Volume 16, No. 2, Art. 10 – Mai 2015

Zu den Grundlagen der visuellen Soziologie: Wahrnehmen und Sehen, Beobachten und Betrachten

Reinhard Bachleitner & Martin Weichbold

Zusammenfassung: In diesem Beitrag werden die visuellen Modi des Wahrnehmens – das Sehen, Beobachten und Betrachten – in ihrem Wesen skizziert, und die doppelte Theorieabhängigkeit von Wahrnehmungsprozessen wird thematisiert. Dabei zeigt sich, dass mehrere offene methodologische und erkenntnistheoretische Fragen durch die Differenzierung des Wahrnehmungsvorgangs in drei Stufen (reines Sehen, kognitive Repräsentation, Transformation des Perzepts in Worte) sowie die Differenzierung der Wahrnehmungsmodi in jeweils zwei Bewusstseinsstufen (bewusste und unbewusste Reflexion) einer ersten Klärung zugeführt werden können.

Die bislang vorliegenden empirischen Teilanalysen zu verschiedenen Einflüssen auf die Wahrnehmungserlebnisse signalisieren, dass der visuelle Wahrnehmungsprozess als ein höchst sensibler Prozess mit zahlreichen methodischen Fallen und Hürden gesehen werden kann. Die daran anknüpfende und entwickelte zweidimensionale "visuelle Differenz" – bestehend aus der Differenz von Bild und Sprache sowie der Differenz von präsentativen und diskursiven Symbolen – soll gegenüber möglichen Selektionsvorgängen sensibilisieren und systematisch in den Deutungs- bzw. Auslegungsvorgang des Wahrgenommenen integriert werden. Zentral wird hier die Frage nach der methodischen Qualität von visuellen Studien, da mit den Beobachter/innen bzw. Betrachter/innen zahlreiche Selektionsmechanismen im Wahrnehmungsprozess verbunden sind. Daher wurden in einem ersten Ansatz "Gütekriterien" für visuelle Studien angedacht und skizziert.

Keywords: Wahrnehmung; visuelle Soziologie; methodologische Grundlagen visueller Praktiken

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Zielsetzung

2. Die visuellen Modi

2.1 Wahrnehmung

2.2 Sehen

2.3 Beobachten

2.4 Betrachten

2.5 Exkurs zur "visuellen Differenz"

3. Zur Theorieabhängigkeit bzw. -unabhängigkeit visueller Praktiken

3.1 Theorien der Wahrnehmung

3.2 Einflussfaktoren im Prozess der Wahrnehmung

3.3 Subjektgebundenheit der Wahrnehmung

4. Exkurs zu den visuellen Analyseverfahren

5. Resümee und Folgerungen für eine visuelle Soziologie

5.1 Differenzierung des Wahrnehmungsvorgangs

5.2 Grenzen visueller Praktiken

5.3 Qualitätssicherung bei Wahrnehmungsvorgängen

Literatur

Zu den Autoren

Zitation

 

1. Einleitung und Zielsetzung

Der bevorzugte Zugang zu sozialen Wirklichkeiten und alltagskulturellen Prozessen ist visuell ausgerichtet. Die verschiedenen Sehpraktiken ermöglichen die Konstitution und Strukturierung von Wirklichkeit.1) Das auf visuellem Wege Erfahrbare und Erfassbare besitzt für Einzelne eine Erkenntnis- und Wahrheitsgarantie im vorwissenschaftlichen Alltag, stellt aber auch den Ausgangspunkt für wissenschaftliche Analysen dar. Einzelne Formen von "visuellem Wissen" gewinnen im Forschungsbetrieb zunehmend an Bedeutung, die visual studies dokumentieren diesen Trend umfassend (vgl. z.B. PRINZ & RECKWITZ 2012 sowie den Sammelband von LUCHT, SCHMIDT & TUMA 2013), und im angloamerikanischen Forschungsbetrieb liegen bereits mehrere Lehr- und Handbücher zur visuellen Methodologie vor (vgl. z.B. ROSE 2012; STANCZAK 2007; VAN LEEUWEN & JEWITT 2004). Dies verleiht der Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten eines visuellen Zugangs weitere Dringlichkeit. [1]

Die in Forschungsvorhaben eingesetzten Theorien gehen den Theorien der Wahrnehmung dabei voraus und lösen so indirekt einen ersten Selektionsvorgang aus, da es theoriefreie Erfahrung nicht gibt.2) Für den gegenständlichen Artikel zum Prozess der visuellen Aneignungsanalyse von Realität soll hier mit einer einfachen Differenzierung der visuellen Modi in drei Formen gearbeitet werden: Einmal ist es die übergeordnete Wahrnehmung als ein ganzheitlich orientierter Informationsaufnahmeprozess mit dem Primat des Sehens. Zum anderen sind es die Beobachtung als strukturierter Prozess mit konkreten Vorgaben und Zielsetzungen sowie schließlich die Betrachtung, ein methodisch kontrollierter Analyseprozess, der sich vor allem für die Bildanalyse bzw. Film- und Videoanalyse eignet.3) [2]

Diese Modi der visuellen Aneignung von Realität bzw. die Prozesse der visuell bedingten Erzeugung individueller Wirklichkeiten stehen im Mittelpunkt der folgenden methodologischen und erkenntnistheoretischen Überlegungen, da unseres Wissens innerhalb der visuellen Soziologie erst ansatzweise über ihre Formen, Strukturen und Bedingungen reflektiert wurde. [3]

Die Zielvorstellungen des Beitrags zentrieren sich dabei auf drei Fragestellungen.

Diese Zielsetzungen ergeben sich auch aus dem Umstand, dass sich die visuelle Soziologie in ihren methodischen Bemühungen bislang vor allem auf den Transformations- und Interpretationsprozess des Wahrgenommenen vom asemantischen Produkt in einen sprachlichen Text zentriert, d.h., dass der semantisch ausgerichtete Vorgang und die damit verbundene Äquivalenz der Übertragung der vermuteten Sinnkonstruktionen im Zentrum stehen (vgl. z.B. LUEGER 2010, S.99). Die hier ausgewählten Fragenbereiche sind jedoch dem Ergebnis des Wahrnehmungsvorgangs weitgehend "vorgelagert", wobei wir uns vor allem auf Beispiele aus Bildanalysen zentrieren, während Video- und Filmanalysen weitgehend ausgeklammert bleiben (vgl. dazu die FQS-Schwerpunktausgabe zu visuellen Verfahren: KNOBLAUCH, BAER, LAURIER, PETSCHKE & SCHNETTLER 2008). [5]

Dies interessiert auch insofern, als die visuelle Soziologie bei der "Wahrnehmung" – so ist zumindest unser Eindruck – von einer weitgehend festgelegten, biologisch physikalischen Konstante, gleichsam einem "natürlich-empirischen Sehen", beim Menschen ausgeht. Zwischenzeitlich zeigen aber verschiedene wissenssoziologische Ansätze, die sich um eine Medialisierung des Sehens bemühen, dass diese anthropologische Konstante historischen und soziokulturellen Veränderungen unterliegt und sich Sehordnungen, Sehstile und Sehpraktiken wandeln (vgl. z.B. AYAß 2012, S.115; PRINZ & RECKWITZ 2012; RAAB 2008, S.317ff.). Kurz: Die visuelle Soziologie als interpretativ ausgerichtetes Verfahren setzt sich primär mit dem Wahrnehmungsergebnis, also dem Produkt, auseinander und stellt kaum Fragen nach den Grundlagen und den Bedingungen für den Sehprozess. Auch BURRI (2008, S.345) fordert eine Perspektivenerweiterung der visuellen Soziologie ein, wenn sie meint: "Eine umfassende Soziologie des Visuellen muss also nicht allein vom Bild, sondern vielmehr den sozialen Praktiken seiner Produktion, Interpretation und Verwendung ausgehen." [6]

Bevor auf die Beantwortung dieser Fragenbereiche eingegangen wird, führt zunächst ein kurzer Exkurs in die hier interessierenden visuellen grundlegenden Modi, um die unterschiedlichen Eigenschaften, aber auch Möglichkeiten und Grenzen der visuellen Analyseverfahren zu skizzieren. In einem nächsten Schritt wird die Theorieabhängigkeit visueller Praktiken thematisiert und der Frage nachgegangen, welche Einflussfaktoren im Prozess der Wahrnehmung das Wahrnehmungsergebnis mitbestimmen. Am Beispiel von drei aktuellen visuellen Analyseverfahren – der Videografie (TUMA, SCHNETTLER & KNOBLAUCH 2013), der dokumentarischen Methode der Bild- und Videointerpretation (BOHNSACK 2011) sowie der interpretativen Bildanalyse (BRECKNER 2010) – wird anschließend gezeigt, dass die zuvor dargestellten Stufen und Dimensionen des Wahrnehmungsprozesses zwar implizit in den Methoden berücksichtigt sind, dort aber nicht weiter expliziert oder gar hinsichtlich ihrer Auswirkungen problematisiert werden. Dies begründet drei Forderungen für eine visuelle Soziologie, die im abschließenden Abschnitt gestellt werden. [7]

2. Die visuellen Modi

Jede der in der visuellen Soziologie eingesetzten visuellen Praktiken hat ihre spezifischen Charakteristika und Bedingungen, mit und unter denen sie "arbeitet". Und jede dieser visuellen Praktiken ermöglicht einen anderen Zugang zu den sozialen Wirklichkeiten. [8]

2.1 Wahrnehmung

Unter Wahrnehmung wird heute (in den Kognitionswissenschaften) Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung verstanden. "Wahrnehmung ist ein Prozess, mit dem wir Informationen, die von den Sinnessystemen bereitgestellt werden, organisieren und interpretieren" (HAGENDORF, KRUMMENACHER, MÜLLER & SCHUBERT 2011, S.5). Zudem wird Wahrnehmung meist über einen dreistufigen Prozess strukturiert, wobei die Stufen mit unterschiedlichen Begriffen etikettiert werden: Sehen (visuelle Informationsaufnahme), Konzeptbildung (kognitive Repräsentation) und Interpretation (Transformation vom Visuellen ins Verbale) (vgl. etwa BRECKNER 2012, S.149). [9]

