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Volume 26, No. 3, Art. 13 – September 2025

Vor verschlossenem Schultor: Othering-Erfahrungen im Kontext des Feldzugangs zu schulischen Bildungseinrichtungen

Antigona Shabani

Zusammenfassung: In diesem Artikel befasse ich mich mit der Herausforderung des Feldzugangs während eines empirischen Dissertationsprojekts zu Bildungsherausforderungen von Schüler:innen muslimischen Glaubens in der 8. Schulstufe der Mittelschule (Sekundarstufe I). Dabei rücke ich meine Position als Forscherin in den Mittelpunkt. Auf Basis von Protokollen des ersten Feldkontakts wird der Feldzugang in fünf Phasen unterteilt, um möglichst genau die Frage, wie sich Othering zeigt und was es im Kontext des Feldzugangs bedeutet zu beantworten. Die Interaktionsdynamik zwischen den Feldakteur:innen – also den Direktor:innen, Lehrer:innen und Schüler:innen – und mir wird mit Bezug auf Prozesse des Othering in der qualitativen Sozialforschung theoretisch diskutiert. Der Beitrag ist damit eingebettet in die von Paul MECHERIL (2024) vorgeschlagenen Perspektive der "rassistischen Diskreditiertheit" und "rassistischen Privilegiertheit". Vor diesem Hintergrund zeige ich auf, dass ein gelungener bzw. misslingender Feldzugang nicht nur von externen Rahmenbedingungen wie z.B. der COVID-19-Pandemie abhängt, sondern vor allem von der Forscher:innensubjektivität und der Wahrnehmung sowie Verortung der Forschenden durch die Feldakteur:innen.

Keywords: reflexive Grounded-Theory-Methodologie; Forschungsprozess; Feldzugang; Forscher:innensubjektivität; Othering; rassistische Diskreditiertheit; rassistische Privilegiertheit; Machtverhältnisse

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Bezüge

3. Empirische Einblicke in die Praxis des Feldzugangs

3.1 Erste Annäherungen an das Forschungsvorhaben

3.2 Feldzugang und Herausforderungen im Forschungsprozess

3.3 Auszüge aus den Protokollen des Feldzugangs

4. Facetten und Prozess des Feldzugangs: fünf Phasen der Feldinteraktion

4.1 Annäherung: Türöffner

4.2 Orientierung: Forschung als Thema

4.3 Interaktion und Initiation: Forschende als Other und das Feld

4.4 Aufnahme und Akzeptanz: Forschende mit Geschichte

4.5 Vertrauens- und Beziehungsaufbau: Nutzen für die Forschenden und das Feld

5. Fazit

Danksagung

Anhang: E-Mail-Text an die Direktor:innen der Mittelschulen

Anmerkungen

Literatur

Zur Autorin

Zitation

 

1. Einleitung

Zu Beginn meines Dissertationsprojekts, in dem ich die Bildungsherausforderungen von Schüler:innen muslimischen Glaubens in der 8. Schulstufe der Mittelschule (Sekundarstufe I) in Tirol/Westösterreich untersuche, stellte sich der Feldzugang als herausfordernder Schritt dar. Nach der Entwicklung der Forschungsfrage und der Konkretisierung des Forschungsvorhabens versuchte ich zunächst, Mittelschulen (Sekundarstufe I) für eine ethnografische Untersuchung zu gewinnen. Die erste Hürde bestand darin, bei der Bildungsdirektion des Landes Tirol eine Genehmigung zur Durchführung empirischer Untersuchungen an Schulen zu erhalten. Zusätzlich mussten die Hauptverantwortlichen, also die Direktor:innen der einzelnen Schulen, überzeugt werden, bevor überhaupt die erste Erhebung – sei es durch Beobachtung oder Interviews – stattfinden konnte. Darüber hinaus war bei teilnehmenden Schüler:innen unter 14 Jahren eine Einverständniserklärung der Eltern erforderlich.1) [1]

All diese strukturellen Gegebenheiten stellten für den Zugang anfänglich herausfordernde Schritte dar, die nur mit viel Geduld und zeitlichem Puffer bewältigt werden konnten. Da der Zugang zu Schuleinrichtungen von den Verantwortlichen restriktiv gehandhabt wird, kann die Unterstützung von Personen, die das Feld und die Akteur:innen kennen, von entscheidendem Vorteil sein, wie sich im Laufe meines Feldaufenthaltes herausstellte. [2]

Neben den strukturellen Hürden spielt auch die Interaktion mit den beteiligten Akteur:innen eine bedeutende Rolle. So gestaltete sich das Zusammenspiel mit Lehrer:innen, Direktor:innen und Schüler:innen zu Beginn oftmals als komplexe und vielschichtige Herausforderung. Besonders die Wahrnehmung meiner eigenen Subjektivität, die teilweise als Other wahrgenommen wurde, beeinflusste die Dynamik maßgeblich. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, wie sich Othering – also der Prozess der Unterscheidung zwischen mir als Forscherin und den Anderen – zeigt und welche Auswirkung dies für den Eintritt in das Feld hat. Daher folge ich der Idee, gerade von mir selbst im Forschungsprozess zu sprechen und meine Subjektivität als Erkenntnisgewinn fruchtbar zu machen (BREUER 2003; DAUSIEN & THOMA 2023; MRUCK & BREUER 2003; MRUCK, ROTH & BREUER 2002; REICHERTZ 2015a; SCHWEITZER 2022; TIETJE 2023).2) [3]

Aus dieser Perspektive heraus verstehe ich meine eigene Subjektivität als Ressource für den Erkenntnisgewinn: Ich mache meine "Person selbst zum Forschungs-/Meßinstrument, an dem verhaltenswissenschaftlich relevante Daten ablesbar sind" (MUCKEL 1996, S.67). Die Subjektivität kann auch als eine Art Brille oder (Erkenntnis-)Filter betrachtet werden, durch die bestimmte Dinge bzw. Themen gesehen werden können und andere wiederum nicht. Sie nicht zu analysieren, würde bedeuten, zwar unter Angabe der Methoden Ergebnisse darzulegen, jedoch ohne aufzuzeigen, welche Aspekte die Forschenden besonders angesprochen oder beschäftigt haben. Nach MRUCK und BREUER (2003, §9) wirkt eine solche Darlegung von Ergebnissen "wie ein Foto ohne Kamera und ohne Fotograf(in)". Für eine umfassende Darstellung der Erkenntnisse ist daher nicht nur der Blick auf Methoden oder Ergebnisse zu richten, sondern ebenso auf die forschenden Personen. REICHERTZ (2015a, §2) sprach in diesem Kontext von der "Handschrift" der Forschenden. [4]

In den Vordergrund rückt damit die Forscher:innensubjektivität, unter der nach REICHERTZ (§6) jener Teil der Individualität zu verstehen ist,

"der dafür verantwortlich ist, dass mir [meine Forschung] eine Freude bereitet und Interesse an etwas weckt. Es meint aber auch den Teil, der dafür sorgt, dass wir uns bei bestimmten Themen langweilen, dass sie uns Angst machen oder wir sie verachten. Ohne Zweifel spielen dabei soziale Formen und Formate und natürlich auch die Sozialisation eine maßgebliche Rolle." [5]

Um meine eigene Subjektivität in den Forschungsprozess als einen "machtvollen Motor" (§50) gezielt für den Erkenntnisgewinn produktiv einzusetzen und fortlaufend kritisch zu reflektieren, orientiere ich mich in meiner Arbeit an der reflexiven Grounded-Theory-Methodologie (BREUER, MUCKEL & DIERIS 2019). In methodologischer Hinsicht setzt diese insbesondere eine kontinuierliche Reflexion und Anpassung der Forschungsfragen sowie der Methoden an die spezifischen Gegebenheiten und Möglichkeiten voraus, die das Feld bietet. Der Feldzugang wird hierbei nicht nur als technischer oder organisatorischer Vorgang verstanden, sondern als Prozess, der in hohem Maße von sozialen Interaktionen, Machtverhältnissen und der subjektiven Perspektive der Forschenden sowie der Feldakteur:innen abhängt. Die in diesem Zuge auftretenden Herausforderungen – speziell die zögerliche Bereitschaft zur Teilnahme seitens der Direktor:innen – machten eine wiederholte Reflexion und Anpassung meines methodischen Vorgehens erforderlich. Unter diesem Gesichtspunkt wurde der Zugang zum Feld über vermittelnde Schlüsselpersonen vor Ort (sogenannte Gatekeeper:innen) sowie über fördernde Unterstützer:innen mit institutionellem Einfluss (Patron:innen) hergestellt. Zugleich thematisierte ich meine eigene Rolle und meine Verhaltensmuster als Forschende im Feld. [6]

Der Prozess des Feldzugangs wird im Rahmen dieses Artikels systematisch anhand von Feldprotokollen beleuchtet. Reflektiert wird auf dieser Basis meine rassistische Diskreditiertheit als auch Privilegiertheit im Forschungsprozess sowie die Frage, wie diese Erfahrungen die Forschungsergebnisse und den Zugang zum Feld beeinflussten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Akteur:innen im Forschungsfeld und den daraus resultierenden Dynamiken. Um diese Analyse vornehmen zu können, orientiere ich mich an der Einteilung der Phasen des Feldzugangs von WEINBERG und WILLIAMS (1973, S.85ff.). [7]

Der Beitrag gliedert sich wie folgt: In Abschnitt 2 findet eine theoretische Sensibilisierung statt, um das Thema einerseits in einem theoretischen Kontext zu verorten und um andererseits wichtige Begriffe und Bezugstheorien zu definieren und offenzulegen. In Abschnitt 3 werden methodische Fragen diskutiert und Protokolle von vier verschiedenen Schulen im Rahmen des Feldzugangs beschrieben. Daran anknüpfend werden diese Protokolle miteinander verglichen und theoretisch eingeordnet (Abschnitt 4). Dabei zeigt sich, dass die Facetten und der Prozess des Feldzugangs in fünf voneinander zu differenzierende Phasen unterteilt werden können. Diese reichen von der Annäherung (Abschnitt 4.1) und Orientierung (Abschnitt 4.2) über Interaktion und Initiation (Abschnitt 4.3) bis hin zu Aufnahme und Akzeptanz (Abschnitt 4.4) und zum Vertrauens- und Beziehungsaufbau (Abschnitt 4.5). In diesem Kontext wird auch der Nutzen des Forschungsvorhabens für mich als Forscherin und das Feld reflektiert. Abschließend werden in Abschnitt 5 die zentralen Ergebnisse zusammengeführt, gemeinsam diskutiert und mit einem Fazit abgerundet. [8]

2. Theoretische Bezüge

Der Zugang zum Feld stellt eine zentrale methodische Herausforderung in der qualitativen Forschung dar. Dieser wurde nicht als ein statischer oder einmaliger Vorgang verstanden, sondern als ein fortlaufender, sozial und kontextuell eingebetteter Prozess, der über die gesamte Erhebungsphase hinweg immer wieder neu ausgehandelt werde (WOLFF 2013). Dabei unterschied WOLFF (S.340) zwischen "getting in" (physischer Zugang) und "getting on" (sozialer Zugang), wobei letzteres als "soziale Verortung" verstanden wurde:

"Zunächst wird die grundsätzliche Anschlussfähigkeit geprüft. Es geht dabei um die Frage, ob die erkennbaren Eigenschaften der Person (Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit) und ihres Anliegens sowie Aspekte des organisatorischen Umfeldes, aus dem der Forscher stammt, mit örtlichen Weltbildern, Interessen und Abläufen kompatibel sind. Erst im zweiten Schritt kommt es zur Zuweisung von bzw. zur Einigung auf bestimmte Teilnehmerrollen" (LAU & WOLFF 1983, zit. nach WOLFF 2013, S.340). [9]

Der Übergang von der physischen zur sozialen Dimension des Feldzugangs wurde in der Literatur bereits weiter differenziert. RIEKER, HARTMANN SCHAELLI und JAKOB (2020) haben dies am Beispiel der ethnografischen Erforschung einer Mädchenband ausgearbeitet und dabei drei eng miteinander verwobene Dimensionen benannt, die den Feldzugang prägen: Während der räumliche Zugang den Forschenden lediglich den physischen Eintritt ("getting in") ins Feld ermögliche, gewährten der optische und akustische sowie der soziale Zugang ("getting on") eine Teilnahme an den sozialen Interaktionen bzw. Beziehungen. Besonders der soziale Zugang zeige sich als sensibler Aushandlungsprozess: Die Bereitschaft von Akteur:innen, persönliche oder intime Informationen zu teilen, hänge stark von der Qualität der sozialen Beziehungen ab. Gleichzeitig stünden auch die Forschenden selbst vor der Frage, inwieweit sie Einblick in ihre Notizen und Überlegungen gewähren wollten (§51). Die Autor:innen betonten zudem, dass "Zugänge jeweils nur für ganz spezifische Kontexte, Zeiträume und Erhebungsmethoden gültig" (§50) seien. Dies verdeutlicht, dass es keine allgemeingültige Strategie gibt. Stattdessen müssten Strategien situativ angepasst und kontinuierlich reflektiert werden. Zugangsmöglichkeiten sind oft auf bestimmte Kontexte, Zeitfenster oder Formen der Datenerhebung beschränkt, was eine hohe Flexibilität und methodische Sensibilität seitens der Forschenden erfordert. [10]

