Subjektivierung im Spiegel digitaler Fotografie. Zur imaginativen Bearbeitung von Adressierungserfahrungen

Autor/innen

  • Clarissa Schär Fachhochschule Nordwestschweiz

DOI:

https://doi.org/10.17169/fqs-26.2.4403

Schlagworte:

fotografische Selbstdarstellung, Selfie, Social Media, Subjektivierung, Imagination, Körper, Leib, Jugendliche, Bildanalyse, dokumentarische Methode

Abstract

In diesem Beitrag geht es um fotografische Selbstdarstellungen Jugendlicher und junger Erwachsener in digitalen sozialen Netzwerken. Durch deren Analyse zeige ich, wie die Untersuchten mit ihren Fotografien auf Adressierungserfahrungen reagierten und Selbstpositionierungen vornahmen. Die fotografischen Selbstdarstellungen werden daher als Teil von Subjektwerdungsprozessen betrachtet, in denen der Habitus und imaginative Körperbilder zum Ausdruck kommen. Ich erläutere, wie ich den Gegenstand theoretisch gerahmt und methodologisch gefasst habe, um habituelle und imaginative Orientierungen in den Fotografien als Teil von Subjektwerdungsprozessen zu untersuchen. Als zentrale Herausforderungen werden dabei die Rekonstruktion von Habitus und Körperimagination sowie insbesondere deren Zusammenwirken kritisch diskutiert. Auf Grundlage der Ergebnisse konnte eine theoretische Denkfigur entwickelt werden, mit der Imagination als körperleiblich fundierte Kraft der Subjektwerdung in subjektivierungstheoretische Diskurse eingeführt wird. Mittels dieser theoretischen Perspektive lässt sich verbreiteten Interpretationen fotografischer Selbstdarstellungen als Ausdruck einer narzisstischen und egozentrischen Generation eine differenziertere Lesart entgegensetzen, bei der die gesellschaftliche Bedingtheit der Selbstbilder berücksichtigt wird.

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Autor/innen-Biografie

Clarissa Schär, Fachhochschule Nordwestschweiz

Clarissa SCHÄR ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Kinder- und Jugendhilfe der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW und dort co-verantwortlich für den Schwerpunkt Kindesschutz. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen u.a. Kindheit und Jugend, Kindesschutz, Digitalisierung und fotografische Selbstdarstellungen. Besonderes Augenmerk legt sie auf die Wechselwirkungen zwischen digitalen Technologien und der Entwicklung von Körperbildern bei Kindern und Jugendlichen. In ihrer interdisziplinären Herangehensweise verbindet sie Erkenntnisse aus der Sozialen Arbeit, Medienwissenschaft, Körpersoziologie und Philosophie, um ganzheitliche Perspektiven auf zeitgenössische Herausforderungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen und im Kindesschutz zu entwickeln.

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Veröffentlicht

2025-05-26

Zitationsvorschlag

Schär, C. (2025). Subjektivierung im Spiegel digitaler Fotografie. Zur imaginativen Bearbeitung von Adressierungserfahrungen. Forum Qualitative Sozialforschung Forum: Qualitative Social Research, 26(2). https://doi.org/10.17169/fqs-26.2.4403