine Moral auch mit autoritären und erzieherischen Mitteln schützen" (S.93), könnte dadurch überzeugender verdeutlicht werden. [38]

Zu hinterfragen ist meines Erachtens jedoch die allzu schnelle Bereitschaft, Auskünfte der mit der türkischen Kultur vertrauten Co-Interpreten als Interpretation zu übernehmen, wie z.B.: "Ein türkischer Beschuldigter erwartet – so die einhellige Auskunft 'meiner' Co-Interpreten –, daß die Polizei ihn als Person degradieren und irgendwie versuchen wird, ihn zu überrumpeln." (Hervorhebung im Original, S.95) Das durchaus lobenswerte Unterfangen, die eigene Perspektivenbeschränkung durch Hinzuziehen türkischer Co-Interpreten zu erweitern, darf jedoch nicht zur unreflektierten Adaption der von ihnen angebotenen Erklärungsmuster führen. Sie sind kein Allheilmittel zur Beseitigung eigener blinder Flecke, denn wenn dem so wäre, dann wäre die Analyse deutsch-deutscher Vernehmungssituationen als trivial, sich quasi aufgrund eines gemeinsamen kulturellen Hintergrundes von beobachteten Akteuren und Interpreten automatisch ergebend zu betrachten, sowie die Analyse unter wissenssoziologischen Gesichtspunkten gar nicht nötig. Dass Fremdverstehen immer ein komplexeres Unterfangen ist, haben REICHERTZ und SCHRÖER mit ihrer Positionierung in dem hier besprochenen Herausgeberband eingangs jedoch deutlich dargelegt. Die Meinungen der Co-Interpreten geben zunächst einmal Aufschluss über deren Bilder von türkischen Beschuldigten, die in den Interpretationsprozess einbezogen werden. Deren Interpretationen könnten auch Gegenstand einer eigenständigen Analyse sein; dies wäre jedoch ein völlig anders gelagertes Forschungsunterfangen. [39]

Zudem scheint mir SCHRÖER in seinen formulierten Schlussfolgerungen (S.96f.) zu vernachlässigen, um welche Situation es sich handelt – nämlich jene, in der sich der türkische Migrant als Beschuldigter einer Straftat wiederfindet. SCHRÖER hat bei den von ihm gezogenen Konsequenzen selbst die Verbesserung der bestehenden polizeilichen Ermittlungsroutinen im Auge. So legt er nahe, "Ermittlungsroutinen zu entwickeln, mit denen die Auffassungsperspektive der Migranten berücksichtigt ist" (S.97). Das verständliche Anliegen, einen Ausblick aus den eigenen Forschungsergebnissen zu formulieren, wirft jedoch die Frage auf, warum dies erforderlich ist, wenn die Beschuldigten mit ihrem bisherigen Vorgehen mehr oder weniger erfolgreich sind. Anders formuliert: Wessen Perspektive vertritt SCHRÖER und wem nützt ein solches Plädoyer? Vielleicht dokumentiert sich hierin nur die potenzierte Schwierigkeit des Selbst- statt des Fremdverstehens wissenschaftlicher Beobachter? Man könnte mit Ute DONK das Ziel der Interpretationen von kulturell einsozialisierten Co-Interpreten, um die jeweils kulturspezifischen Ausprägungen von Handlungsregeln zu rekonstruieren, eher bescheidener formulieren als Orientierungsmöglichkeit und "Verständnis bis auf weiteres" (S.104). [40]

