Volume 9, No. 2, Art. 32 – Mai 2008

Rezension:

Wilhelm Schwendemann

Carlos Kölbl (2004). Geschichtsbewußtsein im Jugendalter. Grundzüge einer Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung. Bielefeld: Transcript Verlag (zugleich Dissertationsschrift, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2002), 389 Seiten, ISBN 8-9942-179-5, EUR 29,80

Zusammenfassung: Das Buch stellt eine empirische Studie historischer Sinnbildung bei Jugendlichen dar und widerlegt damit ein gängiges Stereotyp, dass Jugendliche über wenig oder gar kein Geschichtsbewusstsein verfügten. Vielmehr sind verschiedene Sinnbildungstypen rekonstruierbar, die in der Summe als modernes und postmodernes Geschichtsbewusstsein ausgewiesen werden können. Mithilfe der Methoden der Grounded Theory gelingt es dem Autor, die Perspektiven der analysierten Gruppeninterviews sowohl in entwicklungspsychologischer Hinsicht (in Anlehnung an WYGOTSKI) als auch in Bezug auf eine historisch vermittelte Identität Jugendlicher zu erschließen.

Keywords: Geschichtsbewusstsein, historische Sinnbildung, Entwicklungspsychologie, genetischer Strukturalismus, narrative Kompetenz, Grounded Theory Methodologie, rekonstruktive Sozialforschung, empirische Forschung, Gruppendiskussion

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Dimensionen des Geschichtsbewusstseins

3. Untersuchungen zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins

4. Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung

5. Methodisches Vorgehen

6. Ergebnisse und Bewertung der Studie

7. Schlussbemerkungen

Anmerkung

Literatur

Zum Autor

Zitation

 

1. Einleitung

Eine Arbeit über "historisches Bewusstsein" zu schreiben, zeugt vom Mut des Autors, sich in eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten wie z.B. Wilhelm DILTHEY oder Friedrich NIETZSCHE zu stellen. DILTHEY verwendete den Begriff "historisches" oder "geschichtliches" Bewusstsein als terminus technicus (erstes Auftreten 1867 in seiner Basler Antrittsrede). In der "Einleitung in die Geisteswissenschaften" (1883) wird der Begriff systematisiert:

"Durch die christliche Offenbarung wird Gottes Wesen in geschichtlicher Lebendigkeit ergriffen. Und so entstand, das Wort im höchsten Verstand genommen, nun erst das geschichtliche Bewußtsein ... Das Ringen der Religionen untereinander in dem von geschichtlicher Realität erfüllten christlichen Seelenleben hat das historische Bewußtsein einer Entwicklung des ganzen Seelenlebens hervorgebracht" (DILTHEY 1922, S.254f.). [1]

In den späteren Schriften DILTHEYs avanciert der Begriff zu einem hermeneutischen Hauptbegriff. DILTHEY versteht unter historischem Bewusstsein

"… die Einführung des historischen Denkens und seiner Resultate in die Weltanschauung, in Philosophie. Relativität jedes Phänomens. In dieser aber sein Wert und seine Bedeutung als eines Moments im Ganzen. Erst Universalität in diesem Sinne ist geschichtliches Bewußtsein. Dieses ist nun im Fortschreiten … Philosophisches Bewußtsein ist Begrenzung jeder gegebenen Erscheinung und zugleich ihre Bedeutung im universalhistorischen Zusammenhang" (DILTHEY 1936, S.XIX). [2]

KÖLBL nimmt diesen hermeneutisch geprägten Begriff DILTHEYs auf und erweitert die hermeneutische Perspektive des historischen Bewusstseins um eine entwicklungspsychologische Dimension. Er unterstreicht dabei, dass es zu verschiedenen Lebensabschnitten eines Menschen resp. eines Jugendlichen gehöre, Geschichtsbewusstsein zu artikulieren und von anderen einzufordern; zum historischen Bewusstsein gehöre vor allem auch eine je spezifische Identitätsbildung. Kritisch wendet sich KÖLBL gegen die Annahme, das Geschichtsbewusstsein Jugendlicher sei defizitär. Der Psychologe Jerome BRUNER sei nach KÖLBL für dieses Vorurteil mithaftbar zu machen, weil er davon ausgegangen sei, "Geschichte sei einfach da und nicht darauf angewiesen, erst einmal konstruiert zu werden" (KÖLBL, S.18; vgl. hierzu BRUNER 1998, S.74). Werden DILTHEYs Bemerkungen ernst genommen, dann schwingt im Begriff "Geschichtsbewusstsein" das Existenzial "In-Geschichte-Verstrickt-Sein" als Ich-nahe Konstruktion mit. Das bedeutet, dass historisches bzw. geschichtliches Bewusstsein durch kognitive, motivationale und faktische Komponenten konstituiert wird, die ihrerseits emotionale Voraussetzungen haben. Historischem Bewusstsein inhärent ist deswegen die Erkenntnis des Relativen und Relationalen alles Geschichtlichen, was aber grundsätzlich Erkenntnisleistung und damit Konstruktion des erkennenden Subjekts ist. KÖLBL will deshalb mit seiner Studie zeigen, dass das Geschichtsbewusstsein Jugendlicher bereits komplexer ist als die weit verbreitete Annahme des Defizitären oder des Rudimentären. Bereits bei Jugendlichen läge ein historisches Denken, das gedächtnisbasiert sei, vor, weil Vorher-Nachher-Repräsentationen zum grundsätzlichen Vollzug von Identität gehörten. [3]

Historische Sinnbildung und Identitätsbildung sind zwei Bereiche menschlichen Seins, die bislang relativ unverbunden nebeneinander stehen und von den jeweiligen Wissenschaften wie Geschichtswissenschaft (BRUNNER, CONZE & KOSELLECK 1975) und Psychologie untersucht werden. KÖLBL greift auf zwei Definitionsversuche (KOSELLECK 1989a, 1989b; MÜLLER-HOHAGEN 1994) zurück, um eine Arbeitsthese für seine Untersuchung zu bilden, nach der das Feld des Geschichtsbewusstseins "als der Inbegriff für jene mentale Struktur, die bei unserem Umgang mit der kollektiv bedeutsamen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als zugrundeliegend gedacht werden muss" (S.17). KÖLBL fragt, wie sich das Geschichtsbewusstsein bei Jugendlichen (vgl. v. BORRIES 1998; v. BORRIES & PANDEL 1994) aufbaut und zusammensetzt und was hierzu die psychischen Konstituenten beitragen. In seiner Untersuchung konzentriert er sich auf den Lebensabschnitt der Adoleszenz und auf den Bereich der schulischen und außerschulischen Bildungsangebote für diesen Lebensabschnitt. In Bezug auf KOSELLECK, MEIER, ENGELS und GÜNTHER (1975, S.657) geht KÖLBL von drei Bedeutungsebenen von Geschichte aus:

Geschichtswissenschaft soll nach KÖLBL Geschichtsbewusstsein fördern, unterstützen oder wahrnehmbar und aussagefähig machen. Geschichtsbewusstsein beinhalte also "ein Bewußtsein geschichtlicher Tatsachen, ein Bewußtsein ihrer Darstellung und ein Bewußtsein ihrer szientifischen Behandlung" (S.22). Damit seien die drei Ebenen von Geschichte wie Sachverhalt, Darstellung und Wissenschaft umrissen und stellten in ihrer Gesamtheit ein narratives Netzwerk im menschlichen Bewusstsein dar. Das Geschichtsbewusstsein ist demgegenüber so etwas wie ein "Statthalter der Geschichtswissenschaft in der Lebenszeit", wie KÖLBL andernorts geschrieben hat (s. STRAUB & KÖLBL 2001), was wissenschaftlichen Charakter hat. Dazu gesellt sich komplementär ein Geschichtsbewusstsein, das stärker in individuell-narrative Zusammenhänge gestellt ist. Geschichtsbewusstsein und historische Sinnbildung sind für KÖLBL demnach austauschbare Begriffe, was seinem entwicklungspsychologischen Anliegen dient. Seine eigene Arbeitsdefinition von historischem Denken lautet deswegen auch:

"Historisches Denken wiederum ist dadurch gekennzeichnet, daß es unterschiedliche empirisch-historische Sachverhalte zu einem sinnvollen temporalen Zusammenhang narrativ synthetisieren kann. Unter Geschichtsbild soll schließlich ein alle mögliche Interpretationen historischer Ereignisse und Zusammenhänge übergreifendes Deutungsmuster bezüglich Historie verstanden werden." (KÖLBL, S.25) [5]

M.E. muss aber aufgrund der normativ-hermeneutischen Vorgaben im Geschichtsbewusstsein in Bezug auf Geschichtswissenschaft das Geschichtsbewusstsein begrifflich von historischer Sinnbildung unterschieden werden, da Letzteres doch eher subjektiv-kommunikativen Dynamiken unterliegt (vgl. ASSMANN 1992). Die Leistung der Hermeneutik besteht immer darin, Konstruktionen von Sinn zu erstellen, einen Sinnzusammenhang aus einer Welt in die andere zu übertragen, sodass Verstehen gelingen kann. Im Bereich der Geschichtswissenschaft ist hermeneutisches Arbeiten einer strengen Methodologie unterworfen, die für eine Wissenschaftsgemeinschaft (scientific community) insgesamt gilt; subjektiv-idiosynkratisches Verstehen muss demgegenüber nicht methodisch agieren, verhält sich aber zum wissenschaftlichen Verstehensvorgang analog oder sogar komplementär, muss also nicht "falsch" in einem wissenschaftlichen Sinn sein. [6]

2. Dimensionen des Geschichtsbewusstseins

Das Geschichtsbewusstsein umfasst entsprechend der Konzeptualisierung KÖLBLs zwei unterscheidbare Dimensionen, das verwissenschaftliche Geschichtsbewusstsein und das Geschichtsbewusstsein in einem existenzialen Sinn. Kognitiv unterscheidbar sind historisches Denken, historisches Wissen, Geschichtsverständnis und das Geschichtsbild. Motivational-emotionale Komponenten des Geschichtsbewusstseins sind geschichtliches Interesse und Geschichtsverlangen (siehe KÖLBL, Tabelle S.27). Grundlegend ist aus psychologischer Sicht das Gedächtnis als personales Vermögen, das an bestimmte neurophysiologische Grundbeschaffenheiten des menschlichen Körpers gebunden ist. KÖLBL unterscheidet in Anlehnung an ASSMANN (1992) eine Innen- und Außendimension des Geschichtsbewusstseins und identifiziert diese beiden Dimensionen als kollektives und kommunikatives Gedächtnis in der geschichtswissenschaftlichen Terminologie von Jan und Aleida ASSMANN und Christoph HARDMEIER (1983; vgl. auch ASSMANN, 1992 und HALBWACHS 1985; WARBURG 1992). Sie unterscheiden kollektiv und kommunikativ im Sinn einer Stufenbildung: Die erste Artikulation geschehe in der Bedeutung von oral history und sei als kommunikativ zu bezeichnen; gesellschaftlich verdichtet entwickelten sich diese Artikulationen dann zu einem kollektiven Gedächtnis. Gedächtnis hat man, aber man erinnert sich. Kommunikatives und kollektives Gedächtnis sind Außendimensionen (ASSMANN 1992) des individuellen Gedächtnisses, wobei das kollektive Gedächtnis so etwas wie ein Langzeitspeicher einer Gesellschaft darstellt. KÖLBL unterstellt dem individuell und entwicklungspsychologisch geformten Geschichtsbewusstsein eine Art Scharnierfunktion in Richtung auf das kollektive Geschichtsbewusstsein, das dann Forschungsfeld der Geschichtswissenschaft sei. KÖLBL verwendet hier also einen sehr weiten Begriff von Geschichtsbewusstsein, wie an folgendem Zitat deutlich wird:

"Zurück zum Geschichtsbewußtsein im weiteren Sinne. Noch bevor Geschichte als ein Objekt wissenschaftlichen oder quasi-wissenschaftlichen Denkens für uns in Betracht kommt, werden wir beständig in unserer Lebenswelt mit Geschichte konfrontiert. Man könnte auch sagen, daß bereits unsere präreflexible Identität von Geschichte durchsetzt ist, und die rationale Rekonstruktion historischer Phänomene dieser existentiellen Affiziertheit erst im Modus der Nachträglichkeit folgt." (KÖLBL, S.24) [7]

Aber auch Erinnerungen sind KÖLBL zufolge dem Raum-Zeit-Verhältnis unterworfen und können an Relevanz verlieren, was dann Wandel des individuellen Geschichtsbewusstseins nach sich zöge:

"Dort, wo die Erfahrungen der Vergangenheit rapide an Wert für die Gestaltung der Zukunft verlieren – zumindest in dem Sinne, daß sich aus ihnen einfache Patentrezepte ableiten ließen –, gibt es eben im traditionellen Sinne für die Zukunft kaum noch etwas aus der Historie zu lernen. Aus der Geschichte lernen wird problematisch und erfordert eine Neubestimmung dessen, was dieser Topos eigentlich noch heißen kann." (KÖLBL, S.36) [8]

KÖLBLs Versuch, Geschichtsbewusstsein, historische Sinnbildung und entwicklungsmäßige Aufgaben des Individuums im Jugendalter in eine Balance zu bringen (zur Didaktik vgl. BALLARD 1970), zeigt sich daran, dass er dem modernen historischen Bewusstsein unterstellt, dass mit ihm ein wissenschaftliches Weltbild und selbstreflexives Denken in Bezug auf die Bedingungen seiner Möglichkeit einhergingen. Er bezieht sich dabei auf den in der philosophischen Tradition der Phänomenologie des Leibes (MERLEAU-PONTY) stehenden Theoretiker Bernhard WALDENFELS. WALDENFELS (1997) erweitert die Grundannahme eines selbstreflexiven Bewusstseins innerhalb eines wissenschaftlichen Weltbildes um die Perspektiven des Kontingenz-, Alteritäts-, Alienitäts- und Differenzbewusstseins, die Offenheit gegenüber Erfahrungs- und Erwartungshorizonten, die Säkularisierung historischer Narrative und die Auflösung bzw. Individualisierung und Pluralisierung von Themen mit sich brächten. Inwieweit der oben angestrebte, überprüfbare Arbeitsbegriff des "Geschichtsbewusstseins" durch phänomenologische Ausweitungen nichtssagend wird, muss m.E. an das Konzept KÖLBLs kritisch zurückgefragt werden. Die Stärke dieser Ausweitung liegt m.E. in der Kompatibilität mit entwicklungspsychologischen Modellen in der Tradition von Jean PIAGET und Lawrence KOHLBERG und steht – wie weiter oben angedeutet – in Konfrontation mit der eher platonisierenden Annahme Jerome BRUNERs über Geschichte. [9]