Die Wahrnehmungstätigkeit wird nun von verschiedenen Eigenschaften der Wahrnehmung, die ausschlaggebend für die Wahrnehmungshandlung sind, strukturiert:

Die Wahrnehmung als Prozess des Sammelns und Verarbeitens von Informationen und Daten hat nun in der visuellen Soziologie zwei prominente Ausprägungen, nämlich das Beobachten und Betrachten, die in ihren Besonderheiten kurz dargestellt werden sollen. Zuvor soll das "reine Sehen" thematisiert werden, da es die Grundlage für beide Ausprägungen darstellt.5) [11]

2.2 Sehen

Abgrenzbar von der Wahrnehmung ist der Vorgang des Sehens. Diese kategoriale Differenzierung geht zurück auf KÖNIG (a.a.O., S.47), der zwischen kausal strukturiertem Sehen und reflexiv durch Sprache und Wissen vermittelter Wahrnehmung unterscheidet, da dies auch die Rekonstruktionsvorgänge in den Kognitionswissenschaften ermöglicht (z.B. innere und äußere Wahrnehmung). Dem Sehen entspricht gleichsam die erste und zweite Stufe des Wahrnehmungsvorgangs (Erkennen und Denken als "innere Wahrnehmung"), während die dritte Stufe, die "äußere Wahrnehmung", die Möglichkeit des verbalen Mitteilens beinhaltet. Sehen ist nach dieser Definition im Unterschied zum Wahrnehmen das Gesehene, das kognitiv Repräsentierte, aber eben das noch nicht Mitgeteilte. Das Verbalisierte und somit Mitgeteilte entspräche der 3. Stufe. [12]

Einen anderen Zugang zum Sehen erkennt man im Kontext der visual studies. So meinen PRINZ und RECKWITZ (2012, S.192): "Zugleich ist das Sehen als Bestandteil von Praktiken auf eine wiederum besondere Weise mit den Formen der Wahrnehmung verknüpft und oder von ihnen separiert ... Man kann Sehen letztlich nur künstlich getrennt von anderen Weisen sinnlicher Wahrnehmung rekonstruieren ...". Und weiter: "Sehen ist dabei [angesprochen ist die Landschafts- und Kunstbetrachtung] natürlich nicht vorkonstruktivistisch als ein Abbildprozess zu verstehen, sondern als eine perzeptive Aktivität, die von spezifischen kulturellen, inkorporierten Wahrnehmungsschemata angeleitet wird" (S.193). [13]

Wie nun methodologisch und methodisch mit diesem Sehbegriff umzugehen ist, bleibt offen und entspricht den mitunter unscharfen Grenzen postmoderner Methodologie. Auch der folgende Hinweis von PRINZ und RECKWITZ (S.194) ist für eine empirisch-methodische Umsetzung nicht unbedingt hilfreich:

"Die Ensembles von Praktiken des Sehens und der Visualisierung, Artefakten, Subjektformen und Wissens- und Affektformen lassen sich in einer Visualitätsanalyse in ihrer Mikrologik analysieren. Zugleich jedoch bilden sich umfassende makrosoziologische Visualitätsordnungen, die eng zusammenhängen mit anderen historischen spezifischen Wahrnehmungsformen, Wissensordnungen, Praktikkomplexen und Subjektivierungsweisen." [14]

Sehen erfährt im Kontext von sozialwissenschaftlicher Methodologie höchst kontroverse Einschätzungen oder – wie es SCHÜRMANN (2008, S.33) ausdrückt: Die erkennbaren Positionen sind inkommensurabel, da Sehen in seiner erkenntnistheoretischen Konzeption einen völlig anderen Zugang zur Wirklichkeit eröffnet als in seiner hermeneutischen Konzeption. So zeigt sich, dass die (hier) vor allem aus analytischen Überlegungen heraus vorgenommene Trennung von Sehen und den damit verbundenen kognitiven Prozessen in der Philosophie nicht unumstritten ist. So meint etwa GADAMER (1990 [1960], S.97), es handele sich um eine künstliche Trennung: Sehen ist immer auch gleichzeitig Bedeutungszuschreibung. Auch SCHÜRMANN (2008, S.51) schließt sich dieser Einschätzung an, wenn sie in ihrer Konklusion argumentiert:

"Sehen ist mit mentalen und psychologischen Aktivitäten und mit einer Reihe von evaluativen Einstellungen wie Vorstellen, Meinen, Befürchten oder Urteilen so dicht vernetzt, dass dies dafür spricht, es weit eher als eine praktische Form der Welterschließung denn als Erkenntnisvehikel aufzufassen." [15]

Insgesamt treten also zwei Auffassungen des Sehens auf: einmal in Abgrenzung von der Wahrnehmung und einmal als integraler Bestandteil der einzelnen Wahrnehmungspraktiken. [16]

2.3 Beobachten

Die Beobachtung hat in den Sozialwissenschaften als Datenerhebungsmethode bereits eine längere Tradition, und es existieren vielfältige methodische Varianten (vgl. z.B. FAßNACHT 1995; FRIEDRICHS & LÜDTKE 1973; GREVE & WENTURA 1997; GRÜMER 1974; KÖNIG 1973). Beobachtung wird generell als das "systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinnlich wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt des Geschehens" (ATTESLANDER 2010, S.67) aufgefasst und ist damit zunächst auf die Erfassung flüchtiger Situationen angelegt, wenngleich sich durch den Einsatz von Videoaufzeichnungen etc. verstärkt Möglichkeiten des wiederholten Beobachtens derselben Situation ergeben. [17]

Auch die Anwendungsfelder der Beobachtung sind vielfältig und reichen von der kontrollierten, mit vorgegebenen Datenbögen (Beobachtungsprotokollen) konzipierten Beobachtungsstudie bis hin zur teilnehmenden Beobachtung oder Beobachtungen in fremdkulturellen Kontexten in der ethnologischen Feldforschung, welche das Beschreiben und Verstehen von fremden Sinnwelten als Ziel haben. So tritt heute verstärkt die Ethnografie an die Stelle der teilnehmenden Beobachtung (so FLICK 2008, S.51). [18]

Kritisch ist anzumerken, dass über bzw. aus all den verschiedenen Beobachtungsvarianten (systematisch wissenschaftlich vs. alltägliche, verdeckte vs. teilnehmende Beobachtung etc.) keine Wahrheitsgarantie zu erwarten ist (man vgl. dazu die Argumente gegen den naiven Induktionismus und den naiven Empirismus z.B. bei CHALMERS 1994). Beobachtung als eine der Wahrnehmungspraktiken zur Sichtbarmachung von Handlungen liefert meist nur kleine Ausschnitte der Realität. [19]

2.4 Betrachten

Die rein visuelle Betrachtung hat ihre Wurzeln in der Kunstgeschichte, wo IMDAHL und PANOFSKY als jene prominenten Autoren für die Bildbetrachtung gelten, die die Fundamente für einen dreistufigen Betrachtungsvorgang legten: Vorikonografische, ikonografische und ikonologische Bildbetrachtung sind die drei Phasen dieses Prozesses.6) Der dabei verwendete (phänomenologische) Bildbegriff differenziert zwischen dem Bildträger (Material, auf dem sich das Bild befindet), dem Bildsujet (das reale dargestellte Objekt) und dem Bildobjekt (sichtbare Darstellung/Objekt der Wahrnehmung), die die wesentlichen Elemente für den Betrachtungsvorgang darstellen. [20]

Die Bildbetrachtung selbst ist aufgrund der vorgegebenen, meist statischen Bedingungen ein durch die Betrachter/innen wiederholbarer Vorgang und ermöglicht so eine intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Bildaspekten, wobei zwischen phänomenologischer und semiotischer Bildbetrachtung zu unterscheiden ist: Die phänomenologische Bildbetrachtung stellt das Sehen durch den Betrachter oder die Betrachterin in den Mittelpunkt. Die semiotische Bildbetrachtung stellt hingegen das Lesen von Bildern in den Analysemittelpunkt (BARTHES 1969) und überwindet damit den Strukturalismus mit seiner Präferenz einer Abbildgrammatik. [21]

Diese Differenzierung birgt nun für eine visuelle sozialwissenschaftliche Herangehensweise verschiedene Hürden, denn

"diese Verwendung des als Darstellung im Bild Sichtbaren ist immer kontingent, weshalb es geradezu notwendig ist, daß zwischen phänomenologischen und sprachanalytischen Ansätzen zumindest in einem entscheidenden Punkt eine unüberbrückbare Kluft besteht. Für sprachanalytische Ansätze ist das Bild immer und notwendigerweise ein Zeichen. Dieser Ansatz verbaut sich durch seine normative Einschränkung den Zugang zu asemantischen Bildformen, was allerdings aus einem verständlichen Eigeninteresse geschieht: Wie sollte man asemantische Phänomene mit semantischen Kategorien beschreiben können?" (WIESING 2000, S.14) [22]

Die "Sichtweise" eines Bildes ist ein subtiles Phänomen, für das man ausgesprochen unterschiedliche Worte und Begriffe finden kann ("Bildsprache", "Abbildgrammatik", "Konstruktionsweise", "Interpretation", "Perspektive", "Stil"; vgl. dazu S.115f.). Wesentlich ist die Ableitung von WIESING (S.17): "Jedes Bild verwendet eine Sichtweise, die auch durchaus anders hätte sein können." Nachzufragen wäre hier: Ist die "Sichtweise" bewusst gewählt oder eher zufällig im Sinne von "gekonntem Zufall" entstanden? [23]

Insgesamt heißt das für uns: Die Art und Weise, etwas darzustellen und abzubilden – also die vorfindbare (gewählte) "Sichtweise" des Bildes – bestimmt auch die Möglichkeiten und die Grenzen der Bildinterpretation. Oder noch deutlicher: Das Bild – sei es fotografisch oder malerisch/zeichnerisch erstellt – kann in seiner vorgegebenen Selektivität nur eine interpretative Teilrealität ermöglichen und erzeugen. [24]