Ihre im Band wiedergegebene Untersuchung zur dolmetschergestützten Ermittlungsarbeit fokussiert auf die besondere (strukturelle) Problemlage, wenn in einer Kommunikationssituation zwischen dem Vernehmungsbeamten und dem Beschuldigten ein Mittler – der Dolmetscher – geschaltet wird, dessen Stellung im Verfahren weitgehend unbestimmt ist. Auch DONK hat über ein halbes Jahr Polizeiarbeit intensiv beobachten und Vernehmungen deutscher und ausländischer Beschuldigter auf Tonband aufnehmen können (S.103). Das Problem einer zwischengeschalteten Person galt dann nicht nur für die Vernehmungssituation, sondern auch für deren Analyse, da die fremdsprachlichen Äußerungen in den Tonbandprotokollen zunächst von Übersetzern ins Deutsche übertragen werden mussten (vgl. S.103). Auch hier wäre ein wissenssoziologisches Hinterfragen der Interpretationen angemessen (was kann interpretiert werden, wenn die ursprünglichen Konnotationen durch Übersetzungen nur eingeschränkt erfasst werden können?). [41]

In den Vernehmungen steht der Vernehmungsbeamte – nach DONK – vor der doppelten Aufgabe, sich einerseits "Aufschluß über eventuell vorhandene deutsche Sprachkenntnisse des Beschuldigten" (S.105) – z.B. über versteckte Sprachtests – zu verschaffen, andererseits jedoch auch eine Form der Zusammenarbeit mit dem Dolmetscher zu finden (S.106). Die von DONK angegebenen Transkriptionsauszüge, die beispielhaft verdeutlichen sollen, wie die Vernehmungsbeamten die deutschen Sprachkenntnisse der Beschuldigten ausloten (S.107), sind jedoch äußerst voraussetzungsvoll. Die sehr kurzen Sequenzen werden weitreichend ausgedeutet und auch hier scheint die Praxis von Motivunterstellungen eher hinder- als förderlich. (vgl. S.107: "Gleichzeitig kann der vernehmende Beamte damit vermerken, daß diesem Dolmetscher kaum kriminalistisches Gespür unterstellt werden darf, da er den (impliziten) Sprachtest nicht mitgetragen, sondern durch seinen direkten Einsatz sogar unterlaufen hat.") [42]

Ebenso wirkt das Beispiel (S.108f.), wie ein Dolmetscher die Rolle eines Hilfspolizisten übernimmt und durch "seine denunziatorische Haltung dem Beschuldigten gegenüber" dessen Vertrauen "verspielte" (S.108), willkürlich an jener Stelle abgebrochen, an der man erst anhand der weiteren Entwicklung des Gesprächs den nach DONK eingetretenen Vertrauensverlust seitens des Beschuldigten gegenüber dem Dolmetscher aufzeigen könnte. Ute DONK unterscheidet im Weiteren vororientierte (von Dritten für den Fall einer polizeilichen Vernehmung instruierte Personen, z.B. Arbeitgeber, die sie illegal beschäftigten) von nicht vororientierten Beschuldigten (S.111ff.). Für erstere schafft die Teilnahme eines Dolmetschers einen Zeitgewinn, er kann die Verständigungssituation für seine Verteidigungsinteressen souverän nutzen (vgl. S.113), letztere hingegen reagieren mit Verunsicherung und ihr Vertrauen in den Dolmetscher kann sich sogar negativ für sie auswirken (vgl. S.114f.). Dies hat, worauf DONK abschließend hinweist, Konsequenzen für den Ermittlungserfolg der Polizeibeamten. Von ihnen werden die enorm zeit- und personalaufwendigen Vernehmungen nichtdeutscher Beschuldigter als äußerst unergiebig erlebt (S.119). [43]

Dieser Schnelldurchlauf durch die im Buch präsentierten Befunde einer hermeneutischen Polizeiforschung konnte, so hoffe ich, zeigen, dass die Ergebnisse ohne Zweifel eine Vielschichtigkeit und Tiefgängigkeit aufweisen, die beste Reklame für eine qualitative Polizeiforschung sind. Gleichzeitig verdeutlichen sie aber auch, dass eine wissenssoziologisch-hermeneutische Perspektive nicht nur mit dem Problem eines systematischen Fremd- sondern auch eines Selbstverstehens umgehen muss. Letzteres scheint zumindest in einzelnen Interpretationen noch ausbaufähig. [44]

