header image

Volume 23, No. 1, Art. 24 – Januar 2022

Einsätze feministischer Erkenntnistheorie für partizipative Forschung im Kontext sozialer Ungleichheit: Anerkennung aus forschungsethischer und epistemologischer Sicht

Lena Tanzer & Helga Fasching

Zusammenfassung: Partizipative Forschung kann als ergiebiger Forschungsstil im Kontext sozialer Ungleichheit verstanden werden. Wie insbesondere an Debatten aus dem Bereich der feministischen Wissenschaftstheorie deutlich wird, ist der Einbezug Angehöriger marginalisierter Gruppen als Co-Forschende nicht nur forschungsethisch, sondern auch epistemologisch bedeutsam, wirft jedoch auch unterschiedliche Probleme auf, so etwa die Forschungshierarchie und damit verbundene Subjektpositionen. Unter Bezugnahme auf den Begriff der Anerkennung werden die Ansprüche partizipativ Forschender in Zusammenhang mit feministischen Kritikpunkten diskutiert. Anerkennung wird dabei nicht nur als wertschätzende Haltung gefasst, sondern als adressierender, performativer Sprechakt, der mit der Vergabe soziokultureller Sprecher*innenpositionen einhergeht. Die Überlegungen werden an Reflecting Teams (ANDERSEN 2011 [1991]) veranschaulicht, die im Kontext des Forschungsprojekts "Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen" als partizipative Methode eingeführt wurden. In pointierter Weise zeigen wir auf methodologischer und methodischer Ebene fruchtbare Wechselwirkungen zwischen feministischer Epistemologie und partizipativer Forschung vermittels des Anerkennungsbegriffes auf.

Keywords: partizipative Forschung; qualitative Forschung; soziale Ungleichheit; Forschungsethik; Erkenntnistheorie; feministische Wissenschaftstheorie; Methodologie; Subjektivität; Anerkennung; Reflecting Team

Inhaltsverzeichnis

1. Ethische und epistemologische Implikationen partizipativer Forschung im Kontext sozialer Ungleichheit

2. Vom Nutzen feministischer Erkenntnistheorie für partizipative Forschungsvorhaben

2.1 Einige Grundzüge feministischer Wissenschaftstheorie

2.2 Partizipation marginalisierter Gruppen als Korrektiv für epistemologische Verzerrungen? Drei Positionen im Kontext feministischer Wissenschaftstheorie

2.3 Zwischenfazit

3. Paradoxale Verstrickungen partizipativer Forschung im Modus von Anerkennung

4. Strukturen der Anerkennung in Reflecting Teams als Methode partizipativer Forschung

4.1 Partizipation im Kontext inklusiver Übergangsforschung: ein Forschungsbeispiel

4.2 Partizipation und Anerkennung in Reflecting Teams

4.3 Möglichkeiten und Grenzen von Reflecting Teams im Kontext anerkennender partizipativer Forschung

5. Resümee

Anmerkungen

Literatur

Zu den Autorinnen

Zitation

 

1. Ethische und epistemologische Implikationen partizipativer Forschung im Kontext sozialer Ungleichheit

Partizipative Forscher*innen treten mit dem doppelten Anspruch auf, soziale Wirklichkeit nicht nur verstehend zu analysieren, sondern im Zuge von Ideologie- und Herrschaftskritik auch praktisch handelnd zu gestalten und dies in kooperativ forschender Praxis. VON UNGER (2014, S.3) verstand partizipative Forschung als "engagierte Forschung, die die Möglichkeiten der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und empirischen Forschung nutzt, um die sozialen, politischen und organisationalen Kontexte, in die sie eingebettet ist, kritisch zu reflektieren und aktiv zu beeinflussen". Damit einher geht der Anspruch, asymmetrische, hierarchische Verhältnisse zwischen Forscher*innen und Beforschten aufzubrechen und Letztere nicht nur als Expert*innen ihrer eigenen Lebenswirklichkeit zu verstehen, sondern ihnen auch wissenschaftliche Deutungshoheit einzuräumen. Forschung wird nicht von oder über Menschen betrieben, sondern deren soziale Wirklichkeit wird gemeinsam mit ihnen untersucht. Der partizipative "Forschungsstil" (BERGOLD & THOMAS 2012, §2) eignet sich besonders zur gemeinsamen Exploration der Lebenswelt von Menschen, die von sozialer Ungleichheit und Benachteiligung betroffen sind. Soziale Ungleichheit kann dabei verstanden werden als "gesellschaftlich verankerte, regelmäßige, relativ dauerhafte und sich auf die Lebens- und Handlungsmöglichkeiten auswirkende Formen der Benachteiligung oder Begünstigung" (FASCHING 2019, S.855). [1]

Mit COLLINS (2017) kann gezeigt werden, inwiefern soziale Ungleichheit nicht nur eine ethische Dimension besitzt, sondern auch erkenntnistheoretisch relevant ist. Ihr Verweis darauf, dass "social inequality relies upon strategies of epistemic injustice that collectively reproduce epistemic oppression" (S.118) verdeutlicht den genuinen Zusammenhang von Ethik und Erkenntnistheorie. Soziale Ungleichheit und epistemische Ungerechtigkeit stünden folglich in einem zirkulären Verhältnis und bedingten sich gegenseitig. Insofern würden Wissenskonstruktionen nicht-privilegierter Gruppen strukturell unterdrückt, und dies ziehe wiederum gesellschaftliche Ungleichheit und Benachteiligung nach sich. Das unterstreicht die Bedeutung partizipatorischen Vorgehens im Kontext akademischer Wissensproduktion. Auch VON UNGER (2014, S.7) vermerkte, dass insbesondere durch partizipatives Forschen "neue Formen von Wissen im Prozess einer kooperativen Wissensgenerierung" möglich würden. [2]

Mit ANDERSON (2020) kann der erkenntnistheoretische Wert der Teilhabe von marginalisierten Gruppen im Forschungsprozess untermauert werden. Verzerrungen und blinde Flecken in der Forschung können ihr zufolge nicht mit mehr Forschung über sie, sondern nur durch Forschung gemeinsam mit ihnen korrigiert werden. Vor dem Hintergrund einer androzentrischen Wissenschaftsausrichtung müssten gerade die zugrunde liegenden Prinzipien wissenschaftlicher Erkenntnis neu ausgerichtet werden. Sich der Illusion hinzugeben, "that science will correct the errors and biases in its theories about women and other subordinated groups by itself, without the aid of feminist values or insights" (o.P.), hindere vielmehr daran, das Bestreben nach gesellschaftlicher Veränderung einzulösen. In diesem Zusammenhang sind Forscher*innen nicht danach zu befragen, ob sie wertfrei und neutral vorgehen, sondern von welchen (impliziten) Wertvorstellungen sie geleitet werden, um Verzerrungen und Bias fassbar zu machen. Einbezug, Involviertheit und Betroffenheit können damit als förderlich zur Erforschung sozialer Wirklichkeit betrachtet werden (MRUCK, ROTH & BREUER 2002; ROTH, BREUER & MRUCK 2003). [3]

Aufgrund des Prinzips des Empowerments1) und des Anspruchs auf Veränderung sozialer Wirklichkeit werden im Zuge partizipativer Forschungen normative Setzungen in Bezug auf das Verständnis einer guten oder besseren Gesellschaft vorgenommen (VON UNGER 2014, S.9). Im Gegensatz zu Forscher*innen, die dem wissenschaftstheoretischen Paradigma des kritischen Rationalismus oder wissenschaftlichen Realismus folgen, wird dieser Ansatz als normativ und nicht wertfrei deklariert: Partizipative Forschung ist "unausweichlich wertgeleitet" (BERGOLD & THOMAS 2012, §107). [4]

Wird partizipative Forschung als differenzbewusst gesellschafts- und hegemoniekritisch verstanden, so kann die Beteiligung von Mitgliedern marginalisierter Gruppen dazu verhelfen, machtvolle Ungleichheitsstrukturen offenzulegen, anstatt sie zu reproduzieren. Innerhalb partizipativer Settings wird das Ziel deklariert, individuelle und kollektive Selbstbefähigung anzubahnen, Anerkennungsstrukturen gesellschaftlich zu verankern und so sozial gerechtere Verhältnisse herzustellen (BERGOLD & THOMAS 2012; GÖTSCH, KLINGER & THIESEN 2012; VON UNGER 2014). [5]

Trotz des Anspruchs auf Selbstbefähigung und Emanzipation dauern auch in der partizipativen Forschung machtvolle Dynamiken und asymmetrische Beziehungen an (BERGOLD & THOMAS 2012; GÖTSCH et al. 2012; MESSERSCHMIDT 2011; VON KÖPPEN, SCHMIDT & TIEFENTHALER 2021). Dies gilt insbesondere für Forschung in (geschlossenen) Institutionen, die von dort herrschenden Praktiken und Positionierungen beeinflusst wird und Forschende in ethische Dilemmata führen kann (VON KÖPPEN et al. 2021). Partizipative Forschung findet nicht im neutralen Raum statt, sondern ist oftmals direkt in der Lebenswelt der Zielgruppe situiert (wie etwa beim Participatory Action Research [PAR]). In jedem Fall sind sowohl akademische wie auch Co-Forschende mit sozialen Dynamiken (bspw. aufgrund unterschiedlicher Verständnisse lebensweltlicher Strukturen, habitueller Muster oder latenter Bedeutungszuschreibungen) konfrontiert, die stetiger Reflexion bedürfen. Aus unterschiedlichen Rollen im Forschungsprozess können verschiedene Machtansprüche resultieren, die es gilt, forschungsbegleitend zu reflektieren. In jedem Fall zu beachten ist, dass "die Wirkmächtigkeit gesellschaftlicher Strukturen ... auch in partizipativen Prozessen reproduziert werden [kann]" (VON UNGER 2014, S.49). Insbesondere im Kontext qualitativer partizipativer Forschung mit Gruppen, die von sozialer Ungleichheit betroffen sind, ist folglich die Auseinandersetzung mit forschungsethischen Fragen zentral (BERGOLD & THOMAS 2012; FASCHING & FELBERMAYR 2019; HUBMAYER, FELBERMAYR & FASCHING 2018; ROTH & VON UNGER 2018). Resümierend kann mit MESSERSCHMIDT (2011, S.87) vermerkt werden, dass "[e]mpirisches Forschen in Beziehungen zu den diskursiven Bedingungen [erfolgt], unter denen Forschende ihren Gegenstand betrachten und in Beziehung zu allen am Forschungsprozess Beteiligten." Hinsichtlich der in Forschungskontexten gegebenen und entstehenden sozialen Dynamiken kommt dem Aspekt der Anerkennung2) eine besondere Rolle zu. Anerkennung im Kontext qualitativer Forschungsbeziehungen kann mit dem Anspruch in Verbindung gebracht werden, Inklusion und "ethische Gleichheit" bzw. "ethical symmetry" (VON KÖPPEN et al. 2021) in der Forschung herzustellen. [6]

Partizipative Forschung weist hinsichtlich ihrer Transdisziplinarität und Interprofessionalität (VON UNGER 2014, S.2) ein vielversprechendes Potenzial auf. Sie ist gleichzeitig Methode und Methodologie und kann als forschungsethische Grundhaltung betrachtet werden. Sowohl aus ethischer als auch erkenntnistheoretischer Sicht erscheint eine partizipative Vorgangsweise interessant, da so nicht nur thematisch wird, für welches Wissen Geltung beansprucht wird, sondern auch, wer gültiges Wissen produzieren darf. Anschließend daran kann gefragt werden, inwiefern mit partizipatorischen Zugängen auch epistemologische Veränderungen einhergehen (können) und welche erkenntnistheoretischen Prämissen partizipativer Forschung zugrunde liegen. Einschlägige Veröffentlichungen zu partizipativer Forschung sind diesbezüglich jedoch meist nicht aufschlussreich, da der wissenschaftstheoretische Hintergrund dieses Forschungsstils allenfalls implizit zu entnehmen ist. Das mag der Vielfalt an Ansätzen und Begrifflichkeiten im Kontext partizipativer Forschung geschuldet sein, die die Anbahnung einer in sich abgeschlossenen und "kohärenten Methodologie" (S.4) erschweren. Es bleibt bei dem Verweis, dass partizipative Forscher*innen im deutschsprachigen Raum zumeist qualitativen, sozial-konstruktivistischen Paradigmen folgen (S.5). In Bezug auf PAR wurden im Sammelband "Partizipative Forschung und Gender" (BRENNSSELL & LUTZ-KLUGE 2020) Aufsätze zu feministisch orientierten Forschungsprojekten mit Genderthematik versammelt. Zudem wurden im Schwerpunktheft "Inklusion und Intersektionalität in institutionellen Bildungskontexten" (PENKWITT, KÖHLER & SCHLÜTER 2020) unter anderem auch analytische Verhältnisse zwischen feministischen, intersektionalen Perspektiven und Disability Studies behandelt (MORE & RATKOVIĆ 2020; SCHILDMANN & SCHRAMME 2020). MORE und RATKOVIĆ (2020, S.67) vermerkten jedoch auch, dass gerade im Kontext gesellschaftskritischer Forschung "[e]in feministischer Zugang ... verstärkt werden" müsse. [7]