Zugänge zum Feld sind also nicht nur methodisch herausfordernd, sondern auch eng mit "sozialer Verortung" sowie sozialen Kategorien und Wahrnehmungen verknüpft, die über Einschluss oder Ausschluss entscheiden können. Unter diesem Aspekt spielt der Begriff des Othering eine zentrale Rolle, da er die sozialen Dynamiken im Feldzugang verdeutlicht. Er wurde ursprünglich insbesondere durch Edward SAID (2014 [1978]) und Gayatri C. SPIVAK (2008 [1988]) im Rahmen der postkolonialen Studien geprägt. Hiernach wird mit Othering ein Prozess beschrieben, durch den Gruppen oder Individuen als anders und oft als minderwertig oder fremd wahrgenommen und positioniert werden. Dies geschehe durch gesellschaftliche Machtstrukturen, in denen Kategorien wie Ethnizität, Religion, Kultur oder Geschlecht essenzialisiert und auf diese Weise Unterschiede hervorgehoben würden, statt Gemeinsamkeiten zu betonen (SIOUTI, SPIES, TUIDER, VON UNGER & YILDIZ 2022). Da diese Kategorien oft nicht isoliert, sondern intersektional wirken, bietet die Theorie der Intersektionalität eine wichtige Perspektive. Durch sie wird das Zusammenspiel bzw. die Verstrickung mehrerer Differenzkategorien analysiert, sodass es möglich wird, Prozesse des Othering auf mehreren Ebenen zu beleuchten (RIEGEL 2016). [11]

Für die Analyse solcher Othering-Prozesse im intersektionalen Kontext sind insbesondere zwei Theorien relevant: Zum einen wird bei dem sozialkonstruktivistischen Ansatz davon ausgegangen, dass "soziale und kulturelle Phänomene nicht 'objektiv' gegeben sind – auch wenn sie Handelnden so erscheinen –, sondern stets interaktiv hergestellt werden" (S.21). Differenzkategorien wie z.B. Ethnizität, Religion, Kultur oder Geschlecht werden damit nicht als Merkmale einer Person verstanden, vielmehr werden sie "als interaktive und situationsspezifische Konstruktionspraxen beschrieben und rekonstruiert" (S.22): "Mit dem Konzept des 'doing difference' (West/Fenstermaker 1995) wird nun dezidiert auf die Relevanz und das Zusammenwirken von verschiedenen Differenzkategorien und deren Herstellungsprozesse verwiesen" (a.a.O.). Ähnlich formulierte es auch GRIESBACHER (2016), indem er betonte, dass "Bedeutungen in Interaktionen durch Handlungen wiedergegeben und hergestellt [werden]. Bedeutungen gewinnen ihre Relevanz in der Perspektive der beteiligten Akteure. Kommt es zu Differenzen, müssen Bedeutungen neu ausgehandelt werden" (S.145). Erst in der Interaktion also werden bestimmte (soziale und kulturelle) Phänomene als different markiert, die es wiederum in der Interaktion auszuhandeln gelte. [12]

Zum anderen wird davon ausgegangen, dass Differenzen durch Sprache hervorgebracht werden. BUTLER (1998 [1997], S.41) beispielsweise verstand das Sprechen als "Anrufung" und lehnte sich dabei an ALTHUSSERs und AUSTINs Sprachtheorie an. Erst durch die Anrufung – beispielsweise eines Neugeborenen als Mädchen – werde es in dieser Rolle verortet (BUTLER 1991 [1990], S.165f.). Dieser performative Sprechakt weise dem Kind eine spezifische soziale Position zu und etabliere es in einer geschlechtlichen Kategorie. Ähnlich verhält es sich mit anderen Differenzkategorien, wie z.B. der Anrufung als Migrant:in oder Muslim:in. Diese sprachtheoretische Perspektive auf Identitätszuschreibungen zeigt, wie tiefgreifend sprachliche Anrufungen wirken und Differenzkategorien hervorbringen sowie festigen können. Kurz gesagt: Subjekte können sowohl durch Handlungen in der Interaktion als auch durch Sprache als Other angerufen bzw. zu solchen gemacht werden. [13]

Daran anknüpfend griffen SIOUTI et al. (2022) nicht nur die Herkunft des Begriffs Othering auf, sondern beleuchteten auch kritisch, wie in der qualitativen Sozialforschung Forscher:innen – oft unbeabsichtigt – durch ihre Forschungspraxis selbst zu Prozessen des Othering beitrügen: Sie forschten oftmals über die Anderen und markierten diese so mitunter als etwas Exotisches und Fremdes, das sich vom Wir unterscheide. Bei Prozessen des Othering werde also von einem binären Denken ausgegangen, und die Lebensrealität vieler Menschen in postmigrantischen Gesellschaften, welche von Ambiguität und Ambivalenz geprägt sei, werde ausgeblendet. Die postmigrantische Perspektive stelle hierbei "eine Haltung [dar], die einerseits versucht, mit der westlichen Dominanz zu brechen, und andererseits die Welt über eurozentristische Horizonte" (SIOUTI et al. 2022, S.15) hinauszudenken (siehe auch FOROUTAN 2021). [14]

In einer anderen Akzentuierung betonte Paul MECHERIL in der Mittagsvorlesung des Berliner Methodentreffens im Juli 2024, dass nicht nur Forschende zu Prozessen des Othering beitrügen, sondern dass sie auch selbst als Other markiert werden könnten. Qualitative Forschende hätten in diesem Kontext lange die Machtstrukturen, durch die die Rassismus re-/produziert werde, in Forschungsprozessen unbeachtet gelassen. Dabei eröffnete er eine weitere Perspektive und sprach von "rassistisch Diskreditierten" und "rassistisch Privilegierten" (11:46). Folglich merkte er an, dass das Berliner Methodentreffen ein weiß-dominierter Raum sei, wobei "weiß" im Sinne der kritischen Weißseinsforschung (MARZ 2022) eine schwierige und kritische Kategorie sei. Stattdessen schlug MECHERIL (2024) vor, von rassistisch Diskreditierten und eher nicht rassistisch Diskreditierten zu sprechen, um die komplexen Machtstrukturen, die in solchen Räumen wirkten, sichtbar zu machen (11:23-11:54). Räume wie das Berliner Methodentreffen seien auf der Ebene der Repräsentation häufig von einer Dominanz eher nicht rassistisch Diskreditierter geprägt. Je höher die Ebene der Repräsentation in solchen Kontexten, desto weniger Menschen seien vertreten, die als rassistisch Diskreditierte wahrgenommen würden. MECHERIL warf mit Blick auf dieses Missverhältnis eine wichtige Frage auf: "Was sagt das über unsere Gesellschaft aus und über die Lage qualitativ-interpretativer Forschung?" (12:46) In diesem Zusammenhang argumentierte er, dass rassistische Diskreditierbarkeit "kontextrelativ" und "intersektional vermittelt" (13:12) werde. [15]

Während MECHERIL die rassistische Diskreditierbarkeit bzw. Privilegiertheit in den Mittelpunkt stellte und damit die Position der Forschenden analysierte, sprach VON UNGER (2022, S.86) von "Ver-Anderungsprozessen", wobei sie diese synonym zu Prozessen des Othering verwendete. Beim Begriff Ver-Anderung lehnte sie sich an FOROUTAN (2021, S.131) an, welche diese als eine "machtvolle Bezeichnungs- und Abgrenzungspraxis [verstand], durch die im gesellschaftlichen Diskurs 'der Andere' in Differenz zum Eigenen hervorgebracht wird". VON UNGER (2022, S.87) hob dabei hervor, dass "nicht jede Beschreibung einer Gruppe [...] auch automatisch eine Form des Othering" darstelle. Unterscheidungen und Kategorisierungen des Eigenen und Anderen seien zuerst einmal menschliches Handeln, um "Wirklichkeit [zu] ordnen, Dinge und Gruppen [zu] bezeichnen und eine Grundlage für unser Handeln in der Welt [zu] schaffen" (a.a.O.). Beim Othering handle es sich um eine spezifische Form der Kategorisierung, mit der nicht nur Einteilungen vorgenommen werden, sondern Machtungleichgewichte und Ungleichheiten konstruiert oder fortgeschrieben werden:

"Die Konstruktion wird aus der privilegierten Position der überwiegend weißen, westlichen Mehrheitsgesellschaft vorgenommen und beinhaltet Zuschreibungen an kolonialisierte Gesellschaften und deren Nachfahren sowie weitere Gruppen als different, gefährlich und minderwertig. Othering re-/produziert also Machtverhältnisse, Ungleichheiten und Exklusionen – und legitimiert diese" (a.a.O.). [16]

HA, LAURÉ Al-SAMARAI und MYSOREKAR (2007) gingen noch einen Schritt weiter und bekräftigten: "Die weiße Norm spricht, beurteilt und bleibt in diesem machtvollen Prozess unsichtbar; die 'Anderen' werden besprochen, analysiert und abgewertet und so zu vermeintlich stummen, geschichtslosen Objekten" (S.10). In Forschungsprozessen seien es oftmals die Forscher:innen, die zu der "weiße[n] Norm" bzw. zu den "rassistisch Privilegierten" (MECHERIL 2024, 11:46) zählten und die ihren Forschungsgegenstand, also die Anderen, beforschten, analysierten und in Kategorien einordneten. [17]

Vor diesem Hintergrund ist – in Anlehnung an SPIVAKs Text "Can the Subaltern Speak?" (2008 [1988]) – kritisch die Frage zu stellen: Can the Other do research? SPIVAK kritisierte in ihrem vielzitierten Text, dass subalterne Stimmen in hegemonialen Diskursen häufig nicht nur übergangen, sondern strukturell zum Schweigen gebracht würden. Auch gut gemeinte Versuche, diesen Stimmen Raum zu geben, liefen Gefahr, erneut durch westlich-akademische Repräsentationsmechanismen vereinnahmt zu werden. Im Hinblick darauf stellt sich die Frage, ob der:die Other – verstanden als eine von hegemonialen Wissens- und Machtstrukturen diskreditierte Position – überhaupt selbst zur Forschenden werden kann, ohne in bestehende Machtasymmetrien und epistemische Hierarchien verstrickt zu werden. Die Anlehnung an SPIVAK (2008 [1988]) macht dabei deutlich, dass es nicht nur um methodische, sondern auch um tiefgreifende epistemologische Fragen des Sprechens, Gehörtwerdens und Wissenproduzierens geht. [18]

Inwiefern der:die Other zur Forscher:in werden kann, wird nachfolgend anhand von zwei Beispielen reflektiert. Angeführt wird zunächst der Fall von Halyna LEONITY (2013, S.137), die sich als "eine in Deutschland lebende Forscherin ukrainischer Herkunft" in ihrer Forschung mit deutsch-ukrainischer Wirtschaftskommunikation beschäftigte. Über ihre empirischen Forschungserfahrungen schrieb sie u.a., dass beispielsweise ein Interviewpartner von ihr wissen wollte, ob sie nun Deutsche oder Ukrainerin sei. Damit wird deutlich, "dass die Grenzen und Regeln des Gesprächsrahmens festgelegt werden müssen, damit sich die Gesprächspartner auf das Gespräch [und vor allem auf das Gegenüber] einstellen und einlassen können" (a.a.O.). Von ähnlichen Erfahrungen berichtete in einem zweiten Fall auch Irini SIOUTI (2022, S.109), die sich mit "politischen Partizipationsprozessen von Migrant*innen aus Drittstaaten" befasste. In der empirischen Praxis zeigte sich, dass die Forschungsgruppe sehr bedacht war, die Interviewpartner:innen nicht als Migrant:innen zu adressieren. Allerdings schrieben die Interviewpartner:innen den Forscher:innen eine Migrationsgeschichte zu und adressierten u.a. SIOUTI als forschende Migrantin (S.116). Reproduziert wurden dabei "stereotype Zuschreibungen, die an kategorialen Merkmalen wie dem Namen und der zugeschriebenen migrantischen Zugehörigkeit orientiert sind" (a.a.O.). In diesem Fall war die zugeschriebene Fremdheit bzw. das Nicht-Deutschsein der Interviewerin Voraussetzung, dass die Interviewpartner:innen überhaupt an der Studie teilnahmen. [19]

Die Subjektivität der Forschenden spielt also eine wesentliche Rolle im Forschungsprozess. In SIOUTIs Fall hatte dies eine positive Wirkung, da aufgrund der zugeschriebenen Position als Other das Interview erst stattfinden konnte. Eine solche Einstufung hat jedoch nicht immer positive Effekte, vor allem dann nicht, wenn erst in der Interaktion die Privilegiertheit ausgehandelt werden muss. Hier zeigt sich deutlich das Verhältnis zwischen Subjektivität und zugeschriebenen Positionen: Während zugeschriebene Positionen aus dem Feld an die Forschenden herangetragen werden, beschreibt Subjektivität das, was Forscher:innen selbst im Feld wahrnehmen und erleben. [20]

Die Studien zeigen, dass die im Forschungsprozess ablaufenden Dynamiken zwischen Forscher:innen und Feldakteur:innen sich gegenseitig bedingen. Somit zeigt sich, dass nicht nur Forscher:innen ihren Forschungsgegenstand konstruieren, sondern auch die Feldakteur:innen ein bestimmtes Bild oder "Modell" (BREUER et al. 2019, S.64) von Forscher:innen im Kopf haben. Allgemein gesprochen wird "[d]er Forschungskontakt als soziale Interaktion aufgefasst, die von beiden Seiten gestaltet wird und in der gegenseitigen Einflussnahme stattfindet. [...] Auf beiden Seiten handelt es sich um leibhaftige, gefühls- und vernunftbegabte, historisch und soziokulturell geprägte und reflexive Personen-in-ihrer-Lebenswelt" (S.77). [21]