5. Kommentierung der Kommentierungen

Auch wenn es verführerisch ist, zu einer umfangreichen Kommentierung zweiter Ordnung, einer Kommentierung der Kommentierungen anzusetzen, soll dieser Versuchung widerstanden werden. Nur einige wenige Aspekte der Anmerkungen möchte ich reflektierend betrachten, vor allem jene – dies ist der Fluch einer Besprechung wissenschaftlicher Texte –, in denen sich Dissens zu den hermeneutischen Polizeiforschern zeigt. Zunächst einmal bleibt vorweg festzuhalten, dass Kommentierungen mehr über den Kommentierenden als über den Kommentierten aussagen. Dies gilt natürlich auch für diese Rezension, die den Standort der Rezensentin, ihre Anschlussfähigkeiten offen legt und versucht, sie ins Verhältnis zu denen der Rezensierten zu setzen. (Dies macht Rezensionen keineswegs untauglich, entkleidet sie aber ihrer verheißungsvollen Gewänder, so dass dahinter die nackte Rezensentin zum Vorschein kommt.) Anhand der Argumentationen der zum Kommentar aufgeforderten Polizeiforscher kann man eine größere Ferne zu der Perspektive von REICHERTZ und SCHRÖER (vgl. die Kommentierungen von ENDRUWEIT und BRUSTEN) oder eine stärkere Nähe (wie in der Kommentierung von SCHEFFER) identifizieren. [45]

Bereits genannte Kritikpunkte finden sich im Kommentar von Thomas OHLEMACHER, der die Frage formuliert: "Was spricht gegen die Analyse von Handlungen (nicht: Handlungsmotivationen) und die Analyse von Effekten polizeilichen Handelns? Ist dies (dann) keine Soziologie (mehr)?" (Hervorhebung im Original, S.143) Zudem greift auch er die Fragwürdigkeit der Unterscheidung natürlicher und quasi-natürlicher Daten auf, verweist auf die Notwendigkeit der Verknüpfung von Einzelfallanalysen mit Kontrastierungsfällen (vgl. S.143) und betont die Bedeutung des Verstehens eigener wissenschaftlicher Verstehensprozesse (S.145). [46]

Karlhans LIEBL stört sich in seiner Argumentation vor allem daran, dass REICHERTZ und SCHRÖER die Polizei als Erprobungsfeld ihrer hermeneutischen Wissenssoziologie benennen und leitet daraus die Frage ab, ob ihre Herangehensweise überhaupt als Teil empirischer Polizeiforschung aufzufassen ist bzw. aufgefasst werden will (vgl. S.150). Er kritisiert aus einer deutlichen Nutzenperspektive für die Polizei und verkennt meines Erachtens das Potential einer verstehenden, (zunächst) auf Praxis- und Gesellschaftskritik verzichtenden Perspektive, wenn er bemängelt, dass "eine Art 'werturteilsfreie Polizeiforschung' ohne 'Einmischung' schnell zu einer 'l'art pour l'art'-Forschung führen dürfte, deren Relevanz für die Erforschung des Feldes 'Polizei' ansonsten mehr als fraglich erscheint" (S.152). Nicht nachvollziehbar bleibt seine Forderung nach einer "kritische(n) undistanzierte(n) Polizeiforschung" (Hervorhebung im Original, S.159). [47]

Günter ENDRUWEIT setzt in seiner Kritik Hermeneutik und objektive Hermeneutik gleich (vgl. S.162) und scheint auch sonst verschiedenen Missverständnissen bezüglich der Fragestellungen und Zielsetzungen qualitativer Sozialforschung aufzusitzen, so schreibt er etwa bei seiner Gegenüberstellung von Hermeneutik und Analytik, dass man mit dem hermeneutischen Vorgehen "Wenn-dann-Hypothesen in den Griff kriegen (kann); aber für die praktisch und theoretisch interessanteren Je-desto-Hypothesen bietet die qualitative Datensammlung keine Basis mehr" (S.167) oder sieht – in Verkennung einer abduktiven Haltung – die Schwierigkeit für den hermeneutischen Forscher darin, dass er "dazu sämtliche Theorien kennen muss, um Neues vorführen zu können" (S.169) bzw. bezeichnet das hermeneutische Vorgehen in seinen Praxiskonsequenzen gar als nichtreaktiv (vgl. S.170). [48]