In diesem Beitrag machen wir einen weiteren Vorschlag zur Schließung dieser Lücke, indem wir darlegen, inwiefern partizipative Forschung anschlussfähig an zentrale Aspekte der feministischen Wissenschaftstheorie ist. Feministische Wissenschaftstheorie und partizipative Forschung aus methodologischer Sicht in Verbindung zu bringen erscheint vor allem ergiebig, da beide auf die emanzipatorische Generierung von Wissen und den Abbau ungleichheitserzeugender Wissen(schaft)ssysteme abzielen. In Abschnitt 2 wird der Mehrwert eines feministischen Einsatzes für partizipative Forschung erläutert. Dabei werden grundlegende Annahmen feministischer Wissenschaftstheorie vorgestellt, und anhand dreier Positionen wird die (Art der) Einbeziehung Angehöriger marginalisierter Gruppen diskutiert. Die dargestellten Problematiken werden unter Bezugnahme auf die Kategorie der Anerkennung in Abschnitt 3 pointiert diskutiert. Es wird gezeigt, dass Anerkennung nicht nur eine ethische Facette in diesem Forschungsstil darstellt, sondern (mit Replik auf feministische Wissenschaftstheorie) auch epistemologische Implikationen aufweist. Die Überlegungen werden auf methodischer Ebene unter Bezugnahme auf Auszüge von im Kontext des FWF-Forschungsprojektes "Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen" durchgeführten Reflecting Teams veranschaulicht (Abschnitt 4) und schließlich resümierend zusammengeführt (Abschnitt 5). [8]

2. Vom Nutzen feministischer Erkenntnistheorie für partizipative Forschungsvorhaben

Im folgenden Abschnitt stellen wir zunächst einige Grundannahmen feministischer Wissenschaftstheorie in Bezug auf die Möglichkeit objektiver und universaler Erkenntnis dar. In der Frage nach benachteiligungssensibler und androzentrismuskritischer Forschung erörtern wir sodann feministische Antworten zusammenfassend anhand dreier Positionen: dem feministischen Empirismus, von Standpunkttheorien sowie von postmodernen feministischen Ansätzen. Diese Betrachtungsweisen sind als heterogen und der Diskurs um Wissensproduktion ist auch innerhalb feministischer Theorie als kontrovers zu betrachten, insoweit wird auch in der feministischen Epistemologie kein Anspruch auf Abgeschlossenheit und Ganzheitlichkeit erhoben. Inwiefern Debatten aus dem Bereich der feministischen Wissenschaftstheorie jedoch als Ansatzpunkte für kritische Selbstreflexion in partizipativem Forschen gesehen werden können, erörtern wir abschließend. [9]

2.1 Einige Grundzüge feministischer Wissenschaftstheorie

Feministische Wissenschaftstheorie (im Englischen feminist epistemologies; TANESINI 1999) kann der Gruppe antirealistischer Positionen zugeordnet werden. Trotz einiger gemeinsamer Grundannahmen kann nicht von einer einheitlichen metatheoretischen Position ausgegangen werden3). Feministische Wissenschaftstheorie umfasst eine Vielzahl von Ansätzen mit gesellschaftskritischem Anspruch. Sie wird als kritische Theorie im Sinne eines "reformistischen und revolutionären Ansatz[es]" (HARDING 1990 [1986], S.7) verstanden, weshalb auch von feministischer Wissenschaftskritik (ERNST 2019) die Rede ist. Sie zeichnet sich durch eine Nähe zur Wissenschaftssoziologie sowie einer sozial-konstruktivistischen Grundhaltung aus, der zufolge Wissensproduktion nie interesselos und unvoreingenommen verläuft:

"Feminist engagements with science are linked thematically to SSK [sociology of scientific knowledge] and forms of social constructivism by their recognition of the role of social factors as determinants of scientific facts. That said, they extend the analysis in a more specific way, reflecting particular concerns about the marginalization of points of view based on gender, ethnicity, socio-economic status, and political status" (CHAKRAVARTTY 2017, o.P.). [10]

Vertreter*innen feministischer Wissenschaftstheorie kritisieren in unterschiedlicher Weise die Hegemonie androzentrischer Wissensproduktion. Das bezieht sich nicht so sehr auf Anstellungsverhältnisse oder die Verteilung von prestigeträchtigen Positionen im Wissenschaftsbetrieb, sondern vielmehr auf die Konstruktion dominanten Wissens und dessen Legitimation. Eine zentrale Annahme besteht darin, dass Androzentrismus und andere hegemoniale Strukturen sich in tiefgreifender Weise auf die Konstitution zu bearbeitender Forschungsfelder, Methoden, Methodologien oder Theorienwandel auswirkten, wodurch Zweifel am Anspruch eines objektiven, universellen und letztgültigen Status' von Wissen und Wissenschaft aufgeworfen würden:

"In allen von uns untersuchten Bereichen gelangen wir zu dem Ergebnis, daß die von uns für allgemein-menschlich gehaltenen Problemstellungen, Begriffe, Theorien, objektiven Methodologien und transzendentalen Wahrheiten in Wirklichkeit das Zeichen ihrer kollektiven und individuellen Entstehungsbedingungen tragen, und diese wiederum sind in bezug auf das soziale Geschlecht, in bezug auf Klasse, Rasse und Kultur deutlich charakterisiert" (HARDING 1990 [1986], S.11). [11]

Feministische Forscher*innen wie HARDING postulieren, dass es sich immer schon um ein durch die wissenschaftliche Methode und Positionen der Forschenden hergestelltes, demnach sozial-konstruiertes Wissen handle. Die Art und Weise, wie sich das Forschungsfeld und der Forschungsgegenstand den Forschenden darbieten, sei stets abhängig vom Subjekt der Erkenntnis und der soziokulturellen Position der Forschenden selbst. Die Verflochtenheit des erkennenden (forschenden) Subjekts in machtvolle, historisch gewordene Diskurse wird in klassischen Erkenntnistheorien jedoch systematisch ausgeschlossen. (Wissenschaftliche) Erkenntnis erhält dort gerade dadurch ihre Gültigkeit, dass ein rationales und unvoreingenommenes Subjekt der Erkenntnis vorausgesetzt und von konkret-gesellschaftlichen Zusammenhängen abstrahiert wird. Exemplarisch sei hier auf REICHENBACH verwiesen, der im Zuge seiner Differenzierung von Entdeckungs- und Legitimationszusammenhang argumentierte, dass objektive Wirklichkeit und subjektiv gefärbte Erforschung derselben klar voneinander trennbar wären (1938, S.36f.; siehe auch GLYMOUR 2021). Feministische Wissenschaftstheoretiker*innen plädieren hingegen dafür, die gemäß normal science gängige metaphysisch-abstrakte Forschendenposition zugunsten eines konkret-situierten Subjekt des Wissens zu überwinden (SINGER 2008, S.285f.). Die Dekonstruktion universalistischer Geltungsansprüche und die Rückbindung von Wissen an die soziale Position der Wissenssubjekte ist somit zentraler Gegenstand feministischer Arbeiten. [12]

In dieser Hinsicht sind Vertreter*innen feministischer Positionen mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden Wissenschaft und das Postulat der Objektivität prinzipiell leugnen. ANDERSON (2020) erläuterte, dass feministisch Forschende weder dies noch den Anspruch nach der Suche von Wahrheit negierten. Vielmehr gehe es darum zu dekonstruieren, an welchen Stellen wissenschaftliche Forschungen blinde Flecken aufwiesen und wessen Interessen der jeweils dominierende wissenschaftliche Fokus dienlich sei: "The complaint is rather that, as dominantly practiced, it [science] offers a partial view of the world primarily oriented to discovering those truths that serve particular human interests in material control and maintaining current social hierarchies" (o.P.). Im Kontext feministischer Positionen werden also die Vorstellungen herrschender (oftmals am kritischen Rationalismus orientierter) Wissensproduktion und (vermeintlicher) Objektivität herausgefordert und offengelegt. [13]

2.2 Partizipation marginalisierter Gruppen als Korrektiv für epistemologische Verzerrungen? Drei Positionen im Kontext feministischer Wissenschaftstheorie

Ansätze feministischer Wissenschaftstheorie stimmen darin überein, dass Wissen nie von dem Standpunkt eines Niemands aus generiert und begründet werden kann. Soziale Position, Vorannahmen und Weltsicht der Forschenden nehmen stets Einfluss auf Forschungsvorhaben und Prozesse der Wissensgenerierung. Insofern sind auch Wissenschaften gemäß ihrer historischen und gesellschaftlich-kulturellen Verortung zu kontextualisieren. Dieser Konsens in Bezug auf die Voraussetzung eines standortverbundenen oder situierten Wissenssubjekts wird allerdings auch innerhalb feministischer Theoriebildung unterschiedlich aufgegriffen.

"Was folgt aus den Einsichten in die Situiertheit und Kontextabhängigkeit des Wissens? Folgt daraus notwendigerweise Relativismus und sind Ansprüche auf Objektivität und Wahrheit demnach aufzugeben? Bedeutet die Einsicht, dass Wissen kontextgebunden und perspektivisch ist, dass es keine darüber hinaus gehenden Kriterien geben kann, um zwischen konkurrierenden Wissensansprüchen zu entscheiden? Oder kann nachgerade die spezifische gesellschaftliche Positioniertheit der WissensproduzentInnen zum Ausgangspunkt genommen und daraus abgeleitet werden, dass es gesellschaftliche Standorte gibt, von denen aus eine adäquatere und objektivere Sicht auf die Verhältnisse möglich ist?" (SINGER 2008, S.287) [14]

Vertreter*innen des feministischen Empirismus gehen davon aus, dass unverzerrte Erkenntnis auch mithilfe bestehender methodischer und methodologischer Prinzipien möglich sei, wenn diese nur strenger angewendet würden. Benachteiligungsformen wie Sexismus und Androzentrismus seien zwar gesellschaftliche Phänomene, denen jedoch forschungspraktisch begegnet werden könne (HARDING 1990 [1986], S.22). So sei objektives Wissen auch unter Beibehaltung gängiger empirisch-rationalistischer Axiome möglich. Hypothesengeleitete und evidenzbasierte Forschung könne weiterhin als Grundlage von Erkenntnisprozessen angesehen werden. Allerdings grenzen sich Vertreter*innen des feministischen Empirismus vom empirisch-positivistischen Paradigma ab. Wissenschaft wird als soziales Unterfangen verstanden. Insofern seien auch wissenschaftliche Theorien nicht per se gegeben, sondern stets durch soziale Aspekte geprägt. Kritisiert wird also das positivistische Axiom der Loslösung wissenschaftlicher Theorien von ihrem jeweiligen konkreten Entstehungskontext (GLYMOUR 2021; REICHENBACH 1938). Um das Postulat nach Objektivität einzulösen, müsse gerade auch der Entdeckungskontext Gegenstand kritischer Analyse und Untersuchung sein. Damit wird weiter der Grundsatz der Wertfreiheit von Wissenschaft infrage gestellt, durch den der traditionelle Empirismus charakterisiert wird. Vertreter*innen des feministischen Empirismus wenden ein, dass Werte nicht nur im Entdeckungszusammenhang eine Rolle spielten, sondern auch im Legitimationskontext. Wissenschaft müsse als soziales Unterfangen verstanden werden, wodurch Wissensproduktion zu keinem Zeitpunkt wertneutral sein könne (SINGER 2008, S.288f.; TANESINI 1999, S.97). [15]