Dem ethnopsychoanalytischen Ansatz von DEVEREUX (2018 [1967]) folgend reagieren sowohl Forscher:innen als auch Feldakteur:innen auf die jeweils anderen. Die Eigenanteile der Forscher:innen gelte es zu hinterfragen und zu reflektieren, um sie nicht auf das Feld zu übertragen: "Kein Organismus kann eine Reaktion produzieren, die nicht Teil seines potentiellen Repertoires ist, und jedes Verhalten, das in einem Organismus ausgelöst wird, entspricht seinem Grundmuster" (S.290). In diesem Kontext betonte DEVEREUX den sogenannten "Reizwert" (2018 [1967], S.143; 334ff.) von Forschenden, also von Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Status, Habitus, Erscheinungsbild oder auch sprachlich-kommunikativen Ausdrucksformen, die aufseiten der Untersuchungspartner:innen bestimmte Reaktionen hervorrufen können (vgl. auch BREUER et al. 2019, S.96ff.) Damit diese Reiz-Reaktions-Dynamik nicht unreflektiert den Forschungsprozess bestimmt, ist es von großer Bedeutung, dass Forscher:innen sich selbst in den Blick nehmen und ihre Positionen, aber auch ihre Muster reflektieren. BREUER (2003) sprach hier von "Dezentrierungs- und Selbstreflexions-Techniken" und meinte damit, "die eigenen Handlungsmuster und/oder die eigene Person des Forschers im sozialwissenschaftlichen Forschungsprozess zu thematisieren, in Relationierung zum Gegenstand zu analysieren, gezielt-reflektiert einzusetzen" (§31). [22]

In diesem Zusammenhang nehme ich mich im vorliegenden Beitrag als Forscherin in den Blick und gehe anhand von Protokollen des ersten Feldkontakts exemplarisch der Frage nach, wie sich Othering zeigte und was es im Kontext des Feldzugangs bedeutete. [23]

3. Empirische Einblicke in die Praxis des Feldzugangs

3.1 Erste Annäherungen an das Forschungsvorhaben

Die Konkretisierung meines Dissertationsprojektes begann im Frühjahr 2021. Nach einer kurzen theoretischen Sensibilisierung und vorläufigen Formulierung von Forschungsfragen strebte ich an, mir das Feld ethnografisch zu erschließen. Dafür plante ich mindestens drei Wochen je Schulstandort teilnehmend zu beobachten (BREIDENSTEIN, HIRSCHAUER, KALTHOFF & NIESWAND 2020, S.34) und im Anschluss problemzentrierte Einzelinterviews (WITZEL 2000) mit 14-jährigen Schüler:innen zu führen, die sich selbst als muslimisch verstehen und die 8. Schulstufe in der Mittelschule besuchen. Da die ethnografische Untersuchung jedoch pandemiebedingt nicht realisiert werden konnte, entschied ich mich zu einem späteren Zeitpunkt, stattdessen Einzelinterviews und Gruppendiskussionen durchzuführen, um die in einer Schulklasse bestehenden Dynamiken in einem kleineren Rahmen erfassen zu können (KRÜGER 1983, S.106; LAMNEK 1995, S.131f.). [24]

Grundsätzlich ging ich bei der Annäherung an das Forschungsvorhaben im Sinne der reflexiven Grounded-Theory-Methodologie (BREUER et. al. 2019) vor. Dabei sind die Erhebung und die Auswertung keine voneinander getrennten Phasen, sondern werden iterativ aufeinander bezogen. Das reflexive Vorgehen in meinem Forschungsprozess bezog sich darauf, einerseits schon von Beginn an "nosing around" (S.235f.) im Feld zu betreiben, um nachzuspüren, wo und welche interessanten Fragen bzw. Phänomene sich zeigten. Andererseits war das Schreiben von Forschungstagebüchern (S.172ff; siehe auch MUCKEL 1996, S.74f.) in Form von Protokollen im Forschungsprozess wegweisend. Bei der Auswertung der erhobenen Daten orientierte ich mich an dem Auswertungsverfahren nach BREUER et al. (2019, S.248-287), in dem die Daten offen, axial und selektiv kodiert wurden, wobei ich schon früh mit der Modellierung (S.287ff.) begann. [25]

Die vorläufigen Forschungsfragen aus der theoretischen Sensibilisierung bzw. aus dem nosing around lauteten: Mit welchen Herausforderungen sind Schüler:innen muslimischen Glaubens in der 8. Schulstufe der Mittelschule (Sekundarstufe I) konfrontiert, und wie gehen sie mit diesen Herausforderungen um? Meine ursprüngliche Idee im Sinne der Grounded-Theory-Methodologie bestand darin, zunächst mit einer offenen Haltung in das Feld Schule einzutreten und zu beobachten, welche sozialen Interaktionen und Prozesse sich zwischen den schulischen Akteur:innen im Unterricht und in Pausensituationen zeigen würden. Angeregt wurde mein Forschungsinteresse hauptsächlich von (eher populärwissenschaftlichen) Büchern, welche in Österreich medial für Aufsehen sorgten, wie "Generation haram. Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben" (ERKURT 2020) oder "Kulturkampf im Klassenzimmer: Wie der Islam die Schulen verändert. Bericht einer Lehrerin" (WIESINGER 2018). Eingangs war es mein Anliegen, auf evidenzbasierter Grundlage zu analysieren, welche sozialen und institutionellen Prozesse sich an Mittelschulen in Tirol – die im öffentlichen Diskurs nicht selten als "Brennpunktschulen" stigmatisiert werden – insbesondere in Bezug auf muslimische Schüler:innen zeigen. Bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema verfestigte sich mein Eindruck, dass vor allem über Jugendliche muslimischen Glaubens gesprochen wurde, diese aber selten zu Wort kamen bzw. kaum berichten konnten, wie sie selbst Schule erlebten. [26]

Die Sichtung des Forschungsstandes verdeutlichte, dass Forschende die Perspektiven von Schüler:innen häufig nur unzureichend berücksichtigten. Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, dass die Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen (ÖFEB) im Jahr 2024 in der Reihe "Beiträge zur Bildungsforschung" einen Sammelband mit dem Titel "10 Jahre Regelschule – die (Neue)3) Mittelschule" herausgegeben hat, in dem die Bildungsungleichheit einmal mehr thematisiert wurde. Zentrales Anliegen war es, die Entwicklung von der Hauptschule hin zur Mittelschule zu analysieren. Die Perspektive der Jugendlichen war auch hier unterrepräsentiert, lediglich HAGENAUER und WALLNER-PASCHON (2024) gingen in ihrem Beitrag auf die Befindlichkeiten der Schüler:innenschaft ein und fragten, wie es dieser Akteur:innengruppe an (neuen) Mittelschulen gehe. Ihrer quantitativen Studie zufolge gingen Schüler:innen mit Migrationshintergrund (18%) lieber in die Schule als jene ohne Migrationshintergrund (15%) (S.160). Gleichsam wiesen HAGENAUER und WALLNER-PASCHON darauf hin, dass es Studien benötige, in denen einerseits differenzierter mit dem Migrationsstatus umgegangen und in denen andererseits die Altersstufen der Lernenden im Vergleich zu anderen Studien systematischer berücksichtigt würden (S.164). [27]

Ein weiterer Grund für die Wahl meiner Zielgruppe war, dass vor allem die 8. Schulstufe, eine entscheidende Rolle bei der Berufsfindung und der Schulentscheidungen für die Sekundarstufe II spielt. Laut STATISTIK AUSTRIA (2024) war "der Anteil ausländischer Schüler:innen [im Schuljahr 2022/23] in maturaführenden Schulen deutlich unterdurchschnittlich (AHS4): 16% und BHS5): 13%), in Mittelschulen (24%) und Volksschulen (22%) [aber] überdurchschnittlich" (S.41) im Vergleich zu jenen mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Da muslimische Personen in vielen Fällen nicht über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, ist davon auszugehen, dass deren Anteil in Mittelschulen überproportional vertreten ist, in der Sekundarstufe II jedoch unterproportional. Auch FLECKER, WÖHRER und RIEDER (2020) bestätigten in ihrer Längsschnittstudie "Wege in die Zukunft. Lebenssituationen Jugendlicher am Ende der Neuen Mittelschule", dass die "Vererbung" (S.312) von Bildung nach wie vor eine entscheidende Rolle für den Bildungserfolg und die Einstellung zur Schule spiele. Sie zeigten, dass es unter den Mittelschüler:innen Gruppen mit ungünstigen Ausgangsbedingungen gebe. Ein weiteres wichtiges Ergebnis war es, dass einige Schüler:innen berichteten, sie würden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit häufiger Diskriminierungen erleben. [28]

3.2 Feldzugang und Herausforderungen im Forschungsprozess

Als Einstieg ins Feld entschied ich mich, den Zugang über die Direktor:innen zu versuchen. Dies begründet sich daher, da ich alle muslimischen Schüler:innen der 8. Klasse erreichen wollte und nicht nur jene, die z.B. den islamischen Religionsunterricht besuchten. Um nicht selbst Othering zu betreiben, war es mir sehr wichtig, dass die Schüler:innen selbst entscheiden konnten, ob sie sich als muslimisch fühlten und an einer Gruppendiskussion sowie an einem problemzentrierten Einzelinterview teilnehmen wollten. Ähnlich wie ASLAN, KOLB und YILDIZ (2017) vertrete ich eine offene und flexible Definition von Muslimisch-Sein und "überlasse die eigene Zuordnung oder Nichtzuordnung den befragten Personen selbst" (S.10). Oder mit den Worten von SPIELHAUS (2011, S.97): "Muslim ist, wer sich selbst dazu bekennt". Dieser Zugang deckt sich auch mit Prämissen postmigrantischer Ansätze, bei denen tendenziell essenzialisierende Zuschreibungen vermieden werden bzw. den Selbstdefinitionen der Subjekte ein wichtiger Stellenwert eingeräumt wird (HILL & YILDIZ 2018). Identitäten – auch muslimische – werden als pluralistische, flexible und vielfältige Konzepte verstanden, welche im Spannungsfeld von Migration, Zugehörigkeit und Machtverhältnissen immer wieder neu definiert und ausgehandelt werden (FOROUTAN 2021; YILDIZ 2022). [29]

Nach der Genehmigung der Bildungsdirektion im November 2021 und während der theoretischen Sensibilisierung versuchte ich zeitgleich, Direktor:innen der Mittelschulen in Tirol per E-Mail und per Telefon zu kontaktieren. Bei der Formulierung der E-Mails orientierte ich mich an den Ausführungen von SCHATZMAN und STRAUSS (1979 [1973], S.85f.). Die Anfragen sind im Wortlaut im Anhang beigefügt. Die drei häufigsten Antworten auf meine E-Mail-Anfragen lauteten: "Wir sind leider überlastet mit der COVID-19-Pandemie", "Bitte versuchen sie es nächstes Jahr wieder" sowie "Bitte schicken Sie uns Ihre Ergebnisse zu, aber leider können wir Sie nicht unterstützen". Die Mehrheit der Schulleitungen antwortete auf meine Anfrage per E-Mail gar nicht. Per Telefon konnte ich nur bei zwei von sechs Schulen die Direktor:innen erreichen. Mit einem fand ein längeres Gespräch statt, welches ich im Anschluss protokollierte. Das zweite Telefonat dauerte nur wenige Minuten. [30]

Die Antworten auf die E-Mail-Anfrage deuten auf erhebliche Herausforderungen hin, mit denen Schulleitungen insbesondere 2021 und 2022 angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konfrontiert waren. Dies bestätigte sich bei den nachfolgenden Gesprächen mit Direktor:innen. Zum Zeitpunkt meiner Anfragen im Schuljahr 2020/21 war der Schulbetrieb von umfassenden Veränderungen und Anpassungen geprägt, die sowohl die Lehrkräfte als auch die Schüler:innen vor neue, teils unvorhersehbare Schwierigkeiten stellten. Die Schulklassen wurden in zwei Gruppen geteilt, eine Gruppe wurde eine Woche in Präsenz unterrichtet, die andere im Homeschooling und umgekehrt. Die Schulen befanden sich in einer Sicherheitsphase, und schulfremden Personen war der Zugang nicht erlaubt. Alle Personen (insbesondere Schulfremde), die das Schulgebäude betraten, mussten in den Phasen, in den die Infektionszahlen niedrig waren, entweder getestet oder geimpft sein. Generell wurde in jener Zeit allen ab 14 Jahren empfohlen, sich impfen zu lassen. Da mir während meiner Schwangerschaft von Ärzt:innen von einer Impfung abgeraten worden war, ging ich mit einem aktuellen PCR-Test (nicht älter als 24 Stunden) in die Schulen. Die Pandemie machte eine teilnehmende Beobachtung unmöglich, weshalb ich mich stattdessen für Gruppendiskussionen (KRÜGER 1983; LAMNEK 1995) und problemzentrierte Einzelinterviews (WITZEL 2000) entschied. Ziel war es, sowohl die Dynamiken innerhalb der Klasse als auch individuelle Perspektiven besser zu erfassen. Insgesamt realisierte ich drei Gruppendiskussionen mit jeweils fünf Schüler:innen sowie neun Interviews. [31]