3. Untersuchungen zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins

Das dritte Kapitel des Buches ("Stand der Forschung – geschichtsdidaktische, psychologische sowie andere sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins") geht im ersten Schritt vor allem auf geschichtsdidaktische Untersuchungen ein (BERGMANN, FRÖHLICH, KUHN, RÜSEN & SCHNEIDER 1997; JEISMANN 1988; v. BORRIES 1987 u.a.) und stellt die wissenschaftstheoretisch wichtige Frage, ob denn Geschichtsbewusstsein durch das Lehren und Lernen von Geschichte mitbefördert werde. Dazu zitiert der Autor der Studie RÜSEN:

"Für die Geschichtsdidaktik ist es eine zentrale Frage, wie sich die Entwicklung des Geschichtsbewußteins als Lernprozeß in einer zeitlichen Dimension konzipieren lässt, die dem Prozeß der Sozialisation und Individuierung von Subjekten entspricht. Erst in dieser Dimension wird historisches Lernen als integraler Teil der Subjektwerdung des Menschen in seinen sozialen Lebensbezügen sichtbar." (Jörn RÜSEN, zit. n. KÖLBL, S.41) [10]

Gleichwohl stellt KÖLBL fest, dass das empirische Wissen über die Ontogenese des Geschichtsbewusstseins im Bereich der Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik sehr gering sei (vgl. auch STRAUB & KÖLBL 2001, S.23f.). Anders sähe es im Bereich der Sozialwissenschaften aus. Hier führt KÖLBL die Untersuchungen von WELZER, MONTAU und PLAß (1997) in Bezug auf die Rezeption des Nationalsozialismus an. Dargestellt werden die von RÜSEN und DUVENAGE (1993) postulierten vier Typen des Geschichtsbewusstsein: a. die traditionale, b. die exemplarische, c. die kritische und d. die genetische Sinnbildung über Zeiterfahrung. Die traditionale Form verstehe Vergangenheit als Ensemble von Ereignissen und Deutungen derselben, die für die Gegenwart unmittelbar Bedeutung haben. Die exemplarische Sinnbildung wähle einzelne Ereignisse, Deutungen der Vergangenheit als sinnbildend für die Gegenwart aus. Der kritische Typus bestreite universal geltende Bedeutungen und die Herleitung von Regeln und Gesetzen aus ausgewählten historischen Ereignissen. Der letzte Typ sei selbst historisch verortet und verstehe sich selbstreflexiv der Unweigerlichkeit historischen Wandels unterworfen: Wandel ist hier keine Bedrohung, sondern wird auch als Bedingung eigener Möglichkeiten anerkannt (S.53). Attraktiv ist nun das methodische Vorgehen KÖLBLs. Er diskutiert die Studie von SONNTAG (1932), der das frühe Phasenmodell von PIAGET auf die Analyse von 100 mit Schülerinnen und Schülern übertragen hatte. Die Untersuchung SONNTAGs ist deswegen wichtig, weil sie die erste Studie im Bereich der Unterrichtsforschung des Faches Geschichte darstellt und den Weg für die Erkenntnis öffnet, dass Jugendliche selbst zu historischer Sinnbildung fähig sind. Die Analyseraster SONNTAGs folgten vier Fragen: a) Inwiefern wird der Wirklichkeitscharakter der geschichtlichen Welt anerkannt?; b) Inwieweit werden die geisteswissenschaftlichen Gehalte der Historie verstanden im Gegensatz zum naturwissenschaftlichen Erklären?; c) Wie erfolgt die Formung der historischen Gehalte durch das aktive Denken?; d) Wie sieht die Einstellung zur geschichtlichen Zeit aus (vgl. dazu auch PETHES 2001)? [11]

SONNTAG rekonstruiert anhand der Antworten verschiedene, aufeinander aufbauende Levels des historischen Bewusstseins der Schüler und Schülerinnen (1. Stufe bis zum 11./12. Lebensjahr; 2. Stufe Geschichtsbewusstsein bis zur Pubertät; 3. Stufe Jahre der Reifezeit; 4. Stufe Jahre der Adoleszenz). KÖLBL kritisiert jedoch an dieser Studie das methodische Vorgehen und das aus seiner Perspektive heterogene Auswertungsverfahren. Eine Weiterentwicklung des SONNTAGschen Ansatzes findet sich dann für KÖLBL bei Heinrich ROTH (1968) und bei Waltraut KÜPPERS (1966). Einen methodisch attraktiveren Zugang sieht KÖLBL bei Hans-Günther SCHMIDT (1987), der Geschichtsbewusstsein und das Erzählen-Können von Geschichten bei Schülern und Schülerinnen untersucht und sich dabei an KOHLBERGs Dilemma-Ansatz orientiert hat. SCHMIDT kommt – so KÖLBLs Vergleich – in seinen Resultaten der Typisierung RÜSENs sehr nahe. KÖLBLs weitere Durchsicht der auf SONNTAG zurückgehenden Forschungslinie berücksichtigt auch PANDEL (1994), der mit Hilfe einer semantischen Ratingskala (BROWN & SMILEY 1977) 48 Nacherzählungen von Kindern und Jugendlichen untersucht und die Erzählungen nach semantischen Einheiten kategorisiert (Verständnis der Geschichte, Wiedergabe von Details in den Handlungsabläufen, Singularität und Individualität der nacherzählten Geschichte). Ebenso wird die quantitative Studie (N=6.479) von v. BORRIES vorgestellt, der mit einer multivariaten Auswertung u.a. zu zeigen versucht, dass es zahlreiche vermittelnde Bildungsinstanzen des historischen Bewusstseins gibt und dass historische Interessen bisweilen auch kompensatorische Funktionen haben. Schließlich geht KÖLBL noch auf die Studie von RÜSEN, FRÖHLICH, HORSTKÖTTER und SCHMIDT (1991) ein, die die narrative Konstituiertheit des historischen Bewusstseins bei Schülern und Schülerinnen in den Vordergrund stellten und dieses dann als eine Form der narrativen Sinnbildung über Zeit untersuchten; eine Arbeit, die SEIXAS (1998) fortführte und dabei insbesondere die von Jugendlichen genutzten audiovisuellen Medien wie populäre Spielfilme und Fernsehsendungen betrachtete. Weitere empirische Untersuchungen erden im Folgenden von KÖLBL referiert (LÉTOURNEAU [2001]); KLOSE [1994]; NOACK [1994]; HALLAM [1967, 1969, 1970]; EGAN [1989]; SHEMILT [1980]) und grundsätzlich kategorisiert (Gesamtdarstellung, einzelne Aspekte werden fokussiert, genetischer Strukturalismus als Leitschema usw.). KÖLBL ordnet in seiner Übersicht Forschungstraditionen, indem diese als Zeugnisse bestimmter Abschnitte in der (Forschungs-) Geschichtsschreibung chronologisch zugeordnet werden. Für ihn ist jedoch seitens historischer Wissenschaft die Einsicht notwendig, dass Jugendliche durchaus selbsttätig zu komplexen historischen Sinnbildungen fähig sind und dass diese im Rahmen eines aktiven Sozialisationsprozesses auch tatsächlich stattfinden. M.E. fehlt jedoch in der Präsentation der Forschungsgeschichte ein weiteres entscheidendes Moment aus dem Bereich der Unterrichtsforschung im Schulfach Geschichte: Aus welchem Erkenntnisinteresse heraus wurden in der Geschichtswissenschaft und der Geschichtsdidaktik überhaupt empirische Ansätze verfolgt? [12]