Vertreter*innen von Standpunkttheorien stellen hingegen jegliche Objektivitätsansprüche infrage. Sie proklamieren, dass die eigene soziale Position sich in das spätere, vermeintlich objektive Wissen einschreibe, ohne dass dies empirisch eingeholt werden könne (ANDERSON 2020). Die Argumentation bleibt hier jedoch nicht stehen. Standpunkttheoretiker*innen unterstreichen, dass es sowohl die Offenlegung der hegemonialen Struktur privilegierter Standpunkte als auch den Einbezug sozial benachteiligter Perspektiven brauche, um verzerrte Blickwinkel und blinde Flecken offenzulegen. Insbesondere sei es für eine angemessenere Beschreibung von Wirklichkeit relevant, Forschung von einem marginalisierten anstatt von einem privilegierten Standpunkt aus zu betreiben. Zunächst könnten so fundamentale gesellschaftliche Regelhaftigkeiten offengelegt und spezifisches Wissen über die Oberflächenstruktur einer Gesellschaft zutage gebracht werden. Soziale Ungleichheit(en) erschienen von einem superioren Standpunkt aus als quasi natürlich und notwendig, während eine marginalisierte Perspektive auf die Kontingenz hierarchischer Strukturen verweisen könne. Allgemeine menschliche Interessen und Bedürfnisse könnten drittens von einem marginalisierten Standpunkt aus besser erschlossen werden. Der gesellschaftliche Auftrag von Wissenschaft, gerechtere Verhältnisse zu etablieren, werde vor allem dann erfüllt, wenn den Interessen der gesellschaftlich bisher schlechter gestellten Gruppen begegnet werde (a.a.O.). [16]

Während innerhalb klassischer feministischer Ansätze der Standpunkt der Frauen zunächst als einziges Korrektiv und Dekonstruktionsdispositiv für das traditionelle Wissen(schafts)verständnis gesehen wurde ("Thinking From Women's Lives", HARDING 1991), wird seit Längerem darauf hingewiesen, dass die Kategorie des Geschlechts zwar notwendig, aber nicht hinreichend für einen kritischen Zugang sei. Es bedarf demnach erweiterter und pluraler Standpunkte. Diese Revision wird unter anderem mit der Bezeichnung "starting from marginal lives" expliziert (SINGER 2008, S.290). Aufgrund ihrer erlebten Unterdrückungs- und Benachteiligungserfahrungen hätten Angehörige marginalisierter Gruppen spezifisches Wissen über gesellschaftliche Strukturen und Mechanismen (ERNST 2019, S.413). Wissen, das von einem marginalisierten Standpunkt aus produziert wird, habe das Potenzial, Verzerrungen, die durch einen hegemonialen Standpunkt entstehen zu korrigieren. Theorien auf Basis partizipativer Prozesse der Wissensgenerierung könnten so angemessenere Beschreibungen gesellschaftlicher Strukturen und sozialer Wirklichkeit bieten, als dies allein von einem vorgeblich neutralen, wissenschaftlich-privilegierten Standpunkt aus möglich wäre. [17]

Allerdings üben Angehörige postmoderner feministischer Ansätze Kritik an den beschriebenen Standpunkttheorien, insbesondere an deren Subjektverständnis. Im Versuch, Kategorisierungen, Klassifizierungen und damit einhergehende Hierarchien aufzubrechen, würden wiederum einzelne Gruppen bzw. "aufgespaltene[ ] und partikularisierende[ ] Identitäten" (HARDING 1990 [1986], S.26) geformt. Mit dem Partikularisierungsvorwurf einher geht auch eine Essentialismuskritik. Die Aufspaltung in einzelne Gruppen führe erneut zu einer Homogenisierung heterogener Gruppen, wie dies SINGER (2008, S.290) am Beispiel der Gruppe Frauen darstellt: "Standpunktepistemologisch von einem Subjekt Frau auszugehen, würde unvermeidlich essentialistische und universalistische Bestimmungen einschließen und Differenzen ausblenden." Ein einheitlicher (feministischer bzw. marginalisierter) Standpunkt könne folglich immer nur eine heuristische Annahme bleiben, werden doch die Standpunkte und Wahrnehmungen von Wirklichkeit von marginalisierten Gruppen unterschiedlich bestimmt (COLLINS 1989; TUANA 2017). Der Negation vereinheitlichender Bestimmungen von Geschlecht, Ethnie, Behinderung u.a. sei nicht nur auf theoretischer, sondern auch auf methodischer Ebene zu begegnen: "Wenn Geschlecht als erklärungsbedürftiges, am ehesten relationales Phänomen zu behandeln ist, müssen in der Empirie kontextsensible, ergebnisoffene und antiessentialistische Verfahren Verwendung finden" (STURM 2010, S.406). [18]

Durch diese impliziten Vorannahmen standpunkttheoretischer Ansätze wird die Problematik hegemonialer Wissensstrukturen nur auf eine andere Ebene verlagert. Es geht demnach nicht mehr um dominantes Wissen zwischen privilegierten und subalternen Gruppen, sondern innerhalb marginalisierter Gruppen werden nunmehr hierarchische Verhältnisse erzeugt. Mittels postmoderner Ansätze wird damit vor allem das mit Standpunkttheorien verbundene Risiko aufgezeigt, mit einer latenten Annahme objektiven Wissens zu arbeiten. Es müsse vielmehr

"[v]orausgesetzt [werden], dass es kein herausragendes Kollektiv gibt, das epistemisch eine Sonderstellung – als 'revolutionäres Subjekt' – einnehmen könnte. In Frage gestellt wird, dass es eine zentrale soziale Strukturkategorie (wie Klasse oder Geschlecht) gibt, anhand derer Gesellschaft als Ganzes von unten aufgerollt werden könnte. Ausgegangen wird vielmehr davon, dass Ungleichheit und Unterdrückung im Zusammenspiel und in Überschneidung mehrerer machtvoller sozialer Strukturkategorien (Klasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung, 'Rasse', Ethnizität) zu begreifen sind und es damit eine Mehrzahl unterworfener Positionierungen und nicht aufeinander reduzierbare Standpunkte oder einen feministischen Standpunkt gibt" (SINGER 2008, S.290). [19]

Auch wissenschaftliches Wissen ist somit nicht als universal gültiges, sondern als situiertes Wissen (HARAWAY 1988) zu beurteilen. Vertreter*innen postmoderner Ansätze verweisen darauf, dass Geltungsansprüche von Wissen weniger mit Wahrheit als vielmehr mit dem Innehaben machtvoller Positionen verbunden seien (SINGER 2008, S.289). Aus epistemologischer Sicht wird es bedeutsam, die Verschränkungen auszumachen, die eine marginalisierte Position bedingen. Dies stellt den Kern von Sandra HARDINGs Konzept einer strong objectivity (1993) dar. HARDING ziele darauf ab, "das Vor- und Umfeld wissenschaftlicher Forschung (den Entdeckungszusammenhang) aufzuklären und radikal zu demokratisieren" (SINGER 2008, S.291) und postuliere, dass "[e]ine am wenigsten verzerrte Sichtweise ... diejenige [wäre], die ihren Ausgangspunkt bei möglichst vielen verschiedenen Perspektiven und gesellschaftlichen Verortungen nimmt, die im herrschenden Diskurs marginalisiert werden" (a.a.O.; vgl. auch LONGINO 1990). Die Wechselwirkung benachteiligungserzeugender Kategorien ist insbesondere auch Gegenstand intersektionaler Analysen (u.a. WALGENBACH 2017; WINKER & DEGELE 2010). Im Zuge einer feministisch-intersektionalen Herangehensweise wird demnach keine "Masterkategorie" (RAAB 2012, S.6) absolut gesetzt. MORE und RATKOVIĆ (2020, S.58) kritisierten jedoch, dass die Bezugnahme auf Intersektionalität im pädagogischen Diskurs bislang eher auf intersektionale Analysen des Feldes gerichtet sei, eine "Reflexion eigener Wissensproduktion und asymmetrischer Machtverhältnisse" jedoch weniger berücksichtigt werde. Es erscheint folglich als zentral, eine Matrix der Unterdrückung (SINGER 2008, S.291) nicht nur in Bezug auf Forschungsfeld, sondern auch hinsichtlich des Forschungsprozesses zu erstellen. [20]

In postmodernen feministischen Theorien werden absolute Objektivitäts- oder Wahrheitsansprüche von Wissen zurückgewiesen (CHAKRAVARTTY 2017). Ohne die Ansprüche auf Objektivität, Letztgültigkeit und Verallgemeinerbarkeit einlösen zu wollen, wird dennoch nicht die Relevanz von Forschung und Wissenschaft im Allgemeinen geleugnet. Vielmehr "[f]avorisiert wird eine epistemologische Orientierung, die die lokale und perspektivische Beschränktheit, Kontingenz und Instabilität, Ambiguität und prinzipielle Bestreitbarkeit aller Wissensansprüche in den Vordergrund stellt" (SINGER 2008, S.289). [21]

2.3 Zwischenfazit

Ansätze und Debatten in der feministischen Wissenschaftstheorie bieten nicht nur einen kritischen Spiegel für Wissenschaft im Allgemeinen, sondern auch einen fruchtbaren Boden für partizipative Methodologien und Methoden. Insofern können sie im Zuge partizipativer Forschung in kritischer Evidenz gehalten werden. Hinsichtlich der Unmöglichkeit neutraler Standpunkte gilt es – im Sinne involvierten Forschens (MESSERSCHMIDT 2011) –, nicht nur die Positionierungen der Co-Forschenden, die als Expert*innen ihrer Lebenswelt auftreten zu reflektieren, sondern ebenso die privilegierten Wissensordnungen der akademisch Forschenden offenzulegen und zu hinterfragen. Letztere müssen sich nicht nur ihrer privilegierten Positionen bewusst sein, sondern auch gewahr darüber werden, inwiefern ein androzentrischer Wissenschaftsbetrieb das eigene forschungspraktische Handeln in bestimmte Bahnen zwingt. [22]

Bedeutsam wird zudem, nicht erneut eine Defizitperspektive bei der Analyse sozialer Ungleichheit einzunehmen und durch die Einbeziehung vulnerabler Gruppen einen marginalisierten Standpunkt zu verstärken, "sondern sehr wohl auch das Widerstands- und Selbstbestimmungspotential von 'Betroffenen' hervorzuheben" (MORE & RATKOVIĆ 2020, S.62). Neben der kritischen Reflexion des sozialen (Forschungs-)Feldes und des Forschungsprozesses hinsichtlich inhärenter Machtdynamiken werden somit Fragen nach Anerkennung virulent. [23]

3. Paradoxale Verstrickungen partizipativer Forschung im Modus von Anerkennung

Die Etablierung einer gelingenden Arbeitsbeziehung stellt ein bedeutsames Moment im qualitativen Forschungsprozess dar. Gerade im Zuge von partizipativ angelegten Projekten und partizipativer Längsschnittforschung ist diese für die Durchführung grundlegend (HUBMAYER et al. 2018; WÖHRER et al. 2021). Die "researcher/researched relations" (DETAMORE 2010, S.168) unterliegen vielfältigen Dynamiken und sind deshalb selbst Gegenstand beständiger Reflexion. Dass partizipativ Forschende besonders macht- und habitussensibel sein müssen, wurde an unterschiedlichen Stellen deklariert (FRIEBERTSHÄUSER, RIEGER-LADICH & WIGGER 2009; KUBANSKI & GOEKE 2018) und hat sowohl ethische als auch epistemologische Gründe. Warum auch Anerkennungsprozesse als immanent für die forschungsbegleitende Reflexion erscheinen, wird im Folgenden dargelegt. [24]

Die Bedeutung von Anerkennung im Kontext partizipativer Forschung ist in der Fachliteratur ein teilweise implizit, teilweise explizit wiederkehrendes Thema. Anerkennung wird an unterschiedlichen Punkten festgemacht. Es geht unter anderem um (faire) Entlohnung und Aufwandsentschädigung der Co-Forschenden (VON UNGER 2014), um die Qualität demokratischer Strukturen im Forschungsprozess (etwa hinsichtlich Entscheidungen; GÖTSCH et al. 2012) sowie damit zusammenhängend um das (inhaltliche und formale) Ausmaß an Partizipation (WRIGHT, VON UNGER & BLOCK 2010). Dem Aspekt der Anerkennung wird in Bezug auf forschungsethische Aspekte oder die Entwicklung gelingender Forschungsbeziehungen Bedeutung zugemessen (u.a. BILGERI, KRAMANN & PROYER 2019; FASCHING, FELBERMAYR & HUBMAYER 2019; HUBER & MULLER 2019; PRENGEL 2019). Wie bereits beschrieben, kann auch soziale Benachteiligung als Anerkennungsdefizit gefasst werden. Gerade auch im wissenschaftlichen Kontext gilt:

"Die Sprachkompetenz, die ausreicht, um Sätze zu bilden, kann völlig unzureichend sein, um Sätze zu bilden, auf die gehört wird, Sätze, die in allen Situationen, in denen gesprochen wird, als rezipierbar anerkannt werden können. [...] Sprecher ohne legitime Sprachkompetenz sind in Wirklichkeit von sozialen Welten, in denen diese Kompetenz vorausgesetzt wird, ausgeschlossen oder zum Schweigen verurteilt" (BOURDIEU 1990 [1982], S.60). [25]

Aus BOURDIEUs Analysen geht hervor, dass die mit Herrschaftsmacht Ausgestatteten durch symbolische Gewalt dazu in der Lage sind, ihrem Wissen Geltung und Anerkennung zu verschaffen, während als anders markiertes Wissen verkannt wird und unbeachtet bleibt (vgl. auch GÖTSCH et al. 2012). Mit COLLINS (2017, S.119) kann daran anknüpfend auf die so (re)produzierte epistemische Ungleichheit hingewiesen werden: "In a context of legal equality, discrediting ... subordinated people as epistemic agents happens less by direct confrontation and increasingly by eroding their epistemic authority by indirectly attacking their credibility." Das Absprechen von Wissensautorität wird vor allem durch unterschwellige Deutungen und symbolische Zuschreibungen vermittelt und – wie BOURDIEUs Ausführungen zeigen – durch die Vergabe bestimmter Sprecher*innenpositionen scheinbar legitimiert. Ein solches Entziehen (wissenschaftlicher) Glaubwürdigkeit kann als Form sozialer Benachteiligung gedeutet werden. Die Nicht-Anerkennung marginalisierter Gruppenmitglieder als Personen, die bedeutsames und relevantes Wissen innehaben, wird zu einer Form von epistemischer Ungerechtigkeit. [26]

Im Kontext partizipativer Forschung soll die forschungsgenuine Subjekt-Objekt-Relation unterbunden werden. Stattdessen wird gefordert, die Forschungsteilnehmer*innen als Forschungssubjekte anzuerkennen, und zwar vermittels ihrer Beteiligung als Co-Forschende (KREMSNER 2017, S.268). Damit einher geht die Anerkennung von Erfahrungen und Erlebnissen in ihrer Lebenswelt (ihres Alltagswissens) als relevant für die Generierung wissenschaftlichen Wissens. Die Anerkennung einer Perspektive kann als Zugeständnis ihres epistemischen Wertes gesehen werden (vgl. in Bezug auf Wissenskonstruktionen von Menschen mit Behinderung auch FASCHING & BIEWER 2014). So kommt es zu einem Paradigmenwechsel in der Frage, wer über Wissen verfügen darf, wer die Position eines*einer Wissenden für sich beanspruchen darf. Hinsichtlich inklusiver Forschung mit Menschen mit intellektueller Behinderung vermerkte KREMSNER (2017, S.268), dass diese einhergehe mit einer "radikalen Umdeutung von 'Wissen', das nunmehr nicht weiter an vermeintlich definierbaren und formal zu bestimmenden Kriterien festgemacht werden kann. Über Wissen verfügen nun vielmehr alle Menschen". In diesem Sinne kann Anerkennung als Prämisse in partizipativen Forschungskontexten verstanden werden. Partizipative Forschung scheint grundsätzlich im Modus der Anerkennung vollzogen zu werden. Damit sind die Beteiligten jedoch in eine Aporie verstrickt: Denn wiederum sind es die akademisch Forschenden, die die Co-Forschenden als solche anerkennen und deren Wissen als legitim und forschungsrelevant einstufen. Dies birgt die Gefahr, einen autochthonen Status der akademisch Forschenden zu reproduzieren. [27]

Gerade im Kontext qualitativer Sozialforschung kommt Sprachhandlungen eine zentrale Bedeutung zu. Mit RICKEN et al. (2017) kann auf die (zu weiten Teilen) sprachliche Verfasstheit von Anerkennung verwiesen werden. Die Autor*innen verstanden Anerkennung immanent verknüpft mit Akten (re)adressierenden Sprechens, die sich subjektkonstituierend niederschlügen. Im Kontext partizipativer Forschung bedeutet dies: Durch die Adressierung als Wissens- und Forschungssubjekte werden die Co-Forschenden anerkannt. Dabei geht es nicht allein um Worte der Wertschätzung und Bestätigung, sondern auch um die Reflexion adressierende und re-adressierende Sprechakte im Forschungsprozess. Dies schließt eine Dekonstruktion herrschender gesellschaftlicher Anerkennungsverhältnisse und -normen mit ein. [28]

Anschließend an dieses Verständnis wird der programmatische Anspruch partizipativ Forschender nun auch aus anerkennungstheoretischer Sicht deutlich. So zielen Forschende nicht nur darauf ab, im Kontext der eigenen Forschung ungleichheitsgenerierende Subjektpositionen aufzubrechen, sondern auch, eine Veränderung sozialer Anerkennungsordnungen anzubahnen. Wie eben gezeigt, lässt der Bezug auf Sprechakttheorie Anerkennung als "Adressierungsgeschehen" (S.205) begreiflich werden. Dies geht jedoch mit paradoxalen Verstrickungen einher. Insofern jemand immer als jemand anerkannt werde (BALZER & RICKEN 2010, S.39f.), bedeute dies immer auch eine machtvolle Subjektivierung und Einordnung des*der Anderen. Dies berge die Gefahr, inferiore Positionen noch weiter zu verstärken (RICKEN et al. 2017, S.201). In Anlehnung an SPIVAK (2008 [1988], S.42) konkretisierte MESSERSCHMIDT (2011, S.94):

"Die Art und Weise Subjekt sein zu können, übt eine 'epistemische Gewalt' aus, d.h. eine Gewalt des Wissens über Andere, in der das koloniale Subjekt als Anderes konstituiert wird ... . Anerkennung erfolgt in dieser Struktur nur um den Preis der Assimilierung der/des Anderen. " [29]

Der Einbezug marginalisierter Gruppen in Forschung wird von dem Paradox begleitet, dass die Co-Forschenden entweder als Subalterne re-adressiert werden (Anerkennung als benachteiligt) oder sich den akademisch Forschenden angleichen müssen und dadurch erneut in ihrer Position verkannt werden. Gerade eine affirmative Bekräftigung der Anerkennung anderer Perspektiven kann zu einer Verdinglichung marginalisierter Perspektiven führen. Im zweiten Fall erscheinen durch die (implizite) Aufforderung zur Assimilation die Perspektiven der Co-Forschenden als nicht anschlussfähig. Die epistemologisch bedeutsamen Unterschiede werden so nivelliert und letztlich relativiert. In beiden Fällen handelt man sich anstatt der gemeinsamen Generierung von Wissen eher das Verfangen in normativen Vergleichsschemata ein. Auch partizipative Forschung, die im Modus der Anerkennung vollzogen wird, ist somit nicht frei von hegemonialen Differenzen und machtvollen Subjektpositionierungen. Partizipative Forschungsprozesse sind damit eingebettet in ein "Dilemma von Partizipation/Artikulation und objektivierende[r] Repräsentation" (S.93). [30]

Auch wenn die inhärente Paradoxie des Anerkennungsbegriffes nicht aufgelöst werden kann, stellt sich die Frage, wo sie forschungspraktisch auftreten mag und wie sie bearbeitet werden kann. Einen solchen Kulminationspunkt bilden etwa aufkommende Konflikte im Forschungsprozess. Solche üblicherweise als behindernd wahrgenommenen "Stolpersteine" können besonderes Potenzial hinsichtlich der Reflexion eingenommener und/oder zugeschriebener Rollen bergen und die Generierung neuen Wissens vorantreiben: "Gerade die Differenz zwischen akademischer Weltsicht und der Weltsicht der Forschungspartner/innen soll für den Erkenntnisprozess fruchtbar werden" (BERGOLD & THOMAS 2012, §42). Widersprechende Perspektiven und die Versagung von vorgesehenen Rollen können ein Anlass zentraler Reflexion werden. Ein produktiver Forschungsprozess kann also mitunter dadurch beeinträchtigt werden, dass Teilnehmer*innen aus marginalisierten Gruppen Kompetenzen abgesprochen werden. In der partnerschaftlichen Bewältigung von Differenzen können Hierarchien und Deutungshoheiten abgebaut werden. Damit stellen "Konflikte ... in diesem Kontext insofern ein Qualitätsmerkmal dar, als sie diesen Unterschieden Ausdruck verleihen und zeigen, dass die Beteiligten ihre jeweiligen Bedürfnisse artikulieren können" (VON UNGER 2014, S.86). [31]

GÖTSCH et al. (2012) verhandelten die Thematik von Machtanalysen in partizipativen Forschungsprozessen in Anlehnung an feministische Überlegungen. Sie plädierten dafür, Machtdynamiken in partizipativen Forschungsprozessen nicht in ein "reflexive[s] Vakuum" (§6) auszulagern, sondern durch eine strukturelle Analyse in den Forschungsprozess miteinzubeziehen, um den demokratischen Anspruch partizipativer Forschung konsequent einzulösen. Eben dies kann auch in Bezug auf Anerkennungsverhältnisse gefordert werden. Die strukturelle Einbeziehung von hegemonialen Differenzen, machtvollen Anerkennungsdynamiken und Adressierungen kann durch "[i]nvolviertes Forschen" (MESSERSCHMIDT 2011) nicht vollends eingedämmt, aber zumindest explizit gemacht werden. Durch einen solchen methodologischen Zugang wird die Tendenz zu objektivierendem Wissen und hegemonialen Differenzen in Forschungsbeziehungen, die sich etwa durch den Verweis von Co-Forscher*innen auf subalterne Positionen auszeichnen, selbst zum unabdinglichen Forschungsgegenstand. [32]

Aus forschungsethischer Sicht ist eine von Anerkennung durchzogene Grundhaltung für partizipative Forschungsvorhaben unabkömmlich. Dies betrifft unterschiedliche Aspekte wie die Gestaltung des Forschungssettings, Fragen der Entlohnung oder eine durch Anerkennung geprägte Forschungsbeziehung zwischen akademisch Forschenden und Co-Forschenden. Aus erkenntnistheoretischer Sicht sind gerade auch diese scheinbar unscheinbaren Formen der Adressierung zentraler Bestandteil forschungsbegleitender Reflexion, will partizipative Forschung nicht nur zu sozialer, sondern auch epistemischer Gerechtigkeit beitragen. [33]

Wir schlagen deshalb vor, Anerkennung im Kontext partizipativer Forschung relational zu fassen. Das bedeutet, die Perspektiven der Co-Forschenden nicht denen der akademisch Forschenden identifizierend gegenüberzustellen, sondern zu versuchen, im Kontext eines geteilten Erfahrungshorizontes die unterschiedlichen Perspektiven und Positionen als zueinander in Relation stehend zu betrachten, ohne herabsetzende Positionen im Modus eines überwältigenden Verstehens voreilig zu klassifizieren. Problematisch erscheint vor allem, wenn ein affirmatives Verständnis von Anerkennung bestehende Ordnungsmuster stärkt und binären Kategorisierungen Vorschub leistet und so einem gesellschaftskritischen und emanzipativen Anspruch eigentlich zuwiderläuft. Partizipative Forschung im Modus relationaler Anerkennung meint demnach nicht, verschiedene, mit unterschiedlichen Macht- und Legitimationsansprüchen ausgestattete Perspektiven in affirmativer Weise zu versöhnen, sondern vielmehr im Beziehen auf marginalisierte Perspektiven das Nicht-Identische zu herrschenden Wissensansprüchen wahrzunehmen und herauszuarbeiten. Die bisherigen metatheoretischen und methodologischen Ausführungen sollen nun auf methodischer Ebene konkreter veranschaulicht werden. [34]