Die visuelle Soziologie hat nun zahlreiche methodische Varianten der Bildbetrachtungsanalyse entwickelt wie die "segmentarische Bildanalyse" (nach BRECKNER 2010 und 2012), die "dokumentarische Analyse" nach BOHNSACK (beispielsweise 2011), das "bildhermeneutische Verfahren" (nach MÜLLER-DOOHM 1995), die "Bild-Diskursanalyse" (nach MAASEN, MAYERHAUSER & RENGGLI 2006, angebunden an diskursanalytische Methoden) sowie die "Dispositivanalyse" (nach BÜHRMANN & SCHNEIDER 2008) und schließlich "rezeptionsorientierte Wahrnehmungsanalysen" mit einer signifizierenden Aktivität der rezipierenden Subjekte (angesiedelt in den cultural studies), um nur die Wichtigsten zu nennen. Weitere Verfahren finden sich überblicksartig – jedoch detailreich – bei RAAB (2008, S.102-110) aus einer wissenssoziologischen Perspektive dargestellt, welcher vor allem die Verbindungen und Verknüpfungen mit texthermeneutischen Verfahren thematisiert (vgl. BOHNSACK & KRÜGER 2004). [25]

Jedes dieser Bildanalyseverfahren versucht auf seine spezifische Weise, "Dokumentsinn", "Ausdruckssinn" und den "visuell-objektiven Sinn" herauszufiltern und zu interpretieren. Eine inhaltliche Verbindung im Sinne von funktionaler Äquivalenz zu den gängigen Sinntypologien interpretativer Soziologie herzustellen (vgl. zum Überblick soziologischer Sinnkategorien BONGAERTS 2012), wäre ein weiterer lohnenswerter Analyseansatz. Dies wird im Kontext unserer Fragestellung jedoch nicht weiterverfolgt. Vielmehr gehen wir nun kursorisch der Frage nach, inwieweit – und zwar analog zur hermeneutischen Differenz – auch eine "visuelle Differenz" vorliegen kann, da über die einzelnen Sehpraktiken unterschiedliche Interpretationen zu einer visuell erfahr- und erfassbaren Wirklichkeit vorliegen. Dies insofern, als es zwischen der internen und externen Relation zu Spannungen kommt: Intern ist es das Verhältnis von Sinnlichkeit und Bedeutung (Sehen und Denken); extern ist es das Verhältnis von Erfahrung und Wirklichkeit (Subjekt und Objekt), welche in den Interpretationsvorgang einfließen können (vgl. SCHÜRMANN 2008, S.34). [26]

2.5 Exkurs zur "visuellen Differenz"

Da sich die visuelle Wahrnehmungstätigkeit – wie in diesem Beitrag angenommen wird – als dreistufiger Prozess konstituiert, können auf jeder dieser Stufen methodische Artefakte entstehen, die schließlich in Summe zur "visuellen Differenz" führen. Diese visuelle Differenz selbst fassen wir als zweidimensional auf: 1. als Differenz zwischen Bild und der Transformation in Worte, 2. als Differenz zwischen präsentativen und diskursiven Aspekten der Bildsymbolik. [27]

Ad 1: Die größte Anfälligkeit für eine Differenzbildung innerhalb der Wahrnehmung findet sich im Transformationsprozess (Interpretation und verbale Mitteilung des Gesehenen), da hier "Dokumentsinn", "Ausdruckssinn" und "visuell-objektiver Sinn" (MANNHEIM 1995 [1931], S.12-119) durch die Wahrnehmenden verbalisiert bzw. verschriftlicht werden und hierfür umfassendes historisches, kulturelles, soziales, aber ebenso Situationswissen (Kontextwissen) in den Transformationsprozess einfließt. Der Prozess, der eine Nicht-Reduzierbarkeit wahrnehmbarer Phänomene auf eine sprachliche Ebene beinhaltet, wird in der Kunstwissenschaft auch als "ikonische Differenz" bezeichnet" (vgl. BOEHM 1994 und im Kontext der Sozialtheorie des Bildes BRECKNER 2010, S.95ff.) und erfolgt wohl in Anlehnung an die "hermeneutische Differenz" (vgl. z.B. GADAMER 1990 [1960], S.270ff.). [28]

Dieser methodische Vorgang, der vom Visuellen zum Semantischen führt, zeigt immer wieder, dass der visuelle Eigenwert des Wahrgenommen, die visuelle Performanz und die visuelle Ausstrahlungskraft (vgl. ausführlicher zu diesen drei Termini der soziologischen Bildanalyse, die diese Bezeichnungen einführte, BURRI [2008, S.348ff.]) sich nicht bruchlos in Sprachliches übertragen lassen und sich der Mehrwert der Bilder nicht 1:1 sprachlich umsetzen lässt. Zudem erhebt sich die Frage, inwieweit all diese Sinne und Sinnzusammenhänge durch Beobachter/innen und Betrachter/innen erschließbar sind und dann entsprechend zusammengefügt werden können. Diese Erkenntnislücke wird wohl nur näherungsweise geschlossen werden können. Das Faktum einer Vorläufigkeit und Begrenztheit in den visuellen Analysen findet sich bei einzelnen Autor/innen thematisiert (vgl. z.B. RAAB 2008, S.108f.; WEINGARTEN 2003, S.36f.; aktuelle Lösungsansätze finden sich bei MÜLLER, RAAB & SOEFFNER 2014 und REICHERTZ 2014). [29]

Die thematisierte "visuelle Differenz" dürfte u.E. bei Wahrnehmungsanalysen insgesamt größer ausfallen als die hermeneutische Differenz in den Textanalysen, da hier der Doppelcharakter der Sprache als Mittel und Medium hinzukommt. Diese Differenz ergibt sich aus der Tatsache, dass wir nicht nur fragen sollten, was wir sehen und beschreiben, sondern auch die Art und Weise, wie wir es beschreiben, berücksichtigen sollten. [30]

Ad 2: Neben diese Differenz zwischen Bild und Sprache gesellt sich die Differenz zwischen präsentativen und diskursiven Formen der Symbolisierung (vgl. BRECKNER 2012, S.149 und LANGER 1979 [1965]). Bei Letzterer handelt es sich um den Vorgang der Symbolbildung, der sich als verbaler Symbolismus zeigt und als diskursiv gilt, da die Ideen über Worte mitgeteilt werden können, wobei spezifisches Vokabular und spezifische Syntax eingesetzt werden. Die präsentative Symbolik hingegen, die sich visuell erschließt (z.B. Licht und Schatteneffekte) und wesentlich vielfältiger ausfallen kann als die sprachlichen Informationen, wird auch als "wortloser" Symbolismus bezeichnet (LANGER 1979 [1965]) und kann sich simultan präsentieren. Diese Artverschiedenheit führt nun zu jenen Differenzen, die die visuelle Differenz mitbedingen: Es wird etwas artikuliert, was sich der Sprache entzieht und somit eine zweite symbolische Ordnung aufbaut. [31]

Insgesamt setzt sich die "visuelle Differenz" also aus zwei Differenzen zusammen: erstens der Differenz von Wahrgenommenem und der daraus abgeleiteten verbalen Übersetzung sowie zweitens der Differenz zwischen diskursiver und präsentativer Symbolik. Symbole sind dabei Bedeutungs- und Informationsträger und Ausdruck der Unterscheidung von Ereignissen, Tätigkeiten, Begriffen etc. (vgl. zum Symbolbegriff CASSIRER 1964 [1923 bis 1929]; GOODMAN 1973; LANGER 1979 [1965]). [32]

Die Minimierung der visuellen Differenz – die letztlich niemals völlig vermieden werden kann – fordert hohes kulturbezogenes Wissen, Sensibilität im Kontextwissen sowie ein Erfahrungswissen ein, welches nur argumentativ eingebracht werden kann. [33]

3. Zur Theorieabhängigkeit bzw. -unabhängigkeit visueller Praktiken

Einer der zentralen Aspekte für die Konstitution der visuellen Soziologie ist die Frage, inwieweit Wahrnehmungsprozesse durch eingesetzte Theorien mitbestimmt oder beeinflusst werden. Gilt doch allgemein, dass eine theoriefreie Erfahrung und somit Wahrnehmung, Beobachtung und Betrachtung nicht möglich sei, denn jede Wahrnehmung setze in irgendeiner Form Theorie voraus. So meint z.B. SCHURZ (2006, S.57): "Gegenwärtig wird diese Theorieabhängigkeitsthese von der Mehrheit von Wissenschaftstheoretikern gewissermaßen halbherzig akzeptiert." Um diese Ansicht – in der eine Unsicherheit mit dem Wort "halbherzig" mitschwingt – für unseren Kontext bearbeiten zu können, sind zwei entscheidende Differenzierungen einzuführen: [34]

Zum einen unterscheiden wir bei jedem der visuellen Modi jeweils zwischen zwei Polen: bewusst/unbewusst (auch unterschwellig) wahrnehmen bzw. sehen; enge/weite Beobachtung, strukturierte/unstrukturierte Betrachtung. Dies erfolgt in Anlehnung an die in der Literatur vorfindbaren Differenzierungen (vgl. etwa GUSKI 1996; SCHURZ 2006, S.61). [35]

Zum anderen sollte eine klare analytische Trennung im Wahrnehmungsprozess selbst angestrebt werden. Die oft erkennbare Vermischung und Verknüpfung von letztlich drei aufeinander folgenden Stufen, nämlich dem Sehen, der Konstitution (kognitive Repräsentanz) und der Interpretation (Sinn- und Kontextrepräsentanz bzw. Deutungen), verwischen die Festlegung des rein Wahrgenommenen, Beobachteten und Betrachteten, und zwar unabhängig von anderen Prozessen, die auf die Wahrnehmung wirken. [36]