Der Feldzugang erwies sich als eine Herausforderung und der gesamte Forschungsprozess als ein dynamisches Unterfangen, das aufgrund von äußeren Einflüssen angepasst werden musste. In einem Forschungsseminar, das im Stil einer Forschungswerkstatt (BREUER et al. 2019, S.320ff.) aufgebaut war, wurden meine Konzepte und Zugangshürden diskutiert. Vermittelt wurde mir daraufhin von einer Seminarkollegin der Kontakt zu einer Lehrerin an der Mittelschule A, wodurch der Zugang zu dieser Schule gelang. Den Direktor der Mittelschule B erreichte ich am Telefon, es fand zwar ein längeres Gespräch statt, jedoch kam es hier zu keiner Aufnahme ins Feld. Der Zugang zu den Mittelschulen C und D wurde mir wiederum von einem meiner ehemaligen Lehrer eröffnet. Bei der Mittelschule C kam es zwar zu einer persönlichen Vorstellung, die aber erfolglos blieb, der Zugang zur Mittelschule D gelang hingegen. In Anlehnung an BREIDENSTEIN et al. (2020) können sowohl mein ehemaliger Lehrer als auch meine Kollegin als "Patron:in" bezeichnet werden, wohingegen die Lehrerin der Mittelschule A und die Direktor:innen als "Gatekeeper:innen" fungierten. Das daraus hervorgegangene Sample entstand somit maßgeblich durch diese vermittelnden und selektierenden Rollen (FLICK 2007, S.154). Insoweit ist die Reichweite der Ergebnisse eingeschränkt, da die Auswahl auf persönlichen Zugängen und spezifischen Kontextbedingungen beruhte. [32]

Der Definition von BREIDENSTEIN et al. (2020) zufolge sind "Gatekeeper, wörtlich Türsteher, [...] Schlüsselpersonal einer Einrichtung, von denen Ethnografen (offizielle) Erlaubnisse zum Aufenthalt erhalten oder verweigert bekommen können" (S.62). Patron:innen hingegen sind Personen, "die eventuell nicht (mehr) direkt am Geschehen des Feldes teilnehmen, die aber das Vertrauen und die Achtung der Feldteilnehmer besitzen. Wenn Patrone Ethnografen empfehlen und damit auch für ihre Vertrauenswürdigkeit bürgen, kann dies viele Türen öffnen" (S.64). Die Patron:innen können also Forschende in das soziale Feld einführen, Kontakte knüpfen und ihnen helfen, aufzubauen. Gatekeeper:innen hingegen sind Autoritätspersonen, die das Feld (meistens vor Ort) kontrollieren (S.62f.). [33]

Vor der detaillierten Analyse und dem Vergleich der Feldzugänge werden nachfolgend zunächst die Protokolle zu den einzelnen Schulen angeführt. Es soll jedoch auch angemerkt werden, dass jede Beschreibung bzw. jede Zusammenfassung gleichzeitig eine Interpretation darstellt (KRUSE 2015, S.372ff.). In den Protokollen beschreibe ich einerseits, was im Kontakt mit dem Feld passierte, und beleuchte andererseits im Sinne eines Tagebuchs auch meine Gefühle. In Anlehnung an ROSENTHAL (2015) sollen

"diese Reflexionen der Eindrücke und Gefühle in den Beobachtungsprotokollen [vermerkt] und … im Sinne eines abduktiven Vorgehens [überlegt werden], an welchen Stellen während der Beobachtung oder während des Schreibens und aufgrund von welchen beobachteten Phänomenen man bestimmte Gefühle, Ideen etc. hatte" (S.119). [34]

3.3 Auszüge aus den Protokollen des Feldzugangs

3.3.1 Mittelschule A

Den Kontakt zur Lehrerin erhielt ich wie erwähnt über eine Kollegin aus meiner Forschungswerkstatt. Hauptsächlich war ich im Gespräch mit der Lehrerin, das Erstgespräch mit dem Direktor fand vor den Sommerferien 2021 statt. Die Atmosphäre mit beiden war vertrauensvoll, professionell und auf das Forschungsvorhaben fokussiert. Der Schulleiter sprach von Herausforderungen des Schulalltags, ohne dass ich danach fragte und nannte Beispiele wie das spontane Kopftuch-Tragen einer Schülerin oder den schwierigen Umgang mit (nicht-) muslimischen Essgewohnheiten. Immer wieder betonte er die Wichtigkeit meines Vorhabens und die Freude an meinen Ergebnissen, damit die Schule einen besseren Umgang mit Schüler:innen muslimischen Glaubens finden könne. Nach diesem Gespräch war ich so motiviert, dass ich im nächstgelegenen Kaffeehaus meine Forschungsfragen bearbeitete und es kaum erwarten konnte, mit der Arbeit zu beginnen. [35]

Bedingt durch die Pandemiesituation und die zahlreichen Lockdowns meldete mir die Lehrerin im Herbst 2021, dass Beobachtungen des Unterrichtsgeschehens nicht möglich seien, aber ich gerne für Gruppendiskussionen und Einzelinterviews jederzeit mit einem aktuellen PCR-Test vorbeikommen könne. Die erste Gruppendiskussion fand in der Schulbibliothek statt. Auf dem Weg dorthin unterhielten sich zwei Schüler:innen über mich, ob ich wohl auch Muslimin sei. Ein anderer Schüler entgegnete ihnen, "na sonst würde sie sich doch nicht für uns interessieren". In der Bibliothek angekommen, fragte mich eines der Mädchen, ob ich Muslimin sei und woher ich komme. Ich fühlte mich überrumpelt, da ich noch nicht daran gedacht hatte, dass die Schüler:innen mir ebenfalls Fragen stellen würden. So entschied ich mich spontan, ehrlich zu antworten, dass ich in einer muslimisch geprägten Familie aufgewachsen war. Ich bedauerte, dass ich das Aufnahmegerät nicht eingeschaltet hatte. [36]

In der ersten Gruppendiskussion berichteten Schüler:innen davon, dass es im Fastenmonat Ramadan oftmals zu Spannungen in der Klasse komme. Daraufhin beschloss ich, die nächste Gruppendiskussion ein Jahr später im Fastenmonat (d.h. zwischen dem 22. März und 21. April 2023) durchzuführen. Im März 2023 kam ich daher nach meiner Elternzeit für das nächste Kennenlerntreffen in die Schule, nachdem ich die erste Gruppendiskussion an dieser Schule geführt, transkribiert und analysiert hatte. Dabei bemerkte ich im Eingangsbereich der Schule ein Plakat zum Thema Fasten im Islam und Christentum, in dem über verschiedene Zugänge zum Thema Fasten aufgeklärt wurde. Die Lehrerin, die ich dort antraf, erzählte mir, dass die Schüler:innen dieses Plakat im Fach Soziales Lernen erstellt hatten. Das Plakat war für mich in diesem Moment ein Aha-Erlebnis und ließ mich schmunzeln.



Abb. 1.: Plakat im Eingangsbereich der Mittelschule [37]

In der Kennenlernrunde wollte ein Schüler wissen, ob ich Muslimin sei und ob ich faste. Diesmal war ich auf diese Fragen besser vorbereitet. Ich entgegnete: "Ist es wichtig für dich, dass ich Muslimin bin?" Eine Schülerin, die anscheinend nicht-muslimischen Glaubens war, unterbrach und ermahnte die übrigen Schüler:innen: "Solche Fragen sind respektlos, hat Schüler X gesagt, so was fragt man nicht, das solltest du als Muslim besser wissen." Da kam die Lehrerin näher und flüsterte mir mit vorgehaltener Hand zu: "So, jetzt geht das Theater los, so ist es in jeder Stunde des Sozialen Lernens, bin gespannt, was du sagst." Der Schüler, der zuvor wissen wollte, ob ich Muslimin bin, sagte aufgeregt: "Digga, diese Erwachsenen. Sind Sie jetzt oder nicht?" Ich antwortete: "Wenn dich das so beschäftigt, sage ich: Ja, ich bin muslimisch. Und nein, ich faste nicht, ich habe ein kleines Kind und stille." Die zwei Schüler:innen schrien laut "Boa Respekt" und machten ein Peace-Zeichen. Die Klasse schien aufgeheizt, einige Jugendliche empfanden die Fragen ihrer Mitschüler:innen nicht als angemessen und es begann eine Diskussion über den Ramadan, über die Pflicht Kopftuch zu tragen und viele weitere Themen, die erstaunlicherweise im Fach "Soziales Lernen" behandelt worden waren, das nicht für religiöse Themen gedacht ist und nicht von Religion- oder Ethiklehrer:innen angeboten wird. Auch fand eine kurze Diskussion statt, ob ein Schüler, der eigentlich Christ sei, auch mitmachen dürfe. Ein buddhistischer Schüler regte sich auf: "Immer werden Muslime solche tollen Sachen gefragt, mich als Buddhist fragt niemand, ob ich faste". Allmählich zeichnete sich das ab, was die Lehrerin als Theater beschrieben hatte, alle sprachen durcheinander und schweiften vom Thema ab. Die Lehrerin unterbrach mit lautem Klopfen, ich fragte, wer über die Schule sprechen und bei einer Gruppendiskussion teilnehmen wolle. Schnell meldeten sich mehrere Schüler:innen. [38]

Mit der Lehrerin der zweiten Gruppendiskussion blieb ich einige Monate in Kontakt, bis ich auch die Einzelinterviews abgeschlossen hatte. Mit der Lehrerin der ersten Gruppendiskussion hingegen pflegte ich über zweieinhalb Jahre den Austausch. Diese Lehrerin zeigte großes Interesse an meiner Forschung und unterstützte mich sehr. [39]

3.3.2 Mittelschule B

Der Kontakt mit dem Direktor dieser Schule fand ausschließlich und einmalig am Telefon statt: Nach einer E-Mail am Anfang des Schuljahres hatte ich versucht, diese Schule telefonisch zu erreichen und es war eine der wenigen Schulen, bei denen jemand abhob. Der Schulleiter wirkte auf mich gestresst und in Eile, das spiegelte sich auch in seiner schnellen und lebendigen Sprechweise. Ich hatte das Gefühl, je mehr ich von mir und meinem Projekt erzählte, desto gestresster wurde er. So schienen ihn sowohl mein Name als auch der Name des Forschungsinstituts, an dem ich angestellt bin, irritiert zu haben: Einerseits betonte er, dass in seiner Schule "eigentlich schon alles passt" und die Schüler:innen bestens integriert seien. Andererseits wollte er wissen, woher mein Nachname komme. Ich versuchte, dies kurz und prägnant zu beantworten, da Fragen bezüglich meines Namens und meiner Herkunft mir im Alltag tagtäglich passieren und oft spüre ich besonderes Lob oder ablehnende Haltungen und Worte. Auch in diesem Gespräch registrierte ich an der zurückhaltenden und teilweise stotternden Sprechweise des Direktors diese Vorsicht und Ablehnung meiner Forschung gegenüber, sobald die Wörter Islam oder muslimisch fielen. Schlussendlich lehnte der Direktor mein Ansuchen ab und begründete dies damit, dass die Schule überlastet sei, dass schon eine andere Universität (mit wirtschaftlichem Zweig) eine Studie durchführte und dass es in der Schule die Herausforderung mit Schüler:innen muslimischen Glaubens, die ich untersuchen wollte, nicht gäbe. Zudem gehe er bald in Pension und wolle die Zeit nutzen, um die Stelle ordnungsgemäß zu übergeben. Mein Versprechen, bei meiner Forschung nahezu unsichtbar zu sein und die schulischen Abläufe nicht zu stören, verhallte ungehört. Ich bot auch an, persönlich in der Schule vorbeizukommen und mich vorzustellen, mit der Hoffnung auf eine Zusage. Nach einem langen Telefonat musste ich einsehen, dass kein Interesse an meiner Forschung bestand, somit durfte ich in dieser Schule nicht forschen. [40]

3.3.3 Mittelschule C

Der Kontakt mit dieser Direktorin wurde durch einen meiner ehemaligen Lehrer angestoßen. Zuerst fand ein kurzes Telefonat und einige Tage später ein Treffen mit ihr in der Schule statt. Das Telefonat verlief sehr angenehm, sie schien sich über meinen Anruf zu freuen. Über mich und mein Projekt war sie von dem ehemaligen Lehrer bereits vorab informiert worden. Beim Eintreten in die Schule musste ich der Direktorin meinen Impfpass oder einen aktuellen PCR-Test vorlegen, wie es zu jenem Zeitpunkt üblich war. Trotz dieses Wissens lösten die Kontrolle und die Frage, ob ich geimpft sei, ein unangenehmes Gefühl in mir aus: Dies zwang mich zu sagen, dass ich am Anfang meiner Schwangerschaft stand und die Impfung Schwangeren – vor allem im ersten Trimester – nicht empfohlen wurde. Das wiederum veranlasste die Direktorin zu zögern: Sie entgegnete: "da müssen wir aber noch schauen, ob die Untersuchung in der Schule noch eine gute Idee ist". [41]

Im Büro der Direktorin wartete eine Lehrerin, die Musik und Deutsch unterrichtete, während des gesamten Gesprächs neben dem stand und sich wiederholt im Raum auf und ab bewegte. Die Lehrerin betonte die Wichtigkeit meiner Forschung und gab im Lauf des Gesprächs einige Beispiele, wie sie versuchte, Kulturen, Nationalitäten bzw. die Musik aus den Herkunftsländern der Schüler:innen in die Musikstunde zu integrieren. Zudem erzählte sie, dass in der Schule eine angenehme Atmosphäre herrsche und vor allem muslimische Jugendliche sehr höflich und bemüht seien, etwas im Leben zu erreichen. Je mehr die Lehrerin sprach, desto mehr stieg bei mir die Vorfreude, an dieser Schule zu forschen, da die Beispiele, die sie nannte in meiner Herkunftsdisziplin oftmals problematisiert werden. Das Gespräch wurde von der Direktorin unterbrochen, die auf mich persönlich zu sprechen kam, indem sie fragte, wie meine schulische Laufbahn ausgesehen habe, da mein ehemaliger Lehrer erzählt habe, dass ich eine sehr gute Schülerin gewesen sei. Mit stotternder und unsicherer Stimme bestätigte ich, dass ich mir in der Schule leichtgetan hatte. Daraufhin fragte sie, wie ich so gut Deutsch gelernt habe und ob ich im Sommer in meine Heimat fahre. Nach meinen knappen Antworten stellte sich heraus, dass wir noch eine andere Person gemeinsam kannten. Mit dem Herausholen meiner Forschungsmappe beendete ich das für mich unangenehme Gesprächsthema über meinen biografischen Hintergrund, da solche Fragen oft eine von mir wahrgenommene Asymmetrie erzeugen, und leitete anschließend zu meinem Forschungsvorgehen über. Wir vereinbarten, dass sich die Direktorin melden würde, weil sie zu jenem Zeitpunkt unsicher war über den Verlauf der Covid-Lage in den nächsten Wochen. Auf meine E-Mail-Anfrage Anfang November 2021 bekam ich die Antwort, dass sich die Schule in einer "Sicherheitsphase" befände und schulexterne Personen nicht zugelassen seien. Auf den Vorschlag, nur Interviews mit Schüler:innen zu führen, bekam ich keine Antwort. Aus pragmatischen Gründen hakte ich nicht mehr nach und konzentrierte mich vorerst auf die Mittelschule A, bei der ich in Anbetracht der Pandemiesituation die Untersuchung auf Gruppendiskussionen und Einzelinterviews reduzierte. [42]