4. Strukturen der Anerkennung in Reflecting Teams als Methode partizipativer Forschung

4.1 Partizipation im Kontext inklusiver Übergangsforschung: ein Forschungsbeispiel

Im Kontext sonderpädagogischer bzw. inklusionspädagogischer Forschung erlebte der Einbezug der Beforschten, vor allem von Menschen mit Behinderung, seit den 1990er Jahren einen Aufschwung (BUCHNER, KOENIG & SCHUPPENER 2011; VON UNGER 2014). Dabei wird der Begriff der inklusiven Forschung (aufgrund des engen Verhältnisses der Begriffe Inklusion und Partizipation) mit jenem der partizipativen Forschung auch synonym verwendet. Inklusive und partizipative Forschung teilen zumeist dieselben Prinzipien, wenngleich sich die Art und das Ausmaß der Einbeziehung unterscheiden können (BIGBY, FRAWLEY & RAMCHARAN 2014). [35]

Im Rahmen des Projekts Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen4) wurde erstmals die aus der systemischen Beratung stammende Methode des Reflecting Teams (ANDERSEN 1987, 2011 [1991]) – in adaptierter Form – für partizipative Forschungsprozesse im Kontext inklusiver Übergangsforschung herangezogen. Reflecting Teams können als besondere Gesprächsform verstanden werden, bei der ein Gespräch in zwei weiteren Reflexionsphasen von den Sprecher*innen als auch zusätzlichen Beobachter*innen analysiert wird. Im Therapiesetting zielt die ursprüngliche Methode vor allem auf die Stärkung einer gleichberechtigten Arbeitsbeziehung zwischen Therapeut*in und Klient*in ab (a.a.O.). In der hier vorgestellten Längsschnittstudie wurde die Methode nun in einem Forschungssetting angewandt. Im Projekt wurden die Partizipation(smöglichkeiten) von Jugendlichen mit Behinderung und ihren Eltern am Übergang nach der Pflichtschule thematisiert. Im Zentrum stand die Frage nach der Rolle partizipativer Kooperation für einen gelingenden inklusiven Übergang (FASCHING, FELBERMAYR & HUBMAYER 2017; FASCHING, FELBERMAYR & ZITTER 2020; FELBERMAYR, FASCHING & ENGLER 2021). Dies impliziert die gleichberechtigte Einbeziehung von Jugendlichen und ihren Eltern bzw. Familien in den Übergangsplanungsprozess gemeinsam mit professionellen Fachkräften: "Partizipative Kooperation orientiert sich dabei an der individuellen Lebenslage, den Bedürfnissen der Jugendlichen und deren familiärer Situation und lässt auch Sichtweisen und Bedürfnisse (z.B. nach mehr Information oder Entlastung) der beteiligten Familienmitglieder nicht außer Acht" (FASCHING & TANZER 2022). Partizipative Kooperation weist nicht nur entwicklungsförderndes Potenzial auf, sondern ist aus systemischer Sicht hinsichtlich der Einbindung der Individuen in soziale Kontexte (auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene) und deren Bedeutung für die Übergangsgestaltung relevant (FASCHING et al. 2017, S.312). [36]

Das Projekt war qualitativ, partizipativ und reflexiv forschend ausgerichtet (FELBERMAYR et al. 2021, S.196): "Die Erforschung von Partizipation macht ein ebenso partizipatives sowie qualitatives Forschungsdesign notwendig, um im Sinne der Partizipation gemeinsam mit den Teilnehmer*innen, verstanden als Mit-Forschende, ein tiefergehendes Verständnis über den Forschungsgegenstand zu gewinnen." Es wurde der explorativen Grundlagenforschung zugeordnet (FASCHING & FELBERMAYR 2019, S.443). In diesem Setting wurden Reflecting Teams als konkrete, partizipative Forschungsmethode eingeführt. Neben den Reflecting Teams wurden insbesondere Einzelinterviews nach der Methode des "intensive interviewing" (CHARMAZ 2014, S.56) als qualitative Erhebungsmethoden sowie eine Fragebogenuntersuchung als quantitative Methode gewählt, die mit Teilnehmer*innen der Reflecting Teams (Jugendliche und Eltern) durchgeführt wurden, wobei der Schwerpunkt auf den qualitativen Methoden lag. [37]

In der Akquise der Teilnehmer*innen wurde versucht, auf eine hohe Diversität hinsichtlich der Faktoren Geschlecht, Behinderung, Schulform sowie soziökonomischem und -kulturellem Status der Familie abzuzielen. Zentral war zudem, dass die Jugendlichen kurz vor dem Übergang in ein weiterführendes Setting nach der Pflichtschule standen (FASCHING et al. 2017). Die Suche nach möglichen Projektteilnehmer*innen wurde auf unterschiedlichen Wegen realisiert. Das Ziel bestand darin, möglichst niederschwellig Jugendliche mit Behinderung sowie ihre Eltern über das Projekt zu informieren und für eine Teilnahme zu motivieren. Dies fand zum einen direkt an Schulen oder in schulnahen Kontexten statt (z.B. Elternabende), wo das Forschungsprojekt von der Leitung und/oder den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen5) vorgestellt wurde. Diese "Stichprobenziehung durch Selbstaktivierung" (REINDERS 2005, S.119) ist auch bei möglichst direktem Kontakt zur Zielgruppe selbst von der Bereitschaft zur Teilnahme abhängig. Wir intendierten bei diesem Vorgehen einen Schneeball-Effekt (a.a.O.), der jedoch nur unzureichend eintrat und den Forschungsprozess stark verzögert hätte. Aus diesem Grund wurden zum anderen professionell Tätige, die in- und außerhalb des Schulsystems zum Gelingen des Übergangs nach der Pflichtschule beitragen, angefragt. Über diese Zwischeninstanz konnten weitere Jugendliche und ihre Familien erreicht werden. In der Suche nach Teilnehmer*innen kam demnach Institutionen und Professionellen im Forschungsfeld in ihrer Funktion als Gatekeeper*innen ein besonderer Stellenwert zu, da diese potenzielle Teilnehmer*innen konkret für das Projekt vorschlagen und vermitteln konnten (HUBMAYER et al. 2018, S.324f.), von REINDERS (2005, S.118) als "Stichprobenauswahl durch Gatekeeping" bezeichnet. Neben Institutionen waren auch Eltern bedeutsame Vermittler*innen, da sie gleichsam den Zugang zu den Kindern regelten. Dies war vor allem dann wichtig, wenn die Kinder noch minderjährig waren und eine Erlaubnis zur Projektteilnahme – selbst bei Zustimmung der Jugendlichen – von den Eltern abhing (FASCHING et al. 2019). Die Vor- und Nachteile des jeweiligen Samplingverfahrens sollen im Rahmen dieses Beitrags nicht erörtert werden. Beispielhaft kann hier auf HUBMAYER et al. (2018) sowie REINDERS (2005) verwiesen werden. [38]

Das Forschungssample für die Interviews bestand zu Beginn des Forschungszirkels, der im Rahmen der Längsschnittstudie insgesamt dreimal durchgeführt wurde, aus 18 Familien, von denen sowohl die jugendlichen Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen als auch zumindest ein Elternteil an den Einzelinterviews teilnahmen. Davon konnten fünf Familien im Längsschnitt drei Mal befragt werden. Eine solche Samplereduktion ist aufgrund der freiwilligen Teilnahme im Längsschnitt möglich. Wer aus dem Forschungssample der Interviews darüber hinaus Interesse hatte, sich forschend am Projekt zu beteiligen, konnte als Co-Forschende*r an Reflecting Teams teilnehmen (FASCHING et al. 2019). In Abschnitt 4.2 gehen wir genauer auf die ursprüngliche Methode sowie ihre Adaption im Kontext des vorgestellten Forschungsprojekts ein. [39]

Die Analyse der erhobenen Daten erfolgte gemäß der konstruktivistischen Grounded-Theory-Methodologie (KGTM) nach CHARMAZ (2014). Die KGTM zeichnet sich dadurch aus, dass die Explikation des eigenen Forscher*innenstandpunkts notwendiger Bestandteil des Analyseprozesses ist. Vorwissen, persönliche Ansichten und Vorurteile beeinflussen CHARMAZ zufolge jeden Schritt im Entdeckungs-, Erhebungs- und Begründungskontext und seien demnach nicht aus dem Forschungszusammenhang auszuklammern, sondern in analytischer Weise miteinzubeziehen. Während bei der klassischen Grounded-Theory-Methodologie eher davon ausgegangen wird, bestimmte und in den Daten angelegte Theorien offenzulegen, wird gemäß der KGTM das Material als gemeinsame Ko-Konstruktion von Forscher*innen und Forschenden verstanden. Gerade in dieser Hinsicht erscheint die KGTM auch als besonders ergiebig im Kontext partizipativer Forschung und anschlussfähig an zentrale Grundgedanken feministischer Epistemologie. [40]

Bei der Analyse der Projektdaten folgten wir den von CHARMAZ vorgeschlagenen Schritten des initial, focused und theoretical codings. Im ersten Durchgang des Materials lag der Fokus auf der Pluralisierung von Sinn und unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten. Es wurden also möglichst viele passende Codes generiert, die sich vor allem durch Kürze und Nähe zu den schriftlich fixierten Daten auszeichneten. Im zweiten Schritt wurden bedeutungsgleiche oder -ähnliche Codes zusammengeführt, um das Material zu verdichten. Zudem wurden erste (vorläufige) Konzepte und Kategorien gebildet. Durch stetes Rückbeziehen auf die zu Beginn generierten Codes und das ursprüngliche Datenmaterial versuchten wir, reichhaltige Kategorien mit möglichst vielen Dimensionen zu entwickeln. Insofern spielten vor allem auch aufkommende Differenzen und Dissonanzen (sowohl im Material als auch in der Auseinandersetzung mit ihm) eine bedeutsame Rolle für den Erkenntnisprozess. Im dritten Schritt wurde die Kategorienbildung vorangetrieben, und es wurden erste theoretische Ansätze entwickelt, die wiederum direkt auf das Material rückbezogen und an ihm überprüft wurden. Durch den unentwegten wechselseitigen Bezug zwischen abstrahierender Kategorienbildung und konkreten Aussagen im Material soll einem zyklischen Auswertungsprozess Rechnung getragen werden (CHARMAZ 2014). Begleitend wurden Reflexionen in Memos festgehalten. [41]

4.2 Partizipation und Anerkennung in Reflecting Teams

Reflecting Teams haben sich innerhalb der systemischen Beratung und Psychotherapie als besondere Form von Gesprächen etabliert. Sie dienen dazu, die Beziehung zwischen Berater*innen und Ratsuchenden symmetrischer zu gestalten, sowie Offenheit für Veränderungen zu fördern; zudem sollten nicht über sie, sondern gemeinsam mit ihnen Ideen entwickelt werden (ANDERSEN 1987, 2011 [1991]). Entwickelt wurden die Reflecting Teams vom norwegischen Psychologen und Soziologen Tom ANDERSEN in den 1980er Jahren im Rahmen der therapeutischen Arbeit mit Familien. In der traditionellen Therapie bespricht das Team nach der Sitzung in Abwesenheit der Familie die subjektiven Beobachtungen der Einzelnen und tauscht die verschiedenen Anregungen und Gedanken untereinander aus. ANDERSEN stellte sich währenddessen die Frage, ob die betroffene Familie diese Reflexionen nicht hören sollte. Er war der Überzeugung, dass die Familie von den Gesprächen der Therapeut*innen profitieren könnte. Diese Idee war ebenso überzeugend für sein Team und für die Familie. Nach Versuchen der Einbeziehung der Familie in das Therapiegeschehen stellte sich heraus, dass die Kombination von Kooperation und Reflexion ein großes Potenzial aufwies. Anstatt eines Settings, das allein durch den*die Therapeut*in vorgegeben wird, wurde durch den Einsatz dieser Methode eine möglichst gleichberechtigte Arbeitsform favorisiert (ANDERSEN 1987, S.424). ANDERSEN betrachtete das traditionelle Therapiesystem äußerst kritisch. Insbesondere durch die Machtzuschreibung der Therapeut*innen über die Klient*innen sah er die Möglichkeit geringer Kooperation und Einflussnahme der Therapeut*innen auf die Klient*innen. Diese Unzufriedenheit regte ihn an, eine demokratische Arbeitsweise mittels der Reflecting Teams zu entwickeln (ANDERSEN 2011 [1991]; FASCHING 2020). [42]