In dem Kommentar von Manfred BRUSTEN ("Der Polizei auf's Maul geschaut?") offenbart der Autor seine Distanz zu einem methodisch-reflektierten qualitativen Vorgehen. Das Qualitätskriterium einer Konzentration auf Alltagshandeln, das mittels Feinanalyse sinnhaft rekonstruiert und einem Fremdverstehen zugänglich gemacht werden soll, wird somit zum Einwand: "Die Fokussierung der 'hermeneutischen Polizeiforschung' auf das Alltagshandeln und die Alltagssprache der Polizeibeamten reduziert die wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf einen Mikro-Kosmos unmittelbarer Interaktionen zwischen relativ wenigen Personen." (S.176) Auch die wesentliche Grundlage einer wortgetreuen Transkription wird als "Gebrabbel", dass "einen gewissen voyeuristischen Reiz" (S.180) hat oder als "gestammelte Wort- und Satzfetzen" (S.182) verunglimpft. Sich auf Polemik einlassend, möchte man BRUSTENs Anmerkung, dass "die 'Enterprise der kritischen Kriminologie' ... ihre Mission auf diesem Stern der Galaxis noch längst nicht erledigt" hat (S.183), entgegenhalten, dass dieses Missionsverständnis nicht die Lösung, sondern das Problem selbst darstellt. [49]

Am intensivsten lässt sich Thomas SCHEFFER auf die Ideen und Zielsetzungen einer hermeneutischen Polizeiforschung ein und versucht den strukturanalytischen Ansatz an dessen eigenen Kriterien zu messen – auch wenn sein Hinweis zutreffend ist, dass es gewinnbringender wäre, "einen Situationstypus (z.B. das gedolmetschte Verhör) in verschiedene Methoden- und Theoriesprachen zu übersetzen, um auf diese Weise die Adäquatheit, Selektivität und den Entwicklungsbedarf"(S.187) der Konzepte aufzuzeigen, als auf einer Tagung eine Methode (Hermeneutik) in ihren Stärken für verschiedene Forschungsfragen zu diskutieren. SCHEFFER betont (konträr zu BRUSTEN), dass sich die Essener Arbeiten wohltuend von einer "kritischen Erstarrung" abheben, die, statt Überraschungen zu ermöglichen, vorgefasste politische Meinungen reproduziert (S.188). In seinem Kommentar kritisiert er zutreffend, dass aber auch Stärken des hermeneutischen Zugangs verschenkt werden "durch eine mangelnde Konsequenz im Forschungsdesign (die Situation selbst steht nur phasenweise im Zentrum der Analyse), durch ein going native (Kategorien und Sichtweisen aus der Polizeiarbeit werden unkritisch übernommen) und durch einen asymmetrischen Forschungsansatz (Problemfixierung, statt Benennung von Leistungen und Stärken)" (S.190). [50]