Entlang dieser Forschungsübersicht (und darin letztlich nur geringen Anzahl vorliegender einschlägiger Arbeiten) weist KÖLBL auf den Mangel an empirischen Studien generell hin und stellt heraus, dass die vorhandenen Studien methodisch angreifbar seien. Zudem sei bislang ungeklärt, was historische Sinnbildung psychologisch heiße. An diesem Desiderat historischer Wissenschaft setzt nun KÖLBL mit seiner eigenen Studie an, die einen Weg zu einer "Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung" aufzeigen und damit auch den eigentlichen schulischen Geschichtsunterricht bereichern will. STRAUB (1998), den KÖLBL zitiert und mit dem er gemeinsam zum Geschichtsbewusstsein Jugendlicher publiziert hat (STRAUB & KÖLBL 2001), bringt das Problem auf den Punkt:

"Es liegt ja auf der Hand, die von Piaget vorgenommene struktur- oder formaltheoretische Erforschung spezifischer Vernunftvermögen weiterzuführen und auf die in der Psychologie bis heute sträflich vernachlässigten Bereiche auszudehnen: neben die erfahrungswissenschaftliche Erforschung des theoretisch-naturwissenschaftlichen Verstandes und die Untersuchung des praktisch-moralischen Urteilsvermögens hätte dabei nicht allein eine (Entwicklungs-) Psychologie ästhetischer Urteilskraft, sondern eben auch eine Psychologie des (von Piaget und Kant vernachlässigten historischen (und biographischen) Denkens zu treten." (STRAUB 1998, S.9) [13]

4. Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung

KÖLBL greift bei seiner eigenen Untersuchung auf die theoretischen Rahmen von PIAGET und vor allem WYGOTSKI unter Einbeziehung der Ansätze von Lawrence KOHLBERG und Carol GILLIGAN zurück. Folgende Begründung und Zielsetzung finden sich bei KÖLBL für diesen Bezug:

"Der Rekurs auf Piaget, Kohlberg, Gilligan und Wygotski soll (mindestens) vier Aspekten in bezug auf die Explikation der anvisierten entwicklungspsychologischen Grundbegrifflichkeit Rechnung tragen: 1. Die Wichtigkeit einer hermeneutischen Lesart solcher Termini wie Struktur, Kompetenz, Performanz usw., sowie überhaupt die Rolle solcher Gedanken, die den Konzepten der Bedeutung und des Sinns für die Entwicklung Gewicht beimessen. 2. Die Bedeutung, die der Sozialität und Konstruktivität des Psychischen zukommt. 3. Der Einbezug auch nicht-kognitiver Faktoren bei der Beschreibung und Erklärung der Entwicklung von Geschichtsbewußtsein; oder anders ausgedrückt: die untrennbare Verflochtenheit motivationaler, emotionaler und kognitiver Gehalte in der Entwicklung historischer Sinnbildung. 4. Die psychologische Bedeutsamkeit, die daraus erwächst, daß mit der Analyse des Geschichtsbewusstseins, im Unterschied zur theoretisch-naturwissenschaftlichen Vernunft, eine Vernunftform analysiert wird, in der das epistemische Subjekt mit seinem Erkenntnisobjekt in eins fallen kann." (KÖLBL, S.97) [14]

KÖLBL weist ferner darauf hin, dass die neueren Theorien, wie z.B. die theory of mind (nach ASTINGTON, HARRIS & OLSON 1988; ASTINGTON 1993 oder TOMASELLO 1999) helfen können, die Fragen des Wissenserwerbs bzw. die Entwicklung begrifflichen Wissens (z.B. SODIAN 2002; OERTER 2002) bei Kindern und Jugendlichen zu klären. KÖLBL weist in diesem Zusammenhang auf die "neueren" Befunde der Entwicklungspsychologie hin, dass geistige Entwicklung nicht global, sondern bereichsspezifisch, inhaltsgebunden und wohl auch kulturspezifisch verlaufe: "Zumindest sollte man nicht a priori davon ausgehen, daß in jedem der genannten Bereiche ähnliche oder gar gleiche 'Mechanismen' der geistigen Entwicklung am Werk wären" (KÖLBL, S.100). [15]

Das bedeutet, dass Jugendliche ein attraktives Lernarrangement benötigen, das sich an ihren Kompetenzen und nicht zuerst an den Inhalten eines Faches orientiert. Das Geschichtsbewusstsein, das KÖLBL in seiner Untersuchung rekonstruieren konnte, weist auf einen spezifisch modernen Ansatz hin. So schreibt KÖLBL in der Auswertung seiner empirischen Befunde:

"… so zeigt sich im adoleszenten Interesse an vielerlei unterschiedlichen, gerade auch fremd-kulturellen, historischen Wirklichkeiten, der Versuch einer Transzendierung des eigenen Standorts; dies kann als typisch modern bezeichnet werden. Ähnliches läßt sich in bezug auf historisch vermittelte Identitätsbildungsprozesse behaupten, die eben nicht durch eine Auszeichnung des Eigenen bei einer Abwertung des Fremden charakterisiert sind. Modern ist das Geschichtsbewußtsein der Forschungspartner ebenso in der Hinsicht, daß es von szientifischen Imperativen durchdrungen ist … Im Sprechen der Jugendlichen wird eine Verwissenschaftlichung ihres Geschichtsbewußtseins an den Themen Zeit- und Geschichtsbegriff, Kategorien zur Ordnung der Geschichte, Konzepte historischer Entwicklung, Formen der Geltungsbegründung historischer Aussagen sowie Modi historischen Verstehens und Erklärens, deutlich." (KÖLBL, S.347) [16]