Im Projekt wurden Reflecting Teams für die partizipative Forschung adaptiert (FASCHING & FELBERMAYR 2019, S.444). Die Umsetzung erfolgte als Gruppendiskussion in drei Teilen: Im ersten Teil, der Eröffnung und Diskussion, sprach die Moderatorin (Wissenschaftlerin) mit den teilnehmenden Co-Forscher*innen. Zwei Forscher*innen und zwei Masterstudierende beobachteten das Geschehen. Im zweiten Teil, der Reflexion, bekamen diese Forscher*innen eine aktive Rolle, indem sie der Gruppe (Moderatorin und teilnehmenden Co-Forscher*innen) ihre Reflexionen über das Gesehene und Gehörte mitteilten. Besonders wichtig war hier eine wertschätzende, neutrale, positive und ressourcenorientierte Sprechweise im Konjunktiv (ANDERSEN 1987; FASCHING & FELBERMAYR 2019; FREDMAN 2006). Dabei wurden unter anderem Inhalte und Themen, die im Verlauf des Hauptgespräches relevant gewesen waren, von den reflektierenden Beobachter*innen (Wissenschaftlerinnen) kurz noch einmal aufgegriffen (mit der späteren Validierungs- und Korrekturmöglichkeit). Ziel der ersten Nachphase war auch das Etablieren einer gemeinschaftlichen Reflexionsbasis. Die Reflexionsphasen zeichneten sich zudem besonders aus durch

Im dritten Teil wechselten die teilnehmenden Co-Forscher*innen von der passiven wieder in die aktive Rolle, wenn sie über die Reflexion der Forscher*innen sprachen bzw. reflektierten. Sie konnten auf die vorherige Reflexion antworten, diese validieren oder revidieren. Diese Gesprächsphase zeichnete sich durch die Möglichkeit zur Selbstpositionierung, Korrektur, Kommentierung, Richtigstellung, Ergänzung oder auch Verneinung aus. Ziel war, durch diese auf einer Metaebene geführten Dialoge während der Reflexionsphasen einen sicheren Raum für die Teilnehmer*innen zu erzeugen, in dem das Gesagte nochmals als wertvoll erkannt und anerkannt wurde (FASCHING & FELBERMAYR 2019, S. 445). In diesem Rahmen wurden die Co-Forschenden verstärkt in ihrer Expert*innenrolle adressiert. Es kam damit nicht nur zu einer Rückversicherung über das Verständnis der Gesprächsinhalte. Die Reflexionsphasen dienten auch dazu, gemeinsam Inhalte sowie Gruppendynamiken von einer konkreten Erlebnis- auf eine abstraktere Ebene zu führen. Zudem konnten auch Bedürfnisse, Wünsche, Vorstellungen und emotionales Befinden zum Gruppengespräch artikuliert werden. Die späteren Reflecting Teams-Gespräche wurden im Sinne partizipativer Theoriegenerierung und -validierung auch zur Diskussion von und Reflexion über vorläufige Projektergebnisse genutzt. Eine anerkennende, respektvolle und wertschätzende Haltung, barrierefreie Sprache, die Vermeidung negativer Zuschreibungen und die Konstruktion eines sicheren Raumes können aus forschungsethischer Sicht als Leitprinzipien in der Durchführung von Reflecting Teams im Kontext partizipativer Forschung gesehen werden (a.a.O.). [44]

Als Methode weist das Reflecting Team eine bestimmte Struktur auf, die von den akademisch Forschenden vermittelt und erklärt wird. In der Durchführung werden allen Teilnehmenden unterschiedliche Rollen zugewiesen (in unserem Projekt gab es, wie beschrieben, eine Moderatorin, zwei reflektierend Beobachtende, zwei stille Beobachter*innen sowie die im Zentrum stehende Gruppe der Co-Forschenden). Die Teilnehmer*innen der Reflecting Teams sind vor allem als Diskutierende eingebunden. Sie werden im Zuge des Forschungsprozesses auch als solche adressiert und in dieser Position anerkannt. Die Rollen werden zu Beginn jedes Treffens erklärt und damit festgelegt. Um die Durchführung der Reflecting Teams zu ermöglichen, scheint es aufgrund der zahlreichen Rollen wichtig, dass alle die ihnen zuerkannte Rolle auch ausüben und nicht wechseln. Wichtig ist jedoch anzumerken, dass mit dem hier dargelegten Verständnis von Anerkennung und der Adressierung von Forschungsteilnehmer*innen keineswegs ein Beteiligungszwang oder ein Drängen, bestimmte Rollen im Forschungskontext einzunehmen, gemeint ist. Dies würde zentralen forschungsethischen Gütekriterien wie jenen der Freiwilligkeit und des informierten Einverständnisses zuwiderlaufen. Gleichwohl sind jeglicher (auch partizipativer) Forschung Adressierungsprozesse inhärent, welche immer auch einen latenten Sinngehalt aufweisen. [45]

Partizipativ Forschende können sich jedoch explizit die Frage stellen, wie im Forschungsprozess Möglichkeiten eröffnet werden können, damit alle Beteiligten sich auch in anderen (als den primär vorgesehenen) Rollen positionieren können. Eine Szene, bei der eine solche Möglichkeit aufgegriffen wurde, soll folgend dargestellt werden. Dabei wurde eine*r der Co-Forschenden im Rahmen eines Workshopteils im Reflecting Team zum Rollenwechsel eingeladen: "[H]at jemand Lust, durch diese Aufgabe zu führen sozusagen? Also mag jemand die Moderation übernehmen ...?" (RT J/II7), S.5) Ein Jugendlicher nahm daraufhin die neue Rolle als Moderator an. Die vorherige Moderatorin M erklärte das Ziel des nächsten Abschnittes und wies auf unterschiedliche Möglichkeiten partnerschaftlicher Unterstützung für die Rollenübernahme hin. Nach längerem Schweigen wurde dem jugendlichen Moderator von M angeboten: "Wenn das zu viel ist, dann kann ich dich auch gerne weiter unterstützen. ... Vielleicht machen wir's zusammen auch, ja?" (a.a.O.) Da noch Verwirrung über das weitere Tun herrschte, wurde gemeinsam besprochen, wie der Themenblock zu Erfahrungen im Übergang von der Schule in den Beruf gut handhabbar werden könnte. [46]

In dieser Situation wurde aktiv ein Rollentausch angeboten, um die Möglichkeit des Wechsels in eine andere forschungsspezifische Position zu eröffnen und der Versuch unternommen, die Teilnehmer*innen in unterschiedlichen Rollen einzubinden. Die dann doch erfolgte weitere Unterstützung durch M schien weniger in der Nicht-Anerkennung des Jugendlichen in seiner neuen Rolle als Moderator zu liegen als in der noch zu unklaren Bestimmung des weiteren Ablaufes. Der Tausch von typischen oder eigentlichen Rollen bildet einen Kerngedanken partizipativer Forschung (VON UNGER 2014). Die Möglichkeiten seiner methodischen Umsetzung können dabei in unterschiedlicher, kreativer Weise variiert werden. Erweiterte Partizipationsmöglichkeiten im Reflecting Team könnten etwa geschaffen werden, indem eine*r der Co-Forschenden für die Zeit eines ganzen Reflecting Teams die Rolle der Moderation oder aber auch die Rolle eines*einer Beobachters*in übernimmt. Dies erfordert allerdings noch weitere zeitlich Ressourcen zur Einschulung sowohl aufseiten der Co- als auch der akademisch Forschenden und ist unter anderem auch abhängig von der Zahl der Forschungsteilnehmer*innen. [47]

4.3 Möglichkeiten und Grenzen von Reflecting Teams im Kontext anerkennender partizipativer Forschung

Durch das Reflecting Team als partizipative Forschungsmethode wird ein strukturierter Rahmen vorgegeben, in dem nicht nur Daten erzeugt, sondern auch einer ersten Reflexion zugeführt und mit Deutungen ausgestattet werden. Diese können danach wiederum von den Co-Forschenden kommentiert werden. Das Partizipationsausmaß kann im Rahmen dieser Herangehensweise, die durch den Einbau von Elementen der intersubjektiven Validierung nicht nur als Erhebungs-, sondern auch als eine Auswertungsmethode gesehen werden kann, je nach Projektdesign gewählt werden. Zudem kann sie in der praktischen Umsetzung den Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen auch innerhalb eines Forschungsprojekts angepasst werden (in unserem Projekt waren dies Jugendliche mit Behinderung, ihre Eltern sowie professionelle Fachkräfte). Aus anerkennungstheoretischer Sicht wird die Möglichkeit des Verlassens zugewiesener Rollen und die Hinwendung zu sprachlichen Akten der Anerkennung relevant. Wie oben dargestellt, meint dies nicht nur einen auf Wertschätzung und Respekt basierenden Sprachgestus, sondern auch die andauernde Reflexion der zugewiesenen Sprecher*innenrollen im gesamten Forschungsdesign. Dies erscheint relevant, da durch Praktiken der Anerkennung subalterne Sprecher*innenpositionen nicht nur dekonstruiert, sondern im Gegenteil auch reproduziert werden können. [48]

Reflecting Teams zeichnen sich dadurch aus, dass den Erfahrungen der Co-Forschenden viel Raum zur gemeinschaftlichen Reflexion und Darstellung ihrer Lebenswirklichkeit geboten wird. Thematische Inputs vonseiten der akademisch Forschenden sollen dabei möglichst gering gehalten werden. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass die Diskussionen auf der Ebene eines reinen Erfahrungsaustausches verweilen, da die Abstraktion des Erlebten hinsichtlich struktureller institutioneller und gesellschaftlich-kultureller Zusammenhänge für die Co-Forschenden ungewohnt und ohne Anleitung durchaus schwierig erscheinen mag. Zudem kann die offene Form dieser Forschungsmethode dazu führen, dass die Gruppe zu einem vereinheitlichenden Konsens über das zu erforschende Phänomen gelangt und differente und mehrdeutige Sichtweisen vorschnell ausgeklammert werden. Die Involviertheit in das eigens Erlebte kann den Blick für andere Zugänge zum Thema verschleiern und einer Pluralisierung von Sichtweisen entgegenwirken. Es besteht so die Gefahr, dass die Gruppengespräche um einige wenige Allgemeinplätze kreisen und sich die Beteiligten mit ihrem jeweils individuellen Bezug zum Thema in einem Common Sense-Denken verlaufen. Gerade in der Frage danach, wie auch eine kritische Reflexion der eigenen Erfahrungen im Reflecting Team verankert werden kann, ohne dass dies zu einer erlebten Diffamierung einzelner Sichtweisen führt, ist eine weitere Erprobung dieser Methode in qualitativen Forschungsverfahren wünschenswert. [49]

Die Anerkennung des epistemischen Wertes des Wissens aller Menschen kann als ein Grundprinzip partizipativer Forschung gesehen werden. Neben dieser Grunddimension kommen Strukturen der Anerkennung an unterschiedlichen Stellen in partizipativen Forschungen zum Tragen, beispielsweise im Zuge monetärer Aufwandsentschädigung, die als eine der gesellschaftlich gängigsten Formen von Anerkennung gesehen werden kann. Anhand der bisherigen Ausführungen konnte jedoch gezeigt werden, dass Anerkennung in Forschungsprozessen weit über diese augenscheinlichen (und gleichwohl bedeutsamen) Aspekte hinausreicht. Auch im Modus von Anerkennung durchgeführte Forschung kann asymmetrische Aspekte von Forschungsbeziehungen, die durch (re-)adressierendes Sprechen konstituiert werden, nicht überwinden. Zudem stellt sich gerade für gesellschafts- und normativ kritisch Forschende die Aufgabe, Selbstreflexion und Abstraktion gelebter Erfahrungen nicht aus Angst, einen Dissens zu erzeugen, auszublenden. Anerkennung ist, wie gezeigt wurde, sowohl aus ethischer als auch epistemologischer Sicht ein bedeutsamer Grundzug feministischer Wissenschaftskritik wie auch partizipativer Forschung, der zentral zur Einleitung und Stärkung von Emanzipationsprozessen beiträgt. Ein Bewusstsein über die paradoxe Struktur von Anerkennungsverhältnissen kann neue und vertiefte Reflexionsniveaus eröffnen und einer gehaltvollen partizipativen Forschungsausrichtung dienlich sein. Wir schlagen daher vor, Anerkennung als analytischen Begriff relational zu verstehen. Ein relational gefasster Anerkennungsbegriff vermag diese Paradoxie zwar nicht aufzulösen, stellt jedoch einen Versuch dar, forschungspraktisch mit ihr umzugehen. [50]