3.3.4 Mittelschule D

Der Kontakt mit diesem Direktor wurde ebenfalls durch meinen ehemaligen Lehrer initiiert. Ich bekam von ihm eine E-Mail mit dem Text "er [der Direktor] weiß Bescheid" und ich solle ihn in der letzten Ferienwoche anrufen. Zuerst fand ein kurzes Telefonat mit dem Direktor statt und eine Woche später ein Treffen in der Schule. Das Telefonat verlief unkompliziert, effizient und schnell. Das persönliche Gespräch in der Schule nahm ich als angenehm wahr: Wir sprachen über über meinen ehemaligen Lehrer bzw. seinen Freund. Der Direktor hob hervor: "Es ist schön, wenn Schülerinnen sich melden und es schon so weit gebracht haben, dein ehemaliger Lehrer ist sicherlich stolz auf dich." Ich merkte, dass mich solche Gespräche irritierten, weil die Grenzen zwischen meiner professionellen Rolle als Forscherin und meiner persönlichen Rolle im Umgang mit den Feldakteur:innen verschwammen. Ich ließ mich deshalb nur kurz auf dieses Thema ein und kam dann auf mein Projekt zu sprechen, erklärte den Ausgangspunkt der Forschung und das geplante Vorgehen. Während des Gesprächs klingelte wiederholt das Telefon des Schulleiters, und er nahm einige Anrufe entgegen. Im Anschluss daran betonte er mehrfach, dass meine Forschung "wirklich etwas Wichtiges" sei und ich da "unbedingt dranbleiben" solle. Er nannte mir konkrete Fälle, um zu zeigen, welche Schwierigkeiten aus seiner Sicht bestanden, zum Beispiel wenn muslimische Schüler:innen beim Begräbnis eines Mitschülers nicht mitgehen wollten, da dies einen Kirchgang erfordert hätte. Durch die Hilfe des islamischen Religionslehrers sei es jedoch gelungen, "einige Jugendliche zu überreden, doch teilzunehmen". Er erwähnte außerdem, dass er manchmal den Eindruck hätte, geflüchtete Schüler:innen hätten es in der Schule aufgrund der Sprache sicherlich schwerer. Sonst sah er keine Probleme, die nicht zu lösen wären. Nach einem langen Gespräch kamen wir dann auf mein konkretes Vorhaben zu sprechen, z.B. die Fixierung eines Startdatums und wie ich mir den Zugang zu den Interviewpartner:innen vorstellte. Ich führte aus, dass ich selbst vor der Klasse mein Projekt vorstellen möchte und dass Personen, die sich selbst als muslimisch sehen, sich für eine Gruppendiskussion und Einzelinterviews melden könnten. Daraufhin meinte der Direktor, dies sei "viel zu kompliziert" und er habe eine Liste, wo er nachschauen könnte, wer Islam als Glaubensbekenntnis eingetragen hatte. Auch der Religionsunterricht eigne sich gut, um zu dieser Akteur:innengruppe zu sprechen. Diese Vorgangsweise stand konträr zu dem, wie ich die Gruppe erreichen wollte, jedoch nahm ich den Vorschlag vorerst an, da ich nicht noch eine Schule verlieren wollte. Trotz der angespannten Pandemiesituation bot mir der Direktor an, Gruppendiskussionen und Einzelinterviews durchzuführen. Auch hier musste ich von der Idee eines ethnografischen Beobachtungsaufenthalts Abschied nehmen und akzeptieren, dass ich sowohl die Interaktionen zwischen den verschiedenen Akteur:innen als auch die Herausforderungen, mit denen Schüler:innen konfrontiert sind, nicht beobachten konnte, sondern mir diese aus Befragungen rekonstruieren musste. [43]

Beim nächsten Treffen stellte mich der Direktor dem islamischen Religionslehrer vor, mit dem ich gemeinsam in die Klasse ging, in der der Religionsunterricht stattfand. Als wir eintraten, lachten und redeten die Schüler:innen miteinander. Als eine Schülerin mich registrierte, wurden ihre Augen weit und ihr Gesicht blass; ich konnte ihre Anspannung in meinem Körper spüren. Der Lehrer, der genauso wie ich von der Reaktion dieser Schülerin überrascht wirkte, versuchte, ihr auf Arabisch meine Anwesenheit zu erklären. Nach der Mimik der Schülerin zu urteilen, änderte dies jedoch wenig an ihrer Irritation. Ich ärgerte mich, die Jugendlichen unvorbereitet überrascht zu haben, entschuldigte mich bei ihnen und kündigte dem Religionslehrer an, in der folgenden Woche eine andere Klasse zu besuchen, verbunden mit der Bitte, die Schüler:innen über meinen heutigen Besuch zu informieren. Über Monate hinweg blieb ich mit dem Schulleiter in Kontakt. In dieser Schule führte ich eine Gruppendiskussion und vier Einzelinterviews. Besonders bemerkenswert fand ich, dass der Direktor nach jedem Interview fragte, "wie es gelaufen" sei und ob ich "alles habe". [44]

4. Facetten und Prozess des Feldzugangs: fünf Phasen der Feldinteraktion

Wie zuvor erläutert, stellte der ethnografische Zugang zu Schulen eine nicht überwindbare Hürde dar, denn zu dieser Zeit herrschte in den Schulen eine Ausnahmesituation, die die geplanten teilnehmenden Beobachtungen nicht zuließ: Die COVID-19-Pandemie, die hohen Infektionszahlen in den Schulen und der dadurch veränderte Schulbetrieb erschwerten nicht nur den Feldzugang, sondern erlaubten eine ethnografische Untersuchung nicht, da – in Anlehnung an REICHERTZ (2024) – meine Forschung während der Pandemielage "nicht systemrelevant" (S.13) war. [45]

Trotz der Genehmigung vonseiten der Bildungsdirektion im November 2021 waren die Direktor:innen nicht verpflichtet, eine teilnehmende Beobachtung in ihrer Schule durchführen zu lassen. Durch die Nicht-Durchführbarkeit der teilnehmenden Beobachtung änderte sich der Fokus meiner Fragestellung vom Beobachtbaren weg und mehr auf das Erzählbare hin. Der Zugang über verbale Daten wie qualitative Interviews sowie Gruppendiskussionen rückte damit in den Fokus (SEJDINI & KOLB 2023, S.121ff.). Gewählt wurden Gruppendiskussionen als Alternative auch deswegen, da mit ihnen in einem kleineren Setting spezifische Verhaltensweisen, Meinungen und Einstellungen erhoben werden können (LAMNEK 1995, S.131f.). Es lassen sich Einblicke in die Gruppendynamik in einer Schulklasse und in die Interaktion zwischen den Schüler:innen während der Diskussion durch Beobachtung und gezieltes Nachfragen gewinnen. [46]

Trotz Hürden gelang es mir, Zugang zu zwei Schulen – Mittelschule A und D – für Gruppendiskussionen und Einzelinterviews zu erhalten. Eine zentrale Rolle spielten dabei Gatekeeper:innen und Patron:innen. In meinen empirischen Protokollen zeigte sich, dass das Gelingen der Feldarbeit nicht nur von persönlichen Beziehungen, sondern auch von weiteren Faktoren abhing, und zwar vor allem von der Person der Forschenden. Damit ist gemeint, wie diese auf die beteiligten Akteur:innen im schulischen Umfeld zugehen und von diesen wahrgenommen werden. Hier wird besonders deutlich, dass der Feldzugang ein dynamischer Prozess ist, der kontinuierlich hergestellt und aufrechterhalten werden muss. [47]

Nachfolgend werden die Zugänge zu den verschiedenen Mittelschulen detailliert analysiert und verglichen. Die Interaktionen während des ersten Feldkontakts konnten hierbei basierend auf den Feldprotokollen in fünf Phasen unterteilt werden. Bei der Einteilung lehne ich mich an die "Phasen der Forschungsarbeit" (WEINBERG & WILLIAMS 1973, S.85ff.) an, die von der Annäherung bis zum Feldabschluss reichen, und entwickle diese partiell weiter. Die erste Phase symbolisiert das Ankommen im Feld und wird durch das Öffnen der Schuleingangstür als physischer Eintritt ins Feld markiert. Diese Phase lässt sich auch als "Annäherung" (S.85) beschreiben, da hier erste Schritte des gegenseitigen Abtastens zwischen den Forschenden und den Feldakteur:innen stattfinden. Die zweite Phase wird als "Orientierung" (S.90) charakterisiert, welche sowohl entlang des Forschungsthemas als auch in Bezug auf die forschende Person erfolgt. In der dritten Phase wird wiederum die Interaktion zwischen Feld und Forschenden illustriert. Nicht selten geht es hier darum, dass Feldakteur:innen Forschende zu ihrer Person befragen, unter anderem um sie so zu prüfen. WEINBERG und WILLIAMS nannten diese Phase "Initiation" (S.93): Entlang der prüfenden Fragen wird entschieden, ob Forscher:innen in die Schule aufgenommen werden oder nicht. Nach der Annäherung, Orientierung sowie Interaktion und Initiation folgt die vierte Phase – die ich abweichend von den Autoren – "Aufnahme und Akzeptanz" nenne: Während WEINBERG und WILLIAMS mit "Assimilation" (S.97) vor allem die Anpassung der Forschenden an das Feld betonten, möchte ich mit "Aufnahme und Akzeptanz" stärker auf den aktiven Prozess der Anerkennung und Aushandlung zwischen den Feldakteur:innen und mir als Forscherin hinweisen. Hier spielen sowohl Patron:innen als auch Gatekeeper:innen eine zentrale Rolle, die oftmals auch zu einer Verstrickung mit dem Feld führen können, da Forscher:innen dem Feld nicht gänzlich fremd sind, sondern z.B. durch die Patron:innen Menschen mit Geschichte werden können. Im fünften und letzten Abschnitt des Feldzugangs geht es – basierend auf meinen empirischen Daten und mit eigener Schwerpunktsetzung im Vergleich zu WEINBERG und WILLIAMS – nicht um den von ihnen beschriebenen "Abschluss" (S.100), sondern um eine Facette des Feldzugangs, die bislang oft vernachlässigt geblieben ist: die Frage des Vertrauens- und Beziehungsaufbaus. Darin wird insbesondere der Nutzen des Feldzugangs für die Forschenden als auch umgekehrt der Nutzen der Forschung für das Feld ausgelotet. [48]

4.1 Annäherung: Türöffner

Die erste Phase der Feldinteraktion war die der Annäherung. Zu Beginn strukturierten sich alle vier Kontakte ähnlich. Mit allen Direktor:innen fand vorab ein Telefonat statt, in dem kurz besprochen wurde, um was es bei meiner Forschung gehen sollte, und anschließend wurde ein persönlicher Termin in der Schule verhandelt. Diese Vorgehensweise gelang bei den Mittelschulen A, C und D, womöglich, weil genau diese Schulen durch die Patron:innen bzw. Gatekeeper:innen über mich informiert und auf mich vorbereitet worden waren. Das Telefonat mit dem Leiter der Mittelschule B hingegen fand ohne externe Mithilfe statt, daher wurden hier einige Themen anders bzw. nicht angesprochen. [49]

Thematisch liefen die Gespräche, sei es persönlich oder am Telefon, folgendermaßen ab: Das Öffnen der Schuleingangstür durch die Schulleitungen markierte den ersten physischen Schritt in die Schule. An der Tür und auf dem Weg in das jeweilige Büro fanden Themen der Annäherung statt. Die Direktor:innen der Mittelschule A und D sprachen zu Beginn über die Patron:innen bzw. Gatekeeper:innen und die Schule allgemein. Bei Eintritt in die Mittelschule C hingegen entstand bei mir durch die physische Kontrolle des Impfpasses bzw. eines PCR-Tests an der Tür noch stärker der Eindruck, in einen geschützten Raum einzutreten, wodurch sofort meine Person ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. Mir als nicht geimpfter, schwangerer Forscherin wurde daraufhin mit Skepsis begegnet, was Auswirkungen auf den Feldzugang hatte: Die Äußerungen der Direktorin konnten teilweise dahingehend interpretiert werden, dass sie unter den gegebenen Rahmenbedingungen meinem Forschungsvorhaben distanziert gegenüberstand. Nicht nur an Mittelschule C wurde ersichtlich, wie herausfordernd insbesondere die pandemiebedingte Situation für die Schulen und deren Leitungspersonen war, auch im Telefonat mit dem Direktor der Mittelschule B war die hohe Belastung deutlich spürbar, in seinem Fall auch wegen seines Anspruchs, den Schulbetrieb nach seiner Pensionierung ordnungsgemäß an seine:n Nachfolger:in zu übergeben. [50]