SCHEFFER schlägt dazu vor, die Fragestellung ethnomethodologisch zu wenden: "Wie wird, so ließe sich fragen, trotzdem und erfolgreich Verständigung möglich gemacht und ein kommunikables, in der Polizeiorganisation akzeptiertes, den Normen adäquater Polizeiarbeit entsprechendes Ermittlungsergebnis erzielt?" (ebenda). Dieser Fokus auf die situativen Leistungen (z.B. in Vernehmungssituationen) könnte auch die bereits oben beschriebene Nähe zur Polizeisicht überwinden helfen, denn nicht nur die Polizeiarbeit, sondern auch die "Gesprächsarbeit", nicht nur die Ermittlungsinteressen, sondern auch die der Beschuldigten (S.192) sind für die Analyse von Relevanz und könnten in eine "Typisierung von Interaktionssequenzen" (S.193) überführt werden. Pointiert fasst SCHEFFER seinen zentralen Kritikpunkt, dem uneingeschränkt zugestimmt werden kann, abschließend zusammen: "Was im strukturanalytischen Ansatz zu kurz kommt, ist der sequentielle Nachvollzug des Geschehens aus den jeweiligen Teilnehmer-Perspektiven." (S.194) Insbesondere mit diesem letzten Kommentar werden zahlreiche Hinweise zu einer Weiterentwicklung und reflexiven Überarbeitung des Vorgehens einer hermeneutischen Polizeiforschung eröffnet. [51]

6. Resümee: Mit der (eigenen) Standortgebundenheit gegen die (eigene) Standortgebundenheit

Was bleibt als Resümee? Auf jeden Fall der Eindruck, dass Jo REICHERTZ und Norbert SCHRÖER mit dem Band "Hermeneutische Polizeiforschung" ihren elaborierten Ansatz innerhalb der qualitativen Polizeiforschung in kompakter Form dem interessierten und vorinformierten Leser präsentieren, indem sie einerseits die methodologisch-methodischen Grundlagen, andererseits aber auch die empirische Umsetzung darzustellen wissen. Sie haben zudem durch die angefügten Kommentare der Kollegen die Möglichkeit einer (selbst-) kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Forschungsperspektiven eröffnet, die wiederum – so ist zu hoffen – Anschlussdiskurse erzeugt. Ihnen ist es gelungen, die von ihnen zu Recht als misslichen Zustand beschriebene fehlende "eigene Debatte um relevante Theorien und Konzeptualisierungen, um eine angemessene Methodologie und Methode, um die Reichweite und die Grenze der Forschung" (S.29) mit diesem Buch nicht nur erneut anzustoßen, sondern auch um wesentliche Argumente zu erweitern. [52]

Ihr Forschungsprogramm könnte – auf der Basis meiner bisherigen Argumentation – weiterentwickelt werden, indem man sich vom Motivbegriff verabschiedet, der primär auf den individuell gemeinten Sinn von Handlungen ausgerichtet ist (auch wenn REICHERTZ und SCHRÖER ihn teilweise anders wenden), der daher Missverständnisse und Unklarheiten erzeugt und sich stattdessen den situationsspezifisch realisierten Handlungs- und Orientierungsmustern, die sich von den Intentionen der einzelnen lösen, zuwendet. [53]

Das Verfahren einer wissenssoziologisch-hermeneutischen Forschung müsste nun auch auf andere polizeiliche Arbeitsbereiche – außerhalb der kriminalistischen Ermittlungstätigkeit – übertragen werden, in denen (mutmaßlich) eine andere Handlungslogik herrscht. So ist es im schutzpolizeilichen Arbeitsbereich, in dem die unterschiedlichsten Einsatzsituationen unter Zeit- und Handlungsdruck bewältigt werden müssen und damit die unmittelbare Einschätzung der jeweiligen Situation durch die Polizeibeamten entscheidende Bedeutung gewinnt, vielleicht offensichtlicher, dass aus einer verstehenden Perspektive eine Situations- statt eine Motivrekonstruktion angemessener erscheint. Meine eigenen Forschungserfahrungen zu polizeilichem Handeln in Einsatzsituationen des privaten Konflikts (vgl. FIEDLER 2001) bestätigen dies. [54]

Eingedenk der Tatsache, dass Fremdreflexion einfacher zu bewerkstelligen ist als Selbstreflexion (irgendwann hat die Thematisierung der eigenen Forschung ihr Ende, um weiterhin forschend tätig zu sein und sich nicht in endloser Selbstbespiegelung zu paralysieren), sind die hermeneutischen Polizeiforscher auch weiterhin zu ermuntern, ihre eigene Perspektivengebundenheit oder "Interpretationsimprägniertheit" (LENK & MARING 1997, S.210) explizit zu berücksichtigen. [55]