5. Resümee

Partizipative Forschung ist in ihrer methodologischen Ausrichtung anschlussfähig an zentrale Gedanken der feministischen Wissenschaftstheorie. Jedoch müssen sich feministisch, emanzipativ und partizipativ Forschende bewusst sein, dass epistemologische Verzerrungen auch durch sozialkonstruktivistische und gesellschaftskritische Forschung nicht vollends aufgehoben und damit selbst ein letztgültiger und allgemeiner Anspruch gestellt werden könnte. In dieser Hinsicht ist auch jegliche partizipative Forschung mit Fragen von Macht und epistemischer Gewalt konfrontiert. Zu bedenken ist, dass auch hier stets "Situated Knowledges" (HARAWAY 1988) produziert werden. Ansätze und Debatten aus dem Bereich der feministischen Wissenschaftstheorie können dabei als kritische Reflexionsfolie dienen. [51]

Vor dem Hintergrund feministischer Diskurse wird im Kontext partizipativer Forschung gerade die Art und Weise von Anerkennung relevant. Diese wird als zentrales Moment partizipativer Forschung an unterschiedlichen Stellen deutlich. Konstituierend ist vor allem die Anerkennung der Beteiligten als Expert*innen ihrer Lebenswelt und als Co-Forschende, die mit so viel Teilhabe wie möglich im gesamten Forschungsprozess einhergeht. Die grundsätzliche Anerkennung der Personen als Subjekte und nicht als Forschungsobjekte geht bereits mit einer epistemologischen Verschiebung einher, indem allen Personen (bspw. auch Menschen mit einer intellektuellen Behinderung) die Fähigkeit zugeschrieben wird, Wissen zu haben und generieren zu können. Eine Atmosphäre der Anerkennung erscheint aus forschungsethischer Sicht zudem wichtig, um Zugehörige von sozial benachteiligten Gruppen und deren Sichtweisen nicht weiter zu marginalisieren, indem sie als homogene Gruppe klassifiziert und so womöglich komplexe, intersektionale Benachteiligungsstrukturen übergangen werden. Folglich bergen partizipative Forschungsansätze großes Potenzial, "mit der Verantwortlichkeit gegenüber Praktiken, die Macht verleihen, umzugehen" (MESSERSCHMIDT 2011, S.89). Anerkennung ist dabei nicht als Allheilmittel zu betrachten, sondern auch in ihrer Paradoxie zu reflektieren. So gehen damit, dass Individuen und Gruppen immer als jemand anerkannt werden, immer auch "machtvolle Identifikationen" (S.82) einher, die nie vollends aufgelöst werden können. Auch im Bezeugen einer anerkennenden Haltung sind Forschende demzufolge angehalten, sich selbst macht- und subjektivierungskritisch zu reflektieren. Unterstützt werden kann dies, indem Anerkennungsverständnisse und -verhältnisse explizit gemacht werden und Anerkennung nicht (nur) affirmativ, sondern relational gefasst wird. [52]

Vor dem Hintergrund feministischer und anerkennungstheoretischer (kritischer) Überlegungen wird deutlich, dass auch bei partizipativer Forschung stets die Involviertheit in die (Re-)Produktion von Differenzverhältnissen berücksichtigt werden muss. Auch wenn der partizipative Forschungsraum als sicherer Ort verstanden wird, können sich Forschende nicht von gesellschaftlichen Dynamiken, die im Feld ihrer Analyse wirksam sind, abkoppeln. In der Einbeziehung von Individuen oder Kollektiven, die von sozialer Benachteiligung betroffen sind, sind folglich neben der kritischen Reflexion des (Forschungs-)Feldes auch die Betrachtung der jeweiligen sozialen Positionen aller Beteiligten sowie sich dadurch konstituierende Forschungsbeziehungen analytisch in die Forschungsreflexion miteinzubeziehen. Gerade im Anspruch partizipativ Forschender auf die Stärkung von Emanzipation und Demokratie ist dies nicht nur im Hinblick auf inhärente Machtdynamiken zu konstatieren, sondern ebenso in Bezug auf Anerkennungsstrukturen. "Involviertes Forschen" (MESSERSCHMIDT 2011) im Kontext einer reflexiven Forschungshaltung ist nicht nur in forschungsethischer, sondern auch in epistemologischer Sicht bedeutungsvoll. [53]

Anmerkungen

1) Der Begriff entspringt sozialen und Bürgerrechtsbewegungen in den USA und ist als von Angehörigen marginalisierter Gruppen selbst ausgehender Prozess der kollektiven Selbstbestimmung und -bemächtigung zu verstehen. Zentral ist die eigenmächtige Aneignung von Rechten, Freiheiten oder Handlungsspielräumen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Gleichstellung, wobei der Dekonstruktion von Machtunterschieden ein bedeutsamer Stellenwert zukommt (THEUNISSEN 2013). Im Kontext sozialer Arbeit wird Empowerment vor allem als Leitprinzip professionellen Handelns verstanden, wonach deren Adressat*innen Unterstützung zur Selbstbefähigung erfahren sollen. Empowerment zielt hier vor allem auf gleichberechtigte Arbeitsverhältnisse ab (u.a. HERRIGER 2020). <zurück>

2) In der Soziologie finden sich häufig Bezugnahmen auf HONNETHs (1992) Anerkennungsbegriff, der diesen im Anschluss an HEGEL, MEAD und HABERMAS in den 1990er Jahren reformulierte und so einer nach wie vor andauernden wissenschaftlichen Auseinandersetzung zuführte. HONNETHs Theorie ist auch im bildungswissenschaftlichen Diskurs ein zentraler Bezugspunkt. So thematisierte PRENGEL (2008) Anerkennung als "Kategorie pädagogischen Handelns". Der Anerkennungsbegriff stellt mittlerweile einen analytischen Bezugspunkt für schul- und unterrichtstheoretische, bildungsphilosophische oder inklusionspädagogische Forschung dar (vgl. zusammenfassend RÖHR & RICKEN 2020; SCHÄFER & THOMPSON 2010). Wir thematisieren Anerkennung vor allem als (re-)adressierendes Sprachhandeln, das auf relativ stabile symbolische Positionen Einfluss nimmt (RICKEN, ROSE, KUHLMANN & OTZEN 2017). <zurück>

3) Die Entwicklungslinien der Frauen- und Geschlechterforschung, auf denen die Ausarbeitung methodologischer Positionen basiert, können im Folgenden nicht nachgezeichnet werden; siehe hierzu exemplarisch die Handbücher von BECKER und KORTENDIEK (2010) sowie VON BRAUN und STEPHAN (2013). <zurück>

4) Gefördert durch den österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF); FWF-Projektnummer: P-#_29291; Laufzeit: 1. Oktober 2016 bis 30 September 2021; Leitung: Helga FASCHING. <zurück>

5) Alle akademisch Forschenden im Projekt waren Frauen. Die Teamsitzungen wurden transkribiert. <zurück>

6) Die Kurzform bezieht sich auf das zweite Reflecting Team der Elterngruppe. <zurück>

7) Die Kurzform bezieht sich auf das zweite Reflecting Team der Gruppe der Jugendlichen mit Behinderung. <zurück>

Literatur

Andersen, Tom (1987). The reflecting team. Dialogue and meta-dialogue in clinical work. Family Process, 26(4) 415-428.

Andersen, Tom (Hrsg.) (2011 [1991]). Das Reflektierende Team. Dialoge und Dialoge über Dialoge. Dortmund: Verlag Modernes Lernen.

Anderson, Elizabeth (2020). Feminist epistemology and philosophy of science. The Stanford Encyclopedia of Philosophy, https://plato.stanford.edu/entries/feminism-epistemology/ [Datum des Zugriffs: 6. November 2021].

Balzer, Nicole & Ricken, Norbert (2010). Anerkennung als pädagogisches Problem – Markierungen im erziehungswissenschaftlichen Diskurs. In Alfred Schäfer & Christiane Thompson (Hrsg.), Anerkennung (S.35-87). Paderborn: Schöningh.

Becker, Ruth & Kortendiek, Beate (Hrsg.) (2010). Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie (3., erw. u. durchges. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Bergold, Jarg & Thomas, Stefan (2012). Partizipative Forschungsmethoden: ein methodischer Ansatz in Bewegung. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Research, 13(1), Art. 30, https://doi.org/10.17169/fqs-13.1.1801 [Datum des Zugriffs: 6. November 2021].

Bigby, Christine; Frawley, Patsie & Ramcharan, Paul (2014). Conceptualizing inclusive research with people with intellectual disability. Journal of Applied Research in Intellectual Disabilities, 27, 3-12.

Bilgeri, Margarita; Kramann, Michaela & Proyer, Michelle (2019). The powerful, the alien and the balancer: Researcher's roles in transcultural research processes. In Helga Fasching (Hrsg.), Beziehungen in pädagogischen Arbeitsfeldern und ihren Transitionen über die Lebensalter (S.240-258). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Bourdieu, Pierre (1990 [1982]). Was heißt sprechen? Zur Ökonomie des sprachlichen Tausches. Wien: Braumüller.

Brennssell, Ariane & Lutz-Kluge, Andrea (Hrsg.) (2020). Partizipative Forschung und Gender. Emanzipatorische Forschungsansätze weiterdenken. Opladen: Budrich.

Buchner, Tobias; Koenig, Oliver & Schuppener, Saskia (2011). Gemeinsames Forschen mit Menschen mit intellektueller Behinderung. Geschichte, Status quo und Möglichkeiten im Kontext der UN-Behindertenrechtskonvention. Teilhabe, 1(50), 4-10.

Chakravartty, Anjan (2017). Scientific realism. Stanford Encyclopedia of Philosophy, https://plato.stanford.edu/entries/scientific-realism/ [Datum des Zugriffs: 3. September 2018].

Charmaz, Kathy (2014). Constructing grounded theory. London: Sage.

Collins, Patricia Hill (1989). The social construction of black feminist thought. Signs: Journal of Women in Culture and Society, 14(4), 745-773.

Collins, Patricia Hill (2017). Intersectionality and epistemic injustice. In Ian James Kidd, José Medina & Gaile Pohlhaus (Hrsg.), The Routledge handbook of epistemic injustice (S.115-124). London: Routledge.

Detamore, Mathias (2010). Queer(y)ing the ethics of research methods: Towards a politics of intimacy in researcher/researched relations. In Kath Browne & Catherine J. Nash (Hrsg.), Queer methods and methodologies. Intersecting queer theories and social science research (S.167-182). Farnham: Ashgate.

Ernst, Waltraud (2019). Feministische Erkenntnistheorie. In Martin Grajner & Guido Melchior (Hrsg.), Handbuch Erkenntnistheorie (S.412-417). Stuttgart: Metzler.

Fasching, Helga (2019). Unterstützungsmaßnahmen zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktinklusion von behinderten und ausgrenzungsgefährdeten Jugendlichen in Österreich. In Gudrun Quenzel & Klaus Hurrelmann (Hrsg.), Handbuch Bildungsarmut (S.853-878). Wiesbaden: Springer VS, https://phaidra.univie.ac.at/o:1183167 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Fasching, Helga (2020). Systemisch leiten lassen in der partizipativen Forschung. Systeme, 34(2), 141-158, https://phaidra.univie.ac.at/o:1131253 [Datum des Zugriffs: 18. Januar 2022].

Fasching, Helga & Biewer, Gottfried (2014). Wissenskonstruktionen mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Bildungswissenschaft. Zeitschrift für Bildungsforschung, 4(3), 289-302.

Fasching, Helga & Felbermayr, Katharina (2019). "Please, treat me respectful". Partizipative Forschung mit Jugendlichen mit Behinderung zu ihren Kooperationserfahrungen im Übergang von der Schule in (Aus-) Bildung und Beschäftigung. Zeitschrift für Heilpädagogik, 70(9), 442-453, https://phaidra.univie.ac.at/o:1130528 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Fasching, Helga & Tanzer, Lena (2022). Inklusive Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf. Stuttgart: Kohlhammer.