Diese Überlegung führt zu einem Differenzierungsgrad des visuellen Modus insofern, als entweder Theorieabhängigkeiten oder Theorieunabhängigkeiten sowie Wissensabhängigkeit bzw. Wissensunabhängigkeit vorliegen können. Wir gehen hier von der nicht von allen Autor/innen geteilten Ansicht aus, dass die Unterschiede des Wahrgenommenen erst durch die kognitive Konstitution und die Transformation (Interpretation) des Visuellen in Verbalisiertes erfolgen. Hinter diesen beiden Positionen – Trennung versus Untrennbarkeit innerhalb visueller Praxiskonzeption – steht die grundsätzliche und kontrovers diskutierte Unterscheidung von einem biologisch-physikalischen und einem am subjektiven Sinn orientierten Sehvorgang.7) Hier kann es zur "visuellen Differenz" – analog der "hermeneutischen Differenz" – kommen. [37]

Für jeden dieser Modi (Wahrnehmung, Beobachtung, Betrachtung) gilt: Je enger, bewusster bzw. intentionaler diese erfolgt, desto stärker ist die Abhängigkeit von vorab angenommenen Theorien und gegebenem Wissen. Eine völlige Theorie- und Wissensunabhängigkeit ist freilich auch bei unbewusster, weiter bzw. ohne Erkenntnisintention durchgeführter Wahrnehmung, Beobachtung oder Betrachtung nicht möglich. [38]

3.1 Theorien der Wahrnehmung

Entscheidend für die eingesetzten Wahrnehmungspraktiken ist die theoretische Bezugsebene bzw. der zugrunde gelegte theoretische Rahmen, mit dem methodisch und methodologisch wahrgenommen, beobachtet oder betrachtet wird. Nun sollen die zahlreichen Theorieansätze zur Wahrnehmung hier nicht im Detail vorgestellt werden, sondern es soll lediglich darauf verwiesen werden, dass in Abhängigkeiten von der gewählten Wahrnehmungstheorie auch das Wahrnehmungsergebnis ausfallen dürfte; ein Faktum, welches in der Praxeologie der visuellen Soziologie bislang eher marginalisiert wurde. [39]

Generell lassen sich zumindest sechs theoretische Entwicklungen zum Verständnis von Wahrnehmungsvorgängen erkennen: Strukturalismus, Gestalttheorie, Funktionalismus, die ökologische Wahrnehmungstheorie, Konstruktivismus sowie evolutionsbiologische Ansätze (vgl. zum Überblick GUSKI 1996, S.13-58): So differenzieren Strukturalist/innen Wahrnehmung als einen Komplex aus Komponenten sensorischer Elemente, um diese dann wieder zusammenzusetzen, wenngleich das Ergebnis nicht die Summe der Elemente darstellt. Die gestalttheoretischen Ansätze gehen hingegen von einem Organisationsprinzip der Wahrnehmung aus, deren Resultat eine "Gestalt" im Sinne einer Gesamtheit von Elementen ergibt. Funktionalistische Wahrnehmungsansätze betonen die Relation von Wahrnehmung und Eigenschaften der (sozialen) Umwelt, es kommt zu Anpassungsvorgängen an diese Umwelt. In ökologischen Ansätzen wiederum gelten die Wahrnehmenden als aktiv Handelnde, die aus der Eigenbewegung heraus Wechselwirkungen mit der Umwelt erfahren und so ihre Informationen für Handlungen gewinnen. Konstruktivistische Wahrnehmungstheorien gehen davon aus, dass Wahrnehmungsinhalte vom Gehirn selbst konstituiert werden müssen. Wahrnehmung ist hier Bedeutungszuweisung und setzt Wissen voraus. Die evolutionsbiologische Perspektive der Wahrnehmung betont die universellen Umweltkräfte, in die Wahrnehmung eingebettet ist. Kognitive Eigenschaften sind in lang andauernden Evolutionsprozessen entwickelt worden, die von Umweltbedingungen mitgestaltet wurden. [40]

Diese skizzierten Theorien besitzen einen "gültigen" Kern, was jedoch immer noch aussteht, ist eine integrative Wahrnehmungstheorie, die all diese Ansätze mit erfasst und verknüpft. [41]

Für unsere Thematik wesentlich ist die Bedeutung, die dem Wissen für die Wahrnehmungstätigkeit aus der Perspektive der einzelnen Theorien zur Wahrnehmung zukommt. Wissen führt zu unterschiedlichen Interpretationen im Wahrnehmungsprozess: So messen bspw. Konstruktivist/innen dem (Vor-) Wissen hohe Bedeutung für die Wahrnehmung bei. Evolutionsbiologische Ansätze gehen von implizitem Wissen aus (vgl. dazu auch unten). [42]

Ein anderer Unterschied betrifft die Struktur des Wahrnehmens: Strukturalist/innen differenzieren den Wahrnehmungsprozess nach den grundlegenden sensorischen Elementen ("interne Repräsentation"), ökologische Wahrnehmungstheorien gehen hingegen von Invarianten aus, das heißt das Wahrnehmungssystem filtert sich Informationen aus der Umwelt heraus; es wird von einer sogenannten "direkten Wahrnehmung" ausgegangen. Diese direkte Wahrnehmung entspricht am ehesten unserer Alltagserfahrung und betont die Unmittelbarkeit und Einfachheit der Wahrnehmung. So setzt diese direkte Wahrnehmung ein Wahrnehmungssystem voraus, welches sich in der Interaktion mit Handlungserfordernissen einer Lebensumwelt orientiert (vgl. HAGENDORF et al. 2011, S.28). [43]

Nun kann man sich mit diesem Resümee zum Überblick der Wahrnehmungstheorien durchaus zufrieden geben, da man ja (vermutlich) die Theorie gefunden hat, mit der die meisten unbewusst arbeiten. Insgesamt dürfte die Annahme bestehen, dass man sich keine Gedanken um die internen Prozesse der Wahrnehmung als einen aktiven und höchst komplexen Prozess machen sollte (so auch die Einschätzung von MAUSFELD 2010). Problembeladener stellt sich die methodologische Situation bei der Frage nach den möglichen Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung dar, der wir uns nun zuwenden. [44]

3.2 Einflussfaktoren im Prozess der Wahrnehmung

Unabhängig von den Auffassungen einer analytischen Trennung des Wahrnehmungsprozesses in einzelne Stufen wirken verschiedene Einflussfaktoren auf das Wahrnehmungsergebnis und strukturieren und beeinflussen es in unterschiedlicher Intensität. Im Einzelnen soll der Wahrnehmungsvorgang kultur-, wissens-, sprach-, situations- und emotionsabhängig sein, wobei insgesamt alle Faktoren eine situative Selektivität (Aufmerksamkeitszentrierung/Erwartungshaltungen etc.) bewirken sollen. Betrachten wir diese Faktoren in skizzierender Form. [45]

3.2.1 Zur Kulturabhängigkeit

Der Einfluss der Kultur auf Sehpraktiken wird vor allem bei der Betrachtung und Beobachtung von Fremdkulturellem offensichtlich, etwa bei ethnografischen Beobachtungsstudien oder bei der Betrachtung und Interpretation fremdkultureller Bilder, Videos und Filme. [46]

Zahlreiche Belege dokumentieren nun, dass der Eindruck, den Beobachter/innen und Betrachter/innen bei der Wahrnehmung von für sie "fremden" Objekten/Ereignissen haben, nicht allein auf das Bild der Retina rückführbar ist, sondern durch weitere Information (hier kulturelles Vorwissen) mitbestimmt wird. Idente Bilder auf der Retina führen (auch) durch kulturelle Gewohnheiten nachweislich zu anderen Vorstellungen (vgl. dazu die zahlreichen Experimente, die bei CHALMERS [1994, S.29f.] beschrieben sind). [47]

Es könnte also der Fall eintreten, dass ein Beobachter oder eine Beobachterin zwar dasselbe sieht, letztlich ein anderes Seherlebnis und Sehergebnis (= Gesamtheit aus Wahrnehmen, Deuten und Transformieren in ein verbales Resultat) hat als andere, eben fremdkulturelle Beobachter/innen.8) "Das Erkenntnisideal einer neutralen Wahrnehmung führt notwendig in die Irre" (SCHÜRMANN 2008, S.45). Geprägt wird Wahrnehmung auch von der Muttersprache, was als Hinweis für Einfluss der Kultur gelten kann (vgl. DEUTSCHER 2011, S.268). [48]

3.2.2 Zur Wissensabhängigkeit

Bei der Frage nach dem Einfluss des Wissens auf Wahrnehmung finden sich wiederum – je nach Wahrnehmungsdifferenzierung – unterschiedliche Antworten. So meint etwa SCHURZ: "Unsere visuellen Wahrnehmungsprozesse und ihr Resultat sind in geradezu hartnäckiger Weise unabhängig von unserem erworben Hintergrundwissen ... Personen mit unterschiedlichem Hintergrundwissen machen angesichts desselben (deutlich ausgeprägten) visuellen Reizes dieselben Wahrnehmungen" (2006, S.58-S.59). [49]

Anders beurteilt dies z.B. CHALMERS (1994, S.31), wenn er argumentiert: "Diese Wahrnehmungen sind nicht ein für alle Mal vorgegeben und unveränderlich, sondern sie variieren mit den Erfahrungen und dem Wissen des Beobachters." Und weiter: "Was ein Beobachter sieht, das heißt die visuellen Eindrücke, die er gewinnt, wenn er einen Gegenstand betrachtet, hängen zum Teil von seinen früheren Erfahrungen, von seinem Wissen und seinen Erwartungen ab" (S.29). Noch eindringlicher meint er:

"Diese Beispiele machen deutlich, daß das, was Beobachter sehen, die subjektiven Wahrnehmungen, die sie machen, wenn sie einen Gegenstand oder einen Vorgang betrachten, nicht einzig und allein durch die Bilder auf der Retina bestimmt wird, sondern auch von der Erfahrung abhängig ist, dem Wissen, den Erwartungen und dem allgemeinen inneren Zustand des Betrachters" (S.30). [50]