Letztlich lässt sich der entwicklungspsychologische Ansatz KÖLBLs in Beziehung setzen zu pluralen und multiperspektivischen Ansätzen im Bereich der jugendlichen Identitätsbildung wie z.B. bei Heiner KEUPP. KEUPP spricht hier von Patchworkidentität (2006; kritisch zu KEUPPs Ansatz der Patchworkidentität vor allem MEY 1999). Die Analyse historischen Bewusstseins ist – so kann m.E. KÖLBLs Arbeit und seine Position zusammengefasst werden – immer zugleich auch die Analyse historischen Wissens und auch der narrativen Kompetenz. KÖLBL versucht in seiner synthetischen Zusammenschau von Psychologie/Entwicklungspsychologie und historisch-hermeneutischer Wissenschaft, die von BRUNER (1986) unterschiedenen Denkformen (paradigmatisches und narratives Denken) miteinander komplementär zu verbinden. Beide Denkformen konstituieren sich über bestimmte Gütekriterien. Im paradigmatischen Denken müsse ein Argument empirisch begründet und formalisierbar sein, im narrativen komme es auf Glaubwürdigkeit der Erzählung an. Paradigmatisches Denken verweise auf Eindeutigkeit, narratives benötige Mehrdeutigkeit, wie KÖLBL zusammenträgt (siehe dazu auch das HEMPEL & OPPENHEIM 1948 und DANTO 1980; STRAUB 1999). Narrative Strukturen haben, so KÖLBL, als Basisstruktur in der Regel einen Anfang, eine Mitte und einen Schluss, wobei die Mitte als Erzählhöhepunkt identifizierbar sei; die Mitte sei die Scheidelinie zwischen Vorher und Nachher. Die triadische Struktur sei fast unbegrenzbar variabel. Eine historische Narration unterliege ebenfalls dem Grundschema und sei eben deswegen gerade nicht Abbild der historischen Wirklichkeit, sondern Konstruktion derselben. Das bedeutet, dass eine historische Narration grundsätzlich nicht nur nach ihrem Organisationsschema, sondern auch nach ihren Funktionen zu betrachten wäre. Wenn historische Erzählungen auch Konstruktionen historischer Wirklichkeit seien, dann ordneten sich dieser Makrofunktion die Mikrofunktionen Information, Wissensbildung und Wissensvermittlung zu. Daran hingen dann psychische Funktionen wie Identitätsbildung, Identitätsproduktion und Identitätspräsentation. Auf einer praktischen Ebene kämen Orientierungsbildung sowie moralische und soziale Bildung hinzu:

"Wenn davon die Rede ist, daß Historie handlungswirksam sei, dann schließt sich fast zwangsläufig die Frage nach der moralischen Dignität dieser Handlungen an. Oder anders gewendet: Geschichte soll ja nicht einfach irgendwelche Handlungen orientieren und evozieren, sondern solche, die wünschenswert, und dies heißt eben oftmals moralisch legitimierbar, sind. Historische Narrative, von denen nun angenommen wird, sie erfüllten solch eine moralische Funktion, dürften sich dann auch der Wertschätzung als Instrumente pädagogischer Einflußversuche gewiß sein." (KÖLBL, S.109) [17]

Kritisch gegen diesen komplementären Ansatz KÖLBLs wende ich ein, dass KÖLBL zwar die psychologische Funktion einer Narration umschreibt, dabei aber m.E. außer Acht lässt, dass bereits auf der semantisch-narrativen Ebene, d.h. also in der Narration selbst die formal-literarische Gestaltung der Narration mit dem sogenannten Sitz im Leben zusammenhängt, d.h. der soziale Ort einer Narration zwingt der Narration die Form auf. Von der Form oder Gattung einer Narration lässt sich wiederum zurückschließen auf den sozialen Ort, an dem die Narration Bedeutung gewinnt. In den hermeneutischen Wissenschaften (Theologie, Philosophie, Jura) wird der Fachterminus "Sitz im Leben" unter formgeschichtlichen Fragestellungen benutzt. Der Sitz im Leben eines Textes gibt Auskunft über eine vermutliche ursprüngliche Entstehens- und Verwendungssituation und über den Gebrauch des Textes in dieser Situation; ohne Rekonstruktion des sozialen Verwendungs- und Bedeutungszusammenhangs können sich Texte nicht erschließen. Grundsätzlich geht es bei der Rekonstruktion des ursprünglichen Sinnzusammenhangs eines Textes immer um Textpragmatik, also um Verwendung von Sprache in einem definierten sozialen Kontext. Vor allem an der Textgattung entscheidet sich die Textpragmatik. Historische Sinnbildung in den hermeneutischen Wissenschaften benötigt also eine basale Vorstellung oder Konstruktion der Entstehung bzw. Produktion eines Textes und damit auch eine Vorstellung eines AdressatInnenkreises und der Beziehung zwischen AutorInnen und RezipientInnen eines Textes. [18]

Dieser Umstand wird jedoch m.E. von KÖLBL fast vollständig ausgeblendet, wenn er den Schwerpunkt auf die Identitätsbildung Jugendlicher legt; Orientierungsbildung, moralische und soziale Bildung, um KÖLBL aufzunehmen, sind funktional auf den sozialen Ort und gerade nicht allein auf innerpsychische Faktoren bezogen. Hinzu kommt nach meiner Einschätzung auch das Gewicht sozialer Erzählgemeinschaften, die den sozialen Ort von Narrationen unmittelbar beeinflussen. Neben historischer Sinnbildung und jugendlicher Identitätskonstruktion muss m.E. auch der soziale Ort von Textentstehung grundsätzlich mitbedacht werden, um Texten in ihrer auch historischen Bedeutung gerecht zu werden. Das Alter eines Textes ist hierbei jedoch sekundär, was bedeutet, dass z.B. Interviewtexte von Jugendlichen den gleichen hermeneutischen Spielregeln unterworfen sind wie z.B. Texte Heiliger Schriften (Bibel, Koran usw.). [19]