Fasching, Helga; Felbermayr, Katharina & Hubmayer, Astrid (2017). Forschungsnotiz Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen. SWS-Rundschau, 57(3), 305-323, https://phaidra.univie.ac.at/o:1131257 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Fasching, Helga; Felbermayr, Katharina & Hubmayer, Astrid (2019). Die Bedeutung von Beziehung in der Erforschung inklusiver Übergänge. In Helga Fasching (Hrsg.), Beziehungen in pädagogischen Arbeitsfeldern und ihren Transitionen über die Lebensalter (S.169-188). Bad Heilbrunn: Klinkhardt, http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0111-pedocs-168732 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Fasching, Helga; Felbermayr, Katharina & Zitter, Laura (2020). Partizipative Kooperationserfahrungen von Jugendlichen mit Behinderung in inklusiven Maßnahmen im Übergang von der Schule in den ersten Arbeitsmarkt. SWS-Rundschau, 60(4), 314-332, https://phaidra.univie.ac.at/o:1137776 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Felbermayr, Katharina; Fasching, Helga & Engler, Simone (2021). Qualitativ, partizipativ und reflexiv. Partizipative Kooperation am inklusiven Bildungsübergang erforschen. In Juliane Engel, André Epp, Julia Lipkina, Sebastian Schinkel, Henrike Terhart & Anke Wischmann (Hrsg.), Bildung im gesellschaftlichen Wandel. Qualitative Forschungszugänge und Methodenkritik (S.193-209). Opladen: Budrich, https://shop.budrich.de/wp-content/uploads/2021/09/9783847416999.pdf [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Fredman, Glenda (2006). Working systemically with intellectual disability: Why not?. In Sandra Baum & Henrik Lynggaard (Hrsg.), Intellectual disabilities. A systemic approach (S.1-20). London: Karnac.

Friebertshäuser, Barbara; Rieger-Ladich, Markus & Wigger, Lothar (Hrsg.) (2009). Reflexive Erziehungswissenschaft. Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Glymour, Clark (2021). Hans Reichenbach. The Stanford Encyclopedia of Philosophy, https://plato.stanford.edu/entries/reichenbach/ [Datum des Zugriffs: 10. Januar 2022].

Götsch, Monika; Klinger, Sabine & Thiesen, Andreas (2012). "Stars in der Manege?" Demokratietheoretische Überlegungen zur Dynamik partizipativer Forschung. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Research, 13(1), Art. 4, https://doi.org/10.17169/fqs-13.1.1780 [Datum des Zugriffs: 6. Mai 2021].

Haraway, Donna (1988). Situated knowledges: The science question in feminism and the privilege of partial perspective. Feminist Studies, 14(3), 575-599.

Harding, Sandra (1990 [1986]). Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht. Hamburg: Argument Verlag.

Harding, Sandra (1991). Whose science? Whose knowledge? Thinking from women's lives. Ithaca, NY: Cornell University Press.

Harding, Sandra (1993). Rethinking standpoint epistemology: "What is strong objectivity?". In Linda Alcoff & Elizabeth Potter (Hrsg.), Feminist epistemologies (S.49-82). New York, NY: Routledge.

Herriger, Norbert (2020). Empowerment in der Sozialen Arbeit: Eine Einführung. Stuttgart: Kohlhammer.

Honneth, Axel (1992). Kampf um Anerkennung. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Huber, Matthias & Muller, Claude (2019). Beziehung als Voraussetzung partizipativer Forschung. In Helga Fasching (Hrsg.), Beziehungen in pädagogischen Arbeitsfeldern und ihren Transitionen über die Lebensalter (S.191-207). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Hubmayer, Astrid; Felbermayr, Katharina & Fasching, Helga (2018). Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen – Herausforderungen beim Feldzugang und forschungsethische Standards. In Ewald Feyerer, Wilfried Prammer, Eva Prammer-Semmler, Christine Kladnik, Margit Leibetseder & Richard Wimberger (Hrsg.), System. Wandel. Entwicklung. Akteurinnen und Akteure inklusiver Prozesse im Spanungsfeld von Institution, Profession und Person (S.323-330). Bad Heilbrunn: Klinkhardt, https://phaidra.univie.ac.at/o:1137738 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Kremsner, Gertraud (2017). Transitionen durch und mit "Forschung so inklusiv wie möglich"?. In Helga Fasching, Corinna Geppert & Elena Markarova (Hrsg.), Inklusive Übergänge. (Inter)nationale Perspektiven auf Inklusion im Übergang von der Schule in weitere Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung (S.263-274). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Kubanski, Dagmar & Goeke, Stephanie (2018). Das Verhältnis von Macht, Geschlecht und (Dis-)Ability in der Forschung. Journal für Psychologie, 26(2), 95-113, https://doi.org/10.30820/8248.06 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Longino, Helen (1990). Science as social knowledge. Values and objectivity in scientific inquiry. Princeton, NJ: Princeton University Press.

Messerschmidt, Astrid (2011). Involviertes Forschen: Reflexionen von Selbst- und Fremdbildern. In Ines Maria Breinbauer & Gabriele Weiß (Hrsg.), Orte des Empirischen in der Bildungstheorie: Einsätze theoretischer Erziehungswissenschaft II (S.81-95). Würzburg: Königshausen & Neumann.

More, Rahel & Ratković, Viktorija (2020). Intersektionale Inklusion? Disability Studies und Kritische Migrationsforschung als Alternativen zu hegemonialer Wissensproduktion. Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 12(3), 57-71.

Mruck, Katja; Roth, Wolff-Michael & Breuer, Franz (Hrsg.) (2002). Subjektivität und Selbstreflexivität im qualitativen Forschungsprozess I. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Research, 3(3), https://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/21 [Datum des Zugriffs: 22. Dezember 2021].

Penkwitt, Meike; Köhler, Sina-Mareen & Schlüter, Anne (Hrsg.) (2020). Inklusion und Intersektionalität in institutionellen Bildungskontexten. Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 12(3).

Prengel, Annedore (2008). Anerkennung als Kategorie pädagogischen Handelns. Theorie und Vision einer anderen Schulkultur. Pädagogik, 60, 32-35.

Prengel, Annedore (2019). Die Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen – Ein Beitrag zu einem stufenübergreifenden Berufsethos. In Helga Fasching (Hrsg.), Beziehungen in pädagogischen Arbeitsfeldern und ihren Transitionen über die Lebensalter (S.28-39). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Raab, Heike (2012). Intersektionalität und Behinderung – Perspektiven der Disability Studies, http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/ueberblickstexte/raab/ [Datum des Zugriffs: 8. Juni 2021].

Reichenbach, Hans (1938). On probability and induction. Philosophy of Science, 5(1), 21-45.

Reinders, Heinz (2005). Qualitative Interviews mit Jugendlichen führen. München: Oldenbourg.

Ricken, Norbert; Rose, Nadine; Kuhlmann, Nele & Otzen, Anne (2017). Die Sprachlichkeit der Anerkennung. Eine theoretische und methodologische Perspektive auf die Erforschung von "Anerkennung". Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 92(2), 193-235.

Röhr, Henning & Ricken, Norbert (2020). Anerkennung. In Gabriele Weiß & Jörg Zirfas (Hrsg.), Handbuch Bildungs- und Erziehungsphilosophie (S.513-525). Wiesbaden: Springer VS.

Roth, Wolff-Michael & von Unger, Hella (2018). Current perspectives on research ethics in qualitative research. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Social Research, 19(3), Art. 33, https://doi.org/10.17169/fqs-19.3.3155 [Datum des Zugriffs: 8. Juni 2021].

Roth, Wolff-Michael; Breuer, Franz & Mruck, Katja (Hrsg.) (2003). Subjektivität und Selbstreflexivität im qualitativen Forschungsprozess II. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum Qualitative Research, 4(2), https://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/18 [Datum des Zugriffs: 22. Dezember 2021].

Schäfer, Alfred & Thompson, Christiane (Hrsg.) (2010). Anerkennung. Paderborn: Schöningh.

Schildmann, Ulrike & Schramme, Sabrina (2020). Inklusive Pädagogik und Intersektionalitätsforschung. Vergleich zweier Konzeptionen aus Sicht der feministischen Frauenforschung über Geschlecht und Behinderung. Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 12(3), 11-26.

Singer, Mona (2008). Feministische Wissenschaftskritik und Epistemologie: Voraussetzungen, Positionen, Perspektiven. In Ruth Becker & Beate Kortendiek (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie (2., erw. u. akt. Aufl., S.285-294). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Spivak, Gayatri (2008 [1988]). Can the subaltern speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Wien: Turia + Kant.

Sturm, Gabriele (2010). Forschungsmethodologie: Vorüberlegungen für eine Evaluation feministischer (Sozial-)Forschung. In Ruth Becker & Beate Kortendiek (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie (3., erw. u. durchges. Aufl., S.400-408). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Tanesini, Alessandra (1999). An introduction to feminist epistemologies. Oxford: Blackwell Publishers.

Theunissen, Georg (2013). Empowerment und Inklusion behinderter Menschen: Eine Einführung in Heilpädagogik und Soziale Arbeit. Freiburg: Lambertus.

Tuana, Nancy (2017). Feminist epistemology. The subject of knowledge. In Ian James Kidd, José Medina & Gaile Pohlhaus (Hrsg.), The Routledge handbook of epistemic injustice (S.125-138) London: Routledge.

Von Braun, Christina & Stephan, Inge (Hrsg.) (2013). Gender@Wissen. Ein Handbuch der Gender-Theorien. Köln: Böhlau.

Von Köppen, Marilena; Schmidt, Kristina & Tiefenthaler, Sabine (2021). Doing ethical symmetry – ein handlungsleitendes Prinzip für den Umgang mit ethischen Herausforderungen bei der partizipativen Forschung in institutionellen Kontexten. Österreichisches Jahrbuch für Soziale Arbeit, 3, 203-228.

Von Unger, Hella (2014). Partizipative Forschung. Wiesbaden: Springer VS.

Walgenbach, Katharina (2017). Heterogenität – Intersektionalität – Diversity in der Erziehungswissenschaft. Opladen: Budrich.

Winker, Gabriele & Degele, Nina (2010). Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: transcript.

Wöhrer, Veronika; Buchner, Tobias; Kerschhofer-Puhalo, Nadja; Kieslinger, Barbara; Mayer, Katja; Schürz, Stephanie; Streicher, Barbara & Truckenbroth, Sina (2021). "Hard to reach" or "easy to ignore". Strategies and reflections on including co-researchers. Proceedings of Science (PoS), 393(ACSC2020), 1-5, https://doi.org/10.22323/1.393.0017 [Datum des Zugriffs: 4. Januar 2022].

Wright, Michael T.; von Unger, Hella & Block, Martina (2010). Partizipation der Zielgruppe in der Gesundheitsförderung und Prävention. In Michael T. Wright (Hrsg.), Partizipative Qualitätsentwicklung in der Gesundheitsförderung und Prävention (S.35-52). Bern: Huber.

Zu den Autorinnen

Lena TANZER studierte Bildungswissenschaft sowie Germanistik, Psychologie und Philosophie (Lehramt) an der Universität Wien. Sie war Studienassistentin im Bereich Inklusive Pädagogik (Institut für Bildungswissenschaft, Universität Wien) und studentische Mitarbeiterin im FWF-Forschungsprojekt "Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen". Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich qualitativer Sozialforschung, sozialer Ungleichheitsforschung, Bildungsphilosophie und Wissenschaftstheorie.

Kontakt:

Lena Tanzer

Adresse ist der Redaktion bekannt.

E-Mail: lena.tanzer@caritas-stpoelten.at

 

Helga FASCHING ist assoziierte Professorin am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien im Bereich Inklusive Pädagogik. Sie leitete das FWF-Forschungsprojekt "Kooperation für Inklusion in Bildungsübergängen" (P29291, Laufzeit 1. Oktober 2016 bis 30. September 2021) und ist unter anderem Mitglied des Kuratoriums des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich (FWF). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich inklusiver Übergangsforschung mit Fokus auf den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beschäftigung. Weitere Schwerpunkte sind partizipative Forschung, systemische Beratungsforschung, Intersektionalitätsforschung bzw. soziale Ungleichheitsforschung (Behinderung, Geschlecht, Herkunft, Migration) sowie berufliche Partizipation und Qualitätssicherung unterschiedlicher Maßnahmen in Bezug auf Inklusion in Arbeit und Beruf.

Kontakt:

Helga Fasching

Universität Wien
Institut für Bildungswissenschaft
Sensengasse 3a, 3. Stock/ O3.11
A-1090 Wien

Tel.: +43 1 4277 46803

E-Mail: helga.fasching@univie.ac.at

Zitation

Tanzer, Lena & Fasching, Helga (2022). Einsätze feministischer Erkenntnistheorie für partizipative Forschung im Kontext sozialer Ungleichheit: Anerkennung aus forschungsethischer und epistemologischer Sicht [53 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 23(1), Art. 24, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-23.1.3761.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

Creative Common License

Creative Commons Attribution 4.0 International License