Der Widerspruch zwischen beiden Aussagen resultiert aus unterschiedlichen Wahrnehmungsauffassungen: Wird der Wahrnehmungsprozess (wie von uns angenommen: als dreistufiger Vorgang) strukturiert verstanden, so spielt das Wissen auch bei weiteren Einflussfaktoren für die interne und externe Repräsentation eine Rolle. Wird hingegen vom reinen Sehen im Wahrnehmungsvorgang ausgegangen – also dem Abbild auf der Retina, auf das wir ja keinen Einfluss haben –, so erweist sich das Seherlebnis als unabhängig von unserem Wissen. Dieses Unabhängigkeitsargument erweist sich jedoch dann als problematisch, wenn werthafte Einstellungen im Wissenshintergrund für Wahrnehmungen auftauchen, wie dies bei sozialwissenschaftlichen Beobachtungsstudien meist der Fall ist. Hier spielt Hintergrund- bzw. Kontext- und Situationswissen eine entscheidende Rolle für die Interpretation.9) [51]

Die Frage ist auch, wohin ich blicke, damit mein Auge ein Abbild auf der Retina erzeugt. Diese (dem Sehen vorgelagerte) Aufmerksamkeit ist sehr wohl wissensabhängig. Wissen verändert nicht die Wahrnehmung an sich, also das Wahrnehmungsbild auf der Retina. Wissen wird erst in der zweiten und dritten Stufe im Prozess der Wahrnehmung relevant, also bei der kognitiven Deutung und der verbalen Transformation/Interpretation. Da sich Wissen verändert, verändern sich auch die kognitive Deutung und die verbale Interpretation. Die Veränderung des Wissens hängt u.a. von neuen Erfahrungen, vom Grad des Erinnerungsvermögens bzw. dem Prozess des Vergessens ab (vgl. u.a. zur kontroversen Diskussion kulturell vergleichender Wahrnehmungen und Interpretationen: SRUBAR, RENN & WENZEL 2005). [52]

3.2.3 Zur Sprach- und Denkabhängigkeit

Wahrnehmung wird als sprachgebunden eingestuft. D.h., das Wahrgenommene wird, nachdem es gesehen und verarbeitet und gedeutet worden ist, in einem weiteren Schritt sprachlich zum Ausdruck gebracht, also die gewonnenen Eindrücke werden jemand anderem gegenüber mitgeteilt (vgl. u.a. WEINGARTEN 2003, S.35f.). Die Sprache ist somit indirekt die Gestalterin der Wahrnehmung, wenngleich Sinneserfahrungen nicht per se sprachabhängig sind. [53]

Bevor jedoch das Sehbild mitgeteilt wird, sind kognitive Prozesse (Denkvorgänge) vorgelagert, d.h. auch die internen Konstruktionen, die auf Erfahrungen beruhen, gestalten das Wahrnehmungsresultat mit. Nun stehen Wahrnehmung und Denken ebenfalls in Verbindung. So meint DEUTSCHER (2011, S.268): "Der Einfluss der Muttersprache, den man empirisch nachgewiesen hat, macht sich in den Bereichen des Denkens wie Gedächtnis, Wahrnehmung und Assoziation oder praktischen Fertigkeiten wie Orientierungen bemerkbar." Dies führte ihn wohl auch zu dem Untertitel seines Buches: "Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht". Kurz: Die Sprache ist die (Mit-) Gestalterin des Wahrgenommenen, wobei das Sprachvermögen jedoch unterschiedlich ausfällt. [54]

Eine andere Verbindungsebene in diesem Kontext ist der Faktor Zeit: Wahrnehmung und Denken erstrecken sich über die Zeit, und es kommt zu einer schrittweisen Angleichung der Bilddynamik an die Denkdynamik. Hier kann allerdings nicht der Ort sein, um diese Debatten umfassend darzustellen (vgl. weiterführend dazu WIESING 2000, S.38). [55]

3.2.4 Zur Emotions- und Situationsabhängigkeit

Beobachter/innen und Betrachter/innen sind nicht emotions- und affektfrei. Zudem dürfte jede Wahrnehmung ihrerseits Emotionen auslösen bzw. bestehende verändern, da sowohl die Situation als auch die Wahrnehmungsinhalte Emotionen auslösen. Die (analytische und) traditionelle Trennung von Wahrnehmung, Emotionen und Denken ist fragwürdig geworden. Vielmehr zeigt sich, dass die Auswirkungen von Emotionen (Gefühlen, Stimmungen) auf kognitive Prozesse nachweisbar sind, wenngleich die erhaltenen Effekte (z.B. positive oder negative Gefühls-/Stimmungslagen) derzeit noch uneinheitlich ausfallen. [56]

Zur Frage des Einflusses von Emotionen auf den Wahrnehmungsvorgang liegt zwar eine umfangreiche Forschung vor, aber meist in umgekehrter Fragerichtung: Welche Bilder, Videos lösen welche Emotionen aus. Also welche Gefühle werden stimuliert: Ängste, Glück etc. (vgl. dazu PIECHA 2001). [57]

Die situationalen Einflüsse auf Wahrnehmungsvorgänge sind in der Forschung eher marginalisiert. Dafür eröffnet sich gleichsam stellvertretend das weite Feld der Aufmerksamkeitsfokussierung der Wahrnehmung (vgl. HAGENDORF et al. 2011, S.179-S.230). So findet sich eine zwar deutliche Betonung des "Affektuellen" im Rahmen der Wahrnehmungspraktiken (Visualisierungsanalysen) in zahlreichen Wendungen bei PRINZ und RECKWITZ (2012, S.192-S.195), konkrete empirische Hinweise unterbleiben allerdings.10) Vereinzelte wahrnehmungspsychologische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Wahrnehmungsvorgänge durch Emotionen mitbestimmt werden (vgl. die bei SCHÜRMANN [2008, S.107] zitierten Studien zur psychosomatischen Abhängigkeit des Sehens). [58]

3.3 Subjektgebundenheit der Wahrnehmung

Aus den bisher behandelten Einflussfaktoren lässt sich ableiten, dass Wahrnehmungsvorgänge deutlich "subjektiv" ausfallen und zwar insofern, als Wahrnehmung kein Abbild und keinen neutralen Rekonstruktionsprozess des Wahrgenommenen darstellt. Vielmehr wird aus den subjektbezogenen verfügbaren Informationen eine (Bild-) Wirklichkeit erzeugt. Diese Individualität des Wahrgenommenen ist ein umfassend dokumentiertes Faktum. So weist u.a. BREUER (2003, §2) darauf hin, dass "(j)ede Erkenntnis – auch die wissenschaftliche – ... unweigerlich Merkmale des erkennenden Subjekts in sich [trägt] und ... unaufhebbar subjektiv – subjektgebunden, subjekthaft [ist]".11) [59]

Trotz dieser heute weitgehenden Akzeptanz, die auch Wahrnehmungsvorgänge betrifft, weist SCHÜRMANN (2008, S.52) darauf hin: "Auch wenn Selektivität und Individualität der persönlichen Wahrnehmung beträchtlich sind und die Beteiligung von Einbildungskraft, Affekten und Assoziationen am Sehen wahrscheinlich gar nicht überschätzt werden kann, so leben wir doch nicht in Privatwelten, die sozial unteilbar sind." [60]

Das Paradox der Wahrnehmungspraktik besteht also in der Differenz einer physisch existenten "Welt" und dem, was der oder die Einzelne nach Maßgabe individueller, sozialer und kultureller Rahmenbedingungen daraus (verbal) erzeugt (vgl. insgesamt dazu die FQS-Bände zu Subjektivität und Selbstreflexivität im qualitativen Forschungsprozess (MRUCK, ROTH & BREUER 2002; ROTH, BREUER & MRUCK 2003). [61]

Auch zur Situationsabhängigkeit, die zu einer Selektion bzw. Aufmerksamkeitsfokussierung führen dürfte, sind empirische Belege für unsere Fragestellung derzeit im Kontext der visuellen Soziologie noch nicht erkennbar und stellen ein weiteres Forschungsfeld dar, welches es zu erschließen gilt. [62]

4. Exkurs zu den visuellen Analyseverfahren

Exemplarisch wollen wir drei visuelle Analyseverfahren im Hinblick darauf betrachten, ob bzw. in welcher Weise ein Wahrnehmungskonzept thematisiert oder einfach vorausgesetzt wird. Dabei interessiert vor allem auch, ob die Bezüge zu impliziten oder expliziten Theorien bzw. notwendigem Wissen problematisiert werden. Als Beispiele sollen die Videografie (TUMA et al. 2013), die dokumentarische Methode der Bild- und Videointerpretation (BOHNSACK 2011) sowie die interpretative Bildanalyse (BRECKNER 2010) verglichen werden. Diese drei Ansätze wurden in den letzten Jahren entwickelt und greifen jeweils auf bestehende qualitative Forschungstraditionen zurück. [63]

Die Videografie beruft sich auf ethnografische bzw. ethnomethodologische Forschungstraditionen und setzt damit einen expliziten theoretischen Rahmen für ihren Ansatz. Zusätzlich verweisen die Autoren auf eine konstruktivistische Theorieannahme (vgl. TUMA et al. 2013, S.77). Bei der Videografie erzeugen Forschende in der Regel selbst Videos, um alltägliche Handlungssituationen auch über ihren konkreten Entstehungskontext hinaus analysieren zu können. Die Herstellung von visuellem Material zur späteren Analyse bedeutet, dass die Frage nach den Grundlagen des Visuellen doppelt zu stellen ist: zum einen hinsichtlich der Produktion der Videos und zum anderen hinsichtlich deren Analyse. [64]

Somit erfordert die Anwendung der Methode zunächst spezifisches Wissen darüber, was "das Feld" und "alltägliche Handlungen" darin sind. Feldforschung wird als Prozess begriffen, sich mit der eigenen Wahrnehmung und Erfahrung auseinanderzusetzen, denn "diese Erfahrungen sind Teil des Wissens, das wir für die Analyse verwenden" (S.12). Das Kontextwissen über das Feld wird im Forschungsprozess zunehmend erweitert und es wird bestimmt, was mit Videokameras aufgezeichnet und damit zum Analysematerial wird: "Die Daten werden mit diesem Wissen durch eine besondere Form der Aufzeichnung [visuell und akustisch als Video] erzeugt" (S.12). Das ethnografisch erworbene Wissen spielt folglich auch in der Analyse der Videos eine zentrale Rolle:

"Vor allem bedarf es einer Kenntnis über das, was das Video zeigt. Je spezieller das Feld und die darin stattfindenden Interaktionen, desto mehr müssen wir darüber wissen. Erst aus unseren Erfahrungen im Feld [...] können wir erkennen, worum es eigentlich geht" (S.17). [65]

Während sowohl die theoretischen Grundannahmen (Analyse von Interaktionen) als auch die Rolle des Wissens für ein Verstehen und damit die Analyse betont werden, wird im Ansatz von TUMA et al. auf Theorien der Wahrnehmung nur implizit Bezug genommen. So empfehlen die Autoren, Analysesitzungen in Teams durchzuführen, denn "manche haben gute Augen für die Mimik und Gestik" (S.88), während andere Feinheiten im Bereich der Sprache besser erkennen könnten. Wahrnehmungsunterschiede werden also (unter anderem) auf persönliche Charakteristika oder besondere Erfahrung zurückgeführt. [66]

Die Videografie, wie sie von TUMA et al. konzipiert ist, verfügt somit über eine explizite theoretische Rahmensetzung bei der Forschungsfrage und thematisiert darin insbesondere die Rolle des Wissens als Voraussetzung und Schlüssel zum Verstehen. Eine Theorie der Wahrnehmung wird hingegen nicht vorgelegt, auch eine Problematisierung von "Beobachtung" findet sich nicht. Im Zuge der Forderung nach Explikation des Gesehenen (etwa in Form von gemeinsamen Analysesitzungen, in denen man über das Gesehene diskutiert, Sichtweisen und Interpretationen begründet und diese protokolliert, vgl. TUMA et al. 2013, S.94ff.), könnte man etwa eine solche erwarten. Allenfalls ließe sich die Betonung der Bedeutung des Wissens als implizites Element einer Wahrnehmungs- oder Beobachtungstheorie interpretieren. [67]

Bei den anderen beiden Ansätzen werden Bilder und weiteres visuelles Material nicht durch die Forschenden erzeugt, sondern vorhandenes Material wird untersucht. [68]

BOHNSACK (2011) wendet seine bekannte und aus der Wissenssoziologie stammende dokumentarische Methode dabei auf Bilder an und greift auch Konzepte aus der Kunstgeschichte auf. Für ihn repräsentieren Bilder die Wirklichkeit nicht nur, die Wirklichkeit wird vielmehr durch sie konstituiert. Entsprechend der wissenssoziologischen Differenzierung zwischen kommunikativem (textbasiertem, reflektiertem) und atheoretischem, implizitem Wissen bilden Bilder die Grundlage für unser alltägliches praktisches Handeln. Während die dokumentarische Methode, deren Ziel eben Erkenntnisse über den impliziten ("konjunktiven") Sinn sind, bei der Textanalyse von der formulierenden Interpretation (Analyse des kommunikativen, also von den Beforschten selbst formulierten Sinns), über die reflektierende Interpretation (Analyse des konjunktiven Sinns durch Sequenzanalysen, in denen Regelhaftigkeiten durch eine komparative Analyse möglicher Vergleichshorizonte gefunden werden sollen) hin zu einer Typenbildung und Generalisierung verläuft (S.19ff.), erfordert eine Übertragung auf die Bildanalyse einige Adaptionen. BOHNSACK knüpft dabei explizit an die von PANOFSKY (1975) und IMDAHL (1994) entwickelten Differenzierungen in eine vorikonografische, ikonografische und ikonologische Ebene an (vgl. BOHNSACK 2011, S.28ff. sowie Abschnitt 2.4 in diesem Artikel). [69]

Nachdem Bilder als selbstreferenzielle Systeme begriffen werden, liegt der Fokus nicht auf dem Betrachter/der Betrachterin, sondern auf dem Bild. Es geht darum, den Sinngehalt, der dem Bild inhärent ist zu entschlüsseln; während Betrachter/innen oder Interpret/innen kaum beachtet werden, zielt die Aufmerksamkeit auf die Bildproduzent/innen (Personen, die dargestellt werden, Fotograf/innen oder Maler/innen bzw. andere an der Herstellung beteiligte Personen wie z.B. Regisseur/innen; vgl. BOHNSACK 2011, S.31). Stammen nun Abbildende und Abgebildete nicht aus denselben Erfahrungsräumen (z.B. Milieus oder Kulturen), so werde dies "methodisch komplexer" (a.a.O.). Der Interpret/die Interpretin und deren "Erfahrungsraum" werden jedoch nicht weiter problematisiert. [70]

Die dokumentarische Methode konzipiert damit zwar eine konkrete methodische Vorgangsweise, die Grundlagen des Sehens oder Betrachtens werden aber ebenfalls nicht näher expliziert. Es wird kurz auf "Sehen" Bezug genommen (S.51), dieses wird aber nicht näher differenziert, sondern sogar dezidiert als pauschaler Vorgang verstanden, der "sowohl die sinnliche Wahrnehmung als auch die Interpretation, die interpretative Sinnbildung, also die Semantik des Visuellen" (a.a.O.) umfasst. Dennoch sind Theorien des Sehens mehrfach implizit angesprochen: So lässt sich die für die dokumentarische Methode grundlegende Differenzierung zwischen theoretischem und atheoretischem (bzw. kommunikativem und konjunktivem) Wissen mit Theorien des Sehens in Einklang bringen, wenn man sie analog zur Unterscheidung von Konzeptbildung (kognitiver Repräsentation) und Interpretation (Transformation vom Visuellen ins Verbale) begreift. Hinzu kommen die Annahmen, die über die oben genannte Hereinnahme der Konzepte von PANOFSKY und IMDAHL getroffen, aber im Hinblick auf dahinterliegende Annahmen über Wahrnehmung ebenfalls nicht näher problematisiert werden. [71]

Auch beim Ansatz von BRECKNER (2010) geht es um die Analyse von vorliegendem Bildmaterial, und auch sie greift auf Konzepte der Kunstwissenschaft zurück. Ausgangspunkt ist die Vorstellung von Bildern als einer spezifischen Form der (überwiegend präsentativen) Symbolisierung, die mithilfe von interpretativen Verfahren erfasst und rekonstruiert werden soll. Darstellung, Wissen und Sehen sind dabei zirkulär miteinander verbunden: "Wir sehen, was wir schon gewusst haben, und weil wir es sehen, wissen wir es umso mehr" (BRECKNER 2008, S.7). [72]

Als methodisches Vorgehen schlägt BRECKNER eine Segmentanalyse vor, wobei die Segmente im "Wahrnehmungsprozess" (2010, S.287) identifiziert werden sollen. Dieser wird jedoch nicht näher theoretisch fundiert, sondern bleibt diffus, wenn die Autorin ausführt, dass "auch vorbewusste und nicht zuletzt unbewusste Prozesse beteiligt [sind], die [...] zumindest nicht unmittelbar erfasst werden können" (a.a.O.). Die eigenen Wahrnehmungspräferenzen werden, so BRECKNER, zum Teil mit anderen geteilt, bleiben zum Teil idiosynkratisch (a.a.O.). Der Vergleich mehrerer dokumentierter Wahrnehmungsverläufe soll "in der Regel Gemeinsamkeiten bezüglich der im Bild als relevant wahrgenommenen Elemente" (S.288) und damit die zu analysierenden Segmente erbringen. In insgesamt sieben Schritten werden Analysen zur formalen Bildgestaltung mit interpretativen sozialwissenschaftlichen Traditionen verknüpft. Hierzu werden Bezüge zu IMDAHL und PANOFSKY (BRECKNER 2010, S.276ff.) ebenso hergestellt wie zur objektiven Hermeneutik und zur Grounded-Theory-Methodologie (BRECKNER 2008, S.5). Auch hier werden wahrnehmungstheoretische Aspekte allerdings nicht weiter problematisiert. [73]

Vergleichend kann man feststellen, dass alle drei Analyseverfahren auf konkrete sozial- und/oder kunstwissenschaftliche Theorietraditionen zurückgreifen und insofern eine spezifische inhaltliche Theorieanbindung gegeben ist. Eine Bezugnahme auf eine Theorie der Wahrnehmung, die eigentlich Voraussetzung für eine inhaltliche Festlegung ist, sucht man hingegen vergebens, und eine solche lässt sich allenfalls indirekt ableiten. Die Rolle des Wissens wird hingegen stärker explizit gemacht: Dieses beeinflusse, was man sieht, sowohl im Sinne der Lenkung der Aufmerksamkeit als auch als notwendige Voraussetzung für die Interpretation des Gesehenen. [74]

Diese erste Grobanalyse zeigt, dass die von uns präferierte und durchaus traditionsreiche Annahme einer dreistufigen Struktur im Wahrnehmungsprozess zwar zumindest implizit aufscheint und dass die drei Stufen bzw. Phasen auch als unauflöslich miteinander verbunden gelten. Eine Explikation und analytische Einbindung in der empirischen Arbeit fehlt jedoch. Dies bedeutet aber auch, dass es offen bleibt, inwieweit die interpretativ vorgeschlagenen Sinn- und Bedeutungsrelationen tatsächlich aus dem "rein" Gesehenen hervorgehen, aufgrund unterschiedlicher Wissensvorräte der Betrachter/innen hineininterpretiert werden oder auf die zahlreichen möglichen Einflussvariablen im Wahrnehmungsvorgang zurückgehen bzw. aus all diesen Komponenten entstehen. [75]

Nun könnte man geneigt sein anzunehmen, dass die Quelle für die Interpretation nicht so entscheidend sei wie etwa die treffsichere "sinnadäquate" Interpretation. Beispiele zeigen jedoch, dass "Zuschauer/innen" ihre Kultur und sich selbst in den gezeigten Bildern nicht erkannten – so AYAß (2012, S.115), die auf die Studie von WORTH und ADAIR (1972) zu den Navajos verweist. [76]