Als eigentliche psychische Funktionen historischer Narrative könnten nach KÖLBL Selbstrechtfertigung, Entlastung des Gewissens, Selbsterhöhung, Idealisierung, Selbstbezichtigung, Selbstreflexion, Abfuhr von Aggressionen, Angstverarbeitung, Angstreduktion, Heilung, Wunscherfüllung oder Kontingenzbearbeitung (S.110) identifiziert werden. Auf dem Hintergrund der klassischen strukturgenetischen Theorien erweitert KÖLBL die Frage nach der Entstehung historischer Kompetenz um die Frage nach dem Verhältnis von epistemischem Subjekt und Erkenntnisobjekt (vgl. z.B. SELMAN und auch WYGOTSKI). WYGOTSKI geht davon aus, dass Sprache und Denken sich erst ab einem bestimmten Zeitpunkt der menschlichen Entwicklung miteinander "verknoten" und bis zu diesem Zeitpunkt getrennt voneinander betrachtet werden können (1977, S.5-15 und S.74-103). WYGOTSKI postuliert eine schrittweise Ausbildung des sprachlichen Denkens in vier Phasen (Sprache sei präintellektuell, Denken präverbal; erste grammatikalische Formen – Syntax der Sprache käme vor der Syntax des Denkens; symbolische Hilfsmittel würden zur Lösung innerer Probleme verwendet – egozentrische Sprache; symbolische Hilfsmittel würden verinnerlicht). Als Ergebnisse können festgehalten werden (KÖLBL S.162): Wortbedeutungen sind nach WYGOTSKI als Einheit von Sprache und Denken bestimmt. Die lautlichen und semantischen Seiten der Sprache entwickeln sich gegenläufig zueinander; hierbei können das psychologische Subjekt bzw. Prädikat und grammatisches Subjekt und Prädikat übereinstimmen oder nicht übereinstimmen. Deswegen können unterschiedliche Sprachformen ausdifferenziert und in ihrem jeweiligen Verhältnis zueinander charakterisiert werden. Anders als PIAGET gehe WYGOTSKI in der Wahrnehmung KÖLBLs von einem Entwicklungsweg der Sprache von außen nach innen aus; die jeweiligen Formen seien nicht nur in ihrer Genese, sondern auch in funktioneller und struktureller Hinsicht verschieden. Des Weiteren sei die innere Sprache rein prädikativ und die geschriebene Sprache maximal elaboriert. Die mündliche, d.h. die gesprochene Sprache nehme eine Mittelstellung zwischen geschriebener und innerer Sprache ein – außerdem sei sie genetisch betrachtet primär; die Bedeutung eines Wortes sei relativ starr, der Sinn dagegen dynamisch. Der Sinn eines Wortes werde erst in einem größeren Kontext klar; die sinngenerierende Basis sei das Bewusstsein; der Gedanke werde nicht unvermittelt kommuniziert, sondern "verberge" sich als Untertext im Sinn des Textes. KÖLBL zitiert m.E. deswegen WYGOTSKI, weil dieser ihm die Begründung für plurale Sinnansätze einer "hermeneutisch orientierten Psychologie" (KÖLBL S.163) liefert und der multiperspektivische Ansatz von Identitätsbildung scheinbar durch multiperspektivische historische Sinnbildung seitens der Subjekte, sprich der Jugendlichen unterstützt wird. Dies muss aber m.E. fragwürdig im Sinn des Wortes bleiben, denn hermeneutisches Denken bezieht nicht nur die RezipientInnenseite, sondern vor allem die Produktionsseite historischen Sinns ein. KÖLBL vermutet in folgendem Zitat WYGOTSKIs einen "platonischen" Effekt, sprich eine Vorbedeutung vor der eigentlichen Bedeutung:

"Der Gedanke ist auch noch nicht die letzte Instanz in diesem ganzen Prozeß. Er entsteht selbst nicht aus einem anderen Gedanken, sondern aus dem motivierenden Bereich unseres Bewußtseins, der unsere Triebe und Bedürfnisse, unsere Interessen und Impulse, unsere Affekte und Emotionen umfaßt. Hinter dem Gedanken stehen affektive und volitionale Tendenzen. Nur sie können auf das letzte "Warum" in der Analyse des Denkens eine Antwort geben." (WYGOTSKI 1977, S.354) [20]

Die Frage bleibt jedoch m.E. gerade auch aufgrund des letzten Zitats offen: Verträgt sich historische Sinnbildung als Konstruktion historischer Wirklichkeit mit im Hintergrund der Sinnbildung agierenden, letztlich empirisch nicht nachweisbaren Motivationen und einer multiperspektivisch organisierten Identitätsbildung bei Jugendlichen? [21]

5. Methodisches Vorgehen

KÖLBL beschreibt im nächsten Abschnitt sowohl sein methodisches Vorgehen als auch die Stichprobe und bezeichnet seine Vorgehensweise – in Anlehnung an GLASER und STRAUSS (1967) und FLICK (2000) – als multivariate Triangulation (vgl. FLICK 2000). Die Stichprobe selbst besteht aus sechs Gruppendiskussionen mit je vier Teilnehmenden, die in etwa gendermäßig ausgeglichen sind; dazu kommen noch zwölf Einzelinterviews. KÖLBL erweiterte mögliche Untersuchungsdesigns wie narrative, biografische oder problemzentrierte Verfahren um das Schema "einer narrativen Erklärung sensu Arthur C. Danto" (KÖLBL S.209). Das besagte Schema dient als Integrations- bzw. Referenzrahmen und nimmt vor allem sprachlogische Muster (Aussagen- und Prädikatelogik) auf. KÖLBL verdeutlicht das Gemeinte am Beispiel eines Psychologieprofessors, der sich selbst als "bürgerlichen Psychologen" bezeichnet, in der Fachwelt aber als sog. "kritischer Psychologe" gesehen wird. Die Selbstbezeichnung rekurriert auf ein Buch aus dem Jahr 1964, und die zugeschriebenen Bedeutungen der KollegInnen beziehen sich auf Veröffentlichungen des Jahres 1968. Das Schema nach DANTO fragt dann, was das Gemeinsame der beiden Konnotationen ist, und was sich zwischen 1964-1968 in der Biografie des Psychologen ereignet hat. Vor allem die Ereignisse des Jahres 1968 nähmen Einfluss auf die jeweilige Bedeutungszuschreibung, die durch sprachlogische Muster erfasst werden können. Wichtig ist dann weiter, die Dichte einer Bedeutung und die Reichweite der Geltung einer historischen Erklärung und damit die Interessen einer Bedeutungszuschreibung deskriptionsfähig zu machen. KÖLBL stellt in diesem Zusammenhang die relevanten Fragen: "In welcher Terminologie sind Explanans und Explanandum zu formulieren? Welcher Denkform (…) soll man sich bei der Erklärung bedienen? Ist es sinnvoll von Akteuren zu sprechen oder ist es nicht viel wissenschaftlicher eine physiologische Begrifflichkeit zu wählen?" (KÖLBL, S.211) [22]

Die GesprächspartnerInnen KÖLBLs wurden in den Einzelinterviews zunächst gebeten, historische Ereignisse, Gestalten, Epochen usw. zu nennen, um so an die individuellen Relevanzbereiche der Interviewten anzuknüpfen. Danach wurde solange nach der heutigen Bedeutung der Interviewinhalte gefragt, bis diese als nicht mehr hinterfragbar galten. Dann wurde eine "Streikpostkarte"1) mit der Bitte vorgelegt, diese zu beschreiben und zu deuten. Am Schluss des Interviews wurden die befragten Jugendlichen gebeten, auf einem Zeitstrahl die für sie relevanten Ereignisse zu markieren und zu kommentieren. Sowohl in den Gruppen- als auch Einzelinterviews waren in etwa gleich viele männliche und weibliche ProbandInnen; ebenso waren die Zahlenverhältnisse zwischen den Schularten Gymnasium und Hauptschule gleich verteilt. Altersmäßig stammten die Jugendlichen aus sechsten, achten und zehnten Klassen. Die Interviews wurden in Schulen durchgeführt und aufgenommen. Alle Interviews wurden nach der BOHNSACKschen (2007) Systematik transkribiert und anonymisiert (zu den Gruppeninterviewverfahren siehe BOHNSACK 2006). Nach den üblichen Schritten (wie z.B. Paraphrasierung) wurden die Texte der Interviewteilnehmenden einer reflektierenden und vergleichenden Interpretation unterzogen, was schließlich in eine qualitativ-komparative Analyse mündete und die erhoffte historisch-narrative Generierung individueller Standortbestimmungen der Jugendlichen mit sich brachte (Konstruktion von Ähnlichkeitsrelationen und Differenzrelationen durch bestimmende und reflektierende Interpretationen; Typisierung und Typenbildungen (S.221). Als Beispiel zitiert KÖLBL aus einem Interview mit einer Schülerin ("Waltraud"), in dem es um die Entstehung des ersten Weltkrieges ging:

"Waltraud: Ja. Und Erster Weltkrieg, ja, wie kann man nur so, na ja sagen wir mal so, bescheuert, kann man fast schon sagen, nur wegen, das/gut das Kaiserpaar, das war halt hoch angesehen und so, da hätte man den Student glaub ich war das, ich mein das warn Student, hätte man den Student/ich mein wegen Exekutieren könnt man doch kein Krieg anzetteln, nur weil dat Kaiserpaar erschossen wurde. Also det is für mich irgendwie wahnsinnig …" (KÖLBL, S.213). [23]

KÖLBL fokussiert in Bezug auf Holocaust und Nationalsozialismus eines der Ergebnisse: "Das Thema Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg spielt eine überragende Rolle für das historische Bewußtsein der befragten Jugendlichen. Eine besondere Virulenz bekommt das Thema für die Forschungspartner der zehnten Klasse" (S.239). [24]

6. Ergebnisse und Bewertung der Studie

Für die befragten Jugendlichen scheint das Konzept einer greifbaren Vergangenheit bedeutend. So formuliert KÖLBL treffend:

"In Geschichte verstrickt sind die von mir befragten Jugendlichen dann und insofern sie sich selbst als von Geschichte in vielfältiger Weise berührt, mehr noch: durchdrungen erleben. Dies ist stets dann der Fall, wenn sie sich für bestimmte historische Phänomene begeistern, sich vor ihnen fürchten, sie besser zu verstehen suchen, jedenfalls eine intensive Auseinandersetzung mit ihnen suchen. Ganz gewiß ist dies ebenso dann der Fall, wenn es beim adoleszenten Nachdenken und Sprechen über Historie um Aspekte der eigenen, mit Geschichte verwobenen Identität geht." (KÖLBL S.240) [25]

Bloße Fakten der Vergangenheit ohne einsehbaren Zusammenhang seien sinnlos und daher irrelevant. Das rekonstruierte historische Bewusstsein der befragten Jugendlichen scheint, so die Schlussfolgerung KÖLBLs, in spezifischer Weise als modern, weil die Jugendlichen Interesse an vielen unterschiedlichen, auch fremdkulturellen Wirklichkeiten zeigten, was zu einer stärkeren Transzendierung und Reflexion der eigenen historischen Wirklichkeit führe (S.347). Auch formulierte sich in spezifischen Interviewpassagen so etwas wie ein verwissenschaftliches Geschichtsbewusstsein (Zeit-Raum-Geschichtsbegriff) und es fanden sich Kategorien zur Ordnung der Geschichte und der Welt, Konzepte historischer Entwicklung, Formen der Geltungsbegründung historischer Aussagen, Modi historischen Verstehens und Erklärens usw. Das Konzept greifbarer Vergangenheit bezieht sich, so lassen sich die Aussagen KÖLBLs interpretieren, auf unterschiedliche mediale Rezeptionen durch Literatur, Artefakte, Filme, Hörmedien usw. Dieses Interesse, so lässt sich abschließend feststellen, wird geringer in dem Maß, wie Unterrichtsformen wie z.B. Frontalunterricht zunehmen und geschichtliches "Erleben" mortifiziert wird, d.h. die lebendige Begegnung und Erlebbarkeit mit und von Geschichte abnehmen bzw. durch die Vermittlungsform des Unterrichts verunmöglicht werden. "Dabei fungieren diejenigen historischen Themen, auf die sich die Sehnsüchte der … Jugendlichen richten, nicht zuletzt als Palliative einer rationalisierten Moderne" (S.348). [26]

Wichtig an der Studie KÖLBLs ist auch, dass sich die historische Identitätsbildung der Jugendlichen nach Zugehörigkeit zu den soziokulturellen Milieugrößen unterscheide, und je älter die Jugendlichen sind, desto höher sei ihr Differenzierungsvermögen vom Allgemeinen zum Partikularen, also von der Menschheit bis zur sozialen Klasse usw. (S.348). Die Kategorie der "Menschheit" sei jedoch für die Identitätsbildung der Jugendlichen wichtig, weil Jugendliche so in narrativen Zusammenhängen den "garstigen Graben der Geschichte" überbrückten:

"Historisch vermittelte Identitätsbildung über die Kategorie der Menschheit überhaupt wird daran deutlich, daß die Jugendlichen eine temporale und sozio-kulturelle Unterschiede überbrückendes Band zwischen sich heute und Menschen aus mitunter ganz fernen Zeiten sowie außerordentlich differenten Kulturen spannen. Dabei wird insbesondere auf gemeinsame anthropologische Gemeinsamkeiten abgestellt." (KÖLBL, S.348) [27]

Die Jugendlichen der Untersuchung hätten, so ein weiteres Ergebnis KÖLBLs, einen ausgeprägten komplexen Zeit- und Geschichtsbegriff und seien zu Binnendifferenzierungen fähig; auch forderten die befragten Jugendlichen die "rationale, intersubjektive Nachvollziehbarkeit historischer Aussagen" ein (S.351):

"Die jugendlichen Forschungspartner verfügen über einen komplexen Zeit- und Geschichtsbegriff. Dies äußert sich in einer zunehmenden Verschränkung der drei Zeitebenen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Das bedeutet zum einen, daß die jeweiligen Ebenen nicht als Entitäten begriffen werden, die einfach für sich ohne Zusammenhang zu den jeweils anderen stehen würden. Es bedeutet zum anderen aber auch, daß jede Zeitebene Binnendifferenzierungen erfährt. Daher ist dann auch von der Gegenwart als zukünftiger Vergangenheit oder der Gegenwärtigkeit von Vergangenheit die Rede." (KÖLBL, S.348) [28]