4.2 Orientierung: Forschung als Thema

Nach der Phase des ersten Kontakts und der anfänglichen Eindrücke begann eine Orientierungsphase. Diese erfolgte entlang des Forschungsthemas und dem, was sich die schulischen Akteur:innen darunter vorstellten. Demzufolge sprach der Direktor der Schule A von den Herausforderungen in der Schule, welche sich um das Kopftuchtragen einer Schülerin und islamische Essensvorschriften drehten. Die Lehrerin der Mittelschule C, die der Direktorin als Stütze während des Gesprächs diente, sprach vom gelungenen Umgang mit kultureller Diversität in der Musikstunde, als sie von ihren Bemühungen berichtete, kulturelle Traditionen aus den Herkunftsländern von Schüler:innen in den Musikunterricht einzubinden. Beide schienen sich aus ihrer jeweiligen Sicht thematisch an meiner Forschung zu orientieren bzw. an dem, was sie dachten, dass ich erforschen möchte. Auch der Direktor der Schule D führte zu einem späteren Zeitpunkt Beispiele für Herausforderungen an. Einerseits nahm er hierbei Bezug auf die Schwierigkeiten geflüchteter Schüler:innen mit der deutschen Sprache, andererseits erwähnte er, wie schwer es war, muslimische Jugendliche für den Kirchenbesuch beim Begräbnis eines Schülers zu gewinnen. Auffallend war auch, dass die Direktor:innen der Mittelschulen A und D besonders die Wichtigkeit des Themas betonten und sich, wenn auch nur zwischen den Zeilen, Hilfestellungen für Probleme durch mein Forschungsvorhaben erhofften. [51]

4.3 Interaktion und Initiation: Forschende als Other und das Feld

Dass "der Forschungskontakt als soziale Interaktion aufgefasst [wird], die von beiden Seiten gestaltet wird und in der gegenseitigen Einflussnahme stattfindet" (BREUER et al. 2019, S.77), zeigten vor allem die Gespräche in den Mittelschulen B, C und D. Sowohl bei Mittelschule C als auch bei Mittelschule D wurde auf meine schulische Vergangenheit Bezug genommen. Während sich die Direktorin der Mittelschule C auf indirekte Weise nach meinem schulischen Werdegang erkundigte, betonte der Direktor der Mittelschule D, wie erfreulich es sei, wenn sich ehemalige Schülerinnen meldeten und Erfolge vorweisen könnten, was auch den ehemaligen Lehrer stolz mache. Diese Interaktionen lösten bei mir Irritation und Unbehagen aus, dass meine Rollen vermischt würden, ich also nicht als Forscherin, sondern als Schülerin wahrgenommen würde. Umgekehrt schienen den Direktor der Mittelschule B beispielsweise mein Nachname und mein Arbeitsort zu irritieren. Im weiteren Verlauf brachte er zudem aktiv das Stichwort Islam unmittelbar mit der Integration der zu untersuchenden Schüler:innen in Verbindung, obwohl dies nicht Thema der Diskussion war. Die Direktorin der Mittelschule C wiederum ging mit einer Selbstverständlichkeit davon aus, dass ich Deutsch als Zweitsprache und ein anderes Geburtsland als Österreich haben müsse. [52]

In diesen beiden Gesprächen schienen die Direktor:innen die Position der rassistisch Privilegierten zu haben, während ich die der Diskreditierten innehatte. Die Diskreditiertheit zeigte sich besonders in der Interaktion mit der Direktorin von Mittelschule C. Bei beiden Gesprächen wurde deutlich, dass ich erstens erst in der Interaktion zur Anderen gemacht wurde, und zweitens wurde mir durch die Anrufung als Andere, also als junge Frau mit muslimischem Nachnamen, zugeschrieben, dass ich Deutsch als Zweitsprache und eine andere Herkunft als Österreich hätte. Durch diese Zuschreibung wurde mir ein gewisser gesellschaftlicher Platz zugewiesen, mit der Erwartung, dass ich mich als Person mit nicht-deutscher Erstsprache und Migrationsbiografie verhalte und Auskunft darüber gebe, wie es ist, eine solche Identität zu verkörpern. In der österreichischen Gesellschaft ist dieser Platz häufig nicht mit besonderen Privilegien verbunden. Solche Zuschreibungsprozesse können als "Ver-Anderungsprozesse" (FOROUTAN 2021, S.131; VON UNGER 2022, S.86) oder als Prozesse des Othering gedeutet werden. [53]

In den Prozessen des Othering zeigt sich, welches Bild Feldakteur:innen – in meinem Fall die Direktor:innen und die Schüler:innen – von Forscher:innen haben. Die genannten Beispiele und Protokolle legen nahe, dass ich sowohl durch mein deutlich geringeres Alter im Vergleich zu den Direktor:innen als auch angesichts anderer zugeschriebener Kategorien als Andere bzw. Other gelesen wurde. Infolgedessen stellte sich für mich bei den Versuchen, Zugang zum Feld zu erlangen, auch die Frage, ob ich als Other überhaupt im Feld Schule forschen kann, ohne mich entsprechend zu positionieren. Dies wurde insbesondere bei der Mittelschule C sichtbar, wo die Direktorin mit dem Nachfragen über meine Person prüfte, ob ich mich den zugeschriebenen Kategorien entsprechend verhalte. Für ähnliche Irritationen schien ich auch bei den Schüler:innen der Mittelschulen A und D zu sorgen. In beiden Kennenlerntreffen mit zwei verschiedenen Klassen der Mittelschule A spielte die Kategorie Muslimisch-Sein eine große Rolle. Dabei nutzten auch die Jugendlichen gezielt die Strategie des Nachfragens, um mich als Interaktionspartnerin zu prüfen und die Vertrauenswürdigkeit der Situation abzuwägen. Auffällig war in diesem Zusammenhang die selbstverständliche Annahme eines Schülers, ich müsse Muslimin sein, um mich überhaupt für diese Akteur:innengruppe zu interessieren und Forschung dazu zu betreiben. [54]

Einem anderen Schüler genügte es wiederum nicht zu erfahren, ob ich selbst Muslimin sei oder nicht, sondern er wollte darüber hinaus auch noch wissen, ob ich mich an religiöse Pflichten wie das Fasten halte. Als ich dies verneinte mit der Begründung, dass ich ein kleines Kind habe, wurde mir mit Bewunderung begegnet. Hier wurde die Intersektionalität von mir als Person und meine verschiedenen Rollen im Feld – Forscherin, Muslimin, Mutter – sichtbar. Demgegenüber steht die Reaktion der Direktorin von Mittelschule C, die meinem Nicht-Geimpft-Sein in der Schwangerschaft mit Skepsis begegnete. Beim Vergleich dieser zwei Beispiele standen die Reaktionen der Feldakteur:innen auf das Nicht-Einhalten von Vorgaben – seien es gesundheitspolitische Impfempfehlungen oder religiöse Gebote wie das Fasten – also in einem Gegensatz zueinander. [55]

Das Kennenlerntreffen mit den Schüler:innen der Mittelschule D verlief deutlich anders als jenes an der Mittelschule A: Erstere zeigten sich insgesamt weniger kommunikativ. Besonders auffällig war für mich die Reaktion einer Schülerin, die verstummte und blass wurde, als ich gemeinsam mit dem Religionslehrer vor der Klasse stand. Meine Interpretation dieser Reaktion als mögliche Irritation zeigt, wie meine Anwesenheit die Dynamik im Unterricht beeinflusste. Aufgrund meiner Rolle als außenstehende Person dürfte diese Situation möglicherweise als irritierend oder überfordernd erlebt worden sein, insbesondere im Kontext des Religionsunterrichts. In diesem Fall wurde der Grund meiner Anwesenheit der Schülerin auf Arabisch erklärt, also einer Sprache, die sie jenseits des schulischen Rahmens vermutlich als vertraut oder identitätsstiftend empfunden hat. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass meine Anwesenheit von der Schülerin als Eindringen in einen geschützten Raum wahrgenommen wurde, der nicht gestört oder infrage gestellt werden sollte. Der Rahmen des Kennenlerntreffens, der für die Schüler:innen ungewohnt war, brachte neue Dynamiken mit sich, die Unsicherheit und Spannungen hervorriefen. Die Reaktion der Schülerin – Verstummen und Rückzug – kann als Bewältigungsstrategie interpretiert werden, um mögliche Konflikte oder unangenehme Situationen zu vermeiden. [56]

Im Fall der Mittelschulen B und C zeigte sich, dass ich für die Schulleitungen einen "Reizwert" (DEVEREUX 2018 [1967], S.143; 334ff.) hatte, der sie zu Reaktionen veranlasste, umgekehrt wirkten ihre Reaktionen auf mich, sodass ich darauf reagierte. Die Resonanz des Direktors von Mittelschule B auf meinen Nachnamen und meinen Arbeitsplatz versuchte ich mit kurzen und knappen Antworten abzuwehren. Diese Abwehrhaltung meinerseits war in der Angst begründet, dass ich wegen meines Namens abgelehnt werden könnte. Dies speiste sich aus meinen alltäglichen und biografischen Erfahrungen. Auch beim Gespräch mit der Direktorin von Mittelschule C reagierte ich aus diesem Muster heraus, als sie auf meine Herkunft und meine deutschen Sprachkenntnisse zu sprechen kam. An dieser Mittelschule schien meine Person – etwa durch Merkmale wie junges Alter, Schwangerschaft, kein Kopftuch, nicht-deutscher Name – einen spezifischen "Reizwert" zu besitzen. Dies löste bei mir eine Erwiderung aus, die mich möglicherweise als abwehrend erscheinen ließ, da ich kurz und knapp antwortete oder das Thema wechselte. In diesen Konstellationen kam es zu einer "Interaktionskette" (GRIESBACHER 2016, S.145f.) bzw. Interaktionsspirale mit unterschiedlichem Ausgang. Die wiederkehrenden Reaktionen meinerseits verdeutlichten, dass Fragen nach meiner Herkunft, Religion, Sprache oder meinem Namen bei mir das Gefühl eines langen eingeübten Theaterstücks hervorriefen, ein Gefühl, das vor allem von Unbehagen und Unsicherheit geprägt war. Dabei hatte ich hier aus einem "Muster" (BREUER 2003, §28; DEVEREUX 2018 [1967]), S.290) heraus gehandelt. [57]

4.4 Aufnahme und Akzeptanz: Forschende mit Geschichte

Ob Forschenden Zugang zum Feld gewährt wird, hängt maßgeblich von der Interaktion im Feld ab. Dabei spielen die jeweiligen (Verhaltens-) Muster eine entscheidende Rolle. Bisher wurde deutlich, dass sowohl Forschende für das Feld als auch das Feld für die Forschenden bestimmte "Reizwerte" besitzen, die eine wechselseitige Interaktion prägen können. Meine Interaktionen wurden zudem von Patron:innen beeinflusst. Erst durch diese – in meinem Fall ein ehemaliger Lehrer und eine Kollegin aus der Forschungswerkstatt – konnte ich Kontakt zum Feld aufnehmen. Hier wurde deutlich, dass die Patron:innen dem Feld eine Art von Vertrauensvorschuss bieten (BREIDENSTEIN et al. 2020, S.64f.). Dies zeigte sich darin, dass bei der Mittelschule A der Kennenlern-Smalltalk übersprungen und gleich unmittelbar auf mein Forschungsthema eingegangen wurde. In diesem Fall entstand der Eindruck, dass der Direktor und die Lehrerin mich bereits kannten, bevor sie mich persönlich getroffen hatten. Bei dieser Schule schien ich in Anlehnung an WOLFF (2013) ein "Mensch mit Geschichte" (S.339) zu sein. Der Direktor der Mittelschule D sprach nur kurz an, dass ihm mein ehemaliger Lehrer Informationen über mich als Schülerin gegeben hatte, ging aber weiter auf meine Person nicht ein. Ein Mensch mit Geschichte schien ich auch bei der Mittelschule C zu sein, jedoch nutzten die Direktorin und die Lehrerin trotzdem das Gespräch, um mehr über mich zu erfahren. [58]

Durch die Patron:innen lässt sich das Feld einerseits leichter erreichen, andererseits kann es dennoch weiterhin zu Verstrickungen kommen, weswegen der Feldzugang nicht gelingt. Von Bedeutung ist dabei, ob Feldakteur:innen bestimmte Forschungsergebnisse erwarten, wie es beispielsweise bei den Mittelschulen A und D der Fall war. Die Beteiligten dort gaben explizite Beispiele, wo sie im Schulalltag herausgefordert seien, und machten auch deutlich, dass sie sich auf die Ergebnisse der Dissertation freuten. In den Schulen, A, C und D wurde großes Interesse an meiner Forschung gezeigt. [59]

Zwar gibt es aus Sicht des Systems – wie WOLFF (2013, S.45ff.) ausführte – eigentlich keine begründeten Ablehnungsmotive, die Forschungsaufenthalte zu verunmöglichen. Dennoch werden "Gründe [...] erfunden und vorgeschoben" (FLICK 2007, S.147). Die Leitung der Mittelschule C agierte so, dass sie angab, Bedenkzeit zu brauchen, und verschob die Angelegenheit auf bessere Zeiten. Für die Mittelschulen A und D stellte hingegen sowohl die Pandemielage als auch meine Schwangerschaft kein Hindernis dar, mir zumindest für Gruppendiskussionen und Einzelinterviews Zugang zu gewähren. [60]