Zu Recht stellt LESER (2012, S.220) in einem ähnlichen Kontext (Bildinterpretation eines Fotos des nationalen Sicherheitsteams der US-Regierung im Rahmen eines interdisziplinären Workshops zur Bildanalyse in Hildesheim 2011) die Frage, "wie solch ein 'Dokument der Zeitgeschichte und politischen Demonstration' (…) wissenschaftlich und methodisch kontrolliert analysiert werden kann", wenn jede/r in einem Bild etwas anderes sieht oder andere Inhalte zur Interpretation aufgreift (vgl. KAUPPERT & LESER 2014; PRZYBORSKI & HALLER 2014). [77]

Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus dem bisher Skizzierten für die Praxeologie der Wahrnehmung? [78]

5. Resümee und Folgerungen für eine visuelle Soziologie

Die visuelle Soziologie zeigt bislang einen eher sorglosen Umgang mit ihren methodischen und methodologischen Grundlagen. Die eingesetzten visuellen Praktiken der Wahrnehmung, deren gemeinsamer und zugleich übergeordneter Kern das "Sehen" ist, setzt optische Wahrnehmung als eine nicht weiter erklärungsbedürftige anthropologische Konstante voraus. Sowohl die Bedingungen, die Strukturierung und Differenzierungen des Wahrnehmungsvorgangs als auch die Verbindung mit anderen simultan ablaufenden Prozessen des Erinnerns, Denkens, Fühlens, Hörens, Riechens oder z.B. der Raumorientierung werden marginalisiert. Die möglichen Einflüsse aus kulturellen und situativen Kontextbedingungen auf die Wahrnehmungstätigkeit, die ja meist zu Selektionsmechanismen führen, erfahren nicht jene Beachtung, die aus unserer Perspektive angebracht wäre. Auch SCHÜRMANN (2008, S.109) weist in aller Deutlichkeit auf die Selektivität des Sehens hin, wenn sie meint: "Die Praxis des Sehens ist systematisch ins Übersehen, Reduzieren und Ausblenden involviert." [79]

Insgesamt sollte die visuelle Soziologie in ihrer aktuellen Entwicklungsphase stärker an den methodischen Grundlagen interessiert sein, um die viel zitierte "Macht des Visuellen" umfassender gegen methodische Artefaktbildungen abzusichern und den iconic, pictorial bzw. visual turn methodologisch zu festigen. Aus der Vielzahl möglicher methodologischer Folgen und methodischer Effekte, die sich für eine visuelle Soziologie ergeben, sollen abschließend drei hervorgehoben und im Sinne einer Forderung näher besprochen werden, zumal diese zu den übergeordneten methodologischen Grundanliegen gezählt werden können. Nicht zuletzt hat/haben auch die Bildwissenschaft(en) erst über viele Entwürfe eine Theorie des Bildes entwickelt (vgl. HORNUFF 2012; MITCHELL 2009; WIESING 2008). [80]

In einer methodologisch fundierten Theorie der visuellen Soziologie müssten nach unserer Auffassung vor allem Antworten auf die Fragen gesucht werden, welche Auffassung von Funktion und Phasenabfolge innerhalb des Wahrnehmungsvorgangs vertreten wird, welche Wahrnehmungstheorien (implizit) ein- bzw. umgesetzt werden und welche der genannten Selektionsmechanismen im Wahrnehmungsprozess für das methodische Vorgehen der jeweils gewählten Fragestellung von besonderer Relevanz sind. Um die skizzierten Defizite zu minimieren, seien abschließend Empfehlungen für eine stärkere Problematisierung des Wahrnehmungsvorgangs im Rahmen visuell orientierter Methoden angefügt. [81]

5.1 Differenzierung des Wahrnehmungsvorgangs

Die analytische Differenzierung der "Datengewinnung" bei visuellen Praktiken in einen dreistufigen Prozess ermöglicht, dass in jeder dieser Phasen allfällige methodische Artefaktproduktionen erkannt und benannt werden können und so ein Ansatz vorliegt, der zu einer Reduzierung von entsprechenden Artefakten führen kann.

5.2 Grenzen visueller Praktiken

Jede der hier thematisierten visuellen Praktiken bietet und ermöglicht einen anderen Zugang zu den sozialen Wirklichkeiten und liefert so in Abhängigkeit von ihren Eigenschaften verschiedene Einblicke in die ausgewählten Realitäten. Dabei gilt grundsätzlich, dass jede visuelle Praktik ihre klaren Grenzen in der Informationsaufnahme hat. Diese Grenzen resultieren aus der Begrenzung der menschlichen Wahrnehmungsleistung an sich. [83]

Bezüglich der Selektivität der Wahrnehmung ergeben sich in Relation zur gewählten visuellen Praktik deutliche Unterschiede, da die Flüchtigkeit des Materials in Beobachtungsstudien anders ausfällt als bei Bildbetrachtungen oder Video- und Filmanalysen, wo Wiederholbarkeit bzw. Dauerhaftigkeit des Betrachtungsobjekts gegeben ist. Andererseits haben bei Bild- oder Fotobetrachtung die Selektivität und Aufmerksamkeitsfokussierung andere Funktionen (Aspektauswahl), da bereits im Vorfeld der gewählte Bildinhalt und Bildausschnitt etc. durch die Produzent/innen bestimmt werden. [84]

5.3 Qualitätssicherung bei Wahrnehmungsvorgängen

Angesichts der zahlreichen Einflussfaktoren im gesamten Wahrnehmungsprozess stellt sich die Frage von Qualitätskriterien bzw. einer Qualitätssicherung, insbesondere weil die Einflussfaktoren eng mit den einzelnen Beobachter/innen und Betrachter/innen (Forscher/innen) verbunden sind. [85]

Generell gibt es in der qualitativen Sozialforschung unterschiedliche Ansätze zur Beurteilung von Qualität. Manche Autorinnen bzw. Autoren knüpfen an die klassischen Gütekriterien Validität, Reliabilität und Objektivität an und versuchen, diese im Sinne der qualitativen Methodologie zu adaptieren und weiterzuentwickeln (so etwa LAMNEK 2010, S.133ff.; PRZYBORSKl & WOHLRAB-SAHR 2014, S.21ff. oder STEINKE 1999, S.131ff.). Andere entwickeln unter dem Hinweis, dass eine Beurteilung von Qualität nicht absolut, sondern nur unter Bezugnahme auf die jeweiligen methodologischen Grundlagen erfolgen kann, eigene Vorschläge (so etwa MAYRING 2002, S.145ff. oder auch STEINKE 1999, S.205ff.). [86]

Angelpunkt jeder Qualitätsbestimmung – und hierin stimmen die unterschiedlichen Ansätze überein – ist eine Offenlegung und umfassende Dokumentation der verschiedenen Verfahrensschritte, da nur diese eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit und in weiterer Folge Prüfung bzw. Kritik erlauben. [87]

Bei der Beobachtungsanalyse flüchtigen Materials erscheint dies noch problematischer als bei der Analyse von Bildern (die wiederholt durchgeführt und/oder von mehreren Forschern und Forscherinnen vorgenommen werden kann). So resümiert auch LUEGER (2010, S.89): "Im Falle flüchtiger Materialien resultiert die Verlässlichkeit des Beobachteten nicht einfach aus der Beobachtung oder der Präzision der Protokollierung. Diese lässt sich nur konstruktiv und argumentativ herstellen". Als methodische Hilfe schlägt er drei Eckpfeiler vor, die zum Einsatz kommen sollten: Prüfung des Bezugs von flüchtigen Materialien zu den analysierten Phänomenen, Beachtung der durch die beobachtende Person eingenommene Perspektivenvielfalt und Prüfung der Konsensfähigkeit der Argumentation (vgl. S.89f.). [88]

Um nun die Güte einer wissenschaftlichen Beobachtung oder Betrachtung sicherzustellen, ist es aus unserer Sicht notwendig, diesen von Konstruktivität und Argumentation geprägten Prüfvorgang auf alle drei Phasen des Wahrnehmungsvorgangs zu beziehen: [89]

Phase I: das Sehen

Die Zuverlässigkeit eines Sehprodukts ist insofern (automatisch) gegeben, da das Subjekt keinen Zugriff auf das erzeugte Bild auf der Retina hat. Hingegen erweist sich der Suchmodus für das zu Beobachtende und Betrachtende als variabel, da die Aufmerksamkeitsorientierung starke Selektivität aufweist und die visuelle Suche steuert. Dabei sind drei Aspekte maßgebend beteiligt: die ortsbasierte, die objektbasierte und die dimensionsbasierte visuelle Aufmerksamkeit. Schließlich ist im Rahmen der reinen Wahrnehmungsphase noch abzuklären, ob das Wahrgenommene für die Fragestellung relevant bzw. valide ist. [90]

Diese drei Fragenbereiche wären daher innerhalb der Wahrnehmungsphase I zu behandeln und zu dokumentieren, wobei das "Wie" vorerst noch offen bleibt. [91]

Phase II: die kognitive Konstitution des Gesehenen (Deutung)

An der kognitiven Repräsentation des Wahrgenommenen sind Erfahrung, Wissen, Erinnerung, Emotionen, Erwartungen und Einstellungen beteiligt, d.h., ein hoher Grad an subjektbezogenem Potenzial wirkt konstituierend für die erzeugte Wirklichkeit mit. Um diese Einflussfaktoren zu konkretisieren und in ihren möglichen Effekten einzuschätzen, ist eine reflektierende Subjektivität im Sinne von Selbstevaluation zur Qualitätssicherung einzubringen (vgl. dazu STEINKE 1999 und umfassend FROSCHAUER & LUEGER 2009, S.228ff. sowie BREUER 2003; MRUCK & BREUER 2003). [92]