REICHERTZ hat die Verabschiedung vom Überlegenheitsgedanken der wissenschaftlichen vor der Alltagsbeobachtung selbst prägnant formuliert:

"Eine solche reflexiv gewordene Wissenssoziologie reserviert (ob sie nun möchte oder nicht) für eine (wie auch immer geartete) empirische Forschung nicht mehr einen exklusiven Zugang zu gültigen Aussagen, sondern zeigt deren nicht aufhebbare Perspektivität in jeder Beobachtung wie in jeder Äußerung." (REICHERTZ 1999, S.327) [56]

Das heißt aber auch – und hier komme ich auf den noch nicht weiter erwähnten, jedoch äußerst lesenswerten und selbst spannend wie ein Krimi verfassten letzten Beitrag des Bandes von Jo REICHERTZ über die Mythenbildung der Crime-Profiler zurück (S.199ff.) – diese Einsicht in sozialwissenschaftliche Bescheidenheit selbst immer wieder zu realisieren. Die Einsicht in die Beschränkung der Motivrekonstruktion, die REICHERTZ für die Profiler identifiziert, die die Erzählungen von Tätern auf die handlungsauslösenden Motive hin untersuchen, gelten dann selbstverständlich auch für die rekonstruierenden Sozialforscher (vgl. S.219f.). [57]

So wie die Schlussfolgerungen der Profiler nicht immer zutreffend sind, was jene auch bezogen auf die Prognosen anderer einräumen (vgl. S.228), so skeptisch sollte auch der Sozialforscher (und insbesondere der wissenssoziologische) mit seinen eigenen Gewissheiten umgehen. Auch wenn ich die Parallelisierung von Kriminalisten und Hermeneuten, wie sie REICHERTZ und SCHRÖER vornehmen (vgl. u.a. S.19), nicht teile, so bleibt ihnen jedoch eine entscheidende Gemeinsamkeit. "Profiler [oder hermeneutische Polizeiforscher, Anmerkung A.M.] sind also keine Super-Polizisten [oder Super-Beobachter, Anmerkung A.M.], die 'kommen, sehen und siegen'." (S.228) [58]

Anmerkungen

1) Sofern es sich um Verweise auf das hier rezensierte Buch handelt, werden der Einfachheit halber künftig an eindeutigen Stellen nur die Seitenzahlen angegeben. <zurück>

2) An dieser Stelle kann nicht näher auf die Forschungsarbeiten der Kritischen Kriminologie in dieser Zeit eingegangen werden. Eine der bekanntesten Studien der damaligen Zeit, die die Kriminalisierung durch die Instanzen sozialer Kontrolle thematisierte und damit das Etikett des "Kriminellen" als variabel und an die von den Polizeibeamten dem polizeilichen Gegenüber zugebilligte Beschwerdemacht gebundenes sah, ist die Untersuchung von FEEST und BLANKENBURG "Die Definitionsmacht der Polizei" (1972). Die Polizisten sahen sich durch den Vorwurf, selbst die Quelle einer als selektiv entlarvten Kriminalisierung zu sein, diffamiert. Die Organisation Polizei zog daraus vor allem die Konsequenz, sich in den Folgejahren einem sozialwissenschaftlichen (Ein-) Blick zu verweigern. <zurück>

3) Die Frage, ob ein wissenssoziologischer Zugang als tertium datur zu Realismus und Konstruktivismus gesehen werden kann, soll hier nicht näher erörtert werden. Anzumerken ist jedoch, dass die Gleichzeitigkeit von vorfindbaren (konstruierten) und erfundenen (zu konstruierenden) Strukturen nicht jenseits jeglicher konstruktivistischer Denkweisen liegt. <zurück>

4) Emergenz meint "jene Eigenschaften eines Systems, die aus den Eigenschaften seiner Elemente nicht erklärbar sind, die mithin neu und charakteristisch nur und erst für die Ebene des jeweiligen Systems sind" (WILLKE 1993, S.278). <zurück>