In beide Schulen A und D fand ich Strategien des "Nachfragens" und des "Zuweisens" (WOLFF 2013, S.343), um mit fremden Personen umzugehen, die mit ihrer Präsenz den täglichen schulischen Ablauf stören. Unter "Nachfragen" ist nach WOLFF zu verstehen, dass "man den Forscher zu immer neuen Darstellungen seines Forschungsziels und seines Vorgehens" veranlasst. Strategien des Nachfragens wurden an den verschiedenen Schulen durch die beteiligten Direktor:innen und Lehrer:innen angewendet, indem sie nach den Details und Motiven für mein Forschungsvorhaben fragten. Das "Zuweisen" wiederum bezieht sich auf "Zeitpunkte, Rollen und Untersuchungsgelegenheiten, die man vom eigenen Standpunkt aus für geeignet und angemessen erachtet" (a.a.O.). Das Zuweisen zeigte sich bei den Schulen A und D in der Entscheidung, keine teilnehmenden Beobachtungen aufgrund der Covid-Situation zuzulassen, sondern stattdessen Gruppendiskussionen und Einzelinterviews zu ermöglichen. Da Einzelinterviews schon von vornherein geplant gewesen waren, stellte dies für mich keinen Eingriff dar. Dass die ethnografischen Beobachtungen nicht durchgeführt werden konnten, hatte jedoch zur Folge, dass ich mein geplantes methodisches Vorgehen anpassen musste. Ebenso handelte es sich um ein Zuweisen, als der Direktor der Mittelschule D zunächst vorgab, dass sich die Schüler:innen nicht selbst für ein Interview melden sollten, sondern er anhand der Klassenliste diejenigen Schüler:innen bestimmen wollte, die den islamischen Religionsunterricht besuchen, und dass sich nur diese für ein Interview melden dürften. Dies hätte meine Erhebungsmethode verändert und meinem subjektorientierten Zugang widersprochen, alle junge Menschen zu befragen, die sich selbst als Muslim:innen verstehen, egal ob sie zum islamischen Religionsunterricht angemeldet sind oder nicht. Für die Durchführung der ersten Gruppendiskussion nahm ich diese Zuweisung an. Im weiteren Verlauf und mit zunehmender Vertrautheit sprach ich jedoch mit dem Direktor nochmals über diese Frage. Daraufhin konnte ich die Teilnahme an den Befragungen selbst organisieren. Dabei war es mir wichtig, meinen Interviewpartner:innen die Entscheidung zu überlassen, ob sie sich als Muslim:innen für das Interview meldeten. Dies verdeutlicht, dass der Feldzugang kein einmaliger Vorgang ist, sondern kontinuierlich neu ausgehandelt und hergestellt werden muss. [61]

Bedingt durch die über zwei Jahre andauernde Erhebungsphase entwickelte sich die Beziehung zur Lehrerin der Mittelschule A und zum Direktor der Mittelschule D zu einem festen Bestandteil meiner Forschung. Die ständige Erreichbarkeit von ihnen und meine fortlaufenden Anfragen verstärkten die Beziehung zu ihnen. Dies hatte zur Folge, dass ich meine Forschung immer mehr als ein gemeinsames Projekt erlebte, da ihnen die Fertigstellung meiner Dissertation auch zu einem Anliegen wurde. Diese gelungene Beziehung zum Feld bzw. zu den sogenannten "Türstehern" des Feldes

"führt zu einem Verstrickt-Sein, einem Involviert-Sein der forschenden Person mit den Menschen, über die geforscht wird. Wochenlanges Warten auf einen erhofften Interviewtermin, die ständige Beziehungsarbeit zu Kontaktpersonen, das Mit(er)leben der zu erforschenden Lebenswelt, die Euphorie aufgrund eines erfolgreichen Gespräches – diese Gegebenheiten setzen Forschende in eine enge Beziehung zu ihrem Forschungsfeld" (SOWA 2015, S.263). [62]

Die enge Beziehung baute ich auch zu Akteur:innen im Feld auf, die nicht primär im Fokus der Forschung waren. Diese Verstrickung und das "Involviert-Sein" gilt es jedoch spätestens bei der Analyse des Materials zu reflektieren. Einerseits kann das gemeinsame Interpretieren von Datenmaterial im Forschungsteam behilflich sein, ein allzu positives oder idealisiertes Bild zu verhindern oder als Folge von blinden Flecken bestimmte Aspekte zu übersehen. Andererseits ist das Schreiben von Memos oder Forschungstagebüchern während des Feldzugangs und der Datenerhebung (BREUER et al. 2019, S.170ff; MUCKEL 1996, S.74ff.) zielführend, um die eigenen Anteile im Feldzugang zu reflektieren. [63]

Vor diesem Hintergrund lässt sich erkennen, dass der "Beziehungsaufbau der Schlüssel zum Feld [ist]" (BREIDENSTEIN et al. 2020, S.62; REICHERTZ 2015b, S.27). In meinem Fall wurde die Beziehung zum Feld durch die Patron:innen angestoßen, sodass ich mich – vor allem der Mittelschule A und D – mit der Zeit auf die Feldakteur:innen verlassen konnte und umgekehrt. Dies zeigte sich beispielsweise bei Abmachungen, Schüler:innen für Interviews freizustellen, sowie in meiner zeitlichen Flexibilität. Mit jedem Besuch des Feldes und mit jedem Interview stieg das Vertrauen, und die Beziehung wurde gefestigt. Mit wachsendem Vertrauen gestalteten sich sowohl die Herstellung als auch die Aufrechterhaltung des Feldzugangs zunehmend reibungsloser. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass "im 'beschwerlichen' Feldzugang die Persönlichkeit des Forschers bzw. der Forscherin eine entscheidende Rolle" (SOWA 2015, S.263) spielt. Kein Beziehungs- bzw. Vertrauensaufbau hat in den meisten Fällen letztlich keinen Zugang zum Feld zur Folge. [64]

4.5 Vertrauens- und Beziehungsaufbau: Nutzen für die Forschenden und das Feld

Der Feldzugang vermittelt Einblicke sowohl in das Feld als auch darüber, wie als Forschende von Feldakteur:innen wahrgenommen werden. Die Feldzugangsprotokolle sind einerseits Daten, die Informationen über den "Erkenntnisgegenstand" liefern, in meinem Fall also über die Schule mit all den "Merkmalen, Facetten, Mehrdeutigkeiten etc." (BREUER et al. 2019, S.108). Andererseits sagen sie auch etwas aus über mich als Forschende mit meinen "Standpunkten, Wahrnehmungs-/un-/fähigkeiten, Präkonzepten, Wandlungen, etc." (a.a.O.). An meinem Beispiel wird sichtbar, dass ich mit meinen biografisch-persönlichen Erfahrungen und mit bestimmten theoretischen Präkonzepten die Interaktion mit den Direktor:innen beeinflusste und umgekehrt. [65]

Eine Erkenntnis ist also, dass Forschende, die ethnografisch in Schulen forschen möchten oder deren Forschungsfragen ein ethnografisches Vorgehen erfordern, allgemein vor Herausforderungen stehen. Einerseits war für meine Studie eine Genehmigung der Bildungsdirektion notwendig, andererseits mussten die Hauptverantwortlichen der einzelnen Schulen überzeugt werden. Dies war besonders relevant, da diese als Türöffner fungierten und es ermöglichten, dass die Erhebungen stattfinden konnten. Das zeigt, wie die Institution Schule strukturiert ist und wie schwer Interviewpartner:innen in der Schule zu erreichen sind. Zudem wurde deutlich, dass Forschen in der Schule ohne die Unterstützung von Patron:innen und Gatekeeper:innen beinahe unmöglich ist, da sie ein geschützter Raum für Schüler:innen und Lehrer:innen ist und somit externe Personen diesen geschützten Raum beeinträchtigen könnten. Für gewöhnlich stören externe Personen, vor allem Forscher:innen, beinahe immer die gewohnten Abläufe im Feld (FLICK 2007, S.147). Im Kontext der Pandemie kann auch von einer Gefährdung des Feldes gesprochen werden. [66]

Dennoch wird auch in meinem Fall deutlich, dass ein Prinzip des "Gebens und Nehmens" (ZALEWSKI 2022) im Forschungsprozess vorherrscht. Besonders deutlich wurde dies an der Mittelschule A, nachdem ich dort die erste Gruppendiskussion durchgeführt hatte. Im Rahmen der Befragung erfolgte eine weitergehende Auseinandersetzung mit religiösen Bezügen zum Thema Fasten. Bei meinem nächsten Besuch in der Schule für die Kennenlernrunde für die zweite Gruppendiskussion hing – wie bereits in Abschnitt 3.3.1 erwähnt – ein Plakat im Eingangsbereich der Schule, mit dem über verschiedene Zugänge zum Thema Fasten aufgeklärt wurde. Hieran ist erkennbar, dass Forschende und deren Fragen Auswirkungen auf die Feldakteur:innen und das Forschungsfeld allgemein haben können. Dass den Schüler:innen und der Lehrerin meine Meinung zum Umgang mit muslimischen Themen wichtig zu sein schien, bestätigte, dass die Lehrerin mir beim Kennenlerntreffen zuflüsterte, sie sei gespannt, was ich "zu diesem Theater in ihrer Klasse" zu sagen habe. Die Erwartung an mich als Forscherin war hier nicht zu überhören: Adressiert wurde an mich, mit meiner Forschung für eine Verbesserung im Feld zu sorgen. Nichtsdestotrotz war hier Vorsicht geboten, und den Feldakteur:innen sollten keine Versprechungen gemacht werden. [67]

Die geschilderte Episode verweist auf eine Vertrautheit, die auf einer bereits etablierten Beziehung zwischen mir als Forscherin und der Lehrerin basierte. Auch mit anderen verliefen die Gespräche angenehm und freundlich. Möglicherweise wirkten dabei geteilte soziale Positionierungen vertrauensbildend. Mit zunehmendem Feldaufenthalt hatte ich das Gefühl, dass meine Dissertation mehr und mehr zu einem gemeinsamen Anliegen wurde. Eine ähnliche Erwartung hatte auch der Direktor der Mittelschule D, der mehrmals betonte, dass meine Forschung wichtig sei und dass alle Bildungsverantwortlichen ein Exemplar meiner Arbeit bekommen sollten. Es wurde deutlich, dass der Direktor davon überzeugt war, dass meine Forschung für das Feld einen Nutzen bringen könnte. [68]

Der Balanceakt zwischen Geben und Nehmen zeigte, wie entscheidend Vertrauen und Kommunikation im Forschungsprozess waren. Besonders deutlich wurde dies am Beispiel der Mittelschulen A und D, bei denen von Beginn an ein gewisses Maß an Vertrauen vorhanden war, das durch eine stimmige und kontinuierliche Kommunikation zwischen dem Feld und mir als Forscherin weiter gefestigt wurde. Demgegenüber bestehen – trotz Patron:innen – aber auch "sensitive Phasen für Zugangsversuche" (WOLFF 2013, S.342), in denen Forschung von vornherein nicht zugelassen wird, beispielsweise, "wenn gerade das Management gewechselt [wird], die Organisation einen Skandal hinter sich hat oder vor nicht allzu langer Zeit Kollegen im Haus waren" (a.a.O.). [69]

Bei der Auslotung, ob Zugang gewährt wurde oder nicht, spielte die Forscher:innensubjektivität eine zentrale Rolle. Beispielsweise war die Interaktion zwischen mir und Angehörigen der Mittelschulen B und C von Anfang an durch gegenseitige "Reizwerte" bestimmt, sichtbar vor allem in den Zuschreibungen als Other: Forschende reagieren auf bestimmte und betreiben – wenn auch unbeabsichtigt – Othering. Umgekehrt werden sie von Feldakteur:innen mit Zuschreibungen bedacht oder als Other wahrgenommen, wenn sie bestimmte Kategorien repräsentieren. [70]

Auf den ersten Blick wirkte das Feld Schule geordnet und vermittelte den Eindruck, dass Eindeutigkeit, Transparenz und Kontrolle vorherrschten sowie Zuschreibungen keine Rolle spielten. Bei genauerer Betrachtung erwies sich dieser Eindruck jedoch als weniger eindeutig und geriet zum Teil ins Wanken. Unter diesem Gesichtspunkt schien meine Position als junge, schwangere, migrantische/mehrheimische, muslimische und mehrsprachige Forscherin einige Angehörige des Schulsystems, das sich aufgrund der Pandemiesituation (oder anderer sensibler Phasen) in einem Ausnahmezustand befand, teilweise zu überfordern. [71]

5. Fazit

Das Ziel des Beitrags bestand darin, herauszuarbeiten, wie sich Othering zeigt und was es im Kontext des Feldzugangs bedeutet. Am Beispiel meines Dissertationsvorhabens wurde deutlich, wie wichtig es ist, eigene Muster in der Interaktion mit dem Feld mit einem dezentrierten und selbstreflektierten Blick offenzulegen. So hatten nicht nur meine Gegenüber – also die Direktor:innen, Lehrer:innen und Schüler:innen – bestimmte "Reizwerte" für mich, sondern auch ich als Forschende für sie. Das Feld und ich als Forscherin beeinflussten uns also wechselseitig. Dabei spielt die "soziale Verortung" (WOLFF 2013, S.340) der Forschenden eine zentrale Rolle, denn es geht, wie WOLFF hervorhob, beim sozialen Zugang ("getting on") nicht allein darum, physisch ins Feld einzutreten ("getting in"), sondern vielmehr darum, Beziehungen aufzubauen, welche in ein komplexes Geflecht aus Zuschreibungen, Erwartungen und Aushandlungsprozessen eingebettet sind. In meinem Fall wurde deutlich, dass der Zugang nicht nur von meiner methodischen Herangehensweise, sondern auch von meiner wahrgenommenen Zugehörigkeit oder Andersartigkeit, also meiner sozialen Verortung, abhing. Merkmale wie Name, Religion, Sprache, Alter, Geschlecht oder Mutterschaft erzeugten im Feld spezifische "Reizwerte", die als Signale fungierten, auf deren Basis die Feldakteur:innen über Nähe oder Distanz, Vertrauen oder Abwehr entschieden. [72]