Bei Beobachtungsstudien kommt zudem die Flüchtigkeit des Materials hinzu, die keine Wiederholungsbetrachtung ermöglicht, was entsprechende Fragen im Sinne einer "Reliabilitätsforderung" mit sich bringt. Bei der Analyse von statischem Bildmaterial ist trivialerweise ein wiederholter Betrachtungsvorgang möglich. Hier wirken hingegen der Bildausschnitt, die Kameraführung, die "Sichtweise" (im Sinne WIESINGs 2000, S.15) mit einer Raum- und Zeitfixierung selektiv auf die kognitive Repräsentation (z.B. der Betrachter/innenwinkel und die Wahl des Augenblicks sind hier zu nennen). Entsprechende Angaben und Zusatzinformationen wären hier zur Einschätzung der Qualität hilfreich. [93]

Phase III: der Transformationsprozess vom asemantischen in ein semantisches Produkt

Die Zuverlässigkeit der Transformation vom visuellen Status in eine verbale Version des Wahrgenommenen ist in Abhängigkeit von der Sprache (Indexikalität, Dexis, Semantik, Semiotik), die das Beobachtete und Betrachtete wiedergibt zu beurteilen. Es geht hier nicht um die Interpretation des Wahrgenommenen, sondern lediglich um den Transformationsprozess, der als ein rein beschreibender aufgefasst wird. Das Wahrgenommene, das ja vorerst sprachfern ist, wird nun sprachlich deskriptiv wiedergegeben und im "Nacheinander" der Worte beschrieben. Ziel ist es, in "treffenden" Worten ein stabiles Äquivalent, also ein sprachliches Abbild zu schaffen. [94]

Ergänzend und zugleich eingrenzend signalisiert BOEHM (2014, S.31ff.) auf die grundsätzliche Frage, was denn die Übereinkunft von Wort und Bild trägt, dass hier "Verständigung gelingt": "Die stillschweigende Analogie zwischen der Welt des Sagbaren und des Gemalten" werde möglich, da die Beschreibung "nicht nur Wiedererkennbares voraussetzt ... sie vermag dem zu folgen, was durch das Bild allererst sichtbar gemacht wird". Die Beschreibung setze ihr Ziel mit anderen Mitteln fort, und zwar mit dem "Zeigen". Zeigen öffnet Durchblicke, verdeutlicht, stellt vor Augen (S.34). Für diesen Transformationsprozess gilt jedoch, dass Bildbeschreibungen nicht dem Ideal einer möglichst vollständigen verbalen Abbildung folgen; vielmehr sollten sich Bildbeschreibungen davor hüten, der Sache zu nahe zu kommen oder auch sich zu weit von ihr zu entfernen. [95]

Anmerkungen

1) In diesem Beitrag wird die Auffassung vertreten, dass eine von den Beobachter/innen unabhängige einzige (physische) Realität existiert, wenngleich diese Realität vom Einzelnen unterschiedlich strukturiert und erfahren wird, sodass individuelle Wirklichkeiten entstehen können (vgl. zu den verschiedenen Auffassungen von denkabhängiger und denkunabhängiger Realität sowie zur kontrovers geführten Realismus-Debatte den Sammelband von WILLASCHEK 2000 und spezifisch für die Sozialforschung die Differenzierung bei FROSCHAUER & LUEGER 2009, S.26f.). <zurück>

2) Trivialerweise jedoch nur dann, wenn auch solche zur Anwendung gelangen, da qualitative Forschung – und dazu zählen die visuellen Verfahren – ja auch theoriegenerierend und nicht zwingend theorieprüfend vorgeht. <zurück>

3) Für den Transformationsprozess von Bildern ins Verbale werden heute spezifische visuelle Sprachformen entwickelt, so etwa bei SCHIFFER (1998), der drei Kategorien differenziert: "1. Sprachen für die Verarbeitung von visueller Information, 2. Sprachen zur Unterstützung visueller Interaktion, und 3. Sprachen für die Programmierung mit visuellen Ausdrücken, das sind visuelle Programmiersprachen" (S.17). <zurück>

4) Darunter versteht man jenes Phänomen, wonach nicht erwartete Objekte (Phänomene) nur dann wahrgenommen werden können, wenn sie keine Aufmerksamkeit erfordern (vgl. HAGENDORF et al. 2011, S.194). <zurück>

5) Diese einzelnen Wahrnehmungspraktiken haben nun nicht nur unterschiedliche Zugangswege zu den Wahrnehmungsobjekten und methodische Funktionen, sie zeigen auch in ihrer Entwicklungsgeschichte unterschiedliche Verankerungen zu den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen, die jedoch wenig Integrationsbemühungen erkennen lassen: Wahrnehmung findet ihren Schwerpunkt in der Psychologie (vgl. z.B. GUSKI 1996; HAGENDORF et al. 2011; MAUSFELD 2010), Sehen in der Philosophie (vgl. z.B. SCHÜRMANN 2008), Beobachten hat in der Soziologie und den Erziehungswissenschaften eine lange Tradition (vgl. z.B. ATTESLANDER 2010; FAßNACHT 1995). Betrachten hingegen ist die entscheidende Methode in der Kunstgeschichte bzw. in den Bildwissenschaften (vgl. z.B. HORNUFF 2012; IMDAHL 1994; PANOFSKY 1985). <zurück>

6) Im Einzelnen sind das:

7) Dazu meint SCHÜRMANN (2008, S.34): "Diese Positionen scheinen gänzlich unvereinbar zu sein. Aber die Schwierigkeiten liegen nicht in beliebigen Präferenzen oder Glaubensbekenntnissen einzelner Theoretiker. Sie betreffen den Kern der Sache, nämlich die Frage nach den internen und den externen Relationen, zwischen denen das Sehen sich abspielt: Intern ist es das Verhältnis von Sinnlichkeit und Bedeutung, Sehen und Denken, das in Frage steht, extern dasjenige von Erfahrung und Welt, innen und außen, Subjekt und Objekt. Das eine Problem ist das von Geist und Natur, das andere das von Geist und Welt." <zurück>

8) Vgl. dazu die Kulturabhängigkeit von Wahrnehmungsstilen bei SCHÜRMANN (2008, S.44-S.50), sowie insgesamt BELTING (2009), LIEBSCH (2007) und STRAUB (2010). <zurück>

9) Beispielhaft sei hier SCHURZ (2006, S.64) angeführt: "Wenn ich einen Menschen sehe, der eine Menge Geld den Armen spendet, dann habe ich spontan die moralischen Empfindung: das war ein gute Tat. Wenn ich jedoch erfahre, dass es sich bei dem Spender um einen Politiker kurz vor seiner Wahl handelt, der diese Spende zum kalkulierten Zwecke der Gewinnung Wählerstimmen investierte und sich ansonsten mehr um das Wohl der Reichen als um die Armen kümmert, so stellt sich bei mir angesichts des selben Wahrnehmungserlebnisses eine ganz andere moralische Empfindung ein: nun ich empfinde den Politiker als heuchlerisch." <zurück>

10) Im Bereich der standardisierten Befragung konnte – wenngleich auf Ebene der Befragten – der Einfluss von Emotionen (Befindlichkeit) auf das Antwortverhalten nachgewiesen werden (vgl. BACHLEITNER & WEICHBOLD 2007 und BACHLEITNER, WEICHBOLD & ASCHAUER 2010). <zurück>

11) Es sind vier grundlegende epistemologische Annahmen, an die Subjekte gebunden sind, von Erkenntnis (Wahrnehmung) hervorzuheben:

Literatur

Atteslander, Peter (2010). Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Ayaß, Ruth (2012). Editorial zum Schwerpunktheft visuelle Soziologie. Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 37(2), 113-119.

Bachleitner, Reinhard & Weichbold, Martin (2007). Befindlichkeit – eine Determinante im Antwortverhalten. Zeitschrift für Soziologie, 36(3), 182-198.

Bachleitner, Reinhard; Weichbold, Martin & Aschauer, Wolfgang (2010). Die Befragung im Kontext von Raum, Zeit und Befindlichkeit. Beiträge zu einer prozessorientierten Theorie der Umfrageforschung. Wiesbaden: VS Verlag.

Barthes, Roland (1969). Rhetorik des Bildes. In Günther Schiwy (Hrsg.), Der französische Strukturalismus. Mode, Methode, Ideologie (S.158-166). Reinbek: Rowohlt.

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Zu den Autoren

Reinhard BACHLEITNER ist Professor an der Abteilung Soziologie und Kulturwissenschaft der Universität Salzburg mit den inhaltlichen Schwerpunkten Methoden und Methodologie empirischer Sozialforschung, Tourismus-, Kultur- und Freizeitsoziologie. Studium der Soziologie, Pädagogik, (Psychologie) (Abschluss Doktorat), Geografie, Sportwissenschaften (Abschluss Magister).

Kontakt:

Univ.-Prof. Mag. Dr. Reinhard Bachleitner

Abteilung Soziologie und Kulturwissenschaft
Fachbereich Politikwissenschaft und Soziologie
Universität Salzburg
A-5020 Salzburg, Rudolfskai 42

Tel.: 0043 662 8044 4109
Fax: 0043 662 8044 413

E-Mail: reinhard.bachleitner@sbg.ac.at
URL: http://www.uni-salzburg.at/soziologie/bachleitner

 

Martin WEICHBOLD ist a.o. Univ.-Prof. an der Abteilung Soziologie und Kulturwissenschaft der Universität Salzburg mit den inhaltlichen Schwerpunkten Methodologie empirischer Sozialforschung sowie kulturvergleichende Forschung. Studium der Soziologie, Politikwissenschaft und Psychologie.

Kontakt:

A.o.Univ.-Prof. Mag. Dr. Martin Weichbold

Abteilung Soziologie und Kulturwissenschaft
Fachbereich Politikwissenschaft und Soziologie
Universität Salzburg
A-5020 Salzburg, Rudolfskai 42

Tel.: 0043 662 8044 4115
Fax: 0043 662 8044 413

E-Mail: martin.weichbold@sbg.ac.at
URL: http://www.uni-salzburg.at/soziologie/weichbold

Zitation

Bachleitner, Reinhard & Weichbold, Martin (2015). Zu den Grundlagen der visuellen Soziologie: Wahrnehmen und Sehen, Beobachten und Betrachten [95 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16(2), Art. 10,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1502100.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

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