5) REICHERTZ selbst hat zu einem früheren Zeitpunkt die Unterscheidung von natürlichen und künstlichen Daten bereits einmal verworfen. "Bringt es etwas, zwischen 'natürlichen' und 'künstlichen' Daten zu unterscheiden, zwischen 'qualitativen' und 'quantitativen', 'harten' und 'weichen'? Sinnvoller erscheint mir dann schon die Differenz zwischen Daten, welche von der untersuchten Gruppe produziert und denen, welche von dem/den Untersuchten konstruiert wurden." (1991, S.148) <zurück>

6) Der Strukturbegriff erfasst nur unzureichend, die im Rahmen kommunikativer Situationen mittransportierten Bedeutungen, die gegenseitigen Versicherungen der Beteiligten, sich auf geteilte Werte berufen zu können. Dies könnte eher durch einen Kulturbegriff kenntlich gemacht werden, der Organisationskultur begreift als "die Gesamtheit der im Unternehmen (in einer Organisation) – bewußt oder unbewußt – symbolisch oder sprachlich tradierten Wissensvorräte und Hintergrundüberzeugungen, Denkmuster und Weltinterpretationen, Wertvorstellungen und Verhaltensnormen, wie sie im Denken, Sprechen und Handeln der Unternehmensangehörigen (Organisationsangehörigen) regelmäßig zum Ausdruck kommen" (HOLLEIS 1987, S.17). Damit wird die Organisationsstruktur zu einer möglichen Orientierung neben anderen. <zurück>

7) Anhand der Transkriptionsauszüge (vgl. S.85, 90, 91f.) ließen sich noch andere interpretationsbedürftige Elemente der Interaktion aufzeigen, wie z.B. die Tatsache, dass der Vernehmungsbeamte (Vb) den Beschuldigten (D) duzt, dieser jedoch fortfährt, ihn zu siezen. Auch auf performativer Ebene kann eine kooperative Beziehung derart nicht hergestellt werden. <zurück>

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Zur Autorin

Anja MENSCHING (Dipl.-Kriminologin, Dipl.-Sozialpädagogin [FH],) ist derzeit Promotionsstipendiatin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen in Hannover und arbeitet dort mit qualitativer Methodik (Gruppendiskussionen, Interviews) im Projekt "Polizei im Wandel". Ihr Dissertationsvorhaben beschäftigt sich mit dem Thema der Binnenverhältnisse bzw. Organisationskulturen innerhalb der Polizei. Dabei werden Gruppendiskussionen und Interviews mit Polizeibeamt/-innen geführt, um sich der Frage nach Sinn- und Orientierungsmustern von Polizist/-innen im innerorganisatorischen Austausch zu nähern.

Forschungs- und Interessenschwerpunkte: Methoden qualitativer Sozialforschung (insbesondere Gruppendiskussionsverfahren), Wissenssoziologie, empirische Polizeiforschung (insbesondere polizeiliches Selbstverständnis, polizeiliches Einsatzhandeln, Polizeikultur), Organisationskulturforschung. Anja MENSCHING (zuvor FIEDLER) hat in einer zurückliegenden Ausgabe von FQS den Rezensionsaufsatz Kollektives kollektiv erfassen – das Gruppendiskussionsverfahren in der Diskussion verfasst.

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Anja Mensching

Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN e.V.) Lützerodestr. 9
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Tel.: 0511/ 34836 – 19
Fax.: 0511/ 34836 - 10

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Zitation

Mensching, Anja (2003). Überzeugende Zweifel statt zweifelhafte Überzeugungen – ein verstehender Blick auf die Hermeneutische Polizeiforschung. Review Essay: Jo Reichertz & Norbert Schröer (Hrsg.) (2003). Hermeneutische Polizeiforschung [58 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 4(3), Art. 16, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0303165.

Revised 6/2008

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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