Othering erwies sich dabei nicht nur als theoretisches Konzept, sondern zugleich als gelebte Realität, in der der Zugang eröffnet oder verwehrt wurde: Meine Forscher:innenrolle selbst wurde zum Instrument im Forschungsprozess, an dem – wie MUCKEL (1996, S.67) es formulierte – verhaltenswissenschaftlich relevante Daten ablesbar waren. Meine Subjektivität – sowohl meine eigene Wahrnehmung im Feld als auch die Art und Weise, wie ich vom Feld wahrgenommen wurde – beeinflusste den Feldzugang maßgeblich, insbesondere in Bezug auf zugeschriebene diskreditierende wie auch privilegierende Positionierungen. [73]

Schon zu Beginn hatten mein Nachname und der Name des Instituts, an dem ich angestellt bin, Abwehrreaktionen im Feld zur Folge. Auch die selbstverständliche Zuschreibung einer anderen Erstsprache als Deutsch und einer anderen Heimat als Österreich schienen weitere Bedingungen zu sein. Bei den Schüler:innen hingegen löste ich sowohl Irritationen als auch Interesse aus, da ich nicht auf den ersten Blick als Muslimin erkennbar war. Ähnlich wie bei der Forschung von LEONITY (2013) und SIOUTI (2022) wollten meine Interviewpartner:innen auch in meinem Fall wissen, ob ich Muslimin sei und ob ich faste. Diese Fragen rund um meine Person fasste ich als prüfende Fragen zusammen, um vom Feld aufgenommen bzw. akzeptiert zu werden. [74]

Dass auch Forscher:innen als Other adressiert werden, zeigten die Interaktionen mit den Direktor:innen der Mittelschulen B und C sowie mit den Schüler:innen. An diesen Interaktionen wurde ersichtlich, dass Prozesse des Othering kontextabhängig und intersektional vermittelt werden. Je nach Kontext und Wahrnehmung des Feldes wurde ich teils als Other wahrgenommen, teils als Gleichgesinnte. Mit MECHERILs (2024, 11:46) Worten formuliert, wurde ich in manchen Konstellationen als "rassistisch Diskreditierte" betrachtet. Dies war überall dort der Fall, wo ich als Andere gesehen wurde oder mir eine andere Erstsprache als Deutsch oder ein anderes Geburtsland als Österreich zugeschrieben wurde. Als rassistisch Privilegierte wurde ich hingegen dort eingestuft, wo ich die Erlaubnis bekam, über die anderen zu sprechen und diese zu analysieren, wie dies in der Interaktion mit der Lehrerin der Mittelschule A geschah, als sie sagte, dass nun das Theater losgehe und sie gespannt sei, was ich dazu sage. Dieses Privileg zeigte sich nicht nur bei dieser Lehrerin, sondern auch beim Direktor der Mittelschule D. In den Konstellationen, in denen ich zu den rassistisch Diskreditierten zählte, befand ich mich in einer Interaktionsspirale mit den Institutionen, wie es bei den Mittelschulen B und C der Fall war. Einerseits lösten ihre scheinbar selbstverständlichen Zuschreibungen bei mir eine Abwehrhaltung und Unsicherheit aus, andererseits hatte auch meine Subjektivität – die intersektional vermittelt ist und sich nicht leicht in bestehende Kategorien einordnen lässt – ein typisches Merkmal postmigrantischer Gesellschaften (FOROUTAN 2019; YILDIZ 2022) –, bei ihnen eine ähnliche Reaktion hervorgerufen. [75]

In diesem Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, wer überhaupt in der Schule forschen darf? Wird Forscher:innen, die als Other wahrgenommen werden, der Feldzugang eröffnet, ohne auf ihre rassistisch diskreditierte Position Bezug zu nehmen? Es zeigte sich, dass ich in jenen Schulen, in denen ich einer rassistischen Diskreditierung ausgesetzt war, keinen Zugang zum Feld erhielt. Hier stellte sich die Frage, welches Bild das Feld von Forscher:innen hatte. Auch meine Abwehrreaktionen gegenüber diesen persönlichen Fragen waren in der Sorge begründet, als Wissenschaftlerin aufgrund meiner rassistisch diskreditierten Position nicht ernst genommen zu werden. [76]

Zugleich erzeugte ich im Feld bestimmte "Reizwerte", auf die beispielsweise mit Interesse, aber auch mit Ablehnung oder Abwehr reagiert wurde. In den beiden anderen Schulen, die mir den Zugang ermöglichten, spielten diese "Reizwerte" eine geringere Rolle. Auch die Direktoren der Mittelschulen A und D sowie die Lehrerinnen der Mittelschule A riefen bei mir keine vergleichbaren Reaktionen hervor wie jene der Mittelschulen B und C. Der Unterschied lag vermutlich darin, dass ich an den Mittelschulen A und D nicht als Other adressiert wurde. Hier standen vielmehr meine Forschung und der konkrete Nutzen für die jeweilige Schule im Vordergrund. [77]

Darüber hinaus war in beiden Schulen eine bemerkenswerte Offenheit gegenüber meinem Forschungsvorhaben erkennbar, selbst unter den erschwerten Bedingungen der COVID-19-Pandemie und meiner eigenen Schwangerschaft. Es gelang, flexible und situationsangepasste Lösungen zu finden, sodass ich über einen Zeitraum von zwei Jahren wiederholt Gruppendiskussionen und Einzelinterviews – jeweils unter Einhaltung der tagesaktuellen Sicherheitsmaßnahmen – durchführen konnte. Diese beiden Bedingungen – die pandemiebedingte Ausnahmesituation und meine im Feld als Other gelesene Position – rückten in jenen Schulen, die mir Zugang gewährten, nahezu in den Hintergrund. Ein möglicher Grund dafür war der Zugang über sogenannte Patron:innen. Es ist anzunehmen, dass ich von diesen Schulen dadurch nicht als völlig fremd wahrgenommen wurde und bereits ein gewisses Vertrauen in meine Person und mein Forschungsvorhaben bestand. In diesem Sinne beeinflussten die Patron:innen den Feldzugang maßgeblich. Sie ermöglichten nicht nur den Erstkontakt mit dem Feld, sondern trugen durch bestehende persönliche Beziehungen auch zur Vertrauensbildung bei. Ein weiteres verbindendes Merkmal dieser beiden Schulen war die als hoch eingestufte Relevanz des Forschungsthemas. Beide Schulleitungen betonten ausdrücklich, wie bedeutsam die Fragestellung für ihre Einrichtungen und den Umgang mit muslimischen Schüler:innen sei. Die Dringlichkeit spiegelte sich etwa in den Fallbeispielen wider, welche die Schulleitungen gleich zu Beginn der Gespräche schilderten. [78]

Zusammenfassend zeigte sich, dass außergewöhnliche Umstände – etwa die Pandemie, Pensionierungen von Schulleitungen oder die Positionierung als Other – den Feldzugang erschweren können, während eine als relevant wahrgenommene Thematik und das Vertrauensverhältnis zwischen Patron:innen und Feld ihn erleichtern können. Deutlich wird, dass der Zugang weniger von methodischen oder institutionellen Rahmenbedingungen als vielmehr von interpersonellen Dynamiken geprägt ist. Er bleibt ein fortlaufender Aushandlungsprozess, in dem Forscher:innensubjektivität, Beziehungen zu Feldakteur:innen sowie die Rolle von Patron:innen und Gatekeeper:innen zentral sind. Ein Bewusstsein für das eigene Verhalten und die damit verbundenen Rollenzuschreibungen – ob privilegierend oder diskreditierend – kann im wörtlichen Sinne Türen öffnen. [79]

Danksagung

Mein herzlicher Dank gilt Franz BREUER, der mich nicht nur mit seiner Forschung inspiriert, sondern auch persönlich dazu ermutigt hat, meiner eigenen Subjektivität im Feldzugang auf die Spur zu kommen. Sein kontinuierliches und wertvolles Feedback hat diesen Beitrag sowie meine Perspektive maßgeblich geprägt und bereichert. Den Forschungsseminarleiterinnen in Innsbruck, Martina KRAML und Karin PETER, danke ich für den Dezentrierungsraum, in dem Forscher:innensubjektivität als Erkenntnispotenzial ernst genommen wird. Zekirija SEJDINI danke ich für sein Vertrauen und den Freiraum im Forschungsprozess.
Ein herzliches Dankeschön richte ich an Jonas KOLB für das sorgfältige Lektorat und die vielen inhaltlichen Gespräche. Der Universität Innsbruck – besonders Suzanne KAPELARI und Abdullah TAKIM – danke ich für die finanzielle Unterstützung. Ebenso danke ich den anonymen Gutachter:innen und der FQS-Redaktion, insbesondere Katja MRUCK, für ihre unermüdlichen und stets hilfreichen Rückmeldungen. Ohne diese Unterstützung wäre die Arbeit nicht möglich gewesen. Danke!

Anhang: E-Mail-Text an die Direktor:innen der Mittelschulen

Betreff: Anfrage für eine kleine (qualitative) Untersuchung in Ihrer Schule

Sehr geehrte:r Herr/Frau Direktor:in X,

im Rahmen meiner Dissertation zum Thema Schule und muslimische Schüler:innen, welche ich am Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik und an der Fakultät für Lehrer:innenbildung schreibe, bin ich auf der Suche nach Mittelschulen, die mich in ihrer Schule für eine teilnehmende Beobachtung aufnehmen und mich somit in meinem Forschungsvorhaben unterstützen.

Ich bin Dissertantin und Lehrende am Institut, so stoße ich immer wieder auf Studien und Bücher, in denen auf Herausforderung bzw. Konflikten in der Schule hingewiesen wird. Nicht selten werden dabei – vor allem medial – sogenannte muslimische Schüler:innen erwähnt. Aus diesem Grund möchte ich ca. zwei bis drei Wochen eine teilnehmende Beobachtung und anschließend ein bis zwei Interviews mit Schüler:innen und/oder einem:einer Lehrer:in durchführen, um diesen Herausforderungen auf dem Grund zu gehen. Mit meiner Forschung hoffe ich, vor allem Lehrer:innen interessante Einblicke in die Lebenswelt der Schüler:innen geben zu können.

Selbstverständlich werden sowohl die Schule als auch alle befragten Akteur:innen anonymisiert.

Auch ist es mir wichtig die schulischen Abläufe, wie Schularbeitszeiten usw., mit meiner Anwesenheit nicht zu stören, daher bin ich gerne bereit mich zeitlich nach Ihnen bzw. der Schule zu richten.

Gerne können wir uns auch telefonisch zusammenrufen (anbei meine Nummer: XXX) oder einen persönlichen Termin fixieren, um uns darüber persönlich auszutauschen.

Auf Ihre Antwort freue ich mich sehr und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Antigona Shabani

Anmerkungen

1) In Österreich gelten Personen ab 14 Jahren als mündig und sind ab dann teilweise auch unterzeichnungsberechtigt, siehe https://www.oesterreich.gv.at/de/themen/gesetze_und_recht/gerichtsorganisation_der_justiz/zivilrecht/8/Seite.1740317 [Datum des Zugriffs: 20. August 2025]. In meinem Fall war dies nur einmal erforderlich, da ein Schüler seinen 14. Geburtstag erst einen Monat nach Beginn der Untersuchung hatte. Die Zustimmung der Mutter konnte ich problemlos einholen. <zurück>

2) Siehe hierzu auch MRUCK et al. (2002), ROTH, BREUER und MRUCK (2003) sowie die FQS-Debatte Von uns selbst sprechen wir! Erkundungen sozialwissenschaftlichen Arbeitens. <zurück>

3) Neue Mittelschule: "Mit dem Schuljahr 2020/21 ersetzt die Mittelschule (MS) die Neue Mittelschule (NMS) als Pflichtschule für die 10- bis 14-Jährigen" https://www.bmb.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/ms.html [Datum des Zugriffs: 20. August 2025]. <zurück>

4) AHS: Allgemeinbildende höhere Schule, https://www.bmb.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/ahs.html [Datum des Zugriffs: 20. August 2025]. <zurück>

5) BHS: Berufsbildende höhere Schule, https://www.bmb.gv.at/Themen/schule/schulsystem/sa/bs.html [Datum des Zugriffs: 20. August 2025]. <zurück>

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Zur Autorin

Antigona SHABANI ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dissertantin am Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik, Fakultät für Lehrer:innenbildung, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Zudem ist sie Mitarbeiterin am Zentrum für Interreligiöse Studien. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen islamische Religionspädagogik, Migrations- und Bildungsforschung.

Kontakt:

Antigona Shabani

Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik
Zentrum für Interreligiöse Studien
Karl-Rahner-Platz 1, 6020 Innsbruck

E-Mail: antigona.shabani@uibk.ac.at, antigona.shabani@gmx.at
URL: https://orcid.org/0000-0001-8485-6655

Zitation

Shabani, Antigona (2025). Vor verschlossenem Schultor: Othering-Erfahrungen im Kontext des Feldzugangs zu schulischen Bildungseinrichtungen [79 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 26(3), Art. 13, https://doi.org/10.17169/fqs-26.3.4379.

Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (FQS)

ISSN 1438-5627

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