KÖLBL differenziert seine Ergebnisse im Weiteren dann schulartenspezifisch und stellt als Begründung der Differenz zwischen dem Geschichtsbewusstsein der GymnasialschülerInnen und dem der HauptschülerInnen die These auf, dass es eine Korrespondenz zwischen dem Geschichtsbewusstsein, der Wahrnehmung eigener Handlungsmöglichkeiten und der Wahrnehmung der drei Zeitebenen Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft gebe. Bei den befragten HauptschülerInnen fände sich bisweilen die Ansicht, dass die Zeitebenen auseinanderfielen und in Zukunft würde sich doch nichts Bedeutsames mehr ereignen, sodass Geschichtsschreibung überflüssig werden würde. Nichtsdestotrotz ist der Befund auffällig, dass sich SchülerInnen beider Schularten nicht für die eigene Biografie als Bestandteil einer Nationalgeschichte interessierten, sondern darüber hinaus auch für europäische und außereuropäische Zusammenhänge und dass in dieses Interesse auch geografische Kenntnisse miteinflößen. Die SchülerInnen argumentierten auch mit Kategorien des Fort- und Rückschritts und diskutierten "Verfallsgeschichten wie auch Vorstellungen einer Entwicklung zum immer Besseren" (S.350; vgl. auch SCHNEIDER 1988). Allen Befragten sei gemeinsam, dass Geschichte ein linearer Prozess sei, der mehr oder weniger zufällig verlaufe. KÖLBL interpretiert diesen Befund mit dem Hinweis darauf, dass den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeiten des Menschen bewusst seien, sich selbst auszulöschen. Die "Wiederverzauberung eines durch die Moderne entzauberten Alltags" (S.351) führe bei den befragten Jugendlichen zu einer Bevorzugung von "Garanten" historischer Wahrheit, als diese gelten zum Beispiel Augenzeugenberichte. [29]

7. Schlussbemerkungen

Schwer tut sich KÖLBL m.E. in seinem Epilog, der den Weg vom unterrichtlichen Sein zum didaktischen Sollen beschreibt. Die Ergebnisse seiner Forschung sind nicht einfach eins zu eins im Unterricht zu didaktisieren und umzusetzen. Im Unterricht muss man mit plural begründeten Störungen rechnen, die ein einfaches didaktisches Konzept schnell zum Scheitern bringen können. Viel wichtiger wäre m.E. in der Planung von Unterricht bereits mit SchülerInnenaktivitäten zu rechnen, wie von KÖLBL selbst gefordert, vorhandene Ressourcen und Kompetenzen der Jugendlichen miteinzubeziehen und sich multiperspektivisch darauf einzulassen, d.h. die historischen Interessen der Jugendlichen wahrzunehmen und zu bedienen. Geschichtslernen bedarf tatsächlich so etwas wie einer haptisch-emotionalen Dimension, die dann eine lebendige Vorstellung des Gewesenen vermitteln kann. Wichtig scheint mir auch, das vorhandene Interesse von Jugendlichen an Geschichte überhaupt wahrzunehmen, wobei hier der Fokus, wie KÖLBL immer wieder zurecht einfordert, auf erlebte Geschichte gelegt werden muss. Auch dürfen die vorhandenen Deutungsmuster der Jugendlichen, z.B. in Bezug auf die deutsche NS-Vergangenheit, nicht außer Acht gelassen werden. Hier ist auf die im Buch geltenden Relevanzbedingungen seitens der Jugendlichen sorgfältig zu achten, was eine reflexive Auseinandersetzung und notwendigerweise auch Konfrontation mit historischen Fakten nicht ausschließt, sondern geradezu einfordert; für bedeutsam hält es KÖLBL auch, dass Zeitzeugen Jugendlichen erzählen können. In Bezug auf die NS-Vergangenheit empfiehlt KÖLBL, emotionale Deutungsmuster von jugendlichen RezipientInnen wahrzunehmen und die in ihnen vorhandenen emotionalen Spuren wie Wut, Ärger usw. nicht zu verdrängen, sondern zu thematisieren, ohne dass daraus sofort und unmittelbar Handlungsanweisungen zu ziehen wären (S.355). [30]

Insgesamt ist das Buch ein spannender Beitrag für das bislang noch wenig erforschte Zwischenfeld von Entwicklungspsychologie/Identitätsbildung bei Jugendlichen und historischer Sinnbildung. Die Geschichtsdidaktik hat jedoch im konkreten unterrichtlichen Geschehen die Aufgabe, komplexes geschichtliches Denken Lernender zu würdigen und sich nicht vordergründig auf Defizite innerhalb des kognitiv-historischen Informationswissens zu versteifen: "Sodann könnte ein näherer Blick auf die Strukturen adoleszenten geschichtlichen Denkens sowohl für Lehrer als auch für Schüler zu wichtigeren Schulstunden führen als zu solchen, in denen die bloße Abfrage (oder Vermittlung) isolierter historischer Fakten im Vordergrund steht." (KÖLBL S.355) [31]

Als Desiderat der Forschung bleibt jedoch die Aufgabe, historische Sinnbildung nicht nur auf einen Ausschnitt eines Lebensalters (in diesem Projekt z.B. nur Jugendliche oder junge Erwachsene) zu beschränken, sondern auf die ganze Lebensspanne auszudehnen und hier auch die Unterschiede zwischen kindlicher, jugendlicher und erwachsener geschichtlicher Identitätsbildung in den Blick zu nehmen. Was in der Studie fehlt ist die Analyse des historischen Bewusstseins im Spannungsfeld von Interkulturalität; hier liegt ein weiteres Desiderat vor: Gerade historische Sinnbildung und historisches Bewusstsein gehören zu integralen Bestandteilen einer interkulturellen Kompetenz und Hermeneutik. M.E. wäre im Bereich der Didaktik- und Unterrichtsforschung weiter der Bereich der unterrichtlichen Interaktionen und Medienrezeption in Bezug auf historisches Bewusstsein und Identitätsbildung zu untersuchen. Auf jeden Fall bietet die tiefsinnige Studie KÖLBLs genug Raum für weiteres Nachdenken. [32]

Anmerkung

1) Den ProbandInnen wurden historische Aufnahmen eines gewerkschaftlich organisierten Arbeiterstreiks vorgelegt. <zurück>

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Zum Autor

Wilhelm SCHWENDEMANN ist Professor für Evangelische Theologie und Religionsdidaktik/Religionspädagogik mit Schwerpunkt empirischer Religionspädagogik an der Evangelischen Hochschule Freiburg – Hochschule für Soziale Arbeit, Diakonie und Religionspädagogik, Dep. II (Religionspädagogik). In FQS finden sich weitere Besprechungen von Wilhelm SCHWENDEMANN zu Auf den Trümmern der Geschichte: Gespräche mit Raul Hilberg, Hans Mommsen und Zygmunt Bauman (hrsg. von Harald WELZER), Gespräche analysieren (von Arnulf DEPPERMANN), Qualitative Forschung in der Sozialpädagik (hrsg. von Cornelia SCHWEPPE 2003) und zu Nationalsozialismus und Holocaust. Historisch-politisches Lernen in der Lehrerbildung (hrsg. von Hanns-Fred RATHENOW und Norbert H. WEBER 2005).

Kontakt:

Prof. Dr. Wilhelm Schwendemann

Evangelische Fachhochschule Freiburg (zukünftig Evangelische Hochschule Freiburg)
Buggingerstr. 38
D-79114 Freiburg

Tel.: ++49 761 47812 35
Fax: ++49 761 47812 30

E-Mail: schwendemann@efh-freiburg.de
URL: http://www.efh-freiburg.de/

Zitation

Schwendemann, Wilhelm (2008). Rezension zu: Carlos Kölbl (2004). Geschichtsbewußtsein im Jugendalter. Grundzüge einer Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung [32 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9(2), Art. 32, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0802